gänzungen des § 89 der Gemeinde-Ordnung vom 16. April 1864 für das Königreich Böhmen sind erfolgt, weil die Gemeinden durch öffentliche Bildungs-, Sanitäts-, Sicherheits-, Verkehrs- und durch die große Reihe von Wohlfahrtseinrichtungen überhaupt erhöhte Erfordernisse haben, denen sie sich nicht entziehen können und wollen, auf deren beschleunigte Einführung die neuzeitlichen Gesetze und zahlreiche behördliche Anordnungen hinarbeiten, die aber auch die Gemeinden mit aller Fürsorge, dem Fortschritte der Zeit entsprechend, unausgesetzt zu vollziehen bestrebt sind. Als diese Erfordernisse durch Steuerzuschläge zu decken, das ist ganz unmöglich; denn diese würden ins ungemessene, ins unerträgliche steigen.
Diese kurzen Daten habe ich, wörtlich aus dem gedruckten Berichte citiert, den die Kommission vorlegt.
Ich möchte auch in der Folge noch kürzer sein, als der Bericht selbst. Daß keine Ungerechtigkeit sein kann, bezüglich derartiger Getränke, wie es die Ceresfruchtsäfte, überhaupt die sogenannten alkoholfreien Getränke sind, Gebühren einzuheben, das, meine Herren, zeigt ja der Umstand, daß die Kommunen mit behördlicher Bewilligung vom Wasser aus Wasserleitungen einen Hins erheben, obwohl das Wasser zweifellos ein allgemein, notwendiges, unentbehrliches Getränk ist.
Mit den Steuerzuschlägen zur Deckung der Gemeindeerfordernisse wird die Last nicht gleichmäßig verteilt und wenn im Berichte die Hauszinssteuer namentlich hervorgehoben wird, so geschieht dies deshalb, weil diese gegenwärtig in der Kommunalverwaltung den wichtigsten Faktor bildet.
Sie ist eine Steuer, welche nicht unwesentlich steigt, während die Erwerbsteuer sich nahezu gleich bleibt und von den Steuerbehörden in der Absicht, die Personaleinkommensteuer lebensfähig zu machen und zu steigern, nicht mehr gepflegt wird.
Daß die Hauseigentümer, welche ohnehin über 40% der Bruttoeinnahmen an Mietzins dem Staate, dem Lande u. s. w. abliefern müssen, am schwersten betroffen werden, wenn alle diese Komunalerfordernisse auf sie überwälzt werden, das ist klar.
Dagegen müssen die Hauseigentümer geschützt werden und es soll getrachtet werden, allgemeine Umlagen zu finden, welche eines teils erträglich sind, andernteils die Steuerträger etwas entlasten.
Nachdem sich die Gemeindeerfordernisse fortgesetzt steigern, so müssen die staatlichen und autonomen Öberbehörden dafür sorgen, daß die Gemeinden in der Hebung ihrer Einnahmen unterstätzt werden.
Was die sogenannte Alkoholfreiheit, welche als Bedingung für die Umlagefreiheit oder für die Berechtigung zur Umlagenfreiheit angeführt wird, selbst anbelangt, so bestreite ich diese angebliche Alkoholfreiheit, aber es ist dies heute nicht Gegenstand der Verhandlung, es ist auch nicht an der Zeit, darauf schon jetzt einzugehen, nachdem ja heute nur der formale Antrag vorliegt, nach welchem der Landesausschuß Bericht erstatten und Anträge vorlegen soll.
Ich muß aber doch daraus hinweisen, daß die bezüglichen Getränke auch allgemein und öffentlich als Wein und Most u. s. w. bezeichnet werden, ein Zeichen dafür, daß auch die Erzeuger selbst ein most- oder weinähnliches Getränk herstellen.
Den schlagendsten Beweis für diese Umlagepfticht aber liefert die in einem speziellen Rekursfalle (Umlageeinhebung von Ceresfruchtsäften) ersolgte Entscheidung des Landesausschusses des Königreiches Böhmen vom 10. Juni 1904 Z. 54. 699, welche in dem hier maßgeblichen Teile lautet:,,... Diese Besteuerung läßt sich nur dann als eine dem Gesetze und der erteilten Bewilligung entsprechende aufrecht halten, wenn es möglich ist, diese sogenannten Ceresfruchtsäfte unter den Begriff der, der ärarischen Verzehrungssteuer unterliegenden geistigen Flüssigkeiten subsummieren zu können.
Aus der Äußerung der k. k. Finanzlandesdirektion für das Königreich Böhmen vom 29. Mai 1904 Z. 79. 078, II geht nun hervor, daß die aus Weintrauben, Obst- und genießbaren Beerenfrüchten erzeugten Ceresfruchtsäfte zufolge einer Entscheidung des k. k. Finanzministeriums vom 19. Juni 1902 Z. 32. 234 im Sinne der bestehenden Forschriften als Weinmost beziehungsweise Obstmost anzusehen und demzufolge nach dem im Reichsgesetzblatte ai 1875 unter Nr. 84 verlautbarten Tarife C steuerpflichtig sind.
Nachdem also die sogenannten Ceresfruchtsäfte wirklich der ärarischen Verzehrungssteuer als Wein- resp. Obstmost unterliegen, war die Gemeinde.... im Sinne der h. Bewilligung berechtigt, dieselben der Getränkeabgabe nach Maßgabe des für Most bewilligten Steuersatzes pr..... zu unterwerfen.. "
Das ist also eine tatsächliche, die bezeichneten Stoffe in einem ganz konkreten Falle betreffende Entscheidung.
(Abg. Dr. Hackel ruft: Mit welcher eine andere Entscheidung im Widerspruche steht, mit welcher das Interesse der Erzeuger im Widerspruche steht. )
Aus dem in dieser zitierten Entscheidungsstelle ausdrücklich hervorgehobenen Zusammenhange zwischen der staatlichen Verzehrungssteuer und den Gemeinde-Verbrauchsabgaben ergibt es sich von selbst, daß die von den Antragstellern vorgeschlagene Gesetzesänderung nur im gleichzeitigen, beziehungsweise Vorhergehenden Einvernehmen mit den staatlichen Finanzbehörden möglich und zulässig ist, welches Einvernehmen noch zu erfolgen hat.
(Abg. Dr. Hackel: Nicht notwendig. )
Abg. Posselt: Ich will jetzt darauf nicht reagieren.
Die Kommission für Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten stellt daher den Antrag:
Der hohe Landtag wolle die vorliegende Angelegenheit der beantragten Gemeindeabgaben von alkoholfreiem Weine, Obst- und Beerenweine und von sonstigen wie immer Namen habenden künstlichen, zum Ausschänke bestimmten Erzeugnisse - dem Landesausschusse mit der Aufforderung überweisen, alle nötigen Vorfragen im Einvernehmen mit der k. k. Staatsregierung klar zu stellen, sodann für die nächstfolgende Landtagssession eingehenden Bericht zu erstatten und geeigneten Antrag zu stellen. (Beifall. )
Snìmovní sekretáø Dr. Haasz (ète): Proto navrhuje komise pro záležitosti okresní a obecní:
Slavný snìme, raèiž se usnésti, že tato záležitost navržené obecní dávky z alkoholu prostého vína, vína ovocného a jahodového, jakož i z jiných, jakkoli nazvaných umìlých, k výèepu urèených výrobkù pøikazuje se zemskému výboru, by v dorozumìní s c. k. vládou objasnil veškeré potøebné pøedchozí otázky a potom podal v nejbližším zasedání snìmovním podrobnou zprávu s pøíslušným návrhem.
Oberstlandmarschall: Es haben sich zu diesem Gegenstande zum Worte gemeldet:
Pøihlásili se k tomuto pøedmìtu k øeèi:
Contra die Herren Abg. Lipka und Kutscher.
Ich erteile dem Herrn Abg. Lipka das Wort.
Abgeordneter Lipka: Hohes Haus! Offengestanden habe ich nicht daran geglaubt, daß der Antrag Kindermann überhaupt aus der Kommission hervorgehen und hier zur Verhandlung kommen werde. Ich habe geglaubt, die Kommission werde diesen Antrag gleich begraben.
Da er aber doch, wie so viele andere, als Lückenbüßer hier erschienen ist, so muß ich namens meiner Wähler, namens der Bauernschaft, namens des Volkes und namens der Kinder meines Volkes gegen diesen Antrag in ganz entschiedener Weise Stellung nehmen. (Beifall. )
Meine Herren! Der Herr Berichterstatter hat soeben gesagt, daß es ganz sicher ist, daß, wenn diese Umlage eingeführt wird, die Gemeinden große Einnahmen erzielen werden, und daß sich das ziffermäßig nachweisen ließe. (Abg. Posselt: Das habe ich nicht gesagt!) Ja, das haben Sie gesagt.
Der Herr Berichterstatter ist uns aber diese Ziffer schuldig geblieben. Ich werde, verehrte Herren, nachweisen, daß diese Ziffer nur ein Minimum ist, und nur in der Einbildung gewisser Leute besteht.
Horchen Sie! Ich werde ihnen Details bringen, und ich kann diese Details bringen. Denn ich lebe im größten Obstgebiete Deutschböhmens, ich habe meine agitatorische Arbeit seit Jahren dem Obstgartenbauverein des deutschen Elbetales gewidmet, der jetzt 4000 Mitglieder zählt und bin in der Lage, weil ich Vorsteher der Obstverwertungsgenossenschaft des Elbegaues bin, welche seit 2 Jahren besteht, über den Obsthandel und Obstverbrauch Aufschlüsse zu geben.
Unser ganzes großes Obstgebiet im deutschen Mittelgebirge, also im Elbegau und den Quertalern liefert im günstigsten Jahre - es kommen da ja größtenteils nur Aepfel in Betracht - beiläufig 1000 Waggons Aepfel.
Meine Herren! Nehmen wir nun an, daß bieg immer so bliebe, wie im vorigen Jahre, daß wir also immer solche Ernten hätten, wie sie voriges Jahr waren, so kam man damit rechnen, daß jährlich, wie im vorigen Jahre, von allem Erntesegen nur 100 Waggons Aepfel zur Obstwein gewinnung verbraucht wurden. Diese 100 Waggons Aepfel entsprechen einem Gewichte Von 100. 000 Zentnern und aus diesen 100. 000 Zentnern Aepfel wurden im ganzen 6000 hl Apfelwein gepreßt.
Nehmen Sie nun an meine Herren, daß Sie diesen Apfelwein mit 8 Kronen per hl Besteuern, denn mehr werden Sie doch nicht wagen, an Steuern darauf zulegen, so haben Sie im Gangen die horrende Summe von 48. 000 Kronen. (Hört!) Diese werden das Land retten! Diese werden die Kommunen retten !
Meine Herren, glauben Sie denn, baß diese 48. 000 Kronen gang im Lande bleiben, baß Sie von allen diesen 6000 hl die Einkünfte im Lande behalten würden?
Nein, meine Herren, der größte Teil dieses Saftes wird nicht in Böhmen getrunken, sondern er wandert in Kisten Verpackt nach Wien, er geht nach Brünn, er geht nach Schlesien, er geht in die Alpentänder, geht nach Karaten und big nach Güden in die größten Kurorte Italiens.
Meine Herren! Dort wird dieser Apfelsaft getrunken, bei uns nicht. Wo bleibt ba die Umlage? Sie können also ruhig sagen, daß von diesen 48. 000 Kronen für das Land Böhmen höchstens 24. 000 Kronen einzustreichen wären.
Damit werden Sie ganz gewiß unsere Finanzen nicht retten. (Heiterkeit. ) Diese Ueberzeugung habe ich! Nun kommt aber noch etwas anderes in Betracht, und das Ist der Hauptwitz bei der ganzen Geschichte. Wir können doch nicht jedes Jahr 100 Waggons pressen, weil sie der liebe Herrgott nicht wachsen läßt. Wir wurben selbst in dem Obstgartenbauverein des Elbegaues noch 20 ober 40 Waggons Aepfel verbrauchen können, um sie hinauszuschicken in das Erzgebirge, Riesengebirge, Mittelgebirge u, s. w., wo die Kinder mit Gier nach einem Aepfelchen die Hand ausstrecken, es aber nicht bekommen können. Wir können sie nicht hinausschicken, weil wir kein Obst haben. Die Firma, die hier in Betracht kommt, hat sich heuer 15 Waggons denken sie sich, so eine Menge - extra verschrieden aus Steiermark und Keimten, um nicht ganz still stehen zu müssen. Wo bleibt denn da die großartige wüssen, meine Herren, wie es im Berichte ausgemalt ist, und wie es im Antrage Kindermann bezweckt wird.
Mit der erwarteten Kommunaleinnahme sieht es also sehr schütter aus.
Aber nun drehen wir einmal den Spieß um. Die Oeffentlichkeit hat nicht nur darüber zu wachen, baß die Kommunen gedeihen.
Wenn man eine ordentliche Finanzwirtschaft einführen will, so muß man auch die Industrie schützen. Wir haben es hier mit einer ganz jungen Industrie zu tun und ich werbe ihnen nun zeigen, wie der Effekt gegen diese junge Industrie arbeiten wird.
Ich bleibe bei meinen Zahlen. Ich nehme an, daß auf 1 Liter 8 Heller Steuer verrechnet wird.
Ich bitte aber zu bedenken, baß der Apfelsast nicht das allein ist, was von der obgedachten Firma hergestellt wird, sondern ein großer Teil der Erzeugnisse wird auch aus Beerensrüchten hergestellt.
Und nun kommt etwas Interessantes, meine Herren. Während der Apfelsast dei der Verfrachtung dieselben Gebühren zahlt, wie der Wein und die anderen alkoholischen Getränke z. B. Champagner also zu einem niedrigeren Frachtsatze expediert wird, so müssen für die Beerenobftweine, für den Stachelbeerwein, für den Himbeerwein, für den Johannisbeerwein u. s. w., die höchsten Tarife gezahlt werden.
Diese sind, meine Herren, unter Tarifklasse I. untergebracht. Ist das eine Gerechtigkeit ? Und nun muß ich etwas aus der Erfahrung erzählen.
Wenn heute eine Firma den Aepfelsaft an einen Konsumenten in Brünn verschickt, der 100 Flaschen Aepfelsaft will und dazu 10 Flaschen Himbeersaft ober Brombeer- ober Heidelbeersaft bestellt, so Wirb nicht geduldet, baß diese 10 Flaschen dieser Kiste beigepackt werden. Nein, der Herr Fabrikant ist genötigt, ein eigenes Kistelchen anzuschaffen, er muß die paar Flaschen extra hineingeben, sie sorgsältig verpacken und auch einen Frachtbrief extra dazu schreiben lassen. Nun geben Sie noch die Abgabe von 8 Hellern per Liter daraus, so wird Ihnen jeder Fabrikant sagen: "Unter solchen Umständen bedanke ich mich für das Geschäft!"
Meine Herren, ich kann ihnen genau sagen, daß der jährliche Umsatz von Obstwein höchstens 500 Hektoliter beträgt und für so eine Lapalie soll sich der Fabrikant schikanieren lassen! - Er wird sich sagen:,, dafür bedanke ich mich schönstens! Ich werde einfach meine Himbeer- und Brombeersafterzeugung aufgeben und werbe mein Kapital wo anders investieren, wo ich nicht schikaniert werde, wo ich aber sicher bin, daß das Zeug nicht zerschlagen wird, und ich nicht überall nur Schaben habe. "
Damit ist auch diese Industrie kaput gegangen. Und das ist dann der Erfolg der neuen Vorlage!
Meine Herren! Ist das aber Volkswirtschaft? Gegen wen aber wendet sich diese Schärfe? Nicht gegen die Industriellen, nicht gegen die Kommunen, nein, diese üblen Folgen wenden sich gegen jene Hunderte und Tausende armer Leute, welche von Beerensammeln leben. (Sehr richtig l)
Gehen Sie ins Erzgebirge, in den Böhmerwald, in das Riesen und Laufitzergebirge und Sie werden sehen, daß Tausende und Tausende von Kindern und Erwachsenen im Walde herumgehen und Beeren Sammeln und gehen Sie weiter in unsere Hänge am Elbestrand, gehen Sie hinein in die Quertäler und sehen Sie sich die Klein-Wirtschaften an, wo ein Bauer, d. h. der Kleinbauer, oder ein Feldgärtner oder auch ein Häusler sein Anwesen mit einem Gärtchen umgeben hat, in dem er mit Lust und Liebe Stachel- und Johannisbeeren kultiviert. Warum?
Weil der Obst- und Gartenbauverein mächtig geworden ist und weil er es verstanden hat, diese Industrie zu schützen und zu stützen, damit unsere armen Leute noch etwas haben, das ihnen noch etwas bleibt (Beifall), denn die Beeren kann man ihnen füglich doch nicht wegfressen. - Verzeihen Sie diesen Ausdrück ! Es ist traurig, daß bei uns alles nach der Steuerschraube gemessen wird und nicht nach dem wirtschaftlichen Effekt der großen Volksmassen.
Meine Herren! Ich habe also nachgewiesen, wie hart dieser Schlag unsere Keinen Leute trifft und furchtbar die Folgen wären. Die Leute hatten bisher Gelegenheit, ihren Kindern nicht bloß mährend des heißen Sommer eine gute erfrischende Frucht zu geben, sondern ich kann das ziffermäßig beweisen, meine Herren, aus unseren Einlaufsbüchern und aus unseren Arbeiten in der Obstverbandgenossenschaft - sie haben manchmal 60, 80, ja 100 bis 150 Kronen Erlös gehabt. Mit diesem Erlöse haben sie dann die Winterkleidung für die armen Kinder bestritten. Das alles, meine Herren, entfällt in Zukunft, wenn sie die Fruchtsaftindustrie unterbinden. (Beifall. ) Ja wir wollen noch etwas ganz anderes, meine Herren.
Sie haben doch im Parlamente gehört, daß Millionen bewilligt wurben für die Herstellung von Arbeiterwohnungen. Sie haben in den Zeitungen gelesen, daß sich gerade jetzt diese herrliche Idee verbreitet und schon vielfach Anklang gefunden hat, daß viele Kommunen, z. B. auch die Stadt Aussig sich mit der Idee tragen, und diese auch schon in einzelnen Fällen verwirklicht haben, Schrebezgärten zu errichten, d. h. für billige Pacht den Leuten ein paar Klafter Landes zur Verfügung zu stellen, damit sie bort ihr Gemüse, Beeren und Obst Bauen können.
Meine Herren! Sehen Sie, das alles muß dann unterbleiben, wenn die Beeren feinen Absatz finden; wenn keine Industrie ist, so unterbleibt auch der Bau.
Und wie können Sie den Arbeiter am Besten für die Liebe zur heimatlichen Scholle erziehen, wie können Sie die Kinder am Besten religiös erziehen, als Wenn Sie sie die Natur lieben lehren! Glauben Sie mir, daß ein Vater, der im Gärtchen seine Rosen okuliert und der den Kindern zeigt, wie sie diese Rosen Behandeln müssen, auf daß sie sich entfalten, daß ein Vater, der imstande ist, Bei einem Kinde das Gefühl der Liebe zur Natur zu erwecken, so daß es auch nicht ein Käferchen tot tritt, weil es dieses nicht mehr zum Erwachen Bringen könnte, daß dieser Vater sein Kind religiöser erziehen wird, als irgend ein Katechet in der Schule, der ihm Von allen möglichen Todsünden vorredet.
Meine Herren, sehen Sie, auch diese Sache wird unterbunden, auch diese Liebe des Keinen Bauern und des kleinen Arbeiters zur Scholle, diese Liebe wird ihm zertreten im Herzen.
Die Arbeiter-Wohnungen, - ich sehe sie schon stehen in den Hauptstädten, - nein nicht in den Hauptstädten, in den staubigen Vorstädten, wo Ruß ist, da sehe ich sie, eins aus andere gepappt; wie Kartenhäuser stehen sie da und mitten darin stehen schmutzige Weiber und auf der Gaffe tummeln sich im Staube die Kinder und schlucken Staub (Zwischenruf: "Und daneben steht eine Schnapsbude!") Ja, die Schnapsbude, an die vergesse ich nicht!
Da hat der Staat Millionen geopfert und wenn die Leute aus ihren Werkstätten kommen, sehe ich sie mit ihrem Huckepack kommen. Und ich sehe vor jedem Häusel einen Tisch stehen und Schnaps daraus und sehe, wie die Leute Ritzen oder Schafkopf spielen und das sauer erworbene Geld durchbringen. So wird man für unser Volk sorgen.
So muß ich mich ganz entschieden von diesem Standpunkte aus gegen den Antrag stellen.
Aber es ist auch noch etwas anderes, was mich bewegt, gegen diesen Antrag mit Entschiedenheit zu sprechen, und das ist die Rücksicht auf unseren Bauernstand.
Meine Herren, wenn Sie, wie ich, von allem Anfange an das Werden und Gehen unseres Obstbaues verfolgt hätten, wenn Sie, wie ich, fast Sonntag für Sonntag hinausgezogen wären, um zu agitieren und die Leute zusammenzubringen zu geschlossenen Massen, weil nur solche bei uns etwas erzielen können, würden Sie es leicht begreiflich finden, daß ich mich nicht einfach dazu hergeben kann, für so etwas zu stimmen, daß ich mich verpflichtet fühle, mit allen scharfen Waffen des Geistes dagegen ankämpfen.
Unser Obstbau war ja verlottert. Ich war in Italien, in Meran, in Graz, unten in Kärnten habe ich den Obstbau gesehen, ich weiß wie es in Ungarn zugeht und in Siebenbürgen. Dort haben die Leute einen anderen Obstbau betrieben, und die Bedingungen waren lange nicht so herrlich, wie bei uns.
Und warum konnte er bei uns in solchen Mißkredit geraten, warum hat man sich bei uns nicht früher schon der Bäume angenommen, warum wurde bei uns nicht kultiviert und gedüngt?
Aus dem einfachen Grunde, weil in guten Jahren die Händler einen solchen Druck auf das arme Bauernvolk ausübten, daß die Bauern fast gar nichts bekamen.
Den Leuten wurden 3 fl. versprochen und wenn sie ihr Obst herunter brachten zur Zille, da kam der Ausrichter und sagte, es ist ein Telegramm gekommen, wir können nicht so viel geben; der Preis wurde heruntergeschraubt, nicht auf zwei Gulden, nicht auf einen Gulden, nicht auf 80 Kreuzer, sondern auf 30 Kreuzer, und da kam es häufig vor, daß die Leute aus Verzweiflung solches Zeug nachhause nahmen und damit die Schweine fütterten; und das war noch schlecht, weil sie die Schweine damit verdorben haben.
Sehen Sie, meine Herren, aus diese Weise sucht man jetzt wieder den Leuten die Augen zu verkleben und spricht von etwas, was wir eigentlich nur bedauern müssen.
Ich will auf den wirtschaftlichen Effekt zurückkommen, den der Bauernstand damit erleiden würde.
Nehmen wir wirklich an, daß wir so gute Verhältnisse hätten, wie in Tirol, daß wir jedes Jahr auf eine gute Ernte rechnen könnten, daß mindestens 1000 Waggons Äpfel erzeugt würden und daß davon 100 Waggons zu Fruchtsäften verarbeitet würden. Wenn Sie die Industrie, die erst jetzt im Keimen, in der Entwickelung begriffen ist, jetzt durch die Annahme eines derartigen Antrages, oder durch Änderung eines Gesetzes unmöglich machen, so folgt daraus, daß Sie unseren Bauern die ganze Geschichte wieder über den Haufen werden.
Wir haben ja dahin gearbeitet, daß wir die Industrie ins Land bekamen, die sich mit der Verarbeitung des Obstes, mit der Erzeugung von Fruchtsäften befaßt, damit 100 Waggons oder 100. 000 Meterzentner nicht noch auf den Markt geschmissen und die Preise gedrückt werden.
Nach meinen Erfahrungen würde ein solcher Preisdruck mindestens 2 K per Meterzentner ausmachen; aber es ist sogar ziffermäßig nachweisbar, daß ein Preisdruck von 4 K entstanden ist, und da entziehen Sie nun unserem Bauernstand nicht bloß 24. 000 K, wie es den Kommunen entzogen wird, sondern Sie entziehen ihm 200. 000 K.
Meine Herren! So muß man rechnen, wenn man mit einem Antrage in dieses hohe Haus kommt, um für das Volk etwas Nützliches herauszuschlagen und für die Kommune zu arbeiten.
Ich muß ganz offen sagen, daß ich mich ungeheuer darüber wundere, daß es gerade ein Doktor, ein Mediziner, sein mußte, welcher diesen Antrag einbrachte.
Meine Herren, ich glaube, die Mediziner hätten am meisten Interesse daran, dafür zu sorgen, daß in unserem Lande der Arbeiter wirklich in seinen Nahrungsverhältnissen so gestellt wird, daß er körperlich gesund und geträftigt wird, daß unsere Kinder nicht mit krummen Rücken schon in die Schule kommen. Dann heißt es, sie haben sich den krummen Rücken auf der Schulbank geholt. Nein, sie haben sich den krummen Rücken geholt unter den schlechten finanziellen Verhältnissen, weil der Vater sie nicht ernähren konnte. Aber Obst kann er sich kaufen, und ich glaube wahrhaftig, daß jene Leute - vielleicht seien sie Pessimisten - nicht Unrecht haben, welche sagen, die moderne Medizin beschäftigt sich weniger damit, einen gesunden Körper für einen gesunden Geist zu schaffen, sondern sie befaßt sich damit, gefährliche Bazillen zu züchten, damit man diese wieder durch ein Serum vergiftet oder, vielleicht noch besser, damit man diese Bazillen in den sogenannten hygienischen Spucknäpfen sangen kann. (Abgeordneter Strache: "Das ist eine lächerliche Verdächtigung der modernen Wissenschaft!" - Abgeordneter Dr. Brehm: "Das sagt ein gebildeter Lehrer!")
Meine Herren Wenn Sie Steuern eintreiben wollen, dann wenden Sie sich an jene Industrieen, die wirklich sicher sind! Warum besteuern Sie nicht Mineralwässer? Diese gehören Millionären. Das steht fest. Da gibt es Millionen Flaschen, die Sie mit einem Kreuzer besteuern können. Warum tuen Sie das nicht? Bitte, besteuern Sie Schnaps, besteuern Sie Wein und Champagner, besteuern Sie vielleicht auch Tabak und Zigarren, besteuern Sie die Erzeugnisse der Schand- und Schundliteratur, die unser Volk vergiftet, besteuern Sie die Autler - habe auch nichts dagegen - besteuern Sie jene wüsten Stätten, in denen das Laster wilde Orgien feiert, besteuern Sie alles, was den Geist des Volkes verwildert, was seinen Körper ruiniert, seine Gesundheit untergräbt, seine Sittlichkeit gefährdet, - das alles können Sie besteuern. Aber hüten Sie sich, die Steuerschraube dort anzusehen, wo es gilt die Volksnahrungsmittel noch höher zu hängen, die Bedürfnisse und Erfrischungen noch unmöglicher zu machen. Wenn Sie das tuen, werden Sie es soweit bringen, wie es wo anders geschehen ist.
Man hat durch eine unsinnige Wirtschaftspolitik den Bauer so weit gebracht, daß er das Getreide gerade nur baut, um sich durchfretten zu können, einen weiteren Erfolg hat er nicht mehr davon. Man hat es soweit gebracht, daß unsern Kindern das Volksnahrungsmittel, Zucker, so hoch gehängt wird, daß sie nur zu heiligen Zeiten ein Stückchen davon in den Kaffee bekommen können, und umgekehrt hat man die Rübe im Preise so herabgeschraubt, daß der kleine Bauer sie nicht mehr bauen kann, weil er nichts mehr dafür bekommt. Man hat den Hopfen entwertet, und jetzt will man im unseren Bauer auch noch die Liebe, die wir in unzähligen Vorträgen ihm anerzogen haben, die Liebe zum Obstbau todschlagen, indem man heute mit so einer Geschichte kommt. Ich bin durchaus fein Gegner dieser Steuer, aber lassen Sie uns Zeit, bis wir uns herausarbeiten, bis wir unsere Fruchtsäfte in so vielen Millionen Flaschen bringen, wie sie Mattoni gebracht hat; dann mag die Kommune, mag das Land oder der Staat Hand daraus legen. Aber solange eine Industrie in der Entwicklung begriffen ist, solange begehen wir einen Mord nicht bloß an der Industrie, sondern an unserem armen Volke, wenn wir einen derartigen Antrag annehmen.
Meine Herren! Der Antrag des Herrn Doktor Kindermann ist harmlos mit Rücksicht auf die Begründung, die er erfahren hat, aber nur scheinbar harmlos, und wie ich ziffermäßig nachgewiesen habe, belanglos mit Rücksicht auf den finanziellen Effekt für Kommune, Land und Staat.
Aber, meine Herren! Die Abstimmung heute über diesen Antrag wird mir beweisen, ob hier auch jener böse Geist schon Wurzel gefaßt hat, hier in diesem hohen Hause, jener böse Geist, der durch gewissenlose Ausbeutung des armen Volkes die Verbitterung immer weiter und weiter in die Kreise hineinträgt, jene Verbitterung, welche Ereignisse zeitigt in ihren Folgen, wie wir sie in Rußland sehen, wie sie auch bei uns schon Schlaglichter vorauswirft. (Gelächter. )
Lachen Sie, wie Sie wollen. Wenn Sie lachen. Verstehen Sie nicht das Solk und das ist sehr traurig. Aber ich bin fest überzeugt, daß jeder ordentliche Mensch sowie jeder gewissenhafte Abgeordnete auch für die ärmsten seiner Wähler ein Herz haben muß, und da kann es heute nur heißen: weg mit dem Antrage Kindermann. (Lebhafter Beifall. )
Oberstlandmarschall: Es gelangt nunmehr zum Worte der Herr Abgeordnete Kutscher.
Ich erteile ihm dasselbe.
Abgeordneter Kutscher: Hoher Landtag! Auch ich muß mich den Ausführungen und Anschauungen meines geschätzten Herrn Borredners anschließen und gegen den Antrag des Abg. Kindermann, beziehungsweise gegen den Bericht der Kommission für Bezirks-und Gemeindeangelegenheiten Stellung nehmen und glaube wohl, daß wenn der Herr Abg. Kindermann das Für und Wider seines Antrages genau erwogen und die Berhältnisse, den Effekt und die Folgen der Realisierung dieses Antrages gekannt hätte, er den Antrag als Akademiker, Wediziner und Bolksabgeordneter nicht eingebracht hätte.
Ich glaube, es ist ein Anschlag gegen den Versuch, unser Bolkstum wieder zurückzuführen zu den Tugenden der Einfachheit und Natürlichkeit, es ist einfach ein Anschlag gegen einen jungen erst im Keime begriffenen Industriezweig, es ist ein Anschlag überhaupt gegen unsere gewiß nicht aus Rosen gebettete Landwirtschaft.
Meine Herren! Es ist sehr traurig, daß man bei uns in Österreich immer nur die Bedarfsartikel, das heißt Lebensmittel des kleinen Mannes, zu besteuern sucht, um die notwendigen Gelber herauszuschlagen, die die Gemeinden, Bezirke und das Reich zur Führung des Haushaltes bedarf.
Meine Herren! Es wird nicht immer so fortgehen, baß man immer diese Bedarssartikel heranzieht, aber der Herr Borredner hat schon hervorgehoben, baß er durchaus nichts dagegen hat, baß für bestimmte Bebarfsartikel das Recht eintritt, sie hoch zu besteuern, z. 33. der Schnapps, soweit er nicht als Medizin in Betracht kommt, ist wert, daß er besteuert wird, weil es dem Volke unmöglich gemacht werden sollte, daß es Schnapps genieße.
Aber, meine Herren, daß man ein Getränk, wie die alkoholfreien Fruchtsäste, schon wieder besteuern will, sinde ich ungeheuerlich. Ich bedauere dies unendlich. Ein Kollege hat mit Recht gesagt, daß die Fruchtsäfte zu teuer sind. Allerdings sind sie zu teuer. Aber kann der betressende Fabrikant - ich bin auch nicht der Rechtsbeistand der Firma Schicht, den früher der Herr Berichterstatter vor Augen hatte, als er dem Herrn Dr. Hackel hinter dem Rücken zugenickt hat - sein Produkt so billig abgeben, um vielleicht einen kleinen Gewinn, vielleicht an einem Zentner 50 Kreuzer zu verdienen, wenn er nur ein kleines Quantum erzeugen kann?
Er bringt es nicht an den Mann; er kann nur einige Maggonladungen in den Fabriken verbrauchen. Würde die Industrie so weit ausgebaut sein, daß unsere Bevölkerung sich daran gewöhnen würbe, nicht mehr Alkohol zu genießen, sondern alkoholfreie Getränke, was für einen riesigen moralischen und wirtschaftlichen Effekt hätte bieg, wenn Tausende nicht in Schnapsbuden und Wirtshäusern ihr Gelb verprassen, was nicht selten zur Folge hat, daß der betreffende nach einem solchen Wirtshaustoben am anderen Tage seinem Erwerbe nicht in entsprechender Weise nachgehen kann.
Es ist dies leider Tatsache. Wäre der Genuß alkoholfreier Fruchtsäfte schon ein allgemeiner, an den sich unsere Bevölkerung schon so gewöhnt hätte wie an das Bier, dann wäre es eher noch zu entschuldigen, wenn man an die Ausdehnung der Ge= meindeabgaben auf dieses Getränk denken möchte, wie es beispielsweise auch bezüglich der verschiedenen Mineralwässer schon lange hätte der Faß sein können.
Bis heute hat aber noch niemand an die Auslage einer Gemeindeabgabe auf Mineralwässer gedacht, bafür kommt man aber mit der Besteuerung der Fruchtsäfte, die auch einen Anschlag auf einen jungen Industriezweig bedeuten und dieselbe ruinieren mochte. Denn gerade wir sind es, die wir Ihnen erzählen Tonnen, mas es gekostet hat, bevor wir jemanden gefunden haben, der diese minderwertigen Früchte, diese Beeren, durch deren Sammeln sich sehr viele arme Leute ein Gelb verdienen, endlich einmal industriell Verarbeitet hat.
Es ist aber auch ein Anschlag gegen die