Ètvrtek 8. øíjna 1903

fügung mit ihrem Vermögen, in der Fassung jener Beschlüsse, welche notwendig sind, daß die Gemeinde der an sie herantretenden immer größer werdenden Aufgabe gerecht werde, sehr beschränkt ist.

Dagegen ist in dieser Gemeindeordnung auch der übertragene Wirkungskreis aufgenommen und dieser übertragene Wirkungskreis bildet eigentlich in der Durchführung mit einen Hauptbestandteil jener Rechte oder vielmehr Pflichten, welche der Gemeinde vom Staate auferlegt sind.

Allerdings heißt es in der Gemeindeordnung, daß der übertragene Wirkungskreis nur darin besteht, daß die Gemeinde alle jene Aufgaben zu erfüllen hat, welche durch allgemein geltende Gesetze auferlegt sind. Allein die Regierung hat im Laufe der Zeit durch eine große Masse von Verordnungen (und darin sind bekanntlich die österreichischen Regierungen groß) ans allen Gebieten es dahin gebracht, daß der übertragene Wirkungskreis der Gemeinden immer mehr erweitert, daß ihnen geradezu unerschwingliche Lasten aufgebürdet worden sind, und daß die deutschen Gemeinden im Jahre 1897 unter der Herrschaft weiland Badeni, unglückseligen Angedenkens, sich ermannt haben und alle Geschäfte des übertragenen Wirkungskreises, die nicht auf Gesetzen beruhen, zurückgewiesen haben.

Diesen Standpunkt nimmt noch eine große Anzahl von Städtegemeinden in Böhmen insbesondere ein.

Nun sollte man doch der Ansicht sein, daß wenn die in der Gemeindeordnung soviel gerühmte Autonomie in solcher Weise beschränkt ist, daß die Autonomie wenigstens dort festgehalten werde, wo sie ihr gesetzlich eingeräumt ist.

Und eine solche Autonomie, ein solches Selbstbestimmungsrecht besteht ganz gewiß in der Ernennung von Ehrenbürgern und Bürgern.

Das ist ein altes historisches Recht, aus der Städteverfassung herübergenommen, welches ein Ausfluß der Selbstbestimmung der Gemeinde ist, ein hervorragendes Recht der Gemeinde; und dieses Recht muß doch auch einen gewissen Inhalt haben.

Wenn jemand zum Ehrenbürger ober Bürger einer Gemeinde ernannt wird, so ist das allerdings ein Vorzug und eine Auszeichnung, aber damit müssen doch gewisse Rechte verbunden sein.

Diese Rechte sind auch in der Gemeindeordnung bestimmt, indem den Ehrenbürgern und Bürgern das Wahlrecht eingeräumt wird. Das ist, ich möchte sagen, ein selbstverständlicher Ausfluß der Ernennung eines Ehrenbürgers und Bürgers.

In der Durchführung nun wurde die Geltendmachung dieses Rechtes und die Anwendung desselben in einem nationalgemischten Lande, wie es Böhmen ist, einem Teile desselben unbequem, dort nämlich, wo es sich darum handelt hat, daß für die Ernennung von Ehrenbürgern und Bürgern der Von den czechischen Minoritäten erhoffte Erfolg ausblieb.

Und in diesem Punkte sind bekanntlich die hochgeehrten Herren Czechen etwas sehr empfindlich, und es wurden die Vorgänge, Wie sie in Budweis und Theresienstadt sich abgespielt haben, alsbald zur Ursache, und richtig zum Vorwande genommen, um in dieser Richtung nach der Anschauung des Landesausschusses - ich sage jetzt - eine Remedur zu Schaffen.

Meine hochgeehrten Herren, die Ernennung von Ehrenbürgern und Bürgern in Budweis und Theresienstadt ist der eigentliche Grund und die Ursache jener Gesetzesvorlage, welche vom Landesausschusse dem Landtage übergeben worden ist. In dieser Beziehung müssen wir doch aufrichtig sein.

Der Landesausschuß hat sich allerdings zurückgezogen in jene Kammer der Unparteilichkeit und Gerechtigkeit, Welche immer notwendig ist, wenn man einen bestimmten Zweck erreichen will.

Und er hat zu dem eigentlichen Grunde, nämlich zu der Ernennung von Ehrenbürgern und Bürgern, beziehungsweise der Entziehung des Wahlrechtes derselben in den Gemeinden, schnell noch zwei Angelegenheiten dazugegeben, nämlich einmal, daß denjenigen, welche mit der Entrichtung der Gemeindegiebigkeiten länger als ein Jahr im Rückstande sind, das Gemeindewahlrecht nicht entzogen werde eine Änderung, die an und für sich gewiß richtig ist, da es sich überdies um die Beseitigung einer Veralteten Anordnung handelt, die keinen Zweck hat - ferner das Wahlreklamationsverfahren und sodann noch Die weitere Angelegenheit, nämlich Vorkehrungen dagegen, daß die Wahl des Gemeindevorstandes nicht durch eine Minorität hintangehalten werden kann.

Das waren jene bequemen Anhaltspunkte, oder richtiger gesagt Anhängsel, welche der Landesausschuß in dieser Richtung benützt hat, um den eigentlichen Kern der ganzen Sache, nämlich die Entziehung der Wahlfreiheit und des Wahlrechtes der Ehrenbürger und Bürger, zu verbergen.

Nun ist es doch gewiß eine eigentümliche Erscheinung, daß gerade bei der Gemeindewahlordnung, die schon so und soviele Erzänzungen und Abänderungen erfahren hat, nun auf einmal, und zwar gerade in einem Zeitpunkte, in welchem der Landesausschuß selbst anerkannt hat, daß die Revision der Gemeindeordnung und der Gemeindewahlordnung eine unbedingte Notwendigkeit, ein Bedürfnis sei, in einem Zeitpunkte, in dem alle Gemeinden sich dahin ausgesprochen haben, daß eine Reform der Gemeindeordnung und Gemeindewahlordnung unbedingt erforderlich ist, der Landesausschuß, wie mit einem Blitz aus heiterem Himmel Sich bewogen gefunden hat, wieder stückweise Reformen, wie er sich ausdrückt, in die Gemeindewahlordnung zu bringen.

Der Landesausschuß hat in seinem Berichte Selbst anerkannt, die Notwendigkeit einer Reform der Gemeindewahlordnung und damit indirekt eine Reform der Gemeindeordnung, hat sich aber dahin ausgesprochen, es sei bei der kurz bemessenen Zeit, welche den Sessionen des hohen Landtages gegönnt ist, nicht möglich, eine so große legislatorische Arbeit durchzuführen. Ich halte diese Ansicht für Vollständig unrichtig.

Es ist dies eine große legislatorische Arbeit, es ist aber auch eine Arbeit, die würdig ist, durchgeführt zu werden. Zur Durchführung dieser großen legislatorischen Arbeit sind langdauernde Vorarbeitungen, Erhebungen notwendig.

Der Landesausschuß, dem eine so reiche Fülle von Erfahrungen zu Gebote steht, hätte selbst die Initiative ergreifen sollen und der Landesausschuß hätte sich schon längst verpflichtet fühlen sollen, an falle beteiligten Körperschaften zu appellieren, und ihre Meinung und ihr Gutachten zu hören. Denn das wird der Landesausschuß schon genugsam wissen, daß eine Summe von reichem Wissen und Erfahrungen, vom besten Willen und großer Tatkraft an den städtischen Gemeinden zu finden ist, und daß die Männer, die an der Spitze der Vertretung "dieser Städte stehen, in Böhmen und in ganz Österreich - darüber haben wir aber hier nicht zu urteilen - in erster Reihe berufen sind, ihre Erfahrungen, ihr Wissen, in den Dienst der guten Sache zu stellen, ihre Wünsche und ihre Bedürfnisse zu diesem Zwecke kund zu geben.

Das hat nun der Landesausschuß allerdings auch getan. (Ruf: Aber wie?)

Aber wann hat er das getan? Und wie?

Der Landesausschuß hat mit Zuschrift Vom 25. Juni vorigen Jahres sich an den Landtag gewendet mit jener Gesetzesvorlage, welche heute der Beratung und Beschlußfassung des hohen Hauses unterliegt. Und merkwürdig 1

Mit einer ganz außerordentlichen Schnelligkeit hat die Kommission für Bezirksund Gemeindeangelegenheiten diese Sache der Beratung und Beschlußfassung unterzogen und schon am 2. Juli 1902 wurde der Antrag in der Kommission verhandelt und rücksichtlich einiger Punkte mit Mehrheit, rücksichtlich einiger Punkte einstimmig angenommen.

Ich bin lange Jahre Mitglied der Kommission für Bezirke- und Gemeindeangelegenheiten und rechne es mir zu hoher Ehre an, Mitglied dieser Kommission zu sein. Ich kann, meine Herren, bestätigen, daß in dieser Kommission sehr fleißig gearbeitet wird, daß in ganz objektiver, ruhiger und sachlicher Weise daselbst den Bedürfnissen der Bezirke und Gemeinden Rechnung getragen worden ist.

Solange es sich in der Kommission nur um die wirklichen Bedürfnisse und Interessen der Gemeinden handelt, solange nicht nationale Erwägungen mitspielen, herrscht volle Einmütigkeit und es wird im vollsten Einverständnisse gearbeitet.

Ich fühle mich verpflichtet, dies heute hervorzuheben und wiederhole, daß in dieser Kommission sehr fleißig und ernst gearbeitet wird, aber eine so schnelle und rapide Behandlung einer Vorlage von Seiten des Landesausschusses, von Seiten der Kommission und von Seiten des Berichterstatters,wie im vorliegenden Falle, ist denn doch, meine Herrn, selten vorgekommen.

Es handelt sich doch um eine Angelegenheit, die unendlich wichtig ist, die tief in das Gemeindeleben einschneidet und große Tragweite besitzt.

Meine Herren, die Schnelligkeit, mit welcher dieser Gegenstand in der Kommission erledigt worden ist, in der offenbaren Absicht, daß diese Angelegenheit noch in der Session des vorigen Landtages auch beendigt werde, ist zum mindesten etwas auffallend. Ich hebe nur diese Tatsache hervor. Die Folgerung, meine geehrten Herren, haben Sie sich gemacht und wir machen sie uns auch. Nun kam diese Angelegenheit nicht mehr in der Sommersession des vorigen Jahres zur Beratung und Beschlußsassung, aber es hat sich etwas anderes ergeben.

Es hat die Gemeinde Pilsen eine Petition an den hohen Landtag gerichtet, um eine Abänderung der Gemeindeordnung und der Gemeindewahlordnung.

Diese Petition behandelt in ausführlicher und sachlicher Weise das ganze Gebiet der Gemeindeordnung und der Gemeindewahlordnung.

Diese Petition schien dem Landesausschusse so wichtig und bedeutungsvoll, daß er allerdings erst in der Mitte des heurigen Jahres eine Anfrage und ein Zirkular an alle Bezirke und Städtegemeinden von über 10. 000 Einwohnern erlassen hat, in welchem bestimmte Fragen, betreffend die Abänderung und Ausgestaltung der Gemeindeordnung und Gemeindewahlordnung gestellt werden Alle die Bestimmungen, welche heute dem hohen Landtage bereits vorgelegt sind, nämlich betreffend die Entziehung des Wahlrechtes für Ehrenbürger und Bürger, die Aufhebung der Bestimmung, daß diejenigen, welche langer als 1 Jahr mit der Entrichtung der Gemeindegiebigkeiten im Rückstande sind, das Wahlrecht verlieren, und die Angelegenheiten des Reklamationsverfahrens sind in dein Zirkular an die Bezirke und Gemeinden wieder den Gemeinden zur Begutachtung und zur Beantwortung vorgelegt worden.

Dieses Zirkulär an die Bürgermeisterämter tragt das Datum vom 14. Juli 1903.

Nun, meine sehr geehrten Herren, befindet sich heute der hohe Landtag in einer ganz eigentümlichen Sage.

Hier liegt ein Antrag der Bezirks- und Gemeindekommission vor, über diese Punkte heute zu beschließen und schlüssig zu werden.

Andererseits liegt aber ein Zirkular an die Bürgermeisterämter und Gemeinden und alle Bezirke Böhmens vor, sie sollen sich über diese drei Punkte aussprechen und Sollen ihr Gutachten erstatten.

Meine Herren! Wo bleibt da die Logik?

Der Landesausschuß muß doch eine bestimmte Absicht gehabt heben, indem er dieses Zirkular an alle Bürgermeisterämter und Bezirksausschüsse abgesendet hat. Sa, meine Herren, an alle Städte mit über 10. 000 Einwohnern! (Abg. Glöckner ruft: Das muß angenagelt werden!)

Auf diesen Einwand werde ich noch zurückkommen.

Sind die Gemeinden von Böhmen dazu da, befragt zu werden, damit während ihr Gutachten noch aussteht, während sie noch nicht in der Lage waren, sich auszusprechen, in die Aktion eingegangen wird, zu einer Zeit, da der Landesausschuß noch gar nicht in der Lage gewesen ist, alle die Gutachten der Städte und Bezirke zu erheben, zu prüfen und zu sichten, um sich ein Urteil zu bilden.

Durch das Zirkular, welches der Landesausschuß herausgegeben hat, hat er klar und deutlich ausgesprochen, daß er in dieser Frage überhaupt keine Stellung nehmen wolle, bevor nicht in allen diesen Punkten, welche in dem Zirkular des Landesausschusses enthalten sind, die Gutachten der städtischen Gemeinden vorliegen.

Welchen Zweck hätte das Zirkular? Welche Stellung sollen die deutschen und die böhmischen Gemeinden einnehmen, wenn sie um ihr Gutachten befragt werden und wenn sie also ganz richtig als diejenigen bezeichnet werden, welche berufen und allein berechtigt sind, über diese vitalen Angelegenheiten des Gemeindelebens sich auszusprechen, wenn einfach der hohe Landtag aus Grund eines Berichtes der Kommission und noch dazu Vom Vorigen Jahre nunmehr selbst beschließt?

Ich glaube, es ist unlogisch, es wäre auch geradezu ungerecht, es würde der parlamentarischen Auffassung über die Stellung des Landesausschusses, über die Stellung aller Städte in Böhmen ohne Unterschied der Nationalität direkt widersprechen.

Es wäre mit der Würde des deutschen und czechischen Gemeindewesens unvereinbar, wenn heute der hohe Landtag in dieser Angelegenheit über drei herausgerissene Stücke, welche lediglich einen politischnationalen Hintergrund haben, zum Mindestens in dem ersten Punkte, wenn heute der hohe Landtag darüber Beschluß fassen sollte.

Ich halte das von meinem ganz objektiven Standpunkte aus für unmöglich.

Ich hätte geglaubt, daß der Landesausschuß sich bewogen fühlen wird, diese Vorlage nach dem Zirkulare, welches er erlassen hat, gar nicht der Beratung und Beschlußfassung des hohen Hauses zu unterziehen.

Meine Herren! Sie können noch soviel mit dem Mantel der Unparteilichkei und Gerechtigkeit sich umhüllen, Sie kleiden sich in einen andern Mantel und diesen Mantel haben sie uns enthüllt!

Ein Zirkular des Hausbesitzer-Vereines von Pardubitz, in welchem gesagt wird, dieser Wahlreform sei zuzustimmen, damit die mit dem Mantel des Deutschtums bekleideten czechischen Städte wieder dem Czechentum anheimfallen!

Meine Herren! Um das handelt es sich Ihnen! Hätte es sich in Budweis und Teresienstadt nicht um deutsche Wähler gehandelt, wäre der umgekehrte Fall eingetreten, so wäre es ganz gewiß niemandem von Ihrer Seite eingefallen, diesen Gesetzentwurf vorzulegen. Das ist ein politisch nationales Gesetz, ich möchte sagen, der schlimmsten Sorte. Und überdies wird es in einem Zeitpunkte, meine Herren, vorgelegt, wo Alles nach einer großen Reform der Gemeindeordnung und der Gemeindewahlordnung drängt, wo es die moderne Auffassung, die Entwicklung des Gemeindewesens und das Selbstbestimmungsrecht fordert, auf welches die Herren Autonomisten ein so großes Gewicht legen.

In einem solchen Zeitpunkte, wo die Notwendigkeit vorhanden ist, große legislatorische Arbeiten zu verrichten, wo lange

Zeit genug vorhanden war, die erforderlichen Vorberatungen zu beendigen, da wird zu vielem Stück- und Flickwerke der Gemeindeordnung ein neues Stück- und Flickwerk hinzugefügt. Und warum? Weil, wie der Herr Berichterstatter der Majorität der Kommission sagt, dem Landesausschusse daran liegt, "über die Reinheit der Gemeindewahlen zu wachen. " (Lebhafte Heiterkeit links. Abg. Dr. Schücker ruft: "Der Landesausschuß soll sich um die Landesfinanzen kümmern!")

Meine Herren! Lassen Sie die Gemeinden selbst über ihre Wahlen wachen; es ist wahrscheinlich den Mitgliedern des Landesausschusses, sowie allen, die im öffentlichen Leben arbeiten, bekannt, daß Wahlen nicht ohne eine gewisse Agitation durchgeführt werden können.

Und Meister der Agitation, meine Herren, Meister in der Durchführung der Agitation, in der Ausdauer, das sind Sie, meine hochgeehrten nationalen Gegner! In dieser Richtung liegt kein Grund und keine Veranlassung vor, um dieses Gesetz irgendwie zu poussieren.

Wir haben in der Kommission bereits hervorgehoben, daß es ein Gelegenheitsgesetz ist und daß es eine Beschränkung der Autonomie der Gemeinden herbeiführen würbe.

Welche menschliche Institution und Einrichtung ist nicht einer gewissen Ausdehnung, und wenn Sie wollen, unter Umständen auch einer mißbräuchlichen Anwendung unterworfen? Glauben die Herren, daß es ganz unmöglich ist, Auswüchse bei verschiedenen gesetzlichen Vorkehrungen, insbesondere bei Wahlen hintanzuhalten?

Da müssen Sie, meine Herren, in ihre eigene Brust greisen, Sie müssen über die Reinheit Ihrer eigenen Wahlen wachen, Sie hätten damit, glaube ich, eine große und dankbare Arbeit zu verrichten!

Meine Herren! Es ist der Verwaltungsgerichtshof selbst, der für die Autonomie der Gemeinden bei der Ernennung von Ehrenbürgern eingetreten ist und gesagt hat, man muß doch den Gemeinden die Beurteilung überlassen, aus welchem Grunde, auf Grund welcher Verdienste sie jemanden zu ihrem Bürger ernennen wollen.

Soweit ist die Fürsorge von Seite des Landesausschusses gegangen, soweit hat man den Gemeinden die Bevormundung angedeihen lassen, daß sie nicht einmal das Recht haben sollen, frei diejenigen Männer zu wählen, welchen sie ihr Bürgerrecht zu verleihen gedenken.

Meine Herren! ES ist wohl ein sehr banaler Ausdruck, wenn der Herr Berichterstatter sich dahin ausdrückt, daß die Autonomie keine Willkür ist. Nein, die Autonomie ist keine Willkür, aber Willkür ist es, die Autonomie zu beschränken. Darin liegt die Willkür!

Daran haben wir nicht erst ein Beispiel in diesem Gesetze, das war beabsichtigt bei der Forderung einer gewissen Qualifikation der Bezirks- und Gemeindebeamten schon seinerzeit in jenen Entwürfen, wie sie uns vorgelegt worden sind und die ich aufs Heftigste bekämpft habe, weil nur nationale Aspirationen darin zu erblicken waren. Das war ein Beginnen, das nur politische Motive hatte, das nur dahin ging, czechischen Kandidaten und czechischen Bewerbern Tür und Angel in die deutschen Städte zu öffnen.

Meine Herren, da gibt es keine Verwahrung. Wenn das Gesetz da ist und sagt, diese Bewerber mit diesen Qualifikationen können angestelt werden und es sind keine andere Bewerber als czechische, welche diesen Qualifikationen nachkommen, so ist das traurig für die deutschen Bewerber. Das Gesetz ist allerdings zum Teile zurückgezogen worden, aber ich führe es an, um darzutun, welche Motive bei Solchen Gesetzen obwalten.

Die Objektivität ist nicht auf Ihrer Seite, die Objektivität ist auf unserer Seite. Nicht für Ungerechtigkeit, nicht für Mißbrauche treten wir ein, wir werden Solchen Stets entgegentreten.

Aber, meine Herren, das Bestreben, dasjenige durchzuführen, was Sie für notwendig erachten und zwar im Gesetzgebungswege durchzuführen, um die Rechte der Deutschen auch auf autonomem Gebiete zu beschränken, auf deren eigenem Gebiete, wo sie doch unstreitig Herren sind und Herren bleiben werden, nur nie der czechischen Agitation Tür und Angel zu offnen, ist offenkundig. Es sind so durchsichtige Motive und Beweggründe in Ihren Anträgen, daß wenigstens gewartet werden soll, bis die Gemeinden Böhmens ihr Urteil in dieser Frage abgegeben haben.

Ich halte heute mit meinen Parteigenossen und Parteifreunden, den deutschen Abgeordneten, diese Sache nicht für Spruchreif, Sondern ich bin der Anficht, daß diese Angelegenheit zu vertagen ist. Denn heute abzusprechen - ich wiederhole das - über eine Angelegenheit, über welche sämtliche Gemeinden des ganzen Landes ihre Anschauung und ihr Gutachten erst abzugeben haben, das, meine Herren, ist eine Mißachtung der Gemeinden und ich möchte denn doch wissen, warum der hohe Landesausschuß sich eigentlich dazu bewogen gefunden hat, diese Fragen im Cirkulare aufzurollen, wenn der Landesausschuss und der Vertreter desselben die Absicht gehabt hat, die Vorlage heute dem hohen Landtage vorzulegen. Denn das mußten Sie doch im Juli 1903 schon wissen, daß Sie diese Fragen an die sämtlichen Gemeinden des ganzen Landes gestellt haben !

Welche Stellung nimmt der Landesausschuß da ein?

Ist ihm das entgangen?

(Abg. Pacher ruft: Das ist ein Hohn für die Gemeinden ! Abg. Dr. Zdenko Schücker: Das ist eine Fopperei! Abgeordneter Kutscher: Zum ersten Oktober ist doch Frist gegeben 1)

Also meine Herren, ich rektifiziere: Bis Ende September sind die Gutachten vorzulegen gewesen, aber das ist kein peremptorischer Termin, solche Fristbestimmungen können nicht immer eingehalten werden und werden nicht eingehalten und, meine Herren, die Sichtung und Prüfung der Gutachten ist ganz gewiß feine leichte Arbeit, dies dauert auch geraume Zeit!

(Abg. Glöckner ruft: Die Städte mit unter 10. 000 Einwohnern müssen auch gehört werden. Wie kommen diese dazu!)

Die Vorlage ist auf einen Selbständigen Antrag des Landesausschusses zurückzuführen, um wie der Landesausschuß sich ausgesprochen hat, "einem dringenden Bedürfnisse Rechnung zu tragen".

Aber, meine Herren, das Sollte im vorigen Jahre Knall und Fall durchgebracht werden, mit Hilfe der Bezirks- und Gemeindekommission, welche in diesem Punkte sehr entgegenkommend war. Es ist aber doch nicht gelungen. Nun hat man die Sache ein volles Jahr liegen lassen. Jetzt hat sich der Landesansschuß an die Stòadte mit über 10. 000 Einwohner gewendet.

Es ist aber kein Grund vorhanden, daß die Ziffer beschränkt wird auf Städte mit 10. 000 Einwohnern.

Es gibt eine ganze Reihe von hervorragenden Gemeinwesen dieser und jener Nationalität, welche nicht 10. 000 Einwohner haben und welche doch voll und ganz das Recht haben, in dieser Frage gehört zu werden.

Auch dieser Standpunkt ist kein gerechter und läßt sich nicht verteidigen, er ist ein ungerechter, ein einseitiger; nachdem das Zirkular vom Landesausschusse, beziehungsweise seinem Vertreter ausgegangen ist, so erlaube ich mir wenigstens heute, die bestimmte Bitte - ich kann nicht höflicher sein an den hohen Landesausschuß und an den Vertreter desselben zu richten, daß auch Städte unter 10. 000 Einwohnern zu befragen seien. Denn ich konnte eine ganze Reihe deutscher und czechischer Städte anführen, welche weit unter 10. 000 Einwohnern zählen und doch sehr richtige Urteile abgaben.

Und warum sind diese Städte ausgeschlossen? Hier gibt es keinen vernüfftigen Grund die Städte auszuschließen. Sie haben ebenfalls das Recht gehört zu werden. Und wenn der Landesausschuß nach Jahr und Tag durch eine Petition der Gemeinde Pilsen dazu gelangt ist, die Städte zu fragen wie, frage ich, kann der Landesausschuß heute dem hohen Landtage diesen vergilbten Gelegenheitsantrag der Kommission für Bezirksund Gemeindeangelegenheiten wieder vorlegen?

Ich halte dies für unmöglich und alle Mitglieder des hohen Hauses ohne Unterchied der Parteischattierung, ohne Unterchied der Nationalität müssen doch getragen sein vom Bewußtsein und von der Würde,welche dem hohen Landtage innewohnt,müssen aber auch getragen sein von jenem Bürgerstolze und jener Anerkennung, ich wiederhole von jenem Bürgerstolze, welchen ja der hohe Landesausschuß dadurch selbst gewürdigt hat, daß er das Gutachten der Gemeinden in jenen Fragen im Juli dieses Jahres eingeholt hat, über welche der hohe Landtag jetzt entscheiden soll.

Es wird einfach über alle Gemeinden deutscher und czechischer Nationalität vom Landesausschusse zur Tagesordnung übergangen.

Ich meine, daß es für den hohen Landesausschuß angezeigt gewesen wäre, diese Vorlage nicht vor das hohe Haus zu bringen. Nachdem es aber nicht der Fall ist, nachdem es also geschehen ist, so glaube ich, gibt es jetzt nur noch ein Mittel, und dieses Mittel liegt in der Annnahme des Antrages, den ich jetzt Stellen werde.

Dieser Antrag kann bekämpft werden, meine Ausführungen können jetzt in dieser oder jener Sprache angegriffen und bekämpft werden, aber nicht wiederlegt werden, (Rufe: Sehr richtig!) weil das, was ich gesagt habe, in jeder Beziehung unwiederleglich ist durch die Dokumente des hohen Landesausschusses selbst. (Rufe: Sehr richtig!)

Und meine Herren, ich würde glauben, daß der Landesausschuß und die Herren ohne Unterschied der Parteistellung, dem Antrage, den ich mir jetzt zu stellen erlauben werde, zustimmen können.

Dieser Antrag lautet: Der hohe Landtag Wolle beschließen, es sei in Erwägung des Umstandes, daß der Landesausschuß über jene Bestimmungen und jene Angelegenheiten der Gemeindewahlordnung, über welche jetzt das hohe Haus Beschluß fassen soll, nur das Gutachten aller Städte über 10. 000 Einwohner eingeholt hat, und dieselben, wenn Sie auch eingetroffen sein sollten, nicht geprüft, gesichtet, und nicht berücksichtigt sein können, über den vorliegenden Gesetzesentwurf betreffend die §§ 1, 4, 13, 15, 18, 19, 33 der Gemeindewahlordnung für das Königreich Böhmen vom 16. April 1864, es sei über diesen Antrag der Kommission für Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten dermalen zur Tagesordnung überzugehen. Und ich empfehle den hochgeehrten Herren diesen Antrag zur Annahme. (Langanhaltender stürmischer Beifall und Händeklatschen. )

Nejvyšší maršálek zemský: Zahajuji rokování povšechné.

Ich eröffne die Generaldebatte und erlaube mir mitzuteilen, daß sich in der Generaldebatte zum Worte gemeldet haben: contra: Herr Abg. Posselt, pro: Herr Abg. Dr. Herold.

Dovoluji si sdìliti, že jsou pøihlášeni

ke generální debatì contra: pan poslanec Posselt a pro pan posl. dr. Herold.

Ich erteile das Wort dem Herrn Abg. Posselt

Abg. Posselt: Hoher Landtag! In welcher Weise wir Vertreter des deutschen Volkes uns in der Kommission zur Vorlage gestellt haben, das ergibt Sich ja am klarsten aus der Äußerung des Herrn Majoritätsberichterstatters selbst, welcher aus Seite 3 sagt:

Die Minorität der Kommission bekämpft diesen Antrag mit Entschiedenheit, indem sie anführt, daß der Antrag ein tendenziöser sei und einem einseitigen, nationalen Standpunkte entspreche, und daß das beantragte Gesetz ein durch den Wahlkampf in Budweis hervorgerufenes Gelegenheitsgesetz sei.

Das sind die Motive, welche für unsere Stellungsnahme in der Kommission für Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten maßgebend waren.

Es hat der geehrte Herr Minoritätsberichterstatter bereits bezüglich der Ehrenbürger Seine Ansicht ausgesprochen, bezüglich Deren Berechtigung und gesetzlichen Stellung.

Ich gestatte mir zunächst einige Worte vorauszuschicken und bemerke, daß die mit dem gegenwärtigen Antrage vorgeschlagenen Anderungen, nur einen kleinen Teil der ganzen Gemeindegesetze betrifft und die Gemeindeordnung als solche ganz unberührt läßt, obzwar wahrhaftig dort mehr Grund vorhanden ist, im Interesse der Gemeinde und der Gemeindebewohner Anderungen eintreten zu lassen.

Der jetzige Vorschlag ist also nur ein vorläufiger, man merkt es, daß rasch etwas gemacht werden sollte, was man gerade braucht. Man hat die übrigen Punkte des Antrages außer der Bestimmung über die Eliminierung der Ehrenbürger und Bürger lediglich als angenehme Gesellschaft mitgegeben, um den eigentlichen Kern des Antrages annehmbarer zu machen, vielleicht auch, um über die Wichtigkeit dieses ersten Teiles hinwegzutäuschen.

Zu ändern an der Gemeindewahlordnung und an der Gemeindeordnung wäre viel mehr. Der Landesausschuß hat in dem zitierten Erlasse vom 14. Juli d. J. selbst eine

Reihe von Punkten angeführt, welche auch in Betracht kämen und welche auch Anregungen von Gemeinden entsprechen.

Ich will nur erwähnen die Ausscheidung des ganzen Vollmachtwesens.

Ich möchte auch hervorheben den Vorschlag bezüglich Festsetzung eines Zensus für die Wahlkörper und die Kreierung eines vierten Wahlkörpers für jene, welche bisher vom Wahlrecht in den Gemeinden ausgeschlossen waren, obzwar ich es für unrichtig und dem Werte des Gesetzes nicht angepaßt halte, daß ein Teil dieses Wahlrechtes auf Vorschreibungen von Staatssteuern, der andere Teil dieses Wahlrechtes basiert sein soll auf einer ganz variablen Gemeindegebühr.

Übrigens wollen ja auch die, welche bisher von dem Gemeindewahlrecht ausgeschlössen sind, die Kreierung einer solchen vierten Wahlkurie überhaupt nicht; wie bekannt, wünscht diese nur ein Wahlrecht in der Gemeinde, das ist das allgemeine gleiche.

Änderungs- und ergänzungsbedürftig wäre die Gemeindewahlordnung hinsichtlich des Wahlrechtes der Frauen, der einzelnen Teilhaber beim gemeinschaftlichen Besitze und bei gesellschaftlichen, gewerblichen und industriellen Unternehmungen damit zusammenhängend, hinsichtlich des Selbständigen Wahlrechtes jener Doktoren der inländischen Universitäten, welche sich an Unternehmungen beteiligen oder Solche selbständig betreiben, - hinsichtlich der Einreihung der Professoren an nicht staatlichen Mittelschulen nach § 15 der Gemeindewahlordnung, hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechtes der Gemeinde selbst als Steuerträger in der Gemeinde, hinsichtlich der genauen Definition des Begriffes der Seelsorger, wo es sich um Delegierung von Lokalisten, Kooperatoren u. s. w. handelt - und hinsichtlich noch zahlreicher anderer, fehlender, unklarer Bestimmungen und Vorschriften, welche jetzt lediglich der breitesten örtlichen Auslegung und dein breitesten Berufungsverfahren einfach überlassen sind.

Ich will ja hier keine Aufzählung aller der Gebrechen der Gemeindewahlordnung vornehmen, dies ist ja noch weiteren Erhebungen vorbehalten. Ich gebe ja hier nur Andeutungen und will damit nur sagen, wie ergänzungs- und änderungsbedürftig diese


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP