Pátek 2. øíjna 1903

Oberstlandmarschall: Es gelangt nunmehr zum Worte der Herr Abgeordnete Peschka.

Abg. Peschka: MeineHerren! Es wäre wohl überflüssig, wenn ich alle Leiden der Landwirte hervorheben sollte, die von der Katastrophe betroffen worden Sind, die Hab und Gut verloren, ihrer Arbeit, ihrer Mühe beraubt wurden. Ich kann mich deshalb ganz kurz fassen und zwei Dinge zur Sprache bringen, wovon eines bereits von meinem Herrn Vorredner gestreift wurde, nämlich, was die Erhebung der Schäden anbelangt.

Meine hochverehrten Herren! Ich glaube, daß wohl seiten mit einer so großen Sorglosigkeit vorgegangen wurde, wie bei der Erhebung der einzelnen Schäden, die durch Elementarkatastrophen herbeigeführt werden.

Wenn eine Katastrophe eintritt, sei es nun durch Elementargewalt, wie durch Hagel, wobei die Landwirte in einem Augenblicke um die ganze Ernte kommen, sei es durch Dürre, wie es heuer in den westböhmischen Bezirken der Fall war und wenn dann die Landwirte der betreffenden Gemeinden ausgefordert werden, die Schadensziffer zu nennen, so herrscht in allen diesen Gemeinden immer eine sehr große Unklarheit darüber, wie der Schaden beziffert werden soll.

Ich habe mir die Mühe genommen, und habe Vergleiche angestellt zwischen einzelnen Flächen der beschädigten Gebiete und Zwischen den einzelnen Fruchtarten, hinsichtlich der Schadensziffer, wie sie eben vorgelegt wurde, und habe da sehr große Differenzen gefunden.

In manchen Bezirken wurde die Beschädigung angegeben per Hektar mit 250 Kronen bei totalem Hagelschlag, in anderen Bezirken wurde derselbe Schade mit 500 Kronen per Hektar angegeben. Wenn auch darauf hingewiesen werden muß, daß in einem Bezirke die Ernteverhältnisse besser sind, als in anderen Bezirken, so kann man doch nicht behaupten, daß sich so große Differenzen zwischen den einzelnen Fruchtgattungen ergeben könnten.

Es kommt dies daher, weil man sich nicht der Mühe unterzieht, lange Erhebungen Zu pflegen, sondern taxativ vorgegangen wird. In meinem politischen Bezirke z. B. wurde der 15 fache Katastralreinertrag als Schadens-Ziffer ausgewiesen. Das ist sehr schön. Wenn aber heute bei der Personaleinkommensteuer der Landwirt einen 15 fachen Reinertrag angeben würde, so würde er sich sauber bedanken. Deshalb kommen solche Unklarheiten bei der Angabe der Schadensziffern vor, so daß man Staunt und gar nicht begreifen kann, wie das möglich ist. Wenn wir das Verzeichnis zur Hand nehmen, das uns vorgelegt ist und einzelne Bezirke darin näher betrachten, so finden wir sehr hohe Schadensziffern verzeichnet; und wenn man die Flächen vergleicht und die ganzen einzelnen Bezirke, so kommt man unwillkürlich darauf, daß die hohen Schadensziffern nur angegeben worden sind, um möglichst hohe Subventionen herauszubringen. Ich will den betreffenden Bezirken gar nicht nahe treten deswegen, weil sie das Bestreben haben, möglichst Subventionen herauszubringen.

Wenn wenig Schaden ausgewiesen wird, so bekommt man eine kleine oder gar keine Subvention und es ist bekannt, daß man in allen diesen Fällen von Seite des Staates oft nur - entschuldigen Sie den Ausdruck - ein Trinkgeld bekommt. Ich habe selbst in meinem Wahlbezirke einige verhagelte Gemeinden im vergangenen Jahre gesehen und habe einzelne Grundbesitzer besucht, die einen Grund haben im Ausmaße von 30 Hektar, allerdings im Gebirge gelegen, also nicht gerade die besten Grundstücke, aber doch immerhin mittlere Bauern sind, wie man sie bezeichnet, und welche die Mißernte zu verzeichnen hatten. Solchen Grundbesitzern hat man eine Hilfe von 50 Kronen zukommen lassen (Rufe: Hört! Hört!)

Und wissen Sie, wann man diese 50 K ausgezahlt hat? Heuer, anfangs Juli, und am 19. Juli sind diese Leute neuerdings verhagelt worden. Ein Grundbesitzer, welchen man mit 50 K helfen kann, braucht keine Unterstützung. Entweder man hilft ihm, daß er in der Lage ist, sich zu helfen, oder aber man gewöhnt die Leute nicht daran, daß Sie ein Bittgeld nehmen. Das ist die Ursache, warum ungeheuer hohe Schadensziffern ausgewiesen werden.

Ich habe Gelegenheit gehabt, über diesen Gegenstand im Reichsrate zu sprechen, und muß hier daraus zurückkommen, weil die Erhebungen nicht vom Ministerium, sondern von der Statthalterei gepflogen werden.

Es wäre notwendig, baß Sachverständige mit der Erhebung der Schadensziffern betraut werden.

Wie wird das aber jetzt gemacht?

Gegenwärtig werden diese Erhebungen den Gemeindevorstehern überlassen und sodann von der Gendarmerie nachkontrolliert. Aber von der Gendarmerie kann man doch nicht eine genaue Schadenerhebung verlangen. Der Gendarm geht hinaus, erkundigt sich oft einfach, und dadurch kommen Ziffern heraus, die entweder viel zu hoch oder in anderen Fällen viel zu niedrig sind. Deshalb kommt es vor, daß diese Ziffern nicht richtig sind, und es folgt auch daraus, daß solche Verzeichnisse zustande kommen, wie sie vorgelegt sind.

Mir fällt nicht ein, den Referenten, der die Verzeichnisse vorzunehmen hatte, anzugreifen, aber man sollte, ich möchte sagen, eine gewisse Gleichheit in der Verteilung der Subventionen walten lassen. Aber wenn Sie diese Ziffern betrachten, so sind solche Ungleichheiten vorhanden, meine Herren, die man sich eigentlich gar nicht aufklären kann. Es ist hier z. B. ein Bezirk, der die Schadensziffer ausgewiesen hat mit 22. 955 K und dieser bekommt an Saatgut eine Subvention von 3. 000 K Daneben ist ausgewiesen ein Bezirk mit 1, 300. 000 K und dieser bekommt 8. 000 K an Saatgut. Zufällig ist dieser Bezirk jener Bezirk, in dem ich meinen Wohnsitz habe und wo ich Mitglied des Notstandskomite bin.

Zwar hat die Statthalterei nachträglich eine Erhöhung der Subvention nicht nur in Aussicht gestellt, sondern auch wirklich eintreten lassen, aber ursprünglich waren nicht einmal diese 8000 Kronen in Aussicht genommen, sondern nur 4000 Kronen, und ich habe mir im Komitee einen Antrag zu stellen erlaubt und um eine Erhöhung angesucht und die Subvention ist wirklich auf 8000 Kronen erhöht worden. Nun, meine Herren, diese 8000 Kronen sind verteilt worden, und ich muß sagen, sie sind ziemlich gerecht verteilt worden Von Seiten des Bezirkshauptmanns. Aber da werde ich Ihnen Zahlen nennen, wie man helfen will. Da ist die Gemeinde Karlsgrund im Leitomischler Bezirke, die hat eine beschädigte Fläche von 5249 Metzen, also rund 1000 Hektar. Der Schaden wurde nach Hektaren fixiert es ist eine totale Verhagelung mit 250 Kronen per Hektar, gewiß nicht zu viel. Der hat man, meine Herren, eine Saatmenge von 33 Hektolitern im Kostenbetrage von 363 Kronen zum Anbau zugewiesen. Der eigentliche Saatbedarf beträgt in dieser Gemeinde nach genauen Berechnungen 37. 188 Kronen nur für das Getreide. Und nun, meine Herren, sagen Sie mir, wenn der Borsteher in die Gemeinde kommt, und er soll die 33 Hektoliter unter diese Grundbesitzer verteilen, wie soll er sich helfen?

Meine Herren 1 Es ist ganz unmöglich, das zu machen. Entweder kann man den Beitrag den Allerärmsten geben; dann sind die anderen unzufrieden. Gibt man, es den größeren Besitzern, dann sind die Ärmeren unzufrieden. Man kann gar Keinen zufrieden stellen.

Ich habe auch die Ehre, Gemeindevorsteher eines Ortes zu sein, der leider verhagelt wurde, und unsere Gemeinde hat eine verhagelte Fläche von 3000 Metzen, auf die Winterung kommt circa zum Anbau der dritte Teil, es herrscht dort die Dreifelderwirtschaft. Infolgedessen brauchen wir zum Anbau 1000 Metzen Winterung, das ist rund 600 Hektar. Was haben wir bekommen ? 58½ Hektoliter. Denken Sie sich, meine Herren, wie soll man das unter 200 Landwirte, die geschädigt sind, verteilen? Die Kunst möchte ich können. Ich habe es verteilt, meine Herren. Aber diese Schimpfereien, welche ich zu hören bekommen habe! (Heiterkeit !) Wenn ich alle auf Ehrenbeleidigung klagen wollte, könnte das Leitomischler Bezirksgericht 3 Wochen Arbeit haben. (Heiterkeit!)

Deshalb wäre es wünschenswert, daß die Erhebungen auf eine andere Weife gepflogen werden, und wir haben dies sehr leicht. Wir haben solche Behörden, sie wurden auch schon genannt. Wir haben den Landeskulturrat und der wurde sich gewitz der Mühe unterziehen und es wäre Pflicht und Aufgabe aller nicht nur der Beamten. Auch die Delegierten würden sich in den Dienst stellen, wenn es gilt, dem eigenen oder Nachbarbezirke zu helfen.

Es wurde der Landesinspektor des Landesausschusses entsendet. Meine Herren! Er ist ja doch kein Fisch und Vogel, wenn so große Elementarereignisse wie heuer erfolgen, kann er nicht zugleich an der bayrischen Grenze und gleichzeitig im Schönhengsten Lande sein und in Iglau und in Deutschbrod. Er kann nicht überall hinfahren. Er kann höchstens Stichproben machen. Er kann keine Erhebungen pflegen, er kann sich nur durch Augenschein überzeugen, ob da und dort ein Schaden angerichtet worden ist oder nicht. Der Landeskulturrat hat Delegierte, hat Beamte, hat seine Ausschußmitglieder. Er könnte Erhebungen pflegen und könnte den Gemeindevorstehern an die Hand gehen und dadurch wäre viel besser eine ordentliche Schadensziffer zu erzielen. Dann könnte man auch den Landwirten eine solche Subvention geben, daß sie bestehen könnten. Alles übrige Wurde schon besprochen, ich will nicht darauf zurückkommen, aber eines ist nicht gebührend betont worden. Ich bin kein allzugroßer Freund von häufigen Subventionen und von Subventionen, Wenn sie nicht in ausreichendem Maße gegeben werden, weil man die Leute abstößt, Anständige beleidigt und demoralisiert. Aber wenn es notwendig ist, wie es heuer der Fall ist, muß man unbedingt zugreifen, daß man den Landwirten auf die Beine hilft, damit sie den harten Winter verbringen und im nächsten Jahre ihre Felder bestellen können. Wenn kleine Katastrophen eintreten, ist es vielleicht leicht, weil Verwandte, Freunde, Gemeinden einander aushelfen. Bei so großen Katastrophen, wie heuer, ist dies nicht möglich, da muß der Staat eingreifen und es Wurde mit Recht vom Kollegen Dr. Damm hervorgehoben, daß auch das Land zu helfen Verpflichtet ist. Insbesondere handelt es sich darum, der armen Bevölkerung dadurch über die schwere Winterzeit hinwegzuhelfen.

Es ist notwendig für dieselben zu sorgen, dadurch, daß man nicht direkt Subventionen gibt, sondern die Notstandsbauten durchgeführt. Es ist kein Bezirk, der nicht derartige Bauten brauchen würde.

Es wäre notwendig, daß solche Notstandsbauten durchgeführt würden und daß mit Beschleunigung solche Projekte ausgearbeitet würden, damit man den Leuten über den Winter und im Frühjahre Beschäftigung gibt und sie dadurch in die Lage versetzt, sich ihr Brod verdienen zu können, damit sie nicht aufs Betteln angewiesen sind und auf die Auswanderung. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus meiner Gemeinde sagen. Die Hagelkatastrophe hat es zuwege gebracht, daß nicht weniger als 24 Familien nach Deutschland ausgewandert sind, um sich Arbeit und Brod zu Verschaffen. Es ist deshalb notwendig, daß solche Arbeiten mit Beschleunigung durchgeführt werden. Das ist die große Aufgabe des Landes. Das Land kann dazu beitragen, indem es diese Notstandsbauten unterstützt und subventioniert. Das ist auch der Zweck, weshalb ich mich zum Wort gemeldet habe und ich bitte die hohe Regierung, daß sie uns die Subvention ehebaldigst und in reichlichem Masse zukommen lassen möge.

Aber ich bitte auch das Land und besonders den Landesausschuß, daß er bei der Durchführung dieser Notstandsbauten rasch vorgehe und daß er bereit sei, den Teilbetrag, der auf das Land entfällt, zu übernehmen. Ich glaube, daß alle diese Fragen genügend behandelt wurden und ich werde mir jedes weitere Wort ersparen.

Ich wünsche nur, daß es im Verein mit dem Landtage gelingen möge, wenigstens teilweise die Not zu bannen, von welcher so viele Bezirke heimgesucht wurden. (Lebhafter Beifall. )

Oberstlandmarschall: Ich erlaube mir mitzuteilen, daß sich noch der Herr Abg. Pacher zum Worte gemeldet hat; es sind daher noch die Herren Abg. Kliemann und Pacher eingetragen.

Dovoluji sobì sdìliti, že se pøihlásil ještì pan poslanec Pacher ke slovu, takže jsou nyní zapsáni øeènici: páni poslanci Kliemann a Pacher.

Es hat sich der Herr Statthalter zum Worte gemeldet und ich erteile ihm daher dasselbe.

Statthalter Graf Coudenhove: Hohes Haus! Ich habe nicht die Absicht gehabt, bei der heutigen Debatte das Wort zu ergreifen und mir vielmehr vorbehalten wollen, in den Ausschußberatungen den Herren, welche berufen sein werden, die Frage in Beratung zu ziehen, ob und in welcher Weise das Land an der Hilfsaktion teilzunehmen hat, alle Auskünfte zu geben, die ich auf Grund der durchgeführten Erhebungen in den Schadenangelegenheiten zur Disposition habe und dabei auch die Grundsätze darzulegen, nach welchen die Regierung bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Geldmitteln vorzugehen gedenkt.

Ich bin nun veranlaßt das Wort zu ergreifen und Einiges vorzubringen durch einzelne Bemerkungen, welche der unmittelbare Herr Vorredner vorgebracht hat.

Er hat in feinen Ausführungen die Schadenziffer, die Art der Erhebung und der Verteilung bemängelt. Nun möchte ich nur bemerken, daß die Grundlage für die Durchfuhrung der Staatlichen Hilfsaktion nicht jene Ziffern sind, welche den Herrn gedruckt in dem Berichte Des Landesausschusses vorliegen.

Wenn die Herren die Güte haben, der Aufschrift der betreffenden Rubrik ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, so werden Sie finden, daß dort die Ziffern aus Grund der Angaben der Parteien angesetzt und; und dadurch ist die Verantwortung von feiten der erhebenden Organe abgewälzt. Es soll damit gesagt sein, daß das nicht verläßliche Ziffern, wenigstens nicht behördlich sichergestellte Ziffern sind, um welche es sich hier handelt.

Es ist aber auch nicht möglich gewesen meine Herren, bisher Verläßliche Ziffern zu Verschaffen, weil dies eine seht zeitraubende Arbeit ist. Die Grundlage für die staatliche Hilfsaktion merden jene Erhebungen bilden, welche von feiten der Finanzbehörden durchgeführt werden, welche also im Wesen darin bestehen, daß ein amtliches Organ unter Mitwirkung won Vertrauensmännern die Gemeinde begeht und dort die Daten ausnimmt, welche sich dieser Kommission als die richtigen darstellen.

Das wird die Grundlage für unsere Weitere Hilfsaktion sein. Daß diese Daten, die hier angeführt sind, nicht autentisch sind, haben wir, wie ich erwähnt habe, gewußt. Wir waren aber nicht in der Lage, autentische Daten im gegenwärtigen Momente zu benützen, noch sind wir auch in der Lage, andere Daten zur Verfügung zu stellen, weil Verläßliche Daten zu beschaffen eine Arbeit von einigen Monaten erfordert. Nun ist eine Aktion eingeleitet worden, welche, wie ich sehe, bei allen Interessenten Beifall gefunden hat.

Die Saatgutaktion. Der Hagelschlag erfolgte am 19. Juli. Es waren Von da an, bis zur Durchführung der Aktion nicht mehr als 8-10 Wochen zur Verfügung. Erwägen Sie, welche Arbeit die einzelnen Komitees von dem Zeitpunkte zu leisten hatten, wo ihnen gesagt wurde, wie viel Geld zur Verteilung gelangt, dann werden sie ersehen, daß sechs Wochen für die ganze Arbeit nicht zu viel gerechnet sind. Es war daher die Behörde, welche die Verteilung vorzunehmen hatte, Ende Juli vor die Notwendigkeit gestellt, die Entscheidung zu treffen.

Daß diese Entscheidung in Bezug aus die genaueste Gerechtigkeit möglicherweise Fehler haben würde, war mir Vollkommen klar. Wenn ich hätte eine ganz gerechte Entscheidung abwarten wollen, wäre ich jetzt am Anfange der Aktion, meine Herren, und selbst die Saatgutaktion hätte nicht stattfinden können.

Ich halte es daher für keine gerechte Kritik, das, was man heute, am 2. Oktober weiß, der Regierung vorzuhalten, welche Ende Juli genötigt war nach oberflächlichen Eindrücken eine Entschädigung zu treffen - ich gebe dies ohne Weiteres zu - eine Entscheidüng zu treffen nach dem, was man gebört, was man auf den ersten Blick gesehen, was der Larideskulturinspektor wahrgenommen hat. Auf diesen Grundlagen mußten wir in jenem Momente die Entscheidung treffen. Sie ist erflossen und es zeigte sich, daß sie nicht ganz gerecht getroffen wurde. Soviel aber als möglich war, wurde dies durch die Referve ausgeglichen.

Wir haben uns nicht gescheut, den Herren eine derartige Waffe in die Hand zu geben und war mir vollständig klar, daß daran eine sehr billige Kritik geübt werden kann. Ich bitte aber zu erwägen, daß es damals nicht anders gegangen ist, wenn man die Saatgutaktion überhaupt hat ermöglichen wollen. Wir habten so wenigstens den Vorteil, daß diese Aktion hiedurch überhaupt möglich geworden war.

Von diesem Gesichtspunkte aus bitte ich diese Aktion mit Wohlwollen zu beurteilen und uns keinen Vorwurf zu machen, daß nicht mit größerer Genauigkeit vorgegangen wurde. Ich füge aber bei, daß diese Verteilungsgrundlage nicht die Grundlage für die weitere Verteilung des größeren, zur Verfügung stehenden Betrages bilden wird, sondern daß, was die Schadensziffer betrifft, die steuerämtlichen Operate den einen Teil der Grundlage bilden werden, daß aber selbstverständlich auch die Bedürftigkeit der Bezirke bei der Verteilung der Hilfe, und zwar wesentlich, ins Gewicht fallen wird.

Da ich schon beim Worte bin, möchte ich noch auf eine andere Bemerkung reflektieren, welche im Laufe der Debatte gefallen ist, indem gesagt wurde, es wäre für gewisse Arten von Schäden und gewisse Bezirke ein Betrag bereits feststehend und festgesetzt als für Hopfenschäden, für Hagelschöden, für Dürreschäden und dgl. Ich erkläre nun, daß niemand in der Lage ist, derartige Ziffern offiziell zu nennen. Die Erhebungen sind nicht abgeschlossen. Niemand kann einen derartigen Betrag nennen und diese Gerüchte beruhen nicht auf verläßlicher Basis. (Lebhafter Beifall. )

Oberstlandmarschall: Es gelangt nunmehr zum Worte der H. Abgeordnete Kliemann.

Abg. Kliemann: Hoher Landtag! Ich babe mich zum Worte gemeldet, um auch des Notstandes, der in den Bezirken Petschau und Elbogen herrscht, Erwähnung zu tun. Auch dort ist durch die große Trockenheit eine vollständige Mißernte zu verzeichnen, so daß die Landwirte wirklich nicht in der Lage sind, ihre Steuern zu zahlen, ja sie sind nicht einmal in der Lage, ihr Vieh richtig zu ernähren und geradezu in triste Notlage versetzt.

Aber zu all dieser Notlage gesellt sich noch geradezu ein Übergriff der Steuerbehörde, indem die rückständige Grundsteuer rücksichtslos, ja zwangsweise im Exekutionswege eingetrieben wird.

Es wäre vor allem Ausgabe der Regierung, die Steuerbehörden anzuweisen, daß sie nicht erst aus die Aktion der Grundbesitzer warten, wie ja die Steuervorschriften lauten, daß erst diese selbst ansuchen um Steuer Stundung, sondern daß die Behörden von vornherein den Auftrag erhalten, keine weiteren Exekutionen bei den Grundbesitzern in allen Notstandsbezirken vorzunehmen.

Insbesonbere aber habe ich eines besonderen Unglücksfalles zu gedenken. Es wurde nämlich am 28. August die Stadt Lauterbach im Bezirke Elbogen durch ein großes Brandunglück heimgesucht. Diesem Brande allein fielen 19 Wirtschaftsobjekte und eine Scheuer zum Opfer.

26 Familien wurden obdachlos, so daß diesen außer der wenigen Fechsung Vollständig alles vernichtet wurde. Der Schaden nach Abrechnung der versicherten Summe beläuft sich allein auf 93. 000 Kronen.

Meine Herren! Dieses Brandunglück hat eine Stadt betroffen, deren Bewohnerschaft sich ausschließlich nur von Landwirtschaft ernährt und in der dürftigsten Lage sich befindet und neben der Landwirtschaft zur Ernährung noch Kleingewerbe betreibt; vor allem sind sie Tischler, Strumpfwirker und Faßbinder.

Dieser Hauserwerb ist natürlich infolge der Konkurrenz der Großindustrie, welche alle diese Gewerbezweige geschädigt hat, jetzt auf ein Minimum herabgedrückt, so daß in der Stadt Lauterbach schon durch die schlechten Erwerbsverhältnisse ein ständiger Notstand herrscht.

Es ist natürlich selbstredend, daß unter diesen schmierigen Berhältnissen die Bewohner der Stadt Lauterbach nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft das Unheil wieder gut zu machen, das über sie hereingebrochen ist.

Ich möchte deshalb möglichste Berücksichtigung der erwähnten Bezirke, nämlich Petschau und Elbogen, insbesondere aber um Berücksichtigung der Stadt Lauterbach ersuchen.

Sonst schließe ich mich dem Antrage des Herrn Abg. Dr. Schalk vollinhaltlich an.

(Beifall !)

Oberstlandmarschall: Es gelangt zum Worte Herr Abg. Pacher.

Abg. Pacher: Hoher Landtag! Gestatten Sie, daß ich bei dieser Gelegenheit, nachdem, von dem im ganzen Lande herrschenden Notstände gesprochen worden ist, in kurzer Rede Ihre Aufmerksamkeit auf das Erzgebirge lenke, das auch dieses Jahr wieder unter ähnlichen Unglücksfällen gelitten hat, wie sie reichere und wohlhabendere Gegenden ausnahmsweise heuer getroffen haben. Im Erzgebirge gibt es beinahe jedes Jahr eine Mißernte, und doppelt Schwer und schmerzlich trifft das die dortigen Landwirte, wenn, wie das im heurigen Jahre der Fall war, gute Ernteaussichten jählings und unerwarteter Weise vernichtet werden.

Während die fruchtbaren Gegenden des südlichen Böhmens, die sonnigen, gesegneten Gelände von Nordwestböhmen, also reichere und fruchtbare Gegenden, die einen von Hagel, die anderen von Dürre heimgesucht wurden, hatte die Sommersglut, die unten verheerend wirkte, den Erzgebirgsbauern oben die Aussicht gebracht, daß heuer seine Saaten einmal früher reifen und er endlich vielleicht eine Entschädigung dafür finden würde, was ihm frühere Jahre Übles angetan hatten. Da brach am 22. August ein Hagelwetter herein, welches auch die Bezirke, die ich hier vertrete, nämlich die Bezirke Preßnitz und Weipert Schwer traf. Im September aber kam jener furchtbarer Sturmwind, der nicht nur an Waldungen und Häusern, sondern auch auf den Feldern großen Schaden anrichtete.

Schon am 7. September hatten Regengüsse begonnen, welche den Rest der Hoffnung auf eine halbwegs günstige Ernte zu nichte machten, in dem die für eine gute Ernte unerläßlich notwendigen sonnigen, warmen Septembertage ausblieben. Damit war das Schicksal der Landwirte dieser Erzgebirgsgegend besiegelt. Die Landwirte der beiden Städte Weipert und Preßnitz, welche ich hier zu vertreten die Ehre habe, erlitten einen Schaden, welcher für Preßnitz durch die von der Finanzbehörde durchgeführten Erhebungen mit 18. 035 Kronen, für Weipert aber mit 28. 000 Kronen festgestellt wurbe. Die Lage der Landwirte ist so schlimm, daß sie nicht einmal das nötige Saatgut zur Verfügung haben, Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen. Ich habe selbst die Verheerungen, die der Sagel auf den Feldern angerichtet hat, gesehen, und ich war selbst gerade in der Zeit bort anwesend, wo der furchtbare Sturm über das Erzgebirge dahinbrauste und alles, was noch auf den Feldern liegen geblieben war, in alle Winde zerstreut und vom strömenden Regen verdorben ober weggeschwemmt wurde.

Gegenden, welche anderweitige Hilfsmittel besitzen, wo es eine blühende Industrie, wo es die Möglichkeit gewerblicher Erwerbstätigkeit gibt, können derartige Unglücksfalle vielleicht doch noch etwas leichter überstehen.

Aber auch Industriestädte haben heute unter der allgemeinen Ungunst der wirtschaftlichen Lage der letzten Jahre Schwer zu leiden. Die Stadt Preßnitz ist jedoch ohne jede Industrie und zahlreiche Bewohner dieser Gegend müssen nach auswärts ziehen als Musiker ober Hausierer, was ja allgemein bekannt ist.

Wenn nun die Landwirtschaft einer solchen Gegend ein derartiges Unglück betrifft, wie heuer, so ist im Orte selbst und im Bezirke nicht Hilfe zu finden, sie muß von auswärts kommen.

Wir können und müssen uns daher mit demselben Rechte, ja mit noch mehr Recht wie andere Gegenden an Staat und Land um Hilfe wenden, denn in der eigenen Heimat findet die Bevölkerung die nötigen Hilfsquellen nicht.

Ich muß hier darauf hinweisen, daß gerade im heurigen Jahre Klage über die Mißhandlungen der Bevölkerung Seitens der Steuerbehörden, besonders in den Gegenden des nordwestlichen Böhmens, auch im Erzgebirge, eine noch nicht dagewesene Höhe erreicht haben. Es scheint geradezu der Wahnsinn in manchen Steuerinspektorgefahren zu sein, daß er bei dem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergange der sich neben dem politischen Niedergange in unserem Staate in den letzten Jahren geltendmacht, aus der Bevölkerung mehr und immer mehr herauspressen will.

Es ist so arg geworden, daß Abordnungen in Wien erschienen sind, um die Abberufung einzelner Steuerinspektoren, so desjenigen von Kaaden. zu verlangen. Und es wurden Solche Wünsche noch viel häusiger gestellt werden wenn sich die Steuerzahler nicht denken würden:,, Es kommt nichts besseres nach!" Es besteht nämlich vielfach die Befürchtung, daß ein neuer Steuerinspektor erst wieder trachten wird, sich die Sporen zu verdienen, was er natürlich am besten durch kräftiges Anziehen der Steuerschraube tun zu können glaubt. So fürchtet die Bevölkerung erst recht aufzusitzen, wenn sie einen neuen Steuerinspektor bekommt. Aber sind das menschenwürdige Verhältnisse?

Ich glaube, daß jetzt, wo das ganze Land unter furchtbarem Mißgeschicke leidet, die Regierung neben der Gewährung von Geldmitteln nicht allein Steuerabschreibungen und die Einstellung von Exekutionen verfügen soll, sondern daß sie auch durch einen allgemeinen Auftrag die Steuerbehörden anweisen soll, der Bevölkerung entgegenzukommen und für die nächste Zeit von den Versuchen, die Steuern zu erhöhen, gänzlich abzugehen und

Sich damit zu begnügen, was die Bevölkerung zahlen kann, ohne sich zugrunde zu richten.

Ich glaube aber auch, daß die Regierung und das Land das Ihrige tun sollen, um die wirtschaftlichen Verhältnisse gründlich zu bessern.

Bei jeder Gelegenheit, wo ich über diese Angelegenheit zu Sprechen hatte, habe ich immer betont, daß mit Notstandsbeträgen Subventionen und dergleichen, kurz mit einer Hilfe, welche für den Augenblick gegeben ist und auch nur für den Augenblick wirken kann, noch nicht viel getan ist, sondern daß man trachten muß, die Erwerbsverhältnisse dieser Gegenden dauernd zu bessern, indem man die Grundbedingungen Schafft, daß sich eine Industrie entwickeln kann, da nun einmal der Boden bei feiner Dürftigkeit und bei der Unwirtlichkeit der Witterung genügende Erwerbsquellen nicht bietet.

Es ist eine Schande für diesen Staat, wenn man längs der Grenze des Erzgebirges geht und sieht, wie drüben hinter den sächsischen Schlagbäumen geradezu eine andere Welt anfängt. Bei uns Dürftigkeit und Erwerbslosigkeit, während wenige schritte weiter drüben Schlote rauchen, Maschinen arbeiten und der Wohlstand eine Stätte gefunden hat. Gehen sie das Preßnitztal entlang nach Sachten hinüber, gehen sie längs der Grenze und Sie werden dies finden, wie ich es jetzt geschildert.

Es geht uns in Böhmen in Bezug auf Sachsen genau so, wie den Schlesiern in Bezug auf Preußen; Österreichisch - Schlesien und Preußisch-Schlesien sind heuer durch Überschwemmungen heimgesucht worden. Während sich die österreichischen Behörden sehr langsam zu Bereifungen entschlossen und die Hilfe ganz unzureichend war, hat draußen die deutsche Kaiserin die Gegenden bereist, hat Geld verteilt und sich erkundigt, wie den Geschädigten geholfen werden könne.

Und was ist nicht alles in Sachsen für das Erzgebirge durch Bahnverbindungen und Industrieförderung geschehen. Müssen da unsere Mitbürger nicht auf den Gedanken kommen, daß es eigentlich recht Schade sei, daß sie nicht Sachsen oder Preußen sind? Und ist es nicht die Schuld der Regierung, welche es beharrlich vernachläßigt, die Erwerbsverhältnisse des Erzgebirges zu heben, wenn dort ein dauernder Notstand herrscht?

Bahnprojekten für diese Gegenden wird wenig Entgegenkommen gezeigt, ja man klagt sogar, daß sich der Betrieb dieser oder jener Gebirgsbahn nicht genug rentiert. Solche Bahnen sollen doch gar nicht in erster Linie deswegen gebaut werden, um sich zu rentieren, sondern um der Bevölkerung Erleichterungen zu bieten und neuen Erwerb Zu verschaffen, und man sollte daher, wenn ein neues Projekt vorliegt, nicht darauf hinarbeiten, es hinauszuziehen oder dessen Verwirklichung zu verschieben. Ich habe daher in dem Antrage, den ich bereits in der ersten Sitzung am 29. v. M. eingebracht habe, nebst der Gewährung ausgiebiger Entschädigungen und Notstandsbeträge an die Landwirte der Städte Weipert und Preßnitz auch verlangt, daß der Landesausschuß im Vereine mit der Regierung auf die Besserung der Verkehrsverhältnisse hinwirken möge.

Der betreffende Teil meines Antrages lautet: Der hohe Landesausschuß wird aufgefordert, alle auf die Besserung der Erwerbsund Verkehrsverhältnisse in diesen alljährlich von Mißernte und Notstand heimgesuchten erwerbsarmen Gegenden des Erzgebirges nachdrücklichst zu unterstützen und insbesondere zur Verwirklichung des LokalbahnProjektes Sonnenberg - Preßnitz - Christophhammer seinerseits alles Erforderliche mit größter Beschleunigung zu unternehmen und dem Landtage hierüber ehestens Bericht zu erstatten.

Es ist dies keine ins Blaue hinein gestellte Forderung, sondern sie fußt auf der Tatsache, daß sich die Industrie in den sächsischen Erzgebirgsgegenden gleichzeitig mit der Entwicklung und dem Ausbau der Lokalbahnen entfaltet hat, so daß wir berechtigte Hoffnung hegen dürfen, daß auf unserer Seite Sich die Sache ebenso gestalten werde. Nur darf die Regierung und das Land gegenüber diesen Gegenden nicht knausern, man darf sich nicht mit einem Bettelgroschen begnügen, um bei der Mißernte die augenblickliche Not zu lindern, sondern man muß tiefer in die Tasche greisen, muß trachten, eine dauernde Abhilfe zu schaffen.

Ich hoffe, daß der Landtag und der Landesausschuß wie bisher in dieser Bahnfrage ein freundlicheres Entgegenkommen bezeige als das Eisenbahnministerium, welches allerhand Schwierigkeiten bezüglich


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