Ètvrtek 10. èervence 1902

angebracht und über diese Nich tigkeitsbeschwerde soll nunmehr die Verhandlung stattfinden und eben zu dieser Verhandlung wird vom hohen Landtage die Zustimmung zur strafgerichtlichen Verfolgung des Abg. K. H. Wolf verlangt.

In allen diesen gegen K. H. Wolf zur Anklage gebrachten Fällen sind es keineswegs Verschiedenheiten politischer Anschauungen, welche zu diesen Beleidigungen Anlaß gegeben haben. Nicht um eine Bekämpfung oder Widerlegung politischer Grundsätze handelt es sich. Sie wurden vorgebracht, ohne daß sie irgendwie einen Zusammenhang mit dem Mandate des Landtagsabgeordneten hätten. Sie sind vielmehr schwere Anklagen und tiefverletzende Angriffe rein persönlicher Natur, um den Beleidigten nicht nur in seiner Eigenschaft als Volksvertreter, sondern auch sein Privatleben und Familienleben in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Aus Rücksicht auf die öffentliche Moral und zur Wahrung der Würde eines Abgeordneten, sowie zur Wahrung der Namenswürde des Privatanklägers und der Beschuldigten erscheint daher die Austragung aller dieser Strafsachen im gerichtlichen Wege angezeigt und es liegt für den hohen Landtag kein Grund vor, diese zu verhindern.

Zudem ist die Auslieserung des Abg. Dr. Schalk von Seite des Reichsrates bereits erfolgt und hat derselbe seine eigene Zustimmung zu dieser Auslieserung im Reichsrate gegeben.

Außerdem hat auch der Abgeordnete K. H. Wolf ausdrücklich seine Zustimmung zur strafgerichtlichen Verfolgung, beziehungsweise zur Auslieferung seitens des Landtages gegeben.

Der Legitimationsausschuß Stellt daher den Antrag.

Der hohe Landtag wolle beschließen: Dem Ansuchen des k. k. Bezirksgerichtes Linz, Sowie des k. k. Kreisgerichtes Brüx um Auslieferung des Landtagsabgeordneten Dr. Schalk, dann desselben k. k. Kreisgerichtes Brüx um Auslieferung des Landtagsabgeordneten Anton Karl Wüst, ebenso dem Ansuchen des k. k. Bezirksgerichtes Postelberg um Auslieferung des Abgeordneten Franz Kliemann und endlich dem Ansuchen des k. k. Landesgerichtes Wien um Auslieferung des Landtagsabgeordneten K. H. Wolf wird stattgegeben und die Zustimmung zur gerichtlichen Verfolgung der genannten Landtagsabgeordneten erteilt.

Snìmovní tajemník Höhm (ète): Komise èiní návrh:

"Sl. snìme, raèiž se usnésti: "Žádosti c. k. okresního soudu v Linci, jakož i žádosti c. k. krajského soudu v Mostì za vydání poslance snìmu dra Antonína Schalka, dále žádosti téhož krajského soudu v Mostì za vydání poslance na snìmu zemském Antonína Karla Wüsta, jakož i žádosti c. k. okresního soudu v Postoloprtech za vydání poslance na snìmu zemském Františka Kliemanna a koneènì žádost c. k. zemského soudu ve Vídni za vydání poslance na snìmu zemském Karla Heømana Wolfa se vyhovuje a dává se svolení k soudnímu stíhání jmenovaných ètyø poslancù. "

Oberstlandmarschall: Zu diesem Gegenstände hat sich der Herr Abgeordnete Dr. Bareuther das Wort erbeten Ich erteile ihm dasselbe.

Abgeordneter Dr. Bareuther: Hoher Landtag! Bei aller Freundschaft für den geehrten Herrn Berichterstatter bin ich doch nicht im Stande, mich mit feinen Anträgen einverstanden zu erklären. Ich habe mich in diesem Sinne bereits im Legitimationsausschusse ausgesprochen.

Von dem Blatte eines Abgeordneten, der nicht etwa den von der Immunität nicht geschützten, leicht belangbaren Herausgeber der bekannten Zuckerkartellbrochüre gerichtlich geklagt, sondern als immuner Abgeordneter gegen einen andern immunen Abgeordneten bei Gericht die Anklage erhob, - eine Seltenheit, die mir in meinem politischen Leben noch nicht vorgekommen ist, von diesem Blatte wurde meine ablehnende

Haltung im Legitimationsausschusse zum Anlasse genommen, mich der Parteilichkeit zu zeihen und mir eins am Zeug zu flicken. Mit fetten Lettern, damit es dem Leser ja nicht entgehe, wird darin gemeldet, daß ich mich gegen die Anträge des Berichterstatters, die Abgeordneten Dr. Schalk, Wüst und Kliemann auszuliefern, gewendet habe.

Meine geehrten Herren! Das Blatt hat

verschwiegen, daß ich nicht bloß die genannten Abgeordneten, sondern auch den Abgeordneten Wolf nicht ausgeliefert habe. Dem Blatte diene zur Kenntnis, daß ich auch im Abgeordnetenhause weder für die Auslieferung des Dr. Schalk, noch für die Auslieferung des Abgeordneten Wolf gestimmt habe, daß ich überhaupt niemals, solange ich dem Parlamente angehöre, je wegen einer Ehrenbeleidigung die Zustimmung zur Auslieferung des betreffenden Abgeordneten gegeben habe, und daß ich das auch in Zukunft immer so halten werde, ob es einen Parteigegner oder einen Parteifreund betrifft, ob derselbe es verlangt oder nicht Ich habe mir eben wahrend der langen Zeit, die ich dem Parlamente angehöre, gewisse Grundsätze angeeignet über das Wesen und die Anwendung des Immunitätsrechtes, ohne irgendwie einem andern einen Vorwurf daraus zu machen, wenn er eine andere Überzeugung gewonnen hat und andere Schlüsse zieht wenn er nur nicht die Immunität als Parteisache ansieht.

Wenn wir das Immunitätsrecht geschichtlich verfolgen, so werden wir gewahr, daß es sich immer mehr und mehr dem Immunitätsrechte der Krone nähert, bis endlich die Überzeugung zum Durchbruche gelangt, daß dieselbe Immunität dem gesetzgebenden Körper ebenso gebührt, wie der Krone. Sie kommt zum Ausdrucke in dem Abgeordneten. Mustergiltig in dieser Beziehung ist die Bestimmung des Artikels 31 des belgischen Gesetzes. Aus der belgischen Verfassung ging sie über in die neueren Verfassungen und So auch in unsere Verfassung. Nach den Bestimmungen unserer Verfassung kann ein Abgeordneter wegen feiner Abstimmung niemals und wegen der in Ausübung seines Berufes getanen Äußerungen nur von dem Haufe dem er angehört, zur Verantwortung gezogen werden.

Meine Herren! das ist seine Ausnahme, das ist eine Regel, das ist ein Princip, das ist die gesetzliche Anerkennung der Unabhängigkeit der Volksvertretung, und die daraus gezogene Folgerung der Verantwortungsfreiheit des Abgeordneten in feinem Berufe. Ich betone dies, daß es eine Regel ist, weil gewöhnlich gefragt wird, als "Ausnahme" sei es einschränkend zu interpretieren.

Damit ist aber das Immunitätsrecht keineswegs erschöpft, es erstreckt sich weiter.

Nicht bloß wegen feinen Beruflichen Äußerungen, auch wegen feiner außerberuflichen Äußerungen ist er immun. In dieser Beziehung bestimmt das Gesetz unserer Verfassung: Kein Abgeordneter darf während der Dauer der Session wegen einer strafbaren Handlung ohne Zustimmung des Haufes verhaftet oder gerichtlich Verfolgt werden, außer dem Falle der Ergreifung auf frischer Tat. Aber selbst in diesem Falle muß das Gericht die Verhaftung dem betreffenden Haufe anzeigen, und wenn es das Haus verlangt, muß die Verhaftung beziehungsweise die Verfolgung aufgehoben werden.

Ganz dasselbe gilt, wenn ein solches Delikt außerhalb der Sessionsperiode begangen würde. Auch da kann das betreffende Haus verlangen, daß diese Haft aufgehoben werde. Meine Herren ! Alle diese Immunitätsrechte fließen aus ein und demselben Princip, sie fließen aus der Stellung des gesetzgebenden Körpers, als gesetzgebenden Faktors, als gesetzgeberischen Organes neben der Krone. Es ist dies notwendig für die Unabhängigkeit, für die Freiheit, für die Selbständigkeit und für die ungehinderte Wirksamkeit der Volksvertretung.

Es ist das ihr Recht es ist das nicht ein persönliches Recht des Abgeordneten, wie es so häufig gesagt wird, es ist kein Privilegium des Abgeordneten, sondern des Hauses; der Abgeordnete ist nur die physische Person, durch die es nur zum Ausdruck gelangt. Der Abgeordnete kann nicht einmal auf dieses Recht verzichten, ja er kann oft in eine schlimmere Lage kommen durch feine Immunität wie jemand, der sie nicht genießt.

Nehmen Sie an, einer, der nicht Abgeordneter ist, wird wegen eines Deliktes beschuldigt. Er kann sich sofort dem Gerichte stellen, sich sofort reinwaschen, ohne daß die Sache an die Öffentlichkeit gelangt.

Wird aber ein Abgeordneter eines solchen Deliktes beschuldigt, so kommt es sofort an die große Glocke durch das Auslieferungsbegehren, das on das Haus gerichtet werden muß. Etwas Verdacht bleibt dann immer hängen.

Meine Herren! Wer das öffentliche Leben als Abgeordneter kennt, weiß auch, daß es kein Honiglecken ist, samt aller Immunität. Es gehört eine harte Haut dazu,

um alle die Aufregungen,. mit denen es verbunden ist, zu ertragen.

Das einzige, was den Abgeordneten über jeden Vorwurf zu erheben vermag, ist das Bewußtsein, daß er sein persönliches Interesse dem allgemeinen unterordnet und daß er gewissenhaft dem Volke dient.

Wie bei allen Abstimmungen im Reichsrate und im Landtage, so ist es auch dem freien Ermessen des Abgeordneten überlassen, ob er im gegebenen Falle einer Auslieferungsangelegenheit für oder gegen die Auslieserung stimmen will.

Er kann sie bewilligen, wenn er die lustizpflege, er kann sie ablehnen, wenn er die Immunität voranstellt.

Im Allgemeinen girt die Meinung, baß der Abgeordnete vor tendenziöser Verfolgung zu schützen Sei.

Meine Herren, diese tendenziösen Verfolgungen pflegen nicht bloß von der Regierung auszugeuen, sie können auch von Parteien ausgehen, und führen dann gewöhnlich zu viel erbitterteren Kämpfen, und leider auch zu sehr tendenziösen Abstimmungen. Die Regel ist ja richtig, Sie reicht aber durchaus nicht aus.

Man kann doch nicht jedem Klagsantrage ansehen, ob er tendenziös gestellt ist. In den meisten Fällen ist dies zwar nicht der Fall, trotzdem muß ich den Abgeordneten schützen, damit er in seinem Berufe nicht allzusehr gestört wird.

Welche Kriterien habe ich dafür? Das Kriterium liegt in der Beschaffenheit des Deliktes..

Wenn ich sehe, daß das angeschuldigte Delikt auf gemeinen, perversen, gewinnsüchtigen Motiven beruht, wenn die Strafe entehrend ist, werde ich keinen Augenblick zögern, den betreffenden Abgeordneten auszuliesern, damit er sich sobald als möglich von einem solchen Verdachte reinige; wenn ich aber solche Voraussetzungen nicht vorhanden finde, dann liefere ich nicht aus, Zum Beispiele beim Duell oder bei den meisten politischen Delitten und überhaupt bei Verbal-Iujurien.

Im letzteren Falle befinde ich mich im großen Widerspruche mit der großen Mehr-Zahl des hohen Hauses. Es herrscht die Ansicht vor, daß bei Privatanklagen wegen Ehrenbeleidigungen die Auslieferung zu verweigern sei. Diese Ansicht teile ich nicht.

Abgesehen davon, daß das die gerichtliche Berfolgung wegen einer Ehrenbeleidigung selten Sühnung zweifelhaften Wertes ist, linde ich es ganz und gar ungereimt, daß dieselbe Äußerung eines Abgeordneten, wenn er sie beruflich tut, ihn vollständig frei läßt und er nur dem Hause verantwortlich ist, wenn er Sie aber außerberuflich macht, ihn zur Auslieferung bringt

Ich sehe ja ein, dass mannigfach Mißbrauch auf diese Weise mit dem Immunitätsrechte getrieben werden kann. Aber, meine Herren, das ist bei allen Dingen, die etwas taugen, der Fall, daß sie auch mißbraucht werden.

Ich bin der letzte, der solche Mißbräuche gut heißt, dann bitte ich auch zu bedenken, daß das Wort eines Abgeordneten viel mehr unter öffentlicher Kontrolle steht, wie das eines Anderen, besonders unter der Kontrolle der Wählerschaft, die jederzeit dem Abgeordneten ihr Bertrauen oder ihr Mißtrauen ausdrücken kann, wie sie ihm ja auch bei einer Neuwahl ihre Stimmen geben oder verweigern kann.

Diese meine Auffassung ist nicht von heute, ich habe sie schon öfter entwickelt.

Ich kann mich in dieser Beziehung auf eine Rede berufen, die ich im Jahre 1895 im Abgeordnetenhause hielt, als es sich damals um die Auslieferung des Abg. Baron Rollsberg handelte. Als wir im Legitimationsausschuffe die Fälle, die heute vorkamen, berieten, da wurde mir vorgehalten, auch im Immunitätsausschusse des Abgeordnetenhauses gelte als Grundsatz, daß bei Privatanktagen wegen Ehrenbeleidigung immer der Betreffende auszuliefern sei. Der geehrte Herr Abgeordnete, der mir diese Belehrung gab, mein sehr geehrter und geschätzter Freund und Kollege Dr. Funke, war damals beim Falle Rolls= berg (Rollsberg hatte jemand Wilddieb gescholten), Berichterstatter. Und was beantragte er damals? Die Auslieferung? D nein. Er beantragte die Richtauslieferung. Es gereicht mir zur Genugtuung, daß ich mich wenigstens damals mit ihm auf demselben Standpunkte zusammengefunden habe, auf dem ich noch heute stehe.

Ich weiß sehr wohl, daß ich mit meiner Ansicht sehr isoliert bleiben werde. Selbst meine engsten Parteigenossen Werden sie nicht teilen, sie werden entschuldigen, daß ich mich trotzdem nicht von meiner Überzeugung abbringen lasse, wie ich auch sie entschuldige, daß sie bei ihrer Ansicht bleiben.

Jedesfalls, das Zeugnis werden Sie mir geben, daß ich von meinem Standpunkte aus vollständig konsequent geblieben bin.

Ich will nun Versuchen, mich auf den Standpunkt des geehrten Herrn Berichterstatters zu stellen, den ich, wie gesagt, nicht teile.

Er Verlangt, die Auslieferung sämtlicher Missetäter.

Unter den Austieferungsbegehren ift auch eines des Bezirkgerichtes Linz, in welchem das Bezirksgericht die Auslieferung des Abg. Schalk auch deshalb begehrt, weil er in einer Sitzung am 18. April d. I. in Wien sich geäußert hat, daß er Wolf als ehrlos ansehe.

Diese Besprechung fand im Abgeordnetenhause statt, und bei dieser Besprechung waren die deutsch-böhmischen Abgeordneten versammelt, um über das von den Èechen aus angebotene Kompromiß und über die Delegierten-Wahl schlüssig zu werden.

Nun, ich frage: Waren die damals versammelten Abgeordneten nicht in Ausübung ihres Berufes begriffen ?

Ist in diesem Falle nicht das Staatsgrundgesetz anzuwenden ?

Sie waren in voller Ausübung ihres Berufes, weil sie sich nur mit politischen Sachen, nur mit der Delegierten-Wahl beschäftigten.

Das Recht, das unsere Staatsgrundgesetze den Abgeordneten gewähren, gilt nicht örtlich. Es heißt dort nur "in Ausübung des Berufes". Es kann daher der Abgeordnete Sowohl im Hause wie außerhalb desselben, bei jeder Gelegenheit, wenn er als Funktionär des Abgeordnetenhauses erscheint, immun sein. Das gilt für die im Plenum, für die im Beratungszimmer versammelten Mitglieder, das gilt z. B. für die Mitglieder der Staatsschuldenkommission, das gilt auch für den Landtag und für den Landesausschuß während der ganzen Funktionsdauer, die bekanntlich von einer Legislaturperiode bis tief in die andere sich erstreckt. Das gilt endlich auch für den Abgeordneten, wenn er feinen Wahlbericht über seine Tätigkeit im Reichsrate erstattet.

In dem vorliegenden Falle handelte es sich also um eine Besprechung wegen einer rein politischen Angelegenheit. In dieser Besprechung waren nur Abgeordnete zusammen, ja diese Besprechung fand auch im AbgeordnetenhauSe Statt, sind denn da nicht alle Merkmale vorhanden, wornach nach § 16 der Staatsgrundgesetze diese Berfammlung als in Ausübung des Berufes anzusehen ist und deshalb der Abgeorbnete Schalk nur Verantwortlich ist dem Hause.

Ich begreife es, wenn die Herren, welche die Ansicht des Legitimationsausschusses teilen, die Auslieferung derjenigen Abgeorbneten, bezüglich derer ein Auslieferungsbegehren vorliegt, wegen einer außerberuflichen Aeußerung bewilligen.

Aber ich begreife es nicht, daß wegen einer beruflich geäußerten Meinung der Abgeordnete ausgeliefert werden kann.

Der vom Abg. Schalk gebrauchte Borwurf der Ehrlosigkeit ist als 4. Punkt in der vom Abg. Wolf beim Bezirksgerichte in Linz überreichten Klage enthalten. Ich glaube, baß dieser Punkt ausgeschieden werden müsse, daß man getrennt abstimme, und zwar zuerst über alle anderen Ausliefernngsbegehren, dann über daß Auslieferungsbegehren des Bezirksgerichtes Linz, soweit es die Auslieferung des Abg. Schalk wegen der am 16. April gemachten Aeußerung, daß Abg. Wolf ehrlos fei, betrifft. Damit geben Sie mir wenigstens Gelegenheit, vielleicht auch den anderen Herren, gegen den letzten Punkt zu Stimmen.

Meine Herren 1 Ein Bertretungskörper kann nicht eifersüchtig genug auf seine Gerechtsame sein! Jede Lässigkeit rächt sich, jede Lässigkeit schmälert sein Ansehen und Seine Bedeutung. Ich wurde mich sehr freuen, wenn Wenigstens in dem einen von mir zuletzt behandelten Punkte, der Landtag meiner Anficht wäre. Allerdings, große Hoffnung habe ich in dieser Hinsicht nicht.

Ich erlaube mir den Antrag wegen getrennter Abstimmung dem Herrn Präsidenten zu übergeben. (Lebhafter Beifall. )

Oberstlandmarschall: Der Herr Abgeordnete Bareuther stellt folgenden Antrag: Es sei abgetrennt abzustimmen über die Anträge des Legitimationsausschusses, insoweit sie nicht das Austieferungsbegehren des k. k. Bezirksgerichtes in Linz über die 4 Anklagepunkte der bei diesem Gerichte vom Abgeordneten Wolf gegen Abgeordneten Dr. Schalk; eingebrachten Klage betreffen, und den betreffenden Antrag des Ausschusses, soweit er das Auslieferungsbegehren des k. k. Bezirksgerichtes Linz wegen der 4 Anklagepunkte, der bei diesem Gerichte vom Abgeordneten Wolf gegen den Abgeordneten Dr. Schalk am 27. Mai 1902 zur Zahl 813/02 eingebrachten Klage betrifft.

Ich ersuche die Herren, welche diesen Antrag unterstützen, die Hand zu erheben.

Der Antrag ist nicht hinreichend unterstützt.

Abg. Dr. Damm: Hoher Landtag ! Ich erkläre vor Allem, daß ich lediglich als Mitglied jener Kommission, der Legitimationskommission, deren Bericht heute vorliegt, das Wort ergreife und zwar deswegen, weil ich mit der Majorität der Legitimationskommission gestimmt habe. Es hat nun dem sehr verehrten Reichsrats- und Landtagskollegen Dr. Bareuther beliebt, einen dem Berichte der Legitimationssommission hinsichtlich des gegenständlichen Auslieserungsbegehrens entgegengesetzten Standtpunkt einzunehmen und unter Hinweis auf die Gründe und Axiome, auf denen seiner Meinung nach das österreichische Immunitärsrecht aufgebaut ist, die Gründe kennzuzeichnen, die ihn zur abweichenden Meinung gebracht haben.

Der sehr verehrte Herr Kollege Dr. Bareuther hat vollständig Recht, wenn er behauptet, daß das öfterreichische Immunitätsrecht aus Artikel 31, 44, 45 der belgischen Wahlverfassung vom Jahre 1831 beruht, und daß unser Immunitätsrecht auch die dort statuierte Unterscheidung zwischen der sogenannten beruflichen und unberuflichen Immunität angenommen hat.

Während aber die belgische Verfassung noch auf dem Standpunkte der französischen konstitutionellen Idee und Theorie, auf der Idee Montesguieu's von der Teilung der Gewalten, auf der Idee der Volkssouveränität, aus der Idee der Repräsentanz des Volkes durch die Volksvertretung steht, gewissermaßen die Privilegien der Volksvertretung als Ausfluß, Emanation dieser Volkssouveränität ansieht, steht die moderne Staatswissenschaft auf einem anderen Standpunkte. Sie wirft diese Theorie von der Volkshoheit, auf welcher Dr. Bareuther noch zu Stehen Scheint, über Bord und stellt sich auf den Standpunkt lediglich der Begriffe der Persönlichkeit und Fähigkeit, Rechtssubjekt und Träger von Rechten zu sein und stattet deshalb die Organe des Staates lediglich mit jenen Eigenschaften und Fähigkeiten aus, die die Gesetze gewähren, um den ihnen der Verfassung vorgeschriebenen Agenden und Funktionen gerecht zu werden.

Denn wenn eine Volksvertretung ihren Beruf vollständig erfüllen will, so ist es vor allem anderen notwendig, daß die Rechtsordnung den Vertretungskörpern und Mitgliedern derselben ein solches Maß von Unbefangenheit einräumt, daß dieselben nicht Gefahr laufen, wegen ihrer Abstimmung, ober wegen ihrer in Ausübung ihres Berufes gemachten Äußerungen gerichtlich oder außergerichtlich verfolgt werden zu können.

Meine Herren! Die Redefreiheit ist das wichtigste Postulat einer jeden parlamentarischen Vertretung, das nicht illusorisch gemacht werden darf innerhalb des Körpers, sei es durch eine zu drakonische Geschäftsordnung, oder durch zu strenge dem Präsidenten des Hauses gewährte Disziplinarmittel, das aber auch nicht illusorisch gemacht werden darf, außerhalb des Haufes und zwar durch Einleitung des Verfahrens wegen Äußerungen, die der betreffende Abgeordnete in Ausübung Seines Berufes gemacht hat.

Nun, meine Herren, reicht dieser Teil der beruflichen Immunität nicht aus, um einen ungestörten Gang der parlamentarischen Verhandlungen garantieren zu können.

ES kann ja vorkommen, daß die Tätigkeit des Abgeordneten auch lahm gelegt wird durch eine gerichtliche Verfolgung, die sich auf die Tätigkeit bezieht, die derselbe Abgeordnete außerhalb Seines Berufes gemacht hat, und es müssen gewisse Garantien gegeben werden, daß ein Schutz gegen tendentiöse Verfolgungen dieser Art um die Tätigkeit dieser Abgeordneten zu unterbinden, geschaffen werde.

Das österreichische Recht kennt nun beide Arten, eine berufliche und eine außerberufliche Immunität.

Ihre Hauptgrundzüge sind niedergelegt in den § 1 und 2 des Gesetzes vom 3. Oktober 1861, andererseits im § 16 des Reichsund Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 über die Reichsvertretung Nr. 141 R. -G. -Bl.

Die Immunität nach österreichischem Recht ist infolge dessen eine Schöpfung des öffentlichen Rechtes, sie bedeutet nicht Unverletzlichkeit und völlige Unverantwortlichkeit des Abgeordneten, sie bedeutet nicht dessen Immunisierung und vollständige Ungebundenheit desselben, Sondern sie hat ihren Rechtsgrund lediglich im Interesse der ungestörten Berufsausübung für die von der Verfassung den betreffenden Körperschaften Zugewiesenen Agenden und Funktionen.

Und nun, meine Herren, komme ich aus die Frage, die der Herr Dr. Bareuther be rührt hat.

Die berufliche Immunität bezieht sich auf Außerungen, die der betreffende Abgeordnete in Ausübung seines Berufes gemacht hat, d. h., in Vollziehung der von der Verfassung geschaffenen Ordnung des Haufes. Die von der Verfassung, dem betreffenden Vertretungskörper und seinen Mitgliedern zugewiesenen Funktionen und Befugnisse erstrecken sich auf die ganze parlamentarische Tätigkeit in Kommissionen, Enqueten und in Ausschüssen.

Dies kann meines Erachtens - ich bitte, meine Herren, ich spreche da pro domo nicht ausgedehnt werden auf private Versammlungen und private Bereinigungen von Abgeordneten eines Landes, die einberufen werden, behufs Vorbesprechung der Nominierung von Kandidaten in die Delegationswahlen und welche ganz allein, ohne daß Diesbezüglich im Haufe oder außerhalb des Haufes eine Sitzung Stattgefunden hat, vorgenommen wurden.

Diese haben lediglich einen privaten Charakter und es kann die betreffende Sitzung nicht als in Vollziehung einer von der Verfassung oder von der Geschäftsordnung des Hauses Selbst dem betreffenden Vertretungskörper zugewiesenen Aufgaben und Funktionen angesehen werden.

Was nun die außerberufliche Immunität anbelangt, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die diesbezüglich niedergelegten Bestimmungen sowohl eine negative als auch eine positive Seite haben, d. h. daß sie nicht lediglich zeitlich befristet oder für die Dauer einer Session bestimmt sind und durch die Entscheidung der Vertretungskörper bedingte. Rechte des Abgeordneten beinhalten, sondern gleichzeitig auch festsetzen, unter welchen Voraussetzungen die Verantwortlichkeit geltend gemacht werden kann.

Ich komme zu einem Schlusse, der ganz anders lautet als der meines Freundes und Kollegen Bareuther.

Ich sehe nicht ein, weshalb ein Verbaldelikt, eine Ehrenbeleidigung, privaten Charakters anders behandelt werden soll, als ein anderes Delikt, vorausgesetzt, daß sie die oben geschilderte Tendenz nicht bekommt.

Meine Herren, wir leben in einer sehr materiellen Zeit. Aber ich glaube der Güter letztes ist die Ehre denn doch noch nicht. Es entspricht dem Wesen des modernen Rechtsstaates, daß jeder vom Momente der Geburt an ein volles uneingeschränktes Recht auf Schutz und Schirm gegenüber widerrechtAngriffen auf feine persönliche Ehre hat.

Aber würde es schon an sich als empfindliche Lücke angesehen, daß selbst bei Mangel scharfer Disziplinarmittel der Präsidenten eines Vertretungskörpers oder des Hauses selbst - eine im Haufe in Ausübung des Berufes vorgebrachte Ehrenbeleidigung grötztenteils Straflos bleibt, so glaube ich, kann die Straflosigkeit auf außerberufliche Ehrenbeleidigungen nicht ausgedehnt werden, weil das Privilegium der Unverantwortlichkeit zu odios gemacht würde.

Wie auch der Schluß, den der Herr Dr. Bareuther auch gemacht hat, daß ja der betreffende Abgeordnete die Ehrenbeleidigung nur im Haus Vorzubringen gehabt hätte, um Straflos zu bleiben kein, Argument bilden kann, so kann für die Ausdehnung der Straflofigkeit auf außerberufliche Ehrenbeleidigungen nicht eingetreten werden.

Denn wenn einmal ein Delikt ausnahmsweise aus besonderen Gründen straflos bleibt, so geht es nicht an, die Straflosigkeit für sämtliche Delikte dieser Art beanspruchen zu wollen.

Meine Herren! Ich glaube, baß die moderne Rechtsauffassung und die moderne Staatswissenschaft, welche die Gleichheit aller Staatsbürger vor Recht und Gesetz proklamiert, daß das heutige moderne Leben, die hochentwickelte Kultur, das hochentwickelte Verkehrswesen, das fortwährend neue Wege schafft, Kolonien entdeckt, Erdteile erschließt, daß die heutige Zeit es nicht mehr duldet, daß zwei Kategorien von Staatsbürgern geschaffen werden, eine, die unbeanständet Staatsbürger angreifen kann, die zweite, die schütz- und machtlos dem Angreifer gegenübersteht.

Wenn ich zum letzten Teile zu sprechen komme, wo es sich um die Auslieferung von Kollegen handelt, wenn ein Abgeordneter die Auslieferung eines andern fordert, so meine ich, daß der heutige Fall ein außerordentlicher ist, indem kein Zweifel besteht, daß Behauptungen ausgestellt wurden, die, wenn sie wahr sind, die Ehre, die sittliche Qualifikation des Abgeordneten sehr in Frage stellen, und ich glaube, daß der hohe Landtag kein Interesse daran hat, diesbezüglich die volle Wahrheit und das volle Licht mit dem Mantel der Immunität decken zu wollen. (Abg. Wolf ruft: Bravo!) Ich glaube auch nicht, daß der Landtag sich hiedurch irgendwie einer Rechtsverletzung schuldig macht. Ich habe früher ausgewiesen, daß der Landtag das objektive Recht hat, auszuliefern, daß der Landtag das subjektive Recht des Abgeordneten nicht verletzt. Ich glaube auch nachgewiesen zu haben, daß der Landtag - der Herr Abg. Dr. Bareuther hat dies auch erwähnt - entsprechend dem oft auch geäußerten Wunsche der beiden Parteien, auszuliefern und ausgeliefert zu werden, der Landtag hiedurch feiner eigenen Würde und der seiner Mitglieder Genüge tut, wenn er diese Sachen dorthin verweist, wohin sie gehören, wenn er der Gerechtigkeit freien Lauf setzt.

Ich erlaube mir noch mitzuteilen, baß ich selbstverständlich für den Antrag des Referenten stimmen werde. (Lebhafter Beifall. )

Oberstlandmarschall. Verlangt noch jemand das Wort?

Žádá ještì nekdo za slovo?

Ich erkläre die Debatte für geschlossen und erteile dem Herrn Berichterstatter das Schlußwort.

Berichterstatter Dr. Karl Schücker: Ich verzichte aus das Schlußwort!

Oberstlandmarschall. Der Herr Berichterstatter verzichtet aus das Schlußwort.

Wir übergehen zur Abstimmung.

Gegenstand der Abstimmung ist der Kommissionsantrag, welcher lautet:

"Der hohe Landtag wolle beschließen, dem Ansuchen des k. k. Bezirksgerichtes Linz sowie des k. k. Kreisgerichtes Brüx um Auslieferung des Landtagsabgeordneten Dr. Anton Schalk, dann desselben k. k. Kreisgerichtes Brüx um Auslieserung des Landtagsabgeordneten Anton Karl Wüst, ebenso dem Ansuchen des k. k. Bezirksgerichtes Postelberg um Auslieferung des Landtagsabgeordneten Franz Kliemann und dem Ansuchen des k. k. Landesgerichtes in Wien um Auslieferung des Landtagsabgeordneten K. H. Wolf wird stattgegeben und die Zustimmung zur gerichtlichen Verfolgung der genannten vier Landtagsabgeordneten erteilt. "

Es hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Bareuther einen Antrag gestellt, welcher der Form nach dahin lautet, es möge eine getrennte Abstimmung stattfinden.

Ich habe, nachdem dieser Antrag gestellt war, die Unterstützungsfrage gestellt und halte mich für verpflichtet, bei dieser Gelegenheit, wo ich über die Abstimmung meine Ansicht ausspreche, diese zu begründen.

Der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bareuther wird zwar formell als ein Antrag auf getrennte Abstimmung bezeichnet, er ist aber dem Wesen nach eine Abänderung des Kommissionsantrages.

Eine getrennte Abstimmung kann aber nur dann verlangt werden, wenn bei dem in Verhandlung stehenden Antrage eine gewisse Anzahl von Punkten oder eine Anzahl von Worten vorliegt, bezüglich deren eine getrennte Abstimmung gewünscht wird.

Das ist nach dem Antrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bareuther nicht der Fall, indem sein Antrag dahin geht, daß über die Anträge des Ausschusses mit Ausnahme gewisser Dinge abgestimmt werden soll, über welche separat abgestimmt werden sollte,


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP