cher'sche Interpellation in der Oeffentlichkeit Stellung zu nehmen: die Stadtverordnetensitzung, die fortschrittliche Karlsbader Presse und eine Wählerversammlung.
Er hat keine derselben benützt.
Die deutschnationale Communalpartei hat sogar vor mehreren Wochen den Bürgermeister von Karlsbad in einem offenen Schreiben an das Stadtverordnetencollegium, das sowohl an alle Stadtverordneten und den Herrn Bürgermeister verschickt, als auch in der Presse veröffentlicht wurde, aufgefordert, eine Wählerversammlung einzuberufen. Statt aber diese Forderung zu erfüllen, hat der Bürgermeister den genannten Brief unterdrückt, d. h. dem Collegium nicht zur Kenntnis gebracht. Hierauf forderten die dem Collegium angehörigen Mitglieder der deutschnationalen Partei den Bürgermeister und seinen fortschrittlichen Anhang aus, zur Untersuchung in der Angelegenheit der Pacher'schen Interpellation eine aus Vertretern beider Parteien zusammengesetzte Commission einzusetzen und nannte zugleich diejenigen Commissionsmitglieder, welche seitens der Partei als Vertreter entsendet werden würden. Trotzdem aber auch dieses Schreiben nicht nur dem fortschrittlichen Parteivorstande, Sondern auch der Oeffentlichkeit übergeben worden ist, erfolgte bisher keine Antwort.
Auch in der Presse und der inzwischen abgehaltenen öffentlichen Stadtverordnetensitzung wurde keinerlei Widerlegung der in der Pacher'schen Anfrage enthaltenen Punkte versucht. Das einzige, was die Karlsbader Fortschrittspartei in den Seit Einbringung der Pacher'schen Anfrage verstrichenen zwei Monaten zu ihrer Rechtsfertigung unternahm, war die Abfassung der von der hohen k. k. Statthalterei abverlangten actenmäßigen Darlegung, die aber in Karlsbad bis heute als ein strenges Geheimnis bewahrt wird, da sie wahrscheinlich das Licht der Oeffentlichkeit nicht verträgt. Im Gegenfalle hätte der Bürgermeister von Karlsbad dem Antrage auf Einsetzung einer gemischten Commission sofort stattgeben oder doch zumindestens die genannte Rechtfertigungsschrift in der Karlsbader Presse veröffentlichen müssen.
Der deutschnationalen Partei fiel bei den letzten, im April 1901 stattgehabten Gemeindewahlen die größere Hälfte der Wähler des 3., die kleinere des 2. und ein Bruchtheil des 1. Wahlkörpers zu. Bei den zwei Reichsraths- und bei der Landtagswahl erlangte sie gegenüber der Fortschrittspartei große Mehrheiten. Sie ist ferner in der Lage, jeden Augenblick tausendköpfige Versammlungen zu berufen, was in Anbetracht des Umstandes, dass auf der Gegenseite die Kraft der städtischen und Sparcassamillionen und Dienstbarkeiten, ferner die in der Wahltechnik hoch erfahrene Judenschaft steht, den unumstößlichen Beweis erbringt, dass die Karlsbader Bevölkerung fast zur Gänze im deutschnationalen Lager steht. Wenn der Bürgermeister als erster Machtfactor der Stadt eine Versammlung einberuft, erweist es sich, - so geschah dies z B. anlässlich der Reichsraths- und Landtagswahlen - dass seinem Rufe nur etwa 300 Wähler, nämlich die Juden, Czechen und Lieferanten folgen.
Trotzdem war die deutschnationale Communalpartei bis heute im Fordern äußerst mäßig. So verlangte sie in Anbetracht des Umstandes, dass der Bürgermeister einer deutschen Stadt nicht nur Bürgermeister von 2000 luden und Èechen, sondern auch derzeit für nichts erachteten 13. 000 christlich-deutschen Einwohnern der Stadt sein müsse, derselbe möge sich in Hinkunft bei Wahlen der Agitation enthalten.
In diesem Falle gäben sich die deutschnationalen mit 3 gegen 6 Stadtrathsstellen der Gegenpartei zufrieden, unter welch´ letzteren der Bürgermeister- und Stellvertreterposten eingerechnet erscheinen. Auch Raphael Pacher erklärte anlässlich der im December stattgehabten Verhandlungen der Parteien, er würde seine Anfrage an Seine Excellenz den Herrn k. k. Ministerpräsidenten im Falle des Friedensschlusses gerne zurückziehen und freue sich schon auf ein friedliches Zusammenwirken aller Kräfte zu Nutz und Frommen der Stadt Karlsbad.
Und welche Antwort gaben die ohne Wähleranhang dastehenden und durch Vollmachtpraktiken in die Mehrheit gekommenen fortschrittlichen Stadtverordneten auf diese bescheidenen Forderungen der deutschnationalen Partei?
Vorerst, so schrieben sie zurück, müsse Pacher die genannte Interpellation mit den Worten zurückziehen, dass er bei Einbringung derselben in allen Punkten schlecht informirt gewesen wäre und dann müsste es dem "Taktgefühle" der Fortschrittspartei überlassen bleiben, inwieweit sich der Bürgermeister bei kommenden Wahlen exponieren wolle.
Durch die Stellung derart unerfüllbarer Bedingungen des Friedens hat die Fortschriitspartei bewiesen, dass Sie, die nach der Constituirung des Collegiums 26 gegen 10 nationale Stadtverordnete, einen Bürgermeister und 5 Räthe gegen 3 nationale Räthe ausspielen kann, den Frieden einfach nicht will.
Zu verlangen, Pacher Solle in Bezug auf eine unwiderlegbar richtige Interpellation erklären, er wäre unrichtig informirt gewesen, und der deutschnationalen Partei zuzumuthen, sie solle sich auf das "Taktgefühl" einer Wahlmacherpartei verlassen, ist unbillig, lächerlich und kindisch und heißt die Friedensverhandlungen abbrechen. Warum willigt der Bürgermeister nicht in die von der deutschnationalen Communal-Partei begehrte Untersuchungscommission, die die unumstößliche Wahrheit an's Licht brächte? Das wäre der beste und sicherste Weg, der Interpellation Pacher's nahe zu treten und dieselbe zu zergliedern, zu begründen, oder zu widerlegen, vorausgesetzt, letzteres wäre überhaupt möglich.
In der heutigen Anfrage findet der Herr k. k. Statthalter von Böhmen den derzeitigen Stand der Karlsbader communalen Angelegenheiten wahrheitsgetreu und aufrichtig dargelegt.
Die Karlsbader deutschnationale Partei, welche für eine vergewaltigte Majorität, für die Ideale des deutschen Volkes und die Reche des Mittelstandes und der Arbeiter Stets nur mit ehrlichen Mitteln kämpfte und unverdeckt, offen und wahr handelte, verlangt nun Schon das zweitemal das Eingreifen der Regierung, damit der Karlsbader Gemeindekrieg, welcher durch den Starrsinn der Fortschrittspartei ins Leben gerufen und bisher fortgeführt wird und der Commune großen Schaden zufügt, endlich zu Ende gebracht werde. Bisher hat die Regierung eine Wahlmacherpartei, eine kleine Minorität, gegen die deutsche angestammte Bevölkerung geschützt, ja in Karlsbad wird sogar allgemein verbreitet, Seine Excellenz der Herr Statthalter habe sich geäußert, das Schäffler'sche Regiment in Karlsbad werde von der Regierung solange in Schutz genommen werden, solange er (Gras Coudenhove) Statthalter in Böhmen sei. Die Unterzeichneten vermögen daran nicht zu glauben, denn in diesem Falle dürfte es niemand Wunder nehmen, wenn die jeden Schutzes baare deutsche Bevölkerung der nordböhmischen Städte in ihrer Liebe zum Vaterlande wankend würde, das sie der Willkürherrschaft einer Clique nationaler und wirtschaftlicher Gegner ausliefert.
Die Gefertigten stellen nun zum Schlüsse an Seine Excellenz den Herrn Statthalter von Böhmen die Anfrage:
1. Ist er geneigt, dem die Stadt Karlsbad vertretenden Landtagsabgeordneten Einblick in die Rechtfertigungsschrift des dortigen Bürgermeisters nehmen zu lassen, damit er in die Lage komme, dieselbe zu prüfen?
2. Warum löst er das alte, gegen den Willen des Volkes und den Geist des Gesetzes über seine Functionsdauer hinaus fortregierende Rumpfcollegium von Karlsbad nicht auf?
Josef Hofmann und Genossen.
Nejvyšší maršálek zemský: Pan poslanec dr. Šamánek mnì odevzdal dotaz k panu místodržiteli.
Snìmovní tajemník Höhm (ète): Dotaz k Jeho Excellenci hrabìti Coudenhove co c. k. místodržiteli podaný poslancem dr. Šamánkem a soudruhy.
Pøed nìkolika týdny byla uzavøena smlouva mezi dráhou jiho-severo-spojovací nìmeckou a c. k. ministerstvem železnic stran pøevzetí místní dráhy Liberec-Jablonec-Tannwald do správy státu. Tento akt byl zvláštní vyhláškou pod èís. 11. 786 zøízencùm oznámen. V tom se praví, že mohou tito pøestoupiti do státní správy, "že však se klade dùraz na to, by personál ten pocházel z nìmeckých krajù Èech". Tento požadavek byl patrnì c. k. ministerstvem železnic stanoven, odporuje však nejenom dosavadnímu zvyku, nýbrž i stávajícím základním zákonùm, na jejichž zachovávání ministr železnic složil pøísahu. Kdo tedy není v tak zvaném uzavíraném území zrozen neb pøíslušen, nemá nárokù na onu službu. Ministr tedy nakládá s pøíslušníky tohoto království hùøe než s cizinci; vyhání je z jejich domova, chtìje podle pøání továrníka Ginzkeye pøipraviti uskuteènìní ryze nìmeckého území na severu.
Podepsaní se táži:
1. Od které doby a na základì kterého zákona oddìluje státní správa "nìmecké kraje" v království Èeském?
2. Je-li Jeho Excellence ochotna pùsobiti k tomu, by ona shora uvedená podmínka, která èeský národ nejenom uráží, nýbrž také poškozuje, ihned odvolána a zrušena byla?
V Praze, dne 3. ledna 1902.
MUDr. Šamánek a soudruzi.
Oberstlandmarschall: Die Herren Abgeordneten Pacher und Genossen haben mir noch einen Antrag überreicht, welchen ich zur Verlesung bringe. Ich bemerke, dass ich denselben der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterziehen werde.
Landtagssecretär Höhm (liest):
Antrag des Abg. Pacher und Genossen, betreffend die Schaffung einer allgemeinen Wählerclasse für den Landtag, sowie die Theilung der Handels- und Gewerbekammern in zwei Wahlgruppen.
Um den berechtigten Anspruch der von dem Wahlrechte für den Landtag bisher ausgeschlossenen Reichsrathswähler zu besriedigen, sowie den Angehörigen des Kleinhandels und Kleingewerbes eine gesonderte Vertretung im Landtage zu sichern, stellen die Gefertigten den Antrag:
Der hohe Landtag wolle beschließen:
Die Landesordnung und LandtagswahlOrdnung wird nach folgenden Grundsätzen abgeändert:
1. Es wird eine allgemeine Wählerclasse nach dem Vorbilde der Reichsrathswahlordnung geschaffen, welche in 36 Wahlkreisen ebensoviele Abgeordnete in den Landtag wählt.
2. Die Handels- und Gewerbekammern sind behufs der Vornahme der Landtagswahlen in je 2 Wahlgruppen zu theilen, so dass die Vertreter des Kleinhandels und Kleingewerbes gefondert von den andern Kammersectionen je einen, beziehungsweise zwei von den Kammerabgeordneten wählen.
In formaler Beziehung wird beantragt, diesen Antrag einer besonderen WahlreformCommission zuzuweisen.
Prag, 3. Jänner 1902.
Abg. Pacher und Genossen.
Oberstlandmarschall: Die Herren Abgeordneten Dr. Eppinger und Genossen haben mir in der am 28. December 1901 abgehaltenen Sitzung des hohen Landtages an mich die Ansrage gestellt, ob ich gewillt Sei, meinen ganzen Einfluss bei der k. k. Regierung einzusetzen, dass sie demnächst den vom hohen Landtage in der Sitzung am 6. Juli 1901 beschlossenen Gesetzentwurf, betreffend die Regelung der Gehalte der Lehrer an Volks- und Bügerschulen der Allerhöchsten Sanction unterbreite.
Ich habe bereits in der Sitzung am 28. December vorigen Jahres darauf hingewiesen, dass ich diese Anfrage keineswegs in vollem Umfange zu beantworten in der Lage fein werde, weil die Geschäftsordnung Interpellationen an den Oberstlandmarschall nur in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Landesausschusses, nicht aber in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Landtages kennt, und weil ferner eine Einflussnahme auf die Erwirkung der Allerhöchsten Sanction eines vom Landtage deschlossenen Gesetzes weder dem Vorsitzenden des Landtages noch auch dem Landesausschusse, sondern ausschließlich der verantwortlichen k. k. Regierung auflegt.
Insofern jedoch in der Anfrage auch der Thätigkeit des Landesausschusses des Königreiches Böhmen gedacht wird, beehre ich mich selbe auf Grund des in der Sitzung des Landesausschusses vom 2. Jänner 1902 gesafsten Beschlusses nachstehend zu beantworten:
Darüber, ob, wie die Herren Interpellanten annehmen, die k. k. Regierung die Vorlage des obgedachten Gesetzentwurfes zur Allerhöchsten Sanction davon abhängig macht, dass von Seite des Landes Vorsorge bezüglich der Bedeckung des mit diesem Gesetzentwurf verbundenen Aufwandes getroffen werde, ist dem Landesausschusse von Seite der k. k. Regierung bisher keine Mitteilung gemacht worden.
Der Landesausschuss konnte sich im Grunde des vom hohen Landtage in der Sitzung vom 5. Juli 1901 über Antrag des Herrn Abg. Peschka gefassten Beschlusses lediglich mit der Frage befassen, auf welche Weife dem Königreiche Böhmen solche neue Einnahmsquellen verschafft werden könnten, welche die wirkliche Durchführung des in der Interpellation erwähnten Gesetzentwurfes, betreffend die Regulirung der Lehrergehalte an den Volks- und Bürgerschulen zu ermöglichen, beziehungsweise die Mittel zur Deckung des hiedurch entstandenen Mehraufwandes ohne Erhöhung der Landesumlagen zu den directen Steuern und ohne Aufnahme von verzinslichen Darlehen zu gewähren geeignet wären.
Nachdem der oben gedachte Mehraufwand laut der von der Landesbuchhaltung aufgestellten Berechnung im Jahre 1903 über 11l/2 Millionen und im Jahre 1904 über 15 Millionen Kronen betragen würde, gelangte der Landesausschuss zu der Erkenntnis, dass die Beschaffung der erforderlichen Mittel bei dem dermaligen Stande der Dinge lediglich durch Einführung einer Verbrauchsabgabe von dem im Königreiche Böhmen consumierten Biere möglich wäre.
Hierauf weist auch der vom hohen Landtage in der Sitzung vom 4. Juli 1901 gefasste Beschluss hin, durch welchen der Landesausschuss beauftragt wurde, mit der Regierung eine Verhandlung betreffs der Einführung einer entsprechenden Landesbiersteuer oder eines Zuschlages zu der staatlichen Biersteuer unverzüglich einzuleiten und auch durchzuführen.
Um in dieser Richtung dem hohen Landtage die erforderlichen Vorschläge machen zu können, hat der Landesausschuss Verhandlungen mit der Regierung dahin eingeleitet, dass einerseits die in Aussicht genommene Steuer in einer solchen Höhe beantragt werde, dass durch den Ertrag derselben der zu gewärtigende Mehraufwand thatsächlich bedeckt werden könnte, und dass andererseits die Genehmigung der diesfälligen Beschlüsse des hohen Landtages von Seite der Regierung auf keine Schwierigkeiten Stoße. Die diesfalls eingeleiteten Verhandlungen sind im Zuge und gibt sich der Landesausschuss der Erwartung hin, dass bis zum nächsten Zusammentritte des hohen Landtages diese Verhandlungen zu einem positiven Ergebnisse führen werden. (Lebhafter Beifall. )
Nejvyšší maršálek zemský: Konstatuji, že jest slavný snìm zpùsobilý k usnášení se.
Ich constatiere die Beschlussfähigkeit des hohen Hauses.
Ich bitte um Entschuldigung. Ich habe noch übersehen, dass noch eine Anfrage des Herrn Abg. Pacher an Seine Excellenz den Herrn Statthaltec vorliegt, und werde dieselbe noch verlesen lassen.
Landtagssecretär Höhm (liest): Anfrage des Abgeordneten Pacher und Genossen an Seine Excellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Auflösung des Germanen-Verbanbes "Schönerer" in Komotau.
Der Verein Germanenverband "Schönerer" in Komotau wurde durch eine Verfügung der k. k. Vezirkshauptmannschaft Komotau aufgelöst. Begründet wurde diese Verfügung damit, dass anläfslich einer am 1. December v. I. im Schießhaussaale zu Komotau abgehaltenen Festversammlung der Wirkungskreis des genannten unpolitischen Vereines überschritten worden sei.
Dies soll einerseits dadurch geschehen sein, dass der Vorsitzende den Abg. Stein nicht unterbrach, als dieser zur Bethätigung der antisemitischen und anticlericalen Grundsätze mahnte, andererseits aber dadurch, dass vor der Festversammlung das im Schießhaussaale befindliche Bild des Kaisers entfernt und durch anderen Wandschmuck ersetzt wurde.
Aus diesem Grunde wurde auch gegen den Obmann des aufgelösten Vereines beim Kreisgerichte in Brüx die Untersuchung wegen Majestätsbeleidigung, sowie wegen eines Vergehens gegen § 11 des V. -G. eingeleitet.
Da ein Regierungsvertreter dieser Versammlung nicht beiwohnte, kann sich das Einschreiten der Behörde nur auf eine verleumderische Denuntiation eines in Komotau seit einiger Zeit erscheinenden liberal-christlichsocialen Blättchens stützen Alle Theilnehmer der Versammlung, unter welchen sich die angesehensten Persönlichkeiten der Stadt, sowie auch der Fragesteller selbst als Gäste befanden, können bezeugen, dass die Rede des Abg. Stein in keiner Hinsicht über die allen nichtpolitischen deutschvölkischen vereinen gemeinsamen Grundsätze der Reinhaltung des deutschen Volksthums von fremden Einflüssen hinausgieng.
Die Entfernung des Kaiserbildes aber und die Anbringung eines andern Schmuckes an der betreffenden Saalwand kann umsoweniger als ein Verbrechen oder auch nur als eine Ehrfurchtsverletzung bezeichnet werden, als dies ein bei den verschiedensten Festen sich wiederholendes Ereignis ist, welches in den Raumverhältnissen des Schießhaussaales seinen Grund hat und noch niemals behördlich beanständet worden ist.
Der Schießhaussaal hat nämlich nur eine zur Anbringung von Festschmuck geeignete Wand; an dieser befindet sich für gewöhnlich das Kaiserbild, bei besonderen Anlässen aber tritt an Stelle desselben eine der Art der Festlichkeit entsprechende andere Ausschmückung. Aus diesem Grunde wurde das Kaiserbild schon bei zahlreichen Anlässen, z. B. bei Gesangsvereins-, Turnvereins-, Arbeiterbundes-, Studentenfesten-, ja sogar auch schon bei Chargen-Bällen entfernt, um Gruppenbildern Platz zu machen.
Es ist daher umsoweniger berechtigt, diesen Vorgang dem Germanen-Verbande "Schönerer" und dessen Obmanne als Berbrechen anzurechnen, als der Obmann gar keinen Auftrag ertheilt hat, das Bild herunterzunehmen, sondern dass dies die Decorateure, wie bei anderen Anlässen, so auch diesmal thaten, weil sie es für selbstverständlich hielten. Auch ist es unwahr, dass das Bild, wie in dem erwähnten liberal-christlichSociolen Blättchen behauptet war, an einem nicht näher zu bezeichnenden Orte untergebracht wurde, Sondern es wurde vom Gastwirte in Seine Wohnung genommen, wie in früheren Fällen auch.
Es ist also offenkundig, dass der derzeitige Leiter der Bezirkshauptmannschaft Komotau sich durch die angeführten denuntiatorischen Verläumdungen täuschen ließ und der Ortsverhältnisse unkundig in ganz unbegründeter Weise eine hochnotpeinliche Untersuchung einleitete, wo eine einsache Nachfrage an geeigneter Stelle ergeben hätte, dass durchaus nichts gesetzwidriges vorliege.
Da der erwähnte Vorfall in der deutschen Bevölkerung Komotau's peinliches Aufsehen und Erbitterung hervorgerufen hat und keineswegs geeignet ist, das Ansehen der Staatsbehörden zu fördern, stellen die Unterzeichneten die Anfrage:
Ist Seiner Excellenz dem Herrn Statthalter dieser Sachverhalt bekannt und ist er bereit, sofort die nöthigen Weisungen zu ertheilen, dass diese unberechtigten Maßregeln rückgängig gemacht werden und ein derartiges Vorgehen der Behörde sich nicht mehr wiederhole?
Prag, am 3. Jänner 1902.
Abg. Pacher und Genossen
Oberstlandmarschall: Ich werde diese Interpellation an Seine Excellenz den Herrn Statthalter leiten.
Wir gehen zur Tagesordnung über.
Pøejdeme k dennímu poøádku.
Na denním poøádku nachází se zpráva zemského výboru s návrhy v pøíèine prozatímního ustanovení zemské pøirážky.
Auf der Tagesordnung steht der Bericht des Landesausschusses, betreffend die provisorische Festsetzung der Landesumlage.
Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Dr. Urban die Berichterstattung zu übernehmen und ertheile ihm das Wort.
Ber. -Erst. L. -A. -Beisitzer-Stellvertr. Dr. Karl Urban: Ich glaube, hohes Haus, mit Rücksicht auf die kurze Dauer der Tagung, welche dem hohen Hause beschieden ist, dürfte es wohl den Interessen des hohen Hauses entsprechen, wenn jener Antrag, den der Landesausschuss in formaler Beziehung stellt, zunächst zur Beschlussfassung gelangt. Ich erlaube mir diesen Antrag vorzulesen und Stelle an das hohe Haus das Ersuchen, diesen Antrag anzunehmen.
In formaler Beziehung beantragt nämlich der Landesausschuss:
Der hohe Landtag geruhe mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Angelegenheit im Sinne des § 37 Abs. 2 der Geschäftsordnung sofort in die zweite Lesung dieser Vorlage einzugehen.
Snìmovní tajemník Höhm (ète): V ohledu formálním navrhuje se, aby slavný snìm vzhledem k nutnosti záležitosti pøedsevzal ve smyslu § 37. odst. 2. jednacího øádu ihned druhé ètení této pøedlohy.
Oberstlandmarschall: Verlangt jemand in Beziehung auf den formalen Antrag das Wort?
Žádá nìkdo ve formálním ohledu slovo ?
Žádám ony pány, kteøí souhlasí s tím, aby se pøistoupilo ihned ke druhému ètení, aby vyzdvihli raku.
Ich ersuche die Herren, welche dem zustimmen, dass sofort in die zweite Lesung eingegangen werde, die Hand zu erheben.
Návrh jest pøijat.
Der Antrag ist angenommen.
Ich ertheile nunmehr dem Herrn Berichterstatter zur meritorischen Verhandlung das Wort.
Berichterstatter L. -A. -Beisitzer Stettvertr Dr. Karl Urban: Hoher Landtag! Mit Rücksicht auf die Kürze der Tagung, welche dem hohen Landtage diesmal beschieden ist, dürfte es wohl kaum den Wünschen des hohen Landtages entsprechen, bereits bei Gelegenheit der Beratung des Budgetprovisoriums in eine längere Erörterung über die Finanzlage des Landes einzutreten.
Es ist vollkommen begreiflich und entspricht auch der Situation, in der sich das neugewählte Haus befindet, dass alle Parteien zunächst das Bedürfnis haben, sich über die politische Lage im Allgemeinen, über sich selbst und über ihr Verhältnis zu den anderen Parteien auszusprechen. Es wird damit voraussichtlich die Debatte einen allgemeinen programmatischen und vorwiegend politischen Charakter annehmen, wobei naturgemäß die Erörterung von Finanzfragen in den Hintergrund gedrängt wird.
Allein, hohes Haus, die Lage der Finanzen Böhmens ist derartig ungünstig und die fortschreitende Verschlimmerung unseres Landeshaushaltes eine so bedrohliche, dass ich trotzdem schon heute das hohe Haus bitten muss, mir zu gestatten, schon bei dem heutigen Anlasse unsere budgetäre Lage wenigstens in den Hauptzügen zu ski'zziren und auch jener Projecte zu gedenken, welche in der letzten Legislaturperiode des Landtags behufs Sanirung der Landesfinanzen gestellt wurden.
Ich glaube, damit auch eine den neugewählten Mitgliedern des hohen Hauses erwünschte Information über die Finanzverhältnisse des Landes zu vermitteln, muss aber gleich im Vorhinein das hohe Haus um Entschuldigung bitten, dass ich vielleicht durch Anführung trockener Ziffern, sehr geehrte Herren, Ihre Geduld allzusehr in Anspruch nehme.
Aber es liegt nun einmal so; diese Methode gehört zu den unabweislichen Requisiten jedes Finanzreferenten, dem ja hauptsächlich die Aufgabe zufallt, durch entsprechende Anordnung und Gruppierung der Ziffern die budgetäre Lage in das richtige Licht zu setzen.
Aus dem Berichte über das Budgetprovisorium geht hervor, dass in den Voranschlag für das Jahr 1902 das Gesammterfordernis 51, 563. 774 K sonach im Vergleich Zum Vorjahre um 1, 269. 895 K höher eingestellt ist.
Ich habe mir erlaubt über die wichtigsten Ziffern eine Zusammenstellung zu machen, welche ich den Mitgliedern des hohen Hauses hier zur Verfügung stelle.
Die Zunahme der Ausgaben ist vor Allem auf jene Mehrerfordernisse zurückzuführen, welche mit der im vergangenen Jahre beschlossenen Regulierung der Lehrergeholte verknüpft ist, wovon für das heurige Jahr ein Mehraufwand von 1, 052 713 K entfällt. Damit hat für das heurige Jahr der für den Volksschulaufwand präliminirte Betrag die Höhe von 26, 382. 112 K erreicht. Es stellt sich sonach der Aufwand für die Volksschule auf 51. 6 Pet. des gesammten Budgeterfordernisses des Landes und bildet Sonach mehr als die Hälfte sämmtlicher Auslagen des Landes.
Zur Ergänzung dieses Statistischen Bildes erlaube ich mir einzuschalten, dass der Schulaufwand in den letzten 5 Jahren um 6, 323. 784 Kronen zugenommen hat, dass er aber in den nächsten Jahren noch erheblich anwachsen durfte.
Die stärkste Progression wird im nächsten Jahre eintreten durch das Mehrerfordernis von 8, 484. 217 Kronen.
Im übernächsten Präliminare 1904 sind weiter 3, 346. 270 Kronen eingestellt, so dass abgesehen von der natürlichen Accrescenz dieser Post der nach Beendigung der Regulierung der Lehrergehalte sich ergebende Gesammtbetrag sich auf 38, 213. 400 Kronen belaufen wird. Das wird das Gesammterfordernis für den Schulaufwand im Jahre 1904 sein.
Ich habe diese Ziffern nur zur Charakterisierung der nächstjährigen Budgets angeführt, weil ich noch im Verlaufe der weiteren Auseinandersetzung Gelegenheit haben werde, jene Consequenzen zu besprechen, welche daraus für die Bilanz des Landeshaushaltes sich ergeben.
Wenn nun das hohe Haus diesen Ziffern des Erfordernisses jene der Bedeckung gegenüberstellt, so finden wir bei den Landeseinnahmen eine Zunahme um 5, 431. 639 Kronen.
Bei einer Gliederung der Einnahmenseite stoßen wir zunächst auf den Zuwachs von 243. 923 Kronen bei jener Poft, welche unter dem Sammelnamen "eigene Bedeckung" eingestellt ist.
Das sind bekanntlich jene Erträgnisse, welche das Land aus seinem Grund- und Realitätenbesitze, ferner aus Fondszinsen und Gebühren und Verwaltungseinnahmen von Landesanstalten, ferner aus der Musikabgabe, Verlassenschaftsabgabe für Schulzwecke und schließlich als Äquivalent für Musikabgabe bezieht.
Bei der zweiten Post, Landesumlagen, konnte im heurigen Jahre ebenfalls eine erhöhte Präliminierung um 1, 591. 500 Kr. in den Voranschlag aufgenommen werden, weil nach der amtlichen Mittheilung der Finanz-Landes-Direction die gesammte Vorschreibung aller directen Steuern (mit Ausnahme der Personal-Einkommensteuer), welche unsere Umlagebasis ausmacht, sich von 6, 524. 582 auf 69, 418. 218 Kr. erhöht hat.
Dieser letztangeführten Ziffer gegenüber, ist wohl ein gewisser Skepticismus vollauf berechtigt. Mit Rücksicht auf jene krisenhaften Symptome, welche in den letzten Jahren in der weltwirtschaftlichen Entwicklung eingetreten sind, und von denen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse dieses Landes nicht unberührt geblieben sind, ist es schwer daran zu glauben, dass die präliminirten Erwartungen auf eine weitere Steigerung der Erträgnisse der directen Steuern im künftigen Jahre in Erfüllung gehen werden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die in den letzten Jahren erfolgte Steigerung hauptsächlich auf die stetig fortschreitenden Steuervorschreibungen jener Unternehmungen, welche der öffentlichen Rechnungslegung unterliegen, zurückzuführen sind. Während seit dem Jahre 1899 die Steuervorschreibungen in Böhmen bei der allgemeinen Erwerbsteuer gesunken, bei der Grundsteuer, Hausclassensteuer im Allgemeinen Stationär geblieben sind, während sie, bei der Besoldungs- und Rentensteuer nur unerheblich gestiegen sind, finden wir, dass sich die Umlagebasis bei der Hauszinssteuer um 3, 000. 000 Kronen und bei der Steuervorschreibung jener Unternehmungen, welche der öffentlichen Rechnungslegung unterliegen, um 5, 000. 000 Kronen erhöht hat. Sie Sehen daher, meine Herren, dass die Erhöhung der Umlagebasis Vorzugsweise aus jene Steigerung zurückzuführen ist, welche bei der Umlagebasis der öffentlichen Unternehmungen eingetreten ist. Nun ist es mit Rücksicht auf die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse schwer zu glauben, dass bei diesen Unternehmungen im künftigen Jahre sich nicht beträchtliche Einnahmsausfälle ergeben werden. Diese Betrachtung ist auch weiter geeignet, jenen innigen Zusammenhang zu illustrieren, welcher zwischen dem Landeshaushalte und der gesammten Staatswirtschaft besteht und, wie ein jeder Rückgang, in unseren wirtschaftlichen Verhältnissen auch auf die financiellen Verhältnilse des Landes Seine Wirkung ausüben muss.
Die Abhängigkeit der Landesfinanzen vom Staatshaushalte zeigt sich auch bei jenen Bedeckungsposten, welche im Budget den Namen "staatliche Überweisung" führten. Jenes Plus von 5. 118 Kronen, welches diese Post aufweist, ist keineswegs auf eine Erhöhung dieser Überweisung zurückzuführen.