Úterý 18. prosince 1900

lich sei, in vereinzelten Gegenden beinahe eine Hetze gegen den Lehrerstand eröffnet wird, welche unter den heutigen Verhältnissen geradezu ein Verbrechen ist. (Bravo!)

Ich sage! Ein Verbrechen, denn unser Volk steht vielleicht vor bedeutungsschweren Entscheidungen über seine ganze Zukunft, über seinen Besitzstand und über seine politische Geltung in diesem Staate.

Es ist eine Zeit, wo wir jeden Mann brauchen, und in einer solchen Zeit zwischen zwei Ständen des Volkes Zwietracht zu säen, die Fackel der Zwietracht unter zwei zu werfen, die einander so nahe stehen, wie die Lehrerschaft und der Bauernstand, das bezeichne ich als ein umso größeres Verbrechen, als es zu einer Zeit geschehen ist, wo es der nationalen Erweckungsarbeit unserer, der radikalen Partei, gelungen ist, selbst den lange Zeit verfremdeten und so verbitterten Stand der Arbeiterschaft wieder in den Kreis der Volksgenossen zurückzuführen und auf diese Art den Neubau des Volksthumes auf breitester Grundlage erfolgreich zu begründen, einen Neubau, der alle unsere Stände umfassen soll in brüderlicher Liebe und Begeisterung für die Gesammtheit.

Meine Herren! Ist denn ein größerer Widersinn denkbar als die Entzweiung zwischen dem Bauernstand und der Lehrerschaft, der Lehrerschaft, die zum größten Theile aus diesem Stande hervorgegangen ist? Die Lehrerschaft hat sich bei jeder Gelegenheit als der beste und aufrichtigste Freund des Bauern bewährt. Denken sie doch, wie viel die Lehrerschaft in den landwirthschaftlichen Vereinen, wie viel sie zur Schaffung der Raiffeisenkassen und der Ausbreitung dieser Einrichtung geleistet hat, wie viel selbstlose Thätigkeit sie der Allgemeinheit widmet und was sie auch in den Gemeindevertretungen der Landgemeinden an Arbeit besorgt! Das geschah nicht etwa in der heimtückischen Absicht, nach Jahren mit riesigen Gehaltsforderungen zu kommen, die Bauern um ihr Geld zu prellen, sondern aus dem ausrichtigen Gefühle der Zugehörigkeit zu dem Volke, in dessen Mitte sie alle leben und aus dem sie hervorgegangen sind!

Dafür verdienen sie in einem Augenblick, wo ihre Noth nicht länger ertragen werden kann, Entgegenkommen und rücksichtsvolle

Behandlung, nicht aber Angriffe, welche den Zweck haben, einen großen Stand gegen sie zu hetzen. Die überwiegende Mehrheit unserer Bauernschaft denkt nicht so. Kundgebungen von allen Seiten, die Beschlüsse von Versammlungen bei den verschiedensten Gelegenheiten haben dies bewiesen. Hier liegt wieder eine Zuschrift vor mir aus einer Landgemeinde, in welcher der Gemeindevorsteher selbst die Forderung der Lehrerschaft, es mögen die Anträge der Schulcommission, welche einen Unterschieb herstellen wollen zwischen Lehrern in größeren Gemeinden und Lehrern in kleineren Gemeinben, abgelehnt werden, aus das wärmste unterstützt, und mich ermächtigt, für den Fall, als ich annehmen könnte, dass bei der gegenwärtigen Stimmung die Unterschriften der Lehrer aus dieser Bitte ihnen zum Nachtheil reichen könnten, diese Namen zu verschweigen und seinen eigenen Namen als den zu nennen, der voll und ganz für die Forderungen der Lehrerschaft eintritt. (Abg. Stein ruft: Das ist gewiss kein Libelaler!)

Meine Herren! Es hat sich, wie gesagt, die Bewegung gegen die Lehrerforderungen beschränkt aus einen kleinen Theil Deutschböhmens, aus den Abgeordneten Albl und seine engeren Freunde. Wer aber gehört zu diesen engeren Freunden? So viel ich weiss, gehört er dem Club der deutschen Fortschrittspartei noch heute an, demselben Club, der bei der Stellung seiner Schulanträge seine Schul- und Lehrerfreundlichkeit betont hat und auch jetzt wieder betont.

Es wird in diesem Falle wohl nicht anders gehen, als sonst in ähnlichen Fällen: Aus dem vielstimmigen Chore, der sich aus den Unterschriften auf den schul- und lehrfreundlichen Anträgen Ihrer Partei zusammensetzt, wird die Lehrerschaft immer den Ton des Hasses heraushören, der aus den Reden des Abgeordneten Albl klingt. Und das wird so bleiben, solange sie diesen Herren als Mitglied Ihrer Partei anerkennen Uns, meine Herren, kann das ja recht sein. Ich gebe Ihnen nur in Ihrem eigenen Interesse einen wohlgemeinten Wink.

Aber was noch eine weitere schädliche Folge dieser Ereignisse bildet, ist der Umstand, dass dieselben die Hoffnung erweckten, es werde sich zwischen der deutschen Bevölkerung und der Lehrerschaft eine Kluft aufthun, dass dadurch alle Geister des Rückschrittes, alle Geister der Maßregelung und Bevormundungsucht erwachten.

Meine Herren! Der Landesschulrath hat sich bekanntlich ablehnend verhalten gegenüber der Aufforderung des Landesausschusses, feine Meinung über die Gehaltsforderungen der Lehrer abzugeben. Er meint, dass sei eine finanzielle Frage, die nur den Landesausschuss angeht, und er hat es bis jetzt abgelehnt, sich zu äußern. Der Landesausschuss hat in seinem Berichte zur Lehrergehaltsfrage mit berechtigten Missmuthe diese ablehnende Haltung des Lansesschulrathes festgestellt und meint, es handle sich nicht bloß um eine finanzielle Frage, es handle sich auch um die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes, um seine Standesinteressen und die Organisation des Lehrerstandes. Als es sich also darum handelte, die Forderungen der Lehrerschaft beim Landesausschusse zu unterstützen, da hat der Landesschulrath kein Wort gefunden. Aber mit dem Erlasse, welcher der Lehrerschaft verbieten sollte, ihre Gehaltsforderungen in der Öffentlichkeit zu vertreten und den Gegnern und Bekämpfern dieser Gehaltsforderungen entgegenzutreten, mit einem solchen Erlasse war er gleich da

Nun, meine Herren, wir nennen diesen Erlass den "Maulkorberlass" und er verdient diesen Namen. Der Lehrer ist ja ohnehin in der traurigen Lage, dass seine Stellung im Staate und zwischen den verschiedenen Staatsgewalten nicht klar festgelegt ist. Er ist nicht Staatsbeamte, nicht Landesbeamte, nicht Gemeindebeamte, kann aber von allen diesen 3 Gewalten gegebenen Falls gehudelt werden.

Der "Maulkorberlass", meine Herren, athmet auch vormärzlichen Geist, einen Geist, wie wir ihn am Ausgange des 19. Jahrhunderts zu vernehmen nicht mehr erwartet hätten. Derselbe sagt, die Lehrerschaft hätte nichts zu fordern, sondern nur zu wünschen, und es sei eine unzulässige politische Agitation, was die Lehrer treiben. Es heißt da wörtlich:

(liest) "Der Landesschulrath sieht sich als Aufsichtsbehörde gezwungen, über derartige disciplinwidrige, das Standesansehen der Lehrerschaft Missbilligung auszusprechen und fordert die Lehrerschaft auf sich von ähnlichen unstatthaften Kundgebungen fernzuhalten.

Zugleich wird bemerkt, dass der k. k. Landesschulrath genöthigt wäre, namentlich geilen jene Lehrer, welche zu solchen ungebührlichen Vorgängen verleiten, erforderliche Mittel anzuwenden. " (Abg. Wolf ruft: Das Knurren des Magens wird auch verboten aus Opportunist gegen die hohe Regierung!)

Meine Herren! Wir verwahren uns gegen diesen Ton, wir verwahren uns gegen den Geist, in welchem gegen die Lehrerschaft aufgetreten wird. Wir verwahren uns dagegen, dass die Lehrerschaft zu Staatsbürgern zweiter Classe herabgedrückt wird, die nicht das Recht haben sollen, ihre Forderungen vor dem Volke zu vertreten und sich gegen die Angriff, die in öffentlichen Versammlungen gegen sie gerichtet werden, öffentlich zu wehren.

Dieser Erlass ist aber nicht auf dem Papiere geblieben, die angedrohten Maßregelungen haben in der That stattgefunden, Eine ganze Menge von Lehrern ist in Disciplinarnutersuchung gezogen worden, und einer von ihnen, der Bürgerschullehrer Schreiter, ist strafweise von Grasslitz nach Bergreichenstein vorsetzt worden (Abg. Stein ruft: Dafür wird er jetzt in den Reichsrath gewählt. )

Meine Herren! Diese Vorgänge, welche die Lehrerschaft in Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte gerade bei der Gehaltsfrage einschränken und fesseln wollen, sind umso befremdender, als sie von einer Körperschaft ausgehen, in welcher eine große Anzahl von k. k. Staatsamten sitzt, die ja auch vor nicht gerade langer Zeit eine Erhöhung ihrer Gehälter erreicht haben und wissen müssen, wie weh es thut, wenn die Einkünfte, welche mit einer öffentlichen Stellung verbunden sind, den Aufforderungen dieser Stellung nicht mehr entsprechen, und wie wohlthuend es wirkt, wenn der Staat diesen Ansprüchen entgegenkommt und die Regulierung, wie sie gewünscht worden ist, endlich durchführt.

Umso befremdender ist es, wenn gerade solche Herren die Lehrer knechten und maßregeln wollen, wenn diese für sich dasjenige verlangen, was der Staatsbeamtenschaft bereits zutheil geworden ist.

Ich meine, es sollte der Landesschulrath viel mehr die Schule und die Lehrerschaft bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Schutz nehmen.

Wie oft wird in Versammlungen, ja sogar von heiliger Stätte so recht gegen die freie Schule, gegen das Reichsvolksschulgesetz, gegen unsere Lehrerschaft losgezogen! Da rührt sich aber kein Landesschulrath! Wie oft ist es geschehen, dass in einzelnen Fällen untergeordnete Organe der Schulaufsicht Verfügungen getroffen haben, welche das Ansehen, des Lehrerstandes vielmehr herabgesetzt haben als das Auftreten der Lehrer für ihre Gehaltsforderungen! Ich erinnere daran, wie es einmal einem solchen Pascha in Südböhmen einfiel einem Lehrer zu verbieten, ohne Anmeldung bei ihm sich aus seinem Wohnorte zu entfernen. Der Mann war an feiner Freizügigkeit, woran der Freiheit seiner Bewegung behindert, weil er sich in der so beneidenswerten, so reichlich bezahlten Stellung eines österreichischen Volksschullehrers befand.

Das Auftreten des Landesschulrathes, meine Herren, in dieser Angelegenheit kann mit nicht genug scharfen Worten verurtheilt werden. Wir verwahren uns dagegen, dass der Lehrerschaft auf diese Art der Daumen aufs Auge gefetzt wird, wir verwahren uns aber auch dagegen, dass einer Klasse von Staatsbürgern, welche die öffentliche Achtung zur erfolgreichen Erfüllung ihrer Pflichten ganz besonders nöthig hat, ein Maulkorb angelegt wird.

Nicht die Lehrerschaft, welche ihre Forderungen vor dem Volke zu vertreten suchte und die Angriffe auf ihre Ehre und die Reinheit ihrer Absichten abwehrte, hat das Ansehen der Schule und die erzieherische Wirkung ihrer eigenen Thätigkeit beeinträchtigt, sondern der Landesschulrath hat das gethan, der die Lehrerschaft durch seinen Erlass in eine unwürdige Stellung versetzt hat und durch seine Maßregelung gezeigt hat, dass diese Männer, die der Jugend ein Vorbild sein sollen an Kenntnissen, an Lebenswandel und Charaktertüchtigkeit, sich unter ein besonderes Joch beugen sollen und weniger Rechte ihr Eigen nennen, als irgend ein anderer Staatsbürger. Dass Volk ist entschieden gegen eine derartige Behandlung der Lehrerschast.

Ich denke da noch mit Freude und

Stolz an die große Mählerversammlung in Komotau zurück, die ich nach Veröffentlichung dieses Erlasses einberufen hatte. Es war an einem heißen Sonntage im Sommer, wo wohl die meisten Leute etwas gescheiteres zu thun wissen, als in dumpfen Sälen zu sitzen. Vom Bürgermeister und den Stadträthen angefangen, bis zum Kleingewerbemann und kleinen Ackerbürger, der außerhalb der Stadt sein Feld hat war alles erschienen, und alle haben einmüthig ihre Verwahrung eingelegt gegen das Vorgehen des Landesschulrathes und einmüthig ihre Zustimmung dazu ausgesprochen, dass den Lehrern zutheil werde, was ihnen gebührt, nicht bloß in Bezug aus die Gehaltsaufbesserung sondern auch in Beziehung auf ihre staatsbürgerliche Stellung und die Wahrung ihrer staatsbürgerlichen Rechte.

Wie das Volk über diejenigen denkt, die durch den vielfach genannten Erlass gemaßregelt worden sind, das können Sie aus dem Umstande entnehmen, dass jener Bürgerschullehrer Schreiter, den man strafweise vom nördlichen Böhmen herunter in den Böhmerwald versetzt hat, als Reichsrathsabgeordneter der 5. Curie im Aussiger Wahlkreise so gut wie gewählt ist. Das ist die Antwort des

Volkes aus den Maulkorberlass und, wenn im Sinne dieses Erlasses noch weiter gemaßregelt wird, werden weitere ähnliche Antworten erfolgen und nicht unsere Schuld ist es, wenn wir dann auch auf Wahlkreise von Parteien hinübergreifen müssen, welche der hohen Regierung genehmer und bequemer sind, als wir Deutschradikalen.

Und auf diese Art glauben wir aufs Beste einer Wiederholung derartiger Vorkommnisse entgegentreten zu können, indem sich das ganze Volk hinter die gemaßregelten Lehrer stellt; denn ein ganzes Volk kann man nicht maßregeln, nicht discipliniren, nicht strafweise versetzen - Gott sei Dank!

Meine Herren! Wir haben die Forderung vertreten und vertreten sie noch, dass der Lehrerschaft ihr Recht auf Gehaltsaufbesserung werde, das sie, wie die Anträge der Herren Abg. Siegmund und Genossen und Anýž und Genossen gezeigt haben, auch mit Zustimmung der Angehörigen der Volksparteien hier fordern.

Nun wird gesagt: Wo wollt Ihr die Mittel hernehmen? und da sage ich: Wir beharren darauf, dass der Staat verpflichtet sei, aus Staatsmitteln genügend große Beiträge zur Bestreitung der Schulauslagen zu leisten, diese Auslagen in solcher Weise, wie es der Lehrerschaft und der Schule würdig ist, bestreiten zu können.

Damals, als man der gesetzlichen Verfügung zustimmte, dass die Schulangelegenheiten und ihre Lasten den Ländern zugewiesen werden, damals konnte man die großartige Entwicklung des Schulwesens nicht ahnen und auch die stete Verschlechterung aller wirtschaftlichen Verhältnisse nicht voraussehen. Man konnte auch nicht ahnen, dass die Landesfinanzen fortdauernd in dem traurigen Zustande belassen werden, wo man nur die Wahl hat zwischen Erhöhung der Umlagen oder Anlegung eines neuen Pumpes. Wir beharren darauf, dass die Regierung verpflichtet sei aus Staatsmitteln den Ländern einen Beitrag zur Bestreitung der Schulangelegenheiten zu leisten und beharren daraus, dass die Regierung auch das Geld finden werde, wenn sie den nöthigen Muth und die nöthige Entschlossenheit zeigt, auch jenen an den Leib zu rücken, auch von denen Steuern für den Staat zu fordern, die sie big heute ganz größtentheils unbelasset liess, obwohl bei ihnen am meisten zu holen ist. Meine Herren! Ich erlaube mir sowohl im Bezug auf das, was ich über den Landesschulrath gesagt habe, als auch in Bezug auf das, was ich über die Haltung der Regierung bezüglich der Forderung, dass sie aus Staatsmitteln Beiträge zu Schulzwecken zu leisten hat, sagte, zwei Entschließungen zu beantragen, welche ich zur Abstimmung zu bringen bitte.

Die erste Resolution lautet: Der Landtag spricht über den Erlass des k. k. Landesschulrathes, womit die Lehrerschaft wegen ihres öffentlichen Eintretend für ihre Gehaltsforderungen behufs Aufklärung der Bevölkerung und Abweisung der gegen diese ihre Forderungen und sie selbst erhobenen Vorwürfe gerügt, verwarnt und mit Strafen bedroht wird, welche Androhung auch wirklich gegenüber mehreren Lehrern verwirtlicht wurde, seine schärfste Missbilligung aus und fordert die Vertreter des Landesausschusses im Landesschulrathe aus, die Lehrerschaft gegen eine jede derartige Beeinträchtigung ihrer statsbürgerlichen Rechte nachdrücklichst zu schützen.

Die zweite Resolution lautet:

"Der hohe Landtag wolle beschließen: Der Landtag spricht sein Bedauern über die schroff ablehnende Haltung aus, welche die k. k. Regierung, beziehungsweise das k. k. Finanzministerium in Bezug aus die vom Landtage in einer Entschließung geforderte Gewährung eines ausgiebigen Beitrages aus Staatsmitteln zu den Auslagen für die Neuregelung der Bezüge der Volksund Bürgerschullehrer aus uns erklärt, auf der Anschauung zu beharren, dass der Staat angesichts der gegenwärtigen Finanzlage des Landes und der unausweichlichen Nothwendigkeit, für die Erfüllung der berechtigtigten Ansprüche der Lehrerschaft und der naturgemäß wachsenden Bedürfnisse des Schulwesens überhaupt Sorge zu tragen, zu einer solchen Beitragsleistung verpflichtet fei und dass dieselbe bereits im Jahre 1901 unbedingt gefordert werden müsse.

(Ruf: Beitrag vom Staate!)

Meine Herren! Ich eile zum Schlusse. Ein Jahr ist es her, seit die ersten Anträge in der Lehrergehaltsfrage in diesem Tagungsabschnitte gestellt worden sind.

(Abg. Stein ruft: Ueber's Jahr, über's Jahr wenn ich wiederum komm, ) und Hand aufs Herz, dass wir heute nicht weiter Sind, daran sind die Herren links neben uns und die in der Mitte auch mit schuld. Ich glaube, dass sie mit allen den großartigen Erörterungen, die sie in der letzten Tagung gepflogen haben auch nicht einen Schritt thatsächlicher Arbeit gethan haben. Ich glaube, es wäre gescheiter gewesen, wir hätten zusammengewirkt, um der Leserschaft das zu verschaffen, was Sie zu fordern das Recht hat, und ihr Erleichterung ihrer Lebensstellung zu schaffen, was sie gewiss durch ihre Thätigkeit in der Schule 100 und 1000fach gelohnt hätte. Ich glaube aber, dass der Landtag, der So ganz gegen den Grundsatz gehandelt hat: "Wer Schnell gibt, gibt doppelt" und der jetzt, nachdem er so lange nichts gegeben hat, noch viel weniger geben will, als die Lehrerschaft gesordert hat, dass der Landtag vielleicht in letzter Stunde sich doch noch anders entschließen könnte. Bedenken Sie doch, mit welchen Hoffnungen es die Lehrerschaft begrüßen muste, als sie hörte, dass Vertreter der meisten deutschen Parteigruppen und Vertreter der größten tschechischen Parteigruppe in gleichlautenden Anträgen für die Erfüllung ihrer Forderungen eingetreten sind.

Und stellen Sie sich vor, welche Gefühle bitterer Enttäuschung diese Männer im Laufe des letzten Jahres erfüllt haben müssen, nachdem Monat für Monat die Erfüllung ihrer Forderungen gleichsam vor ihren Augen in immer weitere Ferne gerückt wurde; und als man anfieng in der Bevölkerung gegen sie Stimmung zu machen und sie gleichzeitig von den Behörden von oben herab bedrängt, gemaßregelt und mit Disciplinarstrafen belegt wurden.

Lassen Sie es genug fein des grausamen Spiels, und stellen Sie sich in letzter Stunde wieder aus den Standpunkt, den Sie mit Ihren Anträgen selbst eingenommen haben, Sie selbst haben zugestanden. Sie, die auf den Anträgen unterschrieben stehen merkwürdiger Weise steht auch der Herr Abgeordnete Albl auf dem Antrage, der von deutscher Seite eingebracht wurde - dass die Forderungen der Lehrerschaft erfüllbar sind, denn sonst hätten Sie die Anträge nicht unterzeichnet.

Wenn auch Widerstand dagegen erhoben wird, insbesondere von den Herren da drüben (Abg. Stein ruft: Es ist ja niemand drüben, die Herren dort interessiert das nicht!) zeigen Sie, meine Herren, dass im böhmischen Landtage nicht die Vertreter einer bevorzugten Maste, die dem Volke und seiner Bildung, wenn nicht feindlich, so doch wenigstens gleichgültig gegenübersteht, ausschlaggebend sind, sondern die Vertreterschaften zweier Völker, welche, was immer sie in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu dem Kampfe bis auf das Aeußerste einander gegenüber stellen mag, doch einig sind in Einem: einig in der Ueberzeugung, dass Bildung das beste Vatererbe ist, das ein Geschlecht seiner nachwachsenden Jugend hinterlassen kann, und dass in der Schule die besten Waffen, die besten Werkzeuge geschmiedet werden, nicht allein für die Arbeiten des Friedens, sondern auch für die Werke des Krieges.

Und in diesem Sinne, meine Herren, bitte ich Sie, meinem Antrage zuzustimmen, welcher lautet:

Der hohe Landtag wolle beschließen: "Der in dem Antrage der Abgeordneten Adolf Siegmund. Dr. Albert Werunsky, Heinrich Prade und Genossen vom 29. Dezember 1899, betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den allgemeinen Volks- und Bürgerschulen des Königreiches Böhmen enthaltene Gesetzentwurf ist zur Grundlage der Specialdebatte zu nehmen. "

Ueber diesen Antrag beantrage ich die namentliche Abstimmung.

Ich stelle diesen Antrag, weil ich die Anträge der Schulcommission für unzulänglich halte und weil ich glaube, dass mit diesen Anträgen nichts erreicht werden wird, während Sie selbst, die große Mehrheit dieses Landtages, denvon mir nun wieder aufgenommenen Vorschlägen zugestimmt haben. Und damit es sich herausstelle, wer auf den alten Standpunkt beharrt und wer ihn verlassen und einen neuen eingenommen hat, verlange ich über diesen meinen Antrag die namentliche Abstimmung. (Bravo!)

Oberstlandmarschall: Der Herr Abgeordnete Pacher stellt folgenden Antrag: "Der hohe Landtag wolle beschließen:

Der in dein Antrage der Abgeordneten Adolf Siegmund, Albert Werunsky, Heinrich Prade und Genossen vom 29. December 1899, betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den allgemeinen Volks- und Bürgerschulen des Königreiches Böhmen, enthaltene Gesetzentwurf ist zur Grundlage der Specialdebatte zu nehmen

Über diesen Antrag beantrage ich die namentliche Abstimmung. "

Ich ersuche diejenigen Herren, welche den Antrag unterstützen, die Hand zu erheben.

(Abg. Stein: Eine colossale Theilnahmslosigkeit in diesem Hause).

Oberstlandmarschall: Der Antrag ist nicht hinreichend unterstützt. (Unruhe im Hause).

(Abg. Wolf: Ich wette meinen Kopf, die Herren wissen nicht, worüber abgestimmt wurde).

Abg. Stein: Das ist ein Scandal, wie bagatellmäßig eine so wichtige Angelegenheit behandelt wird.

Abg. Pacher: Das Versprechen im § 55 des Reichsvolksschul Gesetzes hat genau soviel Werth, wie die bekannte Anpreisung "Tausend Dukaten für eine Wanze!"

Abg. Wolf: Ich bitte meine Herren, sagen Sie, worüber haben Sie jetzt abgestimmt ?

Oberstlandmarschall: Der Herr Abg. Wolf hat nicht das Wort.

Abg. Wolf. Das Wort habe ich nicht,

aber Recht habe ich.

Oberstlandmarschall: Das Wort hat der Herr Abg. P. Opitz. Ich ertheile ihm dasselbe.

Abg. Opitz- Hoher Landtag! Dass der Gegenstand, der jetzt auf der Tagesordnung steht, ein außerordentlich schwieriger ist, sehr daraus hervohr, dass das Hohe Haus schon seit dem Jahre 1894 in einer Reihe von Experimenten versacht hat, diese Aufgabe zu lösen und damit nicht zu Ende gekommenn, dass darüber Zufriedenheit nicht erzielt worden ist Es handelt sich bei diesem Antrage um eine gerechte Gehaltsregulierung des Lehrerstandes, um eine Frage, die gelöst werden muss, insoweit hier die Gerechtigkeit in Betracht kommt. Von Jahr zu Jahr ist die Regelung dieser Frage entgeschobenworden. Tausende und tausende von Petitionen sind diesbezüglich eingelaufen. Ich glaube, dass das hohe Haus insofern an der Verschleppung dieser Frage nicht ganz unschuldig, ist, dass diese Frage noch nicht gelöst ist, weil die Sessionen der letzteren Jahre mit unfruchtbaren Debatten vielfach ausgefüllt worden sind, währen die fruchtbare Benützung dieser Zeit für ernste, für wichtigere Gegenstände andere Erfolge geboten hätte. Vielleicht wären wir dann mit dieser Frage längst fertig, längst zu einem Endspruche gekommen.

Ich von meinem Standpunkt betrachte, hoher Landtag, diese Frage der LehrergehaltsRegelung nicht als eine Gelegenheit, bei der man um die Freundschaft oder Sympathien eines gewissen Standes buhlt, oder dass für Wahlzwecke vielleicht Parteikämpfe bis hierherem in dieses hohe Haus getragen weiden. hier handelt es sich um eine außerordentlich schwierige, um eine für das Land hochwichtige Geldfrage, in der nicht bloß gefordert, sondern auch bedeckt werden muss. Deshalb sollte von Seite aller Parteien mit vollem Ernste, mit aller Ruhe, mit Beiseitelassen alles Wettkriechens um Gunst oder Ungunst an deren Lösung gegangen, und einzig der Standpunkt der Objectivität und Gerechtigkeit im Auge behalten werden. Fordert die

Lehrerschaft ihre Gehaltsregulirung in bestimmtem Ausmaße nach dem Grundsatze der Gerechtigkeit, dann erwächst dem hohen Hause die Pflicht, dieser Aufgabe bis zur Grenze der Gerechtigkeit möglichst zu entsprechen, die Lösung dieser Frage nicht länger hinauszuschieben.

Es müssen dann Mittel und Wege gesucht werden, wie diese Ausgabe erfüllt werden kann. Lediglich von diesem Standpunkte aus die vorliegende Frage zu behandeln, habe ich mir das Wort erbeten und ich wünsche umsomehr dazu zu sprechen, als es mir im Frühjahre nicht gegönnt war, in dieser Angelegenheit in diesem hohen Hause zum Worte zu kommen.

Hoher Landtag! Es geht durch die ganze Zeit, Durch alle Stände ein gewisser Zug, dass man die wirtschaftlichen, die materiellen Lebensverhältnisse möglichst zu bessern, zu heben sucht Was sind auch die socialen Kämpfe der Gegenwart, ob sie nun den Gewerbestand betreffen oder den Arbeiterstand, oder die Staatsbeamten oder die Privatbeam en oder sonstige Angestellte, anderes, als das Streben und Ringen eben dieser Stände und dir Einzelnen nach materieller und wirtschaftlicher Besserung der Lage. Der culturelle Fortschritt bringt es mit sich, dass die einzelnen Classen eine höhere Lebensstufe zu erreichen suchen. Die Ansprüche werden erhöht und sollen befriedigt weiden. Dieses Streben äußert sich in den entsprechenden Forderungen. Bis zur Grenze der Gerechtigkeit werden solche Ansprüche sachgemäß befriedigt werden müssen. Wir sehen deshalb im Gewerbestande, im Arbeiterstande diese Bestrebungen activ thätig. Wir sehen, dass demgemäß der Staat gegenüber seinen Beamten die Pflicht der Verbesserung ihrer materiellen Lage zu erfüllen sich bestrebt, nachdem es vorausgehend Industrie und Privatunternehmungen vielfach gethan haben Wir haben in der letzten Zeit umfangreiche Aufbesserungen der Militärgagen, der gesammten Staatsbeamtengehalte und zuletzt auch der Staatsdienergehalte gesehen. Wir wissen, dass jeder Fabrikant, jeder Brotgeber, jeder Unternehmer an Arbeiter, an Gehilfen, die vielfach kaum eine 4jähiige Lehrzeit haben, schrittweis höhere Löhne zahlen muss, weil die wachsenden Theuerungsverhältnisse dazu nöthigen.

Es ist deshalb kein Wunder, wenn mit Rücksicht auf die allgemeine Preis-Erhöhung aller Lebensbedürfnifse. der Wohnung, der Lebensmittel, der Kleidung u. s. w. die Lehrerschaft sich gleichfalls zum Worte meldet, und zeitgemäße, standesgemäße Aufbesserung fordert. Ich begreife das und habe vom Anfange an diese Forderungen für entsprechend gefunden. Tatsächlich ist der Lehrerstand speciell in Böhmen bisher im Vergleiche zu andern Ländern ungünstig gewellt. Darum wird hier soviel geklagt. Nun wird zwar allerseits über die ungenügende Gehaltstellung des Lehrerstandes geredet, aber doch die Lage zu wenig concret beleuchtet. Darum thut es vielleicht gut, wenn wir uns die Gehalts-Ziffern näher anschauen, jene Ziffern, welche zumal die untersten Gehalte der Lehrer in Böhmen aufweisen. Sie sind so niedrig, dass man heute in Städten dafür nicht einen Taglöhner und einfachen gelernten Arbeiter bekommt. Sie sind namentlich in den unteren Gehalskategorien geringer, als es der Verdienst von tüchtigen Gehilfen im Gewerbe ist. Ich halte es deshalb für nützlich, hier zu erwähnen, was ein Fachblatt über diese Gehaltsstufen ziffermäßig mittheilt. Hören wir also: Unterlehrer mit dem Reifezeugnis und dem Einjährig-Freiwilligenrechte haben jetzt per Jahr 360 fl. Gehalt; solche mit dem Lehrbefähigungszeugnisse, also etwa im dritten Dienstjahr stehend, erhalten je nach dem Dienstorte 400 bis 550 fl. Jahresgehalt, die allermeisten nur 400 fl., also um 80 bis 200 fl. weniger, wie ein soeben erst angestellter Staatsdiener, oder um 520 bis 700 fl. weniger wie ein Beamter der XI. Rangsclasse zu Beginn seiner Dienstzeit. Die Volksschullehrer beziehen ja nach ihrem Dienstorte als Anfangsgehalt 500 bis 800 fl. und können es auf einen Endgehalt von 950 bis 1250 fl. bringen, aber erst nach 30 definitiven Dienstjahren, also vielleicht in ihrem 60. bis 65. Lebensjahre.

Die meisten Volksschullehrer dienen in den Orten der 5 Gehaltsclasse, sie beziehen also 560 bis 950 fl. Jahresgehalt, d. h mit etwa 33 Dienstjahren, wenn sie etwa im 60. Lebensjahre stehen, soviel, wie der niedrigst besoldete Staatsbeamte in seinem ersten Dienstjahre, zu Beginn der Dienstzeit als Volksschullehrer aber um 420 bis 600 sl. weniger, als ein eben angestellter Staatsbeamter der XI. Rangsclasse, d. h. der niedrigsten staatlichen Rangsclasse.

Und solche Staatsbeamten der XL

Rangsclasse sind Kanzelisten, Protokollisten, Hausinspectoren. Assistenten u. s w. Als Vorbildung haben solche Staatsangestellten vielfach nur die einfache Volksschulbildung Nachdem sie den Militärdienst als Unterofficiere mit Certificat verlassen haben, erhalten sie eine Staatsanstellung und kommen so in die XL, manche später in die X., ja sogar in die IX Rangselasse. Um wieviel geringer dotiert ist der Volksschullehrer! Die Bürgerschullehrer in Böhmen beziehen ja nach dem Dienstorte einen Anfangsgehalt von 700 bis 900 fl., und sie können es nach mindestens 33 Dienstjahren bis zu einem Gehalte von 1240 bis 1440 fl. bringen, wenn sie etwa bis ins 60. Jahr leben 

Meine Herren! Aus diesen Ziffern denn Ziffern sprechen überzeugend - ersieht man, dass der Lehrerstand, namentlich die Lehrer der untersten Gehaltskategorien, Grund haben, durchgreifende Besserung ihrer Lage anzustreben, dass sie berechtigt erachtet werden müssen, in dieser Hinsicht Gleichstellung mit den Ständen zu verlangen, die ihnen durch Bildung und Berufsstellung nahe stehen.

Der Lehrerstand darf nicht blos einen Gehalt ansprechen, dass er sich sättigen kann, er hat auch Anspruch auf stande: gemäße Repräsentation; er hat nach außen hin gewisse Vertretungspflichten, er muss auch demgemäß im öffentlichen Leben in Kleidung, im ganzen Auftreten, für die Fortbildung, die Beschaffung von Büchern etc. entsprechend ausgestattet sein. Und dazu bedarf es eines standesgemäßen Gehaltes.

Der ganze sociale Kampf dreht sich um den gerechten Lohn, beziehungsweise Gehalt. Und das ist der Familien-Lohn. Der Lehrer darf verlangen, dass er so gestellt werde, dass er mit 25 bis 30 Jahren eine Familie gründen und eine Familie standesgemäß versorgen kann. Die Frau des Lehrers kann nicht als Mitverdienerin in die Fabrik geben, sie kann sich nicht für jede Art Nebenverdienst verdingen. Auch die Kinder der Lehrerfamilie können sich nicht, wie dies bei einfachen Handwerkern möglich ist, überall zu Mitverdienst verwenden. Es muss also für den Lehrer ein gerechter standesgemäßer Familienloher verlangt werden, der da ansreicht, dass die Lehrerfamilie anständig im Dorf und Stadt ihrer Stellung entsprechen könne.


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