Úterý 24. dubna 1900

Oberstlandmarschall-Stellvertreter

Es gelangt nun zum Wort Herr Abg. Dr. Reiniger.

(Abg. Dr. Reiniger ist nicht anwesend). Zum Worte gelangt also Herr Abg.

Dr. Eppinger.

Abg. Dr. Eppinger: Hoher Landtag! Es könnte an sich leicht fraglich sein, ob die Aufvollung der Sprachenfrage an dieser Stelle und insbesondere in einer solchen Partie, die unmöglich durch ihren Landtagsbeschluss Erledigung finden kamt, zweckmäßig war oder nicht Dagegen spricht jedenfalls die Erwägung, dass die landtäglichen Verhandlungen eines solchen Gegenstandes, wenn sie von irgend welchem Einflusse auf die zu gewärtigende Regierungs-Vorlage fein sollen, voraussetzen, dass eine ganz ruhige, sachliche Erwägung des Gegenstandes platzgreift, dass insbesondere alle hier in Frage kommenden Gegenstände losgelöst werden von den Schlagworten des Tages.

Ob diese Voraussetzung eingetroffen ist, insbesondere in den Schlussworten des geehrten Herrn Vorredners, das möchte ich der Erwägung anheimstellen. (Rufe: Sehr lichtig! Ich verkenne es nicht, dafür spricht ein anderer Umstand, dass Fragen, welche von so weittragender Wichtigkeit sind, welche die Hauptbestandtheile eines, sei es auch nur theoretischen dauernden Äusgleiches werden sollen, nicht der öffentlichen Discussion entzogen werden dürfen, sondern im Gegentheile, tief in das Volksbewußtsein eindringen sollen, um dort eine nähere Prüfung zu finden und es soll eine starke Voltsströmung hinter denen stehen, welche vielleicht zunächst als bloße Vertrauensmänner ihre Meinung abgeben, denn ihre Meinung ist ganz wertlos, wenn nicht die Zustimmung derer hinzutritt, welche hinter ihnen stehen und insbesondere die Zustimmung jener Factoren, die zur Mitwirkung bei der gesetzgeberischen Durchführung der Sache berufen sind. Indess, es frommt nicht, das Dafür und Dawider zu erwägen. Wir stehen ganz einfach vor der Thatsache, dass die Sprachenfrage an dieser Stelle zum so und sovieltenmale im Wege der Deffentlichkeit zur Erörterung gelangt und dass stets die alten Kampfmittel, die alten Angriffs- und Vertheidigungsmittel in Verwendung kommen, dass jedem Anhieb naturgemäß stets der schulgerechte Nachhieb folgt und so sich alles im alten Tempo abspinnt.

Ich glaube indessen nicht, dass die Bevölterung dies mit Interesse verfolgt, weil es schon zu oft dagewesen ist und weil es sich viel zu gleichmäßig vollzieht, so dass alle diese Landtagsverhandlungen wenig Beifall finden.

Weil ich indessen notgedrungen den gegebenen Standpunkt einzunehmen und unsere Stellung zur Sprachenfrage, soweit sie nicht schon bestimmt ist, zu markieren haben - will ich auf die Sache selbst eingehen.

Die Situation war vor dem letzten entscheidenden Punkte etwa die:

Wir waren beide Theile nach Aufhebung der Gautsch'schen Verordnungen mit dem wenigstens auf dem Papier stehenden Stande der Dinge mit der bestehenden Rechtsordnung unzufrieden. Sie vermissten die Ihnen in den Gautsch'schen Verordnungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade zugestandene innere czechische Amtssprache und setzten sich um deren Wiedererlangung ein, ja Sie machten sie direct zum potitischen Schlagworte als den Preis, um welchen Sie die Obstruction im Reichsrathe aufgeben würden Auch wir sind nicht zufrieden; denn bei der Aufhebung der Gautsch'schen Verordnungen wurden die Stremayer'schen restituiert, die wir niemals unterlassen hatten als rechtsungiltig zu bekämpfen und deren Beseitigung wir selbstverständlich jetzt wie früher anstreben.

Der gegenwärtige Stand der Dinge in Böhmen ist der, dass bei allen Ämtern ganz homogen und gleichmäßig amtiert wird. Bei sämmtlichen, wenigstens Gerichts- und Verwaltungsbehörden, wird nämlich im Parterenverkehr utraquistisch amtiert. Jedes Einschreiten, wenn es in einer der beiden Landessprachen gehalten ist, wird in der Sprache, in welcher es vorgebracht wurde, der Verhandlung unterzogen, und ohne jede Zwischenstation und Übersetzung der Amtshandlung unterzogen und erledigt. Im innern Amtsverkehre gilt ausschließlich die deutsche Sprache. Dieser pflichtgemäße Utraquismus, meine hochgeehrten Herren, hatte ja ich will es nicht verkennen, in den früheren friedlichen Zeiten gar viel für sich und manche, welche einmal eingefleischte Anhänger des Utraquismus waren, sind nur durch den Diang der Verhältnisse dazu gekommen, von diesem ihrem Principe abzulassen.

Ich gebe zu, dass ein pflichtgemäßer Utraquismus im Amtsverkehre wie ähnliche derartige Maßnahmen, so zum Beispiel die obligatorische Einführung des Unterrichtes in beiden Landessprachen an sämmtlichen Mittelschulen des Landes ebenso vieles für sich hat. ES könnte dazu beitragen, die nationalen Gegensätze etwas auszugleichen, beide Voltsstämme dem gegenseitigen Verständnisse näher zu bringen und so tatsächlich zur Verständigung mitzuwirken.

Allein, meine Herren, in den Verhältnissen, unter welchen wir jetzt leben, in das eine reine Utopie (Rufe: So ist es!) Da müssten doch schon die vorhin erwähnten eingefleischten Anhänger des Utraqismus jede Hoffnung aufgeben, dass auf diesem Wege durch zwangsweise Nöthigung zur Aneignung und zum Verständnisse der zweiten Sprache der Sache Selbst gedient werde.

Wir Sind auch auf diesem Standpunkte und zwar bereits feit geraumer Zeit.

Wir wollen eine nationale Abgrenzung und es kommt uns hiebei einfach die Erwägung zugute, dass, wenn der Erfolg einmal ausweist dass, wenn zwei Parteien in Güte und durch alle Sonstigen Mittel nicht unter einen Hut zu bringen Sind, ein erträgliches Zusammenleben und ein halbwegiger modus vivendi für dieselben am besten dadurch ermöglicht wird, wenn man sie thunlichst isolirt wenn man die Reibungsflächen vermindert, weil eben dadurch der Anlass zur Reibung thunlichst beseitigt wird. Das wäre doch wahrlich nicht so unvernünftig, und wenn der Herr Abg. Dr. Pacák es für widersinnig erklärte, dass, wenn Eheleute uneins sind, und man ihnen keinen besseren Rath zu geben weiß, wie da zu helfen, als auseinanderzugehen. So vermag ich ihm keineswegs beizustimmen

Dieses Gleichnis, meine Herren, hat nur auf den ersten Blick etwas für Sich

In Wirklichkeit zeigt die Erfahrung des täglichen Lebens, dass diese Absonderung wirklich Ruhe Schafft. Übrigens, meine Herren, auch die Scheidung von Eheleuten vollzieht sich regelmäßig mit dem Vorbehalte der Wiederaufnahme des Zusammenlebens in Späterer Zeit.

Auch bei uns wäre das Selbstverständlich nicht ausgeschlossen.

Sie widerstreben aber dein unter allen Umständen und übersehen ganz dabei, dass wir mit diesem Grundsätze schon den Anfang gemacht haben in ganz gedeihlicher Weife.

Nicht nur der Landesschulrath, auch der Landesculturrath und der Landes-Feuerwehr Centralverband, die Ärztekammern, Sie alle funktionieren anstandslos in national getrennten Sectionen. (Rufe: Sehr richtig!) Hat dadurch das öffentliche Wohl verloren? (Rufe. Nein, gewonnen!)

Sind die beiden Volksstämme dadurch einander entfremdet worden? Im Gegentheile Sie behandeln einander in den Centralcollegien weit achtungsvoller, sie lösen ihre Aufgaben weit erfolgreicher, sie vergeuden ihre Zeit nicht mit nationalen Reibungen und Demonstrationen, sondern arbeiten in jeder Beziehung sachlich Die Absonderung entfremdet sie nicht, sondern sie flößt beiderseitige Achtung ein, weil die beiden Volksstämme hier den Maßstab auf Achtung in ihren einzelnen wirklichen Leistungen finden. Ein unvernünftiger Grundsatz ist es wahrlich nicht dass man ihn a priori zurückweisen müsste.

Warum aber widersetzen Sie sich demselben ?

Denn, dass sie das thun, ist doch nicht zu leugnen.

Ich erlaube mir da hinzuweisen auf den Widerstand gegen die Errichtung eines Bezirksgerichtes in Weckelsdorf, auf den Widerstand, den die Errichtung des Kreisgerichtes Trautenau hervorrief, und auf die vorjährigen Landtagsverhandlungen, wo Sie mit anerkennenswerter Offenheit den Grundsatz hier in unserer Abwesenheit zur Geltung brachten, dass Sie jede Abgrenzung so haben wollen, dass sie nicht eine ausschließlich nationale ist, und dass Sie selbst dort, wo schon Zweckmäßigkeit und Verkehrsrücksichten eine Abgrenzung empfehlen, doch als Pfahl im deutschen Fleisch eine czechische Gemeinde im abgegrenzten deutschen Gebiete behalten wollen.

Welchen anderen Grund hat denn die Einschiebung des Gerichtbezirkes Eipel in den Trautenauer Gerichtshof, der sonst ungemischt deutsch wäre? Nun, Sie begründen Ihren Widerstand mit Folgendem - meine Herren, das sind Sachen, die Sie nicht erst vorzubringen brauchten, wie dies die Herren Abgeordneten Dr. Pacák und Dr. Foøt angeführt haben, sie sind uns schon alte langjährige Bekannte. - Sie sagen einmal:

Die nationale Abgrenzung verstößt gegen die Einheit und Untheilbarkeit des Königreiches Böhmen. - Das ist, bei Licht besehen, ein Schlagwort, hinter dem nichts, rein gar nichts steckt (Beifall), unter welchem Sie sich selbst gar nichts vorstellen können. Gewisse Ländercomplexe für einheitlich und untheil bar zu erklären, das war, wenn wir der Sache aus den Grund kommen wollen, eine staatliche Modekrankheit, die in grauer Vorzeit, so ungefähr von der Mitte des 14. bis zur Mitte des 16. Jahrhundertes eine Rolle und besonders auch in der Geschichte unseres Vaterlandes spielte. Es gibt da von Karl IV. einige 4 Incorporationsgesetze, dann von ihrem gefeierten Nationalkönig Georg von Podìbrad ein solches Incorporations gesetze, ferner von Vladislav dem Jagellonen, und in allen diesen Gesetzen werden zu Böhmen auch noch Mähren, die schlesischen Fürstentümer, die Markgrafschaft Ober- und Unterlausitz, ferner unter Karl IV. auch noch die Grafschaft Luxemburg und die Markgrafschaft Brandenburg zugetheilt als einheitliches und untheilbares Ganze erklärt.

Auf uns macht das den Eindruck, wie wenn jemand in kindlich-naiver Weise, um sein Geld vor diebischem Zugriff zu schützen, nicht etwa eine einbruchsichere Casse sich anschafft, sondern einen Zettel darauf legt und fein säuberlich darauf schreibt:

"Wer das Geld anrührt, das ist ein niederträchtiger Dieb und den brandmarke ich für ewige Zeiten. "

Einen anderen thatsächlichen Erfolg haben diese Zettel oder Incorporationsgesetze, diese feierlich proclamierte Einheitlichkeit und Untheilbarkeit wirklich nicht.

Sie haben jedoch trotzdem aus Ihrem Staatsrechtarchive diesen alten Begriff herausgeholt, suchen ihm jetzt aber einen neuen Inhalt zu geben.

Denn den Versuch, in dieser kindlich frommen Weise Vorsehung spielen zu wollen, haben Sie schon aufgegeben, denn Sie sehen, er ist einfach nicht durchführbar.

Sie sagen jetzt vielmehr: Wenn wir von der Einheit und Unteilbarkeit sprechen, so meinen wir das nicht mehr im internationalen Sinne!

Sie verstehen jetzt darunter die Einheit und Untheilbarkeit zu Zwecken der öffentlichen Verwaltung und Rechtspflege.

Nun frage ich aber: Ja, können Sie das selbst aufrecht erhalten? Absolut nicht!

Böhmen wie jedes andere größere Land ist nicht nur nicht untheilbar, sondern ist vielmehr nach den verschiedensten Gesichtspunkten schon so und so oft getheilt worden, zu allen möglichen Zwecken.

Und wenn wir eine Karte von Böhmen in genug großem Maßstabe entwerfen wollten mit Ersichtlichmachung aller jener Theilungslinien, die zu diesem oder jenem Zwecke schon in Anwendung gebracht wurden, so würden wir nicht einen Duadratzoll Untergrund sehen vor lauter Theilungslinien! -

Wie wäre es auch anders möglich? Sie verstehen das ja auch und anerkennen dies vor der gesammten öffentlichen Verwaltung, nur in einer Rücksicht fordern Sie die Untheilbarkeit des Landes, - in sprach licher und nationaler nämlich.

Wenn daher bei Ihren Argumentationen, Böhmen dürfe nicht national abgegrenzt werden, weil Böhmen einheitlich und untheilbar ist, dieser letztere Beweisgrund auf feinen wahren Gehalt zurückgeführt wird, so heißt das, Böhmen darf nicht getheilt werden nach nationalen Rücksichten, weil es gerade nach nationalen Rücksichten nicht getheilt werden darf. -

Sie wiederholen also den Beweissatz, Sie führen aber keinen Beweisgrund an, Sie stellen ihn sohin als Axiom auf.

Nun lässt es sich nicht verkennen, ein wirklicher Bedürfnisgrund für eine vollkommen homogene, einheitliche Verwaltung besteht in Böhmen nicht, dass nämlich die Bevölkerung hier so bunt durcheinander gemischt wäre, dass hier ähnlich wie in Mähren von sämmtlichen Beamten und überhaupt von der gesammten gebildeten Bevölkerung die Kenntnis beider Landessprachen verlangt werden müsste, damit sie sich überhaupt nur gegenseitig verständigen könne, damit sie, ich möchte sagen, menschenwürdig lebe; das ist nicht der Fall.

Wir haben seit jeher von unserem geschlossenen deutschen Sprachengebiet gesprochen, und Sie haben das bekämpft.

In neuerer Zeit glaubte man Anlass zu haben, dass die Richtigkeit dieser Thatsache denn doch anerkannt werde.

Es wird vielfach das Regierungsoperat, welches vorschnell in der Politik veröffentlicht wurde, nach feinem praktischen Gehalte überschätzt. Ich möchte glauben, es hat in Wirklichkeit nur die Bedeutung, als Beilage zu anderen Operaten den Beweis zu führen, dass eine nationale Abgrenzung in Böhmen sehr gut möglich ist, und dass dies, möge die Sache so oder so im Einzelnen ausfallen, thatsächlich durchführbar ist, und dass nur ein Minimum von gemischten Bezirken übrig bleibt.

Einem praktischen Bedürfnisse entspricht der Utraquismus nicht, im Gegentheil, man möchte glauben, die sprachliche Verschiedenheit der Bewohner ist ein natürlicher Unterschied, dem sich die Verwaltung anbequemen muss.

Es verhält sich damit wie mit anderen Unterschieden ökonomischer, agrarischer und sonstiger Natur und denen muss eine vernünstige Verwaltung Rechnung tragen. Eine vernünftige Verwaltung muss darauf sehen, dass die Verkehrs- und Amtssprache bei den Behörden thunlich sich deckt mit der Verkehrssprache der Bewohnerschaft, die auf die Amtierung dieses Amtes angewiesen ist. So wollen wir es. Sie aber im Gegentheil wollen es nicht, dass sich die Verwaltung der Natur anbequeme, sondern dass sich die Natur der Verwaltung oder vielmehr gewissen Verwaltungsschrullen anbequeme.

Sie wollen die Fiction ausrecht erhalten, dass Böhmen so gemischt ist wie früher, oder ungemischt in Ihrem Sinne, obzwar die Verhältnisse sich geändert haben.

Sie stellen aber das Theorem auf, es könnte wieder so fein, wir haben ein Recht darauf, darum halten wir die Fiction aufrecht, darum soll die Amtierung èechisch sein. Trotzdem ist dies unhaltbar.

Sie glauben damit gewissermaßen im Namen des Königreiches Böhmen selbst irgend welche sprachlichen Rechte erheben zu können.

Dies entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Träger von Rechten können nur Menschen, und zwar lebende Menschen sein; nur diese sollen geschützt werden in ihren berechtigten Ansprüchen und ihnen sollen auch correlate Verpflichtungen auferlegt werden, damit sie sich ordnungsmäßig verständigen, insbesondere vor den öffentlichen Behörden Rechtsschutz finden.

Das ist richtig, aber das Land selber ist nicht Träger von Rechten, und auf dem Boden, wo früher Czechen zu Hause waren, haften sprachliche Rechte nicht wie grundbücherliche Rechte, nicht wie radicierte Gewerbe. Wechselt die Bevölkerung, so werden die sprachlichen Rechte und Pflichten dort andere.

An Stelle der ursprünglich einsprachigen Bewohnerschaft tritt eine zweite, eine verdrängt möglicherweise die andere.

Hier wird sich eine vernünftige Verwaltung dem jeweilig gegebenen Standpunkte anbequemen und nicht mit Theoremen spielen.

Sehen Sie, auf diesem Standpunkte stehen in dieser Frage wir (Ruf: und Frind. Lebhafte Bewegung. ) Sie führen stets Ihre Gleichberechtigung ins Feld.

Ich hatte bereits bei meinen letzten Ausführungen an dieser Stelle Gelegenheit, diese Umstände auf das wahre Maß zurückzuführen, und möchte mich nicht gerne wiederholen.

Das eine steht jedoch fest, dass die Gleichberechtigung dem pflichtgemäßen Utraquismus ganz gewiss nicht erfordert, sondern dass die Durchführung der Gleichberechtigung auch nach anderen Formeln möglich ist, so nach der reciproken Behandlung beider Sprachen in den ihnen eigenen Sprachgebieten unter bloßer Aufrechthaltung des Utraquismus in den gemischten Gebieten, so auch nach manchen anderen bekannten Principien, z. B. dem der Minoritätsvertretung.

Ja, ich zweifle gar nicht daran, dass der Menschengeist, der ja so erfinderisch ist in Auskunstsmitteln und anderen Lösungsarten einen Ausweg proponieren könnte; allerdings muss hiezu der gute Wille vorhanden sein und nicht die Verbohrtheil in Theorien, welche gegenwärtig keine Berechtigung mehr haben. (Abg. Dr. Schücker: "Nur immer das praktische Bedürfnis")

Es wurde mir der Vorwurf gemacht vom Hrn. Abg. Dr. Pacák, ich hätte ihn und seine Stammesgenossen muthwillig gekränkt mit dem Auspflanzen des Geßler-Hutes der deutschen Vermittlungssprache und auch ein Anlehen beim "reichen Onkel" im deutschen Reiche draußen gemacht.

Da hat er mich ganz falsch verstanden. Im Gegentheil, die Consequenz, welche ich aus dem Zusammenhange der deutschen Sprache mit der Sprache unserer Stammesgenossen im deutschen Reiche ziehen will, habe ich ganz beiseite gelassen, ich habe bloß eine Consequenz gezogen, die wegen der Bedeutung der deutschen Sprache in Oesterreich gar nicht umgangen werden kann

Nachdem Oesterreich ganz einsach ein Staat ist, der mehrsprachige Völkerschaften umfaßt, welche naturgemäß und nothwendigerweise ein einigendes Verständigungsmittel haben müssen, und nachdem diese Sprache nach der Lage der Dinge keine andere als die deutsche Sprache sein kann, so wird bei jeder Lösung der Sprachenfrage diesem Umstaube Rechnung getragen werden müssen.

Abg. Peschka: Die Russen sind doch nicht etwa in der Majorität!)

Wir verstehen nicht, warum Sie sich dieser Thatsache verschließen wollen! Ein Beispiel haben Sie allerdings für sich, das Verhalten der Sozialdemokratie zur Frage der Vermittlungssprache.

Die Socialdemokraten spielten sich bekanntlich längere Zeit hindurch auf die Überklugen und sagten: "Für uns besteht eine nationale Frage gar nicht, wir sind international und haben kein Interesse daran. " Im Laufe der Zeit sahen aber die Herren doch ein, dass damit nicht auszukommen ist, dass der Sprachen- und Nationalitätenstreit eine Thatsache ist, welche in jeder Richtung und insbesondere in wirtschaftlicher Richtung einen Einfluss ausübt und mit der daher gerechnet werden muss.

Auf ihrem letzten Parteitage in Brünn kam auch der Vollzugsausschuss der öfter reichischen Socialdemokratie mit einem Beschlussantrag, nach welchem zunächst die nationale Absonderung als Arcanum vorgeschlagen wird und es bezüglich der deutschen Vermittlungssprache ungefähr heißt, die jetzt bestehende Thatsache der deutschen Sprache als allgemeine Vermittlungssprache des Reiches werde mit Protest gegen jede bevorzugte Berechtigung dazu bloß als praktisch nothwendig gelten gelassen.

Diese Erklärung war doch genug zahm, aber in Wirklichkeit war damit zum Ausdruck gebracht dasselbe, was wir Ihnen immer vorhalten, dass es nicht anders geht, dass die Thatsache vorhanden ist und dass mit ihr gerechnet weiden muss. Aber das Plenum des Parteitages nahm diese Resolution nicht an, es wehrte sich dagegen, und so wurde etwas ganz anderes, ein mixtum compositum daraus, dessen Schlußworte ungefähr lauteten: Ob eine Vermittlungssprache in Oesterreich nothwendig sein wird, und welche Sprache diese Funktion zu übernehmen haben wird, das wird ein künftiger Reichsrath entscheiden.

Ja, meine Herren, das wäre so nach Ihrem Geschmack, nur nicht daran rühren. Die Socialdemokraten haben von ihrem Standpunkte aus auch vollkommen Recht: "Warum werden wir uns an der nationalen Frage die Finger verbrennen, warum werden wir die Genossenschaft von so und so vielen nichtdeutschen Völkerschaften in Oesterreich aufs Spiel setzen, mögen sich andere darum kümmern. Ist es Euch nicht recht, wir sind zu Änderungen gerne bereit. "

Aber die Sprachenfrage ist damit nicht gelöst, sonderen einfach beiseite geschoben worden. Auf eine solche Lösung, die Ihnen angenehm wäre und die Ihnen entsprechen würde, können Sie bei uns selbstverständlich nicht reflectieren, denn wir haben die ernstliche Absicht, die bestehenden Differenzen in diesem Punkte zu beseitigen.

Was wir wollen, ist eigentlich ausschließlich die Sicherung unseres geschlossenen Sprachgebietes gegen missbräuchliche Anwendung des Utraguisinus, (Beifall) betrieben durch provocatorisches Eindringen von Agitationselementen und dass dies bis dato der Fall gewesen ist und insbesondere in den letzten Jahren, das, meine hochgeehrten Herren, ist eine Thatsache, die Sie ganz gewiss nicht bestreiten können.

Es sind gerade in der letzten Zeit eine solche Menge mangelhaft, ja schlecht deutsch sprechender Beamten in unser geschlossenes

Sprachgebiet eingerückt, dass tatsächlich dadurch die Zwecke der öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege außerordentlich gelitten haben. Dagegen wollen wir uns verwahren und jeden Eingriff, der aus Ihrem nationalczechischen Chauvinismus folgt, jede provocatorische Politik, die zum Hilfsmittel in Ihrem Revindicationskriege verwendet wird, zurückweisen (Widerspruch rechts. ) Dieser Krieg ist Thatsache. Diese Thatsache können Sie nicht ableugnen.

Sie drohen uns nicht bloß den Revindicationsfrieg an, sondern Sie haben ihn uns schon erklärt. Sie fordern ja tagtäglich in Ihren Organen zur Unterstützung in demselben auf. Was sollen solche Aufforderungen? Es wird ein czechischer Arzt oder ein czechischer Gewerbsmann, womöglich mit Kindern, gesucht für eine Stadt im geschlossenen deutschen Sprachgebiet? Das ist der offenbare und ganz unverhüllte Revindicationskrieg. Wie es mit dessen sittlicher Begründung bestellt ist, beantworten Sie sich selbst.

Ob die Thatsache, dass vor Jahren eine czechische Bevölkerung da war, den jetzt Lebenden das Recht gibt, mit allen möglichen, auch künstlichen, Mitteln die Wiedereroberung zu begehren, oder ob Sie nicht auf Derartiges verzichten müssen, beantworten Sie sich auch selbst. Ihre Bestrebung mag es sein, aber ganz gewiss keine rechtliche Aber gerade, weil der Utraquismus sich als besonderes Hilfsmittel in diesem Kriege erwiesen hat, darum sind wir gegen denselben. Unsere beiderseitigen Bestrebungen, wie die Sache gegenwärtig liegt, auf unserer Seite das Streben nach Behebung des pflichtgemäßen Utraquismus im Parteienverkehre nach der Stremayerichen Verordnung und auf Ihrer Seite das Bestreben aus Wieder einsetzung der czechischen Amtssprache, hat, so sehr Sie sich auch dagegen strauben, eine gemeinschaftliche Voraussetzung, das ist die nationale Abgrenzung.

Ich muss aufrichtig gestehen, ich habe Sie nicht verstanden, wie Sie aus der einen Seite Schlagworte ausgeben können: Wir wollen die interne czechische Amtssprache für die rein czechischen Gebiete, - und wie Sie auf der anderen Seite sagen können: Wir sind gegen jede nationale Abgrenzung. Es ist unbedingt nöthig feststellen zu können, was rein czechisches Sprachgebiet ist und was rein deutsches Sprachgebiet ist, bevor die Lösung der Differenzen erzielt wird. Diese Fragen hängen auf das Innigste mit einander zusammen. Ist diese Abgrenzung nothwendig?

Der Grund für Ihre Haltung war der, dass in den eigenen Reihen ein Gesinnungswechsel eingetreten ist. Noch zu Beginn der Verständigungsconferenz war, wiewohl es richtig ist. dass Sie nie eine bindende Erklärung abgegeben haben, eine gewisse Geneigtheit vorhanden, einer Verständigung auf Grund der Abgrenzung der Gebiete zuzustimmen.

Allein, meine geehrten Herren, man konnte sehr gut sehen, dass Sie jeden Montag, wenn Sie, aufgepulvert durch Ihre Wählerschaft oder gewisse Prager Blätter nach Wien zurückkamen, einen totalen Stimmungswechsel zu verzeichnen hatten, und gewisse andere Gruppen, die hier jetzt offen erklärt haben, dass sie in Bezug auf die Abgrenzung mit ihren sonstigen Führern nicht übereinstimmen, sagten direct: Wir wollen überhaupt keine nationale AbgrenzungJa, meine Herren, dann ist es allerdings schwer aufzukommen. Man kann nicht etwas wollen, und dabei die Voraussetzung dazu auf das Entschiedenste bekämpfen.

Das ist ein Unding und, solange Sie sich auf diesen Standpunkt stellen und jeder Abgrenzung im Principe widerstreben, musste man selbstverständlich jeden Ausgleichsoptimismus, jede Hoffnung aus einen positiven Erfolg, beiseite lassen. Nebenbei: Was angestrebt wird, diese gewissen technischen Schranken, brauchen durchaus nicht so abschreckend zu sein.

Wir suchen irgend eine Cautel und zwar eine gesetzliche Cautel dagegen, dass durch den Zwang zur Erlernung der anderen Sprache oder zum Verständnis derselben unser Sprachgebiet beeinflusst weide und wir in unserer freien nationalen Entwicklung behindert werden, dass wir auf eine andere Stufe gestellt werden als unsere übrigen Stammesgenossen im Reiche.

Wir bauen zu diesem Ende gewisse Schranken und diese Schranken, mögen sie schon ein Uebersetzungsbureau oder besonders angestellte oder sprachlich qualificierte Beamte sein, welche die Uibersetzung, (nebenbei gesagt - bei Ihnen geradeso wie bei uns) - zu besorgen hätten, könnte man allenthalben für abstoßend erklären und sagen, was wir haben wollen, das muss die nationale Eitelkeit hüben und drüben verletzen. Aber unter solchen Verhältnissen, meine Herren, unter welchen wir leben, ist dies einfach nothwendig, es ist nicht ersetzbar durch andere Maßregeln, und hat sich einmal die Sache eingelebt, so werden diese technischen Schranken von selbst schwinden, denn die Praxis ist nicht so starrköpfig wie die Theorie und sämmtliche Theilnehmer der Verständigungsconferenz waren eines Sinnes darüber, dass der Landesausschuss als Uibersetzungsstelle für die anderssprachigen Eingaben bei den autonomen Behörden blutwenig zu thun bekommen werde.

Denn einmal werden es sich die betreffenden Einschreiter abgewöhnen, aus provocatorischen Absichten anderssprachige Eingaben zu machen, wenn sie sich dieselben gleich auf einfachere Weise deutsch oder czechisch verschaffen können.

Denn das Rechtsleben, meine hochverehrten Herren, gibt sich nur ungern und widerwillig als Versuchsterrain für nationale Agitation her. (Rufe: Sehr gut!)

Den Leuten ist es am meisten darum zu thun, ihre Rechtssachen glatt und anstandslos erledigt zu bekommen, und nicht sich zu nationalen Märtyrern stempeln zu lassen, dazu wird nur in Zeiten hochgradiger Aufregung ab und zu einer gepresst, aber im Großen und Ganzen denkt das Publicum zu praktisch und zu nüchtern.

Sowohl bei den autonomen Behörden als auch - soviel aus dem Regierungsentwurfe durchsickert, mag er nun authentisch sein oder nicht - bei den Aemtern wird die Uebersetzung nicht etwa zur Pflicht gemacht, sondern zum Rechte, wenn sie für nothwendig erachtet wird.

Glauben Sie, die betreffenden Beamten werden allzu oft davon Gebrauch machen? Gott bewahre! Weil sie sich ihre Arbeit dadurch nur selbst umständlicher machen würden, werden sie das nicht thun. Aber das bloße Bewusstsein, es nicht dulden zu müssen, insbesondere wenn es in provocatorischer Absicht geschieht, ist schon eine genug feste Schranke, und würde zur Herstellung eines erträglichen Zusammenlebens führen.

So arg ist also die Geschichte nicht. Allerdings ist aber guter Wille und ernstes Bestreben nöthig, um die Verständigung zustande zu bringen.

Ganz verfehlt - ich kann mir nicht anders helfen - kommt mir die Paragraphenreiterei vor, wie sie hier in diesem hohen Hause zum so und so vielten male getrieben wird, und seien wir doch aufrichtig gegen einander selbst. - Dass die unserer Sprachenfrage zu Grunde liegenden Gesetze, Verordnungen, Hofdecrete zc., die wir uns gegenseitig an den Kopf werfen, sehr unklar sind, das wissen wir alle sehr gut, davon zeigt am besten der Erfolg, dass nämlich der oberste Gerichtshof, der vielleicht am ehesten berufen wäre, den Schiedsrichter zu machen, zwei diametral einander widersprechende Entscheidungen herausgegeben hat. Meine Herren! Ich möchte glauben, es ist doch eine ganz unfruchtbare Arbeit, fort auf diese Gesetze zurückzukommen, sowohl von der einen als auch von der anderen Seite die Verordnungen namhaft zu machen.

Wir verlieren ganz unnütz Zeit und machen uns selbst unfähig zur gedeihlichen Lösung der Frage.

Und glauben Sie, dass das im Sinne der Bevölkerung gehandelt ist? Die versteht von diesen Verordnungen und Hofkanzleidecreten und sonstigen gesetzlichen Belegen sehr wenig, sondern die stellt an uns die Anforderung: Wenn die jetzigen Gesetze so unklar sind, gerade darum ist es Euere Aufgabe, andere zu machen und die ganze Sache auf eine andere Grundlage zu stellen.

Ich muss sagen, ich bin ja selbst Jurist, aber mir widerstrebt es in der innersten Seele, wenn wieder dieser Gesetzesstreit aufgerollt wird; und ich erinnere mich an die Dichterworte:

Wie einst auf römischem Forum, Kläffend mit einander zankten.

Wie Herr Gajius dies behauptet.

Jener Herr Cujatius,

Bis der Pfuscher allergrößter,

Er, der Kaiser Justinianus,

All' mit einem Fußtritt heimschickt "

(Heiterkeit!)

Und damit meine ich nicht etwa den Staatsstreich und Absolutismus und ich meine auch keinen Pfuscher hoheren Orts, sondern ich meine damit einen Factor, der möglicherweise ein Wort darein reden kann und das wäre die Gesammtheit der Bevölkerung. (Rufe: Bravo!) Ich wünschte, dass alle diese Fragen, die hier zur Sprache kommen und welche einer gedeihlichen Lösung der Sprachendifferenzen zu Grunde ge-


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