Pátek 4. února 1898

dazu aufgerafft hat, die Resolution zu stellen. Es ist nur das Eine zu wünschen, dass diese Resolution nicht im Sande verlaufen möge, wie es gewöhnlich mit den Resolutionen geht, damit der Landwirtschaft in thatkräftiger Weise von Seite der mächtigsten Faktoren beigesprungen werde, damit man einzusehen beginnt, dass es nicht gut ist, wenn immer Kampf und Kampf gepredigt wird, sondern dass es zweckmäßig ist, wenn auf dem Gebiete der Volkswirtschaft Hand angelegt wird, um Reformen durchzuführen, nach welchen Alle streben und Alle lechzen, Reformen, die nothwendig sind, wenn die staatliche Ordnung der Dinge aufrechterhalten werden soll, welche eine heilsame Wirkung auch in moralischer Beziehung üben soll. (Beifall. Abg. Wolf ruft: Hic Rhodus, hie salta!

Oberstlandmarschall: Es gelangt nunmehr der nächste für den Antrag eingetragene Redner zum Wort.

Ich ertheile das Wort dem Herrn Abg. Stephan Richter.

Abgeordneter Stephan Richter: Hoher Landtag! Wir sind mit dem vorliegenden Gegenstande der Tagesordnung einer Frage nähergetreten, welche seit Jahrzehnten zu den brennendsten Fragen der Landwirtschaft gehört, ich meine die Frage der Getreidepreisbildung und ich begrüße es, dass wir in diesem hohen Hause vor Allem auch einmal vom agrarischen Standpunke aus Gelegenheit haben uns zu dieser Frage zu äußern. Sowohl der Herr Berichterstatter als auch die anderen Herren Redner, welche in der bisherigen Debatte gesprochen haben, sind der Anschauung, dass der Terminhandel und die Praktiken an der Fruchtbörse die einzigen oder doch entscheidenden Ursachen der Deroute sind, welche seit Jahrzehnten auf dem europäischen Getreidemarkte eingetreten ist. Sie folgern daher aus diesen Anschanungen auch consequenterweise, dass die Abschaffung des GetreideDifferenzspieles eine allgemeine Neuerung der Marktlage herbeiführen könnte.

Ich stimme mit den Herren vollkommen damit überein, dass die Vorgänge an der Börse einen großen, einen wesentlichen Einfluss aus die Preisbildung und zwar zu Ungunsten der Landwirtschaft üben, und ich werde mich darüber im weiteren

Theile meiner Ausführungen noch des Näheren verbreiten.

Ich möchte aber, um nicht den Vorwurf der Einseitigkeit auf uns zu laden, wenigstens vorübergehend darauf verweisen, dass nicht die Börse der einzige Factor ist, durch den die Preisbildung bestimmt wird. Dazu tragen noch eine Reihe anderer wesentlicher Factoren bei, unter die ich vor Allem zähle den Ausfall der Welternte, den staatlichen Productionsschutz gegenüber dem Auslande, die Währungsgesetzgebung, die Gestaltung des binnenländischen Zwischenhandels, endlich die heutige Technik des Getreidehandels und die Organisation der Waarenbörse und - last not least - es ist das eine speciell österreichische Einrichtung den Mahlverkehr.

Ich will, indem ich dem Ausfalle der Welteinte einen Einfluss auf die Preisbildung des Getreides zuschreibe, mich nicht näher daraus einlassen, ob nach der sogenannten Quantitätstheorie eine Überproduction vorhanden ist, oder ob diejenigen Recht haben, welche von einer Unter - Ernährung breiter Volksschichten sprechen.

Für denjenigen, welcher die Dinge einigermaßen objectiv beurtheilt und verfolgt, liegt es, glaube ich, klar zu Tage, dass bei der heutigen Entwicklung des Verkehrswesens nicht ein einzelnes Productions-Gebiet, und sei es auch das des größten Staates Europas, den Markt bestimmt. Der Ausfall der Ernte eines einzelnen Staates wirkt zwar mit bestimmend insbesondere auf den Locomarktpreis; den Weltmarktpreis aber macht die Welternte, und die Welternte bedingt auch einen größeren ober geringeren Consum an Brotfrüchten, natürlich je nach ihrem Ausfall.

Die größere Production der Welternte kommt daher nicht nothwendig in den Ueberschüssen zum Ausdruck, welche von einem Erntejahre ins andere übernommen werden; sie äußert sich vielmehr auch in dem größeren oder geringeren Consum, der aber naturgemäß nur erzielt werden kann auf Kosten des Preises. In diesem Sinne könnte man ganz abgesehen von den größeren ober geringeren Vorräthen an Getreide, die sich aus einem Erntejahr in das andere hinüberschleppen - so betrugen beispielsweise die Weltvorräthe an Weizen am 1. Juli 1894 etwa 55 Millionen Metercentner, am 1. Juli 1895 etwa 50 Millionen, am 1. Juli 1896    etwa 40 Millionen und am 1. Juli 1897  wurden sie auf etwa 38 Mtllionen Metercentner geschätzt - in diesem Sinne also, sage ich, konnte man, ganz abgesehen von den größeren oder geringeren Boirathen an Getreide zu Beginn des einen oder einderen neuen Erntejahres, seitdem die großen außereuropäischen Kornkammern erschlossen wurden, thatsachlich von einer gewissen Ueberprodukzion sprechen von einer Produetion, die in guten Erntjahren in einer stärkeren Progression wachst als die Population, beziehungsweise das naturliche, noimale Bedürfnis der Volker an Brotfiuchten, welche Produczion zweifellos auch schon deshalb, weil die zunehmende Getreideproduktion in den dem großen Publicum mehr oder weniger unbekannten Landereien, die Speculation im großen Stile erst möglich macht, den ersten Anstoß zur allgemeinen Deroute im Getreidemarkte gegeben hat.

An dieser, wie ich glaube, feststehenden Thatsache ändert nichts der Umstand, dass es Jahre gibt, wo ein größerer Ausfall in der Welternte feinen merflichen Einflnss aus die Getreidepreise ausubt.

Im Jahre 1896 beispielsweise wies die Welternte einen Minderertrag von 160 Mill. Bushel gegenüber dem vorausgegangenen Jahre auf und trotzdem besserten sich die Preise nicht.

Meine Herren, das ist begreiflich; der Percentsatz, welcher von der Getreideernte international zum Austausch kommt, betragt bei Roggen kaum mehr als 6 Percent, bei Weizen kaum mehr als 14 Percent. Da wirkt die Mehrausfuhr auch schon von einem 1/2 Perc über Erwarten druckend aus den Preis. Ander hat sich der weitaus größere Ausfall der Ernte im Jahre 1897 gezeigt. Die Weizenernte der Welt im Jahre 1897 wurde auf 673 Mtll. Meterc. geschätzt. Der Vorrath betrug, wie ich schon vorhin bemerkte, mit 1. Juli 1897, 38 Mill Meterc. Es stand nach diesen Schätzungen daher ein verfügbares Weizenguantum von 610 Mill. Metere, zur Verfügung.

Der jährliche Weizenbedarf der Welt aber wird auf 655 Mill. veranschlagt. Wir haben im Jahre 1897 daher entschieden ein

Manco in der Weizenprodukzion und es ist naturlich, dass dieses Manco sowohl auf die Steigerung der Weizenpreise als auch auf die Steigerung der anderen Getreidepreise einen Einfluss haben muss, weil der Ausfall in der Weizenernte naturgemäß einen größeren Consum und damit auch eine größere Nachfrage der anderen Cerealien nach sich zieht.

Daraus erklait es sich, dass der Aussall in der Welternte wenn er einmal ein gewisses Ausmaß erreicht hat, wie beispielsweise im Jahre 1897, dann naturgemäß auch in den Weltmarktpreisen zum Ausdruck kommen muss. Und er ist zum Ausdruck gekommen, indem wir im Jahre 1897 - abgesehen vom Jahre 1891, wo das Ausfuhrverbot Russlands eine allerdings etwas künstlichie Steigerung der Getreidepreise, mit sieh gebracht hat, - indem wir also, abgesehen vom Jahre 1891, im Jahre 1897 Getradepreue erzielt haben, wie sie seit Langem nicht dagewesen sind.

Die Getreideernte des Vorjahies war eine solche, dass große Landergebiete, welche sonst als die Koinfammern Europas galten, dass die selbst in einzelnen ihrer Theile Hungersnoth zu verzeichnen hatten und Dass sie einen Theil der eigenen Einte, den sie sonst aus den Markt warfen, zur Ernährung der eigenen Bevölkerung verwenden musseten. Es bleibt übrigens abzuwarten, was die Folge noch bringen wird. Neuestens kam ans Amerika die Nachricht, dass eine einzige Firma in Chicago 12 Millionen Bushel Weizen, - das sind mehr als 4 Millionen Meterzentner - aufgekauft hat und dass diese ungeheuere Weizenmenge zu den Seehasen gebracht wurde, um nach Europa verichifft zu werden.

Es ist zu befürchten, dass wenn ein sol ches ungeheures Weizenquantum auch auf den europässchen Markt geworsen wird, dann Die sinkende Tenbenz in den Weizenpraien bald wieder in Erscheinung treten wird (Zwischenuf: Die Termingeschäfte?)

Auf den Schwindel komme ich noch spater zu fpiechen; ich habe es vorläufig nur mit der Welternte zu thun.

Gegenüber denjenigen Landern, die mehr als wir mit unserer eigenen Production den Weltmarktspreis bestimmen, ist unsere Landwirtsehaft infolge ihrer höheren Productionskosten naturlich von vorneherem zur Rolle des Schwacheren verurtheilt und kann für uns eine gerechte Preisbildung, das heißt eine Preisbildung, bei welcher der heimische Landwirth noch bestehen und die der Consum noch ertragen kann, solange nicht eintreten, als unsere Volkswirtschaft in Ansehung der heimischen Produkte nicht ausreichend vom Welmarkte isoliert ist, weil unser Grund und Boden in berechtigter historischer und volkswirtschaftlicher Entwicklung theuerer ist als die amerikanischen oder argentinischen Weizenfarmen oder die ruffischen Kernländereien, weil unser Arbeiter, seinem höheren Culturniveau und dem höheren Culturniveau unserer Volkswirtschaft entsprechend, mehr verdienen soll und mehr verdienen muss als der russische und indische Taglöhner, weil unser Bauer, wie das wieder seinem höheren Culturniveau entspricht, naturgemäß ein menschenwürdigeres Dasein führen will und führen muss als der russische Muschik, weil unsere Steuern und Abgaben staatlicher und socialpolitischer Natur höher sind als diejenigen in den fernen Conkurrenzstaaten (Abg. Iro: Da ist der Bauernstand geringer), weil mit einem Worte die Gesammtproductionskosten bei unserem Getreidebau hoher sind, als die ausländischen Produktionskosten, deshalb muss auch unser Getreidepreis, sage ich, auch aus diesem gegebenen volkswirtschaftlichen Stand der Dinge zu einer entsprechenden Hohe sich herausbilden können oder er ist für unsere Verhältnisse ein unnatürlicher, ein ruinöser. So lange an unserem heimischen Markt an Stelle jedes mit unseren Kosten produzirten Getreidequantums ein mit billigeren Kosten produzirtes Quantum Weltgetreide treten kann - so lange wird unsere Landwirtschaft krank sein und bei der Fortdauer dieser Zustande trotz aller sonstigen Reformen vor dem endlichen Untergang nicht zu retten sein. (Sehr richtig! links. )

Deshalb ist unsere Landwirtschaft, solange überhaupt in den agrarischen Productenkosten zwischen den einzelnen Ländern n. den Welttheilen Differenzen zu unseren Ungunsten bestehen, in ihrer ganzen, unserem volkswirtschaftlichen Gesammtstatus adäquaten Entwicklung auf den ausreichenden Grenzschutz angewiesen. Dabei gehe ich von der Voraussetzung aus, dass unsere Volkswirthschaft, die einerseis aus sich selbst heraus die Höhe unserer Productionskosten entwickelte, die uns Bodenpreise, Lebenshaltung, Arbeitslöhne, Steuern dictiert, dass dieselbe Volkswirtschaft andrseits auch in sich densenigen Grad der Kaufkraft birgt, der ausreichend ist, um die aus diesem volkswirtschaftlichen Status herausgeborenen Productionskosten auch wieder zu bezahlen können.

Wenn das nicht der Fall ist, wenn unsere Productenpreise in einer den Productionskosten so conträren Weise sich entwickeln und dadurch die heimische Producentenschaft so schwer geschädigt wurde, so liegt der Grund darin, dass unsere Agrarproduction von der Weltwirtschaft nicht genügend isoliert ist, gegenüber dem Auslande nicht hinreichend geschütz ist. Diese Isolierung, beziehungsweise, dieser Schutz wird natürlich den Weltmarktpreis nicht wesentlich beeinflussen; dazu ist die Kaufkraft eines einzelnen Staates zusammen zu schwach. Aber sie soll, wie das ja auch bei der ausreichend beschützten industriellen Production der Fall ist, nur einen Inlandspreis bewirken, bei dem die heimischen Landwirthe auch wirklich bestehen können.

Der Freihandel, meine Herren, er war und ist in Ansehung unserer heimischen Agrarproduktion einer der verhängnisvollsten volkswirtschaftlichen Irrthümer aller Zeiten. Nur das Princip des Schutzes der landwirtschaftlichen Production kann, in unserer gesammten Volks- und Staatswirthschaft zur Geltung gebracht, die heimische Landwirthfaft wieder lebensfähig machen und sie dauernd existenzfähig erhalten. (Iro: Bismarck hat es auch gethan).

Indem ich das Princip des Schutzes der landwirtschaftlichen Production, welche nach meiner Ansicht auch eine der vielen österreichischen Staatsnothwendigkeiten ist, vertrete, stehe ich nicht auf dem Standpunkte, dass ein einzelner Staat, auch wenn er der größte wäre, sich mit einer hohen Schutzzollmaues gegen alle übrigen Staaten umgeben soll.

So scharf abgegrenzt sind nicht Production und Konsumption in den einzelnen Staaten, dass ein einzelner Staat den Güterverkehr mit den anderen Staaten durch hohe Schutzzollmauern untergraben dürfe, ohne seine eigenen Bürger zu schädigen.

Aber das Eine erkläre ich als ein volkswirtschaftliches Bedürfnis unserer Zeit und geradezu als ein Lebensinteresse unserer Landwirtschaft, dass diejenigen Staaten Curopas, welche unter gleichen oder ähnlichen Productionsbedingungen arbeiten, auch eine gemeinsame Zollpolitik gegenüber denjenigen Staaten machen, durch deren übermächtige Konkurrenz wichtige heimische Productionszweige gefährdet sind. Was wir auf dem Gebiete der Zollpolitik anstreben müssen, das ist eine mitteleuropäische Zoll-Union, (Bravo!) eine mitteleuropäische Zoll-Union mit einer gemeinsamen hohen Schutzzollmauer gegenüber der transatlantischen und russischen Coneurrenz und mit ausgleichenden Zwischenzöllen unter den in der mitteleuropäischen Union vereinten Staaten.

Nur dadurch wird, soweit das durch zollpolitische Maßnahmen überhaupt möglich ist, eine dauernde Gesundung des europäischen Getreidemarktes zu erzielen sein.

Wenn wir bei der Zollrage einmal bei der internationalen Regelung der Handelsund Verkehrsverhältnisse angelangt sind, so müffen wir naturgemäß einen Schritt weiter gehen, und diese internationale Regelung auch ausdehnen auf das Gebiet der Tarifpolitik. Denn die beste Zollpolitik ist nichts werth, wenn eine ihr contradictorisch entgegenlausende Tarifpolitik sie paralysiert, und so wie die Zoll- und Tariffrage muss endlich auch, um eine dauernde und wirkliche Gesundung der Marktverhältnisse herbeizuführen, die Währungsfrage international gelöst werden.

Ich will hier auf die Streitfrage, ob Gold- oder Doppelwährung, nicht weiter eingehen. Die Alternative steht meines Erachtens auch gar nicht so. Es handelt sich, glaube ich, vielmehr darum, einen einheitlichen internationalen Wertmesser für den Weltmarkt, eine einheitliche Relation, ein festes Wert verhältnis zwischen Gold und Silber international zu bestimmen.

"Gold und Silber", so heißt es in einer vor mir liegenden Schrift, "müssen aufhören, Speculationsobjecte zu sein. Dieses Ziel ist nur zu erreichen durch internationale Vereinbarung, durch Ausgabe von Weltverkehrszeichen. Sobald ein einheitlicher Wertmesser mit überall gleichen Wertzeichen vorhanden ist, ist das Wertdifferenzspiel beseitigt, der mühelose Erwerb durch Speculation aus Wertunterschiede nach Ort und Zeit eingedämmt und der Antheil der Produzenten am Arbeitsertrage gesteigert, die Vermögensbildung wird gleichmäßiger und gerechter. Unter den heutigen Verhältnissen der Wertanarchie häufen die glücklichen Spieler Millionen auf Millionen, während die Producenten immer ärmer werden. Es ist die höchste Zeit, dass der Ausbeutung ein Ziel gesetzt werde. Ein Hauptmittel dazu ist die internationale Regelung der Geldverhältnisse durch Vereinbarung gleicher Wertzeichen. "

An der Preisbildung am Weltmarkte hat die Landwirthschaft in ihrer Gesammtheit aber auch durch ihre gesammte Production hervorragend mitzuwirken, denn davon hangt es ab, wie der binnenländische Handel sich gestaltet. Unser Ziel im Getreidehandel muss darauf hinausgehen, die Getreidepreise aus eine gewisse mittlere Höhe zu bringen, auf eine Höhe, welche der Consum veträgt, bei welcher andererseits aber auch der Landwirth bestehen kann.

Es darf zum mindesten angezweifelt werden, ob der heutige Handel in seiner Gesammtheit, dessen volkswirthschaftliche Bedeutung ich sonst voll und ganz anerkenne, diesem Ziele dienstbar sein kann.

Vielmehr drängt sich die Frage aus, ob der Speculationstrieb im Getreidegroßhandel nicht so fest und tief eingewurzelt ist, dass der heutige, freie, gewerbsmäßige Handel kaum befähigt erscheint, diesem Ziele zuzustreben.

Viel näher liegt vielmehr die Befürchtung, dass der freie Handel entsprechend dem ganzen Wesen der Speculation durch alle möglichen Manipulationen beständig entweder auf eine Ueberschreitung oder auf eine Unterschreitung jener Mittellinie zu arbeiten geneigt sein dürfte, je nachdem es sein eigener Vortheil, nicht das Vedürfnis des Consums und nicht das Interesse der Landwirthschaft erheischt. (Ruf: So ist es!) Deshalb, meine ich, muss unser Ziel daraus gerichtet sein, fremde Elemente aus dem Handel mit den Producten der Bodencultur möglichst auszuscheiden, den Getreidehandel möglichst selbst in die Hand zu nehmen. So lange das nicht der Fall ist, wird, glaube ich, so wie im Spiel- auch im Effeetivhandel stets ein Faktor wirksam bleiben, der geeignet ist, die natürliche, gerechte Preisbildung, wie sie aus den gesetzmäßigen Bezeichnungen zwischen Volkskauskraft und der innländischen Productionskostenhohe sich entwickeln soll, erheblich zu alterieren. Diese Beeinflussung entspringt wohl im wesentlichsten schon aus dem schwankenden Verhältnis, in welchem gegenüber dem Faetor "Consum" der Handel jeweilig den " Vorrath " zurückzuhalten verstehen und bemüht sein wird. 

Um zum Ziele der Preisschwankung zu gelangen. Daraus ergibt sich von selbst der zur Abhilfe einzuschlagende Weg. Wir müssen, was auch vom unmittelbaren Herrn Vorredner bereits angedeutet wurde, durch genossenschaftliche Organisation des Angebotes und der Vorrätheverwaltung den binnenländischen Vertheilungshandel selbst in die Hand nehmen und zwar mindestens in einem solchen Umfange, dass wir, die organisirte Producentenschaft dem freien Handel als ebenbürtige Macht uns gegenüber stellen können.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen will ich auf den Gegenstand des in Verhandlung stehenden Berichtes, auf die Fruchtbörse und das Getreidedifferenzspiel als den 5. Factor unter denjenigen Factoren, welche die Getreidepreisbildung wesentlich beeinflußen, unmittelbar eingehen.

Der vorliegende Bericht verlangt und das mit vollem Rechte, die Aufhebung des Blancoterminhandels in Getreide- und Mahlproducten.

Ich sage ausdrücklich, "des BlancoterminHandels in Getreide" und will damit dem reellen Getreidehandel, auch wenn er ein Terminhandel ist, sowie dem Handel überhaupt in keiner Weise nahetreten, gleichviel ob es sich um Geschäfte mit sofortiger Erfüllung oder um Geschäfte mit aufgeschobener Erfüllung handelt, denn auch solche müssen auf dem landwirthschaftlichen Produktenmarkt gemacht werden.

Ich will, sage ich, dem reellen Handel als solchem in keiner Weise nahetreten, indem ich dessen culturgeschichtliche und volkswirtschaftliche Bedeutung voll zu würdigen weiß -dessen culturgeschichtliche Bedeutung, welche aus der innigen Verknüpfung der civilisatorischen mit den commerciellen Interessen insbesondere dadurch hervorgeht, weil doch die wirtschaftlichen Bestrebungen von welchen der Welthandel geleitet wird, nothwendigerweise auch gewisse Impulse zum geistigen und materiellen Fortschritt der Völker gegeben haben, und weil der Handel immer neue Gebiete in den Austausch der Güter und Gedanken einzubeziehen sucht -; seine vokswirthschaftliche Bedeutung, weil der Handel als solcher erst dadurch, dass er die Güter vom Orte der Produktion an den Ort der Consumtion, des Bedarfes bringt, weil er erst dadurch bald Tauschwerte geradezu schafft, bald den Tauschwert erhöht und sich dadurch als ein eminent produktives Glied in unserem ganzen volkswirthschaftlichen Organismus darstellt.

Dieser reelle Handel bildet ganz abg sehen von den Elementen, welche denselben vertreten, das nothwendige Bindeglied zwischen Producenten und Consumenten.

Er dient im hohen Maße den Interessen der Gesammtheit, indem er das Consumptionsbedürfnis befriedigt - die Wünsche der Consumenten an die Producenten und die Waare der Producenten an denjenigen Mann leitet, der sie am besten zu schätzen weiß, das heißt, der sie am besten bezahlt.

Diesem reellen Handel. welchen wir gerade so wie jeden ehrlichen Erwerbszweig auch vom agrarischen Standpunkte aus geschätzt und erhalten wissen wollen, hat sich gleich einer Pestbeule an unserem volkswirtschaftlichen Organismus hinzugesellt, der Blanco-Terminhandel in Getreide, der Blan coterminhandel, welcher die Brotfrucht, die der Bauer im Schweiße feines Angesichtes erbaut und von der das ganze Volk lebt zum Gegenstand der verwerflichsten Speculation, zum Börsenartikel gemacht hat.

Dieser Blancoterminhandel, der kümmert sich nicht wie der reelle effective Handel, um die persönlichen Beziehungen zwischen dem Producenten und Consumenten. (Abg. Wolf ruft: Er kann oft Weizen nicht vom Hafer unterscheiden!) Ganz richtig, er kann oft Weizen nicht vom Hafer unterscheiden, er verzichtet darauf, ein persönliches Bindeglied im volkswirthschaftlichen Organismus zu fein, er durchschneidet, sozusagen, die geistigen Beziehungen zwischen dem Consumenten und Producenten, und setzt an ihre Stelle einfach die Börse, an welcher er unbekümmert um das Schicksal der Producenten und Consumenten einfach sein Spiel treibt, sein Geschäft zu machen sucht.

Und ebenso wenig wie an einem persönlichen Moment, ist der Blancoterminhandel an der Waare interessiert. Ob der Waarenpreis sich hält oder nicht, das ist den Vertretern des Blancoterminhandels völlig gleichgiltig, denn die Terminspieler, sie zahlen ja gar nicht die Preise der Waare, sie zahlen nur das, was zum Erwerbe des Papierweizens unbedingt gezahlt werden muss, das ist die Maklergebühr und der Umsatzstempel; alle Abmachungen über Quantität und Qualität derWaare aber kümmern die Vertreter des Blancoterminhandels nicht.

Für sie sind lediglich die Bestimmungen der Börsen-Usancen maßgebend, die sie zu ihrem eigenen Vortheile nicht gebrauchen, sondern geradezu mitsbrauchen.

Der Blanco-Terminhandel dient also in keiner Weise praktischen Bedürfnissen der Gesammtheit, er dient lediglich seinen eigenen spekulativen Interessen, seinen Interessen, die nur darauf hinausgehen, möglichst rasch, möglichst viel und möglichst leicht Geld zu verdienen und zwar auf Kosten der ehrlichen Production und Arbeit.

Dieser Blanco-Terminhandel ist so eigentlich auch kein wirkliches Geschäft, er ist ein Scheingeschäft, das lediglich auf die Differenz im Preise speculiert, und dieses Blanco-Termingeschäft im Getreide hat heute einen folchen Umfang angenommen, dass es den Börfenverkehr in wirklicher Waare um das 20-fache, das 30-fache, ja das 50-fache übertrifft (Rufe: Hört! Hört!), ja vor der englischen Parlamentscommission wurde die Schlussschein vorgezeigt, welcher nicht weniger als 180mal zur Regulierung von Differenzen gedient hatte, bevor er ein einzigesmal mit wirklicher Waare in Beziehung gebracht wurde. (Abg. Iro ruft: Die aber werden in die 55 Millionen Überschüsse mitgerechnet!) Diese werden mitgerechnet, und so wird ein scheinbares Überangebot erzielt, und die Wirkung dieses scheinbaren Überangebotes ist der künstliche Preissturz. Rufe: So ist es!)

Diese ganzen Differenzgeschäfte gehen sonach auf die systematische Vergewaltigung des effectiven Waarenmarktes, auf die systematische Vergewaltigung des Marktes mit wirklichem Getreide hinaus und eben diese systematische Vorgewaltigung des effectiven Waarenmarktes durch das Getreide-Differeinzspiel wird dann zu einer wesentlichen, zu einer Hauptursache des Niederganges und einer Getreidepreise.

Ein sehr gründlicher Kenner undgeistiger Bearbeiter dieser Verhältnisse, Dr. Ruhland, spricht sich darüber unter dem 1 Januar 1896 in einer in Prag erschienenen Zeitschrift, wie folgt aus:

Das Spiel ist international, und das Spiel beherrscht die Preise für die wirkliche Waare, weil den Spielern die Waare als Mittel dient, um die Preisbildung in der Richtung ihrer Spielinteressen zu vergewaltige. Solange, wie bis Ansang der 80er Jahre, die Zahl der erfolgreichen BaisseBewegungen der Zahl der erfolgreichen Hausse-Bewegungen ungefähr gleich war, solange war der Einfluss des Spieles auf die Durchschnittspreise ein minimaler.

Inzwischen hat sich die Situation aber wesentlich geändert Heute zählen wir 10 oder mehr erfolgreiche Beisse-Bewegungen gedenüber einer erfolgreichen Hausse-Bewegung.

Dass wir heute überhaupt noch eine Hausse-Partei an den großen Getreidebörsen haben, das verdanken wir lediglich der Gnade der Baisse-Partei, welche ihren Partner im Spiele natürlich nicht verlieren will. Aber es ist doch jedermann verständlich, dass, wenn die Baisse-Partei fortwährend siegt und wenn der Ausgang des Spieles die Getreidepreise beherrscht, dass auch naturgemäß die Getreidepreise immer mehr in denAbgrund der Werthlosigkeit herabgerissen werdem müssen. "

Die Speculanten, welche sich in den Blancoterminhandel einlassen, suchen, wie schon bemerkt, in dem ganzen Geschäft nur so viel festzulegen, als die Übertragungsspesen der Schlußscheine erfordern. (Abg. Iro ruft: Die bäuerlichen Übertragungsspesen sind nicht so niedrig!) Eine solche Handelsart, bei der so wenig Capital erforderlich ist, kann naturgemäß leicht von den speculativen Elementen der minder bemittelten Volksschichten ergriffen werden, und das sind diejenigen, die am wenigsten zu verlieren haben, und die daher auch am waghalsigsten sind.

Von diesen wird Dann das ganze Getreidedifferenzspiel zu ihrem eigenen Vortheil und zum Schaden der gesammten Production ausgenützt, in welcher Weise, das lassen Sie mich wieder nach dem Urtheile eines erfahrenen Mannes aussprechen, nach den Worten van Gulfsens, welcher in seiner Schritt "Terminhandel und Währung im Jahre 1896 über die Vorgänge beim Getreidifferenzspiel folgendes sagt:

"Ein einflussreicher Makler geht zu einigen Capitalisten, sucht diese von der Richtigkeit seiner Auffassung zu überzeugen und bildet ein sogenanntes Confortium. Dieses schießt die nöthigen Capitalien zusammen und der Makler leitet die Verkaufe und Käufe aus dem Blancoterminmarkte. Monatelang, bevor der Landmann seine Producte ernten kann, sängt er an, Termine zu verkaufen. Wenn der Preis 100 Mark war, verkauft er zu 99, 98, 97 und 95 aus Lieferung. Unter der vervielfachten Gewalt des Capitals im Termin-Markte kann er verhältnismäßig große Quanten verkaufen. Im geeigneten Momente verbreitet er in Circularen, Zeitungsartikeln, Telegrammen u. s. w. seine Meinung über die rückgehenden Preise mit den nöthigen Ausschmückungen. Jeder sucht sich seiner Vorräthe zu entledigen und seine Einkäufe abzuwickeln. Der Artikel fällt tiefer und tiefer. Der Makler wartet seine Zeit ab. Und ist eine geringe Entwerthung eingetreten, dann fängt er vorsichtig an, seine Terminkäufe einzudecken. So gelingt es ihm, ohne Waaren gesehen zu haben, mit verhältnismäßig geringem Capital große Summen zu verdienen. " Und an einer anderen Stelle der gleichen Schrift sagt derselbe Sachverständige:

"Alle auf Termin gehandelten Artikel pflegen auf der tiefst möglichen Preisbasis zu beharren. Die jetzt üblichen Kapital-Assoziationen sind so mächtige Verkaufs- und Kaufsgewalten, dass sie stets den Markt beim ersten Angriff überrumpeln und damit jeden Preis erzwingen können. "

Und an dritter Stelle bemerkt van Gulpen mit beißender Ironie:

"Es gab eine Zeit, wo es als eine vornehme Thätigkeit galt den Kaufleuten am Wege aufzulauern und ihnen die Waaren abzunehmen. Heute ist das ein Verbrechen. In dieses Spiel der freien Kräfte hat der Culturstaat civilisirend eingegriffen.

Heute belauert der Blancospecutant die Waare auf ihrem Wege vom Producenten zum Cousumenten, um in deren Werth gewaltsam einzubrechen und sich zu bereichern. "

Und wie fährt nun die Landwirtschaft als solche bei diesem verderblichen und verdammenswerthen Spiel? Sie fährt natürlich möglichst schlecht, so schlecht, meine Herren, dass alle landwirtschaftlichen Sachverständigen von der Berliner Börsen-Enquête von 1893 angefangen bis zur Enquete über die Waarenumsatzstener im Jahre 1896 sich gegen den Blankoterminhandel in Getreide und Mahlprodukten und für das gesetzliche Verbot derselben ausgesprochen haben. (Ruf: Sie haben ihn aber immer noch!)

Und die gleiche Forderung haben auch die weitesten Bevölkerungstreise, haben die Landwirte, ich möchte sagen, von ganz Öesterreich aus allen ihren Bauerntagen, Congressen und durch ihre berufenen landwirtschaftlichen Ver tretungsstellen erhoben (Abg. Iro: -Die über müthigen Agrarier!), und es ist auch natürlich, dass die Landwirtschaft bei diesem Differenzspiel schlecht fahren und die Zeche bezahlen muss. Spielen kann ja der Landwirt an dieser Borse nicht (Ruf: Gott sei Dank!) und der reelle Landwirt spielt dort überhaupt aus Princip nicht; und auch wenn er wollte, so konnte er nicht, weil ihm, namentlich in seiner Isolirtheit, ja nicht die nöthigen Getreidemengen zur Verfügung stehen, mit denen er dort entscheidend eingreifen konnte. Der Landwirt liefert aber auch nicht die Getreidequalitäten, welche nach den allgemeinen Börseusancen noch lieferbar sind. Das ist ein Wunder Punkt, einer der Wundesten Punkte und die LandeskulturCommission hat deshalb mit vollem Rechte in den Anträgen auch die Erhöhung des Hektolitergewichtes für Usancewaaren aufgenommen. Bis 1. November 1897 betrug das Minimalgewicht, mit welchem Getreide nach Wiener Usancen noch lieferbar war, und zwar bei Weizen 751/2 kg, bei Roggen 691/2kg, bei Gerste 60 und bei Haser 381/2 kg. Der Herr Abgeordnete Veschka lacht, er ist selbst Haferbauer und Weiß, was das bedeutet: ein Hekto-liter Hafer mit 381/2 kg. Vom 1. November 1897 haben sich die Verhältnisse aber gebessert.

Es ist vom 1. November 1897 an das Hektolitergewicht für Usancewaare nach dem Beschlusse des Wiener Börsenrathes erhöht, worden, und zwar bei Weizen von 751/2 auf 76 kg, (Hört!) also um 1/2 kg, bei Roggen von 691/2 auf 701/2 kg, also sogar um 1 kg, bei Hafer von 381/2 auf 40 kg, sogar um 11/2 kg, (Ruf: Großartig!) bei Gerste ist das Usancegewicht mit 60 kg geblieben. (Rufe: Schöne Gerste das!)

Es ist klar, dass die Waare, welche nach diesen Bestimmungen lieferbar ist, gelinde gesagt, eine sehr minderwertige, wenn nicht gar eine Schundwaare ist, (Ruf: So ist es!) und dass die Qualitäten, welche unsere Landwirte auf den Markt bringen, die nach der allgemeinen Börsenübung noch lieferbaren Qualitäten weitaus übersteigen; und es ist


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