"Es lässt sich nicht läugnen, dass diese Sprachenverordnungen ein Erfolg unserer Politik sind (Hört! Hört!), dass die Regierung wirklich die Bereitwilligkeit und Energie zeigt, gerecht zu sein, und dass das wichtigste Moment dieser Sprachenverordnungen die Anerkennung der Einheit dieses Königreiches und die Durchbrechung des geschlossenen deutschen Sprachgebietes ist. (Zwischenruf: So ein Höfling muss das doch wissen!)
Es ist damit die Unteilbarkeit des Königreiches Böhmen anerkannt Worden, das heißt dass jeder Èeche in ganz Böhmen zu Hause ist, und in seiner Sprache sein Recht findet. Doch werden die Spraechenverordnungen erst gefront sein, bis sie auch in den höchsten Instanzen durchgeführt sein werden, da doch der Begriff der Gerechtigkeit unmöglich bei den Grenzen eines Landes aufhören kann. Die Sprachenverordnungen sind das Minimum von dem, was wir wollen.
Wir können von denselben unter keinen Umständen ablassen. Bei Allem und Jedem aber muss über uns das Banner des Staatsrechtes wehen. (Zwischenruf: Vereinsabzeichen sind verboten! Heiterkeit. ) Das Staatsrecht muss das hehre Ziel sein, das wir nie aus den Augen verlieren dürfen, dem Wir unentwegt zuschreiten müssen.
Der Weg ist gebahnt; schreiten Wir vorwärts aus dem uns von den Vätern voraezeigten Wege. (Zwischenruf: Von unseren Vätern! Schlacht bei Leipzig! Abg. Stracherust: Renegat!)
Verehrte Herren! Mit dieser Erklärung ist kurz, klar und unzweideutig proklamirt, dass die Badenischen Sprachenverordnungen das deutsche Sprachgebiet in Böhmen durchbrechen sollen, dass ihnen somit die Wirkung eines bureaukratischen Gewaltaktes zugeschrieben wird. Damit ist Weiter gesagt, dass das Ziel, aus welches durch das Mittel dieser Sprachenverordnungen hingearbeitet wird, erklärtermaßen die Errichtung des èechischen Nationalstaates Böhmen ist.
Das ist es ja aber, was wir Deutsche Böhmens zur Sicherung unseres Volksthums und mit Rücksicht auf unsere alten Rechte in diesem Lande hindern Wollen, wogegen wir uns mit allem Nachdrncke sträuben. Uebrigens sind in dieser Erklärung des Abg. Prinzen Schwarzenberg noch einige Bemerkungen enthalten, die offenbar aus Wissentlichen oder unwissentlichen Irrungen beruhen. ES wird darin behauptet, dass ein richtiges Moment dieser Badenischen Sprachenverordnungen die Anerkennung der Einheit Bohmens sei.
Meine Herren, ich habe bisher geglaubt, dass die Einheit eines Landes sichergestellt sei durch die Einheit der Verwaltung, durch die Einheit des Landtages.
Die Einheit Böhmens hat bestanden vor den Badenischen Sprachenvererdnungen, sie ist auch meines Wissens noch von seiner Seite bestritten morden.
Meine Herren! Wenn der Herr Redner weiter erklärt hat, dass ein wichtiges Moment dieser Sprachenverordnungen die Constatirung sei, dass jeder Èeche in Böhmen sich zu Hause befinde, so liegt der eigentliche Grund des Heimathlrechtes darin wohl nicht.
Es ist der Slave z. B. auch in Wien, in Niederösterreich, in Oberösterreich, in Tirol zu Hause, wenn er dort angesiedelt ist, wenn er dort Besitz hat, wenn er dort seit Jahren seinen Erwerb gewinnt, nicht aber vermöge eines blos sprachlichen Rechtes oder Vorrechtes.
Wenn weiter erklart wird, dass die Sprachenverordnungen Badenis nicht an den Grenzen eines Landes, also an den Grenzen Böhmens innehalten sollen, dann finde ich in dieser Behauptung doch ein sehr bedenkliches Moment, das für andere Kronländer gilt. In dieser Forderung, angewendet auf den Völkerstaat Oesterreich, in in welchem es 7 Nationalitäten gibt (Zwischenruf: "Das bedeutet die Slavisierung von ganz Öesterreich!) finde ich eine Art revolutionären Principes. Denn nach demselben müßte Österreich, wenn alle Nationen für sich die gleichen Forderungen stellten, förmlich in ein sprachliches Babylon umgewandelt werden.
Was sollte bei consequenter Durchführung dieses Principes - wenn jeder Einzelne überall sein Recht in seiner Sprache finden sollte, aus unserer Monarchie werden?
Die Badenischen Spraechenverordnungen werden weiter als Minimum des Begehrens des Großgrundbesitzes und der jungèechischen Partei für Böhmen erklärt.
Solange ein solches Begehren ausredhterhalten wird. Wird sich allerdings schwer ein Weg zur Verständigung und Versöhnung mit den 2 1/3 Millionen Deutschen in Böhmen finden.
Die Sprachenverordnungen Badenis sind, wenn wir sie ihrem Inhalte nach genau prüfen, für unser deutsches Volk in Böhmen so beschaffen, dass sie von demselben geradezu Unmögliches fordern.
Oder wie ist es möglich, dass der Deutsche in Böhmen, wenn er auf eine Beamtenstelle im Lande aspiriert, binnen 3 bis 4 Jahren so gründlich zweisprachig werden kann, wie es die Badenischen Sprachenverordnungen verlangen. Und das gilt für alle Beamtenstellen, die von den fünf Ministerien, des Innern, der Justiz, des Handels, des Ackerbaues und der Finanzen abhängen. Das wird gefordert nicht bloß für die Conceptsbeamten, sondern auch für die Manipulationsbeamten.
Die ganzen Lebens- und Studienverhältnisse der Deutschen in Böhmen sind nicht darnach eingerichtet, dass sich das selbst beim besten Willen durchführen ließe. Wenn diese Bedingungen der Badenischen Sprachenverordnungen überhaupt möglich sein sollten, dann wäre mindestens eine vorausgehende 12 bis 15jährige Periode nöthig, damit die zweite Landessprache durch entsprechende Schulbildung von den zukünftigen Beamten erlernt werden tonnte.
Die thatsächliche Durchführung der genannten Verfügung dieser Sprachenverordnung müsste gewiss das Eine bewirken, dass Deutschböhmen in wenigen Jahren eine fremdnationale Beamtenschaft nach allen Richtungen hin erhielte.
Es hat darum ein hochgestellter gerichtlicher Funktionär erklärt, dass, wenn diese Verordnungen wirklich praktisch durchgeführt würden, in Böhmen binnen 10 Jahren fast kein deutscher Beamte mehr sein würde. Der Grund dafür ist, dass die Deutschen auch beim besten Willen nicht leisten können, was in diesen Verordnungen vorgeschrieben wird.
Nun frage ich Sie, meine Herren, ob Sie ein Culturvolk kennen, das sich auf längere Zeit hinaus eine ihm aufgedrängte Beamtenschaft gefallen läfst. Erinnern Sie sich an die Zustände in Ungarn unter dem Ministerium Bach. Aehnliche Dinge würden dann in Deutschböhmen Folge sein. Das ist nicht der Weg zum Frieden in diesem Lande, das ist der Weg zum Kampfe bis aufs Aeußerste. (So ist's!)
Jene die solche Unmöglichkeiten fordern.
wie sie in den Badenischen Sprachenverordnungen für die Deutschen in Böhmen enthalten sind, fördern nicht den Frieden, sondern entfachen den innern Krieg für alle Zukunft. (Bravo! Bravo! Händeklatschen. )
Noch etwas Weiteres gestatte ich mir hervorzuheben. Die Sprachenverordnungen des Ministeriums Badeni sind auch vollständig ungerecht in ihrer Anwendung aus den deutschen Volksstamm in diesem Lande mit Bezug auf die gegebenen österreichischen Versassungsverhältnisse.
Ueber das kompakte Zusammenwohnen der Deutschen in Böhmen bestehen in den übrigen deutschen Kronländern dieses Reiches oft ganz unrichtige Ansichten. Die Deutschen und Èechen in diesem Lande wohnen nicht untermischt, sondern zum großen Theile territorial geschieden neben einander. Wenn Ersteres der Fall wäre, so würden die Badenischen Sprachenverordnungen noch eher einen Sinn haben Wir Deutsche und Èechoslaven in diesem Lande Böhmen leben als Volksstämme räumlich getrennt von einander, und sehr eng ist der gemischte Sprachgürtel, der sie scheidet.
Der Beweis dafür ist durch die nationale Scheidung des Schulwesens in Böhmen praktisch erbracht worden, die ziffermäßig jeden überzeugen kann. Im Schulwesen ist durch die administrative Scheidung Frieden geworden, weil die nationale Scheidung durchgeführt worden ist. (Ruf: So ist es!)
Unter dem Landesschulrathe, der in zwei nationale Sectionen untergetheilt ist, steht das deutsche und das èechische Schulwesen im Lande. Das èechische Gebiet hat 59 Schulbezirke, in denen es 2880 öffentliche Volksund Bürgerschulen gibt. In diesen 59 Schulbezirken sind nach den Ausweisen vom Jahre 1896 nur 33 deutsche Schulen. Ebenso ist das deutsche Gebiet in 47 Schulbezirke eingetheilt und in diesem deutschen Gebiete Böhmens gibt es 2268 öffentliche Volks und Bürgerschulen, darunter aber nur 26 èechische Schulen für die Minoritäten.
Sie sehen, meine Herren, schon aus diesem einen Beweise, dass das Gebiet des deutschen Volksstammes in Böhmen durch die Fügungen der Vorsehung und die ganze Entwicklungsgeschichte im großen Ganzen geschieden ist von dem èechoslavischen Gebiete in diesem Lande. (Rus: So ist es!)
Wenn wir Deutschböhmen näher ins Auge fassen, so finden wir in diesem deutsch böhmischen Stammesgebiete, auf welchem 2 1/3 Mill. Deutsche leben, in 37 Gerichtsbezirken nach der letzten Volkszählung vom Jahre 1890 unter deren deutschen Bevölkerung im Durchschnitt nur 1/2 Perz. Cechen. Das ist aber ein Gebiet, ebenso groß, wie Oberösterreich. Wir haben also in diesen 34 deutschböhmischen Bezirken einen sprachlich so ungemischten Boden, wie in Oberösterreich, wo es unter 800. 000 Deutschen auch nur l/2 Perz. Slaven gibt.
Wenn wir weiter hinaufgreifen, so gibt es 40 Gerichtsbezirke in Deutschböhmen, deren deutsche Bevölkerung im Durchschnitt mit 1 Perz. Cechen gemischt ist. In 55 deutschen Gerichtsbezirken Böhmens besteht eine solche Mischung mit 2 Perz. Èechen und in 65 mit circa 3 Perzent. Wenn wir aber 72 Gerichtsbezirke Deutschböhmens, in denen gegen 1, 600000 Deutsche wohnen und in denen es keine èechische Stadt und kein èechisches Dorf gibt, näher ins Auge fassen, so leben nach der letzten Volkszählung vom Jahre 1890 dort nur gegen 19 000 Èechoslaven, oder im Durchschnitte genommen 1 1/6 Perzent. Es gibt also ein großes rein deutsches Sprachgebiet in Böhmen Das lasst sich nicht bestreiten.
Wenn Sie nun davon einen Vergleich ziehen mit Niederösterreich und Wien, so finden wir dort eine viel stärkere slavische Mischung In Niederösterreich mit Wien bestehen 69 Gerichtsbezirke. Die Mischung in denselben betragt durchschnittlich 4 Procent In Wien selbst gibt es unter den Deutschen 5% Proc. Slaven. In Niederösterreich gibt es aber weit stärker gemischte Bezirke.
So haben wir im Bezirke Schwächt unter der deutschen Bewohnerschaft 7% Slaven, im Gerichtsbezirke Krems 9%, im Bezirke Modling 12% und im Bezirke Felsberg sogar 16% Slaven. Sie sehen also, meine Herren, dass wir in Deutschböhmen ein geschlossenes deutsches Sprachgebiet haben, das sich nach den Ausweisen der letzten amtlichen Volkezahlung vom Jahre 1890 - eine weitere haben wir noch nicht - messen kann mit dem deutschen Gebiete in Oberösterreich und Nieder Österreich Wenn dem so ist und wenn wir gegenwärtig in Böhmen noch auf dem Boden des österreichischen Staatsrechtes stehen, dann kann der deutsche Volksstamm in diesem Lande, dort, wo er so compact zusammenlebt, doch sicher auch die Gleichberechtigung mit seinen Stammesgenossen in den übrigen deutschen Kronlandern dieser Reichshalfte als sein Recht für sein Gebiet fordern.
Die Badenischen Sprachenverordnungen gehen aber darüber hinaus, sie entziehen den Deutschen auch dort, wo dieselben in Böhmen als Volksstamm compact zusammenleben, die Gleichberechtigung mit den, übrigen deutschen der anderen Kronlander Österreichs. Deshalb halten wir diese Verordnungen für ungerecht und darum bekämpfen wir sie mit allem Nachdrucke.
Wir gönnen dem èechischen Volksstamme in diesem Lande gleiches Recht mit uns in seinen Wohngebieten, wir sondern aber auch Gleichberechtigung für unsere Stammesgenossen im übrigen Oesterreich. Und nun die gesetzliche Seite der Sprachenfrage.
Hier in diesem hohen Landtage lasst sich die sprachliche Ordnung nicht gesetzgeberisch ordnen. Es gibt, wie früher schon ausgeführt worden ist, in der Landesordnung für Böhmen keine Bestimmung, welche dazu berechtigt.
Diese legale Regelung der Sprachenfrage gehört vor den Reichsrath. Denn es bestimmt das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, aus dessen Boden auch die Herren sowohl vom Großgrundbesitze wie die des jungèechischen Clubs durch die einfache Thatsache ihres Eintrittes und ihrer aktiven Mitarbeit im Reichsrathe stehen, dass zum Wirkungskreise des Reichsrathes auch alle zur Durchführung der Staatsgrundgesetze über die allgemeinen Rechte der Staatsburger zu erlassenden Gesetze gehören.
Zu den allgemeinen Rechten der Staatsburger gehört nach Artikel 19 der Staatsgrundgesetze auch das sprachliche Recht. Des halb gehört der Sprachenstreit für den Völkerstaat Oefterreich vor den Reichsrath. (Rufe: So ist es') Er muss nach dem klaren Wortlaute des Staatsgrundgesetzes festgestellt werden durch Gesetze, also nicht durch Verordnungen. Damit ist die Streitfrage genügend klargestellt. Darum verlangen wir Deutsche Böhmens zur Regelung des schwebenden Sprachenstreites ein Nationalitaten- und Sprachengesetz, im Reichsrathe gegeben, als Rahmengesetz, in welches dann die speciellen Erfordernisse jedes Landes, also auch Böhmens, durch die Landtage einzubauen find. Mit dieser Rechtsauffassung auf deutscher Seite, dass darüber nicht Ministerverordnungen legal entscheiden können, ist übrigens auch einer der gewiegtesten jungèechischen Juristen, den Sie all Abgeordneten unter sich haben, der Herr Abg. Dr. Pacák, einverstanden. Dieser hat bekanntlich im Jahre 1896 "Skizzen zur Regelung der sprachlichen Verhältnisse im Königreiche Böhmen" herausgegeben. Darin schreibt er ausdrücklich auf Seite 17:,, Ich sage, der sprachliche Stand der Frage, weil ich der festen Überzeugurg bin, dass die Sprachenverhältnisse nur im Gesetzgebungswege geordnet weiden können und dass die Executive hiezu nicht competent ist, meine ich auch, dass alle Sprachenverordnungen, welche bisher von der Executive herausgegeben wurden, ungiltig sind (Hört!) und jeder gesetzlichen Grundlage entbehren, und dass die Regelung dieser Frage einzig und allein im Gesetzgebungswege möglich ist!"
Das ist eine Erklärung des jungèechischen Abg. Dr. Pacák, von dem man übrigens behauptet, er sei der Rathgeber des Ministerpräsidenten Badeni bei Erlassung der Sprachenverordnungen gewesen. Die gleiche Rechtsanschauung hat übrigens auch der jungèechische Abg. Dr. Vašatý in öffentlichen Versammlungen wiederholt vertreten.
Wenn nun, meine Herren, die Sprachenverordnungen überhaupt, also auch die Sprachenverordnungen des ehemaligen Ministerpräsidenten Badeni, ungesetzlich sind und keinen Rechtsboden haben, was sträuben Sie sich denn von Seite des jungèechischen Clubs und des Großgrundbesitzes, unseren Antrag zu acceptieren, dass der Landtag Böhmens sich ausspreche für die Aushebung dieser unglücklichen Sprachenverordnungen.
Dieselbe Auffassung finden wir auch anderweitig. Der oberste Gerichtshof hat jüngst eine Entscheidung hinausgegeben, womit er allerdings die Sprachenverordnungen nicht direct illegal nennt, den Sprachenverodnungen aber den Boden unter den Füßen wegzieht. Der oberste Gerichtshof steht mit seiner Entscheidung über die Landesüblichkeit der deutschen Sprache im Gerichtsbezirke Eger unzweifelhaft aus demselben Boden, wie der Herr Abg. Dr. Pacák in seinen obigen Erklärungen. Ebenso hat die Vertretung der Stadt Wien kurz nach der Erlassung der Sprachenverordnungen Badenis, im April v. J., eine Kundgebung erlassen, die sich in dem gleichen Sinne ausspricht und folgendermaßen lautet: "In Erwägung, dass die von der derzeitigen Regierung erlassenen Sprachenverordnungen für Böhmen mit dem Staatsgrundgesetze im Widerspruche stehen, in Erwägung, dass nach der Überzeugung des Gemeinderathes die Sprachenfrage nicht im Verordnungs-, sondern nur im Gesetzeswege geordnet werden kann, in endlicher Erwägunng, dass die Sprachenverordnungen die Rechte des deutschen Volkes in Böhmen gefährden und die Interessen dessesben aufs Tiefste verletzt erscheinen, beschließt der Wiener Gemeinderath, an die beiden Häuser des Reichsrathes eine Petition des Inhaltes zu richten, dass dieselben mit allen gesetzlichen Mitteln die Aushebung der Sprachenverordnungen erwirken und die Sprachenfrage im Gesetzgebungswege regeln mögen. "
Aehnliche Auffassungen machen sich auch in den Landtagen anderer Kronländer geltend. Vor Kurzem hat der Landtag von Tirol einen Beschluss gefasst, der in der Erklärung gipfelt, der Landtag hege die Erwartung, dass es der Regierung gelingen werde, "unter Wahrung der gerechten Forderungen und des berechtigten Besitzstandes der Deutschen eine gesetzliche Regelung der Sprachenverhältnisse herbeizuführen, die Nothwendigkeit betonend, dass den berechtigten Beschwerden der Deutschen Böhmens gegen die Sprachenerlässe von 5. und 22. April 1897 abgeholfen werde".
So vereinigt sich Alles, um die Sprachenverordnungen Badenk's, derentwegen sich ein so surchtbarer Kampf im Reichsrathe und in Böhmen entsponnen hat, als ungesetzlich darzustellen. Wie kann man unter solchen Umständen den Muth haben, für solche ungesetzliche Erlässe noch weiter einzustehen (Beifall. Sehr richtig!) und damit den Streit im Lande und Reiche fortzunähren? (Beifall. )
Diese Sprachenverordnungen sind im innersten Kerne auch gegen das Naturrecht und gegen das sittliche Recht.
Dass aus dem Boden eines Sprachengebietes, welches so rein ist, wie ich es vorhin ziffernmäßig dargelegt habe, der Fall vorkommen kann, der nach den Badenischen Sprachenverordnungen eintreten müßte, dass in einem Bezirke, wo unter hundert Deutschen nur ein Èeche wohnt, dass dieser bei Anhängigmachung einer Rechtssache die Durchführung in (seiner Sprache verlangen kann, welche die betheiligten Deutschen nicht verstehen, Ich sage, das ist doch anormal. Die Folge ist nothwendig die, dass einheimische Deutsche bei einer solchen Gerichtsverhandlung gezwungen werden, sich durch einen Dolmetsch dabei über den Gang der Verhandlung verständigen zu lassen. Das ist gegen das Naturrecht der Deutschen in einem derart rein-deutschen Bezirke. Eine Forderung solcher Art ist nicht einmal sittlich. (Bravo!) Darum verurtheilen wir Deutsche Böhmens nicht bloß vom staatsgrundgesetzlichen, sondern auch rein natürlichen und sittlichen Standpunkt die Badenischen Sprachenverordnungen. Die traurigen Folgen, welche dieselben seit ihrer Hinausgabe thatsächlich zwischen den beiden Volksstämmen in diesem Lande hervorgerufen haben, sind ein Beweis, dass sie der gefährlichste Sprengstoff für den Frieden der Zukunft sind. (Sehr richtig!)
Meine Herren, es wird hier soviel gesprochen von Gleichberechtigung, und Gleichwerthigkeit der beiden Sprachen in Böhmen. Die Gleichberechtigung sprechen wir Deutsche - wenigstens ich - der èechischen Sprache in diesem Lande nicht ab.
Ich schätze überhaupt das èechische Brudervolk in diesem Lande, mit dem uns Jahrhunderte lange Schicksale eng verbunden haben. Dafür, meine Herren, dass die èechische Nation in neuerer Zeit bis zum Jahre 1848 politisch geschlummert hat, während die Deutschen gearbeitet haben, dafür können wir nicht.
Die kulturellen Anstrengungen des èechischen Volkes seit den Fünfzigerjahren achte ich. Sie haben sich in kurzer Zeit mächtig emporgearbeitet, und Sie werden deshalb von keinem gerechten Deutschen einem missfälligen Worte begegnen. Was hindert Sie aber dabei, mit der Gleichberechtigung beider Sprachen auf Ihren abgegrenzten Gebieten in Böhmen zufrieden zu sein, womit der Friede für die Zukunft erzielt wäre?
Lassen Sie uns Deutschen in unserem geschlossenen deutschen Sprachgebiet unser sprachliches Recht, und wir lassen Ihnen das gleiche Recht in Ihrem compacten Sprachgebiete. Und wo zwischen beiden das Grenzgebiet besteht, auf welchem beide Volksstämme als solche gemischt austreten, also nicht bloss mit einprocentiger, zwei- oder dreiprocentiger Mischung, da möge das zweisprachige Recht gelten. Ueber das procentige Mischungsverhältnis, das für letzteres entscheidet, läßt sieh ja reden. Damit wäre ein sicherer Weg zu dauerndem Frieden gebahnt.
Was die Gleichwertigkeit der Sprachen betrifft, so bin ich der Meinung, dass mit diesem Worte sehr viel Misbrauch getrieben wird und oft ganz unnöthige Mißverständnisse ausrecht erhalten werden.
Meine Herren! Unterscheiden Sie den idealen oder philologischen Werth einer Sprache von ihrem praktischen, von ihrem Gebrauchsoder, um mich deutlich auszudrucken, ihrem Marktwerte; der ideale oder philologische Werth liegt in den sprachlichen Formen, in der ganzen Ausbildung der Sprache. Darüber, meine Herren, lassen wir die Gelehrten streiten, das ist nichts für uns, die wir hier im Landtage für die praktischen Volksbedürfnisse, für das täglich fluthende Leben, arbeiten. Wir erkennen der èechischen Sprache und ihrer Entwicklung gern alle Vorzüge zu, die sie nach dem Urtheil der Gelehrten und Fachmänner anzusprechen hat. Aber, meine Herren, der praktische Werth, den eine Sprache für den Gebrauch hat, wird doch durch den Umfang ihres Nutzens ähnlich entschieden, wie der Werth einer Waare. Von einer Sprache, mit der ich durch ganz Europa komme, habe ich mehr Nutzen, sie hat für mich weit höheren, praktischeren Werth, als eine andere Sprache, mit der ich nur für eine oder zwei Kronländer ausreiche. Insofern ist eine Unterscheidung des Werthes zweier Sprachen keine Beleidigung für die, welche sie sprechen. Es gibt hoch entwickelte Sprachen, die nur über ein kleineres Geltungsgebiet verfügen.
Es gibt andere Sprachen, die philologisch minderwerthiger sind, für ihre praktische Verwendbarkeit im Leben aber einen weitausgedehnteren Werth beanspruchen. Die Èechen berufen sich für ihre sprachlichen Postulate gern auf die Verhältnisse in der Schweiz. Aber, meine Herren, in der Schweiz, wo 3 Weltsprachen, die französische, die italienische und die deutsche Sprache, miteinander concnrrieren, da sind die sprachlichen Verhältnisse gerade so geordnet, wie die Deutschen in Böhmen es fordern. (Sehr richtig. )
Dort wird nur nach dem sprachlichen Bedürfnisse des Volkes vorgegangen. In der Schweiz gibt es Bezirke, wo nur deutsch amtirt wird, und andere Bezirke, wo mir französisch amtirt wird. In weiteren Bezirken wird nach dem Bedurfnisse der Volksmifchung doppelsprachig amtsgehandelt. Dass dem so ist, das mogen Sie aus einschlägigen jüngsten Mittheilungen der "Züricher Zeitung" entnehmen. Dieses Schweizerblatt schrieb neuerlich:
,, Die Èechen verweisen bei ihren Forderungen gern aus die Schweiz, wo die Sprachen auch gleichberechtigt seien, Wo die Nationalitäten friedlich nebeneinander existieren. "
Dieses Beispiel ist aber ganz falsch. Mit unserem nationalen Frieden Ware es bald vorbei, wenn der Bundesrath, ohne nur die Bundesversammlung zu befragen, befehlen würde, alle Beamten der ganzen Schweiz von oben bis zum Feldhüter müssen deutsch und französisch verstehen. Was würden die Waadtländer und Genfer dazu sagen, Wo es sogar Staatsräte gibt, die kein Wort deutsch verstehen?
Wir in der Schweiz haben gerade das. Was die Deutschböhmen verlangen: Im französischen Gebiete virlangt man von den Beamten nur franzosisch; wenn sie deutsch verstehen, um so besser für sie, im deutschen Gebiete stellt man deutsche Beamte an, die meist schon mehr oder weniger französisch verstehen; im gemischtsprachlichen Gebiete ist allein die Doppelsprachigkeit nothwendig.
Sie sehen also, meine Herren, dass der nationale und sprachliche Friede in der Schweiz, in diesem freien Staate, nur auf jener Basis gewahrt ist, die auch wir Deutsche in Böhmen anerkannt wünschen.
Darum protestiren Wir gegen die Badenischen Sprachenverordnungen als gegen eine Vergewaltigung des deutschen Sprachgebietes und werden sie bekämpfen bis zu ihrer Zurücknehmung.
Nachdem die Sprachenverordnungen Vadenis seit den letzten Tagen in diesem Hause rach allen Richtungen hm gründlich beleuchtet Worden sind, und nachdem ich nicht vom Gegenstande der Tagesordnung abschweifen Will, so Will ich hier abbrechen.
Gras Badeni ist wegen seiner Sprachenverordnungen gestürzt worden; es hat sich über ihm das politische Grab geschlossen, fällt der Herzog - sagt das Sprichwort - so muss der Mantel nach. Badenis Sprachenverordnungen werden für die Dauer nicht aufrecht zu halten sein. Hat doch das Ministerium Gautsch bereits anerkannt, dass es diese Sprachenoerordnung nicht fortbestehen lassen Will, dass es eine neue Verfügung in dem Sprachenstreite für Böhmen treffen Witt. Was streiten wir uns also langer in diesem Landtage über die Badenischen Sprachenerlässe? Betten Sie, meine Herren vom Großgrundbesitz und vom Jungèechenclub, diese unhaltbaren Erlässe, diesen Streitgegenstand mit in das politische Grab. in Welches das Ministerium Badeni ihretwegen gesunken ist, und reichen wir uns über diesem Grabe die Hand zur gegenseitigen Versöhnung. Entscheiden wir den sprachlichen Streit nach den Forderungen des Naturrechtes und des sittliehen Rechtes.
Dann wird Friede werden. Dann, meine Herren, werden wir etwas Großes gethan haben. Erst dann ist wieder der Weg frei für die Arbeiten auf dem Gebiete der wirtschaftlichen Reformen, auf dem weiten Gebiete der öffentlichen Wohlfahrt für beide Völker, für Land und Reich.
Aus den hier von mir entwickelten Gründen werden die Vertreter der christlich - deutschen Richtung für den in Rede stehenden Antrag Schlesinger-Eppinger stimmen. Ich wünsche lebhaft, dass demselben der Landtag in seiner Gesammtheit zustimmen und so beitragen möchte, dass ein Gegenstand unheilvollen Streites und Haders baldigst aus der Welt geschafft werden möge. (Stürmischer Beifall und Händeklatschen. Redner wird beglückwünscht. )
Nejvyšší maršálek zemský: Pan posl. dr. Mettal mne žádal, bych mu dal slovo k formálníma návrhu.
Der Herr Abgeordnete Dr. Mettal hat sich das Wort zu einem formellen Antrag erbeten.
Dávám mu slovo.
Posl. dr. Mettal: Slavný snìme! Navrhuji konec debaty.
Ich beantrage Schluss der Debatte.
(Abg. Wolf ruft: Da soll Friede sein, ivenn man uns die Möglichkeit nimmt, zu reden. )
Oberstlandmarschall (läutet): Ich ersuche um Ruhe.
Abg. Wolf: ES ist eine Unverschämtheit, hier von Frieden zu reden und uns nicht reden zu lassen.
Oberstlandmarschall: Ich rufe den Herrn Abgeordneten Wolf zur Ordnung.