Pátek 21. ledna 1898

handelt sein kann bezüglich der inneren Amtsspräche. Die innere Ämtssprache steht außer jeder Beziehung zu den Parteiinter ssen und kann daher in gar keiner Weise vom Standpunkt des praktischen Bedürfnisses aus gerechtfertigt werden.

Eine ähnliche Sache ist es mit der Bestimmung, dass alle Beamten und alle jene Personen, "die auf Beamtenposten landesfürstlicher Ämter in Böhmen aspirieren, der beiden Landessprachen mächtig sein sollen. Nach außen hin sieht diese Bestimmung freilich auch so aus, als ob die Èechen nichts anderes wollten, als was sie selbst als Pflicht auf sich nehmend Sie sagen: Gut, Ihr verlangt von den Èechen, die eine Anstellung suchen, die Kenntnis der deutschen Sprache, Ihr müsst daher als Deutsche auch die Kenntnis der èechischen Sprache mitbringen, wenn Ihr ein Staatsamt in Böhmen erhalten wollt!

Aber die Sache ist eben nicht so. Es ist nämlich uns allen bekannt, dass während es eine Ausnahme bildet, dass Beamtem aspiranten èechischer Nationalität der deutschen Schrache nicht mächtig wären, es eine ebenso große Ausnahme ist, dass Beamtenaspiranten deutscher Nationalität der èechischen Sprache mächtig sind.

Wenn diese Einwendung gemacht wird, so wird gewöhnlich erwidert: Das ist ja Eure eigene Schuld, wenn das èechische Volk strebsamer und lehrbegieriger ist und sich die deutsche Sprache aneignet, so ist das eben Euer Verschulden und Ihr verletzet Euer eigenes Interesse, wenn Ihr nicht im gleichen Maße und in gleichem Umfange Euch auch die èechische Sprache zu eigen macht.

Meine Herren, die Sache liegt anders. Wenn ein Deutscher aus den Gesellschaftskreisen, welche auf Staatsbeamtenposten gewöhnlich zu aspiriren pflegen, im deutschen Sprachgebiete auswächst, fehlt ihm in der Regel von Jugend auf so ziemlich jede Möglichkeit, überhaupt die èechische Sprache zu erlernen. Es gibt gar viele Theile des deutschen Sprachgebietes in Böhmen, welche von der faktischen Sprachgrenze weiter entfernt sind als sogar Theile des deutschen Reiches von dieser Sprachengrenze entfernt find. So find zum Beispiel wir in Eger von der Sprachengrenze weiter entfernt als die Baiern in Fürth oder die Sachsen in Dresden. Man sieht daraus, dass es von Haus aus für die Deutschen schon eine schwierige Sache ist, sich in der Jugend die èechische Sprache zu eigen zu machen. Und, meine Herren, dein ist nicht dadurch abgeholfen, dass man einen Sprachunt rricht nimmt; denn wir wissen, wie schwierig einerseits für die deutsche Zunge die Erlernung des èechischen Idioms überhaupt ist, und anderseits wie dieser Sprachunterricht in der Regel gestaltet ist.

Man lernt vielleicht nothdürftig schwierig Grammatik ein, aber von einem praktischen Erlernen der Sprache ist gar keine Rede, wenn man nicht dort, wo die Sprache lebendig ist, verkehren kann. Wenn nun der Deutsche heranwächst und die Universität bezieht - und ich meine da die Universität in Prag, obwohl schon heutzutage leider viele deutsche Hochschüler sich veranlasst fühlen, wegen der unleidlichen Verhältnisse in Prag andere Universitäten zu beziehen aber nehmen wir an, er beziehe die Universität in Prag - dann, meine Herren, sorgen Sie in Prag schon selbst dafür, dass der Deutsche keinen Eintritt in die èechische Gesellschaft finden könne, um sich etwa hier die èechische Landessprache zu eigen zu machen, wie es die Èechen in deutscher Gesellschaft überall thun.

Ihre Gesellschaft schließt sich in Prag von vornhinein so offen gegen alles Deutsche ab, dass es unmöglich ist, in dieser vorwiegend èechischen Stadt sich im persönlichen Verkehr die èechische Sprache zuzueignen. Dazu kommt natürlich noch, dass namentlich der deutsche Jurist, der ja vornehmlich für Beamtenposten in Betracht kommt, mit der deutschen Sprache in seinem Studium selbstverständlich sein vollkommenstes und allseitigstes Auskommen findet. Er braucht nichts als seine Sprache, um sich mit seinem Fache vertraut zu machen und sich in demselben in jedem gewünschten Maße zu vervollkommnen.

Ganz anders liegen die Dinge auf Seite des èechischen Volkes. Ich mache Ihnen keinen Vorwuf daraus, dass Ihr Volksthum verhaltnismäßig erst in ziemlich spater Zeit mündig geworden ist; ist es ja vielleicht einige Jahrzehnte her, seit die letzte Hand an das Gebäude Ihrer Sprache gelegt wurde und ich möchte sagen, es gibt Inventarstücke in Ihrem Sprachthum, denen man den Lack und die Politur noch heute anriecht, die ihnen ihre Väter vor kurzer Zeit gegeben haben.

Dass dieser Umstand nicht ohne Rückwirkung auf die èechische Wissenschaft, deren Umfang und Ergebnisse sein kann, ist selbstverständlich.

Es liegt so die Zeit nicht weit hinter uns da sehr viele Kreise Ihres eigenen Volkes noch das Empfinden hatten, dass die èechische Sprache nur so zu sagen für den Hausgebrauch sei, während die deutsche Sprache gesprochen wer den musste, wenn man irgendwo nobel austreten wollte.

Ich glaube, es ist dieses Wort speciell häusig gebraucht morden. Daher kam es und kommt es heute noch, dass ganz bedeutende Theile Ihres Volkes, namentlich die ältere Generation desselben, heute noch sich so ziemlich und allenthalben im Besitze ausreichender deutscher Sprachkenntnisse befindet. Wenn Sie nach Außen infolge der vielsachen Controlle, die in dieser Beziehung von Ihren leitenden Politikern und Ihrer Presse an Ihnen geübt wird, vielleicht sich vorsichtig des Gebrauches der deutschen Sprache enthalten mögen, in Ihren Familien, da soll es ja noch heute nicht allzuselten sein, dass man selbst im täglichen (gebrauche der deutschen Sprache "fröhnt. " (Hört!) Wenigstens entnehme ich dies aus den Berichten in Ihren Zeitungen namentlich aus gemissen kleineren Provincialblättern, die die stete Klage bringen über den Unfug, dass es noch immer Èechen gibt, die sich nicht enthalten können, sogar aus offener Straße deutsch zu leden.

Es ist daher wohl ganz natürlich, dass bei Ihnen der junge Mann, der künftige Beamte, schon vom Hause aus eine gewisse Kenntnis der deutschen Sprache mitbringt. Die deutsche Sprache ist ja b i Ihnen schon aus dem Grunde noch sehr verbreitet, weil jeder Geschäftsmann, der über den Krämerstandpunkt ein wenig hinausgekommen ist, ohne diese Sprache kaum existieren könnte. Ob er nun selbst Producent oder bloß Kaufmann sei, er wird kaum seine Produkten verkaufen oder eine Waare beziehen, kaum ein größeres Geschäft durchführen können, ohne sich auf eine deutsche Concurrenz einzulassen, und wenn er dies nicht könnte oder wollte, dann würde er einfach nicht concurrenzsähig s in, oder er wurde sitzen bleiben auf einer Stufe wirtschaftlicher Entwicklung, die ihm ganz gewiss nicht convenieren könnte.

Noch mehr tritt der Einfluss und die Wichtigkeit der deutschen Sprache, ihre Brauchbarkeit und Notwendigkeit für Sie in die Erscheinung, wenn ein Mitglied Ihrer jüngeren Volksgenossen sich die allgemeine Bildung, namentlich die Hochschulbildung zu erwerben sucht. Ich darf wohl behaupten, dass man sich das Hochschulwissen keiner einzigen Facultät mit Hilfe der èechischen Sprache allein in einem nur halbwegs wünschenswerten Grade anzueignen in der Lage wäre. Sie sehen also, dass schon wegen des Universitätsstudiums die èechischen Beamtenaspiranten der deutschen Sprache mächtig sein müssen, und dass es daher weder ein Verschulden aus deutscher Seite ist, noch ein besonderes Verdienst aus der èechischen, wenn in der That die Kenntnis der deutschen Sprache bei Ihnen allgemein verbreitet und die der èechischen bei uns nur eine Ausnahme ist. Nun hat der Gesetzgeber offenbar im vorliegenden Falle alle diese Erwägungen nicht weiter beachtet, und es ist dies ein Cardinalfehler, welcher dieser Verordnung, abgesehen selbstverständlich von der Verfassungswidrigkeit, inne wohnt.

Der Essect, den dieselben in Wirklichkeit umgesetzt haben müssten, könnte daher niemals derjenige sein, dass sie wirklich zu einer Gleichberechtigung beider Volks stämme führen, sondern der Effect wurde und wird genau entgegengesetzt sein. Es wird durch dieselbe ganz zweifellos und zwar ohne jedes praktische Bedürfnis das äußere Geltungsgebiet Ihrer Sprache über die natürliche Grenze hinaus in rein künstlicher Weise erwe tert und anderseits würden binnen Kurzem die wichtigsten Verwaltungszweige der Staatsverwaltung in diesem Lande zum allergrößten Theile mit èechischen Beamten besetzt werden, die Verwaltung würde èechisch werden in diesem Lande, wenigstens dem èechischen Einfluß vollständig unterworfen oder, mit anderen Worten, unser Volksstamm in Böhmen würde de facto einer unerträglichen nationalen Fremdherrschaft und zwar einer der schlimminsten Art, die man sich denken kann, der Fremdberrschaft seines eingefleischesten Todfeindes überantwortet worden. Von Gleichberechtigung könnte daher hier die Rede nicht sein, sondern nur von Unterweisung dieses Volksstammes unter Ihre Herrschaft. Selbstverständlich würde eine solche Einführung die weitgehendsten anderen Folgen nach sich ziehen. Heutzutage ist ein großer Theil Ihrer Minoritäten auf dem flachen Lande u. auch in den kleinen Provinzstädten politisch kein Faktor, weil er sich aus gesellschaftlichen Kreisen rekrutiert, die ihrer Natur nach eigentlich politischen Einfluss nicht nehmen können.

In dem Augenblicke, wo überall diesen Minoritäten in den èechischen Beamten die geistigen Führer gegeben würden, in diesem Augenblicke würden diese Minoritäten eine ganz bestimmte und oft recht weit gehende politische Bedeutung gewinnen. Die vielen èechischen Familien aber, die mit den Beamten in das deutsche Sprachgebiet einwandern würden, der Nachwuchs derselben würde selbstverständlich bei dem bestehenden Gesetze das Entstehen einer großen Änzahl èechischer Schulen hervorrufen und würde so das ganze deutsche geschlossene Sprachgebiet auf rein künstliche Weise, nicht auf dem Wege natürlicher und selbstthätiger Volksentwicklung. durchsetzt werden mit einem feinmaschigen Netze èechischer Minoritäten und dann könnte man bald davon sprechen, dass ein geschlossenes deutsches Sprachgebiet nicht existirt.

Sie können sich daher denken, dass wir aus all diesen Gründen niemals in dasjenige einwilligen können, was diese Sprachenverordnungen von uns verlangen.

Dazu kommt noch, dass in diesen Sprachenverordnungen u. zw. in der Form der Erlassung derselben ern Rechtsbruch schwerster Sorte verkörpert ist. Wir sind ja bei uns seit einer Anzahl von Jahren daran gewöhnt, dass man es nicht sehr genau mit den Verfassungsgesetzen nimmt, duldet, dass sich die Exekutivbehörde mit größerer oder geringerer Leichtfertigkeit über diese durch die Gesetze gezogenen Schranken hinwegsetzt. Aber einen Verfassungsbruch von dieser Tragweite, wie ihn die Sprachenverordnungen vom 5. April vorigen Jahres in sich schließen, hat das deutsche Volk in Österreich noch nicht erlebt.

(Abg. Wolf: Wird sich ihn auch nicht gefallen lassen.)

Die Verordnungen tragen auch den Charakter eines Treubruches an sich, den Charakter der Nichtachtung der Rechte des deutschen Volkes, aus dem Grunde, weil sie mit den bestimmtesten Versicherungen im Widerspruch stehen, die erst unmittelbar vor Erlassung der Sprachenverordnungen dem deutschen Volke in Böhmen hier in diesem hohen Hause von der Regierung gemacht worden sind. (Abg. Wolf: Spiegelfechterei!) Damals hat die Regierung durch den Mund des Statthalters verkündet, dass sie nur auf Grund der Zustimmung auch des deutschen Volkes zur Lösung der Sprachenfrage schreiten werde und wenige Wochen später wurden diese Verordnungen erlassen, ohne dass es zur Einholung dieser Zustimmung gekommen wäre. Die Regierung hat sich lediglich darauf beschränkt, einige Vertreter des deutschen Volkes nach Wien zu berufen und sie dort mit dürren Worten davon in Kenntnis zu setzen, dass diese Verordrungen festgesetzt sind und dass ihre Herausgabe unabänderlich beschlossen sei und dass nur erübrige, dass sie sich in dieselbe fügen. Dadurch hat sie gewiss keinen Schritt Entgegenkommens, keine Rücksichtsnahme auf das deutsche Volk iii Böhmen bekundet, nein, sie hat einfach dem Rechtsbruche noch den Hohn hinzugefügt und das werden wir weder der Wiener Regierung vergessen, noch werden wir das Ihnen vergessen, Ihnen, die uns im vorigen Landtage fast jeden Tag die Versöhnungshand entgegenstreckten und dabei doch schon die Verordnungen in der Tasche hatten, mit welchen Sie uns, kaum dass der Landtag geschlossen war, zu beglücken gedachten. Glauben Sie, dass wir je mehr Ihren Friedensversicherungen Glauben schenken können, die Hand ergreifen können, die uns in gleißnerischer Freundlichkeit den Frieden bietet, während die andere Hand schon im Begriffe ist, uns nach der Kehle zu greifen?

Sie haben selbst jede Friedenshoffnung in diesem Lande zur Unmöglichkeit gemacht, und das deutsche Bolk in diesem Lande bringt Ihnen und Ihrer politischen Partei auch keinerlei Vertrauen mehr entgegen, darauf können Sie sich verlassen (Rufe: So ist es, Abg. Iro ruft: Wir haben einfach zu kämpfen und weiter nichts mehr. )

Nun der Eindruck, der Effekt, den diese Verordnung hevorgebracht hat, durfte den Erwartungen der Väter dieses Wechselbalges kaum entsprochen haben. Ich glaube, dass sowohl der vertrauensselige Graf Badeni, als auch seine Berather in dieser Angelegenheit im Wahne lebten, der ganze Widerstand des deutschen Volkes werde sich wieder darauf beschränken, dass irgend welche Protestversammlungen abgehalten werden, papierne Resolutionen beschlossen und schone Reden gehalten weiden, dann werde der deutsche Michel in seinen lethargischen Schlummer zurückfallen, in welchem er seit Jahrzehnten lag. Nun, darin haben sich diese Herren gründlich getauscht.

Das deutsche Volk, nicht nur in Böhmen allein, sondern in ganz Österreich hat allen Zwist vergessen, der bis dahin seinen eigenen Leib durchwühlte, hat sieh um die nationale Fahne geschart und ist seinen Feinden in geschlossener Einigkeit entgegengetreten und bei dieser geschlossenen Einigkeit wird es auch bleiben, wenn man einige Volksverräther deutscher Abfunst ausnimmt, welche sich aus Ihre Seite gestellt haben, aber ganz gewiss Ihrer Majorität zu seinem Ruhme gereichen.

Die einmüthige Erhebung des deutschen Volkes hat einen Augenblicks-Erfolg schon gezeitigt, nämlich den, dass die ganzen inneren Verhältnisie Österreichs in ein Chaos zusammengebrochen sind, dem die Regierung, und wohl auch Ihre Majorität, bis auf den heutigen Tag rathlos gegenüberstehen. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin eiu Argument zu streifen, das von Ihrer Seite regelmäßig angewendet witrd, wenn von den Obstruktionstagen des vorigen Jahres gesprochen wird.

Gewohnt, wie Sie sind, jede Situation, auch die ungünstigste, mit der Ihnen eigenen Scrupellosigkeit für Ihre politischen Vortheile auszubeuten, haben Sie natürlicherweise die offenbare und eclatante Niederlage, welche Ihre politische Begehrlichkeit durch die deutsche Obstrukzion ersahren hat, ins Gegentheil zu verkehren und der Welt weiß zu machen gesucht, das die Obstrukzion nichts weiter bewiesen habe, als dass ein Centralparlament in Österreich unmöglich sei, dass es unsähig sei dem Reiche als Stütze zu dienen und dass die Regierung nichts anderes zu thun habe, als aus föderalistischem Wege zu wandeln, als die èechischen Prinzipien zu den ihrigen zu machen, kurz und gut, das Schwergewicht der Verwaltung in die Landtage zu verlegen. Ich glaube nicht, dass einer von Ihnen das selber glaubt, die parlamentarische Institution ist es ganz gewiss nicht, welche es unmöglich machte, mit ihr weiter zu arbeiten. Die fruchtbare Arbeit wurde nur unmöglich gemacht, weil sie die Deutschen unmöglich machen wollten. Der einzige Schluss aus dieser Thatsache ist daher nur der, dass wir Deutsche in Österreich, Gott sei Dank, bis aus den heutigen Tag die Macht besitzen, wenn wir wollen, alles Regieren in diesem Staate unmöglich zu machen, wenn gegen uns oder ohne uns etwas geschehen soll (Ruf: Ganz richtig!)

Wenn Sie oder irgendwelche Regierung vernünftige Conseqnenzen aus dieser Ersahrung ziehen wollten, fo können sie nie im Sinne der föderalistischen Bestrebungen ausfarllen, sondern nur darin gipfeln, dass man in Österreich nur mit Zustimmung und mit Hilfe der Deutschen regieren könne und sich hüten müsse etwas zu thun, was den Widerstand der Deutschen herausfordern könnte, wie im vorigen Jahre. Denn in dem Augenblicke, in dem man das thut, gefährdet man die Sicherheit und den Bestand, wenigstens den Machtbestand des Staates in einem Maße, wie ihn kaum ein verlorener Krieg gefährden könnte. Es wird in ähnlichen Fällen gewöhnlich von Ihnen auch gesagt.

Wir Deutsche hätten den Parlamentarismus discreditiert durch die Obstruktion. Das kommt mir gerade so vor, wie wenn man jemanden, der in Nothwehr vesetzt wird durch einen räuberischen Anfall, verantwortlich machen wollte für die Nothwehr als solche und ihm sagen würde: Lieber Freund, das ist roh mit dem Revolver aus jemanden zu schieben oder mit dem Todtschläeger jemandem auf den Kopf zu schlagen. Wie konntest Du nur so etwas thun?

Meine Herren, ich glaube, für die Form der Nothwehr, mag sie noch so brutal sein, kann nur derjenige verantwortlich sein, der den anderen in den Stand der Nothwehr gesetzt hat, d. i. der Angreifer. Und das, meine Herren, waren Sie. (Lebhafter Beifall.)

Sie sind es gewesen, welche die Vorschriftender parlamentarischen Geschäftsordnung zuerst mit Füßen traten, Sie sind es gewesen, welche zuerst mit Gewalt versucht haben, den politischen Widerstand im Hause zu brechen und Sie konnten sich daher auch nicht wundern. wenn von Seiten der deutschen der Gewalt wieder Gewalt entgegengesetzt worden ist, und, wenn Sie bann vom Discreditieren des Parlamentes sprechen, so frage ich, ob diejenigen das Parlament discreditiert haben, welche mit großer Selbstverläugnung der persönlichen Sicherheit in der eben möglichen Form für die Interessen der Volksrechte im Parlamente eingetreten sind, oder nicht vielmehr diejenigen, welche die Polizei ins Haus geführt haben, welche di-ser Polizeigewalt bei der Entfernung der Abgeordneten mit eigener Handanlegung geholfen haben. Ich glaube, meine Herren, von dieser Schmach, welche an Ihrer Partei für immer klebt, werden Sie sich niemals reinzuwaschen vermögen. Ich möchte die sichere Erwartung aussprechen, dass ihrem Volke in dem ersten Augenblicke, in welchem es zum ruhigen Bewußtsein gekommen sein wird, diese Ihre Schmach klar werden wird und dann wird Ihnen die Sühne und Strafe nicht erspart bleiben. (Rufe: Hoffentlich wird es geschehen!)

Abg. Wolf: Die  nationalen Abzeichen sind verboten worden und  da lauft wieder einer in der Èamara herum. Das ist auch ein Abzeichen.

Abg. Bøeznovský: Und tragt wieder einen Cylinder.

Oberstlandmarschall (läutet): Ich bitte die Herren, welche nicht das Wort haben, den Redner nicht zu unterbrechen. Ich bitte die Herren die Debatte nicht zu stören.

Posl. dr. Koldinsky: To jest zpupnost!

Abg. Dr. Reiniger: Aber nicht nur darin zeigt sich die unheilvolle Wirkung der Sprachenverordnungen und der ganzen von der polnischen Regierung und ihrer Verbündeten auf diesem Gebiete unternommene Action, sondern auch in ganz anderen und sehr traurigen Erscheinungen (Hört! Hört!)

Der ganze Verwaltungsapparat dieses Reiches ist in dem einen Jahre seit der Erlassung der Sprachenverordnungen in einer Weise durchseucht worden von polnischsarmatischen Regierungsprincipien, wie man eine Coruption in solcher Ausdehnung wahrhaftig in so kurzer Zeit nicht für möglich gehalten hätte.

In der Absicht, jeden Widerstand gegen die Sprachenverordnungen auch außerhalb des Parlamentes niederzuhalten, hat man nicht gezögert, jedes politische Recht, jede staatsbürgerliche Freiheit, welche bis dahin in dem geringen Maße, in welchem die Gesetze sie uns einräumen, immerhin noch unangetastet blieben, jetzt vollends mit Füßen zu treten und unserem Volke zu entziehen.

Ich weiß nicht, ob dieses überall so geschehen ist, wie speciell in Deutsch-Böhmen ich glaube aber nicht, dass überall mit diesem Maße gemessen wurde, aber wir wissen ein Lied davon zu singen. Es war für uns fast unmöglich irgend eine Versammlung abzuhalten, nicht einmal die Abgeordneten waren im Stande, ihre Rechenschaftsberichte zu erstatten und die Behörden, welche zum Schutze des Vereins - und Versammlungsrechtes berufen sind, haben es sich gar nicht einmal die Muhe kosten lassen, ihre dies bezüglichen Entscheidungen auch nur zu begründen.

Man wies solche Anmeldungen einer Versammlung oder selbst Anmeldungen von Vereinsversammlungen ganz einfach ab, ohne sich in irgendeine nähere Begründung einzulassen.

Die Blüte dieser eigenthümlichen Uebung ist jedenfalls das Benehmen der Regierung und insbesondere des Statthalters von Böhmen gegenüber dem sogenannten Egerer Volkstag gewesen.

Meine Herren, es hat doch auch in den Zeiten der ärgsten Bedrückung unseres Volkes niemals so weit gehen können, dass man die berufensten Vertreter des Volkes, die Abgeordneten, die besonnennen Vertreter der Gemeinden und Bezirke, also durchaus Leute, die gewiss nichts ordnungsgefährliches an sich tragen konnten, hinderte, dass sie in einer so schwierigen Lage, wie sie durch die Sprachenverordnungen geschaffen wurde, in einer Versammlung besprechen, wie sich das Volk dazu verhalten sollte. Diesmal kann es so weit!

Es haben sich in Eger die deutschen Reichsraths- und Landtagsabgeordneten mit den Vertretern der deutschen Gemeinden zusammenzufinden gedacht, um über diese Angelegenheit zu sprechen. Es wurde unnötigerweise - denn man hatte doch nur eine Versammlung im Sinne des § 2. Versammlungsgesetzes im Auge - den Behörden die Anzeige erstattet, also man ist noch weiter gegangen, als wozu man gesetzlich verpflichtet war. und die Behörde hat aus ganz nichtigen formellen Vorwänden die Versammlung zweimal verboten und zwar jedesmal in einem so späten Zeitpunkt, dass auch eine ordnungsmäßige Anmeldung einer öffentlichen Versammlung nicht mehr möglich war, so dass jedes Kind aus diesen Verfügungen erkennen konnte, dass die Regierung nicht formelle Anstände als den wahren Verbotsgrund betrachtete, sondern vielmehr nur solche Anstände erfand, um das Zustandekommen eine solcher Versammlung überhaupt unmöglich zu machen.

Die Vertreter unseres Volkes waren daher nach unserer Auffassung im vollen Recht, wenn sie trotzdem die Versammlung abhielten, denn die Cersammlung kunnte stattfinden nach dem Versammlungsgesetze und nicht ihre Abhaltung, sondern das Verbot war eine Gesetzesübertretung. (Rufe: Sehr richtig! Unruhe.)

Sonst, meine Herren, wenn irgend eine Versammlung verbotswidrigerweise unternommen wird, begnügt sich die politische Behörde damit, einen Regierungscommissär zu entsenden, und durch denselben die Versammlung auflösen zu lassen - und vom Standpunkte des Gesetzes isi dies auch die einzig mögliche Form, einer solchen Versammlung entgegenzutreten.

Was hat aber hier die Regierung verfügt? Sie hal Eger in ein förmliches Heerlager verwandelt. Nicht nur, dass sie die Grenze von der Finanzwache entblößte und hiedurch den Schwärzern eine Freude bereitete, sie hat auch aus den entlegensten Theilen des Landes eine Unmasse Gensdarmerie herangezogen, obwohl Eger selbst über eine hinreichende Anzahl von Gensdarmen und mehrere Bataillone Militär verfügt, und sie hat etwas ganz Neues einzuführen für nothwendig erachtet, etwas, was bisher selbst bei uns in Osterreich - wo doch die politischen Behörden in der Regel ihre ganze Thätigkeit und Findigkeit nur auf Verbote der Versammlungen und in Sachen der Presspolizei zu entfalten pflegten, - etwas ganz Neues war, sie hat die berittene Prager Polizei nach Eger berufen.

Wir glauben wohl, dass wir es hier mit einem Geistesblitz des Herrn Statthalters selbst zu thun haben, denn ich glaube nicht, dass ein untergeordneter Beamter so etwas wagen konnte (Abg. Iro; Er hat ja telegraphiert: "Es bleibt bei meiner Anordnung. ").

Meine Herren, ich würde mich nicht so sehr über diese Vorfälle in Eger verbreiten, wenn ich nicht die bestimmte Überzeugung hätte, dass diese Vorfälle in Eger etwas mehr bedeuten, als lediglich eine verbotene Versammlung.

Wir haben die feste Überzeugung, und alle, welche dem Parteitag in Eger beigewohnt haben, sind der Überzeugung, dass man damals einen Conflict mit den Volksmassen und zwar sogar mit den Vertretern des deutschen Volkes von Seite der Regierung absichtlich schaffen wollte, und zwar einen blutigen Conflict, um eine Einschüchterung des deutsch-böhmischen Volkes zu ermöglichen im Sinne gewisser polakischer Muster.

Das ist keine leichtfertig hintgeworfene Beschuldigung, und es werden viele unter Ihnen sein, die mir bestimmen müssen, wenn ich Ihnen nähere Details in diesem Sinne an die Hand gebe.

Das für die Versammlung in Aussicht genommene Local liegt auf einem sehr abgelegenen Platze, der von einer viele Meter hohen Schanzmauer dem betreffenden Saalgebäude selbst und dem gemauerten Egerquai umsäumt ist. Zugänglich ist der Platz einzig und allein durch ein enges Festungsthor. Wenn man nun die Versammlung nicht zustande kommen lassen wollte, beziehungsweise, wenn man die sich zum Versammlungslocale begebenden Abgeordneten und Gemeindevertreter nicht dorthin gelangen lassen wollte, so war es - auch bei der größten geistigen Beschränktheit der betreffenden, behördlichen Organe - ganz selbstverständlich, dass man gleich die erste dahin führende Gasse durch eine kleine Anzahl Gensdarmen oder Wachleute abzusperren hatte. Das that man aber nicht, sondern man ließ die circa 3000 Personen betragende Volksmasse ganz ruhig unmittelbar auf den Platz selbst ziehen.

Einzelne berittene Polizeiwachleute trafen mit dem Zuge zusammen, sie entfernten sich aber sofort in der Richtung des Platzes zum Versammlungsorte und erstatteten dem dort amtierenden Polizeibeamten Bericht, und so kam es, dass die ganze Volksmenge von mehreren Tausend Personen unangefochten bis auf den Platz selbst gelangte. Dort trat ihnen die bewaffnete Macht entgegen. (Hört!)

Wenn in diesem Augenblicke die Volksmenge nicht so besonnen gewesen wäre, wie sie es in der That war, wenn sie wirklich so gefahrdrohende Elemente in sich gehabt hatte, wie es die Regierung, wie es schien, voraussetzte, so hatte es zu einem ungeheuer gefahrvollen Zusammenstoße unbedingt kommen müssen.


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