Pondìlí 17. ledna 1898

für die Beurtheilung des jetzt vorliegenden Antrages sind.

Meine Herren, damals wurden die besten Männer des èechischen Volkes, die für die kul turelle und nationale Hebung ihres Volkes das größte Verdienst haben, als Repräsentanten der Meinung der èechischen Nation von der Regielung einberufen; in gleicher Weise wurden die Vertreter des Hochadels und Großgrundbesitzes berufen und ebenso die Vertreter des deutschen Volkes. Diese tagten in Wien unter der Aegide der Regierung und sie beriethen in den besten Intentionen die Grundlagen eines dauerhasten, national politischen, gerechten Friedens. Sie fassten in gegenseitiger Vereinbarung ernste Beschlüsse über alle Gebiete des national-politischen Streites in dem Lande. Die Regierung stellte sich mit ihrer Garantie hinter diese Beschlusse. Der Kaiser selbst erklärte, dass diese Abmachungen, diese von jungèechischer Seite seither so viel bekämpften Punktazionen und ihre gesetzliche Durchführung eine "Staatsnothwendigkeit" für Österreich seien. (Hört! Hört!)

Die Parteivertreter giengen aus dieser Friedenskommission in Wien, die damals so feierlich inauguriert worden war und die so hoffnungsvoll gearbeitet hatte, zurück nach Böhmen. Wir Deutsche hatten Hoffnung, dass auf dieser Grundlage auf Jahrzehnte hinaus ein gedeihlicher Friede zu Stande komnien werde. Von den Thetlnehmern an diesen Commissionsberathungen verständigten sich die Vertreter der Èechen mit dem èechischen Club, die Deutschen mit der deutschen Partei, die Großgrundbesitzer mit ihren Standesgenossen und alle Clubs stimmten den Punktazionen feierlich zu. Das èechische und deutsche Volk schienen endlich geeinigt, der Versohnungs-Landtag wurde eröffnet, die Punktazionen sollten in demselben legalisiert werden.

Und, meine Herren, was war die Folge? Nur nach zwei Richtungen hin konnten die Punktationen durchgeführt werden, nämlich für die Landeskultur und für das heikelste Gebiet des nationalen Empfindens, für das Schulund Unterrichtswesen im Lande. Und auf beiden Gebieten wurde cm voller Erfolg erztell. Insbesondere auf dem Gebiete des Schulwesens, das jetzt in Böhmen geseilt ist, hat es sich gleichzeitig gezeigt, dass in Böhmen die Mischung zwischen den beiden Volksstammen eigent lich uhr gering ist. Es wird sich später Gelegenheit bieten, dafür anschauliche Ziffern beizubringen, wenn wir über die Sprachenverordnungen debattiren weiden.

Das national getheilte Schulwesen in Böhmen steht unter einem Landesschulrathe, der in eine deutsche und èechische Section abgetheilt ist. Der einen Section unterstehen alle deutschen Schulen des Landes, der anderen die èechischen Volks- und Bürgerschulen, beziehungsweise die deutschen und die èechischen Schulbezirke, die gemischten Bezirke aber dem Gesammt-Schnlrathe. Seitdem ist aus diesem heikelsten der national sprachlichen Gegensätze voller Friede im Lande eingetreten und ruhiges, gedeihliches Arbeiten möglich. (Rufe: Die Minoritätsschulen!)

"Die Minoritätsschulen!" ist mir zugerufen worden. Gewiss, da gibt es noch Streit, aber er ist eng begrenzt. Der Friede wird nie ganz vollkommen werden.

Nach diesen Resultaten trat eine andere Partei aus den Reihen des èechischen Volkes hervor, die diesen Ausgleichs-Frieden nicht wollte Sie erklärte den Führer der Altèechen, Dr. Rieger, der die Punktazionen herbeigeführt hatte", öffentlich einen elenden Verräther und räumte die weiteren Ausgleichsabinachungen hinweg. Der Ausgleich wurde nicht fortgesetzt.

Von da an, meine Herren, datiert die volle Vergiftung des nationalen Friedens in diesem Lande. Die jungèechische Partei erklärte, dass durch diese' Ausgleichsverhandlungen das böhmische Staatsrecht begraben worden wäre. Nein, weine Herren, mit diesem Ausgleiche wäre nur der endlose nationale Streit zwischen den beiden mächtigen Volksstämmen auf lange hinaus begraben worden. Es wäre der Frede gesichert worden zum Wohle und Heile des deutschen und èechischen Volksstammes in diesem Lande. Das haben Sie, die Vertreter der jungèechischen Partei verhindert.

Die Großgrundbesitzer zogen sich einzeln zurück Sie haben ihre Zusage nicht weiter betrieben Sie haben das Äusgleichswerk versumpfen lassen. (Hört!) Der Großgrundbesitz hat sein Wort thatsächlich nicht eingelöst. Die Regierung konnte unter solchen Umständen nichts machen und sie that nichts weiter. Nur die Deutschen stehen heute noch im Worte und sind Bereit jede Stunde den Pakt von damals zu halten, den nationalpolitischen Frieden auf der genannten Ausgleichsbasis durchzuführen. Dieser fußt wieder auf der Anerkennung des gleichen Rechtes für den deutschen Volksstamm in seinem Gebiete und für den tschechischen Volksstamm in dem von ihm innegehabten Territorium des Landes.

Ein gemischtes national-politisches Recht aber hat dort zu gelten, wo beide Volksstämme als solche zusammenwohnen. Das deutsche Volk und seine Vertreter halten bezüglich des Ausgleichs von 1890 heute noch Wort. Von den anderen Parteien ist das Wort nicht eingelöst worden. Sie weiden nun wohl begreisen, meine Herren, dass wir Deutsche nach diesen schmerzlichen Erfahrungen auf neue Friedensunterhandlungen, zumal wenn sie in so idyllischer Form bloß in diesem Landtag abgehalten werden tollen, keine Hoffnung setzen.

Wir haben kein Vertrauen, dass aus neuen kominisstonellen Berathungen größere Erfolge herausschauen werden. (Nus: Nur versuchen!) Wenn Abmachungen, die in so feierlicher Weise gefasst wurden, so schnell von den andern Partnern begraben werden konnten, was soll da herausschauen, wenn sich jetzt einige Großgrundbesitzer, einige Jungtschechen und einige Deutsche als einfache Landtagskommission zusammensetzen und berathen, wählend für das Resultat weder die Regierung Garantie übernimmt, nochtigend eine maßgebende höhere Macht sich schirmend dahinter stellt.

Meine Herren, von den Berathungen einer solchen Kommission erwarten wir Deutsche in dieser schwierigen Frage kein gederhliches Resultat. Schade deshalb um die Zeit, die mit solchen Berathungen am grünen Tische hingebracht wurde.

Im böhmischen Landtage wird nach meiner Meinung der Sprachenstreit in seiner gegenwärtigen Verschärfung überhaupt nicht gelost. (Sehr richtig!) Jetzt, nach Den Badenischen Sprachenverordnungen ist der sprachliche Streit eine Brandfrage für ganz Österreich geworden.

Sie werden das, meine Herren, wohl zugeben, wenn ich hinweise, welche Erschut terungen diese Verordnungen seit 3/4 Jahren in ganz Österreich angerichtet haben. Dieselben haben wie eine Dynamitmine für das ganze Gefuge Österreichs gewirkt, die Verwussungen, welche diese Verordnungen in unserem Reichsparlamente angerichtet haben. Die 2 1/3 Millionen Deutschen in Böhmen lassen sich doch nicht ohne Protest, ohne Widerspruch alte Rechte einfach wegdekretieren, Sie lassen nicht schweigend Riemen aus ihrer Haut schneiden für die Zwecke Anderer. Sie erheben Einspruch dagegen, wenn ihnen genommen wird, was ihr gutes Recht ist. (Lärm. )

Wenn Ihnen, meine Herren von der jungtschechischen Seite, Gleiches geschehen wäre, so wurden namentlich Sie nicht geschwiegen haben. Die Sprachenfrage für Böhmen ist durch Badem's Sprachenverordnungen eine Frage für das gesammte Reich geworden. Das zeigen die Vorgange des letzten Jahres, und jetzt hören Sie, dass die Landtage in Tirol, in Steiermark, in Karnten, in Salzburg sich gemeldet haben und Stellung zu diesen Sprachenverord nungen für Böhmen in Motionen an die Regierung nehmen.

Darum kann dieser Sprachenstreit nicht mehr in idyllischer Ruhe im böhmischen Landtage abgehandelt werden. Der Antrag Buquoy ist unter solchen Umstanden hoffnungslos.

Darum glaube ich, dass wir unsere kostbare Zeit in diesem Landtage nicht verschleudern sollen. Wir haben so viele andere nothwendige Dinge zu behandeln, die nicht aufschiebbar sind und ein Resultat erhoffen lassen.

Die Sprachenfrage in ihrer Ganze ist wohl in Oesterreich überhaupt nicht aus dem Boden des Landtages zu losen, sie gehört auf den Boden des Reichsrathes.

Der Dipaulische Antrag im Reichsrathe, der vom Vorredner erwahnt worden ist, beweist dies auch. Es ist vor allem nothig, dass endlich in Oesterreich ein Nationalitaten- und Sprachengesetz geschassen werde, und zwar als Rahmengesetz, in das dann die sprachlichen Bedurfnisse der einzelnen Länder nach den nationalen und sonstigen Erfordernissen eingebaut werden. (Ruf: Paragraph 19!) Geschähe das Unigekehrte, so wurde der Landtag sich über den Reichsrath stellen, und das Land Böhmen, das doch nur ein Verwaltungsgebiet Öesterreichs ist, sich über das Reich erheben. (Rufe: Das wollen Sie ja!)

Erst muss man den großen politischen Rahmen für das Reich schaffen, und dann in diesen die Details für die einzelnen Länder hineinbauen. Deshalb, meine Herren, sind wir Deutsche Böhmens der Meinung, dass zunächst der Reichsrath über ein Nationalitäten- und Sprachengesetz entscheiden müsse und dass sich das Land Böhmen darnach zu richten habe.

Uebrigens, meine Herren, ist es auch ohne commissionelle Berathung schon jetzt genau bekannt, was die Deutschen Böhmens als Volksstamm in diesem Lande für sich in nationalpolitischer Hinsicht fordern. Wir verlangen deutsches Recht für das deutsche Sprachgebiet, dort, wo die Deutschen als Volksstamm wohnen. Und das ist uns garantiert durch Artikel 19 der Staatsgrundgesetze. (Zwischenrufe. )

In gleicher Art erkennen wir den Èechen. wo Sie als Volksstamm wohnen und Rechtssubject sind, für diese Gebiete im Sinne des Artikels 19 der Staatsgrundgesetze das gleiche Recht für ihre Sprache zu, (Lärm und Zwischenrufe. Der Oberstlandmarschall läutet. )

Wo aber beide Völker als Volksstamm gemischt zusammenwohnen, da gelte die gemischte zweisprachige Ordnung. Das letztere ist nun nicht der Fall, wo z. B. 2pZt. Èechen unter 98 pZt. Deutschen leben. Diese Ordnung vertraten auch die Ausgleichpunktationen vom Jahre 1890 und an dieser halten wir Deutsche unverbrüchlich bis heute fest.

Meine Herren! Es wird in diesem Landtage so viel von Autonomie u. vom böhmischen Staatsrecht geredet. Ich glaube, manche Herren vermengen beides gern absichtlich. Autonomie und böhmisch es Staatsrecht sind aber wesentlich verschieden. Auch wir Deutsche sind durchaus nicht gegen Erweiterungen der autonomen Landesrechte, wo es durch die Verhälnisse geboten erscheint. Wir wünschen nationale Autonomie in Böhmen für den deutschen Volksstamm und gönnen sie den Èechen. Wir begrüßen auch eine Erweiterung in wirtschaftlichen Angelegenheiten des Landes. Aber etwas anderes ist es, unter dem Worte Autonomie das sogenannte böhmische Staatsrecht begehren. Damit sind wir nicht einverstanden. Unter dieser Formel fordern Sie den èechischen Nationalstaat.

Damit verlangen Sie, dass die 2 1/3 Millionen Deutchen dieses Landes sich losreißen lassen von den Deutschen Oesterreichs, mit denen zusammen sie 9 Millionen zählen.

Die Deutschen Böhmens, die in solcher Stärke dicht zusammen wohnen, sollen sich widerspruchlos in ein neues èechisches Staatsgefuge eingliedern lassen. Dagegen wehren wir uns als Deutsche und als Oesterreichen. Und dieses Staatsrecht ist bei all dem eine sehr nebelhafte Sache.

Dasselbe ist noch von Niemandem aus Ihren Reihen, meine Herren, von der èechischer Seite, genau umschrieben und stichhaltig bewiesen worden.

Einer Ihrer hervorragenden Führer, Dr. Ed. Grégr, der jetzt zu dem von mir Gesagten mit dem Kopfe schüttelt, erklärte selbst, dass dieses Staatsrecht nicht viel mehr Wort habe als eine Pfeife Tabak.

Das böhmische Staatsrecht, wie es nach der pragmatischen Sanction ausgedrückt wurde, war ein Ständerecht, ein PrivilegialRecht. Als einer der 12 Punkte wird darin ausdrücklich gefordert, dass keine neuen privilegierten Stände in Böhmen zugelassen werden zu den alten Ständen.

Was sagen die Herren Jungèechen zu einem solchen, gänzlich überlebten Staatsrechte? Können Sie nach Ihren freisinnigen und demokratischen Grundsätzen damit etwas anfangen? (Gar nichts!)

Daraus sehen wir, meine Herren, daß sich der Kampf in Böhmen nicht um die Autonomie, sondern um etwas ganz anderes, um die Etablierung eines èechoslovanischen Nationalstaates unter dem staatsrechtlichen Vorwand dreht. Das können wir zum Uiberfluss aus dem Munde Ihrer hervorragendsten Führer und Ihrer nationalen Presse beweisen.

In diesem bitteren Streite, der die beiden Volksstämme Böhmens brennt, bietet sich als Makler oder Vermittler der Großgrundbesitz, der Hochadel an.

Ich habe gegen keinen Stand eine Aversion, am allerwenigsten gegen die Herren auf den Bänken da drüben. Im Gegentheil, ich weiß, dass mancher dieser Herren meinen Grundsätzen in religiös-fittlichen und socialen Fragen sehr nahe sieht.

Allein wir Deutschen haben im Jahre 1890 bittere Erfahrungen mit den AusgleichsVerbürgungen des Großgrundbesitzes gemacht.

Damm haber wir das Vertrauen verloren. Wo das der Fall ist, dort kann das Vertrauen nur wieder durch neue Vertrauens-Erweise zurückerworben werden.

Übrigens find auch im GroßgrundbesitzerClub gewisse Änderungen eingetreten, die unsere Stellung als Vertreter des deutschen Volksstammen in Böhmen zu demselben alterirt haben.

Die Herren haben sich seit 1 bis 2 Jahren unter der geistigen Führung des Prinzen Bedøich Schwarzenberg ziemlich enge an die jungèechische Partei angeschlossen und sich von derselben beeinflussen lassen.

Eine wirksame Vermittlerrolle verlangt eine Stellung über den Parteien; diese haben die Herren vom Großgrundbesitz durch den genannten Wechsel selbst abgeschwächt.

Obwohl Deutsche in Ihrer Partei sitzen, haben Sie in wichtigem Interessen des deutschen Volkes zum jungèechischen Club gehalten. Wenn vorhin von meinem verehrten Vorredner aus Ihrer Partei hingewiesen wurde aus anti. christliche Bestrebungen, die sich in einzelnen Fraktionen der deutschen Gesammtheit, in deren Reihen jetzt Wir Christlich-deutsch-Socialen in der nationalen Schutzsrage stehen, geltend gemacht haben, so weise ich nur daraus hin, dass der Großgrundbesitz seine politische Intimität zur jungèechischen Parthei pflegt, obwohl die Jungèechen ausgesprochen national-radical sind, und bis in die neueste Zeit gar oft hussitischen Tendenzen offen in Wort und That gehuldigt haben.

Vorwürfe von drüben in Bezug aus solche Dinge sind unter solchen Umständen nicht passend. (Bravo!)

Wir Ehristdeutsche Werden keinen unserer Grundsätze trotz dieser Gemeinschaft in nationalen Schutzsragen verleugnen.

Weiter sind Wir Deutsche in unserer Stimmung in diesem Landtage gegenüber den Großgrundbesitzern auch noch aus einem andern Grunde gedrückt.

Die 69 deutschen Abgeordneten, die einen Volksstamm von 2 1/2 Millionen in diesem Landtage vertreten, der von den 112 Millionen directer und indirecter Steuern Böhmens fast die Hälste zahlt diese Vertreter haben hier im böhmischen Landtage nicht einmal das Recht, kraft ihrer Ziffer auch nur in eine Commission, auch nur in eine Landesanstalt eines ihrer Mitglieder zu entsenden.

Wir sind dafür noch heute angewiesen aus die Gnade des Großgrundbesitzes. Obwohl es sich da um eine Frage der elementarsten Gerechtigkeit handelt, hat der Großgrundbesitz zur legalen Beseitigung dieses Unrechtes für die

Deutschen nichts anderes gethan, als dass er sie auch fernerhin angewiesen sein lässt auf sein Belieben. Und doch sollte dafür den Deutschen ihr Recht sichergestellt werden.

Deßhalb herrscht bei den Vertretern aller deutschen Parteirichtungen darüber Erbitterung (Sehr richtig!) weil es der Ehre unseres deutschen Voltes zuwider ist, dass wir von den Jungèechen hier einfach in nationalen Fragen majorisirt werden können und auf bloße Gnade angewiesen bleiben sollen.

Ich habe die Pflicht, das auszusprechen, weil auch in den Kreisen aller christlich-deutsch denkenden Elemente des Landes dieser Uebelstand bitter empfunden wird.

Und noch ein anderer Punkt kommt in Betracht. "Noblesseoblige" sagt der Adel. Nun wissen Sie, meine Herren, dass unter den 69 Vertretern des deutschen Volksstammes in diesem Landtage wohl kaum einer ist, der imstande wäre, czechisch zu sprechen. Und Wenige sind, die czechisch genügend verstehen. Daran find wir nicht Schuld, das haben die Verhältnisse mit sich gebracht.

Ich achte Ihre Sprache; ich bedauere, dass ihre heutige Entwicklung nicht früher vorausgesehen wurde, dass wir nicht früher angeleitet wurden, die zweite Landessprache uns zu eigen zumachen. Wir Deutschesind durch unsere Lebensverhältnisse nicht in der Lage, dass wir uns der czechischen Sprache bemächtigen müssen. In der Jugend lernt man bekanntlich nur, was man lernen muß. Aus der Seite der Deutschen gibt es deshalb in diesem Landtage nur wenige, die den zur Hälfte czechischen Verhandlungen genügend folgen können, auch dann, wenn Sie uns angreifen, auch dann, wenn uns Schimpfe wörter an den Kopf geworfen werben. Bei den nächtigsten Verhandlungen bleiben wir oft ungenügend orientirt.

Von den Jungczechen können wir da keine Rücksicht erwarten; aber drüben, bei den Großgrundbesitzern, die national nicht so captivirt sind, sollten mir Deutsche diesfalls ein Entgegenkommen erwarten; auch unter Ihnen gibt es Männer, die nur deutsch verstehen. Wenn der Großgrundbesitz die Vermittlung zwischen dem czechischen und deutschen Volke leisten will, so könuten wir mit Rücksicht auf alle diese Verhältnisse erwarten, dass er hier im Landtage d. utsch spricht, damit wir Deutsche den Landtagsverhandlungen ersprießlicher folgen konnten. Das geschieht aber vielfach nicht und das bedauern wir aus Gründen sachlicher, nicht chauvinistischer Art. In einer Gesellschaft, in der alle eine Sprache sprechen, nur einige Wenige eine zweite Sprache reden, da halt man es für eine Forderung des Taktes, dass Alle sich der einen Sprache bedienen, die jeder Anwesende versteht. Hier im Landtage handelt es sich nicht um bloße Conversation, sondern um sehr wichtige offentliche Angelegenheiten des Volkes und Landes, um wirtschaftliche-, Steuer- und VerwaltungsAngelegenheiten.

Wir Deutsche können da oft nur mangelhaft folgen, weil die Halste, ja 2/3 der Verhandlungen in czechischer Sprache geführt werden. (Jungczechische Rufe: Dafur konnen nur nicht) Sie erwidern allerdings:,, Wir konnen nicht dafür!" Da haben Sie Recht. Aber wir appellieren auch nicht an Sie, nicht an Ihre Gerechtigkeit, sondern an den Großgrundbesitz, an die Rucksicht auf die Utilität, an nichts weiter.

Aus all' diesen Grunden werden Sie einsehen, dass nur Deutsche von einer Friedensaktion in den nationalen, sprachlichen Gegensatzen, wie dieselbe vom Großgrundbesitze und durch den Grafen Buquoy jetzt eingeleitet worden ist, in der vorliegenden Form und unter all' diesen Umstanden nichts erwarten. Darum lehnen wir diesen Vorschlag ab, weil man sich für Dinge nicht zwecklos bemuht, die gewess nicht zum Ztele fuhren.

Nachdem wir aber jetzt dabei find, uns über die Gravamina auszusprechen, die gegenseitig bestehen, so erlauben Sie mir in einigen Worten auf die tiefsten Grunde des Streites und Haders in Böhmen noch einzugehen. In den èechischen Kreisen besteht die bekannte Losung. Böhmen gehört den Èechen; das böhmische Staatsrecht ist Eigenthum des èechischen Volkes.

Meine Herren, sehen Sie nicht ein, dass Sie uns Deutsche, die nur 2 1/3 Millionen im Lande zahlen, damit beleidigen? Sehen Sie nicht ein, dass dieses Princip eigentlich communistisch und schlimme Folgen hat, sobalb es ausgefuhrt wird. Dieser Grundjatz besagt einfach: "Ihr Deutsche seid im Lande nur Fremde! Das ganze Land gehört uns Czechen, das Staatsrecht gehort uns Czechen. Das ist es, was jeden Deutschen in diesem Lande tief verletzen muß.

Nein, meine Herren, die Sache ist anders. Das Land Böhmen ist in jenen Theilen, wo der deutsche Volksstamm compact geschlossen zusammenwohnt, durch die Fugung da Vorsehung, durch die Geschichte, durch die ganze Entwicklung Ergenthum der Deutschen. In jenen Gebieten aber, wo der èechische Volksstamm compact zusammenlebt, ist das Land Eigenthum des èechischen Volksstammes Wo beide zusammenleben, ist das Land für jene Gebiete gemeinschaftliches Ergeuthum Das ist Gerechtigkeit Auf dem Boden dieser Gerechtigkeit werden wir uns sofort verstandigen Aus Ihrem Grundsatze, Böhmen ist Eigenthum der Èechen, entwickeln Sie sofort einen weiteren Grundsatz den der Eroberung. Sie wollen auch das deutsche Gebiet Böhmens erobern Es ist Ihnen unangenehm, dass wir Deutsche auf wette Territorien dieses Landes unser Besitzrecht gel tend machen und unser national-politisches Recht in Anspruch nehmen Sie wollen erobein Meine Herren' Wir haben gesehen, was aus dieser Croberungsider hervorgegangen ist Sie haben nationale Eroberungsvereine im Norden, Westen, Süden für Deutschbohmen orgamstert, die unausgesetzt agitiren. Auf diese Croberungsideen, von denen Ihre Zeitungen fortgesetzt schreiben, die sie als Ihr nationales Recht in Anspruch nehmen, pfropfen Sie weiter die sogenannte Reinigungsidee und Austierbungs-Theorie. Ich will Ihnen das beweisen aus dem Beschlusse. der vor einigen Monaten hier in Prag gefasst worden ist Am 19. August vorigen Jahres trat hier in Prag ein Verein in Action "Narodní obrana" ("Nationale Abwehr") benannt. In demselben wurde beschlossen: "Es werde die Reinigung Prags vom Deutschthum proclamiert (Hort!), Gewerbetreibende und Geschaftsleute mögen deutsche Aufschriften von Ihren Firmen und Rechnungen beseitigen. " (Unruhe) Bitte, lassen Sie mich sprechen, ich habe hier genau dasselbe Recht wie Sie, meine Herren von der jung èechischen Seite. (Bravo! Bravo!) Ich lese weiter die dort gefassten Beschlusse: "Die Theilnehmer verpflichteten sich das Losungswort "Reinigung" Prags durchzufühlen, es in dem Unikreis ihrer Bekannten und ihrer Gesellschaft und ihren Vereinen auf eine tasche Weise zu verwirklichen und auf dieses Losungswort hinzuarbeiten. " (Holt!) Wenn Solches beschlossen wird, durfen wir uns nicht wundern, wenn spater derart Beschlossenes ausgeführt worden ist.

Gehen wir einen Schritt weiter. Die Schreckenstage des Dezemher sind über Prag gekommen. Auch nach der Erklärung des Statthalters hat es dabei planmäßig Plünderung, Raub, Bedrohung der Freiheit und selbst Brandstiftungen gegeben. Alle diese Gewaltthaten richteten sich nur gegen Deutsche.

Es war so arg, dass man an Häusern, wo deutsche Beamten, Professoren und Bürger wohnten, ein Zeichen mit Kreide machte, dass man die Fenster ihrer Wohnungen feststellte, die eingeschlagen werden sollten.

Bei diesen Verbrechen gegen die Deutschen ist in Prag systematisch vorgegangen worden.

Meine Herren! Wenn Sie diese Eroberungstheorie, diese Reinigungstheorie, diese Austreibungstheorie, die Erklärung hervorragender Persönlichkeiten, man werde den Deutschen den Boden unter den Füßen in Prag heißmachen, zusammennehmen, dann kommt es nothwendig dahiu, dass sich die Deutschen in Böhmen als angegriffen fühlen. Wir Deutsche greifen Sie nicht an. Wir wollen in Böhmen nur in Ruhe leben (Saaz!) Die Angegriffenen sind wir. Darum ist für uns ans allen diesen Ursachen der Standpunkt gerechter Nothwehr eingetreten. Dafür treten auch wir Christlichdeutsche unter diesen Verhältnissen ein und ich erkläre, dass auch wir. Anhänger der christlichdeutschen Richtung, entschlossen sind, von dem Rechte der Deutschen in Böhmen keinen Zoll breit preiszugeben. Wir müssen unter diesen Umständen unseren alten Besitzstand vereint wahren.

Das ist keine nur unfriedliche Stimmung, sondern die Unterscheidung zwischen Mein und Dein und die Abweisung des nationalen communistischen Grundsatzes, dass man dem Gegner durch Secatur oder Gewalt das Leben aus dem Gebiete, das er besitzt, sauer machen dürfte, bis er weicht.

Meine Herren! Das deutsche Gebiet in diesem Lande gehört uns Deutschen durch eine halbtausendjährige Geschichte. Den beiden Völkern aber, die in diesem neben einander wohnen, gehört die Hauptstadt als Centralpunkt geweinsam. Wir verurtheilen jenen überstürzten Ausspruch, dass Prag von den Deutschen zu räumen und auszugeben sei, dass dier die alten deutschen Anstalten aufzulassen seien. Nein, die Regierung muss die Deutschen in Böhmen und Prag schützen, Österreich muss uns Deutsche in Böhmen schützen. Darum hat das officiöse Organ des auswärtigen Amtes in Wien, aus dem man zwei Tage vor dem Sturze des Grafen Badeni genau herauslesen konnte, dass Badenis Stunde geschlagen habe, angesichts des großen Dezember-Aufruhrs in Prag erklärt, jetzt erkenne man an höchster Stelle, dasss das deutsche Volk in Böhmen sich nicht den Èechen anvertrauen könne, dass es höheren Schutzes bedürfe, den Österreich ihm bietet.

Aus die nationale Erroberungstheorie in Böhmen hat man von èechischer Seite noch eine andere Theorie aufgepflanzt, die Provocationstheorie!

Diese Provokationstheorie besteht hier thatsächlich. Wenn Jemand in den DezemberSchreckenstagen in Prag auf den Straßen nur deutsch sprach, wenn ein Student ein deutsches Band, eine deutsche Kappe trug, hatte er provozirt, mährend die èechische Studentenschaft in den nationalen Abzeichen prankte und man überall èechische nationale Lieber sang, ohne dass dasselbe geltend gemacht wurde. Wohin kommt solche Empfindlichkeit? Wohin kommt es bei solchem Vorgehen mit der Achtung der Rechte des anderen Volksstammes im Lande? Wir Deutsche lassen Sie ihre nationale Bethätigung ungestört ausführen; gewähren Sie den Deutschen das gleiche Recht! Dann läßt sich friedlich zusammenleben.

Gleiche Rechte für uns Deutsche hier in Prag und draußen in Deutschböhmen, wie für Sie hier und in Ihren Landesgebieten, das ist die einfache Formel danernden Friedens.

Weine Herren! Die Dezember-Ereignisse in Prag, von denen der Statthalter erklärt hat, dass hier 51 Läden ausgeraubt und geplündert, dass 370 Häuser theils demolirt, theils furchtbar zugerichtet worden sind, (Großer Lärm. Glockenzeichen des Präsidenten. ) dieser Anfruhr, der 3 Tage dauerte, hatte in diesen Formen ein kommunistisches Gepräge. Er war im kleinen ein Stück Nachahmung des Commune-Ausstandes in Paris. (Rufe: Saaz! Unruhe. ) In Prag sind die deutschen Kreise bis in die höchsten Schichten noch beute in Errtegung darüber. Auch deutsche Geistliche, die sich an politischen oder nationalen Demonstrationen nicht betheiligten, blieben in den damaligen Schreckenstagen nicht unbehelligt.

Wie kommt es aber, dass ein so gefährlicher Aufruhr, der schon am ersten Tage seinen


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP