Úterý 23. února 1897

dass unsere Forderung auf eine directe Durchzugslinie nicht ungerechtfertigt und namentlich finanziell von größerer Bedeutung für den Staat ist.

Wir haben auch diesbezüglich an Se. Exc. die Einladung ergehen lassen, er inoge den politischen Bezirk selbst besuchen, nachdem es eifahrungsgemaß praktischer ist, wenn jene Herren, welche ein maßgebendes Urtheil über eine Sache abgeben sollen, auch den Localaugenschein vornehmen; gerade über unsere Gegend scheint irrige Meinung, eine Unteschätzung zu herrschen.

Wir wünschen, dass die maßgebenden Personlichkeiten, wie Seine Excellenz der Herr Eisenbahnminister, selbst unsere Bezirke in Augenschein nehmen mögen.

Ich will noch erwähnen, dass der sachsische Landtag bereits am 19. März v J. du Strecke Nixdorf -Sebnitz voll genehmigt hat indem er der Regierung das Expropriationsrecht für diese Strecke ertheilte, aber auch die Strecke Rumburg-Seifh nnersdorf-Warnsdorf hat er der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen, somit auch die Geneigtheit für diese Linie der sächsischen Regierung bekannt gegeben.

Sie sehen also, im sächsischen Landtage haben nur keine Schwierigkeiten gehabt; die Schwierigkeiten liegen wahrhastig hier der uns, in unserem eigenen Lande, und, um vielleicht die mäßgebenden Persönlichkeiten und namentlich den lobl. Eisenbahnausschuss doch etwas mit der Frage näher vertrant zu machen, gestatten Sie mir noch auf das Protokoll hinzuweisen, welches aufgenommen wurde anlaßlich der Trassenrevision der Strecke Nixdorf-Rumburg am 25. September v. I. Da wird Sie gewiss das Gutachten interessieren, welches jener Herr abgegeben hat, der agentlich das Controlorgan unseres Landtages ist, namlich der Vertreter des Landesausschusses von Böhmen Der selbe erklärte damals: "Das der Commission vorliegende Projekt einer Bahnverbindung von Nixdorf, Station der B. N. B. über Zeidler, Ehrenberg nach Rumburg, wodurch in Anbetracht einer bereits geplanten weiteren Verlangerung des projektierten Trassenzuges bis Warnsdorf eine transversale Verbindung der beiderseitigen Retchsgrenzen des nordlichsten Theiles von Böhmen und der Anschluss an du Wasserstraße der Elbe ans kürzestem Weg an gestrebt erscheint, muss vom allgemeinen volks wirthschaftlichen Standpunkte, insbesondere aber im Interess der längs der projektirten Trasse allenthalben hochentwickelten Industrie, lebhaft begrüßt werden, und partizipieren namentlich die in Zeidler und Alt-Ehrenberg vorhandenen zahlreichen industriellen Anlagen durch deren Einbeziehung in das Ich enennetz an den Vortheilen dieser zu schaffenden Bahnverbindung.

Was die projektierte Abzweigung nach Schonlinde anbelangt, so ist deren Bedeutung als Bindeglied eines Verkehres in der Relation Nixdorf-Wien nicht zu verkennen"

So, meine Herren, gab der Vertreter des Landesansschusses Herr Ingenieur Likaø sein Gutachten ab Ich bemerke noch dazu ausdrücklich, dass seitdem sich die Sache noch gunstiger gestaltet hat, weil Sachsen von der Forderung, ven Betrieb aus der Strecke NixdorfSebnitz zu haben, absicht.

Noch ein anderer Faktor ist für uns von Bedeutung, und das ist die Reichenberger Handels und Gewerbekammer. Es mag ja sein, dass - und das kommt uns so vor aus Aeußerungen, die man mitunter hört - der Regierung nur jene Aeußerungen von den Handelskammern angenehm sind, welche ihr gerade in den Kram passen, und jene Aeußerungen, welche ihr nicht so recht genehm sind, sollen auf einmal weniger Geltung haben.

Nun, meine Herren, entweder sind die Handels- und Gewerbekammern etwas, sie haben ein Recht (Gutachten abzugeben sie haben ein Ver standniss von diesen Sachen - das Gutachten kann ein richtiges sein - oder sie haben es nicht.

Im ersteren Falle muß man ihre Gutachten respektiren, in letzteren Falle aber sind sie einfach aufzulösen.

Es scheint von Wichtigkeit zu sein, das Gutachten der Reichenbergen Handels und Gewerbekammer Ihnen vorzulesen Ich bitte um Entschuldigung, aber die Herren werden sich daraus ein klares  Bild niacleu. Die Bertreter der Handels und Gewerbekammer erklärten:

Die Handels- und Gewerbekammer in Reichenberg begrüßt durch ihre gefertigten Vertreter auf das sympathischeste das der heutigen Verhandlung zu Grunde liegende Bahnproject Nixdorf-Zeidler Alt. EhrenbergRumburg, für dessen Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit die Kammer bereits in ihren Sitzungen vom 19. April und 30. October 1895 auf das entschiedenste eingetreten ist, weil durch die in Frage stehende neue Eisenbahnlinie, welche die Kammer zu Folge ihrer in den beiden letzt bezogenen Sitzungen abgegebenen Aeußerung als einen integrierenden Bestandtheil und eine Theilstrecke des neu herzustellenden Bahnzuges von Sebnitz nach Nixdorf und über Zeidler und A tEhrenberg nach Rumburg und Warnsdorf ansieht, eine Vermehrung der bestehenden I Schienenstrange in dem industriellen Nordböhmen, eine neue Verkehrsstrasse für den Güter- und Personenverkehr und die Angliederung von Ortschaften, welche bisher der für die wirtschaftliche Entfaltung unerläßlichen Lage an eine Eisenbahnverkehrsstrasse entbehren müßten, der Realisierung zugeführt werden soll.

Die anwesenden Vertreter würdigen ganz und voll die Bedeutung der Theilstrecke Nixdorf-Zeidler-Alt Ehrenberg Rumburg für den Lokalverkehr der an dieser Linie gelegenen Ortschaften unter einander und mit den in Nixdorf und Rumburg anschliessenden Schienensträngen der k. k. priv. Böhmischen Nordbahn umsomehr, als diese Linie eine Anzahl von bisher von der Bahn weil entlegenen und hiedurch im Concurrenzkampf arg benachtheiligten Gemeinden die lang erstrebte Anschließung an das Einenbahnnetz in Aussicht stellt.

Die gefertigten Vertreter können aber nicht umhin den bereits anlässlich der Trassenrevision für die Strecke Nixdorf Sebnitz vertretenen Gesichtspunkt in den Vordergrund zu stellen, dass die Strecke Nixdorf-ZeidlerAlt Ehrenberg-Rumburg mit den ebenfalls im Projektstadium befindlichen Linien Nixdorf-Sebnitz und Rumburg Warnsdorf eine einheitliche nach den Wünschen und Anschauungen der in Frage kommenden Eisenbahnconsortien unter einer Verwaltung zu ver einigenden und mit einheitlicher Betriebssührung auszustattenden Durchzugslinie darzustellen hat, welche einen neuen Verkehl der Industriezentren Rumburg und Warnsdorf einerseits und Reichenberg andererseits mit dem Elbethale und Sachsen herzustellen berufen sein wird. Deshalb ein womöglich gleichzeitiger Ausbau der heute in Verhand lung stehenden Linie mit den Theilstrecken Sebnitz-Nixdorf und Rumburg-Warnsdorf als im allgemeinen Verkehrsinteresse gelegen auf das wärmste befürwortet werden muss. "

So, meine Herren, haben die Vertreter der Reichenbeiger Handels- und Gewerbe Kammer sich ausgesprochen, und deshalb.

meine Herren, kann ich es nur bedauern wenn in Zukunst ein ablehnender Standpunkt gegenüber unseren Wünschen und Beschwerden eingenommen werden sollte.

Man weist sogar darauf hin, meine Herren, dass die böhmischn Nordbahn geschädigt werde.

Es ist, meine Herren, aber auch eine Compensation vorhanden für eine eventuelle Schädigung, eine Compensation, welche sie auf der Strecke Schluckenau Sohland haben kann.

Es hat die Stadt Schluckenau das letzte, mal im hohen Landtage eine Petition eingebracht, nämlich am 9 Feber 1834 bereits, worin sie ihre Leidensgeschichte darlegt und bittet, der hohe Landtag wolle die Interessen der Stadt Schluckenau eutsprechend unterstützen und fördern Aber auch die Reichenberger Handels- und Gewerbekammer hat für diese Strecke unlángst ist einer Sitzung ein Gutachten abgegeben, welches geradezu glänzend ausgefallen ist und zu Gunsten der Bestrebungen von Schluckenau antritt.

In dieser Motivierung, welche die Kammer damals gefasst hat, wird darauf hingewiesen, in welch interessanter Weise der leider schon verstorbene Abgeordnete Schwab, welcher von Jedermann in Eisenbahnsachen als versierte Person anerkauntwurde, sich ausgesprochen hat. Er hat damals in seinem Referate, welches er über eine gleichartige Petition im Eisenbahnausschusse des Abg. ordnetenhauses erstattet hat, sich mißliebig darüber ausgesprochen, dass auf bestehende Eisenbahnen, wenn sie einen Einspruch gegen den Bau von neuen Bahnen erheben, zuviel Rücksicht genommen werde. Erwies darauf hin, dass erfahrungsgemäß. wenn neue Linien gebaut werden, nie Einnahmsquellen geschaffen werden, ganz abgesehen Davon, dass die alte Industrie in entsprechender Weise erhalten wird.

Es heißt in dem Berichte auch, es soll die Eisenbahnpolitik nach Thunlichkeit vermeiden, die Verkehreberhältnisse auf den alten Linien künstlich ungünstig zu gestalten

Meine Herren, der Bericht der Reichenberger Handelskammer sagt geradezu, dass man durch alle Drangsalierungen eine als richtig anerfannte Sache nicht aus der Welt schafft. Die Reichenberger Handels-und Gewerbekammer weist darauf hm, dass das Petitum der Stadt Schluckenau mehr als 25 Jahre alt ist und immer elementarer tritt die Forderung der Stadt hervor, durch den Ausbau der Linie SchluckenauSohland eine neue Bahnverbindung zu bekommen.

Ich kann diesbezüglich anführen, dass für diese Linie der Gewiebeverein in Bautzen, das -Bürgermeisteramt m Bautzen, die Streishauptmannhast in Bautzen sich sehr wrm einsetzen und bei der sächsichen Regierung verwenden, dass diese Linie ausgebaut werde.

Es würde dadurch eine directe Verbindung und eine befruchtende Linie in der Richtung nach Berlin geschaffen werden.

Ich weise darauf hin, dass die Reichenberger Handels- und Gewerbekammer an den hohen Landtag selbst herangetreten ist und bittet, er möge aus Grund des (Gesetzes vom 17. Dezember 1892 diese Linie Schluckenau-Sohland aus das wärniste fordern.

Und nun, meine Herren, zum Schlutze Folgendes.

Am 9. November 1896 hat in Tannwald eine Sitzung stattgesunden von der Vereinigung gur Wahrung industrieller und gewerblicher Interossen für Reichenbeig und Umgebung. In dieser Versammlung wurde unter Anderem Folgendes beschlossen:

"Die Wanderversammlung erachtet es ferner als dringend geboten, dass die Herren Reichsrathsabgeordneten und nicht minder die Landtagsabgeordneten mit Nachdruck ihre Stimme für Schutz und Forderung des vaterländischen Verkehrs bei der hohen Štaatsregierung erheben, damit das gewerbefleitzige und stark bevölkerte Nordböhmen durch den Mangel an geeigneten Grotz- und Kleinbahnen in der wirthschaftlichen Weiterentwckelung zum Schaden des Staates wie der gesammten Bevölkerung nicht gehemmt wird. "

Ich habe mir diesen Beschluß der Wan&erversammlung von Tannwald zum Herzen genommen und mit mir jene verehrten Herren Albgeordneten, welche den Antrag eingebracht haben, und ich glaube, dass wir feft darauf beharren werden, dass den von der Bevölkerung ausgesprochenen Wünschen einmal Rechnung getragen werde. Lassen Sie mich schließen mit den Worten, welche in dem matzgebenditen Werke, welches wir in Oesterreich haben, nämlich "Die österreichische Monarchie in Wort und Bild" über unsere Gegend enthalten sind: "Das Niederland (das nordböhmitsche) gehört zu den bevölkertsten und industriereichsten Landstrichen Desterreichs. Hier leben 112. 923 Einwohner, so dass 318 Bewohner aus dem Quadratkilometer sesshaft sind. Auch scherzt man nicht selten, dass ein Wandersmann von Schandau an der Elbe quer durch das Niederland bis in die alte Sachsenstadt Zittaii gehen kann, ohne aus den Häusern herauszukommen, da Dorf an 'Dorf, Gemeinde an Gemeinde schließt zc.

Wegen ihrer Arbeitsamkeit und Sparsamkeit ist die Bevölkerung des Niederlandes seit langer Zeit berühmt.

In vielen Ortschaften findet man die verschiedenartigsten Erwerbszweige dicht neben einander"

Lassen sie mich schließen, meine Herren, schließen mit der Hoffnung, dass der hohe Landtag im Sinne des von uns eingebrachten Ansuchens sich für die ganze Durchzugslinie und dafür aussprechen werde, dass die betrefsenden Gemeinden die Concession für diese Linie bekommen, und ich glaube, dass der hohe Landtag in dieser seiner Entscheidung gewiss nur zu Gunsten einer so hochwichtigett Bevölkerung und so hochentwickelter Industrie-Bezirke entscheiden wird.

Mit diesem Wunsche schließe ich. (Bravo!Beifall links. )

Oberstlandmarschallstellvertreter Lippert: Zum Worte haben sich noch gemeldet die Herren Abgeordneten Dr. Pergelt und Dr. Werunsky.

Ich ertheile dem Herin Abg. Dr. Pergelt dal Wort.

Abg. Dr. Pergelt: Hoher Landtag! In meiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter der Bezirke Rumburg-Warnsdorf fühle ich mich verpflichtet, bei Besprechung des vorliegenren Antrages in Ergänzung der ausführlichen Erörterungen des Herrn Abg. Dr. Kindermann noch einiges hinzuzufügen.

Wenn man als Reisender in schönen Sommermonaten in den Alpenländern, so z B. in Kärnten, Steiermark, Nieder-Osterreich, oder auch selbst in dem südlichen Theile dieses Kronlandes Böhmen reist, sieht man, in welchen oft einsamen Thälern mit wenigen Gehöften durch Mittel des Staates und des Landes in den letzten Jahren Eisenbahnen gebaut wurden. Wenn der Reisende gleich am Anfange nach Eröffnung der Bahn einen Ausflug dorthin unternommen und bann 2 bis 3 Jahre gewartet hat und später aus derselben Bahn gefahren ist, so wird er sich gewundert haben zu sehen, was die Bahn in den einsamen Thälern zur Folge hatte; er wird sehen, dass ein neues eben sich dort entwickelt hat, dass nicht blos neue Häuser, sondern auch verschiedene neue, insbesondere industrielle Unternehmungen dort entstanden sind.

Wenn wir uns überlegen, wie dieses am Schluße seiner Rede vom H. Dr. Kindermann so schön geschilderte "böhmische Niederland" thatsächlich ein zusammenhängendes Ganze von Stadt und Land bildet von Dorf an Dorf, Stadt an Stadt, auf magerem Boden eine außerordentlich zahlreiche Bevölkerung hat, welche feit längerer Zeit - ja schon vor mehr als 100 Jahren unter der glorreichen Regierung der Kaiserin Maria Theresia, nicht im Stande war von den Erzeugnissen ihres heimischen Bodens zu leben, so finden wir es begreiflich, dass die Notwendigkeit von selbst eintrat, dass die Bevölkerung nur durch die Industrie, durch Gewerbe und Handel ihr Fortkommen zu finden im Stande war.

Diese fleißige Bevölkerung - dies muss gewiss zugegeben werden, - könnte zu einem bedeutend höheren wirtschaftlichen Aufschwunge gelangen, wenn sie an den Segnungen einer richtigen Verkehrspolitik des Staates theilnehmen könnte.

Von den Segnungen der modernen Verkehrsmittel hat diese Bevölkerung bisher nur einen sehr mageren Antheil erhalten und diesen Antheil hat sie sich eigentlich zum größten Theile selbst aus ihren eigenen Krästen geschaffen.

Diese so gewerbe- und industriereiche Gegend wird durchzogen von der böhmischen Nordbahn, einer Bahn, welche seinerzeit hauptsächlich von unserer eigenen Bevölkerung durch Zeichnung von Aktien derselben gegründet wurde.

Leider haben die meisten der dortigen Bewohner, welche Aktien gezeichnet hatten, einen ungeheueren Schaden erlitten.

Durch eine verkehrte Bahnpolitik wurden nämlich durch Jahre die Erträgnisse dieser Bahn nicht in Form von Dividenden an die Aktionäre ausbezahlt, sondern zu Investitionsanlagen verwendet, und die Zeichner von Aktien, welche diese Aktien zum Nominalbetrage eingezahlt hatten, mussten diese Aktien später, nachdem sie jahrelang ein Erträgnis davon nicht hatten, um einen Schandpreis verkaufen. Freilich sind die Aktien heute ein sehr gesuchtes und reichen Ertrag lieferndes Anlagepapier in anderen Händen, die solche Opfer seinerzeit bei der Gründung nicht gebracht, sondern die Aktien später weit unter dem Nominalwerthe erworben haben.

Diese Bahn berührt zunächst nur die wirthschaftlichen Hauptpunkte des Landes, gelangt aber zu ihnen oft aus großen Unwegen, während sie andere wirtschaftlich auch bedeutende Ortschaften gar nicht berührt.

Zwei solche gewerbefleißige Orte, welche von der Bahn gar nicht berührt werden, sind Zeidler und Ehrenberg, von denen Zeidler im Jahre 1895 6. 350 fl. an direkten Steuern bei einer Einwohnerzahl von rund 2. 000 Einwohnern zahlte, während Ehrenberg 8. 745 fl. an direkten Steuern bei einer Einwohnerzahl von rund 5000 entrichtete.

Diese beiden so bedeutenden Orte entbehren des modernen Communikazionsmittels, der Eisenbahn, ganz, obwohl sie ganz namhafte Industriegebiete sind.

Es ist ganz merkwürdig, dass alle Anstrengungen, welche bisher gemacht wurden, um das Eisenbahnnetz dieser Gegend den Bedürfnissen entsprechend zu erweitern, an dem passiven Widerstände unserer Regierung gescheitert sind.

Erst in den letzten zwei Jahren, in denen wir nicht ruhten und nicht rasteten - und ich muss insbesondere in dieser Richtung die unermüdlichen Bestrebungen meines verehrten Collegen, Dr. Kindermann hervorheben, -sind wir dazu gelangt, wenigstens eine Anerkennung der berechtigten Ansprüche unserer Gegend auf eine weitere Ausgestaltung unseres Bahnnetzes seitens der k. k. Regierung zu erlangen. Freilich ist es - ich möchte sagen - nur eine theoretische Anerkennung, auf deren Erfüllung wir nach den begleitenden Worten Sr. Excellenz des Herrn Eisenbahnministers in der letzten Budget-Debatte des Abgeordnetenhauses noch sehr lange warten können. - Leider noch sehr lange.

Die Regierung hat zwar anerkannt, dass eine Eisenbahn-Verbindung zwischen Nixdorf und der angrenzenden sächsischen Stadt Sebnitz nothwendig ist, um nämlich eine Verbindung direkt mit der Elbe zu erlangen, sie hat weiter anerkannt, dass die Eisenbahnverbindung direct von Nixdors über Zeidler nach Alt-Ehrenberg und Rumburg notwendig ist, sie hat drittens anerkannt, dass die Beschwerden der Einwohner der Städte Rumburg und Warngdorf, welche eine direkte Eisenbahn-Verbindung dieser beiden Städte bezwecken, ebenfalls mit Rücksicht auf die gegenwärtige äußerst mangelhafte Verbindung derselben über Teichstatt-Kreibitz autzerordentlich begründet sind; sie hat aber ein die Lebensfähigkeit dieses ganzen Eisenbahnprojectes geradezu gefährdendes Princíp ausgesprochen, indem sie eine Dreitheilung vornimmt, und die Theil-Linie Nixdorf-Sebnitz der böhmischen Nordbahn zum Ausbaue übergeben will, dem Eisenbahn-Consortium es aber sreistellt, den Torso, den Rumpf des ganzen Projektes, nämlich die Linie Nixdorf-Rumburg über ZeidlerEhrenberg selbst herzustellen, wobei eine sehr bescheidene Hilfe des Staates in Aussicht gestellt wird, dagegen erklärt, in eine Verbindung Rumburg-Warnsdorf überhaupt nicht, ober nur in Form einer schmalspurigen Lokalbahn willigen zu können.

Dadurch hat man, ich möchte sagen, die große wirthschaftliche Bedeutung der Zusammenfassung des ganzen Projectes der Verbindung unseres industriellen böhmischen Niederlandes einerseits mit der Elbe, andererseits mit Reichenberg, dem Hauptsitze der nordböhmischen Industrie und des nordböhmischen Handels, vollständig verkannt, ein todtgeborenes Kind geschaffen.

Es wird natürlich die Verbindung Nixdorf-Sebnitz durch die böhmische Nordbahn hergestellt werden. Wer wird dann den Rumpfbau ausführen können, die Bahn Nixdorf-Rumburg, welche zwischen die von vornherein als natürliche Gegnerin in Concurrenz tretende böhmische Nordbahn eingekeilt wird, und dieser zwar auf ihrem gesammten Gebiete neues Leben zuführt, auf der anderen Seite aber geradezu auf Gnade und Ungnade der Concurrenz dieses vom lediglich kaufmännischen Gesichtspunkte ausgehenden Eisenbahnunternehmens überantwortet erscheint.

Diese Ueberantwortung eines wirthschaftlichen Projectes, welches geeignet, ja geradezu nothwendig ist, um die Hebung eines so großen industriellen Theiles unseren Landes zu ermöglichen, an eine Privatgesellschaft erscheint mir unverantwortlich. Es wurde aber insbesondere auch seitens der hohen Regierung noch beliebt, den dritten Theil des Projektes, den Ausbau der Linie Rumburg-Warnsdorf geradezu eigentlich ad kalendas Graecas zu vertagen.

Denn die Inaussichtstellung einer schmalspurigen Localbahn, eventuell einer elektrischen Bahn direkt zwischen Rumburg und Warnsdorf hätte an und für sich bloss für den Localverkehr eine Bedeutung.

Soll dieses neue Bahnnetz seinem hohen wirtschaftlichen Zwecke entsprechen, so muss es nicht bloss ein Saugadersystem für die derzeit bestehende Hauptlinie der böhmischen Nordbahn bilden, sondern es muss ein neues Durchzugsbahnsystem von der Elbe gegen Reichenberg zu eröffnen.

Wenn von Seite Sr. Exc. des Eisenbahnministers erwidert wurde, es gehe nicht an, einer inländischen Eisenbahnunternehmung seine Concurrenz durch die Bewährung die er direkten Verbindungslinie Rumburg-Warnsdors hervorzurufen, da man aus dieser letzteren Linie die sächsische Staatsbahn mit dem Frachtverkehre, insbesondere mit Rohlensrachten in unser böhmisches Niederland hereinlasse, so hatte ich wohl Gelegenheit gehabt -ich muss aber wegen der Wichtigkeit der Sache daraus auch hier zurückkommen - Sr. Exc. sofort zu antworten, dass die österreichische Regierung diese Concurrenz bereits selber geschaffen hat, indem sie seinerzeit der sächsischen Regierung den Ausbau der Eisenbahn von Eybau über Seifhemersdorf nach Alt-Warnsdorf und weiter von da den Anschluß von dem Warnsdorfer Bahnhofe der böhmischen Nordbahn und dann die Fortsetzung der Bahn über Groß-Schönau nach Zittau bewilligte.

In dem Augenblicke, wo die sächsische Bahn über Eybau nach Warnsdorf hereinkam, war sie in der Lage, vollständig in Concurrenz zu treten gegenüber der böhmischen Nordbahn in Bezug auf die Einführung der Kohle auf ihrem sächsischen Eisenbahnnetze in das nördliche Böhmen. Wenn die Einfuhr von Kohle seitens der sächsischen Staatsbahn auf ihren Linien nach Warnsdorf heute nicht stattfindet, so geschieht es nur, weil zwischen den beiden concurrierenden Bahnen ein Cartell zu Stande kam, vermöge dessen die sächsische Staatsbahn zu einem vereinbarten Theile an den Vortheilen der Einfuhr der Kohle durch die Böhmische Nordbahn partizipirt.

Um den Knochen, an dem zwei nagen konnten, nicht noch weniger genußreich zu machen dadurch, dass sie sich gegenwärtig deswegen befehden. theilen sie ihn lieber, um ihn in Frieden verzehren zu können.

Also diese Einwendung seitens der Regierung gegenüber unserem Projecte ist vollkommen unstichhältig. Ich würde daher wärmstens dem hohen Hause unseren Antrag empfehlen. Und ich muss es insbesondere deswegen thun, weil in Bezug aus die wirtschaftliche Bedeutung des böhmischen Niederlandes noch häufig, ich mochte sagen, falsche und ungenaue Ansichten herrschen. In der Richtung erlaube ich mir als Vertreter der Städte Rumburg und Warnsdorf kurz einige Daten anzuführen.

Die Stadt Warnsdorf mit dem zugehörigen Landbezirke und der Stadt Kreibitz zahlt zusammen an direkten Steuern 114. 510 fl. und hat eine Einwohnerzahl nach der Volkszählung vom Jahre 1890 von 33. 867 Seelen und dürfte nach dem erfahrungsmäßigen Procente der Zunähme heute bereits auf 37 bis 38. 000 Einwohner gestiegen sein.

Die Stadt Rumburg mit dem dazu gehörigen Landbezirke und insbesondere mit der Stadt Schönlinde zahlt an direkten Steuern 90. 405 fl. bei einer Bevölkerung nach der Volkszählung vom Jahre 1890 von 28. 122 Einwohnern. Beide Bezirke zusammen haben eine direkte Steuerleistung von rund 205 000 fl. und eine Einwohnerzahl von 62. 000 nach der Volkszählung des Jahres 1890. Ich habe hiebei die Bezirke Schtuckenau und Hainspach gar nicht berücksichtigt, sondern bloss die beiden Orte Zeidler und Ehrenberg dieser letzten beiden Bezirke besonders hervorgehoben.

Ich glaube aus diesen Daten, der Bevölkerungszahl einerseits und der Steuerleistung andererseits, geht es zur Evidenz hervor, dass diese Bezirke entschieden berechtigt sind, die Förderung ihrer Verkehrsinteressen durch den Ausbau eines Bahnnetzes, dessen Nothwendigkeit und Ersprießlichkeit von der hohen Regierung durch ihre Erlässe selbst anerkannt Worden ist, zu verlangen.

Ich empfehle daher dem hohen Landtage die Annahme des von uns gestellten Antrages auf's Wärmste, kann aber hiebei nicht unterlassen, als Vertreter der Stadt Schönlinde daraus hinzuweisen, dass auch diese Stadt, welche historisch als Handels- und Industriestadt eine große Bedeutung hatte, in der letzten Zeit aber infolge ihrer Situation, ich mochte sagen, stiefmütterlich behandelt wurde, bei der Ausgestaltung dieses Bahnnetzes in ihren Bedürfnissen und in ihren besonderen Interessen entsprechend berücksichtigt werde.

Ich empfehle den Antrag zur Annahme. (Bravo!)

Oberstlandmarschallstellvertreter Lippert: Es hat sich noch der Herr Abgeordnete P. Opitz neuerlich zum Worte gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir in formaler Debatte stehen über die Frage der formellen Zuweisung und die nachfolgenden Herren Redner können sich umso eher nach dieser Sachlage richten als Niemand gegen den Antrag eingeschrieben ist und somit die Zuweisung des Antrages an die Commission in Aussicht steht.

Es gelangt nun der Herr Abgeordnete Dr. Werunsky zum Worte.

Abg. Dr. Werunsky: Hoher Landtag! Die in Rede stehende Angelegenheit wurde von den geehrten Vorrednern in so erschöpfender Weise behandelt, dass ich ganz gewiss der Mahnung des Herrn Oberstlandmarschallstellvertreters zu entsprechen in der Lage bin.

Meine Herren! Wenn ein Wanderer zur Sommerzeit von Schandau aus sich der österreichischen Landesgrenze nähert, so findet er die Grenzorte an der sächsischen Grenze von Schandau aus nach Sebnitz und weiter bis nach Bautzen hinaus durch eine zweckmäßige mit großen Opfern und Kosten angelegte und für den sächsischen Staat bis heute nicht lucrative Bahn vetbunben - die sächsische Gürtelbahn.

So hat Sachsen für seine Industriebezirke und für seine Bewohner gesorgt. Die Bevölkerung, die ich seit dem Jahre 1881 bereits zu vertreten die Ehre habe, verlangt nichts Anderes, als dass der österreichische Staat dieselbe Rücksicht für diese Industriebezirke übe, wie sie der fächsische Staat für seine Unterthanen geübt hat.

Deshalb haben auch 10 Abgeordnete des nördlichen Böhmens, die verschiedenen Fractionen angehören, sich dahin geeinigt, einmal die Aufmerksamkeit des böhmischen Landtages in einem etwas größeren Maße aus diese, schon seit dem Jahre 1894 hier zur Sprache gebrachte Frage zu lenken.

Am 3. Feber 1894 war ich der Abgeordnete, der die Ehre hatte, zuerst die Verbindung zwischen Sebnitz und Nixdorf anzuregen und darauf hinzuweisen, dass diese Verbindung nicht bloß im Interesse der speziellen Interessenten, sondern im Interesse des Landes, ja selbst des Reiches gelegen ist. Es wurde daraus hingewiesen, dass in dem bekannten Werke,, Oesterreich in Wort und Bild" steht: "Diese Bezirke gehören zu den industriereichsten und zu den am meisten bevölkerten der österreichisch-unga-


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