Das find Symptome, die ein ruhiges Mitglied des Landtages, das an diesen leidenschaftlichen nationalen Kämpfen nicht gerade immer theilzunehmen Lust hat, mit Bedauern konstatieren muß und daß diese leidenschaftliche, gehässige Stimmung gerade in dieser letzten Session bei jeder kleinen, oft gar keinen gerechten Anlaß bietenden Gelegenheit hervortrat, zeigt auch die Abstimmung über die deutsche Schule in Weinberge. Die Ablehnung und die Haltung der Mehrheit in der Sache ist nicht bloß an
und für Sich ein Symptom für die wirklich schroffe und feindselige Gesinnung, welche Sie heute gegen uns hegen, sondern sie ist zugleich ein außerordentlich lehrreiches Zeichen für die Beurtheilung des von Ihrer Seite im letzten Augenblick in der Schulcommission gestellten Antrages auf Errichtung von Landesschulen für die Minoritäten in gemischten Bezirken. (Sehr richtig!) Wenn man die Frage der Minoritätsschulen im Landtag so behandelt, wie man letzthin hier die Frage der deutschen Minoritätsschule in Weinberge behandelt hat, (Lebhafter Beifall links) so kamt man sich denken, welche Zukunft solche deutsche Minoritätsschulen in èechischen Bezirken, die als Landesschulen errichtet werden sollten, welche Behandlung solche deutsche Schulen in diesem Landtage durch diese Mehrheit erfahren (Stürmischer Beifall und Händeklatschen links). Graf Richard Clam hat übrigens aus Anlaß des Vorwurfes, den Dr. Rufs den Herren gemacht hat, sich dagegen verwahrt, als ob wegen der Abstimmung des Großgrundbesitzes in der Frage der Großgrundbesitz untreu geworden wäre der gemäßigten Haltung, die er sich immer zur Richtschnur gesetzt hat; nun haben aber die Herren vom Großgrundbesitz sehr oft derartige Versicherungen und Betheuerungen erhoben (Heiterkeit links).
Allein wir haben seit 7 Jahren längst erfahren, daß die Thatsachen und Ihre eigene Haltung alle diese Worte am allerstärksen dementieren.
Die Herren Vom Großgrundbesitze, welche sich gerne den conservativen Großgrundbesitz nennen, sind in meinen Augen gar nichts Anderes als politische Alliirte der national-tschechischen Partei, und sind mit derselben in allen nationalen Fragen gegen die Deutschen verbündet. (So ist es! links.)
Wenn Sie die selbstständige conservative Stellung einnehmen würden, von Welcher Graf Richard Clam gestern gesprochen hat, und welche manche Ihrer Herren hie und da im Munde führen, so wären Sie nicht in den Èeský klub des Abgeordnetenhauses eingetreten. (Sehr richtig! links.)
Wenn Sie sich dagegen rühmen, daß einige Herren unter Ihnen sitzen, welche des Tschechischen gar nicht mächtig sind und welche ihrer Abstammung nach ganz deutsch sind, so mag das richtig sein; das mögen diese Herren mit ihrem eigenen Gewissen und ihrer eigenen nationalen Gesinnung ausmachen. (Sehr gut! links.)
Darum habe ich mich absolut nicht zu
kümmern; ich als Politiker kann Sie nur als Politiker beurtheilen, und als Politiker sitzen Sie in Wien im Èeský klub, als Politiker sind Sie alliirt mit der tschechisch-nationalen Partei, als Politiker treten Sie bei jeder Gelegenheit den deutschen Forderungen entgegen und Sie sind daher für uns, politisch national gesprochen, identisch mit den Tschechen (Sehr richtig! links) und alle Ihre Versicherungen einer conservativen, über den Parteien stehenden Position sind sehr schöne Worte.
Wir haben die bitteren Erfahrungen der letzten sechs Jahre für uns, daß wir uns mehr an Ihre thatsächliche Haltung, als an Ihre Worte halten werden (Bravo! Sehr richtig ! links.)
Angesichts solcher trauriger Verhältnisse - und es ist nicht richtig, zu sagen, daß diese Verhältnisse durch die Minderheit hervorgerufen find, denn die Situation in Böhmen und im Reiche wird heute nicht von uns, Sondern von Ihnen beherrscht - angesichts Solcher trauriger Verhältnisse ist es ja begreiflich, daß, nachdem es uns durch Ungunst der Zeiten ver-
sagt ist, selbst ordnend in die Geschicke des Landes einzugreifen, selbst die Entwickelung für das Reich vorzuzeichnen, daß uns nichts anderes übrig bleibt, als wenigstens den Versuch zu machen, uns den aggressiven Tendenzen Ihrer Seite möglichst zu entziehen, und so ist der Gedanke einer nationalen Auseinandersetzung eitstanden, einer Auseinandersetzung, die sich auf vielen Gebieten bereits vollzogen und welche den Beweis geliefert hat, daß die Trennung überhaupt noch die einzig mögliche Form der Coexistenz in diesem Lande ist
Wir haben das Beispiel der Universität, einer Reihe von Vereinen u. s. w., vo einfach durch die aggressive Tendenz des tschechischen Elements und durch die tschechische Auffassung des Utraquismus ein Zustand herbeigeführt wurde, bei welchem den Deutschen nichts Anderes übrig blieb, als sich einfach zurückzuziehen.
Sie sagen, es fei eine gewaltsame Zerreißung des Königreiches Böhmen beabsichtigt. Das ist auch eine jener Uebertreibungen, über welche ich mich eingangs meiner Aeußerungen beklagt habe.
Ich will nicht einmal darauf ausführlich antworten, allein ich möchte doch an Ihr Gewissen, oder ich möchte sagen, an Ihre bona fides appelliren, um Ihnen darauf zu antworten. War denn der Zustand des Königreiches Böhmen bis zur Erlassung der Sprachenver-
Ordnung gleibedeutend mit der Zerreißung des Königreiches Böhmen? (Sehr gut! links.) .
Der thatsächliche und gesetzliche Zustand vor Erlassung der Sprachenverordnung ist dasjenige, was wir jetzt wieder eingeführt wissen wollen, und weil wir diesen Zustand wiederherstellen wollen, heißt es: Zerreißung, Zertrümmerung des Königreiches Böhmen, Zerbrechung der Krone, Attentat gegen die monarchische Gewalt, und, ich weis nicht, was für lächerliche Uebertreibungen.
War das Land zerrißen, weil bis zum 18 April 1880 überall im deutschen Gebiete nur deutsch amtirt wurde?
Da war es keinem Menschen von Ihnen eingefallen, von einer Zerreißung des Königreiches Böhmen zu Sprechen, und weil wir diesen Zustand wiederherstellen wollen, Schwellen Sie das auf und erklären es für eine Zertrümmerung des Königreiches Böhmen.
Aber es ist noch eine etwas Stärkere und vielleicht die stärkste Entwendung, möchte ich sagen, gegen unsern Antrag von Dr. Grégr gemacht worden. Und Sie erlauben mir hier ganz offen zu sprechen; in solchen Dingen ist es gut, die Sache ganz auszusprechen und nicht blos andeutungsweise zu behandelu, um auch Verdächtigungen am besten entgegenzutreten.
Der H. Dr. Grégr hat zugleich mit einem Starken Eindruck auf seine Partei gesagt: "Die wahre Tendenz dieses Antrages ist nicht blos die Zerreißung des Königreiches Böhmen, sondem sie ist nur der erste Schritt, um diese deutschen Landestheile zu präparieren für die Ausscheidung nicht blos aus Böhmen, sondern auch aus Oesterreich, und" sagen wir noch offener, (Hört, links),, zu präparieren für die Annexion an Deutschland" (Bravo, links). Sagen wir die Sache ganz offen, und Dr. Grégr, ein Mann, der seine Worte auch gern ziemlich deutlich und stramm hinuzustellen pflegt, wird nichts dagegen haben, wenn ich die letzten Eonsequenzen seiner Ausführungen in letzter Linie ziehe. Er nickt mir zu und gibt zu verstehen, daß er damit gemeint habe, unser Antrag sei der erste Schritt zur Annexion des deutschen Sprachgebietes in Böhmen an Deutschland.
Nun, ich glaube, ich, der ich diesen Antrag im Namen meiner Partei zu stellen mir erlaubte, und dessen österreichischen Patriotismus niemand bisher zu bezweifeln wagte (Bravo! Sehr gut) selbst nicht einmal Dr. Grégr, ich könnte es eigentlich leicht unter meiner Würde finden, auf einen derartigen An-
griff auch nur zu antworten. Allein mir liegt gar nicht an meiner Person, denn meine Person steht weit über derartige Verdächtigungen, sondern mir liegt an der Sache, und mir liegt daran, daß in der Oeffentlichkeit und auch selbst in uns feindlichen Kreisen die öffentliche Meinung wirklich aufgeklärt werde über uns und unsere Tendenzen.
Was wir wollen, was der Antrag, wie er da liegt, bedeutet, das habe ich Ihnen so gesagt u. es liegt im Antrage selbst, das haben alle unsere Gegner ausgeführt, und ich werde es Ihnen nicht weiter ausführen. Allein zugleich will ich auf diese heikle Frage des Dr. Grégr antworten.
Er bezweifelte zugleich die österreichische Loyalität, den österreichischen Patriotismus der deutschböhmischen Bevölkerung und meint dabei, es seien die Herren unserer Seite für diesen Antrag, weil ja die Stimmung in sehr vielen Theilen dieses Landes nicht mehr böhmisch, nicht mehr öslerreichisch, sondern nur eine annexianistische, deutsche sei. Nun ist das die schwerste Beschuldigung gegen die deutsche Bevölkerung Böhmens. (So ist es, links) Sie ist vollkommen unbegründet, allein in der Form, wie sie vorgebracht worden ist, und im Zusammenhang mit unserem Antrag verdient die Anklage oder Verdächtigung doch noch ein Wort der Bemerkung.
Die Deutschen in Böhmen wollen nichts anderes sein, als deutsche Osterreicher, (Ganz richtig, Bravo! links) und jeder vernünftige österreichische Staatsmann sollte damit ganz zufrieden sein. (Bravo! links). Sie aber wollen mehr von der deutschen Bevölkerung, und glauben Sie, daß Sie die Anhänglichkeit der deutschböhmischen Bevölkerung an den Reichsverband dadurch kräftigen, daß Sie ihr Vermöge ihrer Angehörigkeit an einen Provinzverband nationale Lasten und Bedrängnisie auferlegen? (Ganz richtig! links). Sie sagen den Deutschböhmen: "Du kannst Oesterreicher nur als Böhme sein, aber als Böhme mußt du dir die Zweisprachigkeit, mußt du dir die èechische Propaganda im Lande gefallen lassen." (Sehr gut, links).
Damit kräftigen Sie nicht die Anhänglichkeit an den Reichsverband, wenn Sie diese Anhänglichkeit beschweren mit einem solchen Preis und Opfer in nationaler Beziehung.
Gerade Anträge, wie die unsrigen, sind im eigentlichen Sinne gut österreichisch, (Rufe: Sehr gut! Bravo! links), weil sie die Anhänglichkeit der deutschböhmischen Bevölkerung an den Reichsverband unabhängig machen von
jeder andern Maßregel, die sie in ihren nationalen Gefühlen verletzt, (Rufe: Sehr richtig! links), und die deutschböhmische Bevölkerung ist einmal in nationalen Dingen empfindlich, (Ruf: Ja Wohl! im Centrum), und es ist viel klüger, ihre nationale Empfindlichkeit, - ich spreche jetzt blos vorn österreichischen Standpunkt, - und es ist viel klüger, diese nationale Empfindlichleit zu schonen, als sie zu verletzen und zu sagen: Du mußt dich verletzen lassen, wenn Du Oesterreicher bleiben willst. (Rufe: Bravo! Bravo! links.) Durch die Anträge, wie die unsrigen, soll nichts anderes geschaffen werden, als eine gewisse nationale Zufriedenheit der deutschböhmischen Bevölkerung mit der Staatlichen Einrichtung und eine Solche Zufriedenheit mit den allgemeinen öffentlichen Einrichtungen ist bei den meisten Menschen die hauptsächliche Voraussetzung des Patriotismus (Rufe: Bravo! Sehr richtig! links); dadurch fordern und kräftigen wir auch den österreichischen Patriotismus, wenn wir die gerechten nationalen Wünsche der deutschen Bevölkerung erfüllen und sie innerhalb der österreichischen Gesetzgebung als vollkommen erfüllenswert bezeichnen. (Bravo! links.)
Sie aber erschüttern und gefährden die Anhänglichkeit der deutschböhmischen Bevölkerung an den Reichsverband, dadurch daß Sie fortwährend Forderungen erheben, welche ihre Zufriedenheit mit den bürgerlichen und öffentlichen Einrichtungen des Staates fortwährend erschüttern und damit alle anderen Consequenzen heraufbeschwören. (Sehr gut! links)
Der Herr Dr. Grégr ist soweit gegangen, daß er in einem, ich glaube etwas unüberlegten Theile seiner Rede die Behauptung aufgestellt hat, daß schließlich nur der èechische Stamm gegenwärtig die eigentliche, solide Basis der Fortexistenz (Heiterkeit) des österreichischen Kaiserstaates sei; das ist eine noch weitere Folgerung des Wortes "Bollwerk", welches von der anderen Seite gebraucht wurde und über welchen etwas unklaren Ausdruck verschieden Anschauungen unter den Herren selbst zu bestehen scheinen. Denn selbst der Generalredner der Mehrheit hatte gestern Abends auch versucht, dieser mystischen Behauptung des Baron Nádherný eine noch deutlichere Form zu geben. Allein die deutlichste Form ist die wie sie Dr. Grégr gegeben hat, die nackteste Formel: Oesterreich habe keine Sicherheit ohne den èechischen Staat, die Ungarn find Selbständig und denken nur an den ungarischen Staat, die Polen hosen auf die Selbständigkeit, die Slovenen sind zu schwach und unbedeutend, die
Deutschen sind unzuverlässig, die Èechen allem halten Oesterreich, ohne Èechen gibt es kein Oesterreich. (Heiterkeit) Dr. Grégr ist ein außerordentlich gewandter Redner, und ich sage das im. Ernste, seine volksthümliche Beredsamkeit stelle ich ungeheuer hoch, allein gerade vermöge dieser großen natürlichen Beredsamkeit des Dr. Grégr, läßt er sich gern zu derartigen extravaganten Behauptungen verleiten und vermöge der Leidenschaftlichkeit seines Naturells versucht er mit den allerstärksten Mitteln auf die Außenstehenden zu wirken. (Rufe: Sehr gut! links.)
Sie wissen recht gut, welche Kreise ich hier als außenstehend meine, ich brauche dies hier nicht auszuführen, es ist das stärkste Anerbieten des èechischen Stammes, wenn ich es noch deutlicher bezeichnen soll, es ist das Stärkste Anerbieten des èechischen Stammes an die Krone. Das war eigentlich der wahre Sinn Solcher Worte. (So ist es! links.) Man Sagt zur Krone: Du bist eigentlich Von allen Deinen Völkern verlassen, hier, wir in diesem Saale, der èechische Stamm allein erhalten Dich, da lebst Du von unserer Gnade, so mußt Du auch unsere Forderungen erfüllen. (Bravo, bravo! links.)
Es fällt mir nicht ein zu läügnen, daß der èechische Stamm in der Entwickelung der österreichischen Monarchie eine große Rolle spielt, und daß seine Tüchtigkeit und guten Eigenschaften wesentlich zur Kräftigung der österreichischen Monarchie beitragen. Allem ich möchte aber die vorgeschrittenen nationalen Politiker der Èechen darauf aufmerksam machen, daß sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen ihre nationalen Aspirationen nicht zu hoch spannen sollen.
Wenn Sie sich als österreichische Patrioten fühlen, und sich gestern als Oesterreicher erster Klasse proclamirt haben, dann übernehmen Sie auch gewisse Verpflichtungen für dieses Reich. Denn eine dominirende Stellung legt ein großes Maß von Verpflichtungen auf. Wenn Sie sich solcher Pflichten bewußt fein wurden, der pflichten, die Sie gegen den österreichischen Staat haben, dann würden Sie es
unterlassen, Ihre nationalen Aspirationen auf die Spitze zu treiben, und die nationale Opposition der Deutschen bei jedem Schritte, jeden Tag herauszufordern. Das ist eine ganz unösterreichische Haltung der gegenwärtigen èechischen Politik, daß Sie die nationale Opposition der Deutschen heraufbeschworen haben. Die Stellung, in der Sic sind, legt Ihnen aber nicht bloß vermöge der Stellung als Oesterreicher
Pflichten auf, sondern die Stellung legt Ihnen als einer nationalen Partei, wenn es eine kluge Politik sein soll, auch Vorsicht auf. Wenn sie den Bogen bis aufs äußerste spannen, die Erbitterung des deutschen Volkes immer und immer wieder reizen, so mögen Sie für kurze Zeit eine große Befriedigung Ihrer nationalen Eitelkeit, Ihres nationalen Ehrgeizes erleben, allein Sie werden die österreichischen Verhältnisse verwirren, Sie werden den Staat innerlich so unterwühlen, Sie werden durch die Schürung der nationalen Gegensätze den Staat so zersetzen, daß Sie die Calamität heraufbeschwören, wo dann der österreichische Staat und die èechische Nationalität in der allergrößten Gefahr fein werden. (Bravo, links.)
Das sind 2 Dinge, welche Sie von der dominirenden Stellung die Sie heute einnehmen wollen, etwas aufmerksam überlegen sollen, Einmal die Pflichten gegen den österreichischen Staat, dann die kluge Vorsicht und die Erkenntniß der Gefahren für die Zukunft der eigenen Nationalität. Diese sollten Sie zur Vorsicht, zur Mäßigung mahnen, und einen andern Ton Ihnen begreiflich und zur Regel machen, als den, den Sie bei jeder Gelegenheit, namentlich heute unserem Antrage gegenüber, anzuschlagen für gut finden. (Bravo, sehr gut! links.)
Der Hr. Dr. Mattusch und ich glaube, die beiden anderen Herren auch sowohl Graf Clam als Dr. Grégr, haben nun als das, ich möchte sagen, populärste Argument gegen unseren Antrag und für die Zweisprachigkeit den Standpunkt der Gleichberechtigung vertreten. Nun ich habe mehrmals, bei verschiedenen Gelegenheiten, sowohl hier als im Reichsrathe, die Ansicht mit allem Nachdrucke vertreten, daß derartige schwierige und complexe Fragen, wie die Sprachenfrage in Oesterreich und in Böhmen, durch die ganze Verwaltung hindurch unmöglich mit einer abstracten, rein negativen Formel gelöst werden kann. Die abstracte Formel der Gleichberechtigung ist nichts anderes, als eines der Vielen individuellen Rechte des Staatsbürgers, die alle rein negativ Freiheitsrechte sind. Ein solches Recht hat auch diese allgemeine Formulirung der Gleichberechtigung der Nationalitäten. Allein jeder von Ihnen, man braucht dabei kein großer Surist zu sein, jeder von uns ist sich darüber klar, als getreulicher Beobachter öffentlicher Dinge, daß es kein Recht geben kann ohne ein materielles Interesse, welches dieses Recht begründet. Im bürgerlichen Rechte, dem Obligationsrechte sehen wir Obligationen, Zustandsobligationen, Verhältnisse, welche immer die materielle Vor-
aussetzung der Geltendmachung eines Rechtes sind, immer ein thatsächliches ökonomisches, ein sociales oder ähnliches Verhältniß.
Und wenn im Civilrecht die Gleichheit der individuellen Rechte am allerschärfsten und konsequentesten formuliert worden ist, so ist bei aller konsequenten Formulierung der gleichen Subjektiven Rechte doch immer die Voraussetzung des thatsächlichen Verhältnisses erst die mögliche Existenzbedingung für dieses Recht selbst. Und was im bürgerlichen Recht, im Privatrecht gilt, das gilt noch in viel verstarktem Maße im öffentlichen. Das öffentliche Recht ist noch weniger erfüllt von dem reinen Formelwesen, als das bürgerliche Recht und im öffentlichen Recht ist die Nothwendigkeit thatsächlicher Voraussetzungen, die Existenz thatsächlicher Vorbedingungen für die Geltendmachung, die Erhebung eines Rechtes, von noch viel größerer Wichtigkeit als im bürgerlichen und es kann daher - in Anwendung dieser allgemeinen Sätze auf unseren Fall - es kann daher von einer Gleichberechtigung der Nationalitäten nach vernünftiger Auffassung der öffentlichen Rechtsverhältnisse nur da gesprochen werden, wo die thatsächtichen Verhältnisse die Geltendmachung dieses Rechtes überhaupt ermöglichen und als gerecht erscheinen lassen. Und durch die unzweifelhafte statistische Thatsache, daß ein außerordentlich geringer Percenttheil der tschechischen Bevölkerung des Landes im deutschen Landesgebiete ist, durch die Thatsache des seit Jahrhunderten geschlossenen nationalen Landesgebiets in diesem Theile, durch die Thatsache der Verkehrsverhältnisse, durch die Thatsache des Herkommens, der Gerichte usw. ist es unwiederleglich bewiesen, daß hier kein Boden ist für Erhebung der Forderung der Gleichberechtigung in dein Sinne, daß in diesem deutschen Landestheil überall zweisprachig amtiert wird.
Ich habe gestern gehört - vom Grafen Clam - daß er sagte, er gebe mir zu, laß die Erhebung der Forderung der Gleichberechtigung nur ein individuelles Recht ist. Das individuelle Recht des einzelnen Staatsbürgers aber kann nie die öffentlichen Verhältnisse durchbrechen oder so stark sein, um mit seiner Geltendmachung ganze öffentliche Institutionen und Organisationen hervorzurufen.
Blos weil ein Tscheche oder zwanzig tschechische Arbeiter heute in eine kleine deutsche Stadt ziehen, wird der deutsche Charakter der ganzen Gegend, wird wirklich die deutsche Praxis der Gerichte und Behörden in diesem Landestheil nicht geändert. Das öffentliche
Recht fuß auf den öffentlichen Verhältnissen, und diese sind dort alle auf deutscher Basis ausgebaut und die individuellen Rechte einiger weniger tschechischen Arbeiter oder eines tschechischen Geschäftsmannes, der sich in jenem Kreise zufällig aufhält, können unmöglich die materiellen Voraussetzungen schaffen, die ja allein es erst ermöglichen, Gleichberechtigung zu verlangen, weil ein solches individuelles Recht erst dann wirksam wird, wenn es einen Sozialen, materiellen, wirthschaftlichen, statistischen Hintergrund besitzt. (Sehr richtig! links).
Daß wir dabei nicht von thörichter Unduldsamkeit erfüllt find, daß wir den gerechten Bedürfnissen entgegenkommen wollen, haben wir und ich bei jeder Gelegenheit ausgesprochen. Ich glaube, ich habe das bei meiner Begründungsrede gethan und habe es auch im Ausschusse wiederholt gesagt, daß da, wo Solche Verhältnisse eintreten, wir Sofort bereit Sind, ihnen abzuhelfen und entgegenzukommen. Wen« in einer Stadt, wie Dux, Wenn in einer Stadt, wie Brüx, eine bedeutende Anzahl tschechischer Arbeiter sich Ansammelt oder ansiedelt - wenn auch die ganze übrige Umgebung des Landes deutsch ist -, so ist es eine Forderung der Gerechtigkeit, der wir jeden Augenblick zu entsprechen bereit Sind, daß für den Rechtsschutz und die Rechtshilfe und für die VerwaltungsAufgaben für diese Leute ein Beamter, der des Tschechischen mächtig ist, angestellt Wird.
Und nachdem Sie wissen, daß diese armen Leute keine großen han eisgerichtlichen Processe führen und keine langen Erbschaftsabhandlungen, welche wichtige, kostspielige und schwierige Verhandlungen hervorrufen und es sich meistens nur um einige keine Wirthshausschulden oder Mietsstreitigkeiten im Bagatellverfahren handelt, so genügt es vollkommen, wenn für diese Leute ein der tschechischen Sprache kundiger Einzelrichter bestellt wird, der das Bagatellverfah-
ren in tschechischer Sprache durchzuführen im Stande ist und den Rechtsschutz gewährt, auf den die Tschechen in diesen Bezirken wirklich ein Recht haben, weil für sie durch ihre relativ große Anzahl an dem bestimmten Punkte eine gewisse öffentliche Basis zur Geltendmachung ihres Rechtes auf Gleichberechtigung geschaffen ist.
Darum sind wir bereit, Solchen Dingen entgegenzukommen, wo sie sachlich, objectiv durch die natürlichen Bedürfnisse des Verkehrs begründet und gerechtfertigt find. Man möge uns daher verschonen mit Solchen übertriebenen Anklagen, wir wollen die Unterdrückung des èechischen Volkes, und derartigen ich möchte
fast sagen - Thorheiten, auf die ich jetzt wirklich nicht mehr zurückkommen will.
Die Angriffe oder vielmehr die Einwendungen, die Sie unserem Antrage entgegenstellen, Sind nicht hergeholt von einem Bedürfnisse des öffentlichen Verkehres, sind nicht hergeholt von den thatsächlichen Verhältnissen, sondern von einer gewissen Staatsrechtlichen Auffassung; sie Sind hergeholt von einem Worte, das mir erst auch in der letzten Zeit begegnet ist, und das auch in den Zeitungen, wie es scheint, ein gewisser Terminus geworden ist, von dem Begriffe eines Landesbürgerrechtes. Sie sprechen: Die Deutschen und die Böhmen sind gleichberechtigte Landesbürger, und eine Consequenz dieses gleichmäßigen Landesbürgerrechtes ist es, daß die beiden Sprachen durch das ganze Land ohne Rücksicht auf die Bevölkerungsverhältnisse, ohne Rücksicht auf die Verkehrsverhältnisse vermöge der abstracten Consequenz dieses Landesbürgerrechtes gelten.
Sie fuhren diesen Terminus in unsere politische Sprache ohne jedes Recht ein. Es gibt gar kein böhmisches Landesbürgerrecht, (Rufe: Oho! im Centrum) es gibt nur ein österreichischer Staatsbürger recht (Rufe links: So ist es!) und alle die Gleichberechtigungsforderungen, die Sie erheben, können Sie nur erheben auf Grund der österreichischen Staatsgrundgesetze und niemals aus dem Titel eines Landesbürgerrechtes. (Bravo! links.) Es gibt kein böhmisches Landesbürgerrecht, und wir Deutsche in Böhmen sind vollkommen zufrieden damit, daß wir österreichische Staatsbürger sind, (Bravo! links) wir verlangert für uns gar kein böhmisches Landesbürgerrecht.
Wir werden Ihnen bei jeder Gelegenheit Widerstand entgegensetzen und wenn Sie uns auch in Versteckter Form entgegentreten, um die staatsrechtliche Auffassung in unser öffentliches Leben hereinzubringen.
Sie waren in den letzten Jahren etwas klüger und vorsichtiger im Reichsrathe und waren bereit, die staatsrechtliche Frage zurücktreten zu lassen. Allein seit ungefähr einem Jahre beginnt wieder die Staatsrechtliche Terminologie sich zu zeigen, offenbar, weil die Staatsrechtlichen Pläne und die Gedanken, die diesem Worte zu Grunde liegen, von Ihnen wieder aufgefrischt werden sollen, und in der Frage ich brauche nicht an die großen Staatsrechtlichen Kämpfe, welche diesen Landtag in früheren Jahren erfüllt haben, zu erinnern - in dieser Frage werden Sie unseren Widerstand immer
so finden, wie Sie ihn in den sechziger Jahren gefunden haben. (Bravo! links.)
Versuchen Sie es nicht, neben dem nationalen Streite, der leider schon heute dieses Land durchsetzt noch auch die Staatsrechtliche Frage wieder aufzufrischen. Sie werden nur neue Elemente der Erbitterung und des Gegensatzes hervorrufen.
Denn unseren Widerstand in der staatsrechtlichen Frage werden Sie ebenso finden, als in den sechziger und siebenziger Jahren, und ich kann nicht zugeben - und ich bitte den Herrn Grafen Clam um Entschuldigung, wenn ich eine Aeußerung aus dem Ausschuße citire, welche wie ich glaube, sogar in die Zeitungen gekommen ist - was Herr Dr. Rieger sagte im Ausschuße: das böhmische Staatsrecht sei eine Frage zwischen dem Herrscher und der Mehrheit der Bevölkerung des Landes Böhmen. (Hört! links.)
Das sei gewissermaßen eine Herzenssache zwischen dem Könige von Böhmen und der Mehrheit der Bevölkerung Böhmens.
Diese Aeußerung hat Herr Dr. Rieger gethan, und ich glaube auch, sie nicht unrichtig wiedergegeben zu haben. Einen Solchen Standpunkt, wenn er auch in dieser gemüthvollen Form eines Geheimnißes zwischen zwei Liebenden vorgebracht worden ist, werden wir nie Zugeben. ES gibt keine derartigen privaten Beziehungen zwischen dem Herrscher und der Mehrheit der Bevölkerung des Landes Böhmen. Die Beziehungen des Herrschers zu seinen Unterthanen sind durch Gesetze, wie ich glaube durch weise Gesetze geregelt, und es hat niemand das Recht, zwischen diese Gesetze derartige Gefühlsbeziehungen hineinzustellen, wenn rr nicht das ganze Staatliche Gefüge erschüttern will Und Sie wollen das staatliche Gefüge erschüttern, aber Sie haben heute noch nicht den Muth, den Sie im Jahre 1871 hatten,. und Sie versuchen wieder auf den Standpunkt zurückzukommen, und jeder Landtag, den wir hier unter dem gegenwärtigen Regime erleben, ist mir ein Beweis mehr, in welchem schnellen Tempo Sie sich diesem Grundsatze immer wieder nähern und welchen großen Widerstand Sie aber auch auf unserer Seite finden.
Ich muß noch ein Wort über die Staatssprache sagen, obwohl ich es eigentlich offen gestanden, nicht beabsichtigt habe, weil dieser Gegenstand stricte nicht hieher gehört.
Allein es ist einmal vom H. Dr. Grégr und ich glaube auch von Dr. Mattus und dem Grafen Clam ziemlich ausführlich darüber
gesprochen worden, und ich will mich nun an die Formulirung des Dr. Grégr halten, der die Sache am drastischesten ausgedrückt hat. Er meint, die Forderung, die ich vermöge der Staatssprache erhebe, daß nämlich in den gemischten und tschechischen Landestheilen die deutsche Amtssprache bestehen bleibe, und daß auch dort deutsche Eingaben zuzulassen seien, fei die unerhörteste und ärgste Beleidigung des tschechischen Volkes. - ich glaube, So war der Ausdruck, - u. Dr. Mattus, der mäßigere Ausdrücke wählte, und selbst Graf Clam haben ungefähr dasselbe gesagt, daß dies eine Schreiende Verletzung der Gleichberechtigung sei, und Dr. Grégr, der immer gern noch eine persönliche Spitze hinzufügt, meint, ich habe diesen Antrag gestellt und diese Auffassung hier proclamirt, um meine etwas gefährdete Position bei meinen Wählern wieder zu befestigen. Heiterkeit links), und mich der "schärferen Tonart" zu nähern.
Nun hat gestern Herr Dr Knotz. der hier der berufene Vertreter der sogenannten schärferen Tonart ist, (Heiterkeit) bereits dem H. Dr. Grégr mit Recht geantwortet, daß vom Standpunkte der rein nationalen Politik die Deutschen die Forderung der Staatssprache gar nicht erheben Würden.
Der reine deutschnationale Standpunkt, der nur auf Sicherung und Schutz Seiner Nationalität bedacht ist, steht zunächst vom Staate ab, und betrachtet sich ausschließlich berufen, feine nationalen Interesen zu schützen. Er wird darum bedacht sein, das deutseche Sprachgebiet möglichst oder ausschließlich deutsch zu erhalten. (Aha! im Centrum).
Es wird ihm aber vom böhmischen Standpunkte nicht einfallen, einem rein tschechischen Landestheil irgend eine Form des Gebrauches oder gar die Herrfchaft der deutschen Sprache aufzuerlegen.
Der reine deutschnationale Standpunkt verlangt die Staatssprache nicht, und ein doch sonst aufmerksamer Beobachter der Parteivorgänge auch im anderen Lager, wie Dr. Grégr ist, hätte bei dem natürlichen Scharfsinn, den er besitzt, sich darüber klar sein sollen. Die Forderung, welche wir erheben auf Anerkennung und gesetzliche Feststellung der Staatssprache ist in erster Linie keine beutschnationale Forderung der Deutschen in Böhmen. Diese Forderung ist eine Forderung des österreichischen Staates selbst, und sie wird erhoben im Interesse der Einheitlichkeit der Administration und vom rein staatlichen Standpukte. (So ist es! links).
Die Auffassung des Dr. Grégr, daß da-
durch ein odioses Privilegium einer Rasse gegenüber allen anderen Rassen geschaffen werde, daß es wie eine neue Illustration der Theorie von der Inferiorität der Raffen fei, daß dies nur die Aeußerung eines erobernden Volkes Sein könnte.
Alle solchen Dinge hören sich sehr gut an, verkennen aber die wirkliche Bedeutung der Sache gänzlich.
Der österreichische Staat braucht eine Sprache, und ein vielsprachiger Staat braucht eine bestimmte Staatssprache; denn ein polyglotter Staat, der polyglott administriren, polyglott seine Centralverwaltung führen würde, ist einfach ein Unsinn, ein babylonischer Thurm (So ist es! links). Tie Sprache des Staates muß daher eine einheitliche sein, und daß diese einheitliche Sprache die deutsche ist, das liegt in der natürlichen, geschichtlichen Entwickelung dieses Staates, und wenn Sie ruhige Politiker sein werden, so werden Sie eines Tages einsehen, daß gegen diese geschichtliche Thatsache vom tschechischen Standpunkte gar nicht mehr angekämpft werden kann und darf.
Oesterreich ist aus deutschem Boden erwachsen; (Rufe im Centrum: So? Ganz richtig! links), Oesterreich ist auf deutschem Boden erwachsen, ist ein Theil des deutschen Reiches gewesen (Widerspruch im Centrum Jawohl! links). Also wollen Sie läugnen, daß österreichische Landesfürsten deutsche Kaiser waren, oder daß die deutschen Kaiser vom Habsburgstamme österreichische Landesfürsten waren ? Und durch die ganze geschichtliche Entwicklung dieses Reiches durch die deutsche Kultur ist das Deutsche zur deutschen Staatssprache geworden, und wenn Sie darin einen Primat, ein Privilegium der deutschen Nationalität gegenüber den übrigen Nationalitäten erblicken wollen, und immer bei jeder Aeußerung in dieser Stellung der deutschen Sprache als Staatssprache eine unerträgliche Verletzung Ihrer nationalen Gefühle erkennen wollen, so werden wir nie zu einer Ordnung in Oesterreich kommen. Die deutsche Staatssprache ist eine absolute Nothwendigkeit und ich will hier absichtlich nicht aufregend Sprechen, aber in einem gewissen Sinne ist sie auch eine Forderung, welche die Deutschen durch ganz Oesterreich mit Recht erheben können, deun die Deutschen in Oesterreich sind darauf stolz, daß sie den Staat in dieser Form, wie er sich entwickelt hat, durch die ganze Geschichte gemacht und weiter geführt haben (Bravo! links) und insofern kann matt in einer weiteren Linie wohl auch behaupten, daß die Forderung der
Staatssprache eine gerechte Erfüllung der nationalen Thätigkeit der Deutschen durch Jahrhunderte ist.
Wenn man sagt, die deutsche Staatssprache überhaupt fei ein WiederSpruch gegen den Artikel XIX, so ist das ein Argument, das ich heute nicht ausführlich bekämpfen will, aber nur folgendes sage ich.
Glaubt man denn, daß die deutsche StaatsSprache bis 18ti7 nicht faktisch bestanden hat? Oder glaubt man daß durch den Art. XIX. vom Jahre 1867 die deutsche Staatssprache abgeschffat worden ist? Das kann doch kein vernünftiger Mensch behaupten
Ich aber behaupte, daß die ganze Frage der Staatssprache eigentlich mit dem Artikel XIX. gar nichts zu thun hat, sondern eigentlich mit dem Staatsgrundgesetz über die Regierungsgewalt. Dahin gehört das Gesetz über die Staatssprache.
Sie ist keine Ausführung des Art. XIX. Artikel XIX. war eine Concession an einzelne nicht deutsche Nationalitäten; das Gesetz über die Staatssprache gehört aber zum Staatsgrundgesetze über die Regierungsgewalt, weit der Staat als solcher für sich derartige Vorschriften treffen muß.
Und wenn nun die Herren sagen, daß Sie bereit sind, die Staatssprache, so weit es die Einheit der Verwaltung verlangt, zuzugeben und anzuerkennen, und wenn der Herr Abg. Mattuš uns gestern den Wortlaut des Grocholskischen Antrages welchen die Mehrheit des Abgeordnetenhauses damals bei der Staatssprachendebatte stellte, uns vorgelesen hat, so bestreite ich ihm gerade die Auffassung, daß die gegenwärtige Haltung der Èechen und der Slaven überhaupt die Einheit der Verwaltung aus sprachlichem Gebiet nicht angreift und nicht erschüttert. Gerade solche Anträge, wie die Anträge Fáèek, wie die Anträge Trojan, Solche Forderungen, wie das èechische Memorandum sind nichts anderes als Eingriffe in die staatliche Verwaltung und Angriffe gegen die Einheit der Verwaltung (Bravo! links). Denn wenn Sie verlangen - und das verlangen selbst die modificirten Fáèekschen Anträge, daß die Regierung dahin Vorsorge treffen soll, daß eine Angelegenheit je nach der Sprache der Eingabe durch sämmtliche Instanzen in derselben Sprache verhandelt und entschieden werden soll, so verlange; Sie für eine èechische Eingabe die interne èechische Amtssprache durch alle drei Instanzen hinauf.
Sie verlangen damit eine èechische interne Amtssprache in den Ministerien und da können
Sie nicht mehr sagen, daß Sie im J. 1884 bereit waren,. die Staatssprache zuzugeben, soweit sie die Einheit der Verwaltung erfordert. In der Forderung Fáèek-Ttojan greifen Sie die Einheit der Verwaltung an und greifen die Staatssprache auf dem Gebiete an, wo Sie nothwendig ist zur Einheit der Verwaltung und aus diesen Gründen ist die thatsächliche Anerkennung der Staatssprache eine völlig wertlose Concession, weil Sie von Tag zu Tag bereit sind, diese Concession immer weiter einzudämmen und den bisherigen Besitzstand und das Geltungsgebiet der deutschen Staatssprache zu untergraben unb aus diesen Gründen dringen wir aus die gesetzliche Anerkennung der Geltung dieser Staatssprache.
Herr Dr. Rieger hatte Recht, letzthin zu Sagen, daß der Begriff der Staatssprache eigentlich eine Erfindung der letztenJahre sei u. wenn diese Forderung nach gesetzlicher Regelung der Staatssprache eine Erfindung der letzten Jahre ist, so hat niemand Anderer diese Entwicklung gezeitigt und beschleunigt, als die slavischen Tendenzen des gegenwärtigen Regimes. Sie haben durch Ihre slavischen Tendenzen, die gegenwärtige Regierung hat durch ihre Nachgiebigkeit gegen Solche Aspirationen der ganz unbefangenen öffentlichen Meinung Oesterreichs gegenüber aufs Deutlichste die Nothwendigkeit demonstrirt, daß endlich hier ein Halt geboten und daß ein Riegel vorgeschoben werden muß, gegen weitere Eingriffe in die Einheit der Verwaltung, und das kann nur geschehen durch die gesetzliche Erklärung der deutschen Sprache als Staatssprache. (Bravo! links.)
Und daß das die richtige Antwort, hervorgerufen durch die èechischen Aspirationen, ist, beweist das deutschböhmische Memorandum, dessen Verfasser unser verehrter Führer Dr. Schmeykal ist.
Die dentschböhmischen Abgeordneten können mit Recht die Priorität der Aufwerfung der Forderungen der letzten Jahre für sich in Anspruch nehmen.
Als das èechische Memorandum jene weitgehenden Forderungen über die Geltung der èechischen Sprache im innern Verkehr bei Amt und Gericht aufstellte, beantworteten bie deutschböhmischen Abgeordneten diese Forderung zuerst mit der Gegenüberstellung der Forderung der deutschen Staatssprache, und das war die erste richtige F°rm der Antwort auf die Erhebung derartiger Forderungen von èechischer Seite.
Und wenn es ja noch eines Beweises der
Nothwendigkeit der gesetzlichen Anerkennung der deutschen Staatssprache bedurft hätte, so sind es gerade die Anträge Fáèek und Trojan und gerade der heutige Landtagsbeschluß und die diesjährige Session des böhmischen Landtags wird diese Entwicklung trotz Ihres Widerstandes und trotz des Widerstandes der Regierung auf das Kräftigste fördern und zeitigen.
Alles schließt zusammen wie bei einem Krystall, Ihre Aspirationen in der Verwaltung, Ihre anmaßenden Anträge hier im Lande. (Rufe im Centrum, So! Lebhafter Beifall links und Rufe. Ja wohl! Abgeord. Dr. Trojan ruft: Wessen Anträge find anmaßend ? Oberstlandmarschall gibt das Glockenzeichen).
Es sind anmaßende Anträge, wenn man Versucht, die internen Belange des Staates hier im Landtag zu verhandeln und durch die Landesgesetzgebung zu entscheiden, und selbst in der reducirten Form Ihrer Anforderungen liegt noch eine Ueberhebung, indem Sie verlangen, daß die interne Amtssprache der kaiserlichen Behörden nicht blos im Lande, sondern selbst der Centralstellen bei einer èechischen Eingabe èechisch sein soll.
Alle diese Dinge reifen und zeitigen die Entwicklung der Nothwendigkeit der deutschen Staatssprache, und seien Sie überzeugt, wenn Sie auch unsere Anträge heute ablehnen, durch Beschlüsse wie der heutige, Schieben Sie die gesetzliche Anerkennung der deutschen StaatsSprache nicht hinaus.
Eine Bewegung, die aus der Natur der Sache ihre Kraft schöpft, die sich in den Köpfen aller denkenden Politiker in Oesterreich immer mehr Bahn bricht, eine Solche Entwicklung werden Sie durch leidenschaftliche nationale Beschlüsse nicht aufhalten.
Wenn Herr Dr. Grégr gestern im Anflug einer gewissen versöhnliche« Stimmung die Möglichkeit einer Verständigung mit den alten Centralisten betont hat, so ist die erste Voraussetzung einer solchen Verständigung. daß er den Widerspruch gegen die deutsche Staatssprache aufgibt. Dann erst wird man weiter mit ihm reden können, (Heiterkeit im Centrum), früher ist jede Verständigung unmöglich.
Lassen Sie uns nun noch ein Wort über das sagen, was, wie ich glaube, auch Graf Clam zuletzt mit einer besonders warmen Betonung berührt hat Er hat mit allem Nachdruck den gegenwärtigen traurigen Zustand des Landes beklagt, und doch erklärt, die Hoffnung nicht aufgeben zu wollen, daß es endlich
gelingen möge, eine Verföhnung, eine Verständigung herbeizuführen.
Nun, meine Herren, ich habe solche Worte oft gehört; durch einen Zug des Gegners waren Sie in die glückliche Lage versetzt, diese Gesinnung zu bethätigen.
Durch die Situation, welche unser Antrag im Landtage geschaffen hat, war für Sie als geschickte Politiker, als Anfänger der Versöhnungspolitik ein Boden geschaffen, den Sie mit warmem Entgegenkommen hätten betreten Sollen. Und einen Augenblick dämmerte es wenigstens dem Hrn. Dr. Rieger auf, daß jetzt der Moment gekommen sei durch unsern Antrag, wo der von ihm lang gehegte Wunsch nach einer Verständigung beider Nationen, das Werk, mit dem er als guter Patriot gern sein politisches Leben abgeschlossen sehen möchte, jetzt wenigstens in Angriff genommen werden könnte.