Und sehen Sie, meine Herren, wenn ich die Behauptung aufstelle, daß alle diese Dinge nicht die Verständigung sondern eine Aufregung hervorgerufen haben, da kommt ein Herr von jener Seite des Hauses und sagt, wir erzeugen die Aufregung. Ja, glauben Sie vielleicht meine Herren, daß wir es find, die den Herrn Abg. Knotz aufgeregt haben (Heiterkeit und Rufe: Sehr gut! links), Seine Worte und sein Ton gaben Ausdruck der Stimmung in großen Kreisen der deutschen Bevölkerung und daß es so ist, ist Ihr Werk meine Herren! (Jawohl! links).
Nun meine Herren, wissen Sie, wie lange und wie oft von ihrer Seite der Vorschlag gemacht worden ist, daß man nicht in Wien sondern in Böhmen die nationalen Zwistigkeiten zu lösen habe, daß man sich hier ruhig zusammensetzen solle, wo man nicht von Leidenschaften, von den Einwirkungen der Oeffentlichkeit gehemmt wird. Und nun hat unsere Seite einen Antrag gestellt, welcher in die commissionelle Berathung gekommen ist. In dieser Commissionsberathung - die Gegner werden mir das Zeugnis geben, - ist kein heftiges Wort gefallen, sind die Leidenschaften nicht erregt worden.
Da war der Ort, wo Sie also Ihr oft gegebenes Wort hätten einlösen können, da hätten Sie in eine Besprechung über die ein zelnen Punkte eingehen können, über welche wir uns Verständigen sollen.
Was war da Ihr Anerbieten? Nicht bloß daß Sic glaubten damit versöhnlich zu sein daß Sie über unsere Anträge zur Tagesordnung übergehen, sondern Ihre Antwort und der wahre, der greifbare und lesbare Ausdruck Ihrer bisher durch viele Jahre ausgesprochenen Versöhnungsideen war der Antrag Fáèek. (So ist es'! links). Der H. Abg. Graf Palffy sagte uns: "Wir hätten den Antrag Plener gestellt, mit der Aussicht, daß er nicht angenommen wird." Nun, meine Herren, so mac-
chiavellistische Anträge stellen wir nicht, aber glauben Sie denn, oder glaubt namentlich der verehrte H. Abg Graf Palffy, der doch wünscht, daß solche Dinge, wie er sich ausgedrückt hat, auch mit der Weihe unserer Sanktion beschlossen werden; hatt denn der Abg. Graf Palffy geglaubt, daß der Antrag Fáèek mit unserer Sanction beschlossen werden wirb. (Sehr gut! links)
Was soll es also ? Wenn man sich einmal nicht aus den Gesichtspunkt der Mehrheit stellt, sondern auf den Gesichtspunkt desgleichen Weites der Zustimmung beider Volksstämme, was soll es, uns einen Vorwurf aus der Stellung des Antrages plener zu machen, wenn man uns mit einem, unendlich weitergehenden, wie es der Antrag Fáèek ist, antwortet, von dem selbst Graf Palffy wissen mußte, daß er unsere Zustimmung nie bekommen werde? (So ist es Bravo! links.)
Es fällt mir aber ebenbei, daß ich verpflichtet bin, auf eine Ausführung des H. Abgeordneten für Raudnitz zu antworten, der wie höre, die einzelnen Namen des Reiches auf ihren Patriotismus geprüft hat. Was er nun über seine Parteigenossen im Abgeordnetenhause gejagt hat, das mögen diese ihm beantworten, was er aber über die Deutschen in Absicht aus den Patriotismus und aus die Vaterlandsliebe gejagt hat, ist in der Hinsicht richtig, daß er die Behauptung aufgestellt hat: die Tschechen können außer Oesterreich an eine nationale Existenz gar nicht denken, die Deutschen in Oesterreich könnten auch eine Existenz haben außer Oesterreich.
Ich glaube ihn richtig verstanden zu haben oder die Übersetzung richtig bekommen zu haben. Darin, meine Herren, sehen wir, ich will nicht sagen die bessere Art, aber die vielleicht werthvollere Art unseres Patriotismus, daß wir Österreich,, nicht wollen müssen, sondern daß wir Österreich aus freiem Willen wollen. (Bravorufe links.)
Und wenn Sic die Qualität eines Patriotismus in schweren Zeiten eines Staates darauf prüfen, so werden sie sagen, die Patrioten, die Staatsbürger, welche bisher freiwillig ohne einen äußeren Zwang, ohne Sichtbarkeit einer Gefährdung, für Ihre Nationalität und für Ihre Entwickelung an diesem Staate festgehalten haben, die sind in den Schwierigsten Zeiten die werthvollsten, die sichersten, die zuverlässigsten Patrioten. (Lebhafter Beifall links.)
Und das, meine Herren, nehme ich eben für die Deutschen in Oesterreich in Anspruch und darum ist unser Patriotismus zum min-
desten so zu verlässig, wie der Patriotismus unserer tschechischen Landsleute, welche Oesterreich wollen müssen. (Lebhafter Beifall, sehr gut! links.)
Und so, meine Herren, ist die Entwickelung in diesem Lande dahin gediehen, daß diejenige Voraussetzung, welche H. Abgeordnete Graf Palffy gewünscht hat, die Sympathien freilich nicht gewonnen hat.
Wir haben es noch in der letzten Zeit gesehen, daß die Deutschen bei einem verhältnismäßig untergeordneten Ereignis beim Empfang der neuen Erzbischofs und Primas Von Böhmen sich ferngehalten haben. Sie find verletzt worden, sie haben sich verletzt gefühlt; denn, meine Herren, ob jemand verletzt worden ist, entscheidet nie der Verletzende, Sondern der Verletzte. (Sehr richtig! links.)
Und glauben Sie mir, meine Herren, das deutsche Volk und Seine Vertreter werden, wenn Sie einen anderen feierlichen halb weltlichen, halb kirchlichen Akt in dieser Stadt, in diesem Lande vorzunehmen gedenken, wenn Sie an die Krönung gedenken, das deutsche Volk und seine Vertreter werden auch bei diesem Akte fehlen. (Lebhafter Beifall links.)
So weit, meine Herren, sind Ihre Verständigungsversuche und ist Ihre Verständigungsaction gediehen. Sie rechnen eben viel zu wenig mit der Dynamik der Empfindungen und nationalen Gefühle eines Volkes, und Sie hoben die Empfindungen des deutschen Volkes bei allen Ihren Actionen nicht richtig in Rechnung gezogen, durch Ihre jetzige Sprachenaction verletzen Sie aber die Tradition des deutschen Volkes, indem Sie ihm aus der Geschichte und mit akademischer Nothwendigkeit erhärten wollen, daß eine Einrichtung nothwendig ist. welche, wie schon heute gezeigt wurde, nothwendigerweise durchaus èechische Beamte in die deutschen Gegenden führt. Sie verletzen damit die Tradition des deutschen Volkes, und zwar unnöthigerweise, befriedigen aber dabei nicht etwa die Tradition des èechischen Volkes.
Denn, meine Herren, das èechische Volk in seiner großen Masse hat nicht die Tradition, daß es in aßen deutschen Gebieten das gleiche sprachliche Recht bei den Behörden hatte. Das ist nicht richtig. Denn Sie geben ja selbst zu, daß durch einen, wie Sie sagen, abusus die Gewohnheit im Lande die war, daß in deutschen Gebieten nur deutsch verlandelt würde, in èechischen Gebieten in zwei Sprachen. Also die Tradition unseres Volkes verlangt es nicht, die Tradition unseres Volkes verletzen Sie, und das Ganze, meine Herren, nennen Sie eine sympathische Aktion.
Wir wieberholen das, wir wiederholen es ungezähltemale, und so oft, daß es, ich möchte jagen, uns selbst schon nicht mehr angenehm ist, das immer und immer wieberholen zu müssen, und trotzdem antworten Sie auf alle unsere Mahnungen, unsere Mahnungen, denen wir auch in der Kommission pflichtgemäßen Ausdruck gegeben haben, Sie antworten uns, meine Herren, mit dem Antrage Fáèek.
Ja, nun frage ich mich, meine Herren, ob denu wirklich für die 67000 Czechen, welche versprengt in dem wieberholt erwähnten deutschen Gebiete leben, diese Sprachenverordnung statistisch von Wichtigkeit ist. Es treiben ja einzelne von Ihnen, meine Herren, Statistik. Versuchen Sie einmal die Summe aller Rechtsfälle zu finden, welche in ganz Oesterreich die Gerichte beschäftigen, und suchen Sie die Quote, welche auf 67000 Einwohner in 2. und 3. Instanz entfält. Das ist ein verschwindender Bruchtheil von Fällen (Sehr richtig! links). Sie können daher nicht sagen, baß es sich hier auch um irgend ein praktisches Bedürfnis ober auch nur um die Möglichkeit der Verletzung eines selbst sehr empfindlichen nationalen Rechtes handelt.
Wäre das der Fall, würde eine so kleine Anzahl von Staatlichen Verwaltungsagenden schon irgend welches sprachliche Recht konstituiren, so wäre nicht nur in Oesterreich, es wäre auch in anderen Ländern kaum zu regieren, denn bei den jetzigen, in einander greifenden Verkehrsverhältnissen, bei der jetzigen Freizügigkeit, bei der Leichtigkeit, seinen Wohnsitz von einem Ort an einen anderen zu verlegen, tritt eine gewiße Vermischung der nationalen Bevölkerung, eine gewisse Einsprengung Anderssprachiger in ganz Europa und nicht bloß in Oesterreich ein
Sie aber, meine Herren, scheinen noch ein anderes Ziel mit Ihrer Haltung zu verfolgen. Es kommt mir fast vor, als ob Sie uns um jeden Preis in die schärfste Opposition drängen wollten, um sich der Regierung immer nothwendiger zu machen, (Sehr richtig, links) und um die Regierung zu stützen, welche bisher Schritt für Schritt Ihren nationalen und staatlichen Anforderungen nachgegeben hat (Sehr richtig! links).
Dieses Ziel werden Sie erreichen, denn wenn Sie die unglaublichsten Anträge stellen, werden Sie auch von unserer Seite die unglaublichste Opposition erfahren müssen.
Glauben Sie mir, meine Herren, auch wir haben Sinn für die geschichtliche Entwicklung des Landes, und welcher Gebildete würde nicht mit Bewunderung zurückblicken, für welche
historische und ganz Europa beeinflussende Entwickelung Böhmens der Schonplatz und auch der Ausgangspunkt war. Aber, meine Herren, graben Sie nicht vergilbte Dokumente aus und Stellen Sic sie nicht als lebendiges Recht dar. (Sehr gut! links.)
Bewahren, verehren, und erhalten Sie sie in einem Museum. (Rufe: Sehr gut! links.) Allein, meine Herren, wir athmen im lebendigen Lichte und wir Wollen, daß für Böhmen der Satz des Dichters gelte:
"Immer strebe zum Ganzen und kannst Du
Selber kein Ganzes
Werden, als dienendes Glied Schließe dem
Ganzen Dich an"
Und in diesem Sinne werden wir unsere Pflicht weiter erfüllen für unseren Staat, wie für unser Volk, (Rufe: Bravo! links), eingedenk des Wortes des Tacitus: "In ea tempora natus es, quibus animum expediat firmare constantibus exemplis." "In Zeitläufte find wir gestellt, in denen es gilt, die Geister zu Stärken durch Beispiele der Beharrlichkeit," und in diesem Sinne werden wir thätig sein, so lange freilich als es uns gestattet ist, durch unsere Kraft, unser Gewissen und unsere Ehre. (Stürmisches Bravo! und Händeklatschen links, Redner wird von seinen Parteigenossen beglückwünscht.)
Oberstlandmarschall: Ich ertheile nunmehr das Wort dem Generalredner für die Anträge des Ausschusses.
Se. Exc. H. Graf Richard Clam-Martinitz hat das Wort.
Se. Exe. Graf Richard Clam-Martinitz: Hoher Landtag! Wenn ich am Schlusse einer langen, sehr bewegten, theilweise auch erregter Debatte in diesem Augenblicke dennoch mit voller Ruhe das Wort zu ergreifen vermag, so schreiben Sie dieses nicht einem besonders phlegmatischen Temperament zu, es ist mir nur zu oft der Vorwurf des Gegentheiles gemacht worden. Wohl aber kann ich sagen, daß der Grund davon darin liegt, daß ich bona fide erklären kann, aus Vollster Ueberzeugung für eine Sache einzutreten, welche ich für eine gute und gerechte Sache halte.
Ich werde mich bemühen, meine Herren, ohne jede Leidenschaftlichkeit zu sprechen, ich bin auch frei Von jeder Leidenschaftlichkeit in dieser Frage.
Ich hoffe, daß kein verletzendes Wort Von meiner Seile fallen wird.
Ich werde auf Manches antworten müssen, auf manches scharfe Wort, das von jener Seite gefallen ist, ich werde mich aber bemühen, es in ruhiger, sachlicher Weise zu thun.
Wenn Aeußerungen von jener Seite gefallen sind, welche wirklich schwer ruhig zu beantworten sind, wie eine Aeußerung, welche auf dieser Seite des Hauses wohl als eine empfindliche Beleidigung gefühlt werden müßte, wenn nicht, möchte ich sagen, ihre gänzliche Grundlosigkeit sie vor diesem Schicksale bewahren könnte, so werde ich solche Aeußerungen lieber unbeantwortet lassen. Ich werde mir aber auch Vor Augen halten, daß wir eben im hohen Landtage sind, und zu vorgerückter Stunde einer langen. Sitzung, und werde deshalb nicht zurückgreifen auf die Verhandlungen im Ausschuß. Ueberhaupt bin ich der Ansicht, daß die Verhandlungen im Ausschuß doch dazu bestimmt find, damit die aus dem Landtage entsendeten Mitglieder in ruhiger, vertraulicher, sachlicher Berathung die Gegenstände erörtern, und die Anträge für den Landtag vorberathen. Die Aufgabe des h. Landtages ist es, diese Anträge zu prüfen, die vorliegenden Anträge der Berathung zu unterziehen und über sie zu beschließen. Ich glaube aber nicht, daß es eigentlich, und ich bedauere, darin in Widerspruch mit einer vom Herrn Generalredner der Gegenseite ausgesprochenen Meinung treten zu müssen, ich glaube nicht, daß die Detailbehandlung und Besprechung von Vorgängen in den Ausschüssen im Pleno zum Vortheile der parlamentarischen Behandlung der Sache dienen.
Worte, welche in vertraulicher Verhandlung gesprochen werden, kommen dann etwas verändert, natürlich nicht von demjenigen, der sie gesprochen hat, richtig gestellt, in die Oeffentlichkeit und geben nur zu oft Anlaß zu vielfachen Misverständnissen.
Ich könnte auch manche Novellen und Novelletten aus den Ausschußsitzungen erzählen, ich thue dies aber nicht, ich bedauere nur, daß dies hier nun Sitte geworden ist. Es hat nun aber heute einmal, anknüpfend an solche Erzählungen aus solchen Verhandlungen, ein großer Theil der Debatte sich darum gedreht, und auf Einiges derselben muß ich nun nothgedrungen eingehen.
Es ist zunächst jener vom H. von Plener vorgehaltene Vorgang, wonach ein Punkt der Anträge allerdings in letzter Stunde modifiziert worden ist, er hat darüber die Pfeile seines Witzes gegen uns gewendet und hat von einer vollständigen Deroute der Commissions-
mitglieder der Majorität gesprochen. Ich will nun nicht in das Detail eingehen, ich will nur aus den Reden der geehrten Herren der Gegenseite das eine hervorheben, daß Sie diese Aenderung dieses Punktes 2 für eine Verbesserung dieses Punktes halten, daß Sie namentlich in Bezug auf die Competenzfrage darin eine Verbesserung finden. Sie haben es aber als Rückzug bezeichnet. Nun wenn es eine Verbesserung des ersten Antrages ist, dann weiß ich nicht, warum man dagegen so heftig auftritt, die successive Verbesserung des ersten Antrages im Verlaufe der Commissionsberathungen ist ja doch Zweck derselben.
Wenn aber von einer Deroute, mit welcher die Majorität ihre Anträge verlassen hat, die Rede ist, müßte ich eigentlich annehmen, daß in Bezug ans diesen Punkt die Position der Majorität vollständig verlassen worden ist, und daß dann die Minorität für dieselbe eintreten könne. Ich glaube, daß das der Fall ist. Da das eben nicht der Fall ist, scheint die Dervute noch nicht im vollsten Sinne des Wortes stattgesunden zu haben; auf alle weiteren Vermitthungen, welche sich an solche unvollständige und vielfach auch nicht ganz vollständig richtige Aeußerungen aus dem Ausschusse weiter geknüpft haben, kamt ich unmöglich weiter eingehen.
Eine Aeußerung, welche vielfach in den Zeitungen besprochen wurde, hat auch hier im
Hause zu weiteren Debatten Anlaß gegeben. Es ist das die mit dem Worte "Bollwerk" zu bezeichnende Aeußerung, eine Aeußerung, welche im Ausschusse gefallen fein Soll und auch nach meiner Erinnerung gefallen ist, in welcher Böhmen als ein starkes Bollwerk der Monarchie bezeichnet wurde. Nun ist es immer mißlich, über einen einzelnen Satz zu urtheilen, der aus einer längeren gesprochenen Rede herausgerissen ist, die noch dazu ja nicht einmal für die Oeffentlichkeit bestimmt war. Allein wenn aus der Thatsache, daß diese Worte gesprochen wurden, H. Dr. Schmeykal Anlaß genommen hat zu der Aeußerung, daß das einzig richtige, wahre und feste Bollwerk der oesterreichischen Monarchie das Einstehen seiner Länder für das Reich einerseits, und anderseits die Grundlage sei, welche die Kaiseriu Maria Theresia diesem Reiche gegeben hat, so kann und will ich mit der ersten Aeußerung unbedingt übereinstimmen.
Ja, meine Herren, im Einstehen der Königreiche und Länder dieser Monarchie für daß Reich, darin besteht das feste Bollwerk. Dieses Bollwerk aber ist der österreichischen
Monarchie gesichert in der Treue Seiner Völker, (Beifall rechts und im ©entrinn) in der Treue aller seiner Völker.
Und wenn Von der Grundlage des Staates Maria Theresias die Rede ist, so kann ich auch dem zustimmen, insoferne als die Grundlage, auf welcher Maria Theresia die Regierung ihrer Erbländer und des Königreiches Ungarn angetreten hat, die pragmatische Sanktion war (Bravo! rechts) jener Vertrag, durch Welchen die ungetheilte Erbfolge in österreichischen Ländern unter der Zustimmung der legalen Vertreter der Königreiche und Länder geordnet wurde, (Hört, hört rechts) ein Vertrag, der auch von den auswärtigen Mächten garantirt war. Und was ist geschehen ? Mehrere dieser auswärtigen Mächte haben den garantierten Vertrag, sobald Maria Theresia den Thron bestiegen hatte, nicht mehr respektiert, und gegen halb Europa in Waffen hat Maria Theresia auf Grund der pragmatischen Sanction, auf Grund der von den Völkern angenommenen pragmatischen Sanction durch die Treue dieser Völker ihre Krone erhalten, gegen das halbe Europa in Waffen. (Beifall rechts und im Centrum).
Damals find Deutsche, Böhmeu und Ungarn gleich treu und fest zum Reiche gestanden, die Ungarn mit den berühmten Worten : "Moriamur pro rege nostra", und mit ihnen Böhmen und Deutsche. Und auf der Treue, auf der gleichen Treue dieser Völker, und ebenso auf der Treue eines Volkes, von dem ein Theil erst seit jener Zeit auch mit in den Terband der Völker der österreichischen Monarchie eingetreten ist, auf der Treue dieser Völker beruht auch heute noch die sicherste Grundlage der österreicheischen Monarchie. Wenn weiter an diese Worte und an manche Worte welche heute in dieser Discussion gefallen sind, Vermuthungen, Combinationen über die auswärtige Politik geknüpft wurden, Untersuchungen angestellt worden sind von gewissen der gegenwärtigen äußeren Politik nicht freundlichen Strömungen und Gesinnungen, so kann ich darauf ganz kurz antworten. Das Forum für die Behandlung auswärtigen Fragen ist nicht die Landstube des Königreiches Böhmen. Es ist nach der Verfassung die Delegation. In der Delegation haben die Vertreter des böhmischen Volkes einig und einträchtig mit den Vertretern der anderen Völker und Länder vor kurzer Zeit erst Gelegenheit gehabt, ihre volle Uebereinstimmung mit der gegenwärtigen äußeren Politik auszusprechen. Das allein, meine Herren, ist maßgebend. Vermuthungen,
welche an diese und jene Aeußerungen geknüpft werden, find denn doch gewiß nicht maßgebend. (Bravo rechts). Ich gehe nun auf den Gegenstand unserer Berathungen ein.
Was ist der Gegenstand derselben ?
Jener unselige Zwist, welcher Seit einer Reihe von Jahren in diesem Lande herrscht, der unter dem Namen Sprachenstreit zusammengefaßt wird. Noch ist der Zwist nicht in die weiten und breiten. Straßen des Volkes gedrungen, Gott sei Dank! Wenn auch hie und da unter der hinaus vibrierenden Wirkung dieses Streites, hie und da vielleicht hervorgerufen oder auch gefordert durch unvorsichtige oder vielleicht gar absichtlich aufregende Worte und Handlungen - und ist dies vorgekommen, so kann man es nicht strenge und vernichtend genug beurtheilen, mag es von der einen oder andern Seite vorgekommen sein - solche bedauerliche Greignisse an manchen Orten Vorgekommen Sind, So glaube ich doch, daß man mit vollem Rechte sagen kann, daß der Streit in die große und breite Straße der Bevölkerung noch nicht gedrungen ist. Aber seine Konsequenzen beginnen Sich auch in weiten Kreifen geltend zu machen.
Sie zeigen sich in einem gewissen kleinlichen, ich möchte sagen mistraurischen, misgünstigen Abwägen und Abmessen eines jeden Erfolges, welcher auf der einen Seite erreicht wird, einer jeden Förderung geistigen oder materiellen Interesses, welche dem einen Theile zu Theil wird, und welches mitunter so weit geht, daß der eine Theil in der Förderung der Interessen des anderen Theiles schon eine Schädigung Seiner eigenen erblicken will.
Diese Consequenzen zeigen sich auch in jenen einseitigen, eben dadurch, daß immer das nationale Moment hervorgehoben wird, Sich vielfach kreuzenden und lähmenden Bestrebungen aus einem Gebiete, aus welchem doch nur vereinte Arbeit, geeinigte Arbeit aller Bewohner des Landes einen Erfolg erreichen kann, auf dem Gebiete der materiellen Entwicklung und materieller Arbeit Unberechenbar ist der Schaden, welcher durch diese Spaltung in Bezug aus die materiellen Interessen entsteht, unberechenbar der Schaden, welcher noch weiter entstehen kann. Ich glaube, daß man da wohl ein altes klassisches Sprichwort anwenden konnte: quidquid delirant reges, plectuntur Achives ich mochte nun Sa-
gen : quidquid delirant partes, plectuntur cives, den Streit der Parteien zahlen die Volker. (Výbornì! im Centrum). Und um was geht der Zwist? Um Gleichberechtigung! Um ein Wort wohl nicht, aber um einen Be-
griff, denn über den Begriff Gleichberechtigung, das ist klar, verstehen wir uns nicht.Sie gehen von einer Anschauung aus, welche Ihnen die Gleichberechtigung wie eine Schmälerung, wie eine Beeinträchtigung Ihres Rechtes erscheinen läßt
Ich bin überzeugt, Sie wollen nicht das gleiche Recht verletzen, aber in Ihrer Anschauung haben sich die Dinge so entwickelt, daß Sie die Beobachtung die Gewährung gleichen Rechtes bereift als eine Beeinträchtigung Ihres Rechtes, Ihrer vermeintlich berechtigten dominierenden Stellung ansehen. (Výbornì! im Centrum). Herr von Plener hat in Seiner Begründungsrede bei der ersten Lesung seines Antrages gesagt: "Es ist vollkommen gerechtfertigt und es ist eine natürliche Folge der Gleichberechtigung, daß der Tscheche im tschechischen Landestheil in tschechischer Sprache sein Recht suchen und finden muß. Und es wäre eine Verletzung der Gleichberechtigung, wenn man ihn wegen der Thatsache Seiner tschechischen Nationalität im tschechischen Bezirke schlechter stellen würde als den Deutschen. Es ist aber nicht mehr Gleichberechtigung der einzelnen," und nun folgt ein Satz, den ich in seiner Fassung nicht vollkommen klar finde, der aber offenbar Sagen will: Umgekehrt ist es keine Gleichberechtigung. Nun, meine Herren, das ist wieder ein Beweis, daß wir uns nicht verstehen. Wie könnten Sie sonst meinen, Gleichberechtigung zu üben, wenn Sie dem Böhmen in der Gegend, wo sein Volk, seine Sprache in entschiedener Majorität ist, volles Recht zum Gebrauche Seiner Sprache im öffentlichen Leben anerkennen, es ihm aber in anderen Gegenden, in welchen die deutsche Bevölkerung in der Majorität ist, verweigern, hingegen für den Deutschen in den von Deutschen vorherschend bewohnten Landestheilen eine ausschließlich dominirende Stellung und in den Gegenden mit böhmischer Majorität die Gleichberechtigung verlangen. Sie glauben damit Gleichberechtigung zu üben, und das ist doch nicht Gleichberechtigung, das wäre Duldung. (Výbornì! Sehr richtig! rechts und im Centrum).
Was über das geschriebene Gesetz, über das geschriebene Recht, über das Gesetz in dieser Hinsicht gesprochen worden ist, darauf will ich nicht näher eingehen; den legistischen Theil der Frage wird gewiß der Herr Berichterstatter in vollständigerer Weise behandeln können als ich; inbessen muß ich doch meinem Erstaunen darüber Ausdruck geben, daß, wo von Gesetzen und Verordnungen die
Rede ist, auf alle jene Gesetze und Verordnungen, welche von den Herren dieser Seite Ihnen entgegengehalten werden, immer geantwortet wird: Entweder "das ist veraltet", oder "das if± eine Neuerung", oder "das ist nur am Papiere gestanden, wurde aber nicht gehalten". (Rufe rechts: So ist es).
Nun was vor den beklagenswerthen Zeiten zu Anfang des 17. Jahrh. in Böhmen Recht war, das erklären Sie für veraltet, für Vergilbtes Papier, für ungiltig. Nun, sei es drum! Nun ist die vernewerte Landesordnung vom Jahre 1627 doch gewiß vom Kaiser aus eigener Machtvollkommenheit erlassen. "Veraltet !" Es sind eine Anzahl Verordnungen, Ah Entschließungen, Späterer und neuerer Zeit, aus den Zeiten der Kaiserin Maria Theresia, aus den Zeiten Kaiser Josef II. und Leopold II. citirt worden; das ist alles "veraltet!" "Ja es wurde nicht so gehalten!"
Die bekannte, oft citirte Verordnung der obersten Justizstelle v. J. 1803 ist Ihnen ec ipso veraltet, da sie nur eine theilweise Abänderung der vernewerten Landesordnung enthält.
Nun komme ich zu dem Jahre 1848 Das bekannte oft berufene Dekret des Prager Oberlandesgerichtes gilt auf Grund einer einer A. h. Entschließung, und das ist nun auf einmal eine Neuerung obwohl es gerade dasselbe enthält, was das Decret der obersten Justizstelle vom Jahre 1803 enthält, welches selbst als "veraltet" bezeichnet wird.
Ja, meine Herren, da kommt man endlich darauf, daß gar nichts Recht und Gefetz in Böhmen war, als was in der Periode vom Jahre 1815 bis zum Jahre 1848 gegen Recht und Gesetz Usus war; und das ist doch eine Periode, auf welche die liberale Partei sonst nicht mit besonderer Sympathie blickt und zwar nicht mit Unrecht. (Výbornì im Centrum). Ja während noch viele Verordnungen, noch viele aus einem jüngeren Datum als veraltet erklärt werden, waren wir sehr erstaunt, durch einen geehrten Herrn von der Gegenseite aus einen Erlaß oder eine Instruktion Kaiser Ferdinand III. aus den 1640er Jahren citiren zu hören. Bei der Gelegenheit wurde auch eines Landtagsbeschlußes vom Jahre 1615 erwähnt, ich will nicht darauf eingehen, mit was für Verhältnissen dieser Landtagsbeschluß im Zusammenhang stand, er stand ja bekanntlich im Zusammenhang mit den Maßregeln gegen die Einwanderung der deutschen Protestanten - davon abgesehen, wie man diesen harten Landtagsbeschluß vom
Jahre 1615 in Verbindung bringen kann mit dem vorliegenden Antrag, welcher das gleiche Recht für beide Landessprachen in Böhmen fordert, das ist mir nicht ganz verständlich (Heiterkeit in Centrum, Sehr gut! rechts).
Was ist nun seit dem Jahre 1848 beziehungsweise seit dem Jahre 1850 geschehen? Nun es sind da eben eine große Anzahl von theilweise sich kreuzenden, einander widersprechenden Verordnungen erflossen; von der einen Seite werden immer nur die einen, von der andern Seite immer nur die andern hervorgehoben, und man kommt in deren Besprechung zu keinem Resultat. Unzweifelhaft ist se nur, daß durch tiefe vielen, vielfach sich kreuzenden Verordnungen eine gewisse Unklarheit, eine gewisse Verworrenheit und infolge dessen eine ganz ungleiche Praxis an verschiedenen Orten und schließlich ein gewisser Zustand der Rechtsunsicherheit entstanden ist.
Es wurde versucht, diesem Zustande durch die Sprachenverordnung abzuhelfen. Ich glaube, daß die Herren sehr im Irrthume sind, wenn sie, wie Herr Dr. Ruß unmittelbar früher gejagt hat, unser so zähes Festhalten an der Sprachenverordnung gerade voraussetzen. Dem vor einigen Jahren bestandenen faktischen Zustande der Unklarheit und Unsicherheit hat die Sprachenverordnung ein Ziel gesetzt. Dieselbe wird aber in ihrer Giltigkeit vielfach angezweifelt, es sind seitdem vielfach neue Verhältnisse entstanden, auf welche die alten Gesetze nicht in vollkommener Weise passen.
Ich glaube, daß es dem gegenüber doch wohl ein richtiges und empfehlenswerthes Beginnen ist, wenn Ihnen von der Kommission empfohlen wird, den Weg zu betreten, welcher eben zu einer klaren und sicheren gesetzlichen Regelung aller dieser Verhältnisse führt. (Výbornì! im Centrum). Ja nur auf diesem Wege kann auch manchen Auswüchsen der gegenwärtigen Zustande gesteuert und abgeholfen werden.
Wenn Herr v. Plener in feiner ersten Rede auf gewisse Chicanen hingewiesen hat, ich weiß nicht, ob es just absichtliche Chicane ist, begreife aber, daß es von mancher Seite so empfunden wird, wie z. B. betreffs der Handelsgerichtsbeisitzer in Eger, so will ich ja zugeben, daß diese Zustande manche krankhafte Auswüchse mit sich gebracht haben Aber auch diesen abzuhelfen, ist ja Aufgabe einer definitiven, klaren, sicheren Regelung dieser Verhältnisse. Einer der wichtigsten Punkte in dieser Frage ist das praktische Bedürfnis. Nun da hört man eben auch je nach dem Partei-
Standpunkte Verschiedene Antworten. Von Ihrer Seite wird das praktische Bedürfnis einer olchen Regelung, wie wir sie in unseren Anträgen vorschlagen, vollkommen in Abrede gestellt. Herr Dr. Plener hat es im voraus gethan mit den Worten: "Es ist für den Èechen in Chrudim vollkommen gleichgiltig, ob in Eger zweisprachig oder einsprachig amtirt wird."
Das gebe ich Ihnen zu; es ist aber auch für den Deutschen in Eger vollkommen gleichgiltig, ob in Chrudim einsprachig oder zweisprachig amtirt wird (Heiterkeit rechts und im Centrum), und wenn ein Deutscher nach Chrudim käme, und er könnte dort nicht zu seinem Recht gelangen und sein Anliegen nicht deutsch vorbringen, was für ein berechtigter Sturm der Entrüstung wäre da? (So ist es! rechts und im Centrum). Sie werfen uns vor, daß wir in diese Frage Staatsrechtliche Aspirationen, und wie Herr v. Plener sich geäußert hat, einen Etiquette- und Rangstreit hineintragen. Mir will Scheinen, daß denn doch von der anderen Seite in dieser Frage manchmal eine gewisse auf Antipathie beruhende Eigenwilligkeit zum Ausdrucke kommt, welche in Dingen, die absolut kein Recht verletzen und Ihnen absolut keinen Schaden zufügen, eben eine unerträgliche Beeinträchtigung sehen will. Ich will das frühere Beispiel weiter gebrauchen. Wenn in Eger oder einer anderen Stadt z. B. in Saaz oder Tetschen zweisprachig amtirt wird, damit doch auch ein Böhme im Stande sei, sein Recht dort zu suchen, ja schadet das dem Deutschen in Eger, in Saaz, in Tetschen? Er braucht sich ja gar nicht darum zu kümmern, es braucht ihn, um mich eines trivialen Ausdruckes zu bedielten, gar nicht zu geniren, und wenn es ihn genirt, so muß ich sagen, ist es eben eine auf nationale Antipathie basirte, übermäßige Empfindlichkeit und Eigenwilligkeit.
Das praktische Bedürfniß, Sie läugnen es für jenes sogenannte geschlossene deutsche Sprachgebiet. Ich gebe zu, daß der Perzentsatz der böhmischen Bevölkerung in den Gebieten dieser Kreisgerichtssprengel vom Herrn V. Plener vollkommen genau nach den Statistischen Tabellen, und zwar nach der Umgangssprache angegeben ist.
Ich miß mich nicht mischen in den Streit zwischen ihm und dem Herrn Berichterstatter über die Art, wie er zu seinen Conclussionen gekommen ist, ich will sie nur ganz allgemein in's Auge fassen und es scheint mir denn ganz richtig, da gewisse verschiedene in's Gewicht
fallende Momente in Erwägung zu ziehen und da kann ich nicht läugnen, daß ich glaube, daß von jener Summe der allerdings nicht in anderen Kreisgerichtssprengeln, aber in anderen Bezirken zuständigen Bevölkerung, welche in jenen anderen Tabellen ausgewiesen ist und welche, wenn ich nicht irre, 340.000 Köpfe beträgt, keineswegs alle, wie ja auch der Herr Berichterstatter keineswegs gesagt hat, aber wohl ein großer Theil Böhmen sein müssen. Es lehrt mich dies die Erfahrung, ich kenne manche dieser Bezirke und weiß, daß ich sehr oft dort viel böhmisch sprechen gehört habe. Das dürften doch Böhmen gewesen Sein.
Und es sind bis auf einen gewissen Grad die Ziffern bezüglich der Schulpflichtigen Kinder auch mit in Betracht zu ziehen und ich bitte Sie, meine Herren, wenn ich auch zugebe, daß diese Gesammtziffer keine sehr große ist. wobei ich allerdings bemerke, daß es sich keineswegs um alle Kinder, Sondern eben nur um die in einigen wenigen, neu errichteten Privatschulen handelt, so deutet doch die Anzahl der Schulpflichtigen Kinder böhmischer Nationalität in einzelnen dieser kleinen Centren, z. B. in Brüx 514, in Dux 453, in Teplitz 438, in Reichenberg 398, darauf hin, daß in diesen kleinen Centren eine größere Anzahl von Böhmen leben, denn das können ja doch nicht lauter eingewanderte Waisenkinder sein. (Heiterkeit rechts und im Centrum).
Nun, für diese, an den einzelnen Centren beisammen lebenden Böhmen ist es doch eigentlich ganz irrelevant, ob die Gesammtperzentziffer für die 5 Kreisgerichtssprengel 2 1/2 oder 5 beträgt. In diesen einzelnen Orten find ihrer eine große Anzahl und sie haben auch ihre Bedürfnisse und wollen auch ihr Recht geltend machen, in ihrer Sprache Recht zu suchen und zu finden. (Bravo! rechts.; Und man kann es ihnen billiger- und gerechterweife nicht verweigern. (Sehr gut! rechts.) Oder wollen Sie ihnen vielleicht dieses Recht verweigern, weil es da, wie in einer früheren, nicht in dieser Debatte, aber in einer früheren Debatte einmal mit einer gewissen Geringschätzung erwähnt wurde, es eben eine Arbeiterbevölkerung ist ? (Bravo! rechts und im Centrum.)
Sie werden doch wohl nicht zu der auch nicht in dieser Debatte und überhaupt meines Wissens von keinem der hier anwesenden Herren, aber sehr häufig in Ihren publizistischen Organen behaupteten Inferiorität der Raffe und Sprache auch noch eine sociale Inferiorität hinzufügen wollen. Gerade diese
arme Arbeiterbevölkerung braucht es am allernöthigsten (výbornì!), daß sie ihr Recht selbst Suchen und finden kann.
Sie ist gekettet an die tägliche Arbeit mit ihren auch die Zeit ebenso, wie die Kraft beständig in Anspruch nehmenden Anforderungen, sie kamt nicht um theueres Geld erst Dolmetscher und Advokaten haben, sie braucht es am allernothwendigsten. Und besteht etwa das Bedürfnis nicht ebenso für die Deutschen in böhmischen Gegenden? Sie werden dieses Bedürfnis gewiß nicht in Abrede Stellen Wollen
Aber Sie helfen sich da eben anders. Sie sagen, "ja die Deutschen haben ohnedies überall die Möglichkeit, in ihrer Sprache ihr Anliegen vorzubringen, weil eben das Deutsche die Staatssprache ist"
Das ist nun ein neues Argument. Das haben Sie früher nicht vorgebracht Erinnern Sie sich, daß eine liberale Regierung und eine deutschliberale Majorität es war, welche das Landesgesetz über den obligatorischen Unterricht in beiden Landessprachen auf Grund des §. 19 aboliert hat (Výbornì.)
Damals war die deutsche Sprache zweite Landessprache, beute führen Sie uns in dieser Richtung dieselbe als Staatssprache auf. (Výbornì !)
Ich will die Frage der Staatssprache nicht aufrollen, sie gehört nach meiner Ansicht nicht vor dieses Forum, aber das kann und muß ich konstatiren, daß es eben heute in Oesterreich keine gesetzlich eingeführte StaatsSprache gibt, folglich auch nicht in Böhmen. Indessen ich will mich einen Augenblick auf Ihren Staudpunkt stellen.
Angenommen, es wäre die deutsche Sprache gesetzlich als Staatssprache eingeführt, dann wäre Ihre Folgerung richtig; die Deutschen könnten ihr Recht auf Grund der Staatssprache erlangen, die Böhmen allerdings nicht.
Was wäre aber logisch und moralischrechtlich weiter gedacht die weitere Folge?
Die Deutschen brauchen es nicht, baß weitere Vorkehrungen getroffen werden zum Schutze ihrer Sprache, weit sie ihnen ja als Staatssprache gesichert ist Die Böhmen aber brauchen es, und was ist die weitere Folge? Wir brauchen uns nur um den Schutz der Böhmen zu kümmern und nicht um den Schutz der Deutschen. Aber, meine Herren, wir ziehen solche Konsequenzen nicht. Zeigen Sie mir ein Wort in den Anträgen, welches auch nur um Haaresbreite das Recht der deutschen Sprache und der Deutschen weniger sorgfältig
wahren würde, als das der Böhmen. (Výbornì. Tak jest! im Centrum). Sie können mir nicht ein Wort zeigen! Sie kommen immer wieder mit dem Refrain: "Ja die deutsche Sprache, das ist etwas ganz anderes!"
Einmal wird Sie als Staatssprache vorgeführt, einmal als Weltsprache, einmal werden ihre Vorzüge, ihre unläugbaren Vorzüge angerühmt. Ich bin gewiß der letzte, welcher den hoben Rang in Abrede stellen oder in Zweifel ziehen würde, welchen die deutsche Sprache bekleidet. Ich kenne die deutsche Sprache, ich liebe sie, ich Weiß ihre Vorzüge zu Schätzen. Aber übersehen Sie Eines nicht, meine Herren Die Vorzüge einer Sprache, ihr Alter, ihre Stetige, ununterbrochen fortgesetzte Entwekelung ihre Flexibilität, ihr Reichthum, die Schätze ihrer Literatur, das sind alles individuelle, qualitative Vorzüge, welche ihr auf dem Gebiete linguistischen, wissenschaftlichen oder literarischen Wettstreits eine gewisse Ueberlegeicheit sichern; aber auf dem Gebiete des innern Volkslebens, meine Herren, auf jenem Gebiete, auf welchem die Muttersprache mit tausend Fäden, mit dem innersten Herzen des Individuums zusammenhängt, die Mutterspräche, in welcher die Traditionen und die Erinnerungen der Vergangenheit verschmelzen mit der Denk-, Fühl- und Sprechweife der Gegenwart, die Muttersprache, in welcher alle Regungen und Bewegungen der meuschlichen Seele sich abspielen, Regungen und Bewegungen, deren Völker eben so fähig und denen Volker ebenso unterthan sind, wie Individuen, auf diesem Gebiete, meine Herren, gibt es kein größeres oder kleineres Gewicht irgend einer Sprache. (Bravo! Výbornì im Centrum.) Auf diesem Gebiete gibt es nur e i n gleiches, heiliges Recht, (Výbornì! im Centrum) und so wenig wir der Minorität der Bevölkerung dieses Landes auch nur um ein Haar dieses gleiche, heilige Recht schmälern wollen, ebenso wenig dürfen Sie es unternehmen, meine Herren, der Majorität der Bevölkerung dieses gleiche, heilige Recht streitig zu machen. (Výbornì! Beifall und Händeklatschen rechts und im Centrum.)
Es ist vom Herrn von Plener darauf hingewiesen worden, daß es sich eigentlich um die Berechtigung des Individuums und nicht einer Sprache handelt, und daß die Berechtigung des Individuums denn doch eine Einschränkung erleiden müsse im Interesse des Gemeinwesens. Das war, so viel ich mich erinnere, der Sinn seiner Rede. Ich gebe das bis auf einen gewissen Grad zu, daß es eigent-
ein Recht des Individuums ist wo aber eine solche Summe von Individuen, organisirt zum Volk, wie die Majorität der Bevölkerung eines Landes Ihnen entgegentritt, da, meine Herren, wird ja doch eigentlich nicht wohl vernünftiger Weise von einer Beschränkung die Rede sein können, welche im Interesse des Gemeinwesens liegt. Eine andere Beschränkung kann in diesem Falle doch wohl nicht gedacht werden als jene, welche in der Zuerkennung des gleichen Rechtes der andern Sprache, der Sprache der Minorität liegt. Und diese Beschränkung werden wir stets voll und ganz zugestehen. Daß wir eben so, wo es sich um Beschränkungen handelt, welche im Interesse eines höheren Gemeinwesens nothwendig erscheinen, diese voll und ganz zugestehen, davon meine Herren, haben wir Beweise genug gegeben, und Sie finden einen neuen Beweis davon in unseren Schlußanträgen, in welchen ausdrücklich die Wahrung der Anforderungen, der einheitlichen Leitung der Verwaltung gefordert wird.
Ich muß nun noch auf einige Bemerkungen, welche in der Debatte gefallen sind, antworten.
Wenn der Herr Dr. Schmeykal bei der Vergleichung mit den Schulbezirken, glaube ich, darauf hingewiesen hat, daß da eine nationale Abgrenzung ja ganz durchgeführt ist und ganz gut zulässig erscheint, so ist das wohl richtig Allerdings ist der Zweck und die Agenda der Schulbezirke so total anders, daß da ein Vergleich nicht gut möglich ist und dann handelt es sich da eben um eine Abgrenzung, aber nicht um Absperrung und Ausschließung. In jener Konstruktion dieses geschlossenen Sprachgebietes aber, welches in Aussicht genommen worden ist, ist eben die Abgrenzung zur Ausschließung geworden.
Wie sehr der Satz richtig ist, den ich ausgesprochen habe, daß wir uns eben nicht verstehen in Bezug auf Gleichberechtigung, davon hat die heutige Debatte Beweise genug geliefert. -
Die geehrten Redner der anderen Seite des Hauses haben es offen ausgesprochen, daß eigentlich selbst die böhmische Sprache im Landtage nicht vollkommen berechtigt ist, denn sonst könnten Sie denn doch nicht den Gebrauch der bohmischen Sprache verlachen und verhöhnen. Ich beziehe das nicht auf jene Aeußerungen des geehrten Herrn Generalredners, welcher einen in anderen Ländern speciell auch in Tirol gesetzlich zulässigen und