Pondìlí 18. ledna 1886

Ich lege jetzt schon Verwahrung dagegen ein, daß in der autonomen Verwaltung, beziehungsweise in dem Sprachenrecht dieser Verwaltung auch nur annähernd ähnliche Grundsätze einzuführen versucht werden will, wie man dies gegenüber den kaiserlichen Behörden unternimmt. (Sehr gut! links.)

Wenn man es unternehmen will, die sprachlichen Rechte der Staatsbürger zu construiren, so möchte ich eigentlich von Vornherein auf die Legalitätsfrage verzichten. Erstens einmal ist dieselbe von meinen Parteigenossen Schon mit großer Gründlichkeit ausgeführt worden, zweitens werde ich bei einem andern Punkte barauf zurückzukommen haben.

Aber ich möchte einmal diese berühmte Landesordnung vom Jahre 1627 abthun. Es ist wirklich unglaublich, wie oft man im Lande etwas sagen muß, damit die Leute sich´s merken. (Heiterkeit links.) Alle Jahre es zu wiederholen reicht nicht aus, und daher ist es die Pflicht eines jeden, es so oft als möglich zu wiederholen.

Diese Landesordnung enthält nämlich in ihrem Eingang ausdrücklich den Vorbehalt desjenigen, der sie gegeben hat, daß sie nicht etwa ein Staatsgrundgesetz in unserem modernen Sinne des Verfassungsrechtes sei, welches nur mit Zustimmung der Stände oder der berufenen Verwaltungs-Organe oder Vertrauensmänner

des Volkes abgeändert werden kann, sondern es hat Ferdinand II. ausdrücklich gejagt:

Auch darbei Uns nicht allein die königliche Macht solche unsere Landesordnung zu mehren, zu ändern, zu bessern und was sonst das jus legis ferendae mit sich bringt, vorbehalten."

Ferdinand II. behält sich ausdrücklich das alleinige Souveräne Recht vor, diese Landesordnung zu mehren, zu ändern und zu bessern. Daher ist jeder souveräne Akt. der diesem nachgefolgt ist, eine Aenderung bieser Landesordnung. Das ist klar, darüber kann doch wohl kein Zweifel bestehen, und nun Suchen Sie, was von der Landesordnung durch die nachgefolgten, souveränen Akte noch übrig geblieben ist (Heiterkeit links.)

Daher verstehe ich nicht, wie Sie heute noch immer, um dem großen ungelehrten Volke Sand in die Augen zu streuen, sich aus diese Landesordnung berufen können (Rufe links: So ist es! Bravo!) Das wollte ich hinsichtlich der Landesordnung gesagt haben, und ähnlich verhält es sich auch mit vielen anderen nachfolgenden Gesetzen.

Die Sprachenverordnung, um die doch der ganze Streit sich dreht, muß nicht so beurtheilt werden, wie die Sprachenverordnung in anderen Ländern.

Wenn die an den Zwang der böhmischen Sprachenverordnung nicht hinreichenden Sprachenverordnungen anderer Provinzen von den Deutschen gar nicht oder nur zum Theil angegriffen werden, so liegt dies, wie z. B. in Mähren in den ganz anders gearteten ethnografischen Verhältnissen. Mähren hat fast durchwegs eine gemischte Bevölkerung, und Sie haben nicht gehört, daß von den factiösen Deutschen - solche gibt es auch in Mähren (Heiterkeit links) irgend ein Anstand gegen die Durchführung einer solchen Sprachenverordnung erhoben worden wäre, weil sie dort im großen ganzen den Verhältnissen entspricht. In den südlichen Ländern haben diese Sprachenverordnungen eine unendlich geringere Bedeutung aus dem einfachen Grunde, weil der Perzentsatz derjenigen, die dort lesen und schreiben können, ein außerordentlich geringer ist gegenüber Böhmen, und weil, wenn die Deutschen und Èechen nicht aus einer höheren Culturstufe ständen, als z. B. die Leute in Dalmatien oder Istrien, höchst wahrscheinlich der Streit um die Sprachenverordnung nicht so heftig entbrennen würde.

Man muß also in dieser Richtung die Sprachenverordnung für Böhmen nicht mit

der Sprachenverordnung für andere Provinzen Vergleichen.

Aber, wenn es sich um nationale. und um noch eingeschränkter zu sprechen, - es handelt sich hier nicht um nationale Rechte, wenn es sich um das sprachliche Recht eines Staatsbürgers handelt, so kann dieses sprachliche Recht des Staatsbürgers, was schon in dem Begriffe Sprache, d. h wechselseitige Vorständigung liegt, doch nur dort in Anspruch genommen werden, wo man überhaupt zu sprechen hat, sei es mündlich oder schriftlich, wo man also in Verkehr tritt mit den Behörden, d. h. mit den Organen des Staates. Es ist mir daher ganz unerfindlich, wie irgend jemand eine Beschränkung und Beschwerung, eine Beeinträchtigung seines nationalen Rechtes darin finden kann, daß die Behörden in ihrem inneren Dienste, Dessen Ausdruck dem betreffenden Staatsbürger gar nie zur Kenntnis kommt, sich einer andern Sprache bedienen als der betreffende Staatsbürger spricht, oder um concreter zu sein: Soll wirklich das nationale Recht eines im Kreisgerichtssprengel Jungbunzlau wohnenden tschechischen österreichischen Staatsbürgers dadurch verletzt, dadurch beeinträchtigt sein, Wenn im Gremium des Kreisgerichts Jungbunzlau über Seinen Zivil-Proceß in deutscher geheim verhandelt wird ? Verzeihen Sie, meine Herten, er hört ja gar nicht, was dort vorgeht, bekommt es auch nie zu lesen, was dort Vorgeht Er bekommt nur die Erledigung, und in Bezug darauf hat er das Recht, daß diese Erledigung in der ihm Verständlichen, von ihm gebrauchten Sprache ihm zukomme.

Aber ein Sprachlich nationales Recht zu construiren auf einen Sprachenverkehr, der ohne irgend einen Zusammenhang mit dem betreffenden Staatsbürger Stattfindet, ist einfach unerfindlich. Denn, meine Herren, vergessen Sie nicht, daß es außer der Amtssprache oder Staatssprache der einzelnen Staaten auch noch eine Sogenannte internationale Staatssprache gibt. Hat sich je jemand dagegen aufgelehnt, daß auf irgend einem Congreß oder einer europäische Konferenz nicht in den Sprachen aller Großmächte, sondern nur in der französischen verhandelt wird ? Es ist das nie jemandem eingefallen.

Es muß also doch dieses sprachliche Recht des Staatsbürgers selbst von diesem Gesichtspunkt - vorerst nicht von dem Gesichtspunkte der Durchführbarkeit; denn wie sollte man das bei

den obersten Instanzen durchführen - eine gewisse Einschränkung haben.

Aber es muß dieses sprachliche Recht des . Staatsbürgers auch eine territoriale Einschränkung haben.

Denn wenn Sie den Artikel 19. St-G.-G. so auslegen, daß alle landesüblichen Sprachen gleichberechtigt sind, so haben Sie gar kein Recht, dieses gleiche Recht der Sprachen auf die Kronlandsgrenzen zu beschränken Denn dieser Artikel 19 spricht von österreichischer Staatsbürgerschaft, Von den Rechten der österreichischen Staatsbürger, d. h. von jenen Rechten, welche österreichische Staatsbürger in ganz Oesterreich genießen, nicht in einem bestimmten Kronland. (Sehr richtig! links.)

Wie wollten Sie nun die Gleichberechtigung der landesüblichen Sprachen im ganzen Reiche construiren, wenn Sie zugeben müssen, daß diese gleichen nationalen, durch Artikel 19 festgesetzten Rechte sich nicht aus die Kronlandsgebiete beschrenken, sondern das ganze Reich betreffen. (Sehr gut! links). Gestatten Sie mir, meine Herren, hiezuweisen auf ein Land, welches in verschiedenen Dingen eine merkwürdige Aehnlichkeit mit Böhmen hat: das ist Belgien Die Anzahl der Bewohner Belgiens ist so ziemlich ähnlich vertheilt wie in Böhmen

Sie beträgt nämlich, wenn Sie die Kinder unter zwei Jahren, welche auch in Belgien bekanntlich noch nicht sprechen können, (Heiterkeit) abrechnen, 2,500 000 nur flämisch Sprechende, 2,250.000 französisch sprechende Belgier. Dazu kommen etwa 420.000 Belgier, welche flämisch und französisch sprechen

Die Statistik Belgiens hat nämlich eine höchst interessante Rubrik aufgenommen, näm-

lich nicht blos die Umgangssprache, Welche einer angibt, sondern die Statistik fragt auch darnach, welche Sprachen jeder Staatsbürger spricht, sofern sie im Lande überhaupt gesprochen wird, Belgien hat also eine Statistik für die nur ftämisch oder nur französisch und für die beide Sprachen Sprechenden. Sie Werden dabei bemerken, meine Herren, daß es ein gewaltiger Irrthum ist, wenn man glaubt, daß man zur Versöhnung alle beiden Sprachen Sprechen müsse. Ein nazionaler Kampf, auch nur annähernd so verbittert wie bei uns hier, existirt in Belgien nicht, trotzdem von der ganzen Bevölkerung nur 420.000 beide Sprachen kennen. In diesem Lande also, meine Herren, füllt es niemandem ein, sein nationales Recht dahin geltend zu machen, daß im Schooße der Behörden flämisch verhandell werde, oder daß er nur flämische Urtheile bekomme.

Dort ist eine Abgrenzung das Sprachgebietes in Verwaltung und Gericht eingeführt, wie sie von uns intentionirt wird.

Die ganzen flämischen nördlichen Provinzen und das gemischte Arrondissement, in wel-

chem Brüssel liegt, haben in einem gewissen Sinne die Zweisprachigkeit; die französischen Provinzen find vollständig einsprachig und die in demselben Staate von der gleichen Zahl der Bevölkerung gesprochene flämische Sprache hat in dem französischen Theile gar keine Geltung. (Hört! Hört! links)

Genau dasselbe, meine Herren, was wir hier verlangen, was wir hier von Ihnen erbitten und was Sie schroff zurückweisen! Und wenn der belgische Staat eine Erschütterung seiner Existenz durch diese Zustände noch nie gefühlt hat, und es keinem nationalen Flämen eingefallen ist, mit einer solchen zu drohen, so wird höchst wahrscheinlich auch der österreichische Staat, der auf viel Schwereren Sichereren Grundlagen ruht, durch eine Solche sprachliche Abgrenzung der Administration nicht den geringsten Schaden leiden. (Bravorufe links.)

Wir find Sogar in der Kommission darauf hingewiesen worden, daß alle Freizügigkeit aufhören würde, wenn wir den Czechen ein solches Recht in den deutschen Gebieten nicht gewähren. Ja, hört denn das Freizügigkeitsrecht der Czechen auch wieder an den Grenzen des Kronlandes Böhmen auf? (Sehr gut! links). Wenn die Freizügigkeit der èechischen Bewohner Böhmens ohne die Sprachenverordnung nicht möglich wäre, ja da müßte doch diese Sprachenverordnung ausgedehnt werden auf sämmtliche Länder Oesterreichs.

Und ebenso kommen Sie nur, meine Herren, nicht damit, daß wir durch unsern Antrag die Lebensbedingungen (wie sich Herr College Trojan so gern ausdrückt), der èechischen Nation unterbinden oder beschädigen.

Sollte es wirklich, meine Herren, Ihre Nation als Lebensbedingung behaupten, daß die zerstreuten 67000 Czechen in dem Gebiete, welches Collega Plener construirt hat, gegenüber 1,850.000 Deutschen, daß diese 67.000 Czechen, die zerstreut sind, bei Amt und Gericht nicht èechische Eingaben machen und èechisch verbeschieben werden können?

Das sollte eine Lebensbedingung für die Entwicklung Ihrer Nation sein? Das glaube ich nicht und das glauben auch Sie nicht (Sehr gut! links); denn wenn, meine Herren, das Leben Ihrer Nation an solche Bedingungen geknüpft ist, dann wäre es ein außerordentlich gefährdetes. Aber ich will Sie daran erinnern.

daß ein slavischer Genosse bei der Gelegenheit, als im galizischen Landtage im Jahre 1866 die polnische Sprache für den Landtag als ausschließliche Geschäftssprache erklärt wurde (Hört! Hört! links) im Zusammenhange oder eigentlich als Vorläufer der späteren Ministerialverordnung von der inneren polnischen Amtssprache, daß damals der Abg. Graf Borkowski den Einwürfen der Ruthenen, daß das keine Gleichberechtigung sei, damit antwortete: "Eine vernünftige Gleichberechtigung besteht darin, daß jeder Theil ungehemmt die ihm zukommende Funktion zum Nutzen und Frommen des Ganzen erfülle."

Sie werden mir zugeben, daß durch unsere Anträge über die Abgrenzung des deutschen Sprachgebietes die dem èechischen Volke Zukommende Funktion in gar keiner Weise gehemmt wird.

Er Sagte weiter: "Wenn irgend eine Sprache nach Maßgabe ihrer Kraft sich vervollkommenen und entwickeln wolle, sie möge dazu die vollste Freiheit haben - doch für solche Exercitien und Produktionen, - das sagt Graf Borkowski - ist die geeignete Stätte die Schule und die Literatur, nicht aber der Landtag." (Hört, Hört! links).

Die Czechen, meine Herren, sind in den ihnen gewährleisteten nationalen Rechten in ganz Oesterreich gleichmäßig geschützt. Wie vielfach kommen èechische Verhandlungen in Wien vor, wo einfach dem Betreffenden ein Dolmetsch beigegeben wird. Und wenn unmittelbar an der Grenze zwischen Ober-Oesterreich und Böhmen es in Oberösterreich Rechtens Sein kann, und niemandes nationales Recht Verletzt, und dem Staatsgrundgeseße nicht widerspricht, daß dort einem èechischen Staatsbürger, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, ein Dolmetsch beigegeben wird, so weiß ich nicht, warum es einige Meilen Wetter nördlich, im Süden Böhmens das nationale Recht des èechischen Staatsbürgers verletzen soll. (Sehr gut! links). Ich sehe nämlich vollständig ab von jeder scheinbaren, angeblichen, Staatsrechtlichen oder vielmehr staatsbürgerlichen Berechtigung eines in Böhmen lebenden, und èechisch sprechenden österreichischen Staatsbürgers. Und die Forderungen, die nun von der Majorität die Kommission gestellt werden, die Forderungen des Antrags Fáèek, daß in der Sprache der Eingabe, d. h. in der èechischen, in allen Instanzen verhandelt, erledigt, entschieden werden soll, Sie werden mir sagen, es sei ein unrichtiger Vorwurf, eine Insinuation, eine Invective, wenn ich sage, das

Sind anmaßende Forderungen. Meine Herren, der italienische Stamm genießt in Oesterreich im gewissen Sinne der italienischen Staats* sprache, das ist nicht zu läugnen, denn eine deutsche Eingabe wird im Süden von Tirol alimine zurückgewiesen. (Sehr gut! links). Er genießt den Vorzug einer italienischen Staatssprache und noch niemals ist es einem chauvinistischen Italiener eingefallen, zu verlangen, daß im Schooße, im Gremium zweiter oder dritter Instanz seine italienische Angelegenheit auch in italienischer Sprache verhandelt und erledigt werde.

Sie gehen also weiter, als dienigen gehen, denen Schon eine Staatssprache im italienischen Idiom zur Seite steht.

Und wenn wir daher sagen: "Sie stellen Forderungen, welche die Centralverwaltung des Reichs und eine geordnete Rechtspflege überhaupt unmöglich machen," so können Sie dem nicht widersprechen, weil, Wenn einmal Ihnen ohne daß Ihnen die Eigenschaft einer bestimmten Staatssprache zur Seite steht diese jetzige Forderung gewährt werden soll, sie dann jedem Volksstamme in Oesterreich bewilligt werben muß, und dann sind die Richterstellen einfach nicht besetzbar und ist eine solche Verfügung wenn sie überhaupt denkbar ist, eine Unaufrichtigkeit, eine Unwahrheit, eine sanktionirte Heuchelei (Bravo! links), wie, meine Herren, mit dem Begriff des "Landesüblichen". Es ist übrigens ganz eigenthümlich zugegangen, welch unglaubliche Verwirrungen das Wort, selbst in den klarsten Köpfen angerichtet hat.

Man Spricht ja doch auch in andern Ländern, in andern Staaten von einer landesüblichen Sprache, z. V. auch in Ungarn.

Aber es ist dort noch niemandem eingefallen, die Landesüblichkeit einer bestimmten Sprache auf ein bestimmtes Comitat einzuschränken, sondern man hat gesagt: "In diesem Staatsgebiete sind eine Anzahl von Sprachen landesüblich.

So ist auch im Staate Österreich eine Anzahl von Sprachen landesüblich. Das haben aber Sie, meine Herren, anders construirt: "Weil in Böhmen die tschechische Sprache landesüblich ist, das heißt in dem Kronlandsgebiet von Böhmen, so ist sie eine für dieses Kronland privilegierte Sprache." Und das ist der falsche Schluß, der bei Auslegung des Artikels XIX der Staatsgrundgesetze immer gemacht wird. Es heißt dort nicht: die Gleichberechtigung der Landessprachen wird gewährleistet, sondern: Die Gleichberechtigung

der l a n d e s ü b l i ch e n Sprachen witd gewährleistet.

Dagegen wollen wir nicht ankämpfen, aber wir behaupten, daß landesüblich eine Sprache nur dort ist, wo sie von einer bestimmten Anzahl Ansäßiger gesprochen wird. Aber von Ansäßigen muß sie gesprochen weiden ; denn eine fluctuirende Bevölkerung kann kein Sprachenrecht Schaffen. (Sehr wahr! So ist es! links.)

Wenn z. B. tausend italienische Arbeiter 2 bis 3 Jahre bei einem Bahnbau in Böhmen beschäftigt sind, so werden Sie, meine Herren, doch nicht behaupten, daß die italienische Sprache in Böhmen landesüblich geworden sei, (Sehr gut! links) und nun aus Grund des Artikels XIX. ein Recht der landesüblichen italienischen Sprache in dem Kronlandsgebiet von Böhmen construiren! (Bravo! links.)

Diese Entwickelungen, meine Herren, mögen trocken, mögen langweilend Sein, und ich bitte das hohe Haus um Entschuldigung, daß ich sie vorbringe; allein Sie sind gegenüber einer endemischen Verwirrung in diesen Begriffen immer wieder nothwendig.

Es hat hat auch eine Zeit gegeben, wo selbst die hochverehrten Collegen der slavischen Zunge anderer Meinung waren.

Da gibt es einen Antrag des Herrn Dr. Škarda - er liegt in den Archiven des Landtags - aus dem Jahre 1864 über die Gleichberechtigung beider Sprachen auf dem Gebiete der Landesgesetzgebung und zwar hat Dr. Skarda damals beantragt, daß das Landesgesetzblatt in 2 Sprachen getrennt edirt werden soll, und daß jede Gemeinde verpflichtet fein soll, sich das Landesgesetzblatt in der ortsüblichen Sprache anzuschaffen, u. zw. nur in dieser Sprache. Damals hat Herr Dr. Skarda von diesem zwangsweise über das ganze Land zu verbreitenden Segen der Zweisprachigieit noch nicht Gebrauch zu machen empfohlen.

Ebenso könnte ich noch andete Erklärungen und Aeußerungen Ihnen nahestehender Männer citiren wie z. B. des Grafen Anton Szécsen im verstärkten Reichsrach.

Ich führe das alles nur an, um Ihnen zu beweisen, wie erst die Entwicklung der fetzten Zeit das "landesüblich" indentificirt hat mit einem auf ein bestimmtes Kronlandsgebiet ausgedehnten Rechte.

Graf Anton Szécsen sagte: "Mehr oder weniger werden wohl alle unbefangenen Leute die Berechtigung der verschiedenen Stämme eines Landes durchaus nicht in Abrede stellen,

in den Streifen ihrer Wirksamkeit sich ihrer Sprache zu bedienen.

Bach hat im Jahre 1849 eine Gerichtsorganisation erlassen, und hat in dieser Gerichtsorganisation vom 14. Juni 1849 ausdrücklich gesagt, daß in Ländern mit gemischter Bevölkerung die Sprachgrenze berücksichtigt werden soll, und in seinem Rundschreiben vom 15. August 1849 daß in jenen Kronlandsgebieten welche mehrere Nationalitäten umfassen, sich jeder Beamte die Kenntnis der landesüblichen Sprache verschaffe. Das ist gerecht, das ist billig "in Kronlandsgebieten, und es ist merkwürdig, daß in der allerletzten Zeit der Gedanke dieses Sprachenrecht nach Kronlandsgebieten zu organisieren, in einer Verordnung der jetzigen Regierung wieder zum Vorschein gekommen ist, und das in der Verordnung, die der Organisation der Staatsbahnen betrifft, wo mit Rücksicht auf die galizischen Staatsbahnen, was natürlich der galizische Landtag gleich wieder bekämpft hat ausdrücklich die Kenntnis und Anwendung der polnischen Sprache nur in jenen Gebieten, in welchen die polnische Sprache landesüblich ist und welche von den Staatsbahnen durchzogen werden, als zulässig erklärt wird.

Das, meine Herren, sind also nicht von uns erfundene Dinge, das sind Gedanken, die schon seit längerer Zeit immer wiederkehren und von jedem billig denkenden und von jedem überlegten Politiker nicht als unzulässig erkannt werden, und daher nicht mit jenen Gefahren verbunden sein können, meine geehrten Herren, welche Sie uns deutlich machen wollen. Am allerwenigsten werden Sie dem Minister Bach, der so streng centralisirt hat, etwa vorwerfen, daß er dadurch eine Zerreißung des Landes Böhmen, eine Zertrümmerung des Reiches, und was Sie alles dabei selbst in das Auge fassen, beabsichtigt oder auch nur besorgt haben sollte. (Sehr richtig! links.)

Wenn Sie 67.000 versprengten Tschechen in den deutschen Gebietstheilen der Plener'schen Construction als preisgegeben, als ihres nationalen Rechtes entäußert betrachten, So lebt mindestens eine ebenso große Zahl versprengter Deutscher in jenen itatienischen Gebietstheilen Oesterreichs, in welchem das Italienische die Staatssprache ist, und deutsche Eingaben vom Gerichte a limine zurückgewiesen werden. Und doch ist es uns noch nicht eingefallen, daraus irgend eine Beschränkung unseres nationalen Rechtes zu construiren.

Und ich denke, meine Herren, das könnte sich ohne entwürdigt zu werden, auch der Èeche in dem deutschen geschlossennen Sprachgebiete gefallen lassen (Sehr richtig! links). Und was, meine Herren, läßt sich der Deutsche erst in den anderen Kronländern gefallen! ?

ES hat, wie ich glaube, einer der geehrten czechisch sprechenden Redner darauf hingewiesen daß wir von Galizien nicht sprechen. Ja, meine Herren, das ist ja eine Rücksicht gegen Sie, daß wir von Galizien nicht Sprechen (Bravo! Sehr gut! links). Wenn die Herren sich aber darüber wundern, bin ich gezwungen diese Rücksicht bei Seite zu lassen Sehr richtig! links). Die Galizianer im Abgeordnetenhause unterstützen alle Ihre Forderungen der Gleichberechtigung (Rufe im Centrum: Nur die Gerechtigkeit!) und zwar von ihrem Gesichtspunkt wahrscheinlich; aber wie machen's denn die

Herren zu Hause in Galizien? (Hört! links) Feilich, meine Herren, ist das ein Beispiel, daß Sie, wenn Sie könnten, sehr gern, nachahmen möchten (Rufe: ja wohl, links). Sie möchten uns sehr gerne so behandeln, wie die Galizianer die Ruthenen behandeln. (Bravo! links) Und es ist nicht gut, sich auf Bundesgenossen zu berufen, deren häusliche Wirthschaft mit dem, was Sie hier von Gleichberechtigung deklamiren, durchaus nicht in Einklang zu bringen ist.

Nun aber, in Galizien ist doch etwas, meine Herren, was immerhin für Sie nachahmenswert!; wäre. Das Landesgesetz Galiziens bestimmt heute noch, daß in allen Haupttheilen des Landes - diese Einrichtung Stammt aus der Zeit vor der neuen Schulgesetzgebung und ist nicht geändert worden - von der dritten Klasse auf,wärts, also in allen mehr als dreiklassigen Volksschulen die deutsche Sprache ein obligater Lehrgegenstand ist Hört! links). Freilich widerspricht das nicht dem Staatsgrundgesetze, weil man das Staatsgrundgesetz merkwürdiger Weife so auslegt, "weil in Galizien das Deutsche keine Landessprache ist, weil daher das Interesse, sie zu lernen ein geringeres ist, deswegen darf die deutsche Sprache obligat gelehrt werden;" während man bei uns aus den Staatsgrundgesetzen so argumentirt: "Weil die deutsche Sprache in Böhmern auch Landessprache ist, deswegen darf sie nicht obligat gelehrt werden.u

Das kommt eben von der falschen Auslegung des Staatsgrundgesetzes.

Und wie hat denn Tirol das Staatsgrundgesetz ausgelegt? In Tirol - und das sage ich für diejenigen hier, welche wie auch eine

Zeitung hier in Prag gesagt hat, (ob das so ist, wissen wir nicht.) nun das Realschulgesetz vom Jahre 1872 in Tirol ist in jeder Buchhandlung zu kaufen, - tu Tirol also ist die deutsche Sprache gewiß Landessprache, und doch ist dort nach dem Realschulgesetze die deutsche Sprache in den Realschulen ein obligater Lehrgegenstand. Warum? Dort gieng man von jener Anschauung aus, welche auch die unserige ist; das Deutsche und das Italienische sind dort obligate Lehrgegenstande, nicht weil sie Landessprachen find» Sondern, weil sie große Cultursprachen sind (Bravo!) deren Kenntnis einem jeden der die Realschulen in Tirol absolvirt, eine unbedingte Nothwendigkeit ist. (Bravo!) Und das meine Herren, will ich nicht läugnen, ist mit der Grund des nationalen Friedens in Tirol; es ist eine gegenseitige Hochachtung vor der alten ehrwürdigen und jetzt noch glänzenden Cultur, welche das eine wie das andere Volk Vertritt; der Deutsche ist so gerecht, zuzugestehen daß er einer anderen Cultur und einer anderen Sprache gegenüber steht, deren Glanz der Geschichte und der Entwickelung den der Dentschen weit überragt (Bravo!) Wir möchten, daß die Gerechtigkeit, die wir anderen gewähren, in diesem Lande auch uns zu Theit werde. Aber was

Ungarn betrifft meine Herren, so war ich sehr erstaunt, heute von jener Seite des hohen Hauses einen Vergleich Böhmens mit Ungarn zu vernehmen. In der That entwaffnet hat mich der geehrte Herr Redner, weil er gesagt hat, daß er erst einige Jahre im Lande lebt, und es ist richtig, wer nur einige Jahre im Lande lebt, und sich nicht ex professo mit der Entwickelung der Zustände dieses Landes vertraut gemacht hat, wird sehr schwer zu einer Kenntnis, noch schwerer zu einem Verständnis dieser Zustände gelangen.

Der Herr Redner hat wohl gänzlich vergessen, daß er uns eine Waffe gegen ihn und gegen Sie alle in die Hand gegeben hat. Ja, es ist wahr, olles in Ungarn greift auf die Staatsidee zurück, und jeder Schritt in Ungarn wird unter der Flagge der Entwickelung der Staatsidee gethan, soweit sogar, daß der Minister Tißa erst jüngst erklärt hat, die ungarische Staatsidee lasse sich selbst in deutscher Sprache vertreten.

Aber handelt es sich hier wirklich bei der Vertheidigung der Sprachenverordnung etwa um eine Staatsidee oder hat der Herr Abg. von jener Seite des Hauses, der bisher Vielleicht mehr in sozialen als in politischen Dingen die Stimmung des Landes kennen gelernt hat,

schon eine böhmische Staatsluft so lange geathmet, daß er glaubt, hier in einem böhmischen Staate zu leben ? (Rufe: Bravo! Bravo! Sehr gut! links.) Er lebt hier in einem Kronlande des österreichischen Staates, und wenn er uns die ungarische Politik als ein Muster hinstellt, dann gehört er auf diese Seite des Hauses, nicht zu Ihnen. (Bravo! Wacker Sehr richtig! links.)

Wenn er uns aber den Rath gegeben hat, die nationalen Rechte in derselben Weife zu construiren, wie sie die Magyaren construirt haben: wir Sind damit einverstanden. Ob Sie meine Herren es sein werden, das bezweifle ich (Sehr gut! links.)

Aber ich fürchte, daß der geehrte Herr Redner - und er mag mir Verzeihen, wenn ich die Vermuthung ausspreche, - weder das ungarische noch das böhmische Nationalitätengesetz auch nur einmal aufmerksam gelesen habe. Also auf diesen Vergleich läßt sich wohl nicht gut eingehen.

Mich wundert bei der ganzen Argumentation, welche unsere Gegner vorbringen, und bei dem zähen Festhalten an der Sprachenverordnung vom Jahre 1880 nur, daß Sie sich, und namentlich der Herr Berichterstatter so sehr abgemüht haben, die Legalität dieser Sprachenverordnung zu beweisen.

Dann sind ja die Gesetze, welche bis zur Sprachenverordnung bestanden, vollständig ausreichend Ihre Wünsche zu erfüllen. Ja, meine Herren, warum halten Sie denn an der Sprachenverordnung fest? Geben Sie sie auf, wenn sie nichts wert und ganz überflüssig ist und Sie werden unserer Beunruhigung den Boden unter den Füssen wegziehen und werden einen großen Sieg errungen haben. (Sehr gut! Bravo! links,)

Halten Sie aber an der Sprachenverordnung fest, dann werfen Sie ja die ganzen Gesetzlichkeitsbeweise selbst über den Hausen, welche Sie für die Zeit vor der Sprachenverordnung sammeln.

Sie haben es ja durchaus nicht nothwendig. Sie brauchen nur auf der von Ihnen festgehaltenen Sprachenverordnung zu fußen, Sie brauchen bloß zu beweisen, daß die Sprachenverordnung zu erlassen, die Regierung im executiven Wege das Recht hatte und die Sache ist fertig (Sehr richtig! links.)

Also Sie sehen die inneren Widersprüche, deren Sie sich selbst schuldig machen.

Das ist ein schwacher Versuch, hoher Landtag, die Entwicklung der nationalen Zustände Vom Gesichtspunkt einer objektiven Beurtheilung

zu beleuchten. Und nun gestatten Sie mir, in diesem Augenblicke auch einen Rückblick aus die Entwicklung jener Verständigungs-Idee, von der Sie alle erfüllt zu sein behaupten, und von der wir alle erfüllt find, zu werfen. Ich kann Sie versichern, Niemand von uns will den Kampf um des Kampfeswillen, wir führen den Kampf, um zum Frieden zu gelangen. (So ist es! Sehr gut! links.)

Wie aber hat sich denn unter Ihrer Patronanz die Verständigung entwickelt und wie haben Sie denn, kaum daß Sie an die Macht gelangt waren, diese Verständigungsaktion begonnen? Kaum als Sie sich entschlossen, in das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes einzutreten, sind Sie zusammengetreten und haben das bekannte Memorandum verfaßt und es der Regierung vorgelegt mit dem Wunsche Seiner Erfüllung. Darnach also, meine Herren, - das jage ich dem Grafen Pálffy - darnach erst sind die deutschböhmischen Abgeordneten zusammengetreten, provociert durch das èechische und Veröffentlichte Memorandum und haben dann erst Selbst in ihrer Denkschrift ihre Forderungen niedergelegt, und haben die Forderungen, die von unseren slavischen Landsleuten erhoben worden sind, bekämpft. Das war

der Anfang des Streites. Wenn Graf Palffy das gewußt hätte, dann hätte er niemals behaupten können (Hört! hört! links), daß wir es sind, welche den Streit begonnen haben (Sehr gut! links).

Die weitere Folge dieses Memorandums unserer èechischen Landsleute war die Sprachenverordnung, und diese ist die unerschöpfliche Quelle der Behelligung, Beunruhigung und des Streites in diesem Lande. Es wäre also doch wünschenswerth, wenn mit sehr natürlichem, von mir herzlich gern geglaubtem Pathos und mit Emphase uns Frieden gepredigt wird, daß m n doch wenigstens die kurze Zeit in die Geschichte zurückblickt, um zu sehen, wer angefangen hat, den Frieden zu stören.

Und nun, meine Herren, wie ist denn die Haltung des Landtages? Wir haben Sie erst langsam lavieren gesehen, wir haben gesehen, wie Sie sich sichtlich bemüht haben. um impetuose Wünsche hie und da zurückzudrängen - wir haben das nämlich gesehen in früheren Sessionen, denn in der jetzt ablaufenden haben wir schon schlechtere Erfahrungen gemacht.

Es ist übrigens gut, daß sowohl im Schooße der Commission, als auch im Schooße dieses hohen Landtages der Mantel sich etwas verschoben hat und das Jemand hinter der

Verhüllung zum Vorschein gekommen ist in Beziehung auf die Ansichten, welche die herrschende Partei dieses Landes über die Führung unserer auswärtiger Politik hat.

Ich werde nicht darauf zurückkommen, aber die Ueberzeugung haben wir gewonnen, daß, wenn Sie an anderer Stelle sich expressis verbis für die derzeitig geführte auswärtige Politik, für das innige Freundschaftsbündnis mit Deutschland ausgesprochen haben, Sie dies aus taktischen Gründen gethan haben, (Sehr richtig! links) Ihre Herzensempsindung aber eine ganz entgegengesetzte ist. (So ist es! Bravo! links.)

Wenn einmal diese Gründe zur Ihrer tactischen Reservation fehlen werden, dann werden Sie mit Ihren wirklichen Meinung Schon heraustreten. Es ist aber gut, daß das hier geschehen ist und daß das hier constatirt wird. (Sehr gut! links.)

Die Haltung des Landtages in dieser Session gibt uns die Aeberzeugung, daß die Verständigungsidee im Schooße der Majorität keine Fortschritte gemacht hat; und namentlich Wende ich mich an jene Seite des hohen Hauses (Redner weist auf die Rechte).

Der Großgrundbesitz des böhm. Landtages schien bisher eine gewisse Stellung über den Parteien einnehmen zu wollen; er suchte wenigstens den Schein zu verbreiten. Er war ja doch von der Regierung lange Zeit ausersehen, den Cudre einer gewissen Mittelpartei zu bilden, bis die Regierung vielleicht auch mit Rückficht auf die Haltung des Sroßgrundbetzes in manchen Fragen den Gedanken aufgegeben und feierlich erklärt hat, daß Sie auf eine Mittelpartei nicht mehr rechne. Das war natürlich unmittelbar vor den Wahlen, wo sie wußte daß sie durch die bekannten Regierungsmittel, ihre Partei aus anderem Wege verstärken könne.

Nun haben wir aber in dieser Session erleben müssen, daß ein ganz bescheidener nationaler Wunsch unserer Seite, der von unseren èechischen Landsleuten in ungerechter und uns kränkender Weise bekämpft wurde, nur dadurch unterlegen ist, daß auch der Großgrundbesitz sich diesem kränkenden Vorgang angeschlossen hat und ihn durch seine Stimmen zum Beschlusse erhob. (Beifall links.)

Ich läugne nicht, wir vermissen die staatsmännisch führende Hand im Großgrundbesitze (Sehr richtig! links.), welche bisher wenigstens das äußerste an Verletzung von dem deutschen Volke und seinen Vertretern abzuhalten wußte, (Sehr gut! Sehr richtig! links; welche in

einer gewissen avitischen, angeerbten, bureaukratischen Staatsgestinnung, immer noch ein Gefühl gehabt hat für die mäßigen Anforderungen der jetzigen aufgeregten nationalen Stimmung.

Das ist jetzt, meine Herren, unter Ihnen anders geworden (Sehr gut! links). Und wir sehen einer gewissen und immer verbitterteren Zukunft auch in diesem Landtagssaale entgegen.

Das ist also die Entwicklung der Verständigungsidee im Schoße der Mehrheit durch die Unterstützung jener Seite des h. Hauses, welche den nationalen Stürmen und den nationalen Velleitäten doch wenigstens äußerlich bisher sern gestunden ist. Wenn der Gedanke eindringt, welcher Sie damals beherrschte, als Sie uns niedergestimmt haben, dann ist die Zukunft für die deutsche Bevölkerung in Oesterreich außerordentlich traurig, denn sie weiß, daß in den Händen jener Mitglieder des hohen Hauses nicht nur die Mehrzahl der Stimmen liegt in diesem Hause, sondern auch eine gewaltige materielle und sociale Macht, von der wir dann wissen werden, daß Sie gegen uns und unser Volk wird ausgeübt werden. (Sehr richtig! Bravo! links . Und wenn ich mir eine Erklärung suche für diese Haltung, so kann ich sie bei einem Rückblick auf die Vergangenheit nur darin suchen, daß zwischen den Vertretern des èechischen Volkes aus Stadt und Land und zwischen den Vertretern des Großgrundbesitzes in diesem Landtage eine gewisse Interessengemeinschaft in dem Sinne besteht, daß heute einer dem anderen und morgen der andere dem einen hilft (Sehr gut! links), daß vielleicht, wenn es sich um eine Freiheitsfrage oder um eine privilegirte Wirthschaftsfage handelt, der Großgrundbesitz hinweisen wird auf jene Unterstützung der nationalen Begehrkichkeit, und daß dann nothwendig trotz aller freiheitlichen Unterstützungsversprechungen, unsere tschechischen Landsleute auch wieder Gefolgschaft leisten irgend einem reaktionären Wunsche (Bravo! links). Denn, meine Herren, die Versicherung des Herrn Abgeordneten für Raudnitz, daß er uns in unserem Bestreben für die freie Schule unterstützt - für feine Person möchte ich ihm glauben; wie viele flehen aber hinter ihm? (Rufe zwei, drei, vier!).

Wir haben bittere Erfahrungen im Abgeordnetenhaufe gemacht, der Herr Abg. Tonner kann ja davon erzählen (Heiterkeit), und, meine Herren, einer unter Ihnen, der damals tapfer Stand gehalten hat, der Herr Abgeord.

Tilšer (Bravo! Bravo! links), Sie hahen ihm bestraft, in dem Sie ihm sein Reichsrathsmandat entzogen haben. (Bravo, Bravo! Sehr gut! links).

Also, meine Herren, wir haben die Befürchtung, daß vielleicht darin ein Grund dieser Haltung des Großgrundbesitzes zu suchen ist, daß das - und ich will das nicht im bitteren Sinne sagen - einer offenen Handelsgesellschaft gleichkommt, bei der sich die Regierung mit einer Einlage in Kapital betheiligt. (Heiterkeit, Bravo! Bravo! Händeklatschen, links).

Wie entwickelte sich denn die Verständigungsidee im Schoße der Regierung? Es ist hier nicht der Ort auf die Aktion der Regierung im Abgeordnetenhause hinzuweisen. Allein jeder, der etwas die Verhältnisse kennt, jeder, der die Entwicklung der Zustände im Lande sicht, wird das Eine nicht leugnen können, daß seit dem Bestehen des jetzigen Regimes die nationale Erbitterung im Lande gestiegen ist, das ist außer Frage. Nun, wenn Sie sagen, meine Herren : das hat keinen Causalnexus mit dem jetzigen System - angenommen, es wäre so - was ist das für ein System, das durch 7 Jahre besteht und auf die Entwickelung des Landes keinen Einfiuß hat (Sehr richtig! links).

Wissen Sie denn nicht, welche zweifelhafte Schmeichelei Sie einer Regierung sagen dadurch, daß Sie behaupten, daß sie durch 7 Jahre keinen Einfluß auf die Entwicklung der Landeszustände genommen hat. Sie können also diese

Behauptung nicht aufstellen, Sie müssen den Cansalnexus zugeben. Der Vertreter der Regierung in diesem Lande, der geehrte Herr Statthalter hat bisher auf die Angriffe von dieser Seite des Hauses in der Regel mit gut angebrachten, sehr hübsch klingenden Worten geantwortet, mit Worten, die jeder Statthalter Sagen kann, die eigentlich auch ein jeder von uns Sagen kann (Heiterkeit links). Es handelt sich nur darum, wie Viele sie glauben. (Heiterkeit links).

Ich muß es hier aussprechen meine Herren, das deutsche Volk und seine Vertreter, in diesem Haufe, wir kommen einer jeder Aktion des Herrn Statthalters, sei sie die bestgemeinte, mit offenem und entschiedenem Mißtrauen entgegen. (Rufe links: So ist es! Ganz richtig!). Wir find, wenn Sie wollen, voreingenommen gegen alle Aktionen, die der gegenwärtige Vertreter der Regierung in diesem Lande unternimmt Wir sagen das zu wiederholtenmalen, nicht deswegen, meine Herren, weil wir uns anmaßen wollten, daß irgend eine politische Partei die Exekutivorgane der Regierung bestimmen

kann, aber wir sagen, daß damit die Einwendung, welche uns gemacht wird, ihren Boden verliert, die Einwendung, daß die Regierung und auch ihr Statthalter nichts als die Versöhnung wollen. Ja, meine Herren, wenn der Wille ausreichend wäre! Wir wollen ja auch die Versöhnung, aber trotz allem Willen, trotz alles Sprechens kommt sie nicht zu Stande. Und, meine Herren, es genügt nicht, wenn ein Regierungsvertreter sagt: Meine Parole ist Unparteilichkeit, Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit.

Wir glauben ja alle in diesem Saale jeder für uns, und jeder für die ganze Partei, unparteiisch, gefetzmäßig und gerecht zu sein. Sehr gut! links.) Wenn aber ein Regierungsvertreter daraus, daß er dies für sich in Anspruch nimmt, den Einfluß sich vindicirt, daß er den Gedanken der Versöhnung propagiren kann, dann muß er zunächst darnach trachten, daß diese seine Eigenschaften von allen jenen anerkannt werden, die er mit einander versöhnen will und unter denen er die Verständigung herbeiführen will, (Rufe links: Sehr richtig!) und deßwegen sage ich es ganz offen: So lange der Herr Regierungsvertreter, welcher uns die Ehre seiner Anwesenheit hier gibt, in diesem Lande die Geschäfte der Regierung besorgt, ist an eine Verständigung zwischen den Deutschen und Èechen dieses Landes nicht zu denken. (Beifau links, Gelächter im Centrum.)

Sie lachen meine Herren, weil Sie ja überhaupt zu so später Abendstunde sehr heiter sind, allein man sieht deutlich, wie leicht Sie die Angelegenheiten des Landes nehmen, weil Sie in der Majorität sind. (So ist es! links.) Sie nehmen Sie leicht; aber die Worte, welche ich hier spreche, spreche ich, meine Herren, nicht für mich, ich Spreche das, was ich jetzt gesagt habe, für meine Gesinnungsgenossen, für meine Wähler, und das ganze deutsche Volk (Lebhafter Beifall links.) ES ist an eine Verständigung zwischen beiden Volksstämmen nicht zu denken, wenn nicht derjenige, der sich zum Vermittler auswirft, von beiden Theilen, zwischen welchen verhandelt werden soll, als ein Solcher berufener Vermittler anerkannt wird. (Sehr richtig! links.)

Und meine Herren, seitdem der H. Abg. für Raudnitz den H. Statthalter gelobt hat und gesagt hat, daß er noch lange zum Wohle des Landes, - er hat sagen wollen des tschechischen Volkes (Heiterkeit links), - in Böhmen regiere, seitdem der H. Abg. für Raudnitz den H. Statthalter gelobt hat, ist ihm wenigstens in den Augen des deutschen Volkes etwas pas-

sirt, was wir selbst ihm nicht gewünscht haben würden, (Sehr gut! links), und er kann nicht annehmen, daß, wenn Jemand, der sich zu den ausgesprochensten Nationalen des tschechischen Volkes rechnet, die Action des Statthalters gutheißt, das deutsche Volk in demselben verehrten Manne den berufenen Vermittler, den berufenen Hersteller der Verständigung zwischen diesen beiden Völkerschaften finde (Sehr richtig! links) -

Das ist die Entwickelung der Verständigungsidee durch die Regierung und ihre Organe in diesem Lande.


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