Pondìlí 18. ledna 1886

Ich will darauf nicht weiter eingehen. Lange, meine Herren, mußten Sie sich mit solchen allgemeinen Phrasen begnügen, da kam endlich die Sprachenverordnung. Und 3hr Jubel, meine Herren, war fürwahr ein größerer als der unsere, denn nun hatten Sie doch etwas, was Sie so lange Zeit entbehren mußten, Sic hatten ein Substrat Und wie wurde es benützt, dieses Substrat? Sprachenverordnung und wieder Sprachenverordnung war der Refrain in allen Ihren Versammlungen, in allen Zeitungen. Es wurde diese armselige Sprachenverordnung als eine furchtbare Gefahr hingestellt für das Deutschthum, für die Nationalität, das Eigenthum u. s. w.

Es sollte mit entsetzlichen Gefahren verbunden fein, wenn bücherliche Eintragungen in die Bücher deutscher Bezirke in böhmischer Sprache gemacht werden. Nun, meine Herren, darüber sprechen Sie ex theoria. Wir, meine Herren, wissen es ex praxi, daß das nicht so schlimm ist; in böhmischen Gegenden wimmeln die Grundbücher von den deutschen Eintragungen. Und ich wollte, wir hätten niemals Ursache gehabt, uns über irgend etwas ärgeres zu beklagen, als über das, dann hätten wir uns wahrhaftig beglückwünschen können. Durch die Sprachenverordnung S°Uen die Deutschen an der Erlangung von Aemtern ausgeschlossen sein. Ja, da kann man doch nicht uns die Schuld davon geben. Warum haben Sie denn die Erlernung der Landessprache, die früher zur Bachischen Aera, die man gewiß nicht der Slavisirung zeihen kann, obligat war, unobligat gemacht? Warum können die Deutschen nicht Böhmisch ? Das ist ihre, nicht unsere Schuld, Sie sagen unsere Jugend erlernt lieber eine Weltsprache, davon hat sie mehr Nutzen.

Wenn sie also mehr Nutzen davon hat, dann mag sie jenen Nutzen verwerthen, mag Stellungen suchen, wo ihr die Kenntniß der Weltsprache mehr nützt, als ihr die eine Landessprache dienen würde. Will aber die deutsche Jugend in Böhmen Staatsanstellungen erreichen, nun dann muß sie sich die Kenntnisse eigen machen, welche sie dazu befähigen. (Bravo! Výbornì! rechts und im

Centrum.) Aber Verlangen, daß die Majorität einer Bevölkerung in ihrem eigenen Lande, in ihrer Muttersprache darum nicht Recht Suchen und finden soll, weil die deutschen Juristen zu eigensinnig oder zu faul waren, die Landessprache zu lernen (Bravo !), das meine Herren, halte ich einfach für lächerlich (Výbornì, im Centrum.) Die Sprachenverordnung soll aufgehoben werden, und rein deutsche und rein böhmische Sprachgebiete gebildet werden, wie der Antrag Plener's will. Dann würde sich natürlicherweise logisch ergeben, was auch heute der Herr Dr. Grégr aus einer Brochüre vorgelesen hat, daß in den rein böhmischen Sprachgebieten dann auch nur böhmisch amtirt und Recht gesprochen würde. Nun meine Herren, so hat es ja auch seiner Zeit der Minister Stremayer im Reichsrathe gesagt, als er wegen der Sprachenverordnung angegriffen wurde, und es hat diese seine Aeußerung einen der Führer der Linken so in Aufregung gebracht, daß er sich zu der wahrhaft erheiternd wirkenden Exclamation veranlaßt sah: "Seit Hus habe Niemand den Deutschen in Böhmen so viel Schaden zugefügt, als Stremayer." Fürwahr meine Herren, man weiß nicht, ob man da lieber sagen soll, armer Hus oder armer Stremayer Als aber Stremayer das sagte, damals schrieen die Herren von der Linken: "Deutsch ist die Staatssprache." Sie anticipirten damals ein wenig den gerade eingebrachten Wurmbrand´schen Antrag als bereits angenommenen. Er ist aber seither abgelehnt, und in Oesterreich gibt es keinerlei Staatssprache. Es müßten also jene Consequenzen eintreten, und dabei, meine Herren, bürsten fürwahr die Deutschen vielmehr leiden, als wir.

Meine Herren ! Ein großer Theil der Böhmen versteht selbst deutsch, und unsere Advokaten können es alle. Aber wenn deutsche Kaufleute, deutsche Advokaten in einem rein böhmischen Sprachgebiete dann nur in böhmischer Sprache Klagen einbringen konnten, fürwahr das würde Ihnen viel unangenehmer sein als uns, für die die Sache mir die Erhaltung des Status quo ante bedeuten würde. Die Sprachenverordnung ist keinerlei Gefahr für die Deutschen, und sie erscheint auch niemandem als solche, aber sie wurde eben benützt, um Stimmung zu machen, um zu hetzen. Wie weit diese Völkerverhetzung getrieben worden ist, das, meine Herren, beweift fürwahr das im höchsten Grade Abscheu erregende Faktum, daß in Deutschböhmen es Gemeinden wagten,

beim Erzbischof mit Abfall vom Glauben, mit Uebertritt zum Alt=Katholizismus zu drohen, weil ein Caplan mitunter böhmisch daselbst gepredigt hat. (Hört ! im Centrum).

Meine Herren, wir verachten mit Recht jeden, der aus irgend welchen Gründen ohne Ueberzeugung seinen Glauben wechselt. Es ist gewiß eine Schmachvolle Handlung, aber es ist ein Einzelner, und wer wagt es da, die Ursachen genau zu würdigen und zu erkennen. Aber eine ganze Gemeinde, die kann doch nie aus Ueberzeugung einen Religionswechsel vornehmen Fürwahr, meine Herren, ich finde keinen Ausdruck für eine solche Handlung, selbst wenn ich unparlamentarisch werden wollte ! Wollte ich aber nur die Reihe der Beispiele einigermaßen vervollständigen, welche hier vorgekommen sind, müßte ich fürwahr die Geduld des hohen Hauses auf eine harte Probe stellen. Nun ich glaube aber auch, daß es vollständig unnöthig ist, denn die Quelle der Aufregung glaube ich gezeigt zu haben.

Aber es drängt sich uns eine andere Frage auf. Warum haben denn die deutschen Journale und Männer, die sie beeinflussen, in dieser Weihe gehetzt? Bloß aus Haß gegen Alles, was nicht deutsch ist ? Das ist nicht wahrscheinlich. Weil sie also, vielleicht selbst getäuscht, das für wahr gehalten haben, was sie sprachen ? Das ist noch viel unwahrscheinlicher! Die Herren jener Seite des hohen Hause wissen es so gut, wie wir selbst, daß den Deutschen von uns gar keine Gefahr droht, daß unter uns gewiß noch genug politische Ueberlegung existiert, selbst wenn wer unter uns eine ungerechte Absicht haben sollte, uns zu sagen, daß angesichts des großen deutschen Hinterlandes eine jede die Rechte der Deutschen an tastende Politik eine große Gefahr für uns bringen würde, und wir werden uns gewiß hüten, jemals eine solche heraufzubeschwören.

Was ist es denn also, was die Herren zu so gefährlichen Mitteln greifen ließ, zu Mitteln, die nun schon so manchem von ihnen sein Mandat gekostet hat. Denn die Geister, die sie riefen, die vermögen sie nun nicht zu beschwören. Nun, meine Herren, auch das ist ein offenes Geheimnis, die Herrn von jener Seite des hohen Hauses wollten regieren, sie wollten allein regieren

Denn im Cabinet Taaffe saßen in seinem Beginne auch Männer ihrer Ueberzeugung. Aber wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich !

Und sie haben diesen Männern das Leben so sauer zu machen gewußt, daß sie es satt

bekommen haben und endlich gegangen find. Das Regieren ist Ihnen zur süßeen, theuern Gewohnheit geworden. (Große Heiterkeit links).

Es war so bezaubernd schön im Reichsrathe als "wir Mädchen unter uns" zu herrschen und sich lediglich von der jeweiligen eigenen Laune leiten zu lassen.

Er war so schön eingerichtet, durch den § 4 der Geschäftsordnung, der sie vor jedem Ueberfalle nicht verfassungstreuer Böhmen zu schützen erfunden war (Große Heiterkeit links).

Und nun platzte in alle dieser Herrlichkeit die Bombe unsere Delegation herein. Graf Taaffe (Große Heiterkeit links) hatte es verstanden, unier Schiff geschickt zwischen Scylla und Charybdi hindurchzusteuern. Er hatte uns an dem Schlagfertig gestellten Fallbeil des § 4 der Geschäftordnung vorübergeführt, ohne daß es uns traf. Das war ein Verbrechen, das ihm nie und unter keinem Unstand verziehen werden konnte.

Das Cabinet Taaffe sollte gestürzt werden,und zwar sollte es um jeden Preis gestürzt werden und man dachte sich dies damals übrigens auch nicht gar so schwer.

Zu diesem Zwecke Sollte die Beunruhigung im deutschen Volke angefacht werden, das deutsche Volk sollte in Angst versetzt werden, es sollte demonstrieren, um den Herren die Kastanien aus dem Feuer zu langen, ihnen die Regierung wieder in die Hände zu spielen. (Bravo im Centrum).

Jenen Selben Herren, welche diese Regierung in denselben Händen wahrlich lange genug gehalten haben, und Oesterreich auf dem Gipfel von Ansehen, Macht und Reichthum zu heben.

Ob sie das erreicht haben, das will ich hier nicht untersuchen, aber ich glaube, es weiß So ziemlich jederman in welch' Desolaten Verhältnissen der dermalige Regierung es übernommen hat. Sie wollten aber herrschen, und herrschen um jeden Preis, und das ist die alleinige Ursache des Sprachenstreites und der Völkerverhetzung. Mögen Sie sich noch so entristet stellen, mögen Sie Heiterkeit affektieren, das ist alleseins; wir wissen sehr gut, was wir davon zu halten haben.

Daß die Herren Verfassungstreuen auch ein gut Theil Tartufferie besitzen, meine Herren, das beweist vor allem eine solenne Kundgebung, mit welcher Sie Sogar wagen wollten, vor dem allerhöchsten Throne unseres erhabenen Königs und Kaisers zu debutiren. Ich meine die Minoritätsadresse des Adreßausschusses des Reichsraths im verflossenen Herbste,

Vieles darin liest sich wie bittere Ironie, wenn Sie darin von der weitgehendsten "Berücksichtigung der Landesgesetzgebung, von Gleichberechtigung der Landessprachen" x. faseln.

Sie haben, meine Herren, die Landesautonomie auf ein Minimum herabgedrückt, so weit als es eben möglich war und wenn es noch weiter möglich gewesen wäre, hätten Sie es gewiß gethan; am besten Willen hat es Ihnen sicher niemals gefehlt, denn Sie wollten nicht nur regieren, sondern Sie wollten auch bequem regieren! Nun, meine Herren, ich gebe ja zu, daß sich ein centralistischer und uniformer Staat bequemer regieren mag als unser sehr völkerreiches und polyglottes Oesterreich. Ich glaube, Se. Excellenz Graf Taaffe, Wenn er anwesend wäre, würde mir wohl bestätigen, daß es sich in Oesterreich nicht bequem regiert (Heiterkeit links) und vielleicht wird auch der Herr Statthalter davon manches zuzugeben in der Lage sein. Aber, meine Herren, die Staaten sind doch nicht dazu da, damit sie bequem regiert werden! Es mag wohl einem Familienvater, der mit Sorgen seine Familie erhält, vielleicht auch nicht bequem sein, wenn ihn seine Frau mit Zwillingen oder gar Drillingen überrascht; (Heiterkeit rechts und im Centrum) aber, wenn er ein guter Vater ist, wird er mit gleicher Sorgfalt für sie sorgen und sie zu erhalten suchen. Oder wollten Sic ihn vielleicht loben, wenn er das eine oder das andere der Bequemlichkeit halber ersäufen wollte. Und so, meine Herren, sieht die väterliche Vorsorge der Regierungen Ihrer Couleur aus. So wollten Sie mit den nicht deutschen Völkern vorfahren, und das war die "größte Berücksichtigung," die Sie den Landessprachen angedeihen ließen, von der das Minoritätsvotum gesprochen hat

Es ist Wahrheit, meine Herren, Sie haben den §. 19 der Staatsgrundgesetze gemacht, recte: Sie haben ihn aus allen früheren Verfassungsentwürfen abgeschrieben.

Aber, meine Herren, haben Sie ihn auch jemals gehalten? Nein, niemals! Und der H. Abg. der Egerer Handelskammer, über dessen Antrag wir dermalen verhandeln, hat seiner Zeit in der Sprachendebatte im Reichsrathe geradezu gesagt, daß dieser § 19 sicher eine andere Form bekommen haben würde, wenn sich die Herren nicht in der sützen Täuschung befunden hätten, daß sie das Ruder nie mehr aus den Händen verlieren würden.

Sie wollten sich also, meine Herren, mit der Aureole der liberalsten Gerechtigkeit in der Gesetzgebung. Schmücken. Aber Sie meinen durch

Nichtbeachtung der selbstsabrizirten Gesetze es immer in den Händen zu haben, diese als tobte Buchstaben liegen zu lassen.

So also, meine Herren, sah die Gleichberechtigung aus, sie war nichts anderes als Worte auf dem Papier, so daß sie eben in keiner Weise einen Anspruch hatte, irgendwie gelobt zu werden

Wenn Sie, meine Herren, hier von einer Bereitwilligkeit sprechen, mit der Sie vor 6 Jahren unseren Abgeordneten zur Verständigung entgegengekommen wären, so ist das eben so unwahr, wie die Berücksichtigung der Landesgesetzgebung. Hat irgend einer der Herren auch nur Unterhandlungen versucht? Nein,

Sie Standen von allem Anfang an auf dem Standpunkt der schroffsten Negation : Alles war gut und schön, wie Sie es gemacht hatten, und jede Abänderung unmöglich!

Meine Herren, Sie sagen, wir sind Föderalisten und Autonomisten. Das ist wahr, aber wir sind auch Centralisten bis zu einem gewissen Grade, gerade so wie Sie Autonomisten sein müssen bis zu einem gewissen Grade. Ueber die Grenzen dieses Autonomismus und Centralismus, meine Herren, hätte man verhandeln können, und bei nur einigermaßen gutem Willen bin ich überzeugt, wäre man zum Ziele gelangt. Und ebensogut hätte man sich über ein Gesetz zum Schutze nationaler

Minoritäten einigen können. Aber Sie wollten keine Verständigung und Sie wollten keinen Frieden. Hat doch einer Ihrer Vorkämpfer den beispiellosen Cynismus gewagt, im Reichsrathe einmal dem Cabinet Taaffe, gerade die Verföhnung der Völker, die er auf sein Programm gefetzt hat, zum Vorwurf zu machen.

Als einmal ein deutscher Fürst sagte: Ich will Frieden haben mit meinem Volke, da rief das einen allgemeinen Beifallssturm hervor, und mit Recht; aber wenn eine Regierung sagt: ich will uneinige Völker versöhnen, das soll ein Verbrechen sein?

Nun wird mit Schadenfroher Miene allenthalben auf das Nichtgelingen dieser schönen Absicht, das jeden ehrlichen Patrioten mit tiefstem Bedauern erfüllen muß, hingewiesen, fast möchte ich sagen, es wird von ihnen bejubelt. Es ist Ihnen gelungen, meine Herren, Sie haben die Zwietracht gesäet und erweitert, Sie können aber in keiner Weife, wie auch in jenem Minoritätsvotum zu lesen ist, sagen, daß ohne Ihre Schuld die dermalen bestehenden Verhältnisse entstanden sind

Aber, meine Herren, so schlimm als Sie

auf der anderen Seite die Lage darstellen wollen, ist Sie nicht.

Die Völkerversöhnung, meine Herren, wird sich vollziehen, sie wird sich über Ihre Köpfe hin vollziehen (Heiterkeit links). Es braucht nur noch ein wenig Geduld, wenn wir im Landtage und im Reichsrathe, meine Herren, im Geiste der Mäßigung beharren, wenn wir uns bemühen nirgends einen Anlaß zur Beunruhigung zu geben, so wird in Böhmen allmählig das deutsche Volk sagen: die Böhmen haben eine Majorität, sie haben sie aber noch in keiner Weise gegen uns in Anwendung gebracht (lebhafte Heiterkeit links), sie haben uns nichts zu Leide gethan, es ist also all' das Geschrei von Gefahr nicht als ein Hetzen, und man wird, wie in der Fabel vom steinernen Schützen endlich die Angst und das Mißtrauen vor den bösen Èechen oblegen und sich abwenden von den falschen Propheten, welche so lange zu egoistischen Parteizwecken das deutsche Volk misbraucht haben.

Herrschsucht ist die Triebfeder aller Ihrer Handlungen. Uns, meine Herren, werfen Sie vor, daß wir, weil wir die Competenz der Landtage vergrößern möchten, das Reich zertrümmern wollen, setbst aber haben Sie, wie schon heute der Herr Dr. Grégr darauf angespielt hat, den Dualismus geschaffen, weil Sie sahen, daß Sie mit den Ungarn nicht fertig zu werden vermöchten. Sie auch sind sofort bereit einen Trialismus herzustellen (Rufe: Schluß!), um nur zur Majorität des Reichsrathes zu gelangen und Ihrer Herrschsucht genügen zu können. Sie perhorreszieren zwar den föderativen Staat prinzipiell auf das Gewaltigste, sind aber sofort bereit, ihn einzuführen, wenn ihr Partaismus dabei etwas profitiren kann. (Heiterkeit links.) Sie sprechen mit Caesar (Heiterkeit links), wir wollen lieber in einem Dorfe die ersten sein, als in einer Stadt die zweiten; aber mit der Eigenthümlichkeit, daß Sie keinen Anstand nehmen, so lange von der Stadt die unbequemen Theile abzubröckeln, bis Sie zum Dorfe geworden ist, damit Sie dann die erste Rotte spielen können, und, meine Herren, Sie wagen es der Regierung und der Majorität Mangel an moralischem Ernst vorzuwersen, Sie wagen es, Sie, die mit beispielloser Frivoliität in jedem Augenblicke alles zu thun nur bereit sind, wenn es eben Ihren Parteiinteressen zu Gute kommt.

Oesterreich, meine Herren, kann weder, wie Herr Dr. Bareuther gesagt hat, deutsch

sein, wenn Friede herrschen soll, noch kann es, glaube ich, slavisch sein. Oesterreich kann nur österreichisch sein.

Es kann nur dann gedeihen, wenn alle Völker in ihm eine Heimat finden, in der sie sich wohl fühlen, und das kann nur auf der Basis einer vollkommenen Gleichberechtigung erzielt werden.

Daß ich doch tausend Zeugen hätte, um dem deutschen Volte zuzurufen: Es fällt Niemandem ein, Euere Rechte anzutasten und Euch irgend etwas zu Leide zu thun. Blickt doch auf die gemischtsprachigen Bezirke, da lebt Seit Jahrhunderten der deutsche Volksstamm in ununterbrochenem Frieden. Da ist die Verhetzung vergeblich und aller Liebe Mühe umsonst. Allerdings meine Herren, üble Saat trägt auch üble Früchte. Sie haben dem Ministerium Taaffe eine Grube graben wollen, aber Viele von Ihnen, meine Herren, sind sebst hineingefallen. (Gelächter links.) - Sie haben in Nordböhmen dadurch Ideen wachgerufen, die höchst gefährlich werden können. Ich wage gewiß niemals, an der Ehrlichkeit der österreichischen Gesinnung jener Herren zu zweifeln, die diese Geister aus was immer für Ursachen geweckt haben. Aber, meine Herren, Sie haben eben jetzt die Zügel aus der Hand verloren, Sie sind nicht mehr Herren der Situation, und in der letzten Zeit haben wir fürwahr aus Nordböhmen bereits vielfache Aeußerungen hören muffen, die ein österreichisches Gepräge bereits sehr vermissen lassen. Der Weg, den Sie betreten haben, führt Sie nicht zu dem ersehnten Ziel. Wenn Sie ihn aber weiter wandeln, so ist eine höchst ernsthafte Gefahr für das von Ihnen angeblich so hoch gehaltene Reich damit verbunden, und Sie haben nicht einmal mehr die Entschuldigung des Parteiinteresses.

Viele von Ihnen in diesem hohen Landtage fühlen das bereits selbst, aber der unerhörte Parteiterrorismus, welcher alle jene, die irgend etwas freier zu sprechen wagen, sogleich als Verräther, Renegaten und Gott weiß was alles in Ihrer Schmutzpresse stempeln läßt, der hindert jede freie Meinungsäußerung. Ich erinnere da nur an die Namen: Schneider, Heinrich und an die ganze sogenannte Wirthschaftspartei (Gelächter links), deren einziges Verbrechen es ist, daß sie nicht nur patriotisch dachte, sondern es auch zu sagen wagte. Wenn Sie aber, meine Herren, wollen, werden Sie ernst gemeinten Versuchen zu Unterhandlungen, um einen modus videndi zu finden, auf un-

fever Seite gewiß stets das größte Entgegenkommen finden.

Ich glaube nicht daran, so sehr ich es wünschte, daß sie kommen werden; denn eben der Antrag Plener's ist mir ein triftiger Grund dafür. Die Kommission hat indeß Anträge gestellt, die mir in jeder Weise geeignet erscheinen, um jene zu beruhigen, welche nicht eben um jeden Preis beunruhigt sein wollen, und darum werde ich für dieselben Stimmen. (Výbornì!)

Nejvyšší maršálek zem : Pan poslanec Schindler se hlásí k slovu k formalnímu návrhu.

Poslanec pan Schindler: O zprávì komise o návrhu šlechtice Plenera a dra Trojana bylo jak myslím dostateènì již rokováno a proto myslím, že bude vhod, když uèiním návrh na ukonèení generální debaty.

Oberstlandmarschall: Der Herr Abg Schindler stellt den Antrag aus Schluß der Debatte.

Pan Schindler èiní návrh na konec debaty.

Žádám pány, kteøí s tím návrhem souhlasí, by vyzdvihli ruku.

Ich ersuche die Herren, welche damit einverstanden sind, die Hand zu erheben. (Geschieht). Der Antrag ist angenommen.

Návrh jest pøijat.

Ich ersuche sonach die Herren, welche contra eingetragen sind, sich auf einen Generalredner zu einigen.

Diese Herren sind : Die Herren Abg. Dr. Funke, Dr. Nitsche, Dr. Werunsky, H. Mendel und Dr. Ruß.

Žádám pány, kteøí jsou zapsáni pro návrhy komise, by se taktéž dorozumìli o volbì generální øeèníka. Jsou to páni poslancové: Tonner, svobodný p. Nádherný, dr. Vašatý a hr. Richard Clam-Martinic.

Oberstlandmarschall: Ich habe die Ehre, dem hohen Hause mitzutheilen, daß als Generalredner gegen die Anträge Abgeordneter Dr. Ruß mir bezeichnet worden ist.

Als Generalredner für die Anträge der Kommission ist mir bezeichnet worden Graf

Clam. Nachdem zuletzt ein Redner für die Anträge gesprochen hat, gelangt nunmehr der Generalredner gegen zum Wort.

Ich ertheile das Wort dem Herrn Abg. Dr. Ruß.

Abg. Dr. Russ: Meine Herren! Wenn man nach einer aufregenden und ermüdenden vielstündigen Debatte am Schluße desselben Tages die Ehre hat. als Generalredner das Wort zu ergreifen, für welche mir zugewiesene Auszeichnung ich meinen geehrten Gesiunungsgenossen besonders dankbar bin, so bedarf es der vollen Nachsicht des hohen Hauses, weil der Generalredner berufen ist, die Hauptpunkte der Debatte zu resumieren und die Anschaltung welche als die communis opinio der Partei gilt, nochmals zum Ausdruck zu bringen. Dazu ist es gewöhnlich seine Pflicht, den Rednern von der Gegenfeite zu antworten, eine Pflicht, welche, wie Schon heute einmal angedeutet worden ist, uns immer Schwerer fällt, und auch mir, da ich der anderen Landessprache nicht mächtig bin Die Gewohnheiten der Debatte in diesem hohen Hause werden uns, die wir von den 70 Mitgliedern dieses hohen Hauses, welche durch das deutsche Volk in Böhmen gewählt worden Sind, nur ein kleiner Bruchtheil mehr die andere Landessprache verfielen, sie werden uns nothigen, sehr bald einen Antrag zu stellen, Welcher die Geschäftsordnung in dem Sinne abändert, daß gleich anderen mehrsprachigen Ländern im Schooße der gesetzgebenden Versammlung, also hier im Schooße des böhmischen Landtags die Einrichtung getroffen werde, daß auf Verlangen eines jeden Mitgliedes die in der anderen Sprache gesprochenen Reden amtlich im Auszuge überfetzt werden. (Heiterkeit im Centrum. Sehr richtig! links).

Es ist meine Herren, wenn Sie mit Heiterkeit dieser Einwendung begegnen, eine rührende Unwissenheit, (Rufe; Bravo! links), welche derselben zu Grunde liegt.

Die freie Schweiz, auf die sich viele von Ihnen meine geehrten Herren slavischen Landesgenossen, so gerne beziehen, hat, solange ihre Verfassung besteht, eine ähnliche Einrichtung und in Oesterreich hat die Geschäftsordnung des Tiroler Landtages dieselbe Bestimmung, eine Bestimmung, welche, wenn Sie jemals die Stenografischen Protokolle des Tiroler Landtags angesehen haben würden, Ihnen klar gemacht hätte, daß sie dort regelmäßig gehandhabt wird, und, meine Herren, was dem alten, in seiner Cultur gegen das Deutsche noch viel

älteren italienischen Volke recht ist und dem deutschen Volke in Tirol, das kann doch, weiß Gott, auch Ihnen billig Sein, und Sie brauchen darüber nicht zu lachen. Zu diesem Antrage werden Sie uns zwingen, weil wir, wenn Sie gerecht fein wollen, uns in jeder Debatte im Nachtheil befinden, in dem Nachtheil, daß wir Ihre Argumente nicht verstehen und daß das gesammte Volk, das ein Interesse an unseren Debatten hat, leicht zu der Meinung kommen kann, daß wir nicht in der Lage waren, Ihre Argumente zu erwidern, während doch der Grund nur darin liegt, daß wir nicht in der Lage waren, sie zu verstehen.

Und so wird es mir auch als Generalredner außerordentlich schwierig, aus viele der gehörten Reden einzugehen.

Sie werden freilich vor allem andern nicht verlangen, daß ich mich mit der "Vorlesung" meines unmittelbaren Herrn Vorsprechers beschäftige. (Lebhafter Beifall links, Heiterkeit im ganzen Haus.)

Wer das Beispiel vom Mond und vom Hund gebraucht, der hat kein Anrecht und keinen Anspruch aus guten Ton in der Debatte, (Bravo, bravo! links), und die wenigen statistischen Daten, die er gebracht hat, trete ich, um ein Wort des gewesenen Ministers Unger zu gebrauchen, dienstfreundlich an den Herrn Minoritätsberichterstatter ab.

Die verehrten Herren von der Gegenfette werden mir Dank wissen, daß ich Sie mit diesem Herrn "Vorleser" nicht indentificiere; denn Sie werden sich während der langen, Von der gespanntesten Unaufmerksamkeit des hohen Hauses (große Heiterkeit links), begleiteten Darlegungen wiederholt gesagt haben: bewahre mich Vor meinen Freunden. (Lebhafte Heiterkeit, Händeklatschen links.)

Ich gehe uunmehr über zu der allerersten Bemerkung in dieser Debatte, welche von einem Manne vorgebracht wurde, dessen ruhige Art, dessen klaren Blick und dessen besonnenes Urtheil wir alle schätzen, nämlich vom Abg. Dr. Mattuš.

Es ist freilich ein Widerspruch in Seinen eigenen Worten zu finden, wenn er einen Vorwurf daraus erhoben hat, daß wir aus den Vorgängen in der Kommission dem h. Hause Mittheilungen gemacht haben; mich konnte es nicht wundem, wenn in diesem hohem Hause schon von einem andern Mitgliede, welches nicht Mitglied des Abgeordnetenhauses ist, eine solche Lehrmeinung vorgebracht worden ist, denn die Vorgänge in der Commission sind für die Entwicklung des Antrages, dessen Be-

urtheilung dem hohen Hause obliegt, von besonderer Wichtigkeit und Bedeutung. Wenn nun der genannte Herr Abgeordnete gleichzeitig selbst von dieser Fakultät, von dieser guten parlamentarischen Sitte - was ich betone, damit nicht immer das Gegentheil hier behauptet werbe - Gebrauch gemacht, indem er die Aeußerungen mittheilte, welche im Schoße der Commission von unserer Seite gefallen Sind, und bei der Gelegenheit gerade die Aeußerung, welche ich mir zu machen erlaubt habe, so werde ich auf diese vielleicht noch Später zurückkommen.

Es ist von Bedeutung, daß das h. Haus erfahre, in welcher Verwirrung, in welcher Rathlosigkeit sich die Mehrheit der Commission befunden hat als gegenüber dem vom Abg. Plener gestellten Antrage der Abgeord. Fáèek, dann auch Herr College Trojan, Herr College Stangler und ich glaube auch der Abg. Graf Deym Anträge gestellt haben, welche in kürzester Zeit ein solches Chaos zu Wege brachten, daß die verehrte Majorität die Sitzung unterbrechen mußte, und sich vor uns zurückzog, (Heiterkeit links), um einen Gesammtantrag zu formuliren, welcher uns jetzt vorliegt.

Als dann der Herr Berichterstatter auf Grund der neu formulirten und beschlossenen Auträge seinen Bericht vorlas, war dieser Bericht noch auf die alte Fassung stilisirt, (Heiterkeit links), so daß er mitten in der Verlesung sich unterbrechen mußte, um zu sagen: Das muß geändert werden." (Heiterkeit links). Das erwähne ich deshalb, weil unsere Behauptung widerlegt werden wollte, daß im letzten Augenblicke durch irgend einem deus ex machina - ich weiß nicht, ob er von Wien oder von sonst woher spielte - eine plötzliche Amderung in den Anschauungen der Mehrheit der Kommission zu Tage getreten ist.. Diese Anschauungen der Kommission, welche sie an dem einen Tage hatte, wo sie die Fáèek´sche erste Fassung annahm, war aber damals schon eine unklare. Denn ein verehrtes Mitglied der Mehrheit aus dem Großgrundbesitz hat damals gegenüber der ersten Fassung des Antrags Fáèek erklärt, wenn dieser Antrag auch die Sprachenangelegenheit in den dritten Instanzen berühren würde, müßte er sich dagegen aussprechen.

Nun berührt auch der jetzige die Sprachenangelegenheit in der dritten Instanz, und ich bin sehr begierig zu sehen, wie dieser Herr Kommissionskollege sich gegenüber dieser unbestrittenen Geltung der Fáèek'schen Anträge

für die dritte Instanz bei der Abstimmung verhalten wird. (Sehr richtig! links)

Aber noch viel interessanter als die Haltung der Mehrheit der Kommission war die Haltung der Regierung. Ich sage nicht etwa interessant deshalb, weil man von ihr etwas erfahren hat, (Heiterkeit links) vielmehr gerade deshalb interessant, weil man von ihr garnichts erfahren hat. (Heiterkeit links. Als die Einladung an die Regierung, ihre Meinung auszusprechen, derselben zugekommen war, wurde uns die bekannte, dem Berichte beigedruckte Regierungserklärung vorgelesen. Ueber ihre Mystik und ihre Unbedeutendheit ist ja schon gesprochen worden, aber interessant bleibt es doch noch immer, mehrere Punkte davon zu releviren. Da ist einmal das eine, daß die Regierung erklärt, sie könne die Sprachenverordnung nicht ausheben aus dem Grunde, weil sie legal sei. Einen anderen Grund hat die Regierung gar nicht unternommen vorzubringen; also den Grund, welchen wir eigentlich für jede Verordnung, jede Gesetzgebung verlangen, den des praktischen Bedürfnisses, der staatlichen Nothwendigkeit, der gesellschaftlichen Exigeuz, hat die Regierung gar nicht versucht vorzubeugen.

Und nun habe ich mir erlaubt an die Regierung die eine Frage zu stellen, ob die Regierung für die Aufrechthaltung der Sprachenverordnung gar keinen anderen Grund habe als den der Legalität. Aber das war nicht die einzige Frage, die ich gestellt habe. Ich habe auch zu wissen gewünscht, welche Minorität in anderssprachigen Bezirken die Regierung für eine solche halte, daß Sie in der Gesetzgebung und Verwaltung berücksichtigt werden müsse. Ich habe mir endlich erlaubt noch eine dritte Frage zu stellen, welche Rücksichten der Rechtspflege und welche weitgreifenden Konsequenzen es seien, wenn das Oberlandesgericht in zwei Senate getheilt wird. Ich habe mir endlich noch erlaubt zu fragen, welche Uebelstände die Regierung meint, wenn sie in der Erklärung auf den Trojanischen Antrag Jagt, daß es ihre Aufgabe fein wird, diesbezüglichen Uebelständen ihre Aufmertsamkeit zuzuwenden, ob den Uebelständen welche entstehen Würden durch eine Ausführung des Trojanischen Anträges oder den Uebelständen, welche entstehen durch eine Nichtausführung des Trojanischen Antrages. Nun könnte man doch glauben daß eine Regierung, welche etwas auf sich hält, eine Regierung, welche im Stande durch einen Mann vertreten ist, von dem die Regierung sowohl als der betreffende Mann sagt, daß sie

alle erfüllt sind von gleich versöhnlichem und ausgleichendem Geist, daß eine solche Regierung wichtige Fragen nicht beantwortet.

Die Antwort aber, welche ich daraus bekommen habe, war, daß die Regierung nicht in der Lage ist, eine Antwort zu geben, die sie nicht schon gegeben hätte, (Hört! links) das heißt sie hat meine Frage zu beantworten abgelehnt. Wir wissen also heute noch nicht, ob die Regierung die Sprachenverordnung nur aus dem Grunde der Legalität aufrecht hält, oder aber aus einem anderen Grunde, und wir wissen auch keine Antwort aus die anderen von mir gestellten, wie mir scheint sehr wichtigen Fragen.

Nun, daß die Regierung des Landes keine Antwort gegeben hat, erklärt sich vielleicht sehr leicht: sie weiß keine Antwort daraus. (Hört! links). Es ist ihr eben ein weiterer Auftrag, als der schriftlich übergebene, uns übermittelte, nicht zugekommen.

Wenn Sie aber meine Herren, in die Geschichte der böhmischen Landtages zurückblicken werden, von dem ersten Statthalter Grasen Forgatsch glaube ich, bis zum letzten, den derzeitigen Herrn Statthalter ausgenommen, so werden Sie auf solche Anfragen und in Folge von Debatten im Landtage immer eine selbstbewußte, inhaltsvolle Erklärung der Regierung vom Tische des Herrn Statthalters gehört haben. Diesmal hören Sie gar nichts. ES ist eigentlich die regierungslose Zeit, denn das kann ja doch eine Unterstützung der parlamentarischen Thätigkeit eines Körpers, wie der böhmische Landtag ist, nicht sein, daß sich eine Regierung in Solchen Lebensfragen der die beiden Völker dieses Landes betreffenden Angelegenheiten mit gar nichts anderem an der Debatte betheiligt als mit derheute gegebenen Erklärung Sr. Excellenz des Statthalters, daß er ein Cirkulare nicht erlassen. Verzeihen Sie meine Herren, es ist ein kläglicher, deprimirender Eindruck, welche Stellung die Regierung in diesen wichtigen Angelegenheiten im böhmischen Landtage uns gegenüber einnimmt. (Sehr richtig! Sehr richtig! links).

Ich beklage es auf das Tiefste, daß die Regierung, welche so oft sagt, daß sie die Verständigung suche, von der man also meinen sollte, daß sie jede Gelegenheit zur Verständigung der beiden Völker im Laude gerne aufgreifen, benützen, und mit ihrer Meinung unterstützen würde daß sie dort, wo es sich darum handelt, das zu thun, passive Assistenz leistete. (Bravo! links).

Ich mache nun, aufrichtig gesagt, dem ge-

ehrten Herrn Statthalter direkt darüber keinen Vorwurf, denn wenn er nicht die Erlaubnis bekommen hat, die Meinung der Regierung zu sagen, so versteht es sich ja von selber, daß er einer solchen Weisung nachzukommen hat. Die Regierung denkt sich aber jetzt: "Da bin ich weit vom Schusse. Die können mir dort sagen, und docieren, was sie wollen; kommt Zeit, kommt Rath. Wenn die Reichsboten die Schwelle des Abgeordnetenhauses wieder überschreiten werden, bis dorthin werde ich schon eine meiner gewundenen Erklärungen finden, welche meinen Gegnern nichts zusagen und meine Freunde nicht verletzen".

Allein es ist doch nicht gut, daß trotz der Loslösung der Landtage vom Reichsrathe die Regierung darüber nicht klar zu sein scheint, daß dieser böhmische Landtag und dieses Kronland Böhmen doch immer der politische Wetterwinkel für den Frieden des ganzen Reiches ist. Und sie sollte Acht haben auf die Erscheinungen und Zustände, welche hier herrschen, und sie sollte einen sehr gewandten, sehr unparteiischen, sehr vorsichtigen Wetterbeobachter an diese Stelle setzen. (Sehr gut! links).

Die bisherige Entwicklung der in Debatte flehenden Angelegenheiten in diesem Lande ist ja so bezeichnend, daß es nothwendig ist, darauf einen Blick zu werfen Es sind kaum 20 Jahre her, da hat der Abgeordnete Wenzel Seidel - ich glaube er ist längst gestorben, (Rufe im Centrum: Nein!) - die erste Anfrage an die Regierung gestellt, wie es sich denn mit der Erledigung èechischer Klagen verhalte. Es sind kaum 20 Jahre her, etwa 21 Jahre, es wird im Jahre 1864 gewesen sein, und gleich am anderen Tage hat der Herr Statthalter die Haltung der Regierung gekeuzeichnet.

Es war das eine Zeit meine Herren, in der es sich èechische Blätter gefallen lassen mußten, die Confiscationsbestätigungsurtheile in deutscher Sprache an der Spitze ihres Blattes abzudrucken - ich sage das nicht etwa, weil ich es für gerecht halte, aber ich sage es um zu bezeichnen, welche ungeheuere Entwicklung das nationale Recht der Èechen seit diesen 20 Jahren genommen hat. (Heiterkeit im Centrum.)

Ja, meine Herren, Sie sind wie mir scheit, sehr gut aufgelegt (Heiterkeit links.) Sie werden wissen warum und werden begreifen, daß wir es nicht sind und Sie werden auch wissen warum (Sehr gut! links)

Gelächter, wie Ohorufe sind keine Argu-

mente. Damit befriedigt man in der Regel nur sich selber. (Beifall links.)

Ich weife darauf hin, welche Entwicklung in den letzten Jahren die nationale Sache genommen hat. Denn während Sie durch Jahrhunderte Ihrer Culturentwicklung, auf die Sie doch immer zurückgreifen, bis zum Jahre 1864 nicht zu der Berechtigung gekommen waren, èechische Urtheile zu bekommen, haben Sie in den zwanzig Jahren mehr erreicht, als in den früheren paar hundert Jahren, und Sie werden mir gestatten, Ihnen zu sagen und ich werde noch weitere Beispiele anführen, über die Sie sich vielleicht weniger erfreulich äußern dürften, daß in den letzten 20 Jahren die naetionale Sache der Èechen eine ungeahnte, in der Geschichte ohne Beispiel befindliche Entwicklung genommen haben. Ich freue mich, daß Sie jetzt schon nicht heiter find. (Heiterkeit links.)

Allein meine Herren, als in dem Jahre 1864 Graf Leo Thun über die èechische Sprache in Mittelschulen sprach, da hat er noch - lesen Sie die Stenographischen Protokolle nach, die Dinge find sehr lehrreich, - da hatte er noch die Meinung, daß ganz èechische Gymnasien durchaus nicht angiengen, daß das Lehrmaterial gar nicht vorhanden wäre (Hört! Hört! links) und es war gewiß richtig.

Und jetzt ist es in ausreichendem Maße Vorhanden Und das sind nur zwanzig Jahre, und zwanzig Jahre sind nur eine Minute in der Entwickelung des Völkerlebens, und wenn Sie in dieser Minute soviel erreicht haben so darf ich die Behauptung aufstellen, daß die nationale Entwicklung der Èechen eine stürmische war.

Ich will Ihnen noch ein Mehr sagen. Im Jahre 1864 hat das medizinische Professorencollegium ein Gutachten abgegeben, daß an der medizinischen Fakultät Prag èechische Vorträge möglich Seien.

Darüber wurde in dem Landtage verhandelt. Unser verstorbene Collega Abgeordneter Kuh an dessen jonrnalistischen Muth und an dessen ausgezeichneten Patriotismus wir jedesmal weihevoll denken, hat damals den Antrag gestellt, es sei eine èechische Universstät zu errichten.

Ein deutscher Abgeordnete that es; wissen Sie, was ihm Herr Dr. Rieger geantwortet hat im Jahre 1864? (Hört! Hört! links.) Das ist eine barocke Idee. (Hört! Hört!)

Und im Jahre 1883 haben Sie eine èechische Universität erhalten. Und jetzt werden

Sie mir doch zugeben, meine Herren, daß Ihre nationale Entwickelung eine stürmische war.

Also Sie geben mir es zu und darüber haben Sie, als ich zum erstenmale die Behauptung aufgestellt hatte gelacht Da lachten Sie also über sich selbst. (Unruhe im Centrum)

Und wie ist der jetzige Zustand ? Im Jahre 1834 hat der Canonicus Vinaøický dem Grafen Kinsky oder dem Fürsten Kinský - ich weiß das nicht - ein Promemoria überreicht, worin er den Vorschlag machte, es möchte in den Hauptschulen auch die èechische Sprache unterrichtet werden, und nach 50 Jahren, im im Jahre 1885 haben Sie alle Volksschulen in der Hand, haben Sie vollständig nationale Gymnasien und eine vollständig nationale Universität.

Ich glaube, daß kein Volk der Welt eine so mächtige nationale Entwickelungausweisen kann, wie Sie, meine Herren. Und dem gegenüber, wo Ihnen alle Bildungsstätten ausreichend zu Gebote stehen, klagen Sie, daß die Gleichberechtigung in diesem Lande nicht durchgeführt fei.

Aber wie, meine Herren, üben denn Sie die Gleichberechtigung dort, wo die Gesetze Sie nicht zu bestimmten Formen der Sprachenanwendung zwingen ? Die Sprachenverordnung hat die Gemeinden Prag und Reichenberg ausgenommen. Wenn die Gemeinde Prag an irgend jemanden initiativ schreibt, schreibt sie durchwegs in èechischer Sprache, und selbst, wenn ein Verein nach Seinen Statuten die deutsche Sprache als Geschäftssprache hat, es nützt nichts, er bekommt initiativ von der Prager Gemeinde eine èechische Zuschrift, von der unbestritten zweisprachigen Hauptstadt des unbestritten zweisprachigen Landes.

Das, meine Herren, ist dort, wo Sie die Gleichberechtigung auslegen, die Art und Weise Ihrer Gleichberechtigung. (Sehr gut! links.)

Und nun wollen Sie durch den Antrag Fáèek die Grundsätze, welche Sie für die Grundsätze der Gleichberechtigung halten, auf das autonome Leben und die autonomen Organe ausdehnen.

In der That, eine imminente Nothwendigkeit hat sich bisher für die Ordnung dieser Dinge auf legislativem Wege nicht ergeben.

Allein wir müssen sehr besorgen, daß wenn die Grundsätze, die Sie für die Staatsbehörden im ganzen Lande propagieren, auch für autonome Behörden gelten Sollen, Sie zu den absurdesten Dingen kommen.

Denn wenn Sie etwa verlangen sollten, daß jeder in ganz Böhmen das Recht hat, bei

jeder deutschen Bezirksvertretung auch èechische Eingaben zu machen, und èechische Erledigungen zu bekommen, so wird das einfach undurchführbar fein; es müßte denn die Bezirksvertretung gezwungen werden, zweisprachige Sekretäre anzustellen; und das wäre noch nicht das stärkste. Viel stärker noch ist die Durchführung Ihrer Gleichberechtigungsprincipien bei allen autonomen kleinsten Verwaltungskreifen und bei allen autonomen Gemeinden; und in einer consequenten Durchführung Ihrer Prinzipien müßten Sie auch dahin gelangen, denn bei der großen Zahl von Verwaltungsinteressen und Agenden, welche die autonomen Behörden haben, wäre es eigentlich gar nicht gerecht und consequent, nur die vom Staate zu betreibenden öffentlichen Agenden als diejenigen zu bezeichnen, denen gegenüber Ihre Gleichberechtigung besteht, und die durch freigewählte Vertrauensmänner des Volkes besorgten Agenden nicht auch in solcher Weise zu behandeln. Sie sehen, meine Herren, wohin man mit einem Solchen academischen Grundsatz, der sich in thesi und in Büchern sehr schön liest, in praxi kommt.


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