Ètvrtek 7. ledna 1886

und wichtigsten Dinge in der parlamentarischen Thätigkeit ist, die V e r w a l t u n g z u kontrolieren. (Sehr gut! links),

Und wenn ich zurückblicke auf die Thätigkeit unseres Landtages, wo ich mich beinahe gemahnt fühle an die Worte Mirza Schaffys. "Ich höre wohl das Geklapper der Mühle, aber ich Sehe kein Mehl davon" - so scheint es mir um so dringender geboten, von diesem unserem parlamentarischen Rechte hier Gebrauch zu machen.

Und da muß ich vorausstellen - allem Anderen gegenüber - daß ich von der Ueberzeugung durchdrungen bin, daß Se. Excellenz mit den besten Absichten in dies Land kam und in der Hoffnung, feine Aufgabe, Böhmen rasch und dauernd zu beruhigen, zu erfüllen. Sofort muß ich aber hinzufügen, daß ich ebenso überzeugt bin, daß die Aufgabe, die man ihm gessellt hat, von vornherein für ihn zu schwierig war, und daß er vollends in der Wahl der Mittel zur Bewältigung dieser Aufgabe sich vollständig vergriffen hat, wie er sich heute auch vergriffen hat, indem er sein Wohlwollen für die deutsche Bevölkerung dadurch erweisen wollte, daß er den Nachweis führte, daß er gegenüber einer deutschen Gemeinde, die in die größte Nothlage gerathen war, einfach seine Pflicht gethan hat. (Rufe links: Sehr gut! Seine verfluchte Pflicht!).

Es ist ein offenes Geheimnis, daß der Vorgänger im Amte des gegenwärtigen Herren Statthalters, der ein sehr genauer Kenner der böhmischen Verhältnisse war, und noch aus den vierziger und fünfziger Jahren sehr genau mit allen, auch mit den nicht offiziell zu Tage tretenden Strömungen innerhalb der èechischen Partei vertraut war - daß er seinen Platz räumen mußte wegen seiner Opposition gegen die fortgesetzten Ansprüche der Èechen.

Dieser offenkundige Umstand schuf für seinen Nachfolger sofort eine schwierige Lage indem eine Partei im Lande ihn als ihren Statthalter begrüßte und in ihren Zeitungen ihn geradezu als einen Statthalter gegen die Deutschen bezeichnete. Dieses Verhältnis konnte nichts anderes zur Folge haben, als daß auf der einen Seite freudiges Entgegenkommen herrscher, auf den andern: Seite aber berechtigtes Mißtrauen und eine Politik die in Wahrheit hätte vermitteln wollen, hätte es sich zur Aufgabe machen müssen zunächst die Erwartungen auf der einen Seite möglichst tief herabzustimmen, das Mißtrauen auf der anderen Seite aber dadurch zu schwächen, daß man offen-

kundig für gerechte Forderungen der Deutschen eintrat. Statt dessen aber setzte sich Sr. Excellenz. Wie ein èechisches Blatt noch in jüngster Zeit hervorhob, zum Ziele, die Majorität der Bevölkerung, welche ihre Reizbarkeit stets in sehr zweckentsprechender Weise zu betonen und zur verwerthen wußte (Sehr gut! links), diese Majorität nicht zu reizen, und so transpirirte alsbald aus den Bureaux der Prager Statthalterei die Lehre von dem 100jährigen Unrecht, das man den Èechen angethan hat, und man suchte sogar den Mantel christlicher Liebe damit zu decken über die groben Ausschreitungen welche den äußerm Anlaß zu dem Personen wechsel in den Bureaux der Statthalterei gegeben hatten. Für die èechische Partei war nun von selbst die Taktik gegeben, von allem, was ihr einigermaßen unbequem war zu sagen, daß es die Majorität der Bevölkerung reize. Wir selbst aber mußten alsbald in den mancherlei zum Theil sehr Verwickelten Fragen, welche durch die Errichtung der èechischen Universität in Prag geschaffen waren, und wobei eine wirklich konservative Politik sich die möglichste Schonung des allmählich Gewordenen innerhalb des Rahmens des neuen Gesetzes zum Ziel hätte machen müssen, wir mußten da erleben, das Se. Excellenz eine Haltung einnahm, als gelte es in der That, ein 100jähriges Unrecht auf Kosten der deutschen Universität zu sühnen.

Mehrfach wurden hiedurch die Absichten des Unterrichtsministeriums durchkreuzt, und wenn der frühere Herr Unterrichtsminister im Budgetausschuß im Reichsrathe mittheilte, daß er an Se. Egcellenz den Herrn Statthalter die Aufforderung gerichtet hatte, einen in seinen Rechten tief gekränkten deutschen Professor zur Rücknahme seines Pensionsgesuches zu bewegen, daß der Herr Statthalter aber dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei (Rufe: Hört! links), so mußte bei uns die Ueberzeugung entstehen, daß entgegen der Versicherung, die Se. Excellenz im Vorjahre hier im Hause gegeben hat, in der Bureaux des Prager Statthalterei in Wahrheit eine Nebenregierung, (Rufe: Sehr gut! links) wenigstens in Universitätsangelegenheiten etablirt wurde, u. z. eine Nebenregierung gegen die Deutschen (Rufe: Bravo! links. )

Nicht minder hat das Verhalten der Behörden in Angelegenheiten des niederen Schulwesens in uns die Uberzeugung von einer einseitigen Begünstigung der Ansprüche der Èechen

wachrufen müssen. Den èechischen autonomen Behörden gegenüber, da ließ man es gewöhnlich an dem rechten Nachdrucke fehlen, und so kam es, daß mehrfach Schulbauten außerordentlich verzögert wurden wie in Königinhof und Benecko (Ruf: Weinberge! im Centrum), oder die Eröffnung von Schulen ganz und gar verschleppt wurde, wie in Senftenberg, (Ruf im Centrum: Budweis!) während man andererseis Aufträge zur Errichtung èechischer Schulen in deutschen Städten an die betreffenden Gemeinden mit der peremptorischen Festsetzung der kürzesten für die Erledigung der Sache unzureichenden Frist herabgelangen ließ. (Bravo! links, Rufe: Holeschowitz! im Centrum).

Es mag genügen als Beispiel dafür anzuführen.

Oberstlandmarschall: Ich bitte den Redner nicht zu unterbrechen.

Abg. Prof. Knoll: (fortfahrend) daß der Gemeinde Dux Aufträge, deren Erledingung beiläufig einen Monat erfordert hätte, in 3 Tagen abverlangt wurde (Rufe: Hört! links), daß die Gemeinde Krumau eine ähnliche Erledigung in 5 Tagen und im Wege des Betreibens sogar binnen 24 Stunden abliefern sollte und in derselben Weise ging es bei allen anderen derartigen Schulerrichtungen zu, wie hier noch bei anderer Gelegenheit genauer auseinandergesetzt werden wird.

Die Angelegenheit deutscher Parallelklassen in Prag verschleppte sich unsäglich; in Angelegenheit der Parallelklassen an den tschechischen Schulen in Budweis hingegen, da wußte man gar nicht Feuereifer genug Seitens der Behörde aufzubieten. Und dieser Eifer ging sogar soweit, daß ein Beamter - ich will mich milde ausdrücken - um die Sache besser zu fördern, falsche Tabellen einschickte. (Rufe: Hört!)

Gegenüber der furchtbaren Ueberfüllung einzelner Schulkassen in Schüttenhofen war der dortige Bezirksleiter so blind, daß erst der Verwaltungsgerichtshof in Wien ihm mit seinem Urtheile den Staar stechen mußte und bei der Einschreibung der deutschen Schulkinder in die dortigen Schulen ließ er es die längste Zeit ruhig geschehen, daß ordnungswidrig vorgegangen wurde.

Erst im letzten Augenblick als es zu spät war, die größte Zahl der Kinder schon abgeschreckt war, da erst schritt er ein.

Daß Se. Excellenz der Herr Statthalter bei der Wahl in die Vertretungskörper den

Einfluß der Regierung zu gunsten derjenigen Candidaten geltend machte, welche der Regierung genehm sind, dies konnte uns recht befremden, verletzen aber mußte es uns, wenn diese Einflußnahme soweit gieng, daß ein hoher Staatsbeamter seine Pensionirung nachsuchen mußte, um nicht Verrath üben zu müssen an feiner Parteitreue, (Rufe: Hört! links, verletzen müßte es uns, das andere Beamte wegen der Unterzeichnung eines ganz indifferenten Wahlaufrufes oder wegen angeblicher Theilnahme an einer Agitation zu gunsten unserer Candidaten gemaßregelt wurden, wie in Budweis, während die Bezirkshauptleute der nationalgemischten Bezirke gegen unsere Candidaten geradezu mobilisirt wurden. (Rufe: Sehr richtig links!) und in ihrem Eifer so weit giengen, den Agenten für die Regierungscandidaten oder, ich will sagen, die der Regierung genehmen Candidaten Dupticate von Stimmzetteln auszufolgen. (Hört! Hört ! links).

Verletzen mußte es auch, wenn, wie dies bei der Wahl im Wahlbezirke Falkenau=Graslitz geschah, ein Agent der Statthalterei versuchte, einen Priester in die Agitation gegen die Wahl unseres Candidaten heranzuziehen, wo doch die gerechte Beschwerde, welche wir über die Betheiligung der Priester an der politischen und nationalen Agitation zu führen haben, männiglich bekannt ist, eine Beschwerde, die kein pathetischer Protest aus der Welt zu Schaffen vermag, und die zu begründen eine noch bessere Gelegenheit sich finden wird, als die Debatte über die Trunksucht. (Rufe: Bravo! links. )

Daß unter diesen Umständen der Uebermuth auf der einen Seite anwachsen, auf der anderen Seite aber ein Mismuth ja eine Erbitterung eintreten mußte, welche dem deutschen Volke in Böhmen fremd war, ehe Se. Excell. in dieses Land kam, ist wohl begreiflich. (Rufe: Sehr richtig! links. )

Und diese Stimmung wurde noch gesteigert durch die großen politischen Actionen des Herrn Statthalters. Anstatt den Kampf in diesem Lande als etwas ungemein Ernstes, Bedeutendes aufzufassen, das selbst durch solche komische Tiraden, wie sie da heute beliebt wurden, nicht ins Lächerliche gezogen werden kann, als ein Ereignis von hoher historischer Bedeutung, bei welcher die Personen sowohl auf dieser als auf jener Seite des h. Hauses, wenigstens diejenigen, die im Vordergrunde der Sache stehen, von den lautersten Absichten beseelt sind, auf grundsätzlichen Standpunkten

fußen und zu den größten persönlichen Opfern bereit sind; anstatt dieser Auffassung der Sachlage glaubte er in diesem Kampfe den kleinliehen Streit einer Anzahl von Strebern erblicken zu müssen, den man durch persönliche Einwirkung und persönliche Vermittlung zu beseitigen vermag.

Das persönliche Eingreifen der Regierung aber wird niemals den nationalen Frieden im Lande herzustellen vermögen, einen Frieden, der nur auf dem Wege angebahnt werden kann, den wir schon zum zweiten Male in diesem Hause betreten haben, nämlich auf dem Wege der Abgrenzung der Rechtssphären und der Beseitigung der einzelnen Streitpunkte. (Rufe: Bravo! links. )

Das persönliche Eingreifen wird int Gegentheile sehr leicht persönliche Gegensätze wachrufen, und damit die Verwirrung noch auf das äußerste steigern. Die Mißgunst, die nach der einen Seite zu erwiesen wird, wird uns nicht zu beugen vermögen, die Gunst, die nach der andern Seite erwiesen wird, wird dankend quittirt werden, wird vielleicht auch eine gewisse äußere Zurückhaltung bedingen, niemals aber die Preisgebung irgend eines politischen Standpunktes (Rufe: Sehr richtig! links) Uns aber wird alle Mißgunst nicht zu beugen vermögen, sie wird den Abfall Einzelner zu bedingen vermögen. Andere in ihren Interessen schwer schädigen können.

Es heißt aber vollständig den Charakter des deutschen Volkes verkennen, wenn mau sich dem Glauben hingibt, dass man dasselbe dadurch mürbe machen könne, dass man ihm den Brodkorb höher hängt. (Beifall links).

So wenig durch die persönlichen Vermittelungen, durch Appell au Einzelne in unseren Reihen eine Verständigung geschaffen werden konnte, die naturgemäß und aus einer vollständigen und gründlichen Veränderung der politischen Situation erwachsen kennen, so wenig ist es andererseits auch gelungen, uns dadurch in Schrecken zu versetzen, dass man uns die Drohung zurief, wir werden uns fügen müssen, und die Deutschen würden in Oesterreich niemals wieder an die Regierung gelangen. Die Deutschen waren in Oesterreich niemals an die Regierung. (Rufe: so ist es! Beifall links. Gelächter rechts und im Centrum). Seien Sie überzeugt, meine Herrn, wenn nur erst einmal die gegenwärtig in gewissen Kressen herrschende politische Farbenblindheit geschwunden Sein wird wird man gewiss auch wieder das tiefgesättigte Schwarzgelb der Ministerien Auersperg und

des Bürgerministeriums zu erkennen vermögen. Wie nun aber der Versuch misslungen war, durch Einwirkung auf die Führer unseres Vol= Es eine Verständigung herbeizuführen, da glaubte keine Exc. der Herr Statthalter sich an das Volk selbst wenden zu sollen.

Ob es staatsklug war, diese Probe zu wagen, bei der leicht noch etwas anderes als der Glanz der obersten Verwaltungsstellen Schwer in diesem Lande Schaden leiden konnte, das wird sich Se. Excell. der Herr Statthalter am Schluße der bekannten vorzeitig abgebrochenen Reise in das deutsche Böhmen wohl selbst gesagt haben. (Sehr gut! links). Als nun aber auch der Versuch mißlungen war, das Volk gegen seine Führer auszuspielen, da ließ man uns verkünden, dass unsere Partei einen Niedergang ohne Gleichen erleben werde.

Auch dies hat nur ein vollständiges Verkennen der Sachlage verrathen. Zwar am guten Willen, uns diesen Niedergang zu bereiten, hat es nicht gefehlt, indessen ist es ja männiglich bekannt, wie wenig der Erfolg dem Willen entsprach. Und wenn ich lediglich vom Standpunkt des Parteimannes zurückblickte auf die Episode der deutsch=österreichischen Wirthschaftspartei, dann könnte ich mich der tollsten Schadenfreude hingeben. Ich kann dies aber nicht angesichts des Umstandes, daß das Ansehen mehrerer Verwaltungsbeamten schwer darunter gelitten hat, daß man sie gezwungen hat, herunterzusteigen in das Parteitreiben in seiner niedrigsten Form (Sehr gut! links), ich kann dies nicht angesichts des Umstandes, daß die Regierung es zum Zwecke ihrer Politik für würdig gefunden hat, sich zu umgeben mit einer Cohorte von journalistischen Landsknechten der untergeordnetsten Art (Bravo! links), deren Häuptling in den Bureaus der Statthalterei residirt, den Bezirkshauptleuten Instruktionen ertheilt und es fehlte nur noch, daß über alle die Blättchen, welche diese Spießgesellen herausgeben, sie der Schild der Regierung gehalten würde, indem man sie wie es gegenüber dem Prager Abendblatte durch Richterspruch geschieht zu einem Organ der Regierung Stempelt.

Ich kann dies leider nicht angesichts des Schweren moralischen Schadens, welchen die Werbetrommel der Wirthschaftspartei in einigen deutschböhmischen Gemeinden angerichtet hat. Wenn Leute, deren herostratische Eitelkeit sie dazu verleitet, um jeden Preis eine Rolle zu spielen, oder andere, deren notorischer Man-

gel an sittlichem Ernst geeignet ifl, jede Partei zu kompromittiren, der sie sich anschließen, bei diesem Treiben ihren letzten Rest von Ansehen einbüßen, so kann uns das sehr gleichgiltig lassen. Wenn aber Zwietracht gesäet wird, in einer bis dahin friedfertigen und einträchtigen Bürgerschaft, wenn Versprechungen und Verleihungen aller Art in Anwendung gezogen werden, um durch politischen Abfall die Reihen der Wirthschaftspartei zu stärken, wenn da und dort der und jener nach seinem Anschluß an die Wirthschaftspartei plötzlich über Geldmittel verfügt, die ihm bis dahin nicht zur Disposition standen (Hört!), und wenn trotz alledem der Enderfolg ein so kläglicher ist, daß selbst der Spruch "Der Zweck heiligt die Mittel" hier nur wie eine Ironie angewendet werden kann, so sind das Vorgänge, die nicht allein vom Standpunkte des Moralisten, sondern auch vom Standpunkt des Politikers tief zu beklagen sind. Wir aber von unserem nationalen Standpunkte aus müssen uns insbesondere darüber beklagen, wenn eine Solche Politik an Punkten geübt wird, wo unser Volksthum nach hundertjähriger Sicherheit nun der Schwersten Gefährdung preisgegeben ist, wie in Budweis, wo der Führer der èechischen Partei Verkündete, er bedürfe zur Èechisirung der Stadt noch eines Vereines, der unter dem Vorwande der Gteichberechtigung einen Keil eintreibt in die deutsche Wählerschaft und eines officiösen deutschen Blattes und wo wenige Stunden später dieser Wunsch unter der Aegide der Regierung erfüllt war.

So wenig aber dies alles uns zu beugen vermochte und dem gegenwärtigen Regierungssystem dienstbar machen konnte, so wenig ist es Seiner Excellenz auch gelungen, Ausschreitungen von der rohen Art, wie sie den unmittelbaren Anlaß zu seiner Uebersiedlung in dieses Land gegeben haben, hintanzuhalten.

Zwar an Bemühungen hiezu hat es nicht gefehlt. Jede leise Regung des Unwillens auf czechischer Seite wurde mit einer Haft gestillt, als gelte es, ein verzogenes Kind am Schreien zu verhindern. (Heiterkeit links). Und so erwuchs ein Journalterrorismus auf der einen Seite, und Angst und Schreck in der Beamtenschaft auf der anderen Seite (Sehr gut! links) und die Regierung, die wahrscheinlich glaubte, stark zu sein, stand in Wahrheit doch unter dem Drucke der Demagogie. (So ist es ! links).

Wenn die Deutschen in Pilsen, die heute doch noch mehr als ein Fünftel der Bevölke-

rung ausmachen u. durch Ansehen und Steuerkraft hervorragen, Sich anschicken, ein Sängerfest zu feiern, erfolgt auf ein leifes Murren der czechischen Majorität hin ein Verbot, daß die Vereine mit entkollten Fahnen und über den Hauptplatz in die Stadt einziehen, und Seine Excellenz der Herr Statthalter findet es dann noch für angezeigt, dieser Majorität feierlich Dank dafür zu sagen, daß sie die erste und einfachste Bürgerpflicht erfüllt und Ruhe und Ordnung gehalten hat. (Hört! Hört! links. Abg. Roser ruft: Scandal!)

Wenn ein czechischer Assistent an der deutschen Universität sich über seine vorgesetzten Behörden beklagt und mit den Zeitungen und mit einem Studentenkrawall droht, wird Flugs alles aufgewendet, was im Verwaltungswege möglich ist, um ihn zu beschwichtigen.

Wenn sich die "Politik" über ungleiche Vertheilung der Konkurse beklagt, erfolgt sofort ein beschwichtigender Erlaß des Oberlandesgerichtspräsidenten. Und so wurde bei jeder Beschwerde die im Hintergrunde die drohende, gereizte Majorität des Landes erscheinen ließ, sofort der ganze Verwaltungsapparat in Thätigkeit versetzt (Sehr wahr! links), und damit jene naive Anmaßung groß gezogen, welche der Behörde zumuthet, einzuschreiten, wenn die deutsche Minorität irgendwo ein Fest begehen will, und an die oberste Landesstelle sogar die Zumuthung stellt, zu verbieten, daß die deutschen Gemeinden Sich über die Königinhofer Vorgänge äußern. (Sehr richtig! links). Wir Deutschen hier in Prag müssen es als etwas Selbstverständliches hinnehmen, daß lärmende Demonstrationen gegen uns in den Straßen stattfinden; (Sehr gut! links) bei der ersten sehr bescheidenen Logirung dieses Vorgehens in Reichenberg aber wurde sofort Alles aufgeboten, um, was ja an und für sich richtig ist, eine Wiederkehr dieser Erscheinungen zu verhüten.

Und als dann der Abg. Mattusch hier in diesem hohen Hause eine Interpellation über die Vorfälle in Reichenberg und Trautenau einbrachte, da ergieng sich bei Beantwortung dieser Interpellation Se. Excellenz der Herr Statthalter in größter Breite über alle Schutzmaßregeln, die er zu Gunsten der dortigen Minoritäten getroffen. Als wir aber von dieser Seite dann eine lange Lifte von Bedrohungen, Beschimpfungen und Thätlichkeiten entgegenhielten, welche Czechen gegen Deutsche verübt haben, da wußte Se. Excellenz über diesen Punkt Nichts anderes zu sagen, als (liest):

"Insofern im Lande vereinzelte Fälle nationaler Ausschreitungen thatsächlich vorgekommen sind, kann ich nur wiederholen, daß ich dieselben, mögen sie von Angehörigen der einen oder anderen Nation ausgehen, gleich allen aufrichtigen Patrioten tief beklage, und daß ich nicht ermangeln werde, derlei Ausschreitungen überall mit Entschiedenheit entgegenzutreten. " (Unruhe im Hause. )

Wie wenig Kraft aber solche allgemeine Beschwichtigungsformeln besitzen, das hat gerade das abgelaufene Jahr gezeigt, wo in einer ganzen Reihe von rohen Gewaltthaten, insbesondere aber in den Königinhofer Vorgängen es klar gelegt wurde, wie weit unter der Verwaltung Seiner Excellenz (Sehr richtig! links) der nationale Fanatismus selbst an Orten gediehen ist, die weit ab liegen von den Brennpunkten des politischen Lebens der Czechen.

Und das Urtheit von Königgrätz, welches die deutschen Angegriffenen ebenso schuldig erscheinen lässt, wie die èechischen Angreifer wird niemand über die wahre Bedeutung dieser Vorgänge hinwegzutäuschen vermögen. (Ruf: Politische Schmach!) Und so sind wir überzeugt, daß wie das Regierungssystem im Ganzen, so auch der Träger diedes Systems hier in Böhmen sein Ziel vollständig verfehlt, seine Aufgabe durchaus nicht erfüllt hat (Rufe links. Sehr richtig!)

Und wenn es noch Beweise für die Richtigkeit dieser Auschauuugen bedurft hätte, die heuerigen Wahlen in die politischen Vertretungskörper hätten sie gebracht. Wenn aber so fortregiert wird, meine Herren, dann werden wir alle, wie wir hier sitzen, auch die Vertreter der sogenannten schärferen Tonart, nicht scharf genug sprechen können, um der Stimmung der deutschen Wählerkreise genügenden Ausdruck zu geben. (Stürmische Rufe links: Sehr richtig! Sehr wahr!)

Und die Mitschuld an dem Radikalismus, der dann anbricht, wird Se. Exc. der Herr Baron Kraus ebensowenig von sich abzuwälzen vermögen, wie die Mitschuld an der schweren Schädigung des Verwaltungskörpers, welche ein Herbeiziehen desselben zu politischen Parteizwecken immer mit sich bringt. (Stürmisches Bravo! links. Redner wird beglückwünscht. )

Oberstlandmarschall: Es gelangt nunmehr zum Worte der Generalredner für die Kommissionsanträge Graf Franz Thun.

Abgeordneter Graf Franz Thun: Meine Herren! Es ist mit einer gewissen Befangenheit,

daß ich am Ende einer so langen, theilweise ziemlich aufgeregten Debatte das Wort ergreife, eine Befangenheit, die dadurch noch vermehrt wird, daß ich nicht als einfacher Redner, der sich zum Worte gemeldet hat, jetzt in die Lage komme, das Wort zu ergreifen, sondern daß ich durch die Wahl derjenigen Herren, die außer mir noch sich zum Worte gemeldet hatten, mit der Ehre betraut wurde, als Generalredner in dieser Debatte zu sprechen.

Die Verantwortung, welche mich trifft, ist mir in Folge dessen um so gegenwärtiger, als ich von vorne herein gar nicht die Absicht hatte, überhaupt in der heutigen Debatte das Wort zu ergreifen, und als ich nach dem Gegenstande, in dessen Verhandlung wir sind, die Vermuthung gehabt habe, daß überhaupt in der Generaldebatte keine Reden gehalten werden dürften, weil die Positionen des Budgets solche sind, daß sich in der Generaldebatte nicht wohl dagegen ankämpfen lassen dürfte.

Umsomehr war ich erstannt, als von gegnerischer Seite die Generaldebatte über das Budget als Ausgangspunkt für eine große politische, polemische Debatte erkannt wurde, und mußte mir selbstverständlich sagen, daß wo die Gegner sprechen, wir nicht schweigen dürfen. So verlockend es wäre, auf viele der Ausführungen der Herren Gegner zurückzukommen, so muß ich mir doch diesbezüglich gewisse Schranken auferlegen, weil ich mich sonst leicht der Gefahr aussetzen könnte, dem Herrn Oberstlandmarschall Gelegenheit zu bieten, mich ebenso zur Sache zu rufen. (Abg. Dr. Knotz ruft: Das kommt bloß mir Vor! Große Unruhe. Oberstlandmarschall gibt das Glockenzeichen. )

Ich kann daher leider, so verlockend es auch ist, nicht auf alle Ausführungen der verehrten Herren Gegner eingehen und dieselben widerlegen. Ganz ungestreift jedoch kann ich umsoweniger manche Bemerkungen lassen, als mir ja sogar die persönliche Ehre zu Theil geworden ist, von den Herrn Gegnern genannt zu werden.

Ich will nicht darauf zurückkommen und will es nicht weiter erörtern, ob es wahr ist, daß Zeitungen vielleicht in Fenster hineingeworfen werden, ebenso wenig wie ich erörtern will, ob vielleicht hie und da eine Rede zum Fenster hinausgesprochen wird. (Rufe rechts: Sehr gut!)

Ich will nicht darauf zurückkommen und es nicht weiter erörtern, weil ich nicht der Patron der Bodenbacher Zeitung bin, was

die Mittel betrifft. Das eine sei nur gesagt, daß wenn ich der Patron der Bodenbacher Zeitung wäre, ich unseren verehrten Herren Gegnern für die Reklame, welche für diese Zeitung gemacht wurde, meinen verbindlichsten Dank aussprechen würde. (Heiterkeit rechts und im Centrum. )

Denn die Versicherung kann ich den verehrten Herren geben, daß der gegenwärtige Zeitpunkt für diese Zeitung und ich Verfolge alle Zeitungen Nordböhmens mit großem Interesse, weil ich in dieser Gegend wohne; nicht blos die Zeitungen, die meiner Anschauung sich mehr nähern als der Anschanung der Herren, sondern auch Ihre Zeitungen - daß von dem Zeitpunkte an, von dem sich diese Zeitungen Mühe geben, der Bodenbacher Zeitung sehr scharf auf den Leib zu rücken, denn die Bodenbacher Zeitung ist verpflichtet diese Angriffe zu erwidern, nach mir zugekommenen Informationen der Abonnentenkreis sich wesentlich vermehrt hat. (Gelächter links).

Und wenn das bereits geschieht, wenn die Angriffe auf die Zeitung von einer anderen Zeitung geschehen, um wie viel mehr muß es geschehen, wenn die Patrone dieser Zeitungen, Dr. Pickert und Knotz, eine solche Reklame im offenen Hause urbi et orbi machen. Ich habe erklärt, ich bin nicht Patron der Bodenbacher Zeitung und kann daher über die Aufbringung der Mittel dieser Zeitung selbstverständlich den Herren keine Mittheilung machen. Ich bedaure, daß ich mein persönliches Privatpräliminare für 1886 bereits abgeschlossen habe (Heiterkeit rechts); hätte ich gewußt, daß sich Herr Dr. Pickert für meine Ausgaben und Einnahmen so interessiert, so hätte ich mir natürlich die Gelegenheit nicht versagen können, ihn bei dem Zusammenstellen dieses Präliminars höflichst einzuladen. (Lebhafte Heiterkeit rechts und im Centrum. )

Es ist weiter gesagt werden - und ich betone dieses Moment etwas weiter, weil es eben Momente sind, die in deutschen Gegenden zum Ausdrucke kommen - von einer Zeitung, die deutsch ist und die den Kampf mit gewissen Tendenzen und gewissen Strömungen im deutschen Böhmen aufgenommen hat. Wenn also von dieser Zeitung - und ich gebe das vollkommen zu - wahrhaft unerhörte Angriffe gegen den hauptsächlichsten Vertreter der altkatholischen Richtung int Lande Böhmen erhoben worden sind, so gestehe ich den Herren, daß ich mit großer Spannung den Moment erwarte,

wo diese Zeitung von demjenigen gerichtlich belangt wird, welcher ausdrücklich und allein in dieser Zeitung angegriffen wurde. (Bravo! Bravo! rechts. )

Diese Zeitung hat - und es hat mich Wunder genommen - solche Angriffe gegen den Pfarer Nittl und zwar mit Anführung von Dokumenten und Beweismitteln, erbracht, daß ich ganz überzeugt bin, daß es gar nicht anders möglich ist, als daß der Apostel dieser Religionsgenossenschaft (Oho ! links) gegen dasselbe auftreten muß.

Ich bin davon überzeugt, daß es noch geschehen wird, weil ich mir nicht denken kann, daß alle diese Angriffe wahr sind. Bis heute ift dies aber noch nicht geschehen. Wenn ich weiter noch auf den Fall komme, welcher im Entgegenhalt gegen die sogenannte strenge Behandlung der deutschen Zeitungen die nachsichtige Behandlung der Zeitungen, welche nicht der Ansicht der geehrten Herren entsprechen, beweisen soll, so geschieht es nur, weil ich einen Fall speciell betonen will, über den ich vielleicht in der Lage bin, eine Antwort aus die Behauptung zu geben, welche der Herr Dr. Pickert ausgesprochen hat. So viel mir bekannt ist, sind erstens einmal die Ausführungen in der Bodenbacher - Tetschner Zeitung, Herr Dr. Pickert hat sich im Namen der Bodenbacher Zeitung geirrt, sie heißt nicht "Tetschen-Bodenbacher Anzeiger"; das ist der Name, welchen früher die Tetschen-Bodenbacher Zeitung gehabt hat - richtig. Die Tetschner Zeitung, welche gegen das Bodenbacher Wochenblatt ankämpft, kämpft auch an alle Daten, welche das Bodenbacher Wochenblatt bezüglich der altkatholischen Bewegung bringt und bauscht dieselbe in sehr bedeutender Weise auf.

Am ersten oder am zweiten Weihnachsfeiertage hat in Bodenbach im Saale Hotel Grams - wie die Herren schen, kann ich mit einigen Details dienen - um 10 Uhr Vormittags der erste altkatholische Gottesdienst stattgefunden.

Es wurde nun in der Tetschner Zeitung, in der deutschen Tetschner Zeitung gesagt, "über 500 Andächtige waren versammelt, und die altkatholische Gemeinde in Bodenbach und Tetschen beziffert sich heute bereits auf 400 Personen, ein Beweis, wie die altkatholische Bewegung sympathisch von der ganzen Bevölkterung aufgenommen wird. "

Wenn man nun in dieser Weise Stimmung macht und in dieser Weise die öffentliche

Meinung verdreht, dann ist man allerdings bis au die äußerste Grenze gediehen. Denn nach den ganz offiziellen und authentischen Auskünften, die man erlangen kann, die ich im Wege der Bezirkshauptmannschaft und durch die Pfarrämter erlangt habe, sind in TetschenBodenbach heute 43 Anhänger der altfatho. lischen Glaubensgenossenschaft, aber nicht 400. (Heiterkeit rechts und im Centrum). Uber eben auf die eine Null mehr oder weniger kommt es nicht an. (Lebhafte Heiterkeit rechts und im Centrum. )

Eine zweite Confiscationsangelegenheit, und mit der werde ich dann Schließen, - ich könnte ja noch mehr erzählen, wenn ich mir auch nicht die Mühe genommen habe So fleißig wie eine Biene das Material zu sammeln, gleich dem geehrten Herrn Vorredner - ist die Angelegenheit des P. Krenn in Bodenbach (nicht in Tetschen, wie Dr. Pickert gesagt hat), P. Krenn hat, wie es scheint, - ich war in der betreffenden Predigt nicht, - in irgend einet Weise der "Tetschen-Bodenbacher Zeitung" Veranlassung gegeben, einen Artikel über seine Predigt aufzunehmen.

Eine Berichtigung, welche dann erfolgt ist, Soll Gegenstand der Confiscation gewesen sein. Die Zeitung ist nicht erschienen oder mir nicht zugekommen, in der das Confiscationserkenntnis enthalten war und ich habe vergebens in einer Späteren Nummer bisher die Stelle gesucht, welche den Grund der Confiscation angibt.

Der Grund der Confiscation der Nummer aber, das weiß ich, obwohl diese Zeitung mir nicht zur Hand gekommen ist, liegt nicht in der Berichtigung des P. Krenn, sondern in den Zusätzen, die die verehrliche Redaktion zu dieser Berichtigung gemacht hat, und auf diese Weife scheint es mir ganz richtig und natürlich, daß P. Krenn nicht zu den Rosten verurtheilt worden ist. Das find, wie gesagt, kleinliche Momente, die ich nur gestreift habe, weil sie meine Gegend speziell betreffen und weil sie gegen mich als Schloßherrn, wie Dr. Pickert gesagt hat, speziell ins Treffen geführt wurden.

Ich will von diesem abgehen und etwas weitere Gesichtskreise, wie die Beobachtung vom Gesichtskreise eines einzelnen Bezirkes ins Auge fassen.

Die Herren führen eine Reihe von Fakten, von Confiscationen und, wie Sie es nennen, Vergewaltungen und von Aufoctronierungen offizieller und offiziöser Meinungen aus. Sie thun nicht gut damit! Denn wenn davon gesprochen wird, so liegt es doch zu nahe, daß

auch Reminiscenzen aus der Vergangenheit wachgerufen werden, (Rufe: Bravo! Bravo! rechts. )

Mir steht es nicht zu, ich bin zu jung dazu, mir steht es nicht zu, weil ich in der damaligen bewegten Zeit dem politischen Leben noch fern gestanden habe, aber vom Hörnsagen glaube ich mich genau erinnern zu können, daß die Zahl der Confiscationen in früherer Zeit gewiß hinter den Confiscationen in der jetzigen Zeit nicht zurückgeblieben ist.

Ich glaube mich weiter zu erinnern, daß manche Momente erzählt und behauptet und an anderer Stelle im Parlamente behauptet worden sind, welche den Beweis erbracht haben, dass daselbst der Statthalter, welchen der geehrte Herr Vorredner genannt hat, der frühere Statthalter Freiherr von Weber manchmal auf den Ausdruck der politischen Ueberzeugung einen Einfluß hat üben wollen, der vielleicht in derselben Weise, - und ich gestehe es, es würde mich freuen, wenn es nicht geschieht, - unter der jetzigen Regierung nicht geschehen würde. (Beifall rechts und im Centrum. )

Ich erlaube mir den Herren das Faktum vorzuführen, dass der Herr Statthalter Baron Weber, ad audiendum verbum, die Professoren Tomek und Hausmann vor sich gerufen und erklärt hat, es vertrage sich ihre oppositionelle Haltung im Landtage, nachdem sie vom Staate ein Honorar beziehen, nicht mit ihrer Stellung und es wurde ihnen die Wahl des einen oder des anderen gestellt. Darauf haben sie als Männer der Wissenschaft und als solche, welchen daher die Wissenschaft zunächst am Herzen liegt ihre Mandate niedergelegt. (Lebhafte Zustimmung und Beifallsrufe rechts und im Centrum. )

Aber wie gesagt, ich habe damit gebrochen, mit diesen verschiedenen kleinlichen Gegenständen und kleinlichen Angriffen. Ich halte die Generaldebatte des Budgets nicht als den Zeitpunkt, in welchem mit einem gewissen auch nur äußeren Erfolge solche Kleinlichkeiten vorgebracht werden könnten. Ich muss gestehen, ich habe mit einer großen Spannung dem Beginne der Debatte gefolgt. Die Rede des geehrten Abg. Herrn Dr. Pickert, welche gewiß reich an einem zahlreichen Detailmaterial war, hat in mir das Interesse an der Debatte gemindert und die ziemlich bedeutende Leerung dieses Saales hat mir die Überzeugung beigebracht, dass meine Ansicht diesbezüglich von manchen anderen Herrn getheilt wird. Ich will daher nur ganz allgemein noch meinen nationalen

Standpunkt, d. h. um nicht mißverstanden zu werden - (Heiterkeit links, Rufe: Ticho! im Centrum) - ich bitte - den Standpunkt in nationalen Beziehungen bezeichnen, welcher meiner Anficht nach bei der Budgetdebatte mit vollem Rechte gestreift werden kann und gestreift werden muss.

Wir sind hier im Landtage zusammen, um für das Wohl und Wehe des Landes zu sorgen, und heute speziell find wir hier, um Beschlüsse zu fassen über die Ziffern, welche die Mittel bieten Sollen, um das geistige und materielle Wohl der Bevölkerung zu fördern und diesem Vorschub zu leisten. Daß wir dieses Ziel, welches die Landesvertretung im Allgemeinen, welches insbesondere die Landesvertretung bei der Behandlung dieses Gegenstandes vor Augen haben muß, nicht voll erreichen können, solange dieser leidige Nationalitätenstreit in unserem Lande herrscht, darüber besteht kein Zweifel.

Ich glaube, daß ein jeder, möge er deutsch, möge er böhmisch sein, die Ueberzeugung haben muß, daß ein Land, welches von der Natur so reich ausgestattet ist, eben auch durch den Frieden seines Volkes stark sein muß.

Das Land ist von 2 Volkstämmen bewohnt, und ohne den Frieden dieser Volksstämme wird es in Zukunft nicht gehen. Und der Friede dieser Volkstämme, dessen bin ich überzeugt, der wird über unsere Köpfe hinweg geschlossen werden; denn das Volk hat das Bedürfnis nach diesem Frieden. (Bravo! Bravo! rechts und im Centrum. ) Und wenn die Herren, und ich habe nicht den geringsten Grund das zu bezweifeln, ja es wäre eine Anmaßung, wenn ich in dieser Beziehung auch nur den leisesten Zweifel aussprechen wollte, wenn die Herren von der Nothmendigkeit der Herbeiführung friedlicher Zustände in unserem Lande überzeugt sind, so wie ich es bin, dann müssen Sie mir zugestehen, daß dies nur dann möglich ist, wenn jedermann, der Abgeordnete in erster Reihe, jeder gebildete Mann in zweiter Reihe besänftigend und beruhigend auf die öffentlichen Gemüther wirken wird. (Sehr gut! Beifall rechts).

Es falle in der Landtagsstube ein scharfes Wort.

Sie sind die Vertreter Ihrer Wähler, Sie sind dazu vollkommen berechtigt, aber draußen wirken Sie ebenso besänftigend, meine Herren von der linken Seite wie die Herren von der rechten Seite dieses Hauses dieses

thun mögen. (Gelächter links. Oberstlandmarschall gibt das Glockenzeichen. )

Denn daß nationale Uberschreitungen auf beiden Seiten stattfinden, das läugnet kein Mensch; meine Herren! und werden nationale Ausschreitungen von der einen oder von der anderen Seite ausgeführt: sei er Freund, sei er Feind, der ruhig urtheilende und ruhig prüfende Mann muß beide gleich verurtheilen. (Beifall rechts und im Centrum).

Als ich das Wort "meinen nationalen Standpunkt" gebraucht habe, da habe ich auf der andern Seite ein freundliches Gelächter gehört. Ich war mir dessen bewußt.

Ich bin deutsch, meine Herren, (Gelächter links) Sie sehen, ich habe es gewußt, (erneuertes Gelächter links) ich war mir dessen vollkommen bewußt, daß dies Gelächter nach Sich ziehen wird, daß es heißen wird: "höchstens auch deutsch. " (Rufe links: nicht einmahl das). Und doch, meine Herren; Sie, die durch alle Ihre Zeitungen und durch alle ihre Werke und mit vollem Rechte schreiden: "Eines der heiligste,, Güter des Menschen ist die Muttersprache, " Sie wollen mir dieses heiligste Gefühl durch ein Gelächter nehmen! (Lebhafter Beifall und Händeklatschen rechts und im Centrum. )

Ich lebe in einer deutschen Bevölkerung, bin in Deutschböhmen geboren, bin nur der deutschen Sprache mächtig, (Rufe links: und stimme mit den Èechen!) wenn es die Gerechtigkeit und Billigkeit Verlangt, allerdings, und ich glaube, Sie thäten manchmal gut daran, dasselbe zu thun! (Heiterkeit und Beifall im Centrum).

Ich kann den Herren die Versicherung geben, daß, ich will nicht sagen leider, die Majorität der Gegend mit meinen Anschauungen übereinstimmt; aber meine Herren, ich habe in meinem Wirkungskreise daheim oft und hinlänglich Gelegenheit mit Leuten zu Sprechen, die allerdings nicht zu den Faiseurs gehören; die verurtheilen heute aber die Art und Weise Ihres Vorgeheus im Geheimen unbedingt.

Daß Sie heute nicht den Muth haben, mit dieser Anficht öffentlich hervorzutreten, bedauere ich (Unruhe links).

Aber bei den Mitteln von Terrorismus welche den Herren zur Verfügung stehen (Beifall rechts und im Centrum) ist der Mann ein wahrhafter Held, der diesem Terrorismus,

zu widerstehen vermag. (Beifall und Händeklatschen im Centrum).

Und daß solche Helden, die höher stehen als die Helden die auf dem Schlachtfelde sich irgend ein Kreuz holen, weil Sie im täglichen Leben angekämpft und befeindet, in ihrer ganzen Existrnz bedroht werden, daß so ein Held größer ist, wie ein Held am Schlachtselde, beweist, daß es deren eben nur wenige gibt. (Rufe: Sehr gut! im Centrum).

Meine Herren! Wir sind bei der Behandlung des Budgets. Ich glaube, dass das Budget selbst hinlänglich Grund gibt, um, nachdem bereits die Generaldebatte über dasselbe begonnen hat, auch das Budget selbst ins Auge zu fassen.

Ich habe es vermisst, bei irgend einem der Herren auch nur irgend eine Zahl zu hören, nicht einmal den sonst doch ziemlich gewöhnlichen Schlußsatz: Ich werde "für" oder "gegen" das Budget stimmen.

Dieses "für" oder "gegen" hat sich eben blos durch die Eintragung bei Sr. Durchlaucht dem Herrn Oberstlandmarschall gezeigt und bei den Angriffen auf die Regierung, welche mit der Zusammenstellung dieses Budgets allerdings meiner Anficht nach gar nichts gemein hat. Und doch ist das Budget in seiner Totalität, und, ich möchte sagen, in deiner erschreckenden Gestalt hinlänglich Grund, dass wir als Vertreter des Landes auch über das Budget selbst sprechen.

Es ist eben dem Budget ein Verzeichnis angehängt, welches das progressive Anwachsen des Landesaufwandes in sehr drastischer Weise illustrirt.

Während im Jahre 1870 noch die Ausgaben des unbedeckten Aufwandes des Landes Die Höhe von 1, 791. 000 fl. glaube ich, hatten, zu welchen allerdings noch zuzurechnen kommt der Betrag von 363. 000 fl., welche in den Verzeichnissen erst bei dem Jahre 1873 erscheint, während also diese beiden Ziffern zusammen genommen die Höhe von ungefähr 2, 100. 000 ff. ausmachen, machen dieselben heute bereits über 8 Millionen aus. Der Percentsatz, welcher damals nothwendig war, um den unbedeckten Landesaufwand zu decken, war 10 pct., während er heute 30 1/2 prc. beträgt, es ist dieselbe Ziffer, die voriges Jahr angenommen worden ist. Aber der Ausgangspunkt, von dein diese Prozentberechnung ausgeht, ist verschieden.

Im Jahre 1870 waren es, wenn ich nicht

irre, 16, 097. 000 fl., während im Jahre 1886 die Basis für die Procentberechnung der Betrag von 26, 229. 240 fl. bildet; das ungerechnet, respective diese Ziffer 26, 229. 240 fl. angenommen als Basis für die Perzentberechnung des im Jahre 1870 bestandenen präliminarmäßig ungedeckten Landesaufwandes, bringt das Resultat hervor, dass damals eben nur sechs und ein Bruchtheil Perzent der heutigen Vorschreibungen an Staatssteuern nothwendig gewesen wären, um den Landesaufwand zu decken, während wir heute 30 1/2 proc. haben.


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