Støeda 15. øíjna 1884

Das muß das allgemeine Gefühl fein von allen denen, die eben nicht eine Solche Abgötterei mit der Nationalitätsidee treiben, daß sie meinen, diese Idee allein könne das politische Benehmen der Menschen leiten, und diese Idee allein sei nicht nur eine hochwichtige, Sondern die allein wichtige und die alle anderen überragende.

Ich sollte denken, mit diesen Geständnissen dürfte der Herr Vorredner - wenn ich sie machte - wohl zufrieden feilt. Trotzdem hat er mir persönlich einige Worte geschenkt und hat behauptet, zur Zeit, wo ich die Ehre gehabt habe, Minister zu sein, wäre ich wie hat er es doch genannt? - der entschiedenste Centralist und Germanisator gewesen.

Meine Herren, ich habe schon-ich glaube in di esem hohen Hause - bei einem anderen Anlasse einmal Ursache gehabt, die Erklärung abzugeben, daß ich über dasjenige, was in der Regierung vorgegangen ist, zur Zeit, als ich die Ehre gehabt habe, ihr anzugehören, keine Auskunft geben kann und geben werde.

Wir waren damals nicht ein konstitutionelles Ministerium, wir waren Fachminister und sind gestanden unter dem Diensteide der Verschwiegenheit.

Es sei fern von mir, über das, was da geschehen ist, Aufschluß zu geben, am allerwenigsten Aufschluß zu geben über mein Verhältniß zu den Kollegen, die ich damals gehabt habe.

Das Eine aber darf ich sagen und ich kann sagen: In meinem Amtsdepartement war ich nicht ein rücksichtsloser Germanisator. Das müssen Sie mir zugeben, daß ich derjenige war, der in Böhmen zuerst die böhmische Sprache in die Mittelschulen eingeführt hat (Rufe: Tak jest! im Centrum), und das wird man mir zugeben, daß ich in Bezug auf die nationale oder Sprachenfrage im Unterrichte nicht nur in Böhmen, sondern auch in anderen Ländern niemals ein Germanisator in dem Sinne war, daß ich dem Aufschwunge und der Entwicklung der anderen Nationalsprachen Hindernisse in den Weg gelegt oder diesen Aufschwung behindert hätte.

Im Gegentheile, ich könnte darüber Beweise anführen, die aber ja den böhmischen Landtag weiter nicht angehen, daß ich in einem anderen Sinne gehandelt habe.

Wenn man mir sagt, ich sei der größte Centralist gewesen, so kann ich darauf nur Folgendes antworten: Auf die großen Prinzipien der damaligen Regierung, namentlich was Centralisationsfragen und Verfassungsfragen anbelangt, habe ich keinen Einfluß gehabt. Allerdings war es das erste Beispiel eitler so centralisirten Administration des Unterrichtes, das erste Beispiel, das damals noch bestanden hatte.

Die Gründe, warum ich trotzdem die Ausforderung Sr. Majestät in's Ministerium einzutreten, angenommen habe, kann ich Ihnen nicht auseinandersetzen. Habe ich sie angenommen, so habe ich etwas anderes als ein centralistisches Unterrichtsministerium allerdings nicht Schaffen können.

Ob das meinen eigentlichen Überzeugungen entsprach, ob ich nicht mir eine ganz andere Regelung des Unterrichtes eigentlich als das Wünschenswerteste damals gedacht habe und vielleicht heute noch mehr denke, als ich

damals gedacht habe, ist eine ganz andere Frage, die nicht zur Sache gehört.

Überhaupt, was geht es den Landtag an, was ich als Minister in jenen Jahren gethan habe. (Rufe links: Aha!) Das ist eine Gegenstand der Geschichte (das heißt, wenn man es überhaupt der Mühe werth findet, sich darum zu bekümmern), und mag man in der Geschichte Österreich darüber forschen. Unserer Aufgabe im böhmischen Landtage ist diese Frage fremd

Ich habe nun gesagt auch ich bin der Ansscht, daß der uns vorliegende Gegenstand eine sehr weitreichende politische Bedeutung hat. Ich glaube, der Herr Antragsteller hat in seinem ersten Antrage das auch gesagt. Ich habe noch weiter in der gedruckten Rede nachgeforscht, worin er damals gefunden hat, daß diese politische Bedeutung liegt, und ich muß offen gestehen, daß mir das nicht vollkommen klar geworden ist. Er ist von da übergegangen in einen sehr heftigen Angriff auf die Regierung. Ich kann aber doch nicht glauben, baß eigentlich der Zweck des Antrages, der sein soll, nur dazu beitragen, daß die Regierung gestürzt werde, was allerdings einer der feststehenden Gedanken Seiner Partei zu sein Scheint. Auch ein Späterer Redner hat von der politischen Bedeutung gesprochen und hat sie darin zu finden geglaubt, daß in dem Antrage ein großes politisches Prinzip der Gestaltung der Bezirke und Gemeinden lediglich nach nationalem Standpunkte enthalten sei und hat uns den Vorwurf gemacht, daß wir aus dieses große Prinzip gar nicht eingegangen Seien.

Nun, meine Herren, "eingegangen!" Wir haben zunächst den Antrag an eine Kommission verwiesen, damit gründlich darauf eingegangen werde Die Kommission erstattete uns darüber wie immer Bericht, und ich glaube, jeder Von uns wird gründlich prüfen, ob er den Antrag, beziehungsweise das Prinzip, das da aufgestellt wird, für zweckmäßig erachtet oder nicht.

So steht die Sache nicht, daß wir den Antrag einfach rund abgewiesen hätten. Daß wir dem Wunsche, der darin ausgesprochen ist, daß in der Herstellung gleichsprachiger Gemeinden und Bezirke noch weiter gegangen werden möge, als jetzt gegangen ist und uns zusagen, daß aus den Gedanken auf das, was Prinzip genannt wird, gar nicht eingegangen ist, scheint mir doch vollkommen unbegründet.

Die Differenz zwifchen den beiden Anträgen ist die, ob man der Ansicht sein soll, daß bei der Durchführung dieser Maaßregel doch auch Rücksicht genommen werde auf die Wünsche und die ausgesprochenen Bedürfnisse der bezüglichen Bezirke oder ob man über diese Momente absolut hinweggehen soll und lediglich nach diesen Gedanken auch zwangsweise die Beseitigung von gemischten Bezirkeu durchgeführt Seilt soll. Nun, meine Herren, über diese Frage jeden nach Seiner Überzeugung Sprechen zu lassen, glaube ich, ist doch eine in der ganzen Verfassung des Landtages begründete Anschauung und uns zu sagen, daß wenn man zu einer andern Ansicht kommt, darin eine Verletzung des Deutschthums liege und sagen, wie es der letzte Redner gesagt hat, geben sie Acht, meine Herren, das ist ein entscheidender Tag, wenu Sie an diesem Tage nicht so stimmen, wie wir es wünschen, dann wird sich zeigen, was Stärker ist, ob der Eigensinn der Regierung und einer Partei oder die Macht des Volkes.

Meine Herrn, ich glaube denn doch mit Solchen Worten sollte man etwas vorsichtiger sein. (Bravo, bravo!)

Wenn wir heute auf den Gedanken, den uns der vorliegende Bericht oder Antrag, der in diesem Berichte besprochen worden ist, nahe legt, nicht einzugehen uns veranlaßt finden, so ist die Frage, was in Beziehung auf die Herstellung von einsprachlichen Gemeinden und Bezirken geschehen soll und mit welchem Erfolge, damit ist noch gar keine Differenz gelöst: Sie sagen, meine Herren, und es hat auch der letzte Redner gesagt, wir haben das Gesetz eingebracht, um die Sprachenverordnung unmöglich zu machen.

Ja, meine Herren, Wenn das der eigentliche Zweck ist, dann wäre es gescheidter, die Sprachenverordnung auf die Tagesordnung zu fetzen. Ich bin durchaus nicht auf dem Standpunkte zu sagen, daß an dieser Sprachenverordnung unbedingt festgehalten werden soll, die könnte man zum Gegenstand der Berathung machen und in dieser Beziehung wie der letzte Redner gesagt hat, Ordnung machen. Damit bin ich vollkommen einverstanden, wenn Friede im Lande sein soll, so muß vor Allem Ordnung geschaffen werden und auch ich bin der Meinung, die eigentliche und wesentlichste Aufgabe der Regierung ist die Gerechtigkeit, das Recht schützen und Ordnung machen. Ich muß offen gestehen, die Herren mögen vielleicht

R echt haben, daß es klüger gewesen wäre, wenn das Ministerium gerade zu lieber nur das als Sein Programm aufgestellt hätte, als das Wort der Versöhnung auszusprechen.

Aus der Durchführung der Aufgabe der Regierung, wie ich da gezeigt habe, muß die Grundlage für eine Versöhnung hervorgehen und sie zu bewirken, wird noch mehr eine. Versöhnung herbeiführen, wird noch vielmehr der Bevölkerung obliegen als der Regierung. Aber der Regierung einen Vorwurf daraus zu machen, daß sie auch dieses Wort in ihr Programm aufgenommen hat, daß sie damit ein Ziel angedeutet hat, das doch gewiß wünschenswerth ist und deswegen fortwährend die Regierung lächerlich zu machen, das, meine Herren ist ein Vorgang, der meinen Gefühlen wenigstens nicht entspricht.

Der geehrte Herr Abgeordnete Funke hat hier heute gesagt:

1.     Daß es eine Beleidigung für das deutsche Volk wäre, oder vielmehr erst einen Vorwurf gemacht, daß auf sein angebliches Princip nicht eingegangen worden ist, und

2.   hat er gesagt: "warum denn nicht?" die Sache ist ja ganz leicht und einfach, es gilt ja die allgemeine Regel, daß, wenn sich Leute streiten, so trennt man sie.

Er hat da noch weiter dazu gesagt: "das wird zur Versöhnung führen, ihr wollt aber keine Versöhnung. " Meine Herren, ich muß offen sagen, wie ich diese Worte gehört habe, so haben sie mir wirklich wehgethan. Wenn wir dahin kommen, daß wir uns im Landtage gegenseitig vorwerfen ohne weitere Begründung "Ihr wollt nicht Frieden haben, " wie soll dann Friede im Lande werden ? Mir scheint, in politischen Diskussionen soll die erste moralische Regel die Sein, daß es nicht erlaubt sei, die Gesinnnung der Gegner zu verdächtigen, (Bravo !) wenn nicht vollkommen nachgewiesene Thatsachen vorliegen, welche das beweisen. Wo das nicht ist, die Gesinnung zu verdächtigen, das nenne ich eine Agitation. Und was nun das Argument betrifft, das er gebraucht hat, die Geschichte sei so leicht nach dem bekannten Grundsatze: "Weun sich Leute Streiten, so trennt man sie", so muß ich auch sagen, ich weiß nicht recht, ob ich diese Worte als einen bloßen Scherz betrachten darf.

Das ist ja beleidigend für den Herrn Vorredner, denn in einer so ernsthaften Situation, wie es die heutige ist, wird man doch nicht einen Scherz machen in einer öffentlichen Rede, einen Scherz, der öffentlich beklatscht und bejubelt wird, und so hinausgeht, und den das Volk als ein ernstes Argument betrachten muß. Und soll ich diese Worte als einer anderen Antrag betrachten? Ich muß beinahe um Erlaubnis dazu bitten. Mir kommt es vor, einen Manu von Befähigung und von Stellung des Dr. Funke zu sagen: "jetzt will ich einmal dieses Argument ernsthaft prüfen. So wäre es eben so gut auch eine Beleidigung. Aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Wenn auch meine Worte über dieses Haus hinansreichen, was allerdings in Beziehung aus die deutschen Kreise niemals in dem Maße Sein wird als die Worte, die von Ihrer Seite gesprochen Werden, weil sie vielmehr Organe haben, welche sich bemühen, das zu verbreiten, was von ihrer Seite gesprochen wurde, als von der Gegenseite - aber ich sage doch wenigstens, um, so viel es in meiner Kraft Steht die Wirkung dieses Sonderbaren Argumentes zu beseitigen, kann ich nicht umhin denselben auszuweichen und werde also sagen: wenn Sich in einem Wirthshause zwei betrunkene Raufbolde miteinander raufen und es schon darum und daran ist, daß man Sagen muß, daß geschehen wird, was so oft geschieht, daß einer das Messer herauszieht, um es dem Anderen in den Leib zu Stoßen, dann würden alle vernünftige Leute, die daneben sind, über sie herfallen, sie trennen und wenn sie sie getrennt haben, und wenn sie sie aus der Schänke hinausgeworfen haben, so wird Friede sein. Ob die beiden Trunkbolde Frieden halten werden, ob sie hinterdrein sich nicht raufen werden, das ist eine andere Frage.

ES gibt aber verschiedene Streite. Wenn Privatleute mit einander in Streit sind über irgend ein Eigenthumsrecht oder andere Rechtsfragen, so bin ich nicht überzeugt, daß man sie trennen müßte, sondern sie führen vor Gericht den Streit miteinander aus und dann wird ein Ausgleich gewöhnlich versucht, oder es wird der Prozeß durchgeführt, und wenn sie honnette Leute sind so werden sie nach dem Prozesse zusammenkommen und sich die -Hand geben und sagen: die Geschichte ist entschieden, aber darum wollen wir gute Freunde bleiben Das ist wieder kein Grund, deßwegen weil sie in Streit waren sie zu trennen.

Wenn aber endlich ein Verhältniß vorliegt,

das Seiner Natur noch ein dauerndes sein soll, ich glaube meine Herren, daß Schon gestern auf diese Idee eine gewisse Anspielung gemacht ist, wenn ich sie gut Verstanden habe, nämlich der Fall, die Ehe ist ein Verhältniß, welches ein dauerndes sein soll und ein dauerndes soll es nicht nur wegen der Eheleute, Sondern noch vielmehr wegen der Kinder sein - wenn nun in eine Ehe die vielleicht längere Zeit gut gegangen ist und zwischen den Eheleuten Zwiste entstehen vielleicht über die Erziehung der Kinder, kann man da sagen: das rechte das einzige Mittel, um Frieden zu stiften, sie ist zu trennen? Es handelt sich um den Frieden der Ehe.

Gotteswillen! der kann doch nicht damit hergestellt werden, wenn man die Ehe trennt. Und das ist wirklich eine Analogie zu dem Verhältnisse, das uns vorliegt. Nach unserer Ansicht Soll unter der Gesammtbevölkerung des Königreiches Böhmen Eintracht und freundliches Zusammenwirken sein. Es soll nicht so Sein, daß die eine Nationalität oder die Bevölkerung eines nationalen Charakters und die andere sich jede so stellt, als ob sie die andere gar nichts anginge, und als ob es in dem Königreiche Böhmen nicht Angelegenheiten gebe, welche nothwendig das Zusammenwirken beider Theile erheischen. Ich betrachte das als eine patriotische Pflicht der ganzen Bevölkerung; und wenn man uns daher sagt Frieden kann nur dadurch werden, daß man sie trennt, so Scheint mir der Friede des Landes wird damit jedenfalls nicht hergestellt werden.

Ob nicht dann es immer noch der Gelegeheiten sehr viele geben wird, die zum Streite auch zwischen diesen beiden Theilen geben werden, und endlich Folgen haben werden, die jedenfalls für die Gesammtheit des Königreiches Böhmen sehr traurig sind, will ich weiter nicht berühren.

Wenn wir die tiefere Bedeutung dieses Antrages aber betrachten wollen, so müssen wir, wie ich Schon erwähnt habe, die ganze Situation vor Augen haben, unter der er sich allmälig entwickelt hat Meine Herren wir stehen einer Partei gegenüber, und wenn wir wissen wollen, was eigentlich Ihre Anträge bedeuten, so müssen wir uns fragen, was ist denn das ganze Programm dieser Partei? Diese Frage ist eine Schwierige, ich kann aber nicht umhin, zu versuchen, darauf mir eine Antwort zu construiren und diese Antwort wird eigentlich nichts mehr sein als daß ich darstelle, was nach unserer Auffassung das Programm der

Partei ist, und daß in Folge von dem ich dazu kommen werde dieses Programm, das was in dem Programm mir irrig Scheint und auch die Haltung der Partei in der Durchführung des Programmes zu besprechen. Das ist eine eben so Schwierige als heikle Aufgabe.

Ich kamt Sie heute mit gutem Gewissen versichern, daß ich überhaupt und an dem heutigen Tage und bei der Aufgabe die mir heute gestellt ist, nichts weniger wünsche und beabsichtige, als Oel in's Wasser zu gießen, nichts mehr wünsche, als so sprechen zu können, daß ich Niemanden in diesem hohen Hause unverdient verletze.

Das ist nun bei der Besprechung dieser Programmsfrage und namentlich des Programmes einer liberalen Partei eine ziemlich schwere Aufgabe. Im konstitutionellen Leben find Parteibildungen eine ganz unvermeidliche Sache, aber sie find unvermeidlich, weil ja der Einzelne nichts durchsetzen kann, und sich also bemüheu muß, um irgend etwas durchzusetzen, um selne Ueberzeugung zur Geltung zu bringen, Genossen zu sammeln und zwar wo möglich so viele Genossen, daß daraus eine Majorität entsteht, durch welche man zu Macht gelangt. Solche Parteien Werden aber naturgemäß doch zunächst gebildet immer nach den momentanen Aufgaben, um welche Sich die Verhandlungen in der bezüglichen Körperschaft bewegen werden.

Nur bei den extremsten Parteien vielleicht, einerseits einer Streng conservativen und andererseits einer absolut anarchistischen Partei, wird es möglich sein, daß die ganze Entwickelung des Programms aus so festen Grundsätzen hervorgehe, daß alle diejenigen, die Sich darum scharen, nach allen Beziehungen übereinstimmen.

Im allgemeinen ist das von keiner politischen Partei zu exwarten; sie wird in Beziehung auf Hauptfragen, die die Veranlassung ihrer Bildung waren, mit Allen in Sich übereinstimmen und mird in Bezug auf weitere Fragen, die im nächsten Zusammenhange damit Stehen, übereinstimmen.

Wenn man uns aber sagt: In unserer Partei sind wir über alle Fälle einverstanden, so gestehe ich ganz offen, daß ich meine, daß jeder, der einige politische Erfahrung hat, dazu die Achseln zucken muß.

In urserer Zeit der Zerrissenheit, in unserer Zeit, wo selbst sich nahe stehende Personen nicht zu finden find in größerer Zahl, die in Bezug auf Grundfätze und Wahrheiten, die mehr oder weniger auf das ganze Leben des Menschen Einfluß haben, nicht sehr verschiedener Meinung Sind, wo auch in Bezug auf beinahe alle wissenschaftlichen Fragen, wenn Sie nicht den exacten Wissenschaften Schon angehören, die verschiedensten Meinungen in der Welt nebeneinanderstehen, zu behaupten, es gebe eine politische Partei, die in allen diesen Fragen unter sich einverstanden sind: das möge man mir nicht sagen mit der Zumuthung, daß ich es glaube.

Er ist überhaupt mit der Einigkeit Von Parteien eine sehr eigenthümliche Sache: mir kommt denn doch vor, sie gehöre zu denjenigen Dingen, die immer am besten Stehen, wenn am wenigsten davon gesprochen wird.

Wenn es eine notorische Thatsache ist, daß eine Partei aus innern Grundsätzen heraus vollkommen einig ist, so fällt es Niemandem ein, das erst versichern zu sollen, das manifestirt sich durch Thatsachen, und man hat keine Ursache, davon zu Sprechen.

Wenn man gar so sehr immer betont und behauptet, daß die ganze Partei Vollkommen einig ist, so macht das auf mich den Eindruck, als ob das der Beweis wäre, daß sie vielleicht doch nicht so vollkommen einig ist, und daß das hinausgeworfen Werde, um hie und da etwas wacklige Zustände wieder zur Geltung zu bringen

Und wenn Sich gar mit einer Solchen Behauptung ein so strenger Parteiostraeismus kundgibt, daß man in öffentlichen Versammlungen gegen Personen deshalb, weil sie mit der Partei nicht in allem übereinstimmen sich berechtigt glaubt, in öffentlichen Versammlungen, wo die betreffenden Personen gar nicht gegenwärtig sind, sie und das mitunter in ehrenrühriger Weise förmlich an den Pranger zu stellen, so kommt es mir wieder Sonderbar Vor, umsomehr, als das Dinge find, die ja den Landtag gar nichts angehen. Was im Innern der deutsch-liberalen Partei in Böhmen geschieht, wird jeden, der Sich um Politik kümmert, insoferne auch interessiren, oder er wird gerne Kenntniß davon nehmen, aber den Landtag geht das nichts an.

Also ein solcher Vorgang, muß ich gestehen, kann meine Zuversicht in die Einigkeit der Partei nicht bestärken. Uebrigens aber ist das eine Sache, die Sie berührt, meine Herren auf der anderen Seite dieses Hauses, und aus dem Grunde nicht mich, mich nur insofern, daß ich Sage: Wenn man über eine Partei Spricht und über ihr Programm, über ihre Ziele und die Methode ihres Vorganges, so ist man einer Partei gegenüber in einer sehr schwierigen Lage, auch deßhalb, weil ich der Ueberzeugung bin, daß dasjenige, was man eigentlich als das Programm der Partei ansehen muß, nämlich diejenigen Dinge, von denen Vorauszusehen ist. von denen man annehmen muß, daß sie die Aktion der Partei leiten und wahrscheinlich noch weiter leiten Werden, so wird nicht wohl möglich Sein, daß man dabei, wenn nicht die

Partei selbst ein vollkommen so klares Programm aufstellt, daß man mancherlei der Partei gleichsam zum Vorwurfe macht, als einen Irrthum, als einen Fehler bezeichnet, von denen Viele Einzelne der Partei sich sagen: "Das ist nicht meine Meinung, das will ich ja nicht", und Sich daher für verletzt halten, wenn man Ihnen einen Solchen Vorwurf macht, der aussieht, als wenn er Ihnen gemacht würde. Meine Herren, ich bitte also bei dem, was ich zu Sagen habe, mir zu glauben, daß dieser Gedanke mir Vollkommen Sern liegt; ich finde mich bemüßigt, über dasjenige zu sprechen, was nach Außen hin als Programm der uns gegenüber stehenden Partei sich darstellt, und es ist nicht im mindesten meine Absicht, in die Sache irgend welche Subjektive Andeutungen unterlegen zu wollen. Wenn ich nun frage, was das Programm der deutsch-liberalen Partei in Böhmen ist, so stoße ich gleich aus einen Umstand, der es noch schwieriger macht, darüber zu sprechen. Es hat ja diese Partei immer sehr offen erklärt, daß sie nicht eine lediglich separate böhmische

politische Partei sei, sondern daß sie im innigsten Zusammenhange mit der deutsch-liberalen Partei in Gesammtösterreich stehe, daß sie ein Bestandtheil derselben sei. Wenn ich nach ihrem Programm frage, kann ich nicht anders, als nach dem Programm der gesammten deutschliberalen Partei in Oesterreich zu fragen, und natürlich wird das, was das Programm dieser Gesammtpartei ist, auch auf die Haltung und die Ziele der Partei in Böhmen wesentlich zurückwirken. Ich muß also versuchen einen weiten Umweg, um endlich auf den unmittelbaren Gegenstand der Vorlage zu gelangen. Ich glaube aufmerksam machen zu müssen, daß ich über diese Frage spreche, welche Dinge berührt, die ja eigentlich nicht der Kompetenz des Landtages

zufallen, der Zusammenhang ist nun aber einmal ein Solcher.

Als Se. Majestät der Kaiser in großmüthiger Entschließung der Diktatur, die ihm durch Revolution und Bürgerkriege aufgedrängt worden war, ein Ende machte, hat er die bekannten feierlichen Patente, Diplome und Manifeste erlassen, welche eine ganz neue Verfassung für Gesammtösterreich in Aussicht stellttn, eine Verfassung, die eine politisch freie Bewegung auf Grundlage Von repräsentativen Institutionen bieten follte, die aber nicht eine Kopie waren Von Verfassungen, die anderswo bestehen, sondern die gegründet sein sollte auf die eigenthümlichen Zustände und hergebrachten Rechte der einzelnen Bestandtheile des Kaiserthums, und die dadurch einen ganz spezisisch österreichischen Charakter erhalten sollte. Die Erlassung dieses Patentes und der Widerstand, der dagegen erhoben wurde, war eigentlich die erste politische Manifestation der deutsch-libe-

ralen Partei in Oesterreich. Sie hat gesiegt; aus welchen Gründen, darauf ist hier nicht einzugehen; sie hat gesiegt und das Ergebniß davon war, daß unter dem, ich will nicht Sagen heuchlerischen, aber wenigstens thatsächlich vollkommen unbegründetrn Vorwande, es handle Sich um Durchführung des Oktoberdiploms, das Oktoberdiplom Vernichtet wurde und an Stelle der Verfassung, die das Oktoberdiplom einführen wollte, eine ganz andere Verfassung gesetzt wurde, eine Verfassung, die gemacht war nach dem Schema der modernen konstitutionellen Verfassungen, wie Sie feit dem Jahre 1789 allmälig über den Kontinent Sich Verbreitet haben, die allerdings nicht in allen Punkten noch nach diesem Schema gebildet war, allein die den eigentlichen Keim der Ideen, die darin liegen, Schon in sich aufgefaßt hatte und allmälig den

Uebergang dazu bewirken sollte und die auch im weiteren Verlaufe durch die Veränderungen, welche die liberale Partei daran gemacht hat, immer mehr Aehnlichkeit mit diesen modernen, der französischen nachgebildeten konstitutionellen Verfassungen erlangt hat.

Die Februarverfassung hatte hauptsächlich den Charakter, einmal ein Parlament zu schaffen für das ganze Gebiet des Kaiserthums Oesterreich, und wer sie näher betrachtet hat, mußte ja damals schon erkennen, zugleich mit einer gewissen nationalen Tendenz. Es lag in ihr die Tendenz der deutsch-liberalen Partei das Uebergewicht zu verschaffen und dadurch auf parlamentarischem Wege ihr die Macht und

einen großen Einfluß auf die Regierung des ganzen Reiches in die Hand zu legen, und, meine Herren - in Klausel möchte ich das Sagen, ehe ich den Gedanken fortsetze - daß damals, namentlich in Beziehung auf Böhmen, in der Landes und Wahlordnung diese Präponderanz der deutschen Bevölkerung in Böhmen, dieser nationale Gedanke hineingelegt wurde. Das ist jedenfalls einer der Ursprünge des Kampfes, den wir bis heute kämpfen. (Bravo, Bravo, rechts und im Centrum. ) Es mögen andere Umstände auch noch dazu gewirkt haben. Eben der Herr Redner, der unmittelbar vor mir gesprochen hat, hat Dinge berührt, die erwogen zu wurden verdienen und die ich auch der Centrumgruppe zur Erwägung empfehle. Es hat gar mancherlei dazu mitgewirkt, aber einer der Gründe ist in der eigenthümlichen Tendenz gelegen, in einem Lande, in dem entschieden eine Nation der Bevölkerungszahl nach in der Majorität ist, den Theil der Zusammensetzung des Landtags, der auf allgemeinen Wahlen beruht, so einzurichten, daß diese nicht zur Geltung komme.

Nun, meine Herren, man denke sich, daß ein ähnlicher Vorgang in irgend einem anderen Lande stattgefunden hätte, wo die deutsche Bevölkerung in der Majorität ist, daß man da Mittel gefunden hatte, eine nationale Majorität im Landtage oder menigstens nur die nationale Gleichstellung, die immer ein unsicheres Verhältniß ist, im Landtage den Nichtdeutschen zu geben, die in der Bevölkerung in der Majorität sind. Daß dies in Böhmen unter der tschechischen Bevölkerung einen sehr üblen Zudruck gemacht hat, und daß es gar nicht anders sein konnte, als daß daraus ein heftiger nationaler Kampf entstehen müsse, liegt in der Natur der Dinge, und meine Herren, ich glaube, da kamt man wohl sagen, daß Sie von Ansang an die Erwägung und den Versuch der Sanierung dieses Verhältnisses rund abgewiesen haben. Das war etwas, womit Sie die Tschechen verletzt haben, (Rufe: richtig, so ist es rechts) daß Sie vielleicht die Geneigtheit dazu doch mitunter kundgegeben haben, werde ich nicht in Frage stellen. In der ganzen Welt gilt das: peccatur intra muros et extra. Aber ich bitte Vor Augen zu halten, daß das einer der wichtigsten Keime der schweren Kämpfe ist, die wir seitdem beinahe fast in jeder Session des Landtages zu führen haben, und ich bitte zu erwägen, daß auch in dieser Beziehung einmal Ordnung geschafft werden muß, und wenn

nicht die Ordnung geschaffen wird, die den thatfächlichen Verhältnissen entspricht, wir aus diesem Unfrieden nicht herauskommen können. (Rufe: so ist es rechts. ) Man sagt: wie sollen die Deutschen sich das gefallen lassen, nachdem einmal die Wahlordnung faktisch So besteht und sie sich gleichsam im BeSitze der dadurch ihnen gegebenen Rechte befinden, wie soll man ihnen zumuthen, daß sie eine Aenderung der Wahlordnung zugeben, welche diese Verhältniße nicht zu ihren Gunsten ändern kann. Ich gebe zu, meine Herren, es ist das ein Opfer, das Ihnen zugemuthet wird, ein Opfer, das sich nach meiner Ueberzeugung reichlich lohnen würde dadurch, daß es eine der wesentlichsteu Bedingungen der Herstellung des Friedens im Lande sein wird, ein Opfer, das allerdings in der Umgestaltung der Wahlordnung, resp. Zusammenstellung des Landtages, Ihnen vergolten werden müßte.

Ich bin nicht der Meinung und ich glaube, die große Mehrheit all derer, die im Centrum und aus dieser Seite des Hauses sitzen, stimmt mit mir darin überein, ich bin nicht der Meinung, daß es angehen würde, die Dinge so zu machen, daß die Deutschen in Böhmen ebenso wie auf der anderen Seite die Tschechen der Gefahr ausgesetzt werden, durch eine einfache Majorität im Landtag in ihren nationalen Rechten gekränkt zu werden. (Rufe: so ist es rechts).

Die Frage wird immer nur die Sein, ob es denn wirklich kein anderes Mittel, gibt als dasjenige, welches die jetzige Wahlordnung bietet, um Sie gegen diese Gefahr zu Schützen, und ich kann auch die Meinung nicht aufgeben daß, wenn wir von beiden Seiten mit redlichem Willen zusammenträten, das weiße Blatt, das Ihnen in dieser Beziehung gereicht wurde, in einer Weise ausgefüllt werden könnte, welche dem Zwecke entsprechen würde.

Ich kehre nun zurück zu dem Gedanken, mit dem ich begonnen habe, zur Entwicklung des Programms der deutschliberalen Partei in Oesterreich. Die Februar-Verfassung war in Wirksamkeit durch fünf Jahre, und hat während dieser fünf Jahre allerdings die Macht der deutsch-liberalen Partei im Reichsrathe begründet und zur Geltung, gebracht; nach den fünf Jahren hat es sich aber doch

gezeigt, daß ihre Macht für die Aufgaben, die die Februar-Verfassung an sie gestellt hatte, nicht ausreichte. Die Februar-Verfassung ist gescheitert an ihrer Undurchführbarkeit zunächst und an dem unüberwindlichen Widerstande des ungarischen Separatismus, welcher vielleicht gerade durch die Zumuthungen, die diese Verfassung ihm gemacht hat, nach alle dem, was vorhergegangen War, in dem Maße gesteigert worden ist, daß wir ihn heute noch zu bedauern haben. (Rufe: So ist es! und Ano! rechts und im Centrum).

Nachdem nun das geschehen war, so hat Sich die deutsch-liberale Partei mit dem ungarischen Separatismus auf guten Fuß gefetzt und hat aber das Beftreben nach der Macht und Herrschaft im Parlament, das sie früher geleitet hatte, beibehalten und nur übertragen auf den Theil der Länder Oesterreichs, welcher nicht der ungarischen Krone angehört, und Sie hat gemeint, wenigstens in diesem Theile Ihre parlamentarische Macht und Herrschaft durchführen zu können.

Allmählig hat Sich aber gezeigt, daß auch das noch nicht geht, und es ist Von jener Zeit an ab und zu immer wieder ein Programm erschienen und aufgetaucht, welches dahin gieng zu erklären.,, Hm! was haben wir denn, was hat das Deutschthum für Aufgaben und für Einfluß in Dalmatien und Galizien? Wir haben doch nicht die Macht, diese Länder auch unter unsere nationale Herrschaft zu beugen; also stoßen wir auch die ab.

Was liegt daran? Osterreich wird noch kleiner; das Gebiet, das wir fortan Österreich nennen, nämlich dasjenige, über welches wir der Meinung sind, die unbedingte Berechtigung der Herrschaft zu üben, weil wir dazu die einzig Befähigten sind, wird etwas kleiner, aber in der Wesenheit sind wir doch die Herrscher. - Und es ist also das Gebiet dieses Verkleinerten Österreichs zurückbeschränkt worden auf die ehemaligen deutschen Bundesländer Oesterreichs.

"In diesen aber wollen wir denn doch unsere Programme durchführen, unsere centralistischen, liberalen Programme, welche anerkannter Maßen auch den Satz enthalten haben, dass unter der Centralregierung andere, als bloße Departementsregierungen nicht möglich Seien, und dass folglich die politische Beden.

tung der Landtage verschwinden müsse, resp. die Königreiche und Länder als politische Individualitäten nicht mehr anerkannt werden. "

Gegen diese Ideen ist nun begreiflicher Weife zunächst in Böhmen ein Widerstand erhoben werden.

Die Partei hat Vielleicht geglaubt, dass sie nach und nach diesen Widerstand vollkommen brechen könne; sie hat gleichwohl in Böhmen selbst, im Landtage so weitgehende Projekte lange Zeit gar nicht zur Sprache gebracht. Inzwischen aber ist der nationale Streit immer heftiger entbrannt, und unter der deutschen Bevölkerung hat sich die Stimmung in wesentlichen Dingen geändert.

Wenn man zu jener Zeit mit dem Projekte ausgetreten wäre, das Königreich Böhmen nicht mehr als eine politische Individualität Zu betrachten, den Landtag Wo möglich in die Luft zu sprengen. (Oho! links. ) Ich glaube, dass man damals auch unter der deutsch-böhmischen Bevölkerung noch keinen Anklang gefunden hätte. Für einen solchen Antrag mußte erst der Boden gewonnen werden dadurch dass in der Bevölkerung sich eine Gesinnung entwickelte, welche eben die Gemeinsamkeit der Bevölkerung von ganz Böhmen mehr und mehr entfremdet und dazu führt, dass zuerst der Gedanke aufgestellt worden ist es gäbe in Böhmen keine Deutsch-Böhmen, sondern nur Deutsche in Böhmen. Es hat sich dieser Gedanke dazu gesteigert zu der Idee eines Oesterreicherthums, dass nur diejenigen gute Österreicher sein können auch in Böhmen und folglich auch in anderen Ländern, die Spezielle Anhänglichkeit, Eigenthümlichkeit und die Aufrechthaltung der historischen Rechte der Königreiche und Länder nicht in sich fühlen, dass es ein Zeichen echten Österreicherthums sei zu sagen ich kenne keinen andern Patriotismus als nur einen österreichischen Patriotismus und Wer nebst bei noch einen, speziellen LandesPatriotismus hat, ist ein Österreicher 2. Klaffe und dergleichen mehr. Ich halte diese Aufstellungen an sich nicht für heilsam und unberechtigt, heute nicht weiter darauf einzugehen und zu untersuchen, wie in Deutsch Böhmen die Bevölkerung um sich gegriffen hat. Das wird wieder eine Aufgabe der Geschichte sein. Ich weiß nicht, wie man es machen will, um herauszufinden, ob dieser Gedanke so ganz spontan aus der Volksmasse herausgewachsen ist oder in welcher Weife es geschehen ist.

Gleichviel dass dieser Gedanke Verbreitung gefunden hat, nach meiner Ueberzeugung ist es leider eine Thatsache, die ich anerkenne. Nachdem nun diese Vorbereitungen thatsächlich Sich entwickelt haben, - wie, darüber will ich keine Meinung aufstellen - ist zum ersten male im vorigen Jahre der Antrag auf Zweitheilung des Königreiches Böhmen gestellt worden. Meine Herren, es frägt sich vor allem, was soll unter dem Worte verstanden werden. Man hat Schon im vorigen Jahre der Antragstellung Seit dem heurigen Jahre die sämmtlichen Redner immer nur gesprochen von der administrativen Theilung. Wenn Sie sich erinnern, so hat aber im vorigen Jahre einer Ihrer hervorragenden Redner ganz offen erklärt, es handle sich darum, nicht nur um die Zweitheilung in niederen Admistrationszweigen Sondern er handle Sich darum um zwei Landtage und zwei Statthaltereien zu machen

Meine Herren, ob das wirklich der entschiedene Witte der Partei ist oder nicht, darüber haben sich sich die Führer derselben nicht ausgesprochen. Ich lese in dem Berichte, daß Sie solche so weit gehende Anträge ablehnend behandelt haben. Aber damit daß in einer geheimen Kommission irgend eine ausweichende Antwort aus die Frage gegeben wird, ist nichts geholfen, wir wollen wissen, um beruhigt zu Sein, müssen wir es auch wissen, was ist gemeint mit dieser so genannten administrativen Theilung und wie weit geht sie ? Wenn nichts damit gemeint ist, als das, was der letzte Redner uns vorgebracht hat, Wenn nichts damit gemeint ist als mit möglichster Sorgfalt damit zu wirken, daß wo es ausführbar ist, der Konflikt in der Administration zwischrn den 2 Nationalitäten beseitigt werde, so haben wir dagegen keine Einwendung.

Wir haben ja dazu bereits geholfen und sind bereit auch weiterhin zu helfen. Nachdem aber gleich in dem Momente, wo dieser Antrag gestellt worden ist, von Zeitungen, und was Schreiben nicht alles die Zeitungen, aber von denjenigen Zeitungen, welche eigentlich die Hauptorgane ihrer Partei sind, in aller entschiedenster Weise erklärt worden ist dieser Antrag solle sich lediglich auf die Aenderung der Gerichtsbezirke beziehen, davon soll gar leine Rede Sein. Es soll die Theilung des Landes Sein und es soll blos ein Mittel Sein, um zu dieser Theilung zu kommen.

Nachdem das vorliegt, so werden sie wohl begreifen, daß wir uns nicht einfach darauf

verlassen können, daß heute wirklich nur immer von der administrativen Theilung gesprochen worden ist. Wenn das Weiter gemeint ist, es Solle auch der Landtag und es soll auch die Statthalterei getheilt werden, dann allerdings ist ja das das rechte, dann ist es einer der anerkannten Punkte des Programmes der deutschnationalen liberalei Partei, daß eben die Königreiche und Länder allmählig verschwinden, daß unter der Zentralregierung nichts weiter als Administration von Departementen bestehen soll und namentlich daß der politische Einfluß des Landtages aufgehoben werden soll.

Dann meine Herrn wenn sie aus dem böhmischen Landtage zweie machen, dann ist eigentlich kein Landtag vorhanden (Heiterkeit), dann ist kein Organ vorhanden. Welches die gemeinsamen Interessen des gesammten Landes und das gemeinsame Recht des gesammten Landes und die gemeinsame Ehre des gesammten Landes noch zu vertreten hätte. Dann allerdings kann man Sagen, ist es eine administrative Theilung, nach dem wir ohne hin den Landtag nur ats administrative Institution betrachten, so sehen wir das als eine administrative Theilung an. Aber damit, daß das im Königreiche Böhmen geschieht, ist ja das Projekt der Partei, die ihre Wirksamkeit auf die Gesammtheit der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder ausübt, nicht abgeschlossen.

Wenn das im Königreiche Böhmen gegeschieht, so muß es natürlich in allen anderen Ländern auch geschehen, und meine Herren, dann kommen mir also zu einem Probleme, das der letzte Redner allerdings hat durchblicken lassen, das iam sehr einfach und natürlich Scheint, mir aber doch noch als ein sehr bedenkliches erscheint. Wir kommen so zu dem Resultate, daß die Konstruktion der österreichischen Monarchie nicht mehr auf ihrer bisherigen historischen Basis bestehen zu lassen und fortzubilden, Sondern daß sie nach einem ganz anderen Gesichtspunkte zu regeln sei.

Dann soll die österreichische Monarchie, respektive vorläusig die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder nicht mehr auf der Basis der bisher historisch entwickelten Königreiche und Länder bestehen, Sondern sollen von dieser - ich mochte es nennen historisch-geographische Grundlage - entfernt und auf bloße Grundlage der Nationalität gebaut Werden.

Meine Herren, in einer Zeit, wo in an-

deren Ländern die Nationalitätsidee aufgefaßt wird als die allem staatsbildende, in Oesterreich diesen Versuch zu machen, das ist doch jedenfalls eine sehr ernste Angelegenheit, und daß wir nicht Lust haben, diesem Versuche zu Liebe Sofort das Königreich Böhmen und den böhmischen Landtag preiszugeben, das wird man wohl natürlich finden In der That, dem böhmischen Landtage zuzumuten, daß er sich selbst in die Luft Sprengen würde, das geht ja doch nicht.

Wenn Sie das erreichen wollen, meine Herren, so müßen Sie ganz anders thun und ich Werde darauf zurückkommen, was Sie dann thun können.

Vorläufig schwebt mir nur Folgendes vor. ES ist eine eigentümliche Erscheinung, daß bei allen den Anträgen, die Sie uns Stellen, Sie sich immer so benehmen, als ob dasjenige, was Sie verlangen, Schon gegebenes Reicht wäre.

Meine Herren, alle die Anträge, die Sie Stellen, sind ja offenbar ausgesprochene Wünsche, es sind Reformen, die Sie wünschen, ich muß Ihnen das Recht zuerkennen, jede Reform, die nach Ihrer Ueberzeugung heilfam und notwendig ist, in Antrag zu bringen, aber das Bewußtsein müßen Sie doch dabei haben, daß es eben Reformanträge sind.

Sie treten aber immer auf, als ob das der bestehende Rechtszustand wäre, und wenn wir der Meinung Sind, daß wir die Reform, die Sie beabsichtigen, nicht für zweckmäßig halten, so machen Sie uns Vorwürfe, daß wir dadurch den Funken der Zwietracht in die Bevölkerung werfen.

Meine Herren, daß solches geschieht ierh im Landtage zum Theile, noch mehr aber außer ihm geschieht, dafür mochte ich mir um Erlaübniß bitten, einen Beleg vorzulegen, einen Beleg, den ich zum Theile auch deßwegen vorbringe, weil darin allerdings allerhand Sachen sind die, obwohl die Rede auf die ich komme, nicht im Landtage gehalten worden ist, doch unsererseits eigentlich einiger Reklamation bedürftig find. Es hat der anerkannte. Statutengemäß anerkannte Führer der deutsch-liberalen Partei in Böhmen unlängst bekanntlich in Leipa eine Rede gehalten, der ich folgende Sätze entnehme, allerdings aus einer Zeitung wieder, man kann also nicht wissen, ob das

wahr ist, was in einer Zeitung steht, aber es steht in der Bohemia und da sollte man doch denken, daß, wenn es darin steht es wahr sein wird. Er hat zunächst den Satz aufgestellt, es handelt sich der deutsch-liberalen Partei darum, daß gegenüber dem berechtigten, nicht mehr unabweisbaren Zuge des deutschen Stammes im Lande Schutz gegen die nationale Bedrängung in der nationalen Absonderung zu suchen sei Er hat dann fortgefahren uns gleichsam den Vorwurf zu machen, daß man dem Satze folgend: "Principiis obsta" und in Feschaltung an der selbst konstruirten Staatsrechtlichen Individualität des Königreiches Böhmen gleich die erste konkrete Anregung des Zweitheilungsgedankens selbst in der unverfänglichsten Form niederhalten zu wollen vermeint.


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