Nun ist auch weiter heute hingewiesen worden auf den Entwurf des Sogenannten Nationalitätengesetzes vom Jahre 1871. Nun auch in diesem Nitionalitätengesetze, das Sie sich wie eine große magna charta der nationalen Beziehungen dieses Landes vorstellen, hat der Gedanke der Theilung einen Ausdruck gefunden, der nach meiner Meinung zu den äußer-
sten staatsrechtlichen und parlamentarischen Konsequenzen hätte führen müßen, wenn die dort vorgeschlagenen nationalen Kurien je ausgeführt worden wären.
In dem Entwurfe des Nationalitätengesetzes vom Jahre 1871 ist, wie im §. 2 bestimmt: Jede Nationalkurie kann verlangen, daß der für Schulen und Unterrichtszwecke aufgestellte Aufwand nach Verhältniß des Steuerertrages aus den Bezirken der einzelnen Nationalitäten auf Bildungsanstalten ihrer Sprache verwendet wird Und weiters es bleibt den nationalen Kurien unbenommen für die Bildungs= und Schulzwecke eine besondere Umlage auf die Bezirke und Gemeinden ihrer Nationalität rechtsgiltig zu beschließen. Dies Verlangen wäre nach der Intention der Verfasser jenes Entwurfes sicher auch gestellt worden. In dem Momente aber, wo sie dieses Verlangen ausgeführt hätten, hätten sie faktisch aus den beiden nationalen Kurien einen deutschen und böhmischen Landtag gemacht (Sehr richtig). Diese nationalen Kurien, welche ein selbstständiges Besteuerungsrecht für ihre eigenen Connationalen gehabt hätten, wären ein geldbewilligender Körper geworden und da ist kein großer Schritt mehr von einem geldbewilligenden Körper zu einem gesetzgebenden Körper. Und diese czechischen und deutschen nationalen Kurien, wären ein czechischer und deutscher Landtag geworden.
Nehmen sie das heurige Budget, welches heute vertheilt worden ist, in die Hand, so werden sie sehen, daß von 8 Millionen Ausgaben 4 Millionen das heißt die Hälste auf die Schulerfordernisse entfallen. Also nach jenem Vorschlage wäre das halbe Budget bereits nach nationalen Bezirken aufgetheilt worden. Die eine Hälfte der sämmtlichen Ausgaben wäre nicht mehr gemeinsam, sondern wäre nach nationalen Bezirken aufzulegen, mit selbständigem Besteuerungsrecht nach den nationalen Eigenschaften der Bevölkerung. Um die Besteuerung ausführen zu können, wäre es aber nothwendig die einzelnen Bezirke abzugrenzen und ganz bestimmt zu configuriren, es wäre sonst diese Besteuerung unmöglich, wenn man nicht vorher deutsche und czechische Schulbezirke ganz genau bestimmt und präcifirt hätte, es wäre sonst ganz unmöglich die Schulumlage auf diese nationalen Schulgebiete aufzulegen. Sie haben demnach den Gedanken einer nicht blos administrativen Sondern parlamentarischen Theilung der Geldbewilligung des Budgetrechtes
angebahnt und wenn man einmal das Budgetrecht eines Landes zur Hälfte theilt, theilt man sehr bald die Gesetzgebung, namentlich wenn mau noch die andere Bestimmung des Gesetzentwurfes hinzuzieht, daß jede nationale Angelegenheit in den Kurien zu entscheiden ist (Bravo).
Wir wissen sehr gut, könnte man mir einwenden, daß bei einem solchen Verfahren, welches ich übrigens gar nicht damit befürworten will, daß bei einem solchen Verfahren die deutsche Bevölkerung, bleiben wir bei dem Beispiele der Schulkosten stehen, schlechter fahren würde als heute. Darüber täuschen wir uns gar nicht und geben zu, dass bei einer solchen Theilung die deutsche Bevölkerung eine höhere Belastung erfahren würde, als sie heute zu leisten hat. Allein, wenn die Dinge in Böhmen so weiter gehen wie jetzt, so wird die deutsche Bevölkerung schließlich gezwungen werden diese Mehrbelastung und die nicht unbedeutenden Opfer auf sich zu nehmen, um Ruhe und Frieden zu haben. (Sehr richtig, Bravo! links). Wenn sie aber vielleicht zu Schulzwecken eine höhere Steuer auf sich nehmen müßte, so würde ihr vielleicht auf der anderen Seite eine Finanzpolitik erspart bleiben, wodurch die größten Luxusbanten aus gemeinsame Kosten ausgeführt werden, wo durch die Bedeckung eines solchen Luxusbaues den Kassabeständen des Grundentlastungsfondes entnommen werden soll, welche absolut nothwendig sind für die nächsten Jahre zur Bedeckung und gänzlichen Abwickelung des ganzen Tilgungsplanes dieses großen Geschäftes (Bravo, Sehr richtig links).
Die andere große Einwendung, die Sie von der rechten Seite des Landtages gegen unsere Vorschläge machen, ist die angebliche Verletzung der Gleichberechtigung der beiden Sprachen. Nun wie ich schon erklärt habe, ich habe nicht die Absicht hier Jemanden zu verletzen.
Aber ich habe es schon mehreremal öffentlich ausgesprochen und darf mir demnach erlauben es hier noch einmal zu wiederholen mit der abstrakten Formel der Gleichberechtigung der Sprachen kommen Sie in Oesterreich nicht zu Ende einer erwünschten Ordnung, Solange sie diese abstrakte Formel in ihren rein logtschen Consequenzen aufstellen. Denn es ist unmöglich daß ein aus verschiedenen Nationalitäten zusammengesetztes Land namentlich ein aus einer großen Anzahl Nationalitäten zusam-
mengesetztes Reich eine rein polyglotte Verwaltung habe. Es ist eine Absurdität, daß kein ernsthafter Politiker daran denken kann.
Es muß daher immer eine Sprache eine fachliche Präponderanz vor den andern rein aus technischen Zweckmässigkeitsgründen haben.
Solange diejenigen Nationalitäten, deren Sprache nicht diese Sachliche Präponderanz genießt, darin eine Bedrückung ihrer eigenen Nationalgefühle erblicken, fortwährend dagegen revoltiren (Widerspruch rechts) und sich dagegen erheben als gegen eine unerträgliche Verletzung ihres Nationalstolzes, Solange kann feine Ruhe herrschen. (Rufe: sehr richtig! links).
Daß sämmtliche Sprachen im Reiche gleich behandelt werden, das kann ein vernünftiger Mann nicht verlangen.
Wenn Sie aber sagen, wenn und weil die deutsche Sprache durch die Natur der Dinge, durch die Geschichte, durch die Bedürfnisse des Staates, diese einheitliche Staatssprache geworden ist, wenn Sie durch diese Thatsache, daß die deutsche Sprache Staatssprache ist, Ihren czechischen, slavischen, polnischen etc. Nationalempfindungen verletzt werden, und Sie sich dagegen erheben müssen, so haben Sie eine perenirende, eine fortgesetzte Erhobung von Beschwerden gegen das einfache, klare Bedürfnis des Staates. Daher werden alle diese absoluten Forderungen nach Gleichberechtigung einmal zu Ende gebracht werden müssen, wenn wir überhaupt einmal Ordnung und Ruhe im Staate haben wollen. (Bravo! links. )
Aber, meine Herren, - ich will absichtlich Niemanden verletzten, können sie denn mit gutem Gewissen behaupten, daß die czechische und deutsche Sprache in dem Sinne Auspruch auf Gleichberechtigung hat, als sie etwa gleichwertig ist ? Es ist einmal, ich möchte sagen, eine sentimentale Neigung Von Ihnen diese Gleichberechtigung bei jeder Gelegenheit zu fordern, aber es sind doch in der Welt und im praktischen, öffentlichen Leben nur jene Dinge gleichberechtigt, die auch gleichwertig find, und die deutsche und czechische Sprache ich will Niemand darin verletzen - ist nicht gleichwertig, sie ist nicht gleichwertig in diesem Lande, sie ist nicht gleichwertig in Oesterreich,
sie ist nicht gleichwertig in der Welt! Der Deutsche in diesem Lande kamt Vollkommen vorwärts kommen in jeder Beziehung seines bürgerlichen Erwerbs, feines wirtschaftlichen Lebens, seiner Bildung, mit seiner deutschen Sprache, und der ganze große Theil dieses Landes, der von rein deutscher Bevölkerung bewohnt ist, kann ein hohes Culturleben erreichen ohne Kenntniß der czechischen Sprache. (Sehr richtig! links, Unruhe rechts. ) Auf der andern Seite können Sie selbst, wenn Sie ehrlich, ausrichtig u. gewissenhaft d. Wohl ihrer eigenen Bevölkerung im Auge haben, können sie das von der czechischen Sprache in Bezug auf den czechischen Theil dieses Landes nicht behaupten, (Bravo links) und ich möchte wirklich sagen, daß diese gereizte nationale Empfindlichkeit, die Von ihren Politikern bei jeder Gelegenheit ausgesprochen wird, über die angebliche Zurücksetzung Ihrer Sprache (Rufe links: Vašatý) beim unteren Volke, das Schließlich auch ein Nationalgefühl hat, gar nicht vorhanden ist. Der kleine Mann, der Arbeiter, der Bauer Ihres eigenen Volkes, der weiß den Wert der deutschen Sprache zu Schätzen. Wenn er ais Soldat in die Armee tritt, lernt er etwas deutsch. Er Weiß, daß das die Sprache des Commandos ist, er weiß, daß das die Sprache des Kaisers ist, daß es die Sprache des Heeres ist. (Bravo links. ) Wenn der arme Mann, als Handwerksbursche oder als Arbeiter, der auf Arbeit ausgeht, nach Deutschland oder Wien oder in einen anderen deutschen Theil des Reiches kommt, so Weiß er, welche Mühsal, welches Leid abgesehen von seiner eigenen Armut und von der sozialen Depression, (sehr wahr!) er auch noch dadurch auszustehen hat, daß er die Sprache dieses Landes, in dem er Erwerb und Verdienst sucht, nicht versteht. (Rufe: Sehr richtig links).
Der deutsche Arbeiter geht nicht in czechische Gegenden, er geht entweder nach Wien oder ins Ausland u. s. w.
Der czechische Arbeiter geht als kleiner Lehrbube nach Wien und gebt als Arbeiter durch das ganze Reich. Und glauben Sie, derjenige der eine gewisse Kenntniß des Deutschen auf die Wunderschaft mitnimmt, für den ist das oft ein besserer Sparpfennig als mehrere Gulden, die ihm seine eigene Verwandten auf die Reife mitgeben. (Sehr gut! links) Es ist leider dies Erforderniß, das nach meiner Meinung eine absolute Vorbedingung der Ordnung des Nationalitänstreites in Österreich ist,
auf Ihrer Seite heute noch nicht vorhanden, und ich darf wohl hoffen, daß es einmal im Interesse Ihres eigenen Volkes nur im Interesse der Consolidierung Österreichs eintreten wird.
Nun sagen die Herren von der Rechten ich glaube, es ist gestern gesagt worden -: ja diese ganze Unzufriedenheit, der ganze Nationalitätenstreit wird ja eigentlich nur geschürt von deutscher Seite; da, wo die beiden Nationalitäten miteinander zusammensäßen, da verträgen sie sich sehr gut und es gienge alles in der schönsten Ordnung. Das mag sein in einzelnen kleinen gemischten Bezirken; allein in allen anderen Theilen, meine Herren, sehen Sie deutlich, daß wenn die beiden Nationalitäten zusammen gesessen sind, nur der Unfriede daraus entstehen muss.
Die Sache ist hier so: erst hat man gesagt: eine Anstalt, in Institut, ein Vereine, eine Gemeinde u. s. w. soll utraquistisch sein; es soll die Gleichberechtigung der beiden Nationalitäten, der beiden Sprachen ihren platz finden. Doch aus diesen utraquistischen Anstalten ist gewöhnlich im Laufe der nächsten Jahre eine tschechische Anstalt geworden. (Rufe: So ist es! links. )
So sehen Sie es bei den Gemeinden, bei dem Museum und bei einer Neihe von Anstalten. (Ruf im liniert Centrum böhmische Sparcasse; Heiterkeit und Ruf: wird auch noch werden! links. ) Dadurch entsteht bei den Deutschen, die das Tschechische nicht verstehen das natürliche Gefühl, daß damit nicht weiter fortzuarbeiten ist und daß die Trennung die einzig Form der Coexistenz ist. (Stürmische Rufe: So ist es! links. )
Und so geschieht die Trennung der Technik, die Trennung der Universität, so entsteht die Trennung des Schulwesens, so ensteht die des Landeskulturrathes und noch vieles Anderen (Ruf: Findelanstalt, links). Wenn der geehrte Herr Berichterstatter sagt, und ich glaube, es ist auch von einem der beiden gestrigen Redner gesagt worden, - daß in Gemeinden mit gemischten Bezirken eigentlich Zufriedenheit herrsche, so ist auch das eine Behauptung, die nur mit einer sehr großen Einschränkung zu gelten hat.
Nicht bloß in Solchen Bezirken, welche ursprünglich dentsch waren und Später durch den Einfluß tschechischer Einwohner bedroht
sind, sondern auch in gemischten Bezirken sind große Uibelstände, Thatsachen von Unzufriedenheit zu konstatiren und gerade in den gemischten Bezirken, in denen das tschechische Element präponderirt, sind in der letzten Zeit die allergröbsten Verletzungen des deutschen Nationalgefühls und der deutschen Nationalehre vorgekommen (Stürmischer Beifall links). Ein solcher gemischter Bezirk ist Königinhof: dort leben 909 Deutsche und 5870 Tschechen Rufe: "Hunde") und hat es irgendwo eine ärgere Verletzung des deutschen Nationalgefühls gegeben als diese Reche von - Handlungen (ich will kein anderes Wort gebrauchen) von Seiten der dortigen tschechischen Bevölkerung aus Anlaß der Errichtung der deutschen SchulvereinsSchule? (Abg. Dr. Vašatý ruft: Ja! Reichenberg und Trautenau! daraus lebhafte Heiterkeit und Oho-Rufe links). Diese gemischten Bezirke sind ebenso der Herd der Unzufriedenheit, der Herd dieses erbitterten Nationalitätenkampfes, als jene deutschen Bezirke, in welche eine tschechische Einwanderung stattfindet.
Aber, meine Herren, menn sie nun sagen, dieses Bestreben der Absonderung, dieses Bestreben der nationalen Exklusivität Sei nur eine Eigenschaft der Deutschen, sie aber hätten das nie gewollt und Wollten das auch heute nicht; nun, dann muß ich sie wirklich bewundern, mit welcher Sicherheit sie eine solche Behauptung aussprechen, in dem Momente, in welchem Ihre Partei den Antrag Kvíèala einbringt (Anhaltende, stürmische Bravo-Rufe und Händeklatschen links). Gibt es einen Antrag, der mehr durchtränkt ist von der nationalen Gehässigkeit, von nationaler Unduldsamkeit, von nationalem Chauvinismus und nationaler Exklusivität, als der Antrag Kvíèala? (Stürmische Bravo-Rufe links. )
Sie wollen das natürliche Bedürfniß des Volles, wenn ein armer Mann sein Kind in die deutsche Schule mit dem ausgesprochenen Zwecke schickt, damit es durch die Kenntniß des Deutschen sein weiteres Besserherkommen finde, Sie wollen dieses natürliche Recht der Eltern einfach cassieren und verbieten und den Mann gegen sein Interresse, gegen seines Kindes Interesse zwingen, sein Kind in eine Schule zu schicken, wo er diesen Zweck, den er für das ganze Wohlergehen des Lebens feines Kindes für wichtig erachtet, absolut nicht erreichen kann (Bravorufe links). Und wenn ich auch zugeben will, daß der Antrag eigentlich noch einen zweiten Zweck erfüllt, nämlich den, durch die Ausstellung des
Zwanges, die Kinder nur in jene Schule zu schicken, deren Nationalität sie angehören (Abg Rieger ruft: deren Sprache sie verstehen!) das ist dasselbe - dadurch vorzubereiten, daß in Böhmen die gegenwärtig noch widerstrebend en deutschen Gemeinden gezwungen werden, (Rufe: sehr gut - links) èechische Schulen zu errichten (Stürmische Braworufe - links.
Wenn nun die tschechischen Eltern ihr Kind nicht mehr in deutsche Schulen schicken dürfen, so ist dieser Antrag ganz abgesehen von den praktischen Zwecken, die Sie für die deutschen Bezirke verfolgen, einender beklagenswertesten Symptome des gegenwärtigen Nationalitätenstreites, und zugleich ist es ein Symptom für die Stellung des Großgrundbesitzes. Erinnern Sie sich, meine Herren, nur an die vorjährige Session. Da war ein Antrag von Seite des Grafen Clam in Vorbereitung, dessen Wortlaut allerdings nicht bekannt wurde, allein von dem man wußte, daß er die Erlernung des Deutschen an den tschechischen Mittelschulen befürwortete und erleichterte, und als ein Gegenzug wurde damals der Antrag Kwièala von der tschechisch-nationalen Seite vorgebracht Damals gelang es durch Verhandlungen, deren nähere Details uns natürlich unbekannt find, die Einbringung beider Anträge zu verhindern.
Heuer aber erscheint nur der Antrag Kwièala, (Heiterkeit links) und mit der Zustimmung des Großgrundbesitzes. Das zeigt eben, aus Welche abschüssige Bahn diese sogenannten konservativen Staatsmänner in Folge ihrer slavischen Allianz gerathen sind. (So ist es links). Die böhmischen Großgrundbesitzer, so wie sie jetzt hier vertreten sind, haben sich im Anfange vielleicht mit der Idee geschmeichelt, daß sie als konservative Politiker die extrem tschechisch-nationale Bewegung zurückhalten werden.
Sie sind nicht eingetreten, wenigstens ein großer Theil von ihnen ist nicht im Jahre 1879 wieder eingetreten in das öffentliche Leben mit der Absicht einer rein nationalen Politik. Sie haben gehofft durch ihre aktive Wiedertheilnahme im öffentlichen Leben ihren alten Grunbsatz der Opposition gegen den Liberalismus, gegen die einheitliche Staatsverwaltung zum Ausdruck zu bringen. Da sie aber ohnmächtig waren, das allein zu thun, so mußten sie für ihre reaktionären Zwecke (Oho! im Centrum, Jawohl! links) sich der
slavischen Allianz bedienen, und es ist leider wahr, daß sie gerade auf slavischer Seite für diesen Zweck die allerbereitwilligsten Bundesgenossen fanden. (So ist es ! links).
Allein die slavischen Bundesgenossen haben den Handel auch zu ihren eigenen Gunsten geschlossen, (So ist es! links), und haben gesagt: "Wenn wir Euch Gefolgschaft leisten für Euere konservative Politik, dann müßt Ihr uns zu Willen Sein für unsre nationale Politik", und so sind die Herren Großgrundbesitzer von Schritt zu Schritt immer näher auf die nationale Seite gedrängt worden und werden es noch mehr werden. (Jawohl! Sehr richtig! links).
Freilich haben wir gestern gehört von zwei Rednern, aber namentlich von einem Redner des Großgrundbesitzes, daß ein großer Theil der Herren auf den Bänken des Großgrundbesitzes ganz gute Deutsche sind, (Heiterkeit links), und ich glaube Sogar im Namen einer größeren Anzahl Von Gesinnungsgenossen Wurde das gesagt. Nun, ich gebe zu, daß in der Gruppe des Großgrundbesitzes eine reiu tschechische Fraktion besteht, Welche tschechischer Abstammung ist, tschechisch fühlt, tschechisch empfindet und auch tschechisch spricht; daß es auf der anderen Seite eine Gruppe gibt, welche nicht tschechisch spricht. Aber diese Gruppe, welche gestern ihr Deutschtum in sehr emphatischer Weise proklamirt hat: wie betätigt denn diese deutsche Gruppe des Großgrundbesitzes ihr Deutschthum? (Heiterkeit links. )
Diese deutsche Gruppe bechätigt ihr Deutsch thum im politischen Leben dadurch, daß ihre Führer im Wiener Abgeordnetenhause dem "Èeský klub" angehören, (Bravo links daß ihre Wortführer gegen die deutsche Staatssprache und gegen jeden nationalen Wunsch der Deutschenim Abgeordnetenhause Stimmen, (Bravo Bravo, links) und diese Herren wissen recht gut, um was es sich heute in Oesterreich bandelt. Diese Herren wissen es recht gut, daß es sich heute in Oesterreich faktisch handelt um den Kampf zwischen Slaventhum und Deutschtum, (So ist es, links) sie wissen heute, daß der Vorstoß des Slavischen Elementes in fämmttichen gemischtsprachigen Ländern konzentrisch gegen das Deutschthum heute erfolgt, und wissen recht gut, daß das gegenwärtige Regierungssystem diesen Bestrebungen günstig gedinnt ist. (Bravo! So ist es! links. )
Und diesen großen politischen Charakter
des heutigen Konfliktes in Oesterreich kennen diese Herren genau so gut wie wir, und in diesem großen politischen Konflikte stehen sie auf der Seite derjenigen, die das Slaventhum unterstützen. (So ist es, links. ) Freilich sagen Sie, meine Herren, Sie Sprechen ja deutsch und damit würden Sie Ihr Deutschthum be thätigen. Jawohl, das ist, möchte ich fast sagen, wie der Apostel sagt: das klingende Erz und die tönende Schelle, der Laut der Sprache, aber die Liebe zu Ihrem Volke haben sie nicht; (Bravo! Bravo! Anhaltendes Händeklatschen links) aber in einer Beziehung sind sie Deutsche.
Es ist leider ein Zug in der Geschichte aller deutschen Stämme und des dentschen Volkes überhaupt, daß wenn das Volk in Noch war, Sich immer einzelne Deutsche gefunden haben, die mit dem Gegner ihres Volkes gemeinsame Sache machten, und von dieser traurigen Eigenschaft der Deutschen machen sie einen reichlichen Gebrauch (Bravo !) und in diesem Sinne mögen Sie sich auch Deutsche nennen. Aber die Bevölkerung, die hinter uns steht, die hat die Taktik in der gestrigen Debatte vollkommen begriffen.
Sie haben eine ganze Reihe von Rednern aufgestellt, die alle nur deutsch gesprochen haben, sich als Deutsche proklamirt haben, um gegen diese deutsche Seite auszutreten und zu behaupten, alles, was in dem deutschen Volke Vorgienge, geschehe aus Anregung der fakciösen Opposition, daß Sie Sagten, wir sind auch Deutsche und alle die Worte Von hier werden die Empfindung des deutschen Volkes gar nicht berühren. Dieses Manöver wird die deutsche Bevölkerung durchschaut haben.
Es haben mehrere Herrn in deutscher Sprache gegen das deutsche Volk in diesem Lande gesprochen Aber die deutsche Bevölke rung weiß ganz gut, daß es ganz gleichgültig ist, ob diese gestrigen Reden von den Bänken des Großgrundbesitzes oder von den Bänken des Centrums gehalten worden Sind.
Unsere Wähler werden sagen, es ist ganz gleichgültig, ob diese Reden von nationalen Èechen oder von politischen Èechen gehalten werden, sie sind immer nur gegen uns gerichtet, sie sind immer gegen das deutsche Interesse des deutschen Volkes gerichtet.
Ich sollte noch eigentlich ein Wort über die Haltung der Regierung zu dieser Frage sagen, nachdem eine förmliche und offenbare
Erklärung der Regierung zu dem Herbst'schen Antrage vorliegt, welche auch dem Berichte beigeschloßen ist.
Wenn sie diese Regierungserklärung lesen, so zeigt sich wieder eines jener in der letzten Zeit so außerordentlich häufig auftretenden Symptome, in welcher Weise die gegenwärtige Regierung absichtlich die große politische Krisis, welche sie über dieses Reich heraufbeschworen hat ganz oder wenigstens nach Außen zu ignoriren scheint.
Diese ganze Erklärung ignorirt gänzlich die Existenz der großen deutschen nationalen Bewegung in Böhmen. Diese ganze Erklärung hat die Absicht die große Frage aus kleine untergeordnete Verwaltungsfragen zurückzuführen.
Daß aber gerade in diesem Lande feit dieser gegenwärtigen Regierung die unerträglichsten Zustände geschaffen, daß das nationale Gefühl der Deutschen gerade feit der Existenz der gegenwärtigen Regierung fortwährend in der empfindlichen Weise verletzt wurde, daß die deutsche nationale Bewegung in diesem Lande sich mit Kraft erhoben hat nur seit dem Bestande der gegenwärtigen Regierung aus der Bevölkerung selbst und nicht durch Reden einzelner Abgeordneten, das wird einfach ignorirt. ES wurde diese ganze Bewegung durch die gegenwärtige Regierung hervorgerufen von ihrem Eintritte in das Amt, von dem Momente der verhüllten Anerkennung des czechischen Staatsrechtes in der Thronrede, von der Begünstigung der slavischen Aspirationen von dem Momente der Erlassung der Sprachenverordnung ist eine Kette von Provokationen gegen das deutsche nationale Gefühl und es ist daher einfach ich möchte fast sagen nicht am Platze, wenn man angesichts eines solchen Zustandes, wie Sie ihn eben herbeigeführt haben, noch von Verständigung und Versöhnung spricht.
Was würde man im gewöhnlichen Leben sagen, wenn Jemand in unverantwortlicher Weife einen Waldbrand angestiftet hat, und hinterher den Beschädigten eine schöne Vorlesung über den Nutzen und den Wert der Wälder halten würde.
Der Mann würde würde eine solche Antwort erhalten die ihn bald zum Schweigen verdammen würde. Und eben so ist es mit der
Regierung, sie will das Unheil, welches sie angestiftet, mit Worten der Versöhnung beseitigen. Ich will zugeben, dass die Regierung vielmehr hier in diesem Falle die Minister im Laufe der letzten Session mit dem Gebrauche dieses Wortes etwas weniger verschwenderisch vorgehen.
Sie sieht ihren Mißerfolg ein, und daß sie einfach ausgelacht werden, wenn sie im Reichsrathe on Verständigung und Versöhnung Sprechen.
Der hiesige Herr Statthalter Scheint aber in der Mode der parlamentarischen Terminologie noch um eine Saison zurück zu sein (Heiterkeit links) und er gebraucht daher diese Worte noch mit viel mehr Nachdruck als die Minister die Bevölkerung dieses Landes aber Weiß, was sie von diesen Worten zu halten hat, sie kennt das Schwere Sündenregister dieser Regierung und weiß was Sie von der unparteiischen Verwaltung zu halten hat, sie weiß mit welchem Gewaltakt die. neue Wahlordnung der prager Handelskammer oktrojirt worden ist und weiß, zu welchen politischen Tendenzen diese Maßregel ergangen ist. (Sehr richtig links).
Nun wir gehen jetzt bald zur Abstimmung und es wird der Rechten wie gewöhnlich frei sein, ihre Macht zu entfalten und diesen Antrag niederzustimmen. Es steht mir natürlich nicht zu, der Rechten dieses Hauses eine Belehrung über ihr politisches Verhalten zu geben, allein ich möchte doch glauben, meine Herren dass sie nur etwas ungeschickte Politiker Sind.
Sie, die heute vor den maßgebenden Faktoren in Oesterreich sich als Jene geriren, die die Versöhnung und Berständigung wollen, welche keinen Schritt unterlassen die Hand zu ergreifen, wenn Sie Ihnen von den Deutschen nur angeboten wäre. Sie verletzen meine Herren diese Worte, die sie so gerne gebrauchen, aus das allerheftigste durch Ihre heutige Haltung.
Sie hätten wenigstens wenn Sie geschickt gewesen wären, den Schein wahren können, hätten in eine Verhandlung über den Antrag eintreten können, hätten den Antrag als Theil eines Nationalitätsgesetzes ansehen und darüber berathen können. Mit derselben - ich bitte um Entschuldigung - ungeschickten Vehemenz Ihres Kraftgefühles haben Sie gehandelt bei der Berathung des Wurmbrand'schen Antrages in
Wien. Eine geschicktere Mehrheit wäre auf das Nationalitätengesetz eingegangen, Sie aber in Ihrem blinden Hasse gegen die deutsche Staatssprache, in Ihrer Furcht vor der Zertheilung des Königreiches Böhmen haben sich auf das Allerschärfste gegen jeden gescheidten, mäßigen und Vernünftigen Vorschlag ausgesprochen, wodurch die Ordnung in den nationalen Kämpfen in Oesterreich herbeigeführt werden könnte
Und warum thun Sie das meine Herren, nicht blos aus Ungeschicklichkeit sondern weil Sie die Gewalt, die Sie haben, besitzen, erhalten und kräftigen wollen, und was an diesen Porten Versöhnung und Verständigung ist, in das wird in diesem Jahre das Resultat dieser Session zeigen. Nicht blos die heutige Abstimmung sondern wir haben zwei Dinge, die die versöhnliche Handlung jener Seite des Hauses bezeichnen, nämlich der Entwurf der Wahlreform, dieser Wahlreform, welche zu keinem anderen Zwecke bestimmt ist, als die Deutschen für immer in Minderheit zu bringen, und noch mehr, sie für immer in die Minderheit in der Städtekurie zu bringen. Durch diesen neuen Wahlreformentwurf sollen die Deutschen ausgeschlossen sein vor der Majorität in der Städtekurie, ausgeschlossen von dem Reichte in den Landesausschuß ihre Vertreter zu wählen und die Vertretung der Deutschen im Landesausschuße soll künftig hin ausschließlich allein dem Belieben der Czechen und der Großgrundbesitzer überlassen werden. Sie sollen ausgeschlossen sein aus eigenem Rechte ihre, Vertreter in dem Landesausschuße zu haben.
Glauben Sie, daß das die Bevölkerung nicht versteht, daß die Bevölkerung nicht weiß, welche Bedeutung und Tendenz diese Wahlreform hat? Und das zweite Faktum Ihrer Versöhnlichkeit ist der Antrag "Kvíèala", von dem ich früher nicht mit Unrecht gesagt habe, daß er getränkt ist von dem Gifte (Bravo! Bravo! Beifall links) nationalen Haffes.
Und wenn gestern hier gesagt worden ist von einem Redner auf der anderen Seite des Hauses, wir seien manchmal besorgt um die Einheit in unserer Partei. Meine Herren für die Einheit unserer Partei sorgen Sie! (Bravo! Beifall links) durch solche Beschlüße, durch solche Anträge, wie Sie in dieser Session eineingebracht worden sind, besorgen sie das Geschäft unserer Einheit am allerbesten. Die deutsche Bevölkerung weiß, was sie von Ihrer
Herrschaft halten soll, sie weiß, daß Sie jetzt in dem Besitze der Macht, diese Macht rücksichtslos ausbeuten wollen, und in einem solchen Gefühle, wenn man sich solchen Gegnern gegenüberfühlt, tritt das Bedürfnis der Einigkeit von selbst und rasch ein Diese Einigkeit herbeigeführt zu haben ist Ihr Werk und wenn wirklich das deutsche Kasino, wie einer der gestrigen Redner gesagt hat manchmal in Verlegenheit Sein Sollte um Agenten zu Gunsten der Einigkeit der Deutschen in Böhmen - dieser Redner von gestern meine Herren, sind die allerbesten Agenten (Bravo! Bravo ! Aplaus links) zu Gunsten der Einigkeit unserer eigenen Partei. Und wenn dieses viel gefürch tete Kasino Seiner Gesinnung irgend einen politischen Ausdruck geben könnte, so würde es den Herren Rednern von gestern nur dankbar sein für diese wirksame Agentur zu Gunsten unserer Partei.
Nun Sagte einer der gestrigen Redner "Wir werden Ihnen in diesem Bestreben dessen erster Schritt dieser Antrag ist bei jeder Gelegenheit entgegengetreten und wir werden niemals zugeben, daß die Trennug administrativer Bezirke nach nationalen Grenzen durchgeführt werde, niemals zugeben, die nationale Abgrenzung der Verwaltung niemals zugeben die Einführung besonderer Senate beim Obergerichte. Das wurde mit großem Nachdruck unter Beifall des ganzen Hauses von Ihrer Seite gesagt. Nun möchte ich Sie bitten im politischen Leben mit dem Worte "niemals" etwas vorsichtiger zu sein. (Heiterkeit links. ) Dieses Wort hat einen ominösen Klang viele Parteien, viele Staatsmänner in vielen Ländern haben dieses Wort gebraucht und Sind damit zu Falle gekommen, aber am allerwenigsten Sollte dieses Wort mit Solchem Nachdrucke Von Ihnen in den Mund genommen werden, deren Erklärungen hinterher im Laufe der Zeit so wunderlich in das Gegentheilt versichert worden Sind. Was haben Sie nicht Alles Schon erklärt, meine Herren ? (Heiterkeit. Links. Wie oft haben Sie nicht das Wort niemals gebracht?
Sie haben erklärt: niemals werden wir die Dezemberverfassung anerkennen, niemals werben wir den Dualismus anerkennen, wenn er nicht in den Landtag Von Böhmen inartikulirt wurde, Sie haben erklärt: "Niemals darf das Böhmische Staatsrecht anders abgeändert werden, als durch freien bilateralen Vertrag zwischen dem Lande und dem gekrönten Könige von Böhmen. Niemals werden wir die
direkten Reichsratswahlen anerkennen. Niemals aus Grund derselben in den Reichsrath eintreten. (Hört links). Und meine Herren was ist aus alten diesen großen Worten und kühnen Behauptungen giworden, Sie find geplatzt wie eine Seifenblase, (Beifall links) und Sie haben gerade das Gegentheil von dem gethan was Sie mit so großem Nachdruck gesagt haben. Und warum haben Sie das gethan? Weil Sie gezwungen worden sind und weil das Ihr eigener politischer Vortheil war.
Also seien Sie künftighin mit diesem Worte "niemals" etwas vorsichtiger. Ich will keine Erwartungen für die Zukunft heute aussprechen aber, das eine möchte ich ihnen sagen, dass der heutige Tag ein wichtiger ist und dass ihre Abstimmung vom heutigen Tag ein politisches Ereigniss für die Geschichte dieses Landes und auch Oesterreichs sein wird. (Sehr richtig links). Und sie werden eines Tages empsinden die Bedeutung des Schrittes, den Sic heute gethan haben, das deutsche Volk ist heute in Oesterreich in einer etwas gereizten Stimmung und es hat Grund zu emer solchen Gereiztheit und es ist nicht klug diese Gereiztheit zu Vermehren. Denn wenn dieses Volk auch langmüthig, wenn dieses Volk auch geduldig ist, gibt es gewisse Punkte feines nationalen Gefühls, eine gewisse berechtigte Empfindlichkeit die auf die Dauer weder von der Regierung noch von den nationalen Gegnern Verletzt Werden dürfen und eine neue Verletzung des deutschen nationalen Gefühles, eine neue schroffe rücksichtslose Ablehnung unserer Wünsche, wird heute durch Sie vollzogen. (So ist es! links).
Aber Sie werden sich heute durch dieses Wort nicht mehr in Ihren Beschlüssen und Handlungen bestimmen lassen. Sie Werden mit erdrückender Mehrheit unsere Anträge ablehnen, ich weiß nicht, ob Sie sich der Folgen dieses Schrittes vollkommen bewußt find.
Also begraben Sie diesen Antrag und pflanzen Sie meinetwegen siegreich darauf das Banner der Sprachenverordnung auf, es wird sich zeigen, ob nicht der deutsche Geist, der in diesem Antrage lebt, eines Tages den Sarg sprengen und als dann die Sprachenverordnung und vielleicht noch mehr zu Nichte machen wird. Ich will heute keire Hoffnungen in unseren Namen aussprechen, allein bange ist mir für die Zukunft auch nicht, sie wird lehren, wer stärker ist, der Eigensinn einer Regierung und
ihrer Partei oder der feste Wille des deutschen Volkes in Böhmen. (Lang andauernder Beifall links; Zischen im Zentrum und auf den Gallerien).
Oberstlandmarschall: Ich ersuche um Ruhe.
Ich habe bemerkt, daß auf der Gallerie Zeichen des Beifalles oder Misfallens erklungen sind: beide Sind vollkommen unberechtigt.
Upozoròuji galerie, že nižádným spùsobem nesmí míchati se do rokování a prohlašuji napred. že pøi prvním znamení buï souhlasu neb nesouhlasu dám galerie vykliditi.
(Bravo ! links. )
Es gelangt nunmehr zum Worte der Generalredner für den Antrag der Commission Seine Excellenz Graf Leo Thun.
Abg. Graf Leo Thun: Wenn Jemand, der nicht Oesterreicher ist, den Bericht, der Gegenstand unserer heutigen Verhandlung ist, und die beiden Anträge, die darin enthalten sind, Vor Augen hätte, ich glaube, er würde nicht begreifen, daß die Differenz zwischen diesen beiden Anträgen der Gegenstand einer so ausgedehnten und so erregten Verhandlung sein könnte, wie wir sie diese Tage erlebt haben. Wir, die die Verhältnisse kennen, finden das sehr natürlich und auch ich finde das sehr natürlich.
Um die Bedeutung der Differenz dieser beiden Anträge zu kennen, muß man allerdings nicht blos die gedruckten Aktenstücke und die laufenden Verhandlungen des Landtages Vor Augen haben, Sondern die ganze Situation, in der wir uns heute befinden und welche zur Einbringung dieses Antrages geführt hat. Aus dem ergibt sich die politische Bedeutung und wirklich hat ja eben der sehr geehrte Vorredner, der unmittelbar vor mir gesprochen hat, auch diesen Standpunkt angenommen. Weitab von dem unmittelbaren Zweck der Abstimmung ist er in sehr große und ernste Betrachtungen übergegangen.
Meine Herren! Ich werde das nämliche zu thun genöchigt sein, und nicht nur durch die Rede, die ich soeben gehört habe, die wörtlich eine sehr bedeutende staatsmännische Rede ist, die eine Fülle sehr ernster Gedanken und sehr beachtungswerther Momente enthielt, nicht blos durch diese Rede bin ich dazu gebracht
worden, einen weiteren Blick auf die Bedeutung des heute vorliegenden Antrags zu werfen, war schon vorher meine Absicht. Wenn man von mir erwartet, daß ich sofort auf alles das, was der Herr Vorredner gesprochen hat, eingehen und darauf antworten werde, so muß ich eine solche Zumuthung von mir ablehnen. Es ist ein ungemeines Erschwerniß der Verhandlungen in diesem hohen Hause, daß fortwährend bei Gegenständen, die auf der Tagesordnung sind, eine ganze Reihe anderer Gegenstände besprochen wird, die nicht auf der Tagesordnung sind, die aber allerdings mit dem Gegenstande in einer gewissen Beziehung stehen, so daß ich sehr wohl begreife, daß den Rednern das Wort nicht genommen wird, wenn sie darauf kommen, die aber doch solcher Natur sind, daß es ganz unmöglich ist, sie alle auf einmal zu behandeln und zu berathen.
Meine Herren! Unsere Geschäftsordnung Schreibt vor, daß, wenn ein Gegenstand in erster Lesung ist, über denselben nach der Begründung des Antragstellers nicht eingegangen Werden kann auf den Inhalt, sondern nur über die formelle Behandlung gesprochen wird. Wir haben eine ganze Reihe von Anträgen in erster Lesung gehabt, wo schon in der Begründung Gott weiß was vorgekommen ist, und wir waren genöthigt, das stillschweigend hinzunehmen. Jetzt kommt uns dieselbe Schwierigkeit in anderer Form. In der Debatte über das, was eigentlich vorliegt, wird nicht nur gesprochen über die politische Bedeutung der Sache, was ja nothwendig ist, darüber zu sprechen und an sich Schon ziemlich weit ausgeführt werden muß, Sondern es wird zugleich dabei eine ganze Reihe von Discursionen anderer Gegenstände geführt - weninigstens ist es jetzt so - welche einen abgesonderten Gegenstand der Behandlung im Landtage bilden Sollten.
Meine Herren, ich befinde mich da in einer ähnlichen Situation, wie man nach der ersten Lesung eines Antrages ist. Wenn uns heute schon eine Lesung über die Lex Kvíèala gehalten wird, soll ich über die lex Kvíèala heute discutieren? Sie ist eingebracht, und wenn ich nicht im Augenblicke irre, soll sie heute zur ersten Lesung kommen Noch bevor eine erste Lesung kommt, wird schon darüber discutiert. Nun, meine Herren, muss ich mir erlauben zu bemerken, daß bei der Gelegenheit noch ein weiteres erzählt worden ist. Obwohl man eigentlich nicht weiß, wie es bei der ersten Lesung mit dieser lex Kvíèala sein wird, sogar
ihr Inhalt doch erst ganz kürzlich uns bekannt gegeben worden ist, so werden schon gewisse Urtheile über die wahrscheinliche Haltung dieser oder jener Gruppe gezogen, vergessend, dass wenn in der ersten Lesung auch der Verweisung des Antrages an eine Commission zugestimmt wird, über den positiven Inhalt des Urtheiles noch gar nichts bestimmt ist, vergessend, dass wir selbst ja bei Anträgen, die von jener Seite geschehen sind, und über deren Wesentliche Bedeutung wir zum Theile Schon im Vorhinein ziemlich einig waren, keinen Anstand genommen haben, sie doch an eine Commission zu verweisen (So ist es! rechts. Was also die lex Kvièala anbelangt, so scheint es mir, wäre es im höchsten Grade unpassend von mix, wenn ich darüber heute ein Wort Sprechen würde. Sprechen werden wir davon, bis die lex Kvièala zur Verhandlung kommt Noch wunderbarer aber ist es, dass uns der Herr Redner vorgehalten hat, dass heuer die lex Kvièala eingebracht worden ist, aber ein anderer Antrag, von dem es voriges Jahr bekannt war, das er in Ueberlegung stehe, und der nicht eingebracht worden ist, heute nicht eingebracht sei Meine Herren! Der Antrag ist heuer eingebracht worden, also ich bitte doch mit Solchen vorgreifenden Bemerkungen in Zukunft etwas vorsichtiger zu sein Was nun andere sehr beachtenswerthe Momente der Rede des Herrn Vorredners betrifft, so werde ich vielleicht im Verlaufe meiner Rede auf den einen oder andern Punkt kommen.
Vorläufig möchte ich nur einige wenige Punkte berühren, damit sie mich in meiner weiteren Rede nicht incommodiren Der eine Punkt ist die Behauptung, dass die Beharrung auf der Gleichberechtigung nach Nationalitäten, wenn deren Durchführung in der strengsten Form gewollt wird, eine Unmöglichkeit Sei, mit dem Frieden nicht vereinbar sei. Meine Herren, der Meinung bin ich auch, das gilt nicht nur vom diesem Gegenstande, Sondern noch von sehr vielen anderen Gegenständen; es gibt Dinge die sich durch bloße Gesetze nie haarscharf entscheiden lassen, wo ein Prinzip Seine Anerkennung erlangen kann und erlangen soll, wo aber in der Durchführung, Wenn nicht dazu die gleiche Billigkeit und Rücksicht auf bestehenden Verhältnisse und auf Uebergangszustände genommen wird, allerdings nie anderes als Unfriede entstehen kann.
Wenn das damit gemeint war, so gebe ich dem Herrn Vorredner vollkommen Recht.
Und ich bin auch wirklich der Meinung, daß, Wenn auch der Grundsatz dieser Gleichberechtigung anerkannt ist wenn die Durchführung eine heilsame und friedliche sein soll, man sich hier gegenwärtig halten muß: erstens die Grenzen davon und zweitens die Rothwendigkeit, bei der Durchführung nie die praktischen Bedürfnisse aus den Augen zu lassen; nie die Konsequenz daraus zu ziehen, die allerdings von Fanatikern auf der einen oder der anderen Seite, oft genug gezogen worden ist, daß die formelle Gleichberechtigung zur Herstellung gleicher Zustände in allen Beziehungen führen soll.
Daß aber in Oesterreich der Grundsatz ein nothwendiger, ein gerechter und heilsamer ist, das ist meine feste Ueberzeugung und ich Sollte denken, mit gewissen Beschränkungen wird das Selbst der Herr Vorredner noch zugeben. Und eine der Beschränkungen wird allerdings diejenige sein müssen, daß bei der Durchführung der Behandlung der nationalen Fragen in jeder Beziehung man in Oesterreich die Frage anerkennen müsse, nicht durch die Durchführung die Existenzbedingungen des Gesammtreiches und die nothwendigen Bedingungen einer kräftigen, heilsamen und gerechten Regierung und Administration unmöglich zu machen.