Pondìlí 22. záøí 1884

In diesem Bezirke sind wieder theils deutsche theils böhmische Gemeinden und die Zahl der deutschen Bevölkerung ist nicht ganz i> nämlich weniger als 1/3; das Verhältniß ist ungefähr 15.000 auf der deutschen und 36 000 auf der böhmischen Seite.

Aber wie ist diese Bevölkerung gelagert ? Dort sind nämlich, und darin weicht dieser Bezirk ganz ab von den westlichen Bezirken, dort find sehr große Gemeinden und namentlich sind grade die deutschen Gemeinden sehr groß. Sie liegen im Osten, die böhmischen Gemeinden schließen sich an dieselben an gegen das Innere des Landes, sind aber vollkommen von ihnen gesondert, wie sich aus solgendem zeigt: Von

diesen Gemeinden haben zwei Gemeinden: Jahnsdorf und Ketzelsdorf bei einer Bevölkerung von 2180 Jahnsdorf und 1871 Ketzelsdorf eben so viel an deutscher Bevölkerung, das heißt die deutsche Bevölkerung beträgt dort 2180 und 1871, die czechische Null. Ebenso sind in den Gemeinden Abstdorf 2227 deutsche und 2 czechische Einwohner; Nickel zählt 1403 deutsche und 1 czechischen Einwohner, Karlsbrunn, Schirndorf, Uberdörfl mit 847, 872 und 983 Deutsche und je 4 Czechen.

Ja kann man sich denn die geographische Durchführung der Sprachgränze schärfer denken, als dies hier der Fall ist. Ich habe diese zwei Bezirke hervorgehoben, konnte aber eine ganze Reche anderer Bezirke anführen, wo dies ebenfalls in ganz gleicher Weise der Fall ist, so z. B den Bezirk Politz, dessen Trennung in einen deutschen und czechischen Theil, welche ganz scharf gesondert sind, längst vom Landtage beantragt worden ist; oder im Osten, Landskron mit den deutschen Gemeinden von Landskron und Wildenschwert einerseits und den entsprechenden czechischen Gemeinden dieser beiden Bezirke; oder Polièka oder Neuhaus im Osten, oder im Süden Krumau, und wenn ich vom Bezirke Kalsching, in dem sich eine einzige czechische Gemeinde Berlau an der äußersten Grenze des Bezirkes befindet, gar nicht einmal sprechen will; Winterberg, Prachutitz, Bergreichenstein, Taus, Neugebein oder im Inneren des Landes Leitmeritz, Weißwasser, Lobositz, wo die Abgrenzung nach Sprachgrenzen von selbst gegeben und längst angestrebt ist.

Wir sehen also, dass es nicht nur keinen Schwierigkeiten unterliegt, eine Durchführung der Bezirkseintheilung nach Sprachgrenzen herbeizuführen, sondern daß es unverhältnißmäßig ist, und dass wenn es nicht geschehen ist, es nur deswegen im Jahre 1850 nicht geschehen ist, weil man sich im Jahre 1850 um Nationalitäten sehr wenig gekümmert hat.

Die vorausgegangenen Ereignisse hatten den nationalen Seift auf beiden Seiten ziemlich niedergedrückt und man fand es sehr bequem einzutheilen, wie es cben gieng; im ganzen Lande gieng es eben nicht. (Sehr richtig, links.)

Ich habe indessen gar nicht nothwendig dies weiter auseinander zu setzen, weil ja das praktische Bedürfniß zur Theilung des Landes

nach national und Sprachlich gesonderten Bezirken und zwar im allervollständigsten Maße bereits geführt hat.

Ist denn diese Trennung nicht schon vollständig durchgeführt in den Schulbezirken ? (Sehr richtig, sehr richtig, links.)

Mit Ausnahme der königl. Hauptstadt Prag, welche einen deutschen und einen czechischen Schulbezirk enthält, gehört jede Gemeinde im Lande entweder zu einem deutschen oder zu einem czechischen Schulbezirke (Sehr richtig, links) und wie vollständig diese Absonderung gelungen ist, dafür ist wohl ein Sprechender Beweis darin zu finden, wie wenig deutsche Schulen auf czechische Schulbezirke und wie wenig czechische Schulen auf deutsche Schulbezirke entfallen.

Nach den Ausweisen, welche mit dem Berichte des Landesausschusses über den Zustand des Volksschulwesens im Jahre 1883 vorgelegt wurden, bestanden im Jahre 1883 1952 allgemeine Volksschulen mit deutscher und 2518 allgemeine Volksschulen mit czechischer Unterrichtssprache. Von den allgemeinen Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache, deren Zahl 1952 betrug, waren nur 22 in böhmischen Schulbezirken, und von den böhmischen Schulen waren von jenen 2518 Schulen nur acht in deutschen Schulbezirken. Es ist also die Durchführung der Theilung vollständig in Bezug auf die Schulbezirke, und was in Bezug auf die Schulbezirke möglich ist, was aus praktischen Gründen nothwendig ist, und was auf diesem Gebiete zur Erhaltung des nationalen Friedens wesentlich beigetragen hat, warum sollte es denn nicht auch in anderer Beziehung ebenfalls möglich sein. (Bravo)

Uebrigens muß ich ausdrücklich Sagen, die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der nationalen Abtrennung der Bezirke ist durchaus nicht bloß aus dieser Seite des hohen Hauses vorhanden. Alle Regierungen, und zwar gerade diejenigen, welche ziemlich energisch die Veränderung der Zustände vor Augen hatten, ich meine damit nicht die Regierungen von unserer Seite, sondern die Regierung der Sistirungsperiode von 1865 und jene des Jahres 1871, gerade diese Regierungen haben in evidenter Weife und im Einklange mit Ihnen dies, gestützt auf Ihre Majorität, anerkannt.

Vom Jahre 1865 will ich nur Folgendes

anführen: Damals wurde - es werden sich Mitglieder in diesem Hause finden, welche sich auf die Verhandlungen jener Zeit erinnern dürften damals wurde von dem Ministerium Beleredi dem hohen Landtage ein Gesetzentwurf Zur Begutachtung Vorgelegt, ein ganz detailirter Gesetzentwurf über die politische Organisation des Landes Man hat sich zwar gegen diese Durchführung ausgesprochen, jedoch nur darum, weil ein vollständiges Durcheinanderwersen aller Bezirke dabei beabsichtigt und man der Meinung war, und zwar alle Theile dieses hohen Hauses, denn man hat damals Solche Fragen gewöhnlich gemeinsam und in Uebereinstimmung behandelt (Beifall), alle Theile des hohen Hauses der Ueberzeugung waren, daß man nicht so einfach alles, was besteht, über den Hausen werfen, sondern daß zunächst die bisherigen Gerichtsbezirke beibehalten, und der politischen Verwaltung zu Grunde gelegt werden Sollen. Aber diese Vorlage ist darum für die Frage, welche ich jetzt zu behandeln die Ehre habe, interessant, wil der von mir Vertretene Standpunkt wiederholt in den Vorschlägen bezüglich der Eintheilung der Bezirke eingehalten worden ist So schlägt sie vor, und zwar ausdrücklich mit Betonung der nationalen Verhältnisse, die Ausscheidung der acht am linken Elbeufer gelegenen deutschen Gemeinden des Bezirkes Leitmeritz aus diesem Bezirke. Sie Schlägt wieder umgekehrt vor die Ausscheidung der deutschen Gemeinden des Bezirkes Weißwasser, welche theils an der Grenze des Bezirkes Niemes, theils an der des Bezirkes Dauba liegen, aus diesem Bezirke. So die AusScheidung der vollkommen von den deutschen abgesonderten czechischen Gemeinden des Bezirkes Krumau aus dem Bezirke. Ebenso die Ausscheidung der Gemeinde Verlan im Bezirke Kalsching und der czechischen Gemeinde ImlingOpoèna aus dem Bezirke Postelberg und so fort. Wir sehen also, daß, obschon alle Vorschläge von ganz andern Gesichtspunkten ausgehen, sie Suchten nämlich wesentlich die Grenzen herzustellen nach den früheren Dominien und Kirchensprengeln, daß doch auf die Abgränzung aus nationalen Gründen und nach denselben beabsichtigt Wurde. Das war im Jahre 1865.

Noch bedeutsamer ist jene Vorlage, welche im Jahre 1871 als Nationalitätengesetzentwurf von der Regierung - dem Ministerium Hohenwart eingebracht und von diesem hohen Hause angenommen Wurde; dieser angenommene Entwurf (wir nahmen damals an der Berathung nicht theil und ich kann daher um so entschiedener Sagen, daß ich die damalige Ansicht der jetzigen

Majorität ausspreche) Besagt ausdrücklich: "Es ist die Abgrenzung der Verwaltungs- und der Wahlbezirke Soweit nur möglich so durchzuführen, daß jeder solche Bezirk nur aus Gemeinden einer und derselben Nationalität besteht ; und nachdem die Vorlage das in Bezug auf die Verwaltungsbezirke nicht so bestimmt ausgesprochen hatte, wurde es in dieser Richtung noch durch deutlichere Aufnahme von dem damaligen Landtage verschärft.

Und nicht bloß dies. ES enthält auch diese Vorlage in Bezug auf die Frage der Nationalität der Gemeinden - und um die handelt es sich, nicht um Ortschaften und nicht um Individuen - Prinzipien, von denen ich gerne Sagen will, daß ich für meine Person mit den dort ausgestellten Prinzipien vollständig übereinstimme und namentlich auch mit jenen Anschauungen, welche zum Schutze der Minoritäten in den Gemeinden, infoweit überhaupt von einee Minorität gesprochen werden kann, enthalten Sind. Wir sehen also, daß nicht blos von unserer, Sondern von Seiten der Regierungen, mit denen wir in Opposition gegenüber standen, und daß auch von Seite der sehr geehrten Mitglieder der Majorität immer an diesem Grundsatze festgehalten wurde.

Was nun die Art der Verwirklichung dieses Grundsatzes betrifft, so ist dieselbe sehr einfach; die Abänderung der Gerichtsbezirke im Allgemeinen ist Sache der Exekutive, das bestehende Gefetz aber sagt, daß das Gutachten des Landtages Vorläufig einzuholen fei.

Für Böhmen speziell aber genügt die Aktion der Exekutive nicht, fondern es ist die Veränderung der Grenzen der Gerichtsbezirke Sache der Landesgesetzgebung, und zwar aus einem Speziellen, gerade nur in Böhmen eintretenden Grunde, weil nämlich das Gesetz über Bezirksvertretungen bestimmt, daß die Gränzen der Verwaltungsbezirke mit jenen der Gerichtsbezirke zusammenfallen und nur durch ein Gefetz geändert werden können.

Hier also in Böhmen ist die Exekutive in Bezug auf diese Frage beschränkter als in anderen Ländern, weil die Veränderung der Gerichtsbezirke zugleich eine Veränderung der Vertretungsbezirke involvirt und daher nur im Wege der Landesgesetzgebung perfekt werden kann.

Es ist daher ganz natürlich und es ist gar kein Aufgeben irgend welcher Anschauungen,

wenn wir mit diesem Antrage vor das kompetente Forum, nämlich den Landtag getreten sind (Rufe links: Sehr richtig!); denn der Landtag müßte, wenn die Exekutive (das ist hier das Justizministerium) eine Abgrenzung des Gerichtsbezirkes vornehmen wollte, vorläufig um sein Gutachten angegangen werden, und ebenso müßte der Landtag seine Zustimmung zur Erlassung eines Landesgesetzes geben, weil ohne dieses ein Vertretungsbezirk in seinen Grenzen nicht alterirt werden kann.

Wir haben uns nun während einer langen Reihe von Jahren immer bemüht, durch Er stattung von Gutachten und Verfassung von Gesetzentwürfen in diesem Sinne zu wirken. Es sind auch wirklich, und zwar aus dem Gesichtspunkte der Verschiedenheit der Nationalitäten, einzelne Gemeinden aus Bezirken ausgeschieden und gleichsprachigen Bezirken zugewiesen worden. Ich will aus der langen Reihe nur Einzelnes anführen, z. V. der Bezirk von Bilin, ein sonst ganz deutscher Bezirk, enthält merkwürdiger Weise eine czechische Gemeinde, Steintetnitz, die würde ausgeschieden und dem Bezirke Laun zugewiesen oder es würde aus dem Rakonitzer Bezirke die Gemeinde Kaunowa ausgeschieden und dem Saazer Bezirke zugewiesen u. s.f.

Solche einzelne Aenderungen und Zuweisungen zu anderen Bezirken geschasen sehr häufig. Es wurden aber auch neue Bezirke nicht etwa blos deutsche Bezirke, sondern auch durch Ausscheidung czechischer Gemeinden czechische Bezirke geschaffen, so z. B. auS dem Gerichtsbezirke Rochlitz der Gerichtsbezirk Hochstadt; nach langjährigen Bemühungen, welche blos von dieser Seite ausgingen, und welche bloß im Interesse der betreffenden czechischen Gemeinden, wurde die Bildung des Gerichtsbezirkes Hochstadt durchgeführt. Ebenso jene des Gerichtsbezirkes Eipel, welche Stadt früher mit einigen czechischen Ortschaften zum deutschen Bezirke Trautenau gehörte.

Ich weil da in weitere Details nicht eingehen, weil ich selber sagen muß: wir hätten noch viel mehr gewünscht, aber wir haben nicht mehr erreichen können, u. z. deswegen nicht mehr erreichen können, weil wir immerund zu allen Zeiten den Widerstand der Behörden dabei gefunden haben (Rufe: hört, hört links), und zwar merkmürdigerweise am allerwenigsten der Behörden, welche der Bevölkerung am nächsten stehn, also bei den Bezirksgerichten und insbesondere bei den dabei ganz unbefangenen

Kreisgerichten, denn bei diesen haben wir immer viel Unterstützung gefunden, auch bei den politischen Behörden, welche doch immer mehr den politischen Charakter einer Frage und die Bedeutung einer Verfügung für das Interesse der Bevölkerung im Auge haben; der entschiedenste Widerstand gieng aber immer aus von den höhern Justizbehörden, d i. von dem Oberlandesgericht und im Einklange mit demselben vom Justizministerium. Die Herren, die lange in diesen Sachen gearbeitet haben, brauche ich z B. nur zu erinnern an die Leidensgeschichte des Bezirkes Rožmital. Wie viel Mühen die angestrebte Bildung des Bezirkes dem Landtage und dessen Kommissionen verursacht hat und wie an dem immer wiederholten Widerstande gerade der höhern Justizbehörden alle diese Bemühungen im Sande verlaufen sind, das wissen sehr viele von den Herren, die in dieser Sache gearbeitet haben.

Hier hat es sich freilich nicht um nationale, sondern um Verkehrsrücksichten gehandelt, aber das ist einerlei, der Widerstand war immer da, sobald ein neuer Gerichtsbezirk beantragt wurde, ja sehr häufig, sobalb es sich auch nur um Ausscheidung einer Gemeinde aus einem Gerichtsbezirke handelte, weil man im letzten Falle wieder fand: ja dann hat der eine Bezirk etwas mehr zu thun, der andere etwas weniger und wenn die Geschäfte bei einem Bezirke so stark wachsen, so wäre es vielleicht dann nothwendig, eine kleine Beamtenvermehrung vorzunehmen. Daran hat es gelegen, daß es nicht möglich war, mehr zu erreichen, es ist aber doch in der That Bedeutendes erreicht worden.

Und was sind die Gründe, welche namentlich die Justizbehörden bei ihrem Widerspruche leiteten? Es sind dies im Wesentlichen zwei Gründe; einerseits ist der Sprengel des böhmischen Oberlandesgerichts an sich ein sehr großer und wenn auch, wie ich gleich später zeigen werde, Böhmen, was die Zahl seiner Gerichte betrifft, außerordentlich Stiefmütterlich behaudelt ist, gegenüber allen andern Ländern, Galizien und Bukowina vielleicht ausgenommen, (Rufe: hört, hört, links) so ist eben, weil das Land sehr groß ist, dennoch die Zahl der Gerichte an sich eine sehr große und daher sind auch die administrativen Geschäfte der höheren Justizbehörden überaus umfassend. Mit jeder Vermehrung um ein neues Gericht oder gar um einen Gerichtshof wachsen, zwar nicht eigentlich die Justizgeschäfte, nämlich die Geschäfte der Rechtssprechung, wohl aber die

administrativen Agenden des Oberlandesgerichts und seines Präsidiums, die ohnehin bei ihrer großen Zahl kaum mehr zu übersehen sind. Das ist der eine Grund. Der andere Grund aber ist, die Finanzen.

Nun man kann ja zu denjenigen gehören, welche die äußerste Sparsamkeit aus dem Gebiete der Staatsfinanzen als einen wesentlichen Grundsatz ansehen, aber doch Scheint es, baß bei einem so enormen Budget die Auslagen, welche durch die Errichtung von ein paar Bezirksgerichten oder auch von ein paar Gerichts höfen in Böhmen verursacht Werden, denn doch noch wohl vertragen werden können. (Rufe: ganz richtig, links. Denn namentlich die Landbevölkerung, was hat denn die eigentlich Vom Staate, wenn nicht eine gute Gerechtigkeitspflege, (Sehr richtig! links), ein Gericht, das ihr nicht allzuweit entlegen ist. Sondern das ihr nahe liegt, und wo sie den Mann kennt und Vertrauen zu ihm hat, und eben weil sie ihn kennen lernen kann, auch haben kann.

Nun sage ich, es ist Böhmen in der Beziehung wahrhaft stiefmütterlich behandelt, und ergibt sich eine ganz merkwürdige Erscheinung Wenn bei uns ein Gerichtsbezirk errichtet werden Soll, der 10000 oder 15000 Einwohner Zählt, der Sagt man ist zu klein, so kleine Gerichtsbezirke sind nicht gut; man kann dem Staate nicht zumuthen sie zu errichten. Jetzt bitte ich Sie aber, meine Herren, wie verhält es Sich denn in anderen Ländern.

Solche Gerichtsbezirke, die weniger als 10000 Einwohner haben, gibt es im Gebirge hin und da, sind ihrer im Ganzen acht, aber auch sie gehören noch immer zu den kleinsten.

Vergleichen Sie nun damit andere Länder. In Steiermark find Gerichtsbezirke mit weniger als 10000 Einwohnern neunzehn. In Kärnthen siebzehn, und Kärnten ist bekanntlich ein sehr kleines Land; in Tirol sibenundzwanzig (Rufe: hört! hört! links) und in Dalmatien fünfzehn. In Salzburg endlich gibt es überhaupt nur neunzehn Gerichtsbezirke. Von diesen neunzehn ist ein einziger, dessen Sprengel überhaupt 10000 Einwohner hat, (Hört! hört! links, nämlich 10.800 Einwohner; alle anderen achtzehn haben weniger als 10000 und zwar geht das herab bis auf 2785 und 2441 (Hört! hört! links).

Und ich bitte Sie noch eines nicht zu übersehen. Diese Bezirksgerichte haben zum

großen Theile bereits nicht mehr bestanden und Sind in den allerletzten Jahren neuerrichtet worden. so z. V. jenes in Lofer.

Für Böhmen also sollen Gerichtsbezirke mit 10000 Einwohnern viel zu klein sein, aber für andere Länder find sie noch recht, wenn sie auch noch viel kleiner sind. (Sehr gut! links).

Oder aber nehmen Sie die Bezirkshauptmannschaft Cattaro und Vergleichen Sie dieselbe mit dem Bezirke Leitomischl, von dem ich früher gesprochen habe. Die Bezirkshauptmannschaft Cattaro hat 33.000 Einwohner, Leitomischl gegen 52.000. In jener Bezirkshauptmannschaft aber, die also nicht viel mehr als die halbe Zahl der Einwohner des Bezirksgerichtes Leitomischl hat, bestehen ein Kreisgericht mit Seinem städtischen delegirten Bezirksgerichte und drei weitere Bezirksgerichte also einerseits ein Kreisgericht und Vier Bezirksgerichte für 33.000 und auf der anderen Seite ein Bezirksgericht für 52.000. Wo bleibt denn da das gleiche Maß, und können wir nicht mit Recht begehren, dass auch Wenigstens in der angeblich zu geringen Ausdehnung eines Gerichtes, welches immer viel größer ist, als eine ganze Reihe von Gerichten in anderen Ländern, dass darin ein Hindernis der Errichtung eines neuen Bezirksgerichtes nicht besteht? (Sehr gut! links.)

Ich will dabei ganz davon absehen, daß sich in Bezug auf unsere jungen Justizbediensteten für Böhmen daraus auch ganz merkwürdige Verhältnisse ergeben. Wenn in einem Lande bei den Bezirksgerichten blos Bezirksrichter und gar keine Adjunkten sind - wie dies in Salzburg nahezu der Fall ist und wenn bei uns in Böhmen die Zahl der Adjunkten zweimal so groß ist als die der Bezirksrichter; wann ist in dem einen und wann in dem anderen Lande Ausficht auf die Erlangung einer Selbstständigen In stizbedienstung vorhanden? (Sehr richtig! links).

Ich will darauf keinen Werth legen, denn das bildet ja keinen Gegenstand der Verhandlung. Aber das muß ich sagen: Es gibt doch eine gewisse Justitia distributiva und auch in Bezug auf Leistung und Gegenleistung, kann man Sagen, soll ein gewisses Verhältniß bestehen, namentlich wenn ein gewisser wichtiger politischer Zweck auch damit seine Erledigung findet.

Ich glaube daher, daß es wirklich von

Bedeutung ist, diese Frage ernstlich in Angriff zu nehmen aus vielen Gründen, unter denen mir allerdings die dadurch zu erzielende Einwirkung auf den nationalen Frieden das Wich tigste erscheint.

Es Sprechen aber noch viele andere Gründe dafür, ja selbst administrative Gründe in Bezug auf die politische Behörde.

Wie Schon früher angeführt wurde, ist der Bezug auf einen wichtigen Theil, auf einen bedeutenden ja vielleicht den allerwichtigsten Theil der politischen Verwaltung, die Trennung der ersten Instanzen bereits vollständig durchgeführt, das ist in Bezug auf die Schulverwaltung, denn ich mochte fast sagen, so wichtig für die Landbevölkerung einerseits die Justiz ist, so wichtig ist für dieselbe andrerseits in Betreff der politischen Verwaltung jene der Schute. Was hat sie sonst von der politischen Verwaltung? Steuerausschreibung, Rekruteneinhebung, sonstige Exekutionen, Vollziehungen von Aufträgen des Bezirkshauptmannes im übertragenen Wirkungskreise, (sehr richtig!) welche den Gemeindevorstand den ganzen Tag und gewöhnlich mehr als seine Wirtschaft in Anspruch nehmen. (Sehr richtig! links)

Das alles ist kein Vortheil, welchen Sie von den Bezirkshauptmannschaften haben, was aber die Pflege des Unterrichtes und der Schule betrifft, so weiß dieselbe die Bevölkerung beider Volksstämme in Böhmen zu würdigen und ist es für sie von Bedeutung, wie es sich mit dieser Verwaltung Verhält.

Ich kann mir nun keine größere Anomalie auch für einen altgeschulten österreichischen Bureaukraten denken, als daß der Bezirkhauptmann jene Wirksamkeit betreffs eines wichtigen Theiles seiner Agenden nicht bloß anf seinen Bezirk erstreckt. sondern auch auf einen anderen Bezirk, daß ein Theil seines Bezirkes in Bezug auf die Schule zu einem ganz anderen Bezirke gehört, während er betreffs der Sonstigen Verwaltung ihm untersteht.

Ich Witt nur ein kleines Beispiel anführen, die Bezirkshauptmannschaften Taus und Bischofteinitz.

Taus hat zwei Schulbezirke, einen deutschen und einen böhmischen, weil der Bezirk eben ein national gemischter ist.

Von den deutschen Gemeinden des Tauser Bezirkes gehört ein Theil nicht einmal zudem deutschen Schul bezirke von Taus sondern zu dem deutschen Schulbezirke von Bischofteinitz, weil die betreffenden Gemeinden durch Bergrücken vollständig getrennt Sind.

Dagegen gehört wieder zu dem Schulbezirke Bischofteinitz nicht der ganze Bezirk Bischofteinitz, sondern ist der èechische Theil von Bischofteinitz einem anderen Schulbezirke zugemiesen.

Der Bezirkshauptmann in Taus erstreckt Seine Wirksamkeit nicht auf feinen ganzen politischen Bezik Taus, da Spielt der Bezirkshauptmann von Bischofteinitz mit hinüber und der Bezirkshauvtmann von Bischosteinitz hat wieder nicht feinen ganzen Bezirk, er muß sich die Mitwirkung eines andern in Seinen Gebieten gefallen lassen.

Wäre es nicht natürlicher, dass man wie man die Schulbezirke national getrennt und für dieselben ineinandergreifende Gränzen geschaffen hat auch diese Grenzen zwischen den Gerichts- und Vertretungsbezirken errichtet. Es ist ein sehr untergeordneter Gesichtspunkt, dass man nicht von Seite der politischen Verwaltung Schon aus bureaukratischen Gründen auf diesen Gedanken gekommen ist, dass es eine Anomalie ist, wenn Einer etwas verfügt und der Andere die Executive hat.

Dazu kommt nun das unrichtige Verhältniß, welches durch die Verquickung und zwar ganz richtige Verquickung der Gerichtsbezirke mit den Vertretungsbezirken entsteht.

Meine Herren, es trägt und ich kann hier aus eigener Erfahrung Sprechen, nichts so sehr zum Unfrieden in einem Bezirke bei, als wenn die Verletzung materieller Interessen eines Theiles dieses Bezirkes durch den anderen Stattfindete und wo verschiedene Nationalitä ten geografisch abgesondert in einem Bezirke wohnen, ist dies nahezu unvermeidlich.

Die Weisheit des Jahres 1850 hat nämlich längs der ganzen Grenze die Bezirke Von der Grenze hinab gegen die Ebene sich ausdehnen lassen.

In der Ebene wohnt aber, wie es allgemein bekannt ist, die èechische und im Ge-

birge die deutsche Bevölkerung - das ist wenigstens im ganzen Westen des Landes durchaus der Fall.

Nun sind aber die materiellen Interessen dieser beiden Theile der Bezirke und zwar gerade in Bezug auf Angelegenheiten, welche den Bezirksvertretungen zugewiesen, sind nothwendig verschieden.

In Bezug aus den Strassenbau hat die Ebene ganz andere Interessen als das Gebirge.

Je nachdem nun der eine oder der andere Theil in der Bezirksvertretung das Übergewicht hat, wird der eine oder der andere Theil vielleicht mit Unrecht, aber doch immer glauben, er sei zurückgesetzt und es wird der nationale Unfriede aus Gründen, wo es gar nicht nothwendig wäre, gehegt (bravo!).

Man kann sagen, wie man die Scheidung in jenen Bezirken vornimmt - und ich lebe auch den größten Theil des Jahres in einem Bezirke, wo diese Scheidung vorgenommen wurde, von dem Momente, wo sie Stattfindet, hat jeder Anlass zu nationalen Reibungen oder zu Feindseligkeiten sofort seine Ende gefunden Es wäre das auch ein wichtiger Gesichtspunkt, vielleicht nicht der am wenigsten: wichtige.

Endlich muss ich aber ganz offen sagen Von uns Deutschen wurde der Gedanke allerzeit gehegt, dass auch die Verwaltung des Landes den nationalen und Sprachlichen Verhältnissen entsprechend geregelt werden Solle (bravo links).

Dieser Gedanke besteht nicht seit heute und seit gestern seit jeher besteht er, aber er hat an Intensität außerordentlich gewonnen, er ist immer lebhafter und dringender geworden Seit der Erlassung und dem Fortbestehen jener bekannten Verordnung (Bravo, so ift's!), die ich fast eine unglückselige nennen möchte (Bravo, so ist's!) und dazu ein Recht habe nach dem Ausspruche eines Kollegen, der nicht unserer Seite des Hauses angehört, und der über diese Verordnung das schlimmste Urtheil fällte, welches überhaupt über einen politischen Akt gefällt werden kann (Hört, links), indem er sagte: "Uns - er meint seine Partei - hat diese Verordnung nichts genützt und die Gegner hat dieselbe erbitter." Nun etwas schlechteres von

einem Regierungsakte zu sagen, als daß der eine Theil ihm als gleichgiltig und nichtsnützend betrachtet, der andere Theil sich dadurch fort und fort zurückgesetzt und erbittert sühlt - ein flagranteres Urthel zu fällen wäre wenigstens ich nicht im Stande.

Nun meine Herren, man hat sich lange Zeit damit getröftet, die Bewegung werde nur von Außen in die Bevölkerung hineingetragen; die deutschen Abgeordneten find es, welche diese Bewegung machen, und die deutsche Bevölkerung werde sich in ihrer Gutmüthigkeit schon daran gewöhnen. (Heiterkeit links.)

Nun, meine Herren, so ist es nicht gekommen. - Ich gehöre ganz sicher nicht zu denjenigen Abgeordneten, Welche eine Bewegung in die Bevölkerurg hineintragen, ich gehöre vielmehr zu denjenigen, welche Mäßigung und Besonnenheit predigen.

Um so unbefangener kann ich sagen: diese Bewegung ist nicht nur nicht nieder gegangen, sondern sie ist im beständigen Wachsen (So ist's, richtig!) und solange der Quell derselben nicht beseitigt sein wird, so lange wird diese Bewegung an Intensität nur noch immer zunehmen (So ist es, bravo links). Darum legt die deutsche Bevölkerung jetzt um so erhöhtes Gewicht auf eine den nationalen Verhältnissen entsprechende Abgrenzung der Verwaltung.

Es ist gewiß nicht meine Sache, oft Gesagtes zu wieberholen. Ich habe leiber über diese leibige Sprachenverorbnung, ober wie sie unser Volk nennt, über die Sprachenzwangsverordnung an diesem und an andern Orten mehr gesprochen, als vielleicht irgend Jemand anderer. Aber zwei Gesichtspunkte Wollen Sie mir gestatten doch anzuführen, welche es erklärlich machen, warum durch diese Verordnung immerfort die Bewegung erhalten wird. Der eine ist der: Gewiß wird es keinem Verständigen einsaßen, daß nicht bei der Frage, welches die Erfordernisse zur Erlangung einer öffentlichen Bedienstung seien, das praktische Bedürfniß maßgebend sein soll, in jeber Beziehung, auch in Beziehung auf die erforderlichen Sprachkenntnisse; aber niemals wird es unser Volk begreifen, warum Beamte in Bezirken, in denen gar keine Angehörigen der anderen Nationalität ober eine verschwindende Minorität derselben Nationalität wohnt, nicht sollen angestellt werben können, warum alle Beamten dieser Bezirke die vollständige Kenntniß der czechischen Sprache in Wort und Schrift

haben müssen. (Sehr richtig, links.) Dem deutschen Volke ist dieß durchaus nicht gleichgiltig.

Erlauben Sie mir, daß ich auf eine Erscheinung hinweise, welche ich als eine bedenkliche in unserm öffentlichen Leben bezeichnen mochte, wo freilich der Staat nicht helfen kann, wo die Hilfe von einer anderen Seite kommen muß.

Im Südlichen Böhmen Sind jetzt ganze deutsche Bezirke, in denen sich die SeelforgeGeistlichkeit in früherer Zeit ausschließlich aus dem Bezirke selbst rekrutirte, wo der Seelsorger dem Volke persönlich nahestand, im Dialekte mochte ich Sagen zu Sprechen in der Lage war mit den Seiner Sorge anvertrauten Gläubigen und jetzt - ich konnte einen Bezirk, einen rein deutschen Bezirk nennen, wo bald sein einziger Geistlicher deutscher Nationalität seiu wird, ja wo Fälle vorgekommen sind, daß der heranwachsende Klerus sich gar nicht mehr in der Sprache Seiner Pflegebefohlenen auszudrücken im Stande ist, wo Kinder, denen der Geistliche in der Schule den Religionsunterricht ertheilen sollte, sich des Lachens nicht erwähren konnten. Das ist eine höchst bedenkliche Erscheinung. Es ist gewiß nicht im Interesse unserer Nationalität, mit der Nationalität hat die Frage nichts gemein, aber es ist im Interesse der Kirche und es sollte eine der ersten Sachen des hochwürdigsten Episkopates sein, in dieser Beziehung Abhilfe zu schaffen. (Bravo, sehr richtig, links.) Aber auf dem Gebiete des Beamtenthums hat der Staat diese Sache in der Hand, es ist ihm da ermöglicht, daß dort, wo es ganz überflüssig ist, Deutsche von der Erlangung einer Staatsbedienstung in ihrer Heimath nicht ausgeschlossen werden, daß da nicht ein Monopol für die Angehörigen der anderen Nationalität geschaffen wird. (Richtig links.) Denn es ist nicht tu gleichem Maße wie im Verhältnisse zum Scelsorger, gewiß aber in hohem Maße wichtig und von Bedeutung, daß der Bezirksinsaße zu seinem Bezirksrichter Vertrauen habe, daß er sich offen gegen ihn ausspreche, und bei dem nationalen Gegensatze, welcher immer mehr und mehr sich im Lande entwickelt, hat er in demselben Maße dieses Vertrauen nicht zu dem Bezirksrichter, Welcher Seiner Nationalität nicht angehört. (Bravo, Bravo, links.)

Das ist der eine Gesichtspunkt, der tief und Schmerzlich in unseren deutschen Bezirken Böhmens gefühlt wird. Es ist aber noch ein zweiter Gesichtspunkt, das ist der: Das Justiz-

ministerium hat offenbar wie jedes Ministerium das Recht und die Pflicht, Verorordnungen zu erlassen, aber Verordnungen nur in Ausführung der Gefetze und nicht Verordnungen, die über die Gesetze hinausgehen. (Bravo, bravo links).

Nun kann ein und dasselbe Gesetz nicht in dem einen und in dem anderen Lande einen ganz anderen Sinn und eine ganz andere Bedeutung haben. (Sehr richtig, sehr gut, links).

Die Gesetze, welche hier in Frage kommen, sind der Artikel XIX. des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, §. 13. der allgemeinen Gerichtsordnung, die Strafprozeßordnung, die Gerichtsinstruktion u. f. f.

Tiefe Gesetze sind genau dieselben in Steiermark wie in Böhmen und wie kommt es, daß die Verordnung, welche in Bezug auf die Sprachen im gemischten Lande Steiermark erlassen wurde, geradezu das Gegentheil Sagt, von dem, was die böhmische Verordnung verfügt. (Bravo, Bravo, links). Soll der Deutsche in Böhmen deshalb, weil seine Nationalität hier 2,000.000 zählt, sich als einen Deutschen Zweiter Klasse in Oesterreich betrachten müssen ? (Sehr richtig. Bravo, Bravo links).

Das fühlen die Deutschen, sie können es nicht begreifen, warum denn nicht das für sie rechtens fein soll, worauf ihre anderen Mitbürger deutscher Zunge gerechten Anspruch haben, und sie fühlen, daß fort und fort in dieser Richtung gearbeitet wird.

Vor wenigen Tagen wurde uns mitgetheilt der Gesetzentwurf über den Landeskulturrath, und der Landesausschuß hat in Seiner Majorität diesem Gesetze beigestimmt; eine Minorität aber des Landesausschußes hat Sich aus dem Grunde dagegen erklärt, weil sie eine Theilung nicht etwa in zwei Landeskulturräthe, Sondern eine Theilung des einen Landeskulturrathes so wie sie in Tirol eingeführt wurde, in zwei Sektionen Verlangte. Was Sagt nun das Ministerium behufs Begründung feiner Abweisung ? Es ist das wirklich für jeden, der einmal im Lande Tirol War, geradezu unglaublich; Es sagt nämlich wörtlich Folgendes: Daß Tirol in zwei Sowohl in Sprachlicher, als landeskultureller und wirthschaftlicher Beziehung scharf getrennte Gebiete zerfällt (Heiterkeit).

Ja, das ist wahr! Tirol zerfällt in sprachlicher Beziehung in zwei scharf getrennte Gebiete, Deutschtirol und Wälschtirol; es zer fällt auch in landwirthschaftlicher und landeskultureller Beziehung in zwei scharf abgegrenzte Gebiete, das ist Nordtirol und Süd tirol; die eine Sektion gilt aber für Welschtirol und die andere für Deutschtirol, und Deutschtirol fällt nicht mit Nordtirol und Welschtirol fällt nicht mit Südtirol zusammen.

Es sind also allerdings zwei scharf abgegrenzte Gebiete, für welche die Sektionen gebildet wurden, allein die Sektionen find nicht nach landwirthschaftlichen und landeskulturellen Beziehungen abgegrenzt, sondern blos nach nationalen und Sprachlichen Stücken (Sehr gut! links).

Oder ist vielleicht dem Herrn Minister oder demjenigen, der diese Motive konzipirt hat, entgangen, dass in Bozen z. B. Weinbau getrieben wird, und dass zwischen Bozen und Landeck ein Unterschied ist in landwirthschaftlicher und landeskultureller Beziehung, wie er nicht größer gedacht werden kann, dass aber in landwirthschaftlicher und kultureller Beziehung der Wein= und Obstbau treibende Bezirk Bozen mit dem italienischen Trient zusammenfällt. Also es ist wahr, die Grenze ist scharf; aber die Grenze, welche gemacht wurde, bezieht sich gar nicht auf die Landeskultur und Wirthschaft, sondern ausschließlich auf die Sprache, und es soll also den 300.000 Italienern zugestanden werden, für ihre Nationalität und Sprache, dass sie eine eigene Sektion in Trient haben, den 2 Millionen Deutschen in Böhmen aber soll dies nicht recht sein. (Bravo. Händeklatschen links. Zischen auf der Gallerie. Rufe links: "Gallerie"!)

Oberstlandmarschall: Ich ersuche die Gallerie, sich jeder Beifalls= oder Mißfalls=Aeußerung zu enthalten.

Žádám, by galerie se zdržela vyslovení buï souhlasu neb nesouhlasu. (Bravo !

links.)

Abgeord. Dr. Herbst. Also den 300.000 Italienern soll zugestanden werden, dass sie eine rein national und nicht noch kultureller und wirthschaftlicher Beziehung abgesonderte Sektion bilden können; und das soll eine gleiche Behandlung etwa sein, und der Deutsche in Böhmen soll sich nicht zurückgesetzt fühlen, wenn man ihm eine solche Motivirung ent-

gegen hält und damit sagt: Was für 300.000 Italiener recht ist. Euch 2,000.000 Deutschen in Böhmen bleibt es versagt. (Bravo, bravo links.)

Und ist es denn wahr, dass die landwirthschaftlichen und kulturellen Interressen in den deutschen Bezirken Böhmens so vollkommen identisch sind mit denen der czechischen Bezirke ? Ich habe gegründete Ursache daran zu zweifeln.

In dem Statute, welches bisher der Organisation des Landeskulturrathes zu Grunde lag, war ja das Wahlrecht der Delegirten der landwirthschaftlichen Gesellschaften für den Ständigen Ausschuß des Landeskulturrathes nach 9 Gruppen vertheilt: 5 von diesen Gruppen gehörten dem èechischen Theile und 4 dem deutschen an.

Ja warum hat man denn nach diesen Gruppen das Wahlrecht vertheilt, wenn nicht diese verschiedenen Gruppen verschiedene landwirthschaftliche Interessen vertreten?

Das ist ein Grund, warum ich glaube, es müsse doch eine Verschiedenheit fein, und der zweite ist ja zumeist sehr nahe liegend. In Bezug auf die agrarische Frage, auf die großen Fragen, welche jetzt die Landbevölkerung, namentlich den mittleren und kleinen Besitz bewegen, ist ja ein auffallender, ein ungeheuerer Unterschied zwischen der Auffassung der deutschen Bauern und jener der Majorität des Landeskulturrathes.

Die deutschen Bauern hängen an der Idee, daß die freisinnige Gesetzgebung der letzten Zeit beibehalten werden soll. Sie wollen nichts wissen von bäuerlichen Fideikommissen. (Rufe: So ist es.) Von den Beschränkungen ihrer freien Verfügbarkeit. Sie sind darin in wunderbarer Weise einig, wie die Erfahrung gelehrt hat. Die Majorität des Landeskulturrathes hat gerade die entgegengefetzte Anficht. So z. B. in Bezug auf die Enteignung des Waldbesitzes gegenüber dem kleinen Grundbesitzer, etwas, wozu unsere deutschen Bauern niemals ihre Zustimmung geben werden. (Rufe: So ist es.)

Wenn also die Ansichten über die Agrarfrage zwischen den Deutschen und Czechen wesentlich verschieden sind, muß man nicht voraussetzen, daß ihre landwirthschaftlichen und landes=kulturellen Verhältnisse denn doch auch

verschieden sind? Warum soll, wenn diese Verhältnisse identisch wären, dasjenige, was der deutsche Bauer perhorrescirt und zwar nicht der einzelne, Sondern alle, warum Sollte das gerade für den èechischen Bauer so vortheilhaft sein. vielleicht aus nationalen Gründen (Gelächter) oder vielleicht deßhalb, weil es von einer Partei ausgeht, welche andere Interessen hat, als der Bauer. Ich weiß es nicht, aber die Verhältnisse müssen verschieden Sein, wenn die Auffassungen so ganz verschieden sind.

Sehen Sie, meine Herren, die Frage, welche wir anregten und von welcher unser Antrag handelt, bietet allerdings auch gewisse politische Gesichtspunkte dar. Letzterer ist, ich will es ganz offen sagen, nicht ohne politische Bedeutung. Aber die politische Bedeutung, welche der Antrag hat, ist nicht dort zu Suchen, wo Sie dieselbe vielleicht Suchen werden, oder Worin man sie zu finden glaubt. Ich muß mich daher noch über die politische Bedeutung dieses Antrages mit einigen Worten aussprechen.

Das gegenwärtige Ministerium, welches nun Seit mehr als 5 Jahren wirksam ist, hat als Seinen Beruf, als feine Aufgabe die Erzielung allseitiger Versöhnung und Verständigung aufgestellt (Gelächter) und Niemand ist berechtigt daran zu zweisein, daß es von diesem Berufe und davon Vollkommen überzeugt fei, daß es sie zu erzielen in der Lage sei. Aber wenn man auf den Erfolg sieht, muß man sagen, daß das Ministerium nicht nur nichts in dieser Richtung erreicht hat, daß es nicht nur weitab von dem Ziele ist, ja daß es viel weiter davon entfernt ist, als jemals. (Bravo! Bravo!) Wir merken auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens nicht blos in Böhmen, Sondern in ganz Oesterreich nichts davon, daß die Gegensätze sich auch nur einigermaßen gemildert hätten. Im Gegen* theil, es sind früher latent gewesene Gegensätze, während dieser 5 Jahre zu Tage getreten (Bravo! Bravo!) und die vorhanden gewesenen Gegensätze sind aufs äußerste verschärft und Verbittert Worden. (So ist es, so ist es.) Wir sehen es auf dem Gebiete der Produktion. Hat denn je in einer Weise ein Gegenfaß bestanden, zwischen den verschiedenen Faktoren bei der Produktion (lebhafter Beifall.) Ist nicht gerade auf diesem Gebiete etwas Entsetzliches eingetreten, der Klassenhaß (Bravo, Bravo , ist nicht auf eine Weise der Haß der Arbeiter gegen die Großindustrie und in Kleingewerbetreibenden (Bravo, Bravo,) letzterer gegen die Großindustrie, Aller zusammen gegen

das Kapital geschürt worden. (Bravo!) Und glauben Sie denn, Wenn dies fortan sich Steigert, daß der Haß gegen den Besitz gerade vor den Latifundien stille halteu, daß man nicht fragen wird, ob es denn nicht der Staat ist, welcher das Erbrecht schafft und schützt. Es ist eine große Täuschung, wenn man glaubt, daß diejenigen, welche das durch Sparsamkeit erworbene Kapital nicht achten, den durch Erbschaft erworbenen Großgrundbesitz achten werden. (Bravo, Bravo.) Diese Verschärfung aller Gegensätze ist etwas unermeßlich Gefährliches. Und ist es denn auf dem konfessionellen Gebiete anders? Ist es denn erhört, daß jene Verwilderung, welche sich in dem Antisemitismus ausspricht, sich jemals so breit gemacht hätte Wie das jetzt der Fall ist (Ruse: od Èechù ne Zu den Rufenden gewendet.) Ja Ja, wir leben in Oesterreich und in Oesterreich tritt diese Erscheinung zu Tage. (Rufe links: Sehr richtig! Bravo!) Aber auch in Böhmen ist man nicht ganz frei von dieser Erscheinung.

Und endlich die Nationalitäten! Ja, wer wird denn Sagen, dass in Böhmen und speziell, um mich nach den Wünschen der Herren auf dieses Land zu beschränken - es gilt dies aber auch im übrigen Österreich, dass da der Friede, die gegenseitige Verständigung in diesen letzten 5 Jahren irgend etwas gewonnen habe. Ich Witt mich da nicht in einen Beweis dessen einlassen, was jeder ohnehin fühlt, aber wenn es eines Beweises bedürfte, die vorgestern und heute eingebrachten Interpellationen würden Schriftstücke sein, die diesen Beweis zu liefern im Stande wären. (Bravo! Sehr richtig! links.)


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