Pondìlí 6. srpna 1883

Im Bezirke Neuhaus ist der Bezirk Neubistritz, den ich früher erwähnte, der rein deutsch ist, dann der Bezirk Neuhaus, wo die Stadt tschechisch ist von den Landgemeinden aber mehr, als l/3 deutsch.

Außerdem aber gehört noch dazu Wittingau und Lomnitz. Deshalb sind natürlich die Deutschen zu beständiger Minorität verurtheilt; dieser Bezirk hat 68000 Einwohner, davon sind 23000 Deutsche (Hört!), bleiben also 45000 Einwohner.

Also Sie sehen meine Herren, dass meine Behauptung eine wolhberechtigte ist

In einem Lande, woselbst es sich nicht so

darum handelt, dem einzelnen Bezirke Gerechtigkeit widerfehren zu lassen, sondern wo es sich, wie leider bei uns, der Fall ist, wesent ich darum handelt, das Verhältnis der beiden Nationalitäten in der Vertretung gerecht zu gestalten, in einem Solchen Laude isi man nicht berechtigt zu fordern, dass die Bezirke absolut gleich seien, sondern, das was man zu fordern berechtigt ist, ist dass beide Nationalitäten im Ganzen gleichmäßig vertreten find und damit man dieser Forderung gerecht Werden könne, müssen die Bezirke ungleich sein und man kann aus dieser Ungleichheit nicht auf eine Ungerechtigkeit der Wahlordnung folgern.

Ich will Ihnen übrigens zugeben, es fei möglich, dass durch diese große durch 20 Jahre fortgesetzte Agitation, wenn sie vor den Vertreter des Großgrundbesitzes Halt macht, und wenn Sie sich bloß darauf beschränken, der deutschen Nationalität so viel als möglich von Wahlbezirken heraus zu reißen, dass Sie vielleicht 2 oder 3 Wahlbezirke den Deuschen nehmen, und Sie vielleicht die deutschen Wahlbezirke von 62 auf 59 reduziren können, und damit den ewigen Forderungen der Gerechtigkeit Genüge geleistet hätten (Heiterkeit) und dabei zugleich auch die Gelegenheit haben würden zu sagen, wie versöhnlich Sie sind, (Heiterkeit), indem Sie Sich damit begnügt haben, den Deutschen nur 3 Plätze zu nehmen, weil nach allen möglichen Drehungen und Wendungen der Statistik Sie nicht dahin kommen konnten mehr herauszureißen (Heiterkeit) als 3, und weil nach der ungeheueren Agitation, die Sie seit 20 Jahren unterhalten haben, jedermann denken mußte: "das muß was Kolossales sein, um was die Deutschen begünstigt worden sind, das müssen 50 oder 60 Bezirke sein. " freilich bliebe dann für die Deutschen gar kein Wahlbezirk. (Heiterkeit).

Aber wenn Ihnen ein Solches Resultat unbedeutend erscheinte, uns erscheint es nicht so.

Wir sind nicht in der Lage einzuwilligen in eine Aenderung der Wahlordnung, durch welche die ohnehin auf ein Minimum reduzirte Zahl der Vertreter der deutschen Bevölkerung noch weiter verringert werden sollte. (Bravo!)

Freilich hat der geehrte Herr Berichterstatter im Ausschusse gesagt: Nein, nicht verringern wollen wir, sondern nur aus das richtige Maß zurückführen. (Heiterkeit. ) Nun ich denke es ist das eine sanftere Art der Hinrich-

tung (Heiterkeite), aber eine Hinrichtung ist es doch. (Bravo! Bravo!)

Und wenn der geehrte Herr Berichterstatter uns fragt, warum wir uns auch einer solchen miminalen Verringerung unserer Vertreter gegenüber ablehnend verhalten und ablehnend verhalten muffen, so sage ich, ganz abgesehen von den Gründen, Welche vom Standpunkte der nationalen Ehre im Verhältnis zu den Vertretern des Großgrundbesitzes früher angeführt worden sind: Darum, weil wirklich thalsächlich - und da mögen Sie sagen, was Sie wollen - eine gewaltige Ausiegung sich unseres deutschen Volkes bemächtigt hat; (So ist es!) ich weiß nicht, ob, wenn einzelne von Ihren Herrn glauben, dass das nicht der Fall Sei, ob auch der geehrte Chef der Landesverwaltung (Hört! Hört!) sich in gleicher Unkenntnis über diese Aufregung befindet. (Bravo! Händeklatschen).

Ich würde das bedauern, denn eine gesunde Verwaltung setzt vor Allem die Kenntnis der Zustände, voraus wie sie wirklich sind. (Bravo! Jawohl!) und wie sie nicht durch vielleicht geschmintte Berichte an die höhere Stelle geschildert werden. Und ich kann unmittelbar nach vollzogener aufregender Wahlkampagne hier Ihnen meine aufrichtige Versicherung geben, diese Bewegung wird weder durch die Zeitungen, die unsere Bevölkerung wenigstens im südlichen Böhmen nur wenig liest und noch weniger wird Sie durch einzelne Agitatoren in dieselbe hinein getragen. Diese Bewegung geht aus dem Volke hervor, (So ist es!) und sie geht nicht bloß aus ihm hervor, sondern wir Abgeordneten haben ihr gege= nüber - wenigstens ich fasse es so auf keine andere Verpflichtung, als die zu mäßigen und abzuschwächen. (Jawohl! Sehr richtig!)

Und wenn der geehrte Herr Abgeordnete der Egerer Handelskammmer das bezüglich der Bevölkerung das nördlichen Böhmens angeführt hat, so kann ich Ihnen dasselbe bezüglich des deutschen Volkes im südwestlichen und südlichen Böhmen sagen.

Es ist das eine Bevölkerung, die nicht leicht in Bewegung geräth, aber die letzten Wahlen haben gezeigt, dass sie trotz aller noch so gewichtiger und der deutschen Bevölkerung ungünstigen Einflüsse sich ihrer deutschen Nationalität wohl bewußt ist (Bravo!) und dass sie in gleicher Aufregung wie ihre Stammesbrüder im nördlichen Böhmen sich befündet.

Ja ich könnte Ihnen noch mehr sagen! der Gedanke, der Sie heute mit so Viel Entsetzen erfüllt hat, nämlich der administrativen Theilung ist zu allererst im südlichen Böhmen entstanden, und schon bor Jahren sind hier Petitionen eingelaufen (Hört! Hört!), welche die Einheit des Königreiches Böhmen nicht respektirend den Wunsch ausgesprochen haben, lieber nach Oberösterreich zugewiesen zu werden, weil sie hofften, dass sie dort wenigstens in nationaler Beziehung Frieden und Ruhe haben würden. (So ist es! Sehr richtig!) Die Aufregung ist also vorhanden. Sie können mir das glauben, ich bin kein Freund von einer großen Aufregung und ich wünschte, sie wäre vielleicht geringer.

Sie können aber fragen: Ja, ist denn diese Ausregung begründet bei so viel Versöhnung und Verständigung, die immer und überall bei jeder Gelegenheit entgegengetragen wird? (Heiterkeit. )

Freilich kommt dann bald wieder eine Nachricht von einem gemeinsamen Feinde der Polen und Tschechen, (Hört!) die geeignet fein kann, diese Verhöhnung und Verständigung einigermaßen abzuschwächen; aber ich will mich überhaupt mit Zeitungspolitik nicht befassen, wie es der geehrte Herr Berichterstatter gethan hat, fonst könnte ich von Königinhof einiges anführen, von der Versöhnung und Verstänbigung" daselbst, (Sehr gut! Sehr richtig!) und welche Ehre man bort einzelnen deutschen Abgeordneten angethan hat. (Heiterkeit. ) Aber darauf lege ich keinen Werth, das zeigt nur, dass eine Hebung der Volksschule in Oesterreich dringend nothwendig ist. (Bravo! Händeklatschen).

Aber, meine Herren, Wenn ich nicht weiter über die speziellen Gründe dieser Aufregung sprechen will, so werben Sie mir vielleicht erlauben, ein Zeugnis für das Vorhandensein dieser Aufregung und zwar ein ganz unbefangenes Zeugnis anzuführen und eine Thatsache daran darinen du knüpfen, welche zeigt, wie berechtigt diese Aufregung ist.

. Das Zeugnis - Sie werben sich wundern, dass ich ein solches Zeugnis anführe ist das eines Gerichtes, (Hört! Hört!)

Bekanntlich hat ein Abgeordneter in dem Nachbarlande Mähren vor nicht gar langer Zeit eine Rebe gehalten, welche viel Auffehen erregt, und auch die Aufmerksamkeit der Staats-

anwaltschaft, wie das bei uns gewõhnlich ist, (Heiterkeit) auf sich gezogen hat.

Die Rede wurde bei dem Abdrucke, der in Wien und auch anderwärts erfolgte, von dem gewõhnlichen Schicksale ereilt, konfiscirt zu werden, und zwar wurde vom Staatsanwalte eine ganze Summe von Verbrechen und Bergehen gefunden, welche durch den Abdruck einzelner Stellen dieser Rede begangen worden seien.

Der Fall gelangte nun zur Entscheidung des Wiener Landesgerichtes, und Sie werden mir einerseits zugeben, dass das Wiener Landesgericht fern genug ist von den bei uns vorkommenden nationalen Streitigkeiten, und dass andererseits das Wiener Landesgericht So wie die österreichischen Gerichte [überhaupt nicht mit allzu großer Milde die Zeitungen behandeln.                                              

Das Gericht hat dieß auch in dem gegebenen Falle bewiesen, indem es wegen einer Anzahl einzelner Stellen Der Confiscation stattgab. Aber die Staatsanwaltschaft hatte die Confiscation auch auf Grund des §. 302 des Str. -G. Aufreizung gegen Nationalitäten erwirkt, und dieselbe in einer Stelle gefunden, wo zur Entfaltung des deutsch-nationalen Banners aufgefordert worden war, nach dem allerdings vorausgeschickt war, dass die Slaven die Deutschen zu vergewaltigen beabsichtigen.

Nun heißt es in den Entscheidungsgründen und es wird Wohl gestattet Sein, diese kurze Stelle aus den Entscheidungsgründen vorzulesen: Es wird jedoch, in dieser Stelle mit keinem Worte darauf, hingewiesen, dass die deutschen Bewohner Österreichs, welche zur Wahrung ihrer Nationalität durch den Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 gleich allen übrigen Volksstammen berechtigt sind den übrigen Nationalitäten des Staates mit Feindseligkeiten entgegentreteten sollten und es kamen daher auch in der dießbezüglichen Stelle der Thatbestand des Vergehens nach §. 302 nicht erkannt werden. "Nun fiel mir ganz außerordentlich auf:

Es ist doch eine ganz merkwürdige Thatsache, wenn ein Gericht, das Organ der Exekutivgewalt, nämlich der Staatsanwatt das ist er ja - in {einen Entscheidungsgründen darauf aufmerksam machen muß, daß die

deutschen Bewohner Desterreichs zur Wahrung ihrer Nationalität ebenso wie alle übrigen Völker berechtigt Sind (Lebhafte Heiterkeit), ja wenn das Gericht voraussetzen muß, daß der Staatsanwalt von der Anficht ausgeht, daß die Deutschen nicht einmal dieses Recht haben, das ist dann doch ein Beweis, dass Grund zur Aufregung vorhanden ist. (Rufe: Sehr gut! Heiterkeit).

Und die Thatsache, von welcher ich Sprechen will, das ist eine eigenthümliche Thatsache; ich bitte nicht zu glauben, dass wenn ich sie anführe, ich dabei auf ein Terrain zurückkommen will, welches ich vor vor zwei Jahren hier in diesem Hause zu besprechen Gelegenheit hatte nämlich die Sogenannte Sprachzwangsverorbnung; aber folgendes ist die Thatsache:

Osterreich hat sehr wenige rein einsprachige Länder; es besteht regelmäßig aus Ländern, die zwei Sprachen als Landessprachen anerkennen, ja es gibt Sogar Solche, die mit drei Landessprachen gesegnet Sind. Für alle diese Länder gilt nun gleichmäßig der Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger und eines der Länder, welche in Bezug auf die Vertheilung der beiden Nationalitäten im Lande meiste Ähnlichkeit mit Böhmen hat, - ich will von anderen Ländern nicht Sprechen - ist Steiermark. In Steiermark ist der Süden von Slovenen bewohnt, wobei einzelne gemischte Bezirke sein mögen, der Norden von Deutschen gerade so bewohnt, wie - ich will nur eines anführen - der Egerer Kreis eigentlich blos von Deutschen bewohnt ist, dann der Percentualantheil derjenigen, welche die bölmische Sprache als ihre Umgangssprache erklärt haben, ist nicht großer als der Percentualantheil derselben Nationalität in Oberösterreich.

So gut Oberösterreich ein deutsches Land ist, so gut ist es der Egerer Kreis auch: was vom Norden Steiermarks gilt, gilt unzweifelhaft auch von diesem Gebiete.

Nun gilt für die Sprachlichen Verhältnisse bei den Gerichten Steiermarks wie Böhmens einerseits der citirte Artikel 19 und andererseits der §. 13 der allgemeinen Gerichtsordnung, darüber kann kein Zweifel fein.

Nun kann dasselbe wörtlich gleichlautende Gesetz nicht für Böhmen einen anderen Sinn

haben als für Osterreich. (Rufe:, Sehr richtig!) und doch hat das Justizministerium, der gegenwärtige Herr Justizminister nahezu gleichzeitig für beide Landessprachen Verordnungen erlassen, Welche für Steiermark und die deutschen Landestheile von Steiermark gerade das Gegentheil von dem festsetzen, was auf Grund desselben Gesetzes für Böhmens Verhältnisse gelten Soll.

(Rufe: Hört! lebh. Beifall links, Widerspruch rechts).

Freilich Sind aber die Gerichte berechtigt - und diese Berechtigung ist staatsgrundgesetzlich festgestellt - und Gott sei Dank, hält sich unser Gericht noch an die Staatsgrundgesetze - die Rechtsgültigkei solcher Verordnungen zu prüfen und so halten sich in Böhmen wenigstens noch immer durchaus nicht und wenigstens der oberste Gerichtshof nicht an diese Verordnung.

Aber was ergibt Sich daraus für eine Folgerung? Die Folgerung, dass an so maßgebender Stelle, wie es der Herr Justizminister ist die Ansicht herscht, (Rufe: Hört! hört!) dass ungeachtet die Staatsgrundgesetze für Böhmen gerade so erlassen wurden, wie für andere Länder, für Böhmen dennoch ein anderes Verfassungsrechtbestehen muss. (Rufe: Sehr gut! lebhafter Beifall) und wenn heute hier angeführt wurde, dass man an den Fundamentalartikeln noch festhalte, so möchte ich Sagen, es Scheint fast, dass nicht bloß die Herren, welche mit dem oft gedachten Vorbehalte in das Abgeordnenhaus eingetreten sind, sondern dass noch ganz andere Persönlichkeiten (Rufe: Hört!) daran festhalten, dass auch diese Persönlichkeiten der Anficht find, es gelte für Böhmen ein anderes Verfassungsrecht als für Steiermark (Rufe: So ist es!) und das ist es, was uns Deutsche in Böhmen beunruhigt und beängstigt. (Das ist es! Lebhafter Beifall. )

Sie wollen eben nicht etwas anderes fein als Oesterreicher (Rufe: So ist es!)

Erlauben Sie mir, bei diesem Anlasse auf einen Unterschied zwichen zwei Begriffen hinzuweisen, die nur zu leicht verwechselt werben, und welche ganz anders von den Angehörigen unseres Stammes und von den Ihrigen aufgefaßt werden, das sind die zwei Worte Heimat und Vaterland. Gewiss gibt es nicht leicht jemand, ich kann es sagen, der wie ich die verschiedenen Theile Deutschböhmens genug kennt, es gibt

nicht leicht jemand, der so treu hängt an der Stätte, wo er geboren wurde, an seiner Heimat, wie eben den Deutschböhmen (Rufe: ganz richtig! Bravo !) Viele, die jahrelang von ihrer Heimat abwesend sind, haben mit großen Geldleistungen außerordentliche Schöpfungen in ihren Heimatsstädten geschaffen, es ist dies etwas, was nicht der Vergangenheit angehört, sondern sich oft genug vor unseren Augen wiederholt; der Deutschböhme hängt an Seiner Heimat und hat auch Theilnahme für das Land, in welchem seine Heimatsstätte liegt, aber als sein Vaterland sieht er Österreich an (Anhaltender Beifall und Händeklatschen) und ich kann es Ihnen sagen, der Herr Abgeordnete für die Landgemeinde Tetschen, dessen Rede als der Ausdruck der Gesinnungen, der wirklichen Gesinnungen der deutschen Bauernbevölkerung angesehen werden darf (Beifall, Bravo!) und über welche man sich nicht moquieren sollte Sehr gut !) dieser Herr Abgeordnete hat der deutschen Bevölkerung aus der Seele gesprochen, wenn er sagt, wir sind nicht erst Böhmen und dann Österreicher, nein, wir sind Oesterreicher, wir wollen Oesterreicher sein, gerade so wie es die in Oberösterreich und Niederösterreich und Steiermark sind, wir wollen nicht erst dadurch zum Reiche gehören, dass wir Angehörige von Böhmen sind und weil Böhmen ein Bestandtheil von Osterreich ist, wir wollen nicht mittelbar. Staatsangehörige von Oesterreich sein, wir wollen nicht mittelbar an der österreichischen Verfassung theilnehmen, sondern Oesterreicher und nur Oesterreicher sein, alle Zeit getreue Oesterreicher (Anhalteuder Beifall und Händeklatschen) und meine Herren, das ist es, was uns trennt, wie der Herr Abgeordnete für die Egerer Handelskammer hervorgehoben hat, das ist die Kluft, die nicht zu überwölben ist, so lange nicht die Verfassung sich so eingelebt haben wird, dass von einer Wiederherstellung der Rechte der böhmischen Krone uns als von etwas, was einmal in der Geschichte gefordert wurde, nicht aber als von einer actuellen Forderung die Rede fein wird. (Lebhafter Beifall links).

Aber meine Herren, es ist auch noch etwas anderes, was uns scheidet, die deutsche Bevölkerung hat bei den Wahlen, hat bei so vielen Feierlichkeiten, welche zu Ehren des großen dahin geschiedenen Monarchen Josef II. veranstaltet wurden, und auf welche man auch nicht mit Geringschätzung hinwegblicken sollte (So ist es! Bravo!) bewiesen, daß ihr die Josefinischen Ideen, das sind die Ideen der Staatseinheit (Bravo links! Aha! rechts), aber ebenso auch die Ideen der Freiheit, des Fortschrittes (Bravo! Händeklatschen links) theuer sind.

Nun, meine Herren, Sie sind so wie wir Kinder unserer Zeit und ich kann mir gar nicht denken, dass trotz mancher Abstimmung Sie diesen Ideen absolut feindlich gegenüberstehen, diesen Ideen der fortschreiterden Kulturentwicklung. Aber es ist doch eine sehr verschiedene Auffassung der Stellung zu diesen Ideen möglich. Man kann meinen die Fahne Der Freiheit, der Kultur, des Fortschrittes, das ist eine Fahne, die, wenn Sie einmal entrollt ist, man nicht wieder zusammenvollen und in die Tasche steckeu kann, wenn es sich darum handelt, dadurch Sich in den Besitz der Macht zu setzen oder zu erhalten. Unsere Bevölkerung hat darüber eine andere Ansicht, sie meint dass sich der Forschritt ohnehin nur sehr langsam und allmählig im Völkerleben vollziehen kann und dass es eine Täuschung wäre, p glauben, man könne, indem man eine Zeit lang auf die Fortschritte verzichtet, ja sogar einfach Rückschritte unternimmt, weil man dadurch den Besitz der Macht erlangen oder erhalten kann, denn wenn die Zeit gekommen ist, wo man sich consolidirt hat mit Doppelschnitten den Weg wieder vorwärts zu machen (Heilerkeit), den man früher nach rückwärts eingeschlagen hat. So denkt unsere Bevölkerung nicht. Unsere Bewölkerung hat bei den Wahlen und bei allen Gelegenheiten ausgesprochen, es namentlich ausgesprochen dei der begeisterten Zustimmung, welche unsere Haltung in der Debatte über die Schulgesetznovelle (Sehr richtig!) gefunden hat, dass ihr die Ideen der Freiheit und des Fortschrittes solche sind, die nie und bei keiner Gelegenheit verleugnet werden dürfen. (Rauschender Beifall).

Glauben Sie denn, meine Herren, daß die Deutschen, Sogenannte Conservativen oder Ultramontanen aus den Alpenländern nicht, wenn wir auf ihre conservartien oder reaktionären Wünsche eingehen würden, nicht ebenso lieb, ja lieber mit uns (Bravo! Bravo!) als mit Ihnen gehen würden. (Händeklatschen links. ) Soweit sind sie doch noch deutsch, daß wenn sie den Deutschen bekämpfen, sie es nur um ihres Vortheiles willen thun (Heiterkeit, Sehr gut!) aber wenn sie ihren Vortheil mit den Deutschen erreichen könnten, so wäre es ihnen gewiß lieber (Sehr gut!) und ihre große Dreistimmenmajorität, welche genau zusammenfällt mit den 3Stimmen des oberösterreichischen Großgrundbesitzes (Heiterkeit), wäre wahrscheinlich leicht gesprengt gewesen, wenn wir uns zu einem solchen Compromisse verstanden hätten. (Bravo!).

Aber unsere Bevölkerung hat es gebilligt, und billigt es noch, daß wir nicht ein Solches

Compromis eingegangen haben, sie will, daß wir bei jeder Gelegenheit eintreten sollen für den österreichischen Staatt in seiner Einheit, und für die Ideem, der Freiheit und des Fortschrittes. (Bravo!). Sie hat uns hieher geschickt, um für diese Idee zu kämpfen, ich kann keinen andern Ausdruck gebrauchen als den zu kämpfen, - es gibt ja auch einen friedlichen Kampf und es würde doch gar eigenthümlich für den Befehlehaber einer Armee sein, wenn er in dem Momente, wo die Schlacht angeht, auf die Verminderung seiner Streitkräfte (Bravo! Heiterkeit) bedacht fein würde. Sie können uns daher wahrhaftig nicht zumuthen, daß wir für die Anträge der Kommission stimmen, Sie können uns auch nicht zumuthen, und wir werden es auch nicht thun, trotz aller - ich will mich eines sehr glimpflichen Wortes bedienen, um nicht gegen die parlamentarische Sitte zu verstoßen trotz aller Sehr unbegründeter Beschuldigungen (Sehr gut!). Zu dieser unbegründeten Beschuldigung rechne ich vor allem diejenige, welche wieder zurückkommt auf etwas, wovon ich wol glaube, dass man es hätte nicht wagen sollen, wieder mit diesen Vorwürfen gegen uns zu kommen, es ist das der Vorwurf, dass wir einen Schmerzschrei über die Grenze, ja Sogar in's Ausland geschickt haben (Hört!) Ich werde mir erlauben den Wortlaut dieser Stelle vorzulesen: erwägen Sie das meine Herren, Sie haben gegen uns so zu sagen das ganze österreichische Deutschthum in den Kampf gerufen und in einemfort behauptet, dass dem deutschen Elemente Unrecht geschehe, daß es bedroht ist ja sogar in's Ausland wurden Schmerzen sschreie gesendet.

Meine Herren, achten Sie, wie die Sachen stehen, diesen Schmerzen sschreien wird jenseits Der Grenzen kein Glauben geschenkt, denn Sie werden Ihnen zurückgeschickt. Uns also werden hier Vorwürfe in's Gesicht geschleudert daß wir Schmerzensschreie über die Grenze geschickt haben. (Hört!) Das wird vorgebracht, nachdem man densekben Vorwurf an einem anderen Orte in Wien bereits gemacht hat. Dies wurde nachträglich damit entschuldigt, ja unter Grenze habe man eine andere Grenze die böhmische Grenze verstanden, und wir haben uns beruhiget, obschon schwer zu begreifen war, wie ein Schmerzensschrei von Wien über die böhmische Grenze nach Wien geschickt wörden sein soll.

Nun möchte ich doch fragen, wann haben wir denn ein Memorandum über die Lage Böhmens (Beifall und Händeklatschen links), wann haben wir ein Memorandum über

die Lage Böhmens an einen auswärtigen Potentaten geschickt? Wann ist von uns eine Adresse an einen politisch-nationalen Congreß geschickt worden ? Wer berechtigt Sie uns guten österreichischen Patrioten (Bravo! Händeklatschen) diese Vorwürse zu machen?

Ist das etwa die angebahnte Versöhnung (Bravo, Bravo!)?

Das ist der eine von den Vorwürfen, die gemacht wurden.

Der andere ist, daß gesprochen werde von Gründen, - wie ungleicher Race, geringerer Intelligenz. - Allerdings bin ich weit entfernt, zu glauben, daß der Herr Berichterstatter damit etwa mich oder einen meiner Parteigenossen im Haufe gemeint hat, als wenn wir uns solcher Gründe bedient hatten; mich Schon gar nicht, weil er sich auf Jemanden beruft, der wiederholt Sich dahin ausgesprochen hat, daß beide Volksstämme Böhmens- auf gleicher Stufe der Bildung und Intelligenz stehen. Ich habe dieß in der That jederzeitig behauptet und darf dieß daher auf mich beziehen, wenn ich weit entfernt bin von der Eitelkeit, Führer einer Partei sein zu wollen, und von einem Solchen wird gesprochen, ich bin nichts als einfaches Mitglied einer Partei, in welcher es überhaupt keine Führer, sondern nur gleichberechtigte und gleichgesinnte Mitglieder gibt. (Bravo! Sehr gut!)

Weder ich noch irgend Jemand hat das je gesagt: der Herr Berichterstatter behauptet es Selbst blos in einer Polemik gegen Zeitungen, welche so gesprochen haben Sollen, und nennt es dann Impertinenz und Unsinn.

Aber man Sollte doch vorsichtiger sein, wenn ein Mann, auf dessen Stimme sein Volk so viel Gewicht schenkt, sagt, man habe die Nothwendigkeit einer deutschen Majorität wunderbarer Weise damit vertheidigt daß einer der beiden Volksstämme eine bevorzugte Race oder ein intelligenteres Volk sei, und wenn das sein Volk liest, muß es nicht glauben, daß Solche Argumente wirklich von uns geltend gemacht worden sind? (So ist es!) Muß das nicht auf der anderen Seite gerade So die Aufregung Steigern, wie es dieß bei uns bereits gethan hat? (Richtig')

Und wenn endlich der geehrte Herr Antragsteller von einem bedenklichen Abbruche

Spricht, welchen unser Liberalismus erlitten habe, bei der Abstimmung über die Wahlberechtigung der Fünfguldenmänuer im Reichsrathe, so ist dieß ein Vorwurf, der vollständig unbegründet ist; wir haben nicht blos für die Fünsguldenmänner, wir haben auch für eine noch weiter gehende Herabminderung bei den Landgemeinden gestimmt, wir haben dafür gestimmt, aber wir haben nicht dafür gestimmt, daß 40 Fideicommißbesitzer 5 Abgeordnete in den Reichsrath entsenden sollen (Bravo, Bravo!) und Sie haben diese Fünfguldenmänner hineingenommen wegen jener fünf Abgeordneten, nicht wegen der fünf Gulden.: (Bravo, Heiterkeit!)

Wir haben den Antrag gestellt, und hätte es beliebt 2 verschiedene Gesetze zu erlassen, so wäre das eine bezüglich der 5 fl. Männer durch unser einstimmiges Votum Gesetz geworden. Das haben Sie aber nicht wollen; Sie haben nämlich auch nicht wollen, daß unser Antrag angenommen werde über Einrechnung der Zuschläge in die 5 fl., und da kann dann ein gewandter Statthalter, je nach dem es mehr paßt, die Zuschläge in die 5 Gulden einrechnen oder nicht einrechnen. (Heiterkeit). Man kann da wirklich mit dem deutschen Sprichwort sagen: "Im Dunkeln ist gut munkeln. " Wir wollten die Klarheit und Sie haben die Klarheit abgelehnt. Das ist der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Abstimmung und ich weiß noch heute nicht, was wenn das Abgeordnetenhaus aufgelöst wird, bezüglich der 5 Gulden-Männer eigentlich geschehen wird. Denn man hat es ausdrücklich zurückgewiesen darin zu Sagen, nicht bloß wie wir wollten, daß die Zuschläge auch dabei in Betracht kommen Sollen, Sondern mau hat beschlossen, nichts zu beschließen, nicht "Ja" und nicht "Nein" zu Sagen, damit mau künftig nicht einmal sagen könne, man habe "Ja" oder "Nein" gesagt. (Heiterkeit. )

Aber welchen Grund hätten wir denn gegen das Wahlrecht der Fünfguldenmänuer zu stimmen, wir, die wir wissen, daß in den Landgemeiden der ärmeren Gegenden das Wahlrecht weit unter 5 fl. herabgeht, und die wir gerade in diesen ärmeren Gegenden des südli= chen und füdwestlichen Böhmens, in Gegenden, welche so vielfältigem Einfluß ausgesetzt sind, gesehen haben, mit welcher Wärme unsere arme ländliche Bevölkerung für den liberalen deutschen Kaodidaten eingetreten ist. (Bravo! Bravo!) Wir sollten uns vor der Wahlberechtigung der Fünfguldenmänner in unseren

deutschen Landgemeinden fürchten? (Rufe: Niemals!)

Das werden Sie doch nicht glauben! (Heiterkeit). Aber in einer Rede, die weit in's Volk hinausdringt, da nimmt es sich ganz gut aus. Versöhnen werden sie um so weniger wenn stets so grundlose Beschuldigungen an den Hols geworfen werden. Und so wenig als unbegründete Beschuldigungen, gerade so wenig werden Drohungen und Eindchüchterungsversuche etwas nützen (So ist es!)

Ich weiß nicht, was das heißen Soll: die Macht der Ereignisse und Verhältnisse wird über uns kommen. Wir haben für uns das gute Recht, bei Allem, was wir thun, und wir furchten uns nicht! (Widerspruch rechts, Sehr richtig! links. )

Und wenn der geehrte Herr Abgeordnete sich auf einen Spruch berufen hat, der aber, glaube ich, von weit älterem Datum schon ist, als er angeführt hat, so mochte ich auch sagen, ein älterer Spruch ist auch: "Thue Recht und Scheue Niemand", am allerwenigsten Verhältnisse und Ereignisse, mit welchen er uns einschüchtern will.

Ich habe Ihre Geduld lange in Anspruch genommen, (Rufe. links: Nein!) und komme nun zum Schluße und bin in der Lage zu erklären: Wir werden gegen den Antrag stimmen, weil uns Offenheit und Aufrichtigkeit im politischen Leben als etwas geziemendes erscheint, wir werden gegen den Antrag stimmen in der Überzeugung, dass wir damit unsere Pflicht thuen gegen Oesterreich, unser Vaterland, wie gegen unser deutsches Volk in Böhmen und wir werden es thun in dem Bewußtsein, welches dem Abgeordneten allein Beruhigung über Seine Handlungsweife zu geben vermag, in dem Bewußtsein, dass wir bei unserer Abstimmung in vollständigster Übereinstimmung mit denjenigen uns befinden, deren Vertrauen uns hieher gesendet hat.

(Lang anhaltender Beifall und Händeklatschen links; Redner wird von zahlreichen Abgeordneten beglückwünscht. )

Nejv. maršálek z.: Pøichází nyní k slovu jenerální øeèník pro návrhy komise.

Ich ertheile das Wort dem Hrn. General-

Redner für die Anträge der Commission, Sr. Exe. dem Hrn. Abgeordneten Grafen ClamMartinitz.

Abg. Graf Heinrich Clam - Martinitz: Hoher Landtag! Am Schluß Debatte ergreife ich mit einigem Bangen und Zagen das Wort, einesteils deswegen, weil es meine Aufgabe ist, nicht nur im eigenen persönlichen Namen zu Sprechen, Sondern auch dem Vertrauen derjenigen Herrn zu entsprechen, die zugleich mit mir eingeschrieben waren, an die aber die Reihe des Redens nicht gekommen ist und mir ihre Stimmen gegeben und mich zum General-Redner designirt haben.

Nicht ohne Zagen und Bangen, aber auch deßhalb, weil die Debatte weit hinausgegrissen hat über den Rahmen, welcher derselben nach meiner Auffassung durch den Antrag selbst vorgezeichnet und geboten war, und weil, wie es dabei eben nicht anders sein konnte, auch Gebiete nicht nur gestreift, sondern auch, ummittelbar betreten worden sind, wo die Überzeugungen Schroff gegenüberstehen, die Meinungen aufeinanderplatzen, und die Gefühle vielfach aufgeregt werden.

In letzterer Beziehung möchte ich zunächst etwas aus dem Rahmen der Debatte Scheiden mit einem kurzen Worte der Abwehr

Ich glaube, die Gerechtigkeit, die edle Aufwallung, welche den letzten Herrn Redner dazu vermocht hat sich zu wehren gegen jede Verunglimpfung, gegen jede Beeinträchtigung, gegen jede Verdächtigung des guten Willens, des Patriotismus, der Anhänglichkeit an das Reich, eben müßen ihm auch den Maßstab zu gerechter Veurtheilung dessen geben, welche Gefühle uns erfassen müßen, wenn wir in dieser ganzen Debatte, und zwar durch die ganze Reihe der Redner jedesmal den Vorwurf wiederkehren hören:,, Uns trennt von Euch das, dass uns allein der Reichsgedanke lieb ist, dass wir allein an Oesterreich festhalten, dass Ihr den Reichsgedanken, dass Ihr den Reichsverband lösen wollt, dass Ihr daraus hinarbeitet, ihn zu lösen!"

Diese Worte sind hier gesprochen worden, und meine Herrn! sie müßen von uns zurückgewiesen werden Ich muß sie mit der vollen Entrüstung zurückweisen, welche unser aller Herzen ergriff. (Výbornì! Bravo!)

Wir und alle Völker Oestereichs stehen

treu zu Oesterreich, die Deutschen und die Slaven, und sie haben es in bösen und in guten Tagen immer gezeigt. Und, meine Herrn! das geht nicht an, dass Sie, wie einer Ihrer Redner gesagt hat, behaupten.: "Die österreichische Volkshymne idt unsere Hymne, ist under Eigenthum!" Das ist ein Eigenthum aller Völker Oesterreichs, (Bravo! Výbornì) sie ist der Akkord, in welchem die Harmonie der Gefühle der Treue und der Loyalität aller Völker zusammenklingen.

Und so ist auch der österreichische Reichsgedanke, der Verband der österreichischen Monarchie, deren einheitlicher mächtiger Verband uns allen gleich heilig und theuer.

Aber, meine Herren, es ist nicht gut gethan zu sagen, es sei darum dieses Gefühl Schwacher bei Jenem, der auch an seinem Heimathlande, an seinem Vaterlande hängt, (Výbornì! Bravo!) und an dessen Geschichte, und meine Herren, ich kann es auch wirklich nur als eine Phrase bezeichnen, deren Sinn mir entweder dunkel ist, oder den ich gar nicht zulassen will, man fei eben darum nur mittelbar Anhänger des Reiches, weil man mit feinen Gefühlen fest vermachsen ist mit Volk und Land, mit und in welchem man ehrlich, treu und für immer zu Oesterreich steht und stehen will. (Bravo ! Výbornì!)

Ich glaube, man thut in keiner Weise gut, wenn man Erinnerungen, Überzeugungen, heilige Traditionen eines Volkes oder eines Landes lächerlich macht, oder sie in das Gebiet des alten Plunders zurückwirft. (Výbornì! Výbornì!)

Ich glaube, meine Herrn, in dieser Weise sollen wir nicht mit einander polemisieren.

Ich habe dies jetzt vorausgeschickt, um ein für alle Male damit abgethan zu haben. Wir müssen uns gegenseitig Achtung entgegenbringen, und das ist die erste Bedingung der Achtung, daß wir hier in diesem Saale nicht von Einem von uns voraussetzen können, daß er dem Anderen in dieser Beziehung nachstehe.

Wenn ich nun zum Gegenstande selbst übergehe, so habe ich früher bereits im Eingange angedeutet, daß die Debatte über den Rahmen hinausgegangen ist, der durch die Fassung des Antrages mir dargeboten schien.

Die Herren von der Gegenseite haben so-

fort diesen Rahmen des Antrages ausgefüllt mit Ideen, Meinungen, Vermuthungen, Vorausdetzungen, welche alle meiner Anficht nach im Antrage selbst keine Berechtigung und Begründung finden.

Sie haben sofort hineingetragen die Absicht, und es haben dies wiederholt die H. Redner ausgesprochen, die Absicht, sage ich, das deutsche Volk zu verkürzen "in seinem guten deutschen Rechte, " das deutsche Volk zu minorisiren, es zur beständigen Minorität zu verurtheilen, es zu unterdrücken.

Nun meine Herren, damit, daß Sie diese Voraussetzungen sofort als Behauptung aufgestellt haben, und daß Sie in erster Reihe herausgekehrt haben eben ihre Befürchtungen und Besorgnisse für die Interessen und den Bestand ihrer Nationalität, haben Sie eben diese ganze Frage der Wahlreform auf die schärsste Kante gestellt, denn wo politische Parteien mit einander kämpfen und ringen, da ist es in der Regel ein Kampf um Dieses und Jenes im Rahmen der bestehenden Ordnung. Die Parteien wechseln, die Nationen bleiben. Und darum ist ein Kampf auf dem Gebiete der Wahlreform zwischen den Nationen immer ein viel Schärferer, viel verbitterter. Denn hier kann es sich nicht um zufällige Ereignisse, nicht um den zufälligen Wechsel von Meinungen handeln, sondern es handelt es sich um positive Daten, um die Sprache der Zahlen und um die Frage, ob die Formeln der Wahlordnung diese Sprache der Zahlen und Ziffern, die Sprache des Rechtes getreu wiedergeben.

Man Sollte glauben, dass es nicht leicht möglich sei, daß darüber Zweifel obwalte, ob eine Wahlordnung in nationaler Beziehung den thatsächlichen Verhältnissen entspreche; denn hier handelt es sich ja um faktische Daten und daß dennoch Zweifel darüber bestehen, ist leider eben nur ein Beweis, daß auch in dieser Frage der Zauber der Macht Stärker, sinnberückender wirkt, als der Blick auf die heilige Fahne des Rechtes.

ES wird nun seit dem Beginne der Verhandlungen in diesem h. Hause seit der 1. Session desselben immer wieder von den Vertretern des einen Volksstammes mit Angabe von Ziffern und Zahlen Klage geführt, Auklagen erhoben, die Wahlordnung fei ungerecht, fei tendenziös ungerecht gegen den slawischen Volksstamm.

Nun meine Herren ich habe diese Ziffern

heute nicht zu prüfen, wir überhaupt find heute nicht da, um darüber zu Gericht zu sitzen, nicht da um die Resultate der Nachforschung zu prüfen. Aber ich meine, Wenn durch 20 Jahre mit Consequenz und mit Anführung gewichtiger und beachtungswürdiger Ziffern die Vertreter eines Vollsstammes nur um gleiches Recht bitten und anführen, sie seien in dieser Wahlordnung, in diesem Anspruche auf Recht, beeinträchtigt, verletzt, gekränkt, dann meine Herren ist es Pflicht, Pflicht des Rechtes und der Gerechtigkeit und ich möchte sagen von den Gegnern eine Pflicht des Austandes (Rufe Oho!) nicht zurückzuweisen die Möglichkeit, daß diese Frage erörtert, begründet und auf Grundlage der Ergebnisse entschieden werde.

Meine Herren, wenn der geehrte H. Redner mir gegenüber gesprochen hat, "das gute deutsche Recht das lassen wir uns nicht nehmen", nun meine Herren, da gilt es zu beweisen, ob es denn gutes deutsches Recht ist, (Oho links) ob es ihr gleiches Recht, ob die Ziffern und Zahlen, und ob die Grundlagen dieser Wahleintheilung gerecht sind. Wenn sie es sind, wird Niemand von uns daran gehen, sie zu verkürzen; aber meine Herren ausweichen der Untersuchung, ablehnen das Forum, sofort die Klage a limine abweisen; das schafft vielmehr der Vermuthung Eingang, daß man es behalten will, weil es Macht giebt, nicht aber weil es Recht ist. (Bravo rechts. Výbornì. )

Sie haben, wie ich erwähnt habe, die Sache als Gefahr für die deutsche Nation sofort hingestellt, sie haben sofort von Unterdrückung, von Verkürzung gesprochen und Sie haben als bewiesen hingestellt, daß zweifellos diese Verkürzung und nichts anderes Absicht des Antrages fei. Nun meine Herren ich sage, eine Solche Voraussetzung, um als Behauptung hingestellt zu werden, muß vor Allem bewiesen werden, und das kann, wenn es überhaupt der Fall ist, nur im Wege der Verhandlung, Ergründung, schließlichen Entscheidung auf dem Boden der gewonnenen Resultate geschehen. In Vorhinein dem anderen Volksstamme und nicht blos dem anderen Volksstamme, sondern den Vertretern der Majorität dieses Landtages im Vorhinein die Ansicht zumuthen, in einem Antrage, welcher nur Principien des gleichen Rechtes aufstellt, sei gemeint die Unterdrückung des deutschen Volksstammes, das m. H. ist eine Kampfesweise, welche kaum zur Verständigung führen kann.

Allerdings scheint mancher H. Redner davon

ausgegangen zu sein, daß man in einer Zurückführung auf das richtige Maß, in einer richtigen Beurtheilung, in dem Aufgeben einer vielleicht auf unrichtiger Vasis beruhenden Präponderanz schon eine Verkürzung und Unterdrückung Sieht.

Aber meine Herren, wo ist die Grundlage, wo ist der Anspruch für die Präponderanz, wenn sie im Widerspruche mit den thatsächlichen Verhältnissen steht.

Wir werden, meine Herren, über diesen Punkt nie hinaus kommen, wenn es nicht gelingt, diejenigen Fragen, welche eben die Nationalitäten, ihre Existenz und ihre Individualität berühren, dem Belieben der jeweiligen Majorität zu entsprechen, wenn es uns nicht gelingt dem Grundsatz Geltung zu verschaffen, daß in Nationalitatsfragen eine Majorisirung nicht einzutreten hat, wenn es uns nicht gelingt, diesen Grundsatz auch praktisch formuliren und ihn mit besonderen Garantien zu umgeben.

Das, meine Herren, haben Sie im Laufe der heutigen Debatte in's Lächerliche gezogen, Sie haben es als unmöglich hingestellt.

Aber meine Herren, wenn man dieser Meinung wirklich huldigt, daß es nicht möglich, in Bezug auf die Schulfrage, in Bezug auf die Sprache bei Gericht und Amt, in Bezug auf die Sprache im öffentlichen Leben (und darauf reduziren sich im Wesentlichen die Gegensatze in der Sprachenfrage), daß es nicht möglich ist, hierin eine Verständigung beider Nationen zu gewinnen (wogegen freilich die ganze frühere Geschichte des Landes spricht), Wenn man dieser Anficht huldigt, dann allerdings kömmt man zu Resultaten, wie die, welche wir heute mit tiefem Bedauern Verzeichnen müssen. (Bravo, Bravo rechts. )

Meine Herren, es ist wohl das erstemal, daß in der Landtagsstube des Königreiches Böhmen man offen und unumwunden die Trennung und Zersplitterung des Landes in Vorschlag gebracht hat. (Rufe: Sehr gut links. Výbornì rechts und im Centrum, Händeklatschen, große Aufregung im ganzen Haufe), und es war nicht genug, daß wir es einmal hören mußten, immer wieder kam man darauf zurück, offenbar war es eine ausgegebene Parole (Rufe: Nein, nein links, Oho links, výbornì, výbornì im Centrum, Bravo rechts) und die Taufende der Abdrucke der heute ge-

haltenen Reden werden sie heraustragen in's Land (lebhafter Beifall rechts und im Centrum) und die Stimmung des Landes wird davon beeinflußt werden. (Rufe: Sehr gut, Bravo rechts. )

Meine Herren, man hat viel von der Stimmung im Lande gesprochen. Es ist müßig darüber zu streiten, ob die Stimmung Von unten herauf gemacht wird oder von oben herunter, ob dieselbe von hier hinaus getragen wird oder umgekehrt. Da ist eine Wechselwirkung unvermeidlich. Aber allerdings ist es ganz richtig (wenn es nur auch immer strenge Regel wäre), es ist richtig, was der unmittelbare Herr Vorredner gesagt hat, in dieser Wechselwirkung solle das mäßigende Element in den gewählten Vertretungskörpern, in den leitenden Kreisen beruhen.

Aber, m. H., wir haben vielfach andere Ansichten gehört und, man darf denn doch nicht lediglich von einer selbstentstandenen Stimmung sprechen und sie dann auch als wunderbares Gewächs hervorstreichen, wenn man, wie ich davon Beweise vor mir habe, Wahlaufrufe erläßt, wo man jene Deutschen, welche nicht unmittelbar mit der deutschen Nationalpartei, wie sie jetzt constituirt ist, gehen, als Verräther des Landes hinstellt (Výbornì) und darin sagt, daß sie für Polen die Robotten und den Zehent für den Peterspfennig einführen willß; das, meine Herren, ist in einem in Böhmen gelegenen Wahlbezirke in einem Wahlaufrufe geschehen, den ich zur Hand habe; und das, meine Herren, ist eine Aufreizung der öffentlichen Meinung und Stimmung, welche allerdings mit der Farbe des Papiers, auf welchem der Aufruf gedruckt ist, in näherer Verwandschaft steht. (Sehr gut. Bravo!)


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