Pondìlí 6. srpna 1883

Das ist der wesentliche Unterschied.

ES mag Sein - ich bin Schon gewohnt in Oesterreich das Unwahrscheinliche zu glauben daß die kühnsten föderalistischen Pläne in Erfüllung gehen.

Es ist möglich, daß Oesterreich von Böhmen beherrscht wird. Dazu will ich nicht Helfer fein und darum stimme ich gegen die Commissionsanträge. (Beifall; Händeklatschen. )

Nejv. maršálek z.: Pøichází nyní k slovu pøíští pro návrhy komise zapsaný øeèník p. posl. dr. Palacký. Dávám jemu slovo.

Dr. Palacký: Meine Herren! Als mein verewigter Vater vor 22 Jahren zum ersten Male den Wahlreformantrag einzubringen im Landtage die Ehre hatte, da hatte ich die Ehre den damaligen Regierungsvertreter Baron Kellersperg zu sprechen.

Im Namen des so verehrten Ministers Schmerling lehne er jede Verantwortung für die böhmische Wahlordnung ab; diese sei das Werk des gewesenen Ministers Meczery, welcher zu diesem den in den Akten befindlichen Schimmel aus dem Jahre 1849 aus der Bachschen und aus der Goluchowskischen Periode copirt habe. Meine Herren! er setzte noch hinzu, er habe den Antrug mit der Motivirung vertreten, es könnte Sich hiebei höchstens um 5 Mandate handeln, welche verloren gehen könnten.

Leiber hat damals der wolmeinende Rath des Altmeisteis der deutschen Verfassungspartei nicht die Oberhand erhalten und die Folge hievon sind die Zustände, deren Traurigkeit von Allen, auch von Ihrem letzten Herrn Redner anerkannt worden ist.

M. H. hier nützen meiner Ueberzeugung nach keine Reden mehr, hier muß gehandelt werden. Es muß die That auf die Worte folgen. Sie Sprechen von Mißtrauen, vom tiefen Mißtrauen, das in der deutschen Bevölkerung gegen diese Secte des hohen Hauses besteht.

Ich will dies zugestehn. Leider    aber

muß ich konstatiren, daß auf der andern  Seite

des Landes ein ebenso tiefes Mißtrauen  gegen Sie besteht.

Sie haben eine lange Lifte von Rekriminationen gegen die eine Seite des hohen Hauses vorgebracht.

Davon kann vieles begründet sein, ich will es anerkennen, aber Sie werden mir. zugestehen: Iliacos intra muros peccatur et extra; und wenn ich geneigt wäre Rekriminationen anzustellen, so könnte ich vielleicht auch mit einer langen Liste dienen und sie enthielte vielleicht nicht so kleinliche Dinge wie die Schule in Hollesthowitz (Rufe: Hört!)

Meine Herren! Das hat mich wieder an die Worte eines meiner edlen deutschen Freunde erinnert, es handle sich in manchen Dingen wirklich nur um den Nachtwächter in Èaslau.

Meine Herrn! Hier ist ein großes, wichtiges Feld, hier ist eine bedeutende Epoche, es handelt sich um den Frieden zwischen den zwei größten Culturstämmen Europas, es handelt sich sich um den Frieden in Österreich, es handelt Sich um den Frieden in Böhmen.

In dieser Zeit, glaube ich, sollten alle Rücksichten zurückstehen.

Die Partei, der seit 22, Jahren anzugehören ich die Ehre habe, - ohne Verläugnung meiner nationalen und anderen Grundsätze, sie hat diese Aufgabe begriffen, sie ist eine politische und keine nationale Partei, sie hat dies bewiesen, als sie über meinen Antrag es abgelehnt hat, der Deklaration beizutreten. Das, meine Herren, ist eine Thatsasche, nicht bloße Worte.

Ich glaube, meine Herren, eine Partei, die So gehandelt hat, und die vielleicht nicht ganz unschuldtg ist, an jenem vom letzten Redner so spöttisch angeführten Winde von unbekannter Richtung, (Rufe: Hört!) eine Partei, die es stets ausgesprochen hat, sie werde wie ein Mann einstehen für Gerechtigkeit und für den Frieden im Lande, eine solche Partei, glaube ich, verdient das Mißtrauen nicht früher, als bis sie es verdient hat durch Thaten und nicht durch Worte.

Meine Herren, die Partei, der anzuhören ich die Ehre habe, ist noch nicht in die Lage gekommen, Ihnen Vorschläge zu bringen.

Es ist von einem Herrn Redner hingewiesen worden auf die Fundamentalartikel, für die auch ich gestimmt habe. Diese waren aber ein Compromiss, welches geschloffen wurde unter den verschiedenen Parteien verschiedener Völker und welches besiegelt wurde durch die Zustimmung des Ministers für ungarische Angelegenheiten. (Dhorufe). Ein Kompromiss, woran die Partei als solche mitwirkte. Ein Kompromiss befriedigt Niemand, sonst ist es kein Kompromiss, sonbern der Sieg einer Partei, also wir müssen im Detail die Verantwortung ablehnen, wenn wir auch im Großen und Ganzen übereingestimmt haben.

Und meine Herren, ist denn heute davon die Rede? was kommt in dem ganzen Antrage vor ? Wir suchen Mittet und Wege, um zu einer gerechten Wahlordnung zu kammen; erscheint ein anderer Vorgang möglich?

Der erste und der letzte der Herrn Redner haben Gedanken ausgesprochen über die zukünftige Organisation Böhmens.

Ich enthalte mich jeder Meinungsäußerung darüber: erstens weil ich nicht weiß, ob die Herren formell dazu berechtigt waren oder ob es bloße personliche Ansichten sind und zweitens, weil dieser Gegenstand nicht auf der Tagesordnung steht.

Aber können selbst diese Ansichten anders als auf dem in diesem Antrage bezeichneten Wege verwirklicht werden? Setzt nicht dieser Antrag eine reife Vollberathung, setzt er nicht ein gesammeltes Materiale voraus?

Und das Organ hiefür wäre ja der Landesausschuß, in dem mein sehr verehrter Freund,

der erste Redner in dieser Debatte sammt zwei anderen hochverehrten Herren der deutschen Nationalität sitzen, in dem die ganze Majorität auf einem Herrn beruht, der selbst der deutschen Nationalität angehört und nur politisch anderer Meinung ist, als die Herren drüben.

Setzt das nicht, meine Herren, voraus, daß dieser Landesausschuß Ihnen wahrscheinlich keine ungerechte Sache bringen wird, und Wenn er eine ungerechte Sache bringen wurde, so haben Sie dann Zeit zu sprechen, zu handeln. Beweisen sie uns dann die Ungerechtigkeit, wir Werden für nichts Ungerechtes einstehen.

Aber ich glaube, meine Herren, wir fündigen groß und schwer an dem Geiste unserer Zeit. Mit Recht hat einer der Herren darauf hingewiesen, dass die fortschreitende Bildung einen einheitlichen Fortschritt mit sich bringt.

Meine Herren, wir haben schon 22 Jahre in einem Bürgerkriege Verloren, der uns keinen Nutzen gebracht hat, keinen Nutzen bringen konnte, und in seiner Fortsetzung auch keinen Nutzen bringen wird.

Wir haben unser Vaterland, das engere und das weitere, damit tief geschädigt, das ist meine feste Ueberzeugung (Rufe rechts: Sehr richtig! Hört!)

Ich nehme mich auch nicht aus (Heiterkeit). Wer in diesem Hause ohne Fehl ist, der Soll den ersten Stein werfen. Ich wüßte nicht, ob es das jüngste Mitglied vermag.

Was folgt aus all diesem? Einen anderen Weg möge der: einschlagen, der es besser weiß. Ich weiß keinen anderen Weg und Niemand kann einen anderen Weg vorschlagen, als den Weg [der Untersuchung, den Weg des Antrages.

Es Schwebt mir vor, daß allerdings eines zu wünschen wäre, eine herzlichere, versöhnlichere Stimmung zwischen beiden Bruderstämmen des Landes und in der Beziehung glaube ich einige Worte, die der letzte Herr Redner gebraucht hat, als eine Art von Friedenstaube aus der Arche ansehen zu sollen (Hört!).

Der Herr hat ausgesprochen, daß er die Söhne der anderen Nationalität, die ihrer Ueberzeugung folgen, sich vollkommen gleich erachte.

Meine Herren, das glaube ich, ist der erste Standpunkt, der eingenommen werden muß.

Zuerst der Standpunkt der vollen Freiheit, dann der Standpunkt der Gleichheit und dann wird sich der Standpunkt der Brüderlichkeit von selbst ergeben.

Aber, meine Herren, wenn zuerst ein Privilegium gefordert wird, welches vielleicht einmal berechtigt war, welches aber seine Berechtigung verloren hat, dann muß ich bedauern, daß ich darauf nicht eingehen könnte.

Nur auf der Basis der unbeschränkten Freiheit und Gleichheit kann der persönliche Friede meiner Anficht nach geschaffen werden.

Jeder Hinterhalt erweckt Mistrauen. Offen und klar soll alles zwischen uns Stehen (Rufe rechts: So ist es!), vollkommen gleich sollen alle sein und auf dieser Basis wollen wir uns wiederfinden als Brüder des arischen Volksstammes, als nächste Verwandte der beiden größten europäischen Kulturnationen.

Ich erlaube mir nur noch eines zu bemerken. Wohin soll diese Kritik fuhren? Es wird niemand glauben, daß eine Ausrottung dieses oder jenes Stammes möglich sei, es es wird niemand glauben, daß in den Wechselfällen dieses Krieges eine andere Entscheidung kommen wird als die Entscheidung der Ermüdung.

Warum sollen wir auf diesem, meiner Ueberzeugung nach verderblichen Vorhaben beharren, warum sollen wir einen tödtlichen Kampf führen, um uns zum Schlusse bei eingetretener Ermüdung dort zu finden, meine Herren, wo wir heute stehen. Ich glaube, daß ich hier zu beiden Stämmen sprechen muß.

Pánové! Nebyl to žádný zisk pro nás, a myslím, že mluvím každému z duše, když si pøeji, aby to nebylo více; pøejeme si mír proto, ponìvadž jej potøebujeme oba národové. Mají oba hmotné úkoly rozøešiti, úkoly mravní, úkoly sociální, které nejsou rozøešeny, úkoly spoleèenské.

Ich erlaube mir, meine Herren, noch auf eines aufmerksam zu machen; ich glaube nicht, dass Sie durch 22 Jahre des Kampfes irgendwie gewonnen haben. Die 5 Kandidaten, deren mein Freund Kellersperg damals erwähnte,

sind langst verloren und vielleicht noch einige Verzugszinsen mehr.

Ich glaube nicht, daß nach der Einmüthigkeit, mit der das deutsche Volk bei den letzten Wahlen seine Vertreter wiedergewählt hat, Sie einen Verlust irgend eines Bezirkes zu befürchten haben.

Andererseits muß ich eines gestehen: Die Frage der Theilung des Grundbesitzes in Böhmen, ich habe sie zuerst im Jahre 1872 aufgeworfen, ist es gefehlt, so bekenne ich mich zu diesem Fehler. Ich that es um der Minorität des Großgrundbesitzes und zwar der Minorität in deutschen Gegenden eine Vertretung auf jeden Fall zu verschaffen; wenn ich gefehlt habe, so war es in guter Absicht, aber ich gestehe hier, als man diese Frage anregte, so hatte man keine andere Absicht, als die Vertretung der Minorität.

Uebrigens ist es eine Sache, über die die Herren noch diskutiren werden und die Sie, Wenn Sie nicht wünschen, auch nicht annehmen müssen.

Deshalb aber den großen nationalen Zwist in infinitum zu verlängern, das meine Herren, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinigen, und deshalb, meine Herren, werde ich für die Anträge der Kommission stimmen. (Lebhafter Beifall rechts und im Centrum. )

Oberstlandmarschall: Zum Worte hat sich gemeldet zur formalen Behandlung Fürst Karl Schwarzenberg.

Žádal za slovo k formalnímu návrhu Karel kníže Schwarzenberg.

Kníže Karel Schwarzenberg: Dovoluji si uèiniti návrh na konec debaty (Bravo, Výbornì).

Nejv. maršálek zem.: Kníže Karel Schwarzenberg èiní návrh na konec debaty.

Fürst Karl Schwarzenberg stellt den Anteag auf den Schluß der Debatte.

Žádám pány, kteøí s tímto návrhem souhlasí, by vyzdvihli ruku

Ich ersuche die Herren, welche dem Antrage zustimmen, die Hand zu erheben (Es geschieht. )

Der Antrag ist angenommen.

Návrh jest pøijat.

(Zvoní. ) Následkem uzavøení debaty bude jak øeèníkùm zanešeným "pro, " tak tìm, kteøí jsou zanešeni "contra, " voliti jenerální øeèníky.

Die Herren Redner sowohl "pro" als "contra", haben sich über je einen Generalredner zu vereinigen.

Ich werde daher die eingetragenen Herren noch einmal verlesen.

Ich muß noch vorher mittheilen, daß ich es unterlassen habe, dem hohen Haufe anzuzeigen, dass sich wahrend der letzten Rede der Herr Abdeordnete Dr. Krofto zum Worte gemeldet hat.

Pøihlásil se ještì k slovu pan dr. Krofta pro návrh.

Es find daher eingetragen contra die H. Abgeordneten Sigmund, Ehrlich, Graf, Dr. Herbst, Dr. Starck.

"Pro" jsou zaneseni pánové: Karel Tùma, dr. Grégr, hrabì Lev Thun, dr. Milde, Jindøich Clam-Martinic, dr. Vašatý, pan Šabatèi, hrabì Harrach a Dr. Krofta. (Zvoní. )

Die Herren, welche contra eingetragen find, haben sich auf Sr. Ecx. H. Dr. Herbst geeinigt.

Pánové, kteøí byli zapsáni,, pro, " prohlásili Jeho Excellenci p. hrabìte Jindøicha Clam - Martinice za jeneøálního øeèníka.

Ich ertheile sonach, nachdem der letzte Redner für gesprochen hat, dem Generalredner gegen den Antrag Exe. Dr. Herbst das Wort.

Abgeordn. Dr. Herbst: Es ist eine bekannte Thatsache und es hätte der ausdrücklichen Bestätigung derselben in der Begründungsrede des Hrn. Berichterstatters nicht bedurft, daß seit einer langen Reihe von Jahren, eigentlich seit mehr als 20 Jahren schon die angebliche Verkürzung der tschechischen Nationalität durch die Landtagswahlordnung und die angebliche Bevor-

zugung der deutschen Nationalität bei derselben als ein Agitationsmittel und zwar als ein sehr ausgiebiges Agitationsmittel benützt wurde. Das liegt auch in der Natur der Sache, denn es ist begreiflich, dass wenn eine mächtige Partei Sich in die Minorität versetzt findet und wenn ihr glaublich gemacht wird, dass diese Versetzung in die Minorität durch eine Rechtsverkürzung herbeigeführt wurde, dieß ein Agitationsmittel von solcher Mächtigkeit ist, dass es ganz naturgemäss tst, wenn von demselben Gebrauch gemacht wird, und darauf nicht verzichtet wird, auch wenn es sich dabei nicht gerade so genau um die Wahrheit handelt. (Sehr gut! Heiterkeit).

Denn ebenso klar und gewiss wie die angeführte Thatsache ist, dass die Minorität, in welche sich jene Partei versetzt gesunden hat, durchaus nicht durch die Anzahl der Sitze in den Stadt= und Landgemeinden für die deutsche Nationalität herbeigeführt wurde, sondern einzig und allein durch die Vertretung des großen Grundbesitzes. (So ist es!)

Wenn eine Majorität jemals durch die deutschen Landgemeinden= und Stadtgemeinden= Vertreter herbeigeführt worden wäre, so hätte der gedachte Vorwurf und das gedachte Agitationsmittel eine Bedeutung, aber das war ja nie der Fall.

Die Zahl der Vertreter der deutschen Stadt= und Landbezirke war ja immer kleiner, als wie es auch in der Natur der Sache liegt, die Zahl der Vertreter der anderen Nationalität.

Nicht also durch die angebliche Bevorzugung der deutschen Nationalität, Sondern durch die Rücksichtnahme der Landtagswahlordnung auf den großen Grundbesitz ist jenes Resultat herbeigeführt worden.

Heute haben sich nun die Verhältnisse gegen uns geändert, heute ist die frühere Majorität auf eine Minorität von 75 Stimmen zusammengeschmolzen, und die frühere Minorität zählt ihr entgegen 167 Stimmen.

Es hat somit die Partei, welche früher auch hier die Majorität hatte, nicht einmal ein Drittel der Stimmen im hohen Hanfe. Jetz verfängt also jenes Argument nicht mehr, denn daß den Ansprüchen der deutschen Nationalität in Böhmen zu viel Rücksicht gezollt werden soll, wenn sie nicht ganz ein Drittel sämmtlicher Sitze im Landtage hat, wird denn doch wenig-

stens Derjenige nicht behaupten wollen, welcher unter dem Titel der Versöhnung sich der deutschen Nationalität nähern will (Sehr gut!) und versöhnen kann man sich doch nur mit einem Gegner, den man nicht gleichzeitig in seiner Bedeutung herabsetzen, unternimmt. (Bravo!)

Aber ich erkenne es ja gerne an, Sie können nicht anders und Sie müssen auch jetzt noch von der Voraussetzung ausgehen, daß durch die Landtagswahlordnung die Deutschen in ungerechter Weise begünstigt und die èechische Nationalität in ungerechter Weise benachtheiligt worden sei. Ich erkenne es vollkommen an. Denn wenn man dem Volke durch mehr als 20 Jahre immer vorgesagt hat, durch diese ungerechte Begünstigung sei es im Landtage in die Minorität gekommen, kann man nicht auf einmal, wenn man zur Majorität gelangt ist, das fallen lassen, was man 20 Jahre lang als Agitationsmittel benützt hat. (Heiterkeit, Oho= rufe).

Ich bin billig genug, um anzuerkennen, Sie können nicht anders, Sie müssen das sagen.

Freilich aber ist der Antrag ein ganz eigenthümlicher, er muß von der Voraussetzung ausgehen, die bisherige Landtagswahlordnung habe dem Rechte nicht entsprochen und er muß von der Voraussetzung ausgehen, sie würde dem Rechte nur dann entsprechen, wenn Sie das Wahlrecht mit Rücksicht auf die Bevölkerungszahl und die Steuerleistung vertheilt, und es wird dies auch ausdrücklich im ersten Absatze des Antrages gesagt, ganz allgemein wird es gesagt, und glauben Sie, daß wenn die Forderung aufgestellt wird, daß das Wahlrecht nach Steuerleistung und Bevölkerungsziffer gleichmäßig vertheilt werde, daß diese Forderung Halt machen könnte vor der Vertretung des Großgrundbesitzes. (Sehr gut! sehr gut!).

Das Scheinen die geehrten Herren wohl nicht überlegt zu haben. (Heiterkeit!)

Nach Bevölkerung und Steuerleistung! Dem Verhältnis von Bevölkerung und Steuerleistung soll es widersprechen, daß 20. 000 deutsche Bewohner Böhmens mit einer ganz enormen Leistung an direkten und indirekten Steuern durch 62 Abgeordnete hier vertreten sind.

Aber daß 500 Großgrundbesitzersfamilien

(hört, hört!) mit einer Steuerleiftmig, die geradezu minimal ist gegenüber derjenigen, welche direkt und indirekt von den Deutschen in Böhmen geleistet wird, daß die durch 70 Stimmen, ganz abgesehen von den Virilstimmen, vertreten sein sollen, das soll vollkommen der Bevölkerungsziffer und Steuerleistung entsprechen. (Bravo! Bravo! sehr gut!) (Händeklatschen. )

Ja, mein Herren, Sie spielen ein gefährliches Spiel, (Sehr gut) wenn Sie der deutschen Bevölkerung zumuthen zu sagen, Euere 2, 100. 000 und Euere Steuern, find nicht so viel werth, wie die geringe Zahl der Großgrundbesitzer und ihre verhältnismäßig geringe Steuerleistung.

Dann könnte weiter diese deutsche Bevölkerung sagen: Rührt nicht an dieser geringen Vertretung, die wir hier noch im Landtage haben.

Denn das wäre mit der Ehre und der Würde unserer Bevölkerung in der That nicht vereinbar, wenn sie einer Handvoll von Personen nicht einmal gleichberechtigt sein soll. (Bravo! Bravo!)

Nicht wir regen diese Frage an, die durch die Annahme des Antrages unaufhaltbar wird, wir rühren nicht an der Landesordnung und an der Wahlordnung und an der Vertheilung der Sitze, wie sie durch die Landes- und durch die Wahlordnung unter die verschiedenen Kurien getroffen ist.

Aber glauben Sie ja nicht, daß Sie die einmal in's Rollen gelangte Kugel ganz beliebig wieder zum Stillstehen zu bringen im Stande sein werden.

Und dann glauben Sie, daß wenn einmal die Frage entsteht: "Sind 62 Abgeordnete für das deutsche -Volk zu viel, " die andere Frage immer unterdrückt werden wird: "Sind 70 Abgeordnete nicht für die Vertreter des Großgrundbesitzes zu viel. " (Sehr richtig !)

Ich muß daher gestehen, daß es mich ganz außerordentlich gewundert hat, daß der Antrag - er ist zwar nicht unterschrieben von den Vertretern des Großgrundbesitzes, und es wäre daher möglich, daß jene Wolkenschieber, welche manche Wolke beseitigt haben, auch diese vom Horizente zu beseitigen wünschen würden,

(Heiterkeit) - aber daß der Großgrundbesitz so einfach dem Antrage zustimmt, welcher mehr oder weniger nicht den deutschen Vertretern, den Vertretern der deutschen Bevölkerung nachtheilig sein kann, welcher aber ganz gewaltige Consequenzen für die Vertretung des Großgrundbesitzes nach sich ziehen kann.

Freilich, nachdem der Antrag einerseits davon ausgeht: "Ja es soll das Wahlrecht mit Rücksicht auf die Bevölkerungszahl und Steuerleistung möglichst gleichmäßig Vertheilt werden, " hat er dann mit der Vertretung des Großgrundbesitzes in seinem weiteren Verlaufe nichts zu thun.

Vom fideicommissrischen Besitz sagt er gar nichts, vom nichtfideicommissarischen Vesitz, daß möglicher Weise getheilt werden soll. Allein die erste und Hauptsache ist ja eben die, die ich anzuführen die Ehre habe.

Und beim fideicommissarischen Vesitz, wie stellt sich erst gar bezüglich desselben die Sache ?

Es handelt sich nicht einmal um 500, sondern um 40 Wahlberechtigte, und wenn man diese Vierzig Wahlberechtigte, welche 16 Abgeordnete in den Landtag zu entsenden berechtigt bleiben sollen (Hört! Hört!), Vergleicht mit den 1, 500. 000 deutschen Landgemeinden-Angehörigen, und wenn man sagt: "sie haben 30 Abgeordnete, das ist viel zu viel, " aber diese 16 Abgeordneten für 40 Personen mit einer Steuerleistung, die viel geringer ist, als die diese Landgemeinden zahlen, das soll nicht in viel sein ?

Und das soll die anerkannte Bedeutung der deutschen Nation, des deutschen Volkes in Böhmen fein, wenn man erklärt, daß ungefähr 50. 000 deutsche Landbewohner weniger werth sein sollen als ein Fideicomiß-Großgrundbesitzer (Bravo! Bravo!).

Freilich sagt der Herr Berichterstatter in feiner Begründungsrede: "ES find wichtige Veränderungen eingetreten seit dem Inslebentreten der Landesordnung im Jahre 1861, und diese Aenderungen müssen berücksichtigt werden.

Man könnte nun sagen: diese Aenderungen beziehen sich bloß auf die Städte und Landgemeinden, aber auf das Verhältnis zum Großgrundbesitze haben sie keinen Einfluß gehabt.

So verhält sich aber die Sache nicht. Daß die Wahlberechtigten im Großgrundbesitze nicht

mehr werden können, ist natürlich. Die Wahlberechtigung ist ja an den landtäflichen Besitz geknüpft und der kann ja nicht zunehmen.

Was aber die Steuerleistung betrifft, so muß ich sagen, da ist allerdings eine gewaltige Aenderung eingetreten.

Nämlich die Städte und Landgemeinden zahlen seit der Zeit ganz unglaublich mehr, als sie früher gezahlt haben an direkten und indirekten Steuern. Aber die beim Großgrundbesitze eigentlich allein maßgebende Steuer, die Grundsteuer, die hat nicht zugenommen, ja man kann vielmehr sagen, an der Herabsetzung der (Grundsteuer, wie sie im Jahre 1880 für Böhmen votirt worden ist, hat ganz eigentlich und vorzüglich den Löwenantheil der große Grundbesitz genommen (So ist es! So ist es!).

Auch die Veränderung der Verhältnisse würde somit nicht für die Unnahbarkeit an die Vertretung des großen Grundbesitzes sprechen, und ich möchte die Herren daher nur aufmerksam gemacht haben, ob es vom konservativen Standpunkte nicht zweckmäßig gewesen wäre, die Einbringung des Antrages in dieser Form nicht zu veranlassen (Bravo!), sondern vielmehr zu verhüten.

Uns kann er nichts anhaben, aber ob er nicht Anderen möglicher Weise Schaden kann, das mögen die Herren nur Selbst erwägen. (Heiterkeit).

Ich will nun aber den Antrag in anderer Beziehung beleuchten und Von den Verhältnissen der Vertretung des Großgrundbesitzes zu jener der Städte und Landgemeinden nicht weiter Sprechen.

Was soll den Antrag ganz besonders motivieren? Die Ungleichheit der Wahlbezirke

Nun, meine Herren! wer sich einigermaßen mit Solchen Sachen beschäftigt hat, der wird zugeben, daß sie ober anderwärts in einem ungleich höheren Grade stattfindet, und daß man darin nichts so ganz außerordentliches findet, und ich werde zugleich zu zeigen in der Lage fein, daß gerade bei uns und unter Verhältnissen, wie Sie bei uns in Böhmen stattfinden, welches von 2 Nationalitäten bewohnt ist, daß da eine solche Ungleichheit in den Wahlbezirsen sogar nothwendig ist, wahrend sie anderwärts mehr als ein. nicht zu vermeidendes Uebel erscheint.

Ich will zunächst einige Daten anführen über die Ungleichheit der Wahlbezirke in anderen Ländern.

Zunächst in England oder Großbritannien und zwar darum, weil es als das klassische Land des Konstitutionalisrmus gilt, und weil andererseits Jedem, der einigermaßen Sich mit dieser Frage beschäftigt hat, bekannt ist, wie Seit einer langen Reihe von Jahren beständig auch in Bezug auf die Wahlbezirke in England reformiert wird. Dort find die ehemals bestandenen verrotteten Flecken längst verschwunden und doch bestehen noch immer Ungleichheiten von einer Größe, wie wir sie ähnlicher Weise in Oesterreich nicht kennen, wo nach der Reichsrathswahlordnung der Bezirk Cattaro kleiner ist als fast alle unseren politischen Bezirke und doch für sich allein l Abgeordneten in den Reichsrath entsendet, wahrscheinlich aus anderen Gründen als der Steuerleistung (Heiterkeit rechts).

In England bestehen bekanntlich Grafschaftsbezirke und Städtebezirke.

Der größte Grafsdiaftsbezirk ist Lancashire Südostdivision mit 402. 735 Einwohnern; diese Daten sind aus dem Jahre 1877; der kleinste Grafschaftsbezirk ist der der Grafschaft Steebles und Selkirk mit 16584 Einwohnern, es find also Differenzen von 16000 Einwohnern bis zu 400. 000 Einwohnern bei Grafschaftsbezirken. Noch viel größer find die Differenzen bei den den Stadtbezirken.

Der größte Stadtbezirk ist Liverpool mit 493. 000 Einwohnern, und der kleinste Dungannon mit 3800 Einwohnern, da haben sie also ein Verhältnis, welcher über 1: 100 hinaus geht. -

Man könnte Sagen, England hat sich historisch entwickelt, daraus erklären sich solche Verschiedenheiten, die noch immer nicht ganz beglichen sind.

Wir haben 2 andere große Staaten, in denen das Wahlrecht auf dem Principe des allgemeinen Stimmrechtes beruht, wo also die Bevölkerungsziffer gar nicht über die Wahlbezirke entscheide, wo außerdem vollständige tabula rasa war, wo also die Wahlbezirke ganz ohne alle Rücksicht Darauf, was sich früher entwickelt hatte, konstruirt werden konnten und mußten

In Frankreich ist, wie wohl den Herren bekannt sein wird aus dem großen Streite über

Arrondissemment- und Departementwahl, über Listenskrutinien und Einzelnserutinien ist die Einrichtung diese, daß jedes Arrondissement Einen Abgeordneten zu erwählen habe bis zu 100000 Eiwohner, und wenn es mehr als 100000 Einwohner zahlt immer 1 Abgeordneten mehr zu wählen habe. Man sollte also glauben, es müßen die Wahlbezirke so ziemlich gleich sein.

Natürlich größer kann die Differenz nicht sein als bis zum Maximum von 100000, denn Sobald ein Arrondissement über 100000 Einwohner zahlt, entsendet es einen zweiten Abgeordneten

Man hat also die Wahlbezirke nach Arrondissements, demnach mit Rücksicht auf die administrative Eintheilung gebildet, wie man überall in der ganzen Welt thut, weil man es gar nicht anders thun kann.

Eben deßhalb giebt es aber Sehr kleine Wahlbezirke; das kleinste Arrondissement ist Barcellonette in den Niederalpen mit 14704 Einwohnern im Jahre 1876, da haben Sie also ein Arrondissement mit 14000 Einwohnern und andere Arrondissemente mit 98-99000 Einwohnern und beide wählen je einen Abgeordneten.

Im deutschen Reiche aber ist der größte Wahlkreis der 4. Wahlkreis Berlin - ich führe die Daten vom Jahre 1875 an, in welchem die Volkszählung stattfand, - 227000 Einw zählte, der kleinste Schaumburg-Lippe, mit 33000 Einw.; das ist also ein Verhältniß wie 1: 7.

Nun könnte man mir sagen: Ja, das ist aber dadurch veranlaßt, weil doch jeder einzelne wenn auch noch so kleine Staat durch einen Abg. im Reichstag vertreten sein soll; ich werde also noch einen anderen Fall ans dem deutschen Reiche namhaft machen, wo diese Rucksicht nicht besteht, wo auch sonst ganz gleiche Verhältniße vorhanden sind, nämlich 2 Wahlkreise aus einer und derselben Provinz, der Provinz Schlesien und zwar den Wahlkreis Pleß mit 171000 und den Wahlkreis Grünberg mit 65000 Einw.

Das find Wahlkreise in derselben Provinz, beide liegen in Schlesien, der eine im Reg. Bezirke Liegnitz, der andere im Reg. -Bezirke Oppeln und doch verhalt sich die Einwohnerzahl der-

selben zu einander, die hier allein maßgebend ist, fast wie 1: 3.

Sie sehen also, in anderen Landern, in Ländern, wo ganz gleich große Wahlkreise leichter durchzuführen wären, woil man dort nur mit einem Factor, nämlich der Einwohnerzahl zu rechnen hat und nicht auch mit der Steuerzahlung, sind doch keine gleichen Wahlkreise möglich; sie sind eben nie und nirgends möglich.

Und doch bestehen bei diesen Ländern ganz andere geartete Verhältnisse als bei uns, welche es dort weit eher nothwendig erscheinen lassen, daß die Wahlbezirke gleich groß gebildet werden.

Frankreich und Deutschland sind nämlich einheitliche Nationalstaaten, die nur von Angehörigen einer Nationalität bewohnt werden, oder wenn auch andere Nationalitäten da sind, so sind sie an Zahl relativ unbedeutend, daß sie nicht mitgerechnet werden. Sie sind wenigstens nicht bedeutend genug, daß jemals daran gezweifelt werden könnte, daß in Frankreich die französische und im deutschen Reiche die deutsche Sprache nicht die alleinige Staatssprache (und sie ist es in einem ungleichlich ausgedehnterem Umfange) sei.

In solch nationaleinheitlichen Staaten kommt es ans die Vertretung des einzelnen Bezirkes viel mehr an als bei uns, denn worauf es im böhmischen Landtag rücksichtlich der Stadt- und Landgemeinden hauptsächlich ankommt, das ist die Frage, ob der Vertreter der èechischen oder der deutschen Partei angehört. Denn als die Wahlresultate veröffentlicht worden sind, habe ich kaum ein anderes Glaubensbekenntnis gefunden und habe auch in den Zeitungen die Wahlresultate niemals nach anderem als nach nationalem Standpunkte registrirt gefunden.

Wo es sich um 2 große nationale Parteien und deren Vertretung handelt, ist es nur wesentlich, daß die Vertretung im ganzen dem Verhältnisse der Nationalitäten entspricht; ob einzelne Bezirke die gleiche Größe haben, darauf kommt es nicht an, ja es ist sogar das Gegentheil nothwendig, weil sonst eine entsprechende Berücksichtigung beider Nationalitaten nicht möglich wäre.

Und da soll nun das Verhältnis von 62: 89 ein derartiges sein, welches in him-

melschreiender Weise dem Verhältnisse beider Nationalitäten im Lande wiederspricht, so daß man sogen muß: Weil das Verhältnis von 62: 89 besteht (das ist ja das Verhältnis) darum ist alles Unheil über das Königreich Böhmen gekommen. (Heiterkeit, Bravo links)

Ich will Ihnen aber zeigen, wie gerade bezüglich der Stadt- und Landgemeindenwahlbezirke dieses Verhältnis strikte nach der Ziffer durchzuführen geradezu allen Grundsätzen der Gerechtigkeit gegen die deutsche Nationalität widersprechen würde.

Die letzten Wahlen in Prag fanden begreiflicherweise unter sehr ungünstigen Verhältnissen für die Deutschen statt, das ist ja natürlich, wir wissen ja, zwar nicht bei der Wahl dieser Curie, wohl aber bei der Wahl in einer anderen Curie, wie wohlthätig der von oben kommende Einfluß auf das Resultat der Wahl einwirkte. (Brabo, Sehr gut!).,

Ich glaube daher, daß auch in Prag, wo die Zahl der Beamten eine bedeutende ist, es an diesen wohlthätigen Einwirkungen von oben nicht wird gemangelt haben (Bravo).

Aber außerdem war es ja klar, daß aus ein für die Deutschen günstiges Resultat bei den Prager städtischen Wahlen in den Landtag nicht zu rechnen war und daß wenn jemand schon an sich nicht gerne wählt, es viele Leute gibt, welche wenigstens eine der Regierung nicht unangenehme Persönlichkeit wählen. (Bravo links)

Unter diesen Umständen ist es begreiflich, daß die Zahl der deutschen Wähler, die in Prag ihre Stimmzettel abgeben, abgesehen von anderen Gründen, nicht geradezu groß war.

Und doch betrug die Zahl der Stimmen, welche auf deutsche Kandidaten in den Prager Städten gefallen sind, mehr als 31 pZt. während die Stimmen, welche auf èechische Kandidaten fielen, gegen 69 pZt. betrugen.

Da nun für Prag 10 Abgeordnete zu wählen sind, so würde den natürlichen numerischen Verhältnissen das Verhältnis 31: 69, also 3: 7 d. h. 3 deutsche Abgeordnete entsprechen (Rufe links: Sehr richtig!) 3 deutsche Abgeordnete! Man müßte denn annehmen, daß jenes poetische Wort vom goldenen slavischen Prag (Heiterkeit),, welches doch voraussetzt, daß

kein einziger Deutscher mehr in Prag ist (Heiterkeit) bereits Wirklichkeit sei, oder daß sich jene sanguinische Hoffnung erfüllt, womit dieser Ausdruck commentirt wurde, daß die Deutscher in Prag und wol auch in Böhme n zu vergleichen feien mit einem Stück Eis, welches in einem großen Wasserbehältnis schwimmt und allmälig ausgezehrt wird und ganz verschwindet (Heiterkeit), obgleich diese wolmeinende Auffassung noch nicht vollständig in Wirksamkeit getreten ist (Heiterkeit, Rufe: sehr gut!)

Wenn man auch jene Anschauung, welche in anderen Landtagen vorgebracht wurde, daß nur eine bestimmte Nationalität politische Rechte hat, auch in Böhmen nicht anerkannt und auch in Prag nicht, so hätten die Deutschen in Prag aus drei Mandate Anspruch; aber sie können dieselben nie erhalten, und es läßt sich gar keine Wahlordnung ersinnen, welche es möglich machen würde, daß man diesem Anspruche gerecht werde.

Und doch sind es Deutsche, die wenn man von einer Vertretung der deutschen Nationalität und einer gewissen Ziffer auf welche die Deutschen in der Vertretung Anspruch haben, spricht, berücksichtigt werden müssen und doch nicht anders berücksichtigt werden können, als daß andere Wahlbezirke eben deshalb kleiner gemacht werden, als sie nach dem Durchschnitt sein müssten. (Bravo! Bravo! links!)

Und ich kann mir denken, wie dies in ganz gerechter Weise durchgeführt werden kann.

Es gibt nämlich in Böhmen außer Prag noch eine einzige Stadt, welche ein eigenes Gemeindestatut hat und dies ist Reichenberg. Diese Stadt ist nun zufällig eine deutsche. Beide Städte haben nach unserer Wahlordnung auf 13 Abgeordnete Anspruch, nun ist, ich gebe das recht gern zu, wenn man Reichenberg isolirt betrachtet, kein rechter Titel aufzufinden, warum Reichenberg gerade 3 Abgeordnete haben sollte; denken Sie aber die 13 Abgeordneten der beiden Städte zusammen, und erwägen, daß nach dem ziffermäßigen Verhältnisse die Deutschen in Prag schon für sich allein auf 3 Abgeordnete Anspruch hatten, ist es dann nicht vollkommen gerechtfertigt, daß Reichenberg eine etwas größere Zahl von Abgeordneten erhielt, weil in dieser von Prag entfernten Stadt auch für diejenigen deutschen Abgeordneten, welche in Prag nie gewählt werden können, ein Ersatz geboten werden soll. (Sehr gut links. )

Nicht anders verhält es sich im ganzen Lande, denn es ist eben so daß deutsche wahlberechtigte Einwohner auch in Städten wohnen, wo sie eine Minorität u. zw. mitunter eine recht ansehnliche Minorität bilden. Die Vertretung für sie kann aber in diesen Städten nicht gefunden, und muß eben die Ausgleichung in anderer Weise gesucht werden. Bezüglich der Landgemeinden ist die Ansicht seit jeher verbreitet worden, man habe die Wahlbezirke der Landgemeinden im Jahre 1861 gebildet, um die Deutschen zu begünstigen.

Das beweist nur, daß man eben die Geschichte der Entwicklung unserer Gesetze nicht kennt oder nicht kennen wolle.

Im Jahre 1850 wurden die politischen Bezirke geschaffen, und die politischen Bezirke des Jahres 1850 sind die Landgemeindenwahlbezirke der Wahlordnung vom Jahre 1861, nicht etwa blos in Böhmen, sondern in allen Ländern.

Man hat also diese Wahlbezirke nicht nur in Böhmen geschaffen sondern ist gerade so vorgegangen, wie die Gesetzgebung in Frankreich.

Die Bezirkshauptmannschaft entspricht dem französischen Arrondissement, und so wie man dort erklärt hat, jedes Arrondissement habe einen Abgeordneten zu Wahlen, so hat man im Jahre 1861 - und gar nicht mit Rücksicht auf die böhmischen Verhältnisse - erklärt, jede Bezirkshauptmannschaft habe einen Abgeordneten zu wählen u. z. ebensogut in Niederösterreich oder Tirol, wie hier (Hört!) Es ist also Schon der Vorwurf einer absichtlichen Bildung der Landgemeindenwahlbezirke in bestimmter Intention vollständig ungerechtfertigt.

Die Bildung der Bezirkshauptmannschaft ten von 1850 erfolgte ferner gewiß nicht mit Rücksicht auf die Nationalitäten uns es war auch die Bildung der Verwaltungsbezirke streng nach Nationalitäten durchzuführen sehr Schwierig. Man braucht ja nur die Landkarte anzusehen; im Norden von Böhmen, da wohnen wohl compact beisammen und bis weit in's Land hinein Deutsche, aber überall anderswo haben sie nur die Grenze occupirt: und die Bezirkshauptmannschasten längs der Grenze aufzustellen, das war thatsächlich nicht ausführbar.

Es ist daher sehr natürlich, daß unend-

lich viele deutsche Gemeinden in Wahlbezirke eingefügt wurden, in welchen sie eben so immer in der nationalen Minorität bleiben müssen,, wie die Deutschen in Prag.

So kommt es, daß es 5 rein deutsche Gerichtsbezirke giebt, d. h. solche, in denen sich auch nicht eine einzige tschechische Gemeinde befindet, Welche in tschechische Wahlbezirke eingefügt sind, so dass sie nie ihr Wahlrecht für einen Angehörigen ihrer Nationalität geltend machen können. Das sind: Neubistritz, Steken, Wallern, Hohenelbe und Rochlitz

Der Verlaus der Wahlen hat es auch gezeigt, daß die Deutschen dieser Bezirke gern einen Deutschen wählen möchten, daß es aber nicht geht, weil wie einmal in diesem Saale bemerkt worden ist, die Minorität eben immer kleiner ist, als die Majorität (Heiterkeit).

Aber noch mehr! Wir haben Bezirke, die in ihren Landgemeinden weit überwiegend der deutschen Nationalität angehören, wir haben wieder andere Bezirke Böhmens, die mit einem sehr großen Bruchtheile der deutschen Nationalität angehören und die doch keinen deutschen Abgeordneten jemals wählen können, daher tritt ein ganz eigenthümliches Verhöltnis ein.

Man Sagt, bestimmte Bezirke, welche tschechische Abgeordnete entsenden, sind so groß, Sie Sind viel größer als die deutschen; man übersieht aber, daß ein gut Theil der Bewohner dieses Bezirkes eben Deutsche sind die nicht nur keinen Abgeordneten ihrer Nationalität wählen können, sondern die noch dazu dienen müssen, den Anspruch der Deutschen auf Abgeordnete zu vermindern, weil sie den angeblich tschechischen Wahlbezirk vergrößern.

Und damit Sie nicht glauben, daß ich das Alles nur so leichthin rede, so sage ich: All dieses basirt auf Ziffern und wenn ich auch andere Bezirke nicht anführe, do will ich Ihnen 3 Solche Wahlbezirke nennen: Der eine davon idt Königinhof-Jaromìø.

Der Gerichtbezirk Königinhof, ein ziemlich bedeutender Gerichtsbezirk, ist bekanntlich außer der Stadt Königinhof, welche allerdings tschechischer Nationalität ist, aber hier nicht in Betracht kommt, da es sich um Landgemeinden handelt, - der Bezirk Königinhof ist eigentlich ein deutscher Landgemeindenbezirk, denn er hat 32 deutsche und 5 tschechische Landgemeinden,

er ist aber mit dem Bezirke Jaromìø, der wieder weit überwiegend tschechisch ist, wenn sich auch in demselben einige deutsche Landgemeinden befinden, zu einem Wahlbezirke verbunden.

Dieser Wahsbezirk Königinhof hat 42. 000 Einwohner; davon betragt aber die Einwohnerzahl der deutschen Gemeinden 19. 000 (Hört). Jetzt erscheint aslo der Bezirk als ein tschechischer mit 42. 000 Einwohnern: man übersteht aber, daß dabei 19. 000 Deutsche sind, daß er also eigentlich nur 23. 000 Seelen zähle und daß überdies diese deutschen Gemeinden ohne Vertretung sind. (Hört!) Die letzten Wahlen haben es auch gezeigt, denn trotz allen diesen ungünstigen Verhältnissen haben 66 Wahlmänner den tschechischen Candidaten gewählt und 55 den deutschen; das wäre ein Solcher Bezirk.            

Ein zweiter ist Leitomischl; dies besteht ans den Landgemeindebezirken Leitomischl und Polièka; die Städte Leitomischl und Polièka sind nicht deutsch, wol aber ist 1/3 und mehr der Bewohner der Landgemeinden deutscher Nationalität (Hört!)

Run hat dieser Wahlbezirk 72. 000 Einwohner; ziehen Sie aber davon die rund 25. 000 Einwohner der Deutschen Landgemeinden ab, So bekommen Sie wieder nur 47. 000 und die hohe Bedeutung der 72. 000 ist so ziemlich verschwunden.

Und endlich ein dritter Bezirk - ich könnte viele anfuhren, aber es würde zu weit führen, vielleicht genügen diese zur Illustration - ist der Bezirk Neuhaus.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP