Sobota 10. èervence 1880

der Reichs- und Landesgesetzgebung, keineswegs aber die Grenze zwischen dem Rechte der Gesetzgebung und der Verordnungsgewalt der Regierung.

Ich bitte dies wohl zu merken, es ist ganz einfach und klar, nur die Grenze zwischen der Reichs- und Gesetzgebung, nicht aber Grenze zwischen der Gesetzgebung und Vollzugsgewalt.

Alles also, was da nicht dein Reichsrathe vorbehalten ist, fällt dein Landtage zu. Ich bitte nun nicht etwa einen späteren Absatz dieses §. 11 zu lesen, sondern gleich den ersten d. i. Lit. A.

Da heißt es: "Dem Reichsrathe steht zu: Die Prüfung und Genehmigung der Handelsverträge und jener Staatsverträge, welche das Reich oder einen Theil desselben belasten oder einzelne Bürger verpflichten. Wenn nun §. 11 blos die Grenze zwischen der Landes- und der Reichsgesetzgebung, nicht aber zwischen der Gesetzgebung und der vollziehenden Gewalt behandelt, wem würde die Prüfung und Genehmigung anderer Staatsverträge zustehen, deren Prüfung nicht dem Reichsrathe vorbehalten ist. "

Sie würden der Landesgesetzgebung vorbehalten Sein (Heiterkeit), Sobald man annimmt, daß nicht der Unterschied zwischen der Gesetzgebung und der Vollziehenden Gewalt, sondern lediglich jener zwischen der Reichsgesetzgebung und der Landesgesetzgebung im §. 11 geregelt wird.

Noch mehr äußert sich dies bei der Feststellung des Staatshaushaltes, Veräußerung von Staatsvermögen, was in den weiteren Absätzen vorkommt, welche der reichsräthlichen Genehmigung bedürfen. Wenn im §. 11 blos der Unterschied geregelt wäre zwischen der Reichs- und Landesgesetzgebung, so hätte ohne diese Bestimmung nicht etwa das Finanzministerium die betreffende Verfügung zu treffen, sondern es wäre ein Landesgesetz in allen 17 Landtagen nothwendig gewesen, um z B. eine Anleihe für den Staat aufnehmen zu können.

Wenn aber ein Solches Argument dafür ins Feld geführt wird, daß §. 11 des Grundgesetzes über Reichsvertretung nur die Grenze zwischen der Landes- und Reichsgesetzgebung, nicht aber jene zwischen der Gesetzgebung und der Vollzugsgewalt behandelt, so ist vielleicht ein Rückschluß auf andere Argumente zulässig, es ist aber hier nicht der Boden diese anderen Argumente auseinander zu Setzen. Ich werde daher davon absehen und nicht in deren Prüfung eingehen.

Aber es gibt noch andere Autoritäten als die genannten in dieser Sache. Eine davon ist der Oberste Gerichtshof. Der Oberste Gerichtshof hat im Jahre 1856 erkannt, - ich will nur einen Fall anführen, der sich auf Böhmen bezieht, er hat aber ebenso auch Bezug aus andere Länder. Es wurde vom Bezirksgerichte in Kaaden eine in èechischer Sprache überreichte Klage zurückgewiesen auf Grund des §. 13 G. O., weil dort die èechische Sprache nicht landesüblich sei. Das Oberlandesgericht, welches damals wahrscheinlich dieselbe Rechtsanschanung hatte wie heute, hat die Annahme der Klage aufgetragen, der Oberste Gerichtshof jedoch die Klage als unzulässig erklärt mit der Motivirung, weil im Bezirke Kaaden notorisch nur die deutsche Sprache landesüblich ist. Und dies ist auch eine Autorität, so gut wie die eines Ministers, namentlich eines Ministers, der eine von ihm erlassene Verordnung zu vertreten hat; einer Verordnung, bei deren Erlassung man vielleicht nicht mit jener Erwägung der Verhältnisse vorgegangen ist, wie ich später zu zeigen Gelegenheit haben werde, welche erforderlich gewesen wäre; einer Verordnung, die vielleicht nicht erlassen worden wäre, hätte man die Thatsache gekannt, mit der man nicht vertraut gewesen zu sein scheint, daß es in Böhmen 77 rein deutsche Bezirke gibt, in deren Bereiche sich nicht eine einzige Gemeinde befindet mit einer andern Sprache als der deutschen.

Es gibt noch eine andere Autorität, deren Ausspruch ebenso entscheidend ist in Bezug auf die Fragen was Landessprache und landesübliche Sprache ist, und daß zwischen diesen beiden Begriffen, um die es sich handelt, ein wesentlicher Unterschied Vorhanden ist.

Diese Autorität ist das Reichsgericht, die höchste juristische Autorität in Oesterreich, welche diesen Unterschied als entscheidend betrachtet, wie es sich in dem Falle zeigen wird, den ich anführen will.

An der Grenze von Niederösterreich gegen Böhmen. befinden sich mehrere slawische Gemeinden, Gemeinden nämlich, deren Bevölkerung überwiegend Slavisch ist, obschon Niederösterreich deutsch und kein slavisches Land ist, wo, wie ich glaube, die böhmische Sprache noch nicht zur Landessprache geworden ist. (Heiterkeit.)

Der niederösterreichische Landesschulrath hatte angeordnet, daß dort in deutscher Sprache unterrichtet werde, weil in Niederösterreich keine andere Landessprache als die deutsche existirt. Das Ministerium hatte diese Entscheidung bestätiget, das Unterrichtsministerium, vielleicht weil der Minister von der Ansicht ausging, daß Landessprache und landesübliche Sprache das Nämliche ist.

Nun hat man sich an das Reichsgericht gewendet und dasselbe entschied, daß, weil dort notorisch die weit überwiegende Anzahl der Einwohner slavisch ist, in der Gemeinde keine deutsche, sondern eine böhmische Schule zu errichten ist, weil dort die böhmische Sprache die landesübliche Sprache ist. (Bravo. )

Der Oberste Gerichtshof also und das Reichsgericht haben den wesentlichen Unterschied zwischen landesüblicher und Landessprache ausdrücklich anerkannt, einen Unterschied, der im Artikel 19 festgehalten ist, noch bevor die Verfassung erschien und auch nach ihrem Erscheinen. Demgegenüber Scheint mir die Autorität eines Ministers doch nicht. So Ausschlag gebend zu sein, (Heiterkeit), daß es Ungehorsam der Gerichte genannt werden konnte, wenn sie die Verordnung nicht beachten.

Nach Artikel 7 des Grundgesetzes über die richterliche Gewalt ist der Richter verpflichtet, die Legalität einer erlassenen Verordnung im ordentlichen Instanzenzuge zu prüfen. Es scheint mir daher jener Ausspruch etwas gewagt, besouders wenn Sich der Richter aus das Reichsgericht, auf den Obersten Gerichtshof und wie ich Später zeigen werde, auch auf den Sektionschef Baron Sacken (Heiterkeit) zu berufen vermag. Auf wen soll er Sich denn noch berufen ?

Nachdem ich die Frage der Legalität aus Kompetenz-Gründen bei Seite lassen muß, so wird man fragen, wie es Sich mit der Verordnung verhält, von der vielleicht auch der Bruder des Hrn. Abgeordneten von jener andern Seite zugeben wird, daß sie bei der dentschen Bevölkerung Aussehen erregt hat, denn Sonst hätte er nicht darüber geschrieben, obschon ich nicht vorausaetze, daß er etwa dazu aufgefordert worden fei. (Heiterkeit. )

Aussehen hat also jene Verordnung gewiß erregt, wenn auch keine dadurch hervorgerufene Aufregung zugegeben werden will.

Bei Solchem Aussehen muß sich denn doch zunächst die Frage aufdrängen: ja warum ist denn diese Verordnung eigentlich erlassen worden, es muß doch alles einen Zweck haben. Darüber erfolgte in der That eine Ausklärung.

Herr Baron Sacken erklärte wörtlich in seiner Rede in der Sitzung des Herrenhauses, daß der Justizminister eigentlich kein praktisches Bedürfnis hatte, irgend etwas in Bezug auf die Sprachenfrage zu verfügen. Ja, wenn er kein praktisches Bedürfniß hatte, warum hat er es eigentlich gethan? Und diese Erklärungen des Hrn. Sektionschefs wurden zur Beruhigung an die Gemeinden in Separatabdrücken hinausgeschickt ! Ja, wenn aber jene wirklich das, was Sie beruhigen soll, lesen, so werden sie lesen, daß kein praktisches Bedürfniß vorhanden war und wenn kein praktisches Bedürfniß vorhanden ist, so liegt die Frage nahe, ja warum hat man denn dann die Verordnung erlassen ? Denn die Gemeinden Sehen wohl, daß mitunter manche nicht ganz praktische Gesetze beschlossen werden, auch von dem h. Landtage mag dies öster geschehen sein; aber sie werden doch nach dein Grunde fragen, warum dies geschah ?

Also es war kein praktisches Bedürfniß vorhanden; vielleicht hat der Minister im Drange der Gefühle kurz vor seinem Austritte aus dein Ministerium den Art. 19 vollständig durchführen und zur Durchführung dieses Art. 19 das ihm allerdings bestrittene Recht, eine solche Verordnung zu erlassen, ausüben wollen.

Nun müssen die geehrten Herren auch uns Deutschen in Böhmen verzeihen; wir haben da unsere eigentümlichen Ansichten über Land und Reich. Der Bericht der Minorität Sagt: Auch diejenigen, welche aus dem Standpunkte der Majorität stehen, müssen anerkennen, daß Böhmen ein geographisches, historisches und politisches Ganze bildet. Ganz gewiß, daß es ein historisches und geographisches Ganze ist. Das ist eine bloße Thatsache, eine Thatsache der Geschichte und der Gegenwart. Wer das nicht anerkennen wollte, ich weiß nicht, womit er das rechtfertigen wollte; daß ferner Böhmen ein politisches Ganze ist, das muß wiederum jeder anerkennender auf dem Boden der Verfassung Steht; denn, daß Böhmen ein politisches Ganze bildet, ist ein Ausfluß der Landesordnung, welche ja einen integrirenden Bestandteil der Verfassung bildet. Das erkenne ich also völlig an.

Aber auch Oesterreich ist ein historisches, geograsisches und auch politisches Ganze, (Bravo! Bravo! ) und das ist eben unser Standpunkt, daß wir dieses betonen, vor Allein betonen, wenn wir auch das Andere bereitwillig, wie es Sich von einem legalen Staatsbürger, der gesunden Menschenverstand hat, von selbst versteht, anerkennen.

Was folgt daraus ? Der Artikel 19 gilt ja, eben weil Oesterreich ein politisches Ganze ist und die Verfassung für das ganze Reich gilt, nicht blos für Böhmen, sondern geradeso auch für Tirol, Steiermark und andere Länder.

Wenn nun Se. Excellenz der Herr Minister den Drang gefühlt hat, den Artikel 19 anszuführen, auch für das geschlossene deutsche Sprachgebiet in Böhmen, von dessen Verhältnissen er vielleicht richt so genau unterrichtet war, warum hat er es unterlassen, für das gleichfalls geschlossene Sprachgebiet in Steiermark oder in Tirol dasselbe zu thun ? Besteht in Böhmen eine andere Versassung als in Steiermark und in Tirol ? Und wenn der Minister berechtigt ist und Sich für verpflichtet hält, zur Durchführung der Verfassung in Böhmen etwas zu erlassen, warnm thut er dies nicht in Steiermark und Tirol ? (Rufe: Sehr richtig !) Freilich, wenn er gesagt hatte, daß in Judenburg oder Maria-Zeill slovenische Klagen eingebracht oder Eintragungen im Grundbuche in dieser Sprache vorgenommen werden können, so hätte er gesunden, daß einfach im ganzen deutschen Theile der Steiermark alle Gerichte hatten zugesperrt werden müssen, und daß alle auch die der Rechtspartei angehörigen Mitglieder der Vertretung dieses Landes im Reichsrathe einen Sturm der Entrüstung erhoben hätten, wenn dies erfolgt wäre.

Wenn man nun dem Herrn Minister das erklärt hätte, dann hätte er wahrscheinlich gesagt, ja in Steiermark ist es etwas Anderes. Ich hätte ihm daraus geantwortet: Ja allerdings ist das etwas Anderes, dort sind 600000 Deutsche und hier sind 1500000 Deutsche und die 1500000 Deutsche in einem ganz geschlossenen Sprachgebiete müssen doch deswegen, weil sie in Deutschböhmen Sind, nicht geringer beachtet werden, als die 600000 in Steiermark, oder die noch geringere Anzahl von Deutschen in Tirol gegenüber den Italienern.

Also das, daß der Artikel 19 eine Durchführung verlangte, beweist nichts, denn warum sollte er nur hier durchgeführt werden?

Uibrigens wird weiter gesagt: Es ist ja nichts als eine Codification des Bestehenden.

Der Herr Berichterstatter der Minorität, ich muß es anerkennen, ist in dieser Beziehung etwas vorsichtiger gewesen, als der Minister, oder gegenwärtige Präsident und der Sektionschef es war, die haben nicht gesagt:,, im Wesentlichen. " Die haben geradezu und einfach gesagt, es sei nur eine Codification.

Es muß daher doch etwas darin sein, wenn der Herr Berichterstatter zugesteht, nur,, im Wesentlichen, " denn auf das, was wesentlich ist, kommt es ja an. Denn einem erscheint etwas als wesentlich, was dein andern gleichgiltig vorkommt.

Ich mochte nun doch die Herren aufmerksam machen, daß der sehr geehrte erste Herr Redner eine ganze Reihe von Verordnungen aus 2 Jahrhunderten anführte, von der vernewerten Landesordnung, die, wie er sagte, bisher nicht aufgehoben worden sei, angefangen, bis auf die Spätere Zeit, Dekrete des Appellationsgerichtes, Studien-Hofkommissionsdekrete und Dekrete aller Art, Justizhofdekrete, die in die Justizgesetzsammlung nicht aufgenommen worden sind und von denen man eben deshalb mit. aller Bestimmtheit sagen kann, daß sie die Justizstelle nicht für geeignet gehalten hat, daß sie allgemein zu gelten haben.

Mir kommt nun sonderbar vor, weshalb der Herr Abgeordnete daran nicht gedacht, daß die vernewerte Landesordnung nicht für alle Gebietstheile gegolten hat, welche jetzt zum Königreiche Böhmen gehören, in dem Egerer und Ascher Gebiete z. B. hat die vernewerte Landesordnung nie gegolten ? Wie kommen denn diese jetzt auf einmal dazu, daß auf Grund der verneuerten Landesordnung bei ihnen etwas als Recht erklärt wird, während jene Landesordnung bei ihnen nie gegolten hat.

Indessen 200, 250 Jahre in dem Rechtsleben, ich will nicht sagen, in dem Leben des Staates, die sollen vorübergegangen sein und Bestimmungen der verneuerten Landesordnung, weil nicht ausdrücklich aufgehoben, die sollen noch immer gelten? Ja, wo hört denn dies auf? Was gilt und was gilt nichts Soll das Landesgesetz von 1615, welches die für nicht besitzfähig erklärt, welche nicht die böhmische Sprache verstehen, das allerdings ein eingreifenderes Mittel zur Èechisirung war, soll auch dieses etwa noch gelten?

Auf Grund solcher Verordnungen, die aus 3 Jahrhunderten Stammen, bildet sich nach und nach eine Praxis, ein modus vivendi und er hat sich ausgebildet, ein modus vivendi, der zulegt dahin führt, daß man sich zu helfen weiß und daß man sich auch wirklich hilft. Ich habe die Ehre, einem Bezirke anzugehören, der zwar deutsch ist, aber an der Sprachgrenze sich befindet; ich habe aber niegehört, daß man sich diesfalls beschwert hätte. Jetzt auf einmal kommt eine Verordnung, welche all` das zur Scharfe zuspitzt, welche das, was zur Befriedigung beider Theile etwa faktisch geübt wurde, als absolutes Recht auf die Spitze treibt, nicht weil es im Interesse der Sache, weil es im Interesse der Personen liegt, sondern nur zur Chikane für den andern Theil dient, weil man z. B. wenn man bisher eine deutsche Klage eingebracht hat und jetzt ans einmal aus einer fernen Stadt durch einen Advokaten, vielleicht ohne daß die Partei davon Weiß, ein èechisches Exekutionsgesuch eingeschickt wird und die Erledigung èechisch verbüchert werden muß in dem Grundbuche für eine Gemeinde, wo gar kein Mensch dieser Sprache mächtig ist.

Das ist etwas ganz anderes als dasjenige, Was sich als Praxis zur Zufriedenstellung aller Theile eingebürgert hat. Man hätte nicht fragen müssen, was steht in den Verordnungen, welche Jahrhunderte alt sind, sondern was besteht faktisch.

Nun, das Justizministerium hat eine solche Erhebung angeordnet, aber da der. Herr Baron Sacken im Herrenhause einen diesfälligen Bericht wörtlich mitgetheilt hat, werde ich mir erlauben die markantesten Stellen daraus vorzulesen. Man hat nicht etwa die Bezirksrichter gefragt, obschon die Kreisgerichte weniger in Betracht kommen.

Die Bezirksgerichte hätte man fragen müssen, die hat man aber eben nicht gefragt und was hat um der Kreisgerichtspräsident in Reichenberg für eine Erklärung abgegeben ? Er hat zunächst gesagt, was beim Reichenberger Kreisgerichte vorkommt und hat dann so fortgefahren: Einer bei dem k. k. Bezirksgerichte in Tannwald gemachten Wahrnehmung kann ich mit allein Grunde annehmen, daß ebenso bei diesem Gerichte vorgegangen wird; und das ist meine Herren charakteristisch, man hat nach einer Wahrnehmung annehmen können, daß ebenso dort vorgegangen wird, nun kann ich nicht nach einer Wahrnehmung annehmen, wie in Grundbuchssachen, in Prozeßsachen, im adeligen Richteramte und in den Strafsachen vorgegangen wird, dazu hatten meiner Ansicht nach wenigstens vier Wahrnehmungen gehört. Aber die Wahrnehmung wurde nur bei dem Bezirksgerichte Taunwald gemacht und im Berichte hinzugefügt: Es dürfte dasselbe wohl auch bei den übrigen Bezirksgerichten der Fall sein.

Es hat also eine Person bei Einem Bezirksgerichte Eine Wahrnehmung gemacht, und schließt daraus, daß wahrscheinlich auch bei den übrigen Bezirksgerichten ebenso vorgegangen werden dürfte.

Der Herr Sektionschef fährt dann also fort: Ganzähnlich wird von den Kreisgerichten in Eger und Böhm. -Leipa berichtet, ich möchte sagen ganz gleichlautend. Wenn nun die betreffenden Herren nur gesagt haben, es dürfte dasselbe wohl auch in allen andern von den 77 Bezirksgerichten der Fall sein und wenn der Justizminister sich damit beruhigt und befriedigt gefühlt hat, so kann man daraus wohl schließen, wie wenig die thatsächlichen Verhältnisse dabei berücksichtigt wurden und wie wenig man auch gesucht hat, sich mit ihnen vertraut zu machen.

Was will man aber gewöhnlich, wenn man zerstreute Verordnungen codificirt? man will gewöhnlich die bestehenden Streitigkeiten hintanhalten, um die Zweifel zu beseitigen. Ist das aber dem Ministerium durch seine Verordnung gelungen? Seit der Zeit liest man beinahe täglich von Streitigkeiten, welche entstanden Sind über die Frage der Zulassung oder Nichtzulassung von in èechischer Sprache eingebrachten Gesuchen, von Zweifeln, die sich der Gerichte bemächtigt haben, also gerade das Entgegengesetzte ist dadurch herbeigeführt worden, und in der That, wenn ich ein Richter wäre und zu meinem Gewissen das mir sagt: du hast dich nie an eine Verordnung zu halten, welche nicht mit dem Gesetze übereinstimmt und die Frage kommt, ob sie nicht mit dein Gesetze übereinstimmt, wenn ich nun zu wählen hätte und Wenn ich dann, um mein Gewissen zu beruhigen, die Erklärungen des Sektionschefs zur Hand nehmen würde, welche da Sagt, die Verordnung enthält kein Wort über das Recht der Parteien in der einen oder andern Sprache bei den Gerichten einzuschreiten und kein Wort über die Pflicht der Gerichte Eingaben in der einen oder andern Sprache anzunehmen, und wenn der Minister in der Rechtfertigung Seiner Verordnung gerade das Gegentheil gesagt hat, sollen dann nicht gerade durch die Verordnung Zweifel angeregt worden sein?

Wenn aber nicht einmal die beiden Interpreten selbst geeinigt sind, was diese Verordnung zu bedeuten habe, da denke man sich erst den armen Bezirksrichter auf dem Lande, was foll der in Bezug aus diese Frage sagen. (Bravo !)

Wie soll ferner die Autorität des Gesetzes und die Autorität der Gerichte dadurch nicht erschüttert werden, die nie untergraben werden sollte, was soll die Bevölkerung denken, wenn der eine sagt, in der Verordnung ist gar nicht gesagt, daß die Gerichte bestimmte Eingaben annehmen müssen und der andere Sagt, die Gerichte müssen sie nach der Verordnung annehmen. Muß dies nicht der staatlichen und richterlichen Autorität abträglich sein?

Schon von diesem politischen Gesichtspunkte Scheint es mir höchst bedenklich, wenn man Schon die Verordnung gemacht hat, daß man nicht klar und präcis gesagt hat, was man damit will, daß zu einer Verordnung, welche zu Zweifeln und Streitigkeiten Anlaß gibt, ein weiterer Kommentar erforderlich ist, damit diese Zweifel und Streitigkeiten nicht in´s Unendliche aufwachsen.

Ist nun nach alldem nicht die Voraussetzung eine natürliche, zu der man fast gedrängt wird, der eigentliche Zweck der Verordnung war der, daß damit eine Konzession gemacht werden sollte.

(Bravo ! Bravo ! dazwischen Oho! ) Das ist der eigentliche Zweck der Verordnung, eine Konzession, ja, aber eine unglückliche Konzession, eine Konzession, die den einen verletzt und den andern nicht befriedigt. Eben deshalb muß man dadurch umsomehr beunruhiget sein. (Bravo !)

Es kommt vor, daß man Sich ein Programm aufstellt, von dessen Undurchführbarkeit man sich bald überzeugt, das Prinzip der Koalition ist ein Solches Programm, in der Folge weicht man dann Schrittweise immer weiter zurück, um sich den Anschein zu geben, als stehe man noch immer auf demselben Standpunkte, auf welchem man früher gestanden ist. Dies hat nun zur Folge das System der beständigen Konzessionen, fortwährenden Zurückweichens. Ich für meine Person fürchte nur allzusehr, daß höchstwahrscheinlich dieser Schritt der erste, aber vielleicht nicht der letzte ist, (im Centrum: Ja wohl, wir hoffen es) die betretene Bahn muß man wahrhaftig als eine abschüssige Bahn bezeichnen. (Sehr wohl. ) Der Herr Minister sagte, der Zweck der Verordnung sei der: es sollten durch die Verordnung weiter gehende, mit dem Zwecke und den Aufgaben der Administrazion und Justizpflege nicht mehr Vereinbarte Forderungen beseitiget werden, und ebenso hat der Sektionschef gesagt, daß die gedachten Forderungen damit erledigt werden Sollen, das sind die Forderungen in Bezug auf die Amts- und Geschäftssprache innerhalb der Behörden.

Sehen wir aber zu, ob damit wirklich etwas beseitigt oder erledigt worden ist; hat also das Ministerium vielleicht einen Zweck, welcher dasselbe bei Erlassung der Verordnung bietete, dadurch erreicht und wenn es den Zweck nicht erreicht hat, war es dann gerechtfertigt, eine solche Aufregung herbeizuführen ?

Ich möchte noch weiter sagen, die Verordnung selbst hat noch formell die deutsche Sprache als Staatssprache anerkannt, freilich die Herren haben darüber eine andere Ansicht, wir sind aber der Meinung, daß für die Einheit des Staates eine einheitliche Geschäftssprache nothwendig ist.

Die Verordnung hat dies formell aufrecht erhalten, aber ob da auch materiell von einer Aufrechterhaltung gesprochen werden kann, wenn in der Zukunft an ein Amt die Zuschrift eines andern kommt, welche lautet an das k. k. Bezirksgericht, dann kommt ein èechischer Bescheid und unten steht der deutsche Satz, in dem ersucht wird, diesen Bescheid in Vollzug zu setzen und der Name des Gerichtes; ob das eine mehr als formelle Befriedigung ist, ob damit nicht schon der erste Schritt auch über jene Konzession hinausgemacht worden ist, das mag dahingestellt bleiben.

Daher ist auch begreiflich diejenige Aufregung, welche sich der deutschen Bevölkerung bemächtigt hat. Es haben schon mehrere der geehrten Herren Vorredner hingewiesen auf die Verschiedenen einzelnen Fälle. Es ist auch natürlich und das muß ich auch hervorheben, daß diese Aufregung nicht abnimmt, sondern zunimmt mit jedem einzelnen Falle, den der einzelne nicht begreift und den er als eine Verletzung ansteht, mit jedem solchen Falle Steigt die Aufregung. (Sehr richtig. ) Wenn z. B., wie ich die Ehre hatte anzuführen in einem ganz deutschen Prozesse von einem entfernten Advokat, jetzt ein böhm. Exekutionsgesuch überreicht wird und der Exekutionsbescheid den Exekuten in böhmischer Sprache eingehändigt wird, das ist früher nicht der Fall gewesen, es ist eben einsach nicht vorgekommen. Wenn so etwas vorkommt, so mögen Sie nicht glauben, meine Herren, daß das ganz gleichgiltig ist, es wird vielmehr auf Wochen hinaus den Gegenstand des Gespräches bilden und immer weiter die Aufregung steigern? (Sehr richtig links. )

Hierin liegt der natürliche Grund der Anfregung. Man begreift nicht, warum auf einmal etwas Rechtens fein Solle, was Sich zunächst als Chikane darstellt und man begreift es um so weniger, weil es mit dem Geiste der Verordnung Selbst im Widerspruche steht. Nach der Verordnung soll, wenn vom Gerichte ohne ein Einschreiten ein Erlaß an die Partei ergeht, derselbe in derjenigen Sprache erfolgen, die die Partei versteht, das Gericht also muß sich nach der Sprache dessen richten, dem es Seinen Erlaß gibt. Aber in dem andern Falle Soll es vom Ermessen des Gegners abhängen, in welcher Sprache der Bescheid, der oft die wichtigsten Vermögensinteressen des andern Theils betrifft, erlassen werden soll; und hievon darf nicht einmal eine Ausnahme dann geschehen, wenn der Advokat, dem es eigentlich ganz gleichgiltig sein kann, in welcher Sprache der Bescheid abgefaßt wird, noch so entfernt vom Sitze des Gerichtes ist, und wenn auch der Richter weiß, daß die andere Partei die Sprache des Bescheides nicht versteht. Der Richter muß zwar seinen Erlaß den Deutschen in deutscher Sprache geben, dagegen hat der Advokat das Recht zu entscheiden, in welcher Sprache die Gegenpartei verschieden werden soll.

Solche Verhältnisse, welche für die Betreffenden drückend sich darstellen, sie sind eine Aenderung des bisherigen Zustandes und daher ein natürlicher Grund der Aufregung.

Die Herren haben freilich angeführt, diese Aufregung sei von Wien, Prag ausgegangen. Sie müssen meinen, daß die Deutschen sich so leicht bestimmen lassen. Ich kann sagen, mir kommt das Sonderbar vor, wenn das Sogar in officiösen Blättern gesagt wird. Wenn es So leicht ist, die Deutschen zu bestimmen, wenn das so leicht ist für einzelne Personen, von denen die deutsche-Bevölkerung gar nichts materielles zu erwarten hat, um wie viel leichter muß es für das Ministerium sein, mit Seinem ganzen Beamtenapparat, mit allen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, die Einzelnen zu beeinflußen. Und wenn es dem Ministerium nicht gelungen ist, auch nur eine Sympathiebezengung aus den deutschen Bezirken Böhmens zu erlangen, so Scheint mir doch, daß etwas faul ist im Staate Dänemark. (Bravo, Bravo ! Sehr richtig ! Dr. Trojan laut dazwischen: vielleicht eben jener Apparat. ) Wir können die Deutschen nicht bestimmen. UInsere Deutschen handeln Schon.

Die Petitionen Sind nur vereinzelte Kundgebungen, die im letzten Momente eingebracht wurden. Hunderte von Resolutionen, Resolutionen aller Städte, mit Einschluß der von einem Abgeordneten bei den Petitionen vermißten Stadt Neubistritz, sind durch ihre Gemeindevertretungen beschlossen worden und bei aller Achtung für die Einzelnen, muß ich doch sagen, daß nur die einstimmigen Resolutionen der Städte von Reichenberg herab bis zu dem kleinsten Städtchen mehr werth sind, als das Schreiben des deutschen Bruders an einen Abgeordneten, dessen Nationalität mir völlig unbekannt ist, (Heiterkeit), denn ich hatte geglaubt, daß der, welcher einen deutschen Bruder hat, Selbst ein Deutscher sein wird, so viel weiß ich aber, daß wenn ein Bruder so mit Leib und Seele für die Interessen seiner böhmischen Rationalität eintritt, es mir wenigstens zweifelhaft erscheint, ob die Autorität des andern Bruders für die Frage, ob sich der Deutschen eine Unruhe bemächtigt hat, so entscheidend ist, wie die einstimmigen Resolutionen der Gemeindevertretungen, der 80 Städte, einiger hundert Gemeinden und fast aller deutschen Bezirksvertretungen. (Bravo links. )

Ich will daher dieses Thema, welches die Herren angeregt haben, fallen lassen, das Thema von der Sogenannten künstlichen Aufregung. Durch Solche Anwürfe wird sich die Aufregung nur steigern. ES ist nicht angenehm für ein Volk, wenn es als willenloses Werkzeug Einzelner hingestellt wird.

Ich könnte mehrere Schriftstücke vorlesen, welche dagegen protestiren und welche sich mit Wahrer Entrüstung dagegen aussprechen, daß man ihnen zumuthen könne, daß sie Willenlose Subjekte Seien.

Wenn sie nun hören, daß ihnen in deutscher Sprache von einem Abgeordneten unbekannter Nationalität gesagt wird, sie wollen aus Deutschböhmen ein Trentino schaffen, (Hört), dann wird ihre Stimmung nicht mehr geneigt sein, anzuerkennen, daß man sehr versöhnlich sei. (Bravo. Sehr gut. )

Ich muß in dieser Beziehung eine Bemerkung vorausschicken. Ich finde es unzulässig, wenn man in dieser Weise Von einem Gebietstheile wie Wälschtirol in einer öffentlichen Sitzung spricht, (Sehr richtig) Von einem Lande, welches sofort seine Abgeordneten nach Wien geschickt hat, wie es nun durch das Gesetz über die direkten Wahlen möglich gemacht wurde; von einem Volke, welches im Tirolschen Landtage und am Reichsrathe vollständig Vertreten ist. Niemand ist berechtigt Vorwürfe in den Zeitungen, Vorwürfe gegen ein ganzes Land des österreichischen Gebietes zu schlendern.

Ich muß dagegen Verwahrung einlegen, daß


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP