Sobota 26. èervna 1880

mehrere solche Besitze in einer Person vereinigen. Jeder landttäfliche Besitz berechtigt zur Wahl, denn sonst könnte ja, wenn man zwei landtäfliche Besitze a und b annimmt, von denen keiner 300 fl. Zahlt, die aber zusammen mehr als 300 fl. zahlen, so könnte a + b nicht eine Wahlberechtigung ergeben. Diese müssen aber eingerechnet werden, weil sie an sich jeder Zeit in die wahlberechtigte Gruppe gehören, gerade so wie der Besitz von Minderjährigen, welche die Großjährigkeit erlangen. Aber ganz anders ist es bei gewissen Fideicommissen, die hatten absolut ausgelassen werden sollen. Das sind diejenigen Fideicommisse, welche sich im Besitze ausländischer Familien befinden, z. B. der Familie Hohenzollern, die Mitglieder des deutschen Kaiserhauses sind, die eine österreichische Staatsbürgerschaft nie erwerben werden, und durch das Fideicommißband ist der Besitz eben in dieser Familie gefestigt.

Da ist es sicher, daß so lange das Fideicommiß besteht, und man muß annehmen, daß es besteht, wenigstens wird das Haus Hohenzollern nicht sobald aussterben, das Fideicommiß bleibt im Besitze von Familien, deren Mitglieder nicht wahlberechtigt sind. Die hätten ausgelassen werden sollen, nicht aber die kleinen Grundbesitze, die, sobald mehrere in einer Person vereinigt sind, sofort zur Wahl berechtigen.

Wenn endlich das Expose des Herrn Regierungsvertreters auch darin Incoconsequenzen findet, daß man nicht zugeben will, die Regierung habe mit Recht cumulirt, Fideicommißbesitzer und diejenigen Allodialbesitzer, welche mehr als 10. 000 fl, Steuer zahlen, so muß ich mir dazu zwei Bemerkungen erlauben, welche übrigens ihrem wesentlichen Inhalte nach auch schon im Commissionsberichte enthalten sind. Die eine Bemerkung geht dahin, daß wirklich zwischen fideicommissarischen befestigten und nur in einer Familie ererblichem Besitz und zwischen dem nicht gebundenen, frei veräußerlichen und vererblichen Allodialbesitz ein innerer, wesentlicher Unterschied besteht.

Dagegen besteht zwischen dem höher und dem minder besteuerten Großgrundbesitz kein innerer Unterschied, Sofern überhaupt die Interessen der Gruppe des Großgrundbesitzes eine besondere Vertretung besitzen.

Denn was ist die Interessenvertretung?

Die Interessenvertretung beruht wesentlich auf der Grundlage, daß gewisse Gruppen von Personen durch eine gewisse Gleichartigkeit der Interessen verbunden sind. Und diese Gleichartigkeit der Interessen gibt für sie die Berechtigung zur Vertretung. Ist das vorhanden, find solche gleichartigen Interessen vorhanden, so läßt sich ihre Vertretung rechtfertigen. Sind aber die Interessen wesentlich ungleichartig, dann ist eben keine Gruppe vorhanden, welche auf eine Vertretung dieser ungleichartigen Interessen Anspruch machen könnte. Aber noch weiter. Was Sollte dann zwischen fideicommissarischen Besitzern und Besitzern, die eine große Steuer zahlen, für eine Analogie Sein?

Das sind eben zwei ganz verschiedene Momente, die höhere Steuerzahlung und die Unveräußerlichkeit, die Befestigung des Besitzes. Aber noch mehr, wenn es wahr ist, daß die Verschiedenheit der Steuerzahlung einen wesentlichen Unterschied in den Interessen der betreffenden Besitzer begründet, so müßte man auch sagen daß diejenigen Fideicomisse, welche zurückbleiben hinter derjenigen Steuer, welche die Grenzlinie bilden soll, verschiedene Interessen haben von den Höherbesteuerten. Und das ist nicht etwa bloß etwas Theoretisches, oder etwas, was nur in wenigen Fällen eintritt.

ES bestehen 56 Fidelcommisse wie die Regierungsvorlage sagt. Davon sind drei im Besitze von ausländischen Familien, von den übrigen 53 sind nicht weniger als 20, welche weniger als 10. 000 st. Steuern zahlen, mehr als 1/3 der Fideicommißbesitzer gehört also zu denjenigen, welche nach Mittheilung Sr. Excellenz ein von anderen hoher Besteuerten ganz verschiedenes Interesse haben sollen, u. z. ist die Differenz nicht etwa eine wenige, sondern unter diesen 20 sind 10, die unter 5000 fl. Steuern zahlen, schon mit Einrechnung der außerordentlichen Zuschläge - ich bin jederzeit auch bereit, die Namen der Steuern anzugeben - 5 mit einer Steuer unter 4000 fl,, 4 unter 3000 fl. die niederste Steuer eines Fideicommisses beträgt, nämlich rund 1700 fl. mit Einrechnung der Zuschlage. Ja, wenn zwischen denen, die zehn und denen, die zehn und zwischen denen die Ein tausend zahlen, ein so unbedeutender Unterschied bestehen soll. so müßte dieß auch hier der Fall sein.

Man muß also an Einem oder dem Andern festhalten - entweder begründet die Natur des Fideicommißbesitzes das Recht auf eine Vertretung in einer besonderen Gruppe, oder es begründet die hohe Steuer dieses Recht; aber sagen: der Fideicommißbesitz hat ohne Rücksicht auf die Höhe der Steuer dasselbe Recht wie die hochbesteuerten Allodien, ist ein offenbarer Widerspruch, eine Anomalie.

Wenn aber das alles richtig wäre, daß die Regierung nur objektiv die Verhältnisse und nur das berücksichtigt hat, daß nicht in Einem Wahlgange durch absolute Mehrheit ein unnatürliches Verhältniß geschaffen wird, und wenn sie zwischen den großen Stenerzahlern eine solche Analogie mit dem fideicommissarischen Besitze gefunden hat, warum hat sie das nur in Böhmen und nicht auch in Mahren gefunden, wo die Verhältnisse ganz dieselben sind. In Mähren wählt der allodiale Großgrundbesitz 25 Abgeordnete; das ist gerade der vierte Theil fämmtlicher Mitglieder des Landtages, also relativ mehr, als in Böhmen in einem Wahlakte gewählt werden. Dort hat die Regierung eine Aenderung vorzunehmen nicht für nothwendig gefunden, vielleicht ist sie mit der jetzigen Zusammensetzung der Majorität im mährischen Großgrundbesitze zufrieden und will an dem, womit sie zufrieden ist, nichts ändern, und doch ist sie keine Parteiregierung! Eine Partei, die ihr zusagt, soll in statu quo bleiben; wenn sie ihr nicht zusagt, dann sind die natürlichen Verhältnisse so geartet, daß sie auf einmal eine Aenderung erheischen.

(Bravo! Sehr gut!)

In Mahren hat der fideicommissarische Großgrundbesitz 5 Abgeordnete zu wählen, und dort wäre es vielleicht angezeigt gewesen, ihn zu verstärken; denn es sind so wenig Fideicommißbesitzer in Mähren, daß Jahre vergangen sind, wo in dieser Gruppe gar keine Wahlen vorgenommen werden konnten, weil nicht einmal so viele Mitglieder zur Wahl erschienen sind, als zur Bildung der Wahlcommission nothwendig war, und es konnten nicht so viele erscheinen, weil auch Frauen Besitzer sind und diese nicht als Wahlcommifstonsmitglieder fungiren können.

Das ist dasjenige, was ich zu bemerken hatte gegenüber den Ausführungen Sr. Exc. des Herrn Statthalters, dessen gründlichen Auseinandersetzungen ich übrigens meine vollste Anerkennung zu zollen gedrängt bin. Wenn ich auch glaube, mit den Ausführungen nicht einverstanden sein zu können, so muß doch die objektive, sachliche, ruhige Darstellung von Seiten der Mitglieder der Com-. mission nur anerkannt, mit voller Anerkennung hervorgehoben werden.

(Bravo! Bravo!)

Ich bin zu diesem Danke umsomehr verpflichtet, weil mir durch diese Einwendungen die Bekämpfung des Minoritätsvotums wesentlich erleichtert wurde.

Wenn Se. Excellenz der Herr Statthalter so viel Aufmerksamkeit den sachlichen Ausführungen des Majoritätsvotums zuzuwenden die Güte hatte, so müssen doch in demselben sachliche Gründe enthalten sein, und die bloße Negation in allen Gradationen, wie sie in dem Votum der Minorität vorgeworfen wird, kann nicht das Motiv der Ablehnung der Regierungsvorlage seitens der Majorität gewesen sein.

Namentlich kann es nicht wahr sein, da solche Gründe nicht improvisirt werden, wie sie das Majoritätsvotum enthält, daß keine Erwägung und Discussion hierüber stattgefunden hatte. Ich glaube von mir und den Mitgliedern der Commission sagen zu können, daß wir uns mit dem Gegenstande sehr viel beschäftigt haben, und daß ich nicht in der Lage gewesen wäre, ohne die freundliche Unterstützung und Mitwirkung der Mitglieder den Bericht in einer so kurzen Zeit zu verfassen.

Der Herr Berichterstatter der Minorität ist nämlich der Ansicht, daß es die reine Negation ist, welche uns bestimmt hat, - und es ist mir wohl erlaubt, über diesen Gegenstand etwas ausführlicher zu sprechen.

Bekanntlich ist dies ja das Schlagwort, welches von der officiösen Presse und den dieser nachbetenden Organen, den freiwilligen Officiösen, immer wiederholt wird, die Verfassungspartei bewege sich auf dem Boden der Negation, sie mache Opposition um jeden Preis u. s. f.

Ich bedauere, daß der Herr Berichterstatter der Minorität zur Unterstützung dieser seiner Ansicht sogar Etwas übersehen hat, was man doch in einem Berichte, welcher Anspruch macht, als Staatsschrift zu gelten, nicht hätte übersehen sollen, Er führt eine Stelle aus dem Majoritätsberichte mit Anführungszeichen an; wenn man das thut, so ist man dafür verantwortlich, daß das, was man citirt, richtig citirt wird, und daß nicht ein sinnstörender Fehler die Unterstützung derjenigen Ansicht, welche man eben beweisen will, zu bezwecken scheint.

(Rufe: Hört! Hört!)

Unser Bericht erklärt nämlich S. 4 unten und zwar mit durchschossenen Lettern, "die Commission ist daher (- aus den angeführten Gründen -) nicht in der Lage, dem hohen Landtage zu empfehlen, daß er der Regierung auf dem Wege, welchen sie mit der Vorlage beschritten hat, solgen möge.

Die Commission stellt vielmehr" - jetzt kommt die mit durchschossenen Lettern gedruckten Stelle - "auch abgesehen von den Bedenken, welche sich gegen die einzelnen Bestimmungen der Vorlage ergeben, den Antrag" - und das wird mit Anführugszeichen so abgedruckt, daß es einen wesentlich verschiedenen Sinn gibt und zwar heißt es auf S. 5 des Minoritätsvotums "der hohe Landtag möge die Regierungsvorlage ("abgesehen von den Bedenken, die sich gegen sie ergeben") einfach ablehnen. "

Das ist ein wesentlicher Unterschied, wenn man sagt "abgesehen von den Bedenken, die sich gegen die einzelnen Bestimmungen der Vorlage ergeben und wenn man sagt "abgesehen von den Bedenken, die sich gegen die Regierungsvorlage ergeben. "

(Rufe: Sehr richtig! To jest stejné. )

Ich bitte, das ist ein sehr wesentlicher Unterschied und ich muß dabei beharren.

(Oberstlandmarschall läutet. )

Wer sagt, ich lehne, abgesehen von den Bedenken gegen die Regierungsvorlage ab, der Sagt,. ich würde sie ablehnen, wenn auch gar keine Bedenken dagegen waren, Wer aber sagt, wie wir im Commissionsberichte Sagen "auch abgesehen von den Bedenken gegen die einzelnen Bestimmungen der Vorlage, der sagt etwas ganz anderes und liegt darin gewiß ein wesentlicher Unterschied.

Wenn man citirt und zum Citiren so viel Zeit hat, wie dem Herr Berichterstatter der Minorität zu Gebote stand (Heiterkeit) - während ich meinen Bericht in den Morgenstunden des Tages nach der Sitzung concipirte - so kann man genau und richtig citiren, das ist doch das erste Erforderniß, welches an einen Bericht, der Anspruch auf den Namen einer Staatsschrift macht, gestellt werden kann.

Worauf soll sich nun gründen, daß man immer sagt, wir bewegen uns auf dem Boden der reinen Negation, wir weisen alles zurück, was die Regierung uns vorlegt, wir machen blos Opposition um jeden Preis, Sagen im Fortissimo "Nein"? Auf unsere Thatigkeit im Landtage wird Sich das schwerlich beziehen. Bis jetzt Sind zwei Regierungsvorlagen unterbreitet worden und eine über die Fischerei ist in Aussicht gestellt.

Die eine dieser Vorlagen über Bürgerschulen, die hat wie ich vernehme, die Commission zur unveränderten Annahme empfohlen. Da haben wir also nicht diese absolute Opposition !

Daß dieser Vorlage aber Opposttion gemacht wird ? - Ja, daß die Opposttion alles annehmen soll, was ihr die Regierung vorlegt, das wird man doch nicht verlangen, (Heiterkeit, ).

Es muß sich daher dieser Vorwurf, der von den Officiösen gemacht wird, auf unsere Thätigkeit an einem anderen Orte beziehen, wahrscheinlich auf jene im Reichsrath (Rufe: Hört!) und es ist mir daher wohl gestattet, in allgemeinen Zügen zu sagen, ob das wirklich begründet ist, Die weitaus meisten und wichtigsten Vorlagen der Regierung, welche im Reichsrathe angenommen wurden, find nicht blos mit uns, sondern sind regelmäßig durch uns (Bravo !) und gegen die Rechte angenommen worden.

Ich erlaube mir aufmerksam zu machen auf eine Vorlage, Es war die Vorlage über die Verwaltung Bosniens. Da stand bereits fest, daß die Regierungsvorlage in einem Sinne amendirt werden sollte, welcher dem Reichsrathe jede Ingerenz, die von der Regierung selbst verlangt wurde, vollständig entzogen und an die Delegationen übertragen hätte.

Das wurde bereits beschlossen und der durchlauchtige Herr Berichterstatter war bereits gewählt, legte dann natürlich seine Stelle wieder nieder und durch uns ist die Regierungsvorlage wiederhergestellt worden, eine Vorlage, die, wenn sie nicht wieder hergestellt worden wäre, einen flagranten Conflict mit Ungarn und die Unmöglichkeit, die Sache zu regeln, herbeigeführt hätte.

Das ist ein Fall; ein Fall, der nicht blos das gesammte Reich, sondern auch das Königreich Böhmen unmittelbar berührt, ist die "Grundsteuernovelle. " Es ist unglaublich, welchem Widerstande, d. h. welchen Verschleppungs-Versuchen die Novelle begegnete, u. z. (ich bedauere, es sagen, zu müssen) von der gesammten Rechten, nicht blos etwa von Vertretern derjenigen Länder, die daran unmittelbar Interesse haben mochten, von Galizien, Dalmatien und Tyrol, sondern, und ganz vorzüglich von den Vertretern der Lander, die uns am nächsten stehen, und es hat unseres beharrlichsten und entschiedensten Eintretens für die Regierungsvorlage nicht blos einmal, sondern Monate lange bedurft, um die Grundsteuernovelle, die von unserer Landbevölkerung (von der deutschen kann ich´s nur sagen, aber ich glaube es von der èechischen auch) mit Sehnsucht erwartet wurde, durchzubringen, nicht blos mit, sondern durch die Verfassungspartei im Abgeordnetenhause. (Bravo ! Bravo !)

Ein Drittes noch, das anzuführen ist, ist das Sekundärbahnengesetz. Da hatten wir einen noch schwereren Stand. Wir mußten die Regierungsvorlage theilweise - theilweise gegen die Regierung, selbst im Ausschuße mitvertreten, welche Regierung in der süßen Gewohnheit, wenn von einer Seite Etwas verlangt wurde, es ohne weiteres zuzugestehen, nur zu sehr geneigt war, auf die Bestimmungen ihrer eigenen Vorlage zu verzichten. Daß solche wesentliche Modificationen übrigens bevorstanden und nicht acceptirt wurden, beweist, daß auch in diesem, wie in früher angeführten Fallen, ein wiederholter Wechsel in der Person des Berichterstatters stattfand, indem der ursprünglich mit dem Referate betraute Abgeordnete die Berichterstattung niederlegte.

Noch eines sei mir erlaubt anzuführen, das Gesetz über die Militärtaxe, wo auch die eigentümliche Erscheinung eintrat, daß der Berichterstatter, der der Rechten angehörte, mit seinen Anträgen im Hanse vollständig durchfiel, so daß ein anderer gewählt werden mußte und wo wir vielleicht das bescheidene Verdienst in Anspruch nehmen können, daß, wenn die Regierungsvorlage schließlich in einer annehmbaren Gestalt aus der Berathung hervorging, dies durch die Bemühungen der Linken, durch die Verfassungspartei gelang, die, wenn sie hatte in schroffe Opposition treten wollen, (in diesem, wie in andern Fällen), mit Leichtigkeit die Vorlage hatte vereiteln können, Die Verfassungpartei ist daher Partei der Opposition um jeden Preis wahrhaftig nicht; es gibt aber eine solche Opposition und diese findet ihren Ausdruck, und zwar den bedeutendsten und entschiedensten in der "Abstinenz - Politik" (Bravo ! Bravo !), welche heute ein Herr Redner für einen gegebenen Fall bereits wieder als möglich in Aussicht gestellt hat; als möglich, weil er den Fall Selbst eben nur als möglich hinstellen wollte. Ja, wir haben diese schroffe Opposttion nicht eingehalten, thuen es auch jetzt nicht; wir werden trotz alledem, daß man uns nicht so gar freundlich behandelt hat, es nicht thun.

Wenn aber die Herren, welche heute sagen, daß ohne jede Diskussion einfach zur Tagesordnung übergegangen werde, so darf ich bemerken, daß dieselben Herren uns sowohl in Ausschüßen, als im Plenum nur zu oft das Wort durch Antrag auf Schluß der Debatte abgeschnitten habe.

(Bravo, Bravo, sehr richtig !)

Es gibt ferner eine Negation, nicht bloß der Regierung gegenüber, sondern eine Negation gegenüber der Vertretung eines großen Volksstammes und einer wichtigen Partei durch eine Verordnung der Regierung, die eine große Aufregung unter der deutschen Bevölkerung hervorrief.....

(Hort! Hört! Ganz richtig! Oho! im Centrum. Präsident läutet. )

Die Herren, die das in Abrede stellen, glauben wohl, eine künstliche Bewegung ließe sich durch künstliche Mittel in der deutschen Bevölkerung erzeugen, weil sie vielleicht ein derartiges Beispiel auf Verhältnisse übertragen, auf die es nicht paßt. Die Herren find in großem Irrthum. Unsere deutsche Bevölkerung ist - bei aller Anerkennung ihrer übrigen guten Eigenschaften muß man es sagen - sehr Schwerfällig; wenn die einmal in Aufregung geräth, da müssen starke Gründe dafür vorhanden sein; dann ist aber auch die Aufregung um so nachhaltiger, Wir nun hatten eine Interpellation an´s Ministerium gerichtet; das Ministerium beantwortete diese Interpellation in einer die Beunruhigung vermehrenden Weise. Wir stellten darauf den Antrag (d. h. eine Anzahl von Mitgliedern, die nur um ein Paar Stimmen weniger betrug, als die Stimmen der Rechten), daß an diese Interpellationsbeantwortung eine Debatte geknüpft werde, und dieser Antrag wurde abgelehnt.

Wir stellten darauf den Antrag (und diesen Antrag hatten 157 Mitglieder unterzeichnet nahezu die Hälfte sämmtlicher Mitglieder des Abgeordnetenhauses -), daß die Interpellationsbeantwortung einem Ausschuße zugewiesen werden sollte. Der Präsident stellte den Antrag zur ersten Lesung auf die Tagesordnung, und durch Beschluß einer geringen Majorität wurde uns abermals das Wort abgeschnitten. Und das soll die "Verständigung" sein ?! Das soll die "Bruderhand" sein?!

(Anhaltender Beifall und Händeklatschen. Starker Widerspruch im Centrum. )

Oberstlandmarschall (läutet): Ich bitte, den Herrn Redner nicht zu unterbrechen.

Dr. Herbst (sährt fort): Ich werde von dem natürlichen Rechte der Redefreiheit immer und jederzeit Gebrauch machen im Interesse des Volkes.

(Bravo ! Bravo ! Unruhe im Centrum. )

Aber ich bitte, mich nicht zu unterbrechen, ich bin dies vom Parlamente nicht gewohnt.

Um weiter fortzufahren -- wenn von einer künstlichen Steigerung der Aufregung heute von zwei Rednern gesprochen wurde, so mag das sein; aber das kann ich den Herren versichern, sie haben eine künstliche Steigerung der Aufregung herbeigeführt (Bravo !); denn nichts hat so nachhaltigen Eindruck auf unsere Bevölkerung gemacht, als daß das freie Wort im freien Parlament nicht durch die Regierung, sondern durch die angebliche "Bruderhand" uns abgeschnitten wurde.

(Bravo ! Bravo !)

So stellen sich die Negationen dar, die uns zur Last fallen sollen; wir haben gestimmt und werden, wenn wir in der Lage find, für die Regierungsvorlagen stimmen, die wir im Interesse des Reiches, speciell auch im Interesse des Königreiches Böhmen gelegen finden, und wir werden uns durch keine Alliance mit Bewohnern oder Vertretern anderer Länder, zur Förderung deren Interessen abhalten lassen, einzutreten für das Interesse unseres Königreiches.

(Bravo ! Bravo !)

Das ist überhaupt nicht unsere Sache, daß das Partei-Interesse das sachliche Interesse überwiegen dürfe.

Das aber haben wir allerdings im Reichsrathe gethan, daß wir bei jeder Gelegenheit, wo politische Fragen auftauchten, uns frei und offen zu unserer Ansicht bekannten, wir haben dieß gethan wie es sich im Reichsrathe um die Adresse, um die Beantwortung der allerhöchsten Thronrede handelte; wir haben dieß gethan, wie es sich um die Budgetberathung handelte, obschon wir der Regierung in der Bewilligung des Budgets keine Schwierigkeiten gemacht haben; und insbesondere nicht die Mitglieder des Budgetsausschusses in Wien, der viel zu thun hatte, die wir in diesem Ausschuße unsere ganzen Kräfte dem Streben nach Ordnung des Staatshaushaltes gewidmet haben, wir haben es endlich so gethan bei der Nichtbewilligung des Dispositionsfondes, wo wir so glücklich waren, zu beweisen, wie gering die herrschende Majorität ist, die uns so behandelt hat. Wir waren für Ablehnung des Dispositionsfondes und haben damit bewirkt daß wenigstens nicht aus Steuergeldern die Mittel gezahlt werden sollen, durch welche die Verfassungspartei bekämpft werde.

(Bravo ! Bravo !)

Eben so stehen wir auch dieser Vorlage gegenüber.

Wir sehen in dieser Vorlage einen politischen Akt und wir können das Mißtrauen, das uns gegen die Regierung beseelt, nicht einfach ablegen dieser Vorlage gegenüber.

Wir können dieß um so weniger, weil wir ja - ich bitte dieß nicht übelzunehmen - weil wir Sehen, daß die Herren dort damit und darum zufrieden sind, weil sie mehr erwarten. Sonst ist derjenige, der mehr erwartet, nicht zufrieden; der aber ist zufrieden, welcher weiß, daß das Angebotene eine Abschlagzahlung ist, daß das Andere Schon nachkommen wird. Und das ist eben die Politik dieses Ministeriums, daß es nicht alles auf einmal thut.

(Bravo !)

Man muß diejenigen, die gemaßregelt werden sollen, an die Maßregelung gewöhnen, man muß die Deutschen daran gewöhnen, daß es ihnen immer Schlechter geht, zuletzt werden sie dann mit allem zufrieden sein!

(Bravo ! Heiterkeit. )

So auch hier. Wir sehen es ja, warum der Regierung Soviel gerade daran gelegen ist, daß in diesem ersten Wahlkörper 32 Mitglieder zu wählen sind.

Wenn Sie nach Antecedentien gesucht hätte in den Vorakten des Landtages, so hätte sie Solche gefunden.

Im Jahre 1866 hatte auch die Landtagsmajorität eine Trennung des Großgrundbesitzes beschlossen, da waren 20. 000 ohne Zuschlag die Grenze für den ersten Wahlkörper, im Jahre 1871 - 25. 000 fl. Grundsteuer. Hätte sich die Regierung nicht darauf berufen können, daß der hohe Landtag diese Trennung schon beabsichtigt habe, das konnte sie nicht thun, denn dann hätte sie den ersten Wahlkörper nur um 10 Personen, vermehrt, und wenn sie ihn nur um 10 Personen vermehrt hätte, so hätte sie ihm doch nicht das Recht geben können, 32 zu wählen.

(Richtig!)

Und diese 32 mußte man eben haben. Es bedarf nur einer einfachen Rechnung, um nachzuweisen, daß, wenn die Regierung diese 32 hat, die einer bestimmten Partei angehören, daß sie dann unzweifelhaft eine Majorität von 121 Stimmen mit den 4 Virilstimmen im Landtage hat.

Das ist so unzweifelhaft, daß Sie es natürlich finden werden, warum die Regierung gerade 32 haben muß. (Richtig. )

Daher werden Sie es auch natürlich finden, daß sie gesagt - denn ich anerkenne alles, was richtig ist - (Bravo !) "eine ebenso angemessene Ausgleichung wäre nicht zu erzielen,. wenn der Census mit einer höheren Ziffer wie z. B, mit 20. 000 fl., 15. 000 fl. angenommen würde. "

Man mußte mit dem Census knapp auf 10. 000 fl. gehen und gerade den Census von 10. 000 fl. festsetzen, um die Berechtigung zu finden, diese 32 zu wählen.

Das ist sehr scharfsinnig, aber daß es uns gerade antreiben sollte, für diese Vorlage zu stimmen, kann uns kein Mensch der Welt, auch keiner von den geehrten Herren Rednern der Gegenseite zumuthen.

(Bravo !).

Wir werden also gegen die Vorlage stimmen. Wir werden es thun, weil wir eine Pflicht zu erfüllen haben. Wir haben niemals um einer augenblicklichen Gunst willen, um eines augenblicklichen Vortheils willen, um eines Zugeständnisses willen, welches die Regierung uns machen würde, uns im Verhalten gegen eine Vorlage bestimmen lassen.

(Bravo. !)

Vielleicht wäre es möglich, daß die Regierung diese Sprachenverordnung vom 19, April zurücknehmen würde, wenn wir dagegen für diese Vorlagen stimmten,

(Bravo ! Heiterkeit).

Aber das ist nicht unsere Sitte, wir stimmen nach unserer Ueberzeugung, wir stimmen für dasjenige, was zu vertreten wir für unsere heilige Pflicht halten. Wie es auch oben aufgenommen wird, welche Gunst oder Ungunst uns dafür zu Theil wird, das wird uns in unserem Verhalten nicht bestimmen.

Wir werden gegen die Regierungsvorlage stimmen, (Stürmischer, minutenlanger Beifall und Händeklaschen).

Nejv. marš. (zvoní): Pan poslanec Zeithammer má slovo k formálnímu návrhu.

Posl. Zeithammer: Dovoluji si navrhnouti hlasování podle jmen.

Oberstlandmarschall: Der Herr Abg. Zeithammer stellt den Antrag namentlich abzustimmen.

Nám. nejv. marš.: Pan poslanec Zeithammer navrhuje, aby se hlasovalo podle jmen.

Oberstlandmarschall: Ich bitte diejenigen, welche für den Antrag stimmen, sich zu erheben.

(Stane se. )

(Geschieht, )

Der Antrag ist angenommen, Ich bitte die HH. Verifikatoren des heutigen Tages und zwar: Baron Kotz, Herr Dr. Kiemann und


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