Pátek 18. øíjna 1878

Hat man sich denn überhaupt nicht einer Täuschung über den wahren Werth des konstitutionellen Wesens hingegeben, wenn man dachte, daß es im Stande ist, rascher und besser zu schaffen, als andere Staatsformen? Liegt nicht vielmehr, wie mir scheint, der wahre Werth des konstitutionellen Wesens und der parlamentarischen Öffentlichkeit darin, daß, durch sie Böses verhütet, Schlimmes verhinder wurde? Die öffentliche Kontrole muß ersetzen, was die Schwerfälligkeit des Apparates Verschlimmert und so war es begreiflich, daß die Thatsachen zu einem Theile der Argumentation des Hrn. Abgebrdnelen Dr. Rieger Recht geben konnten.

Ich werde nicht auf jede Einzeinheit seiner ausführlichen Auseinandersetzungen zurückkommen, schon deshalb nicht, weil von dieser Stelle ein Theil jener Einwürfe bereits beantwortet wurbe, welche sich darauf beziehen, wie der hohe Landtag in den abgelaufenen 17 Jahren mit der Steuerkrast des Sandes verfügt und gewirthschaftet hat.

Wenn darüber geklagt wurde, "wie hoch die Lasten gestiegen sind, so schien mir dies im Widerspruche damit, daß gleichzeitig verlangt werben konnte, es hatte für "Kunst und Wissenschaft" mehr geschehen sollen. Wenn das hätte gethan werden wollen, so würben die Lasten um ein Bedeutendes haben vermehrt werben müssen und die Klage des Herrn Berichterstatters der Minorität wäre berechtigter gewesen. Es ist von dieser Stelle auch schon gesagt worden und ich brauche nur darauf hinzuweisen, daß in jedem Vertoaltungsgebiete und in allen Läudern, von dem kleinsten bis zum größten, die öffentlichen Ausgaben gestiegen sind und ist es nur nothtvendig auf unsere Nachbarlánder hinzuweisen, wo in der letztverflossenen Landtagsperiode in Mähren die Umlagen von 22 auf 37%, in Oberöfterreich von 36 auf 47%. gestiegen sind.

Wenn der Herr Abgeordnete Dr. Rieger bei derselben Gelegenheit beklagt, daß das Land für den Eisenoahnabau nichts gethan ha so kann ich mich darüber nur freuen, dann wahrscheinlich würde die Steuerkraft des Sandes in bedauerlicher Weise in Anspruch genommen worden sein.

aber die allrheftigsien Angriffe richtet der Herr Abgeordnete Dr. Rieger gegen die Schule und worin gipseln diese?

Kein richtiges Verhältniß bestande zwischen den Kosten der Schule und det Besserung der Schulzustände, keine autonome Schulvterwaltung gebe es, eine neue Bureaukratie sei geschaffen worden und deshalb sei jene Opferfähigkeit der Gemeinden verschwunden, an welche er sich erinnere; in eine neue "Dieti-stbarleit" seien die Lehrer gekommen, mißbraucht würden sie zu politischen Zwecken.

Wie war die Schule beschaffen, als bieser hohe Landtag die Gelegenheit hatte, sich zum ersten Male mit ihr zu beschäftigen? Erinnern wir uns doch daran und lassen wir einen Augenblick jene leichte Vergeßlichkeit des Österreichers bei Seite.

Die "Aussicht und Leitung" der Schute' war allein und ausschließlich in geistlichen Händen, die Verhältnisse der Lehrer" die traurigsten, die man sich denken konnte. Persönlich hatten sie keine Autorität. Sie waren die Küster oder Weßner oder Glockenläuter ihrer Gemeinden und die. Untergebenen ihrer Seelsorger. Ihre Autorität, wenn sie eine solche hatten, bestand allein in dem Bakel, den sie gegen- ihre Schüler schwangen. Ihr Einkommen war erbärmlich; es bestand zu einem ileinen Theile in Geldetstung, zu einem großen Theile in Naturalleistung.

Wir wissen, wie, wenn eine neue Stelle geschaffen werden sollte, aus allen möglichen Ouellen Beiträge zusammengebettelt werden mußten und wir wissen, wie schwierig diese Erhebung der Konøurrenzen für neue Lehrer in den Gemeinden war. Der "Zustand der Gebäude" war in den meisten Orten ein sehr trauriger und das "Lehrziel, " welches in den Schulen vorgeschrieben war, noch jenes, welches die erhabene Kaiserin Maria Theresia 100 Jahre früher der Volksschule gesteckt hatte.

So haben wir im Jahre 1868, als der Landtag daran gehen konnte, die Schule im Lande neu zu organisiren, dieselben vorgesunden. Damals besünden in Böhmen 3531 Schulen mit 633000 Schulkindern und 6500 Lehrern mit einem Einkommen von 1672000 fl., 2642 Schulgebäude wären in einem mittleren Zustande und 1210 in einem durchaus schledßtett.

Da haben wir jene Gesetze geschassen, auf welchen heute im Lande die Schulorganisation ruht. Sie ruht auf der Dreiteilung der Verwaltung durch den Ortsschulrath, Bezirksschulrath und Landesschulrath. Wie sind denn diese Behörden zusammengeselt?

Dem Ortsschulräthe gehört Niemand an, auf dessen Ernennung die Regierung irgend einen Einfluß hat; in die Bezirksschulräthe berufen sind die Mirglieder, welche "die Bezirksvertretungen wählen, die Mitglieder; welche die Lehrer wählen und an ihrer Spitze steht der Bezirkshauptmann, nicht etwa deshalb, um zu verfügen, wie er will, sondern um auszuführen, was der Beschluß der Korporation ihm vorgetrieben hat. (Bewegung im Centrum. )

Sollte dies irgendwo anders geschehen, so mögen einzelne Personen schuld sein und unter ihnen diejenigen, die sich üder eine schlechte Verwaltung nicht beschweren; dem Gesetze kann kein Vorwurf gemacht werden, "Wie kann man nun Angesichts einer solchen Zusammensetzung der Schülbehorden behaupten, daß die Schule dem Volke entzogert morden sei? Ist sie nicht gerade durch diese Organisation erst voll und ganz in die Hände des Volkes gegeben worden? (Lebhaftes Bravo. ) Freilich die Ausfuhrung der Beschlüsse dieser Behörden, wie sie die Vezirksschulrathe sind, sehe ich für meinen Theil lieber in den Häanden der Bezirkshauptleute alS in den Händen anderer autonomen Organe, von denen ein großer Theil uns "jene neuen Bureaukraten eigentlich erst gebracht hat, " über welche so Manche zu klagen im Stande sind. In nicht seltenen Fällen ist die autonome Bureaukratie dort, wo sie sich herausgebildet hat, gerade so schlimm, wenn nicht schlimmer wie jene, welche den staatlichen Beamten so gerne zugeschrieben wird.

Ist die "Aussicht" jetzt nicht eine bessere, eine den Zwecken der Volksschule entsprechendere? Und die "Verhältnisse der Lehrer !" sind diese nicht befreit von allen lokalen Bedrängnissen und Nahrungssorgen? Ihre Existenz ist aus öffentlichen Mitteln Sichergestellt, Sie haben nicht nothwendig, ihre Mittel aus den verschiedensten Quellen zusammerizubetteln. Eine Stellung ist auch ihnen geschaffen worden, welche hoch genug ist, um dem Zwecke zu entsprechenden sie mit ihren Wirken zu verfolgen haben, ein besseres und höheres Ziel ist diesem ihrem Wirken gesteckt worden: eine Unabhängigkeit ist heute den Lehrern gegönnt, wie sie, ich darf es sagen, nur noch den Richtern gegönnt ist, denn ein Maß von Inamovibitität ist den Lehrern heute gewährt, welche sonst feinem Beamten zukömmt.

Die Versetzung aus Dienstes- oder Amtsrück sichten ist nur bann gestattet, wenn die Vorschläge des Oris- und Bezirksschulraths berücksichtigt wurben und eine solche privilegirte Stellung kommt außer den Richtern sonst im ganzen Laube keinem zu. (Rufe: Schlan!) Wenn einzelne Fälle hervorgehoben worden sind, so mögen sie, ich betone es, "gegen die Personen eine Klage rechtfertigen, niemals aber gegen das Gesetz. "

Im Gesetze ist für solche Handhabungen kein Platz. Wenn trotzdem von "Dienstbarkeit" der Lehrer gesprochen wirb, so erlaube ich mir zu erteiedern: "Fragen Sie die Lehrer im ganzen Lande, ob sie zurückkehren wollen unter die geistlichen Schulaufseher und sich wieder beugen wollen unter die Malen Großen und es wird Ihnen einstimmig "Nein!" zur Antwort werden. Wenn endlich die Worte: "Polizeibienst" und "politischer Mißbrauch" gefallen sind, deriet Leute gibt es in manchen anderen Ständen, die sich zum Polizeibienst gebrauchen und mißbrauchen lassen. Nöthig hat es Niemand, denn heute steht befähigten und geprüften Lehrern noch eine Anzahl von britthalb Tausend Stellen offen.

Ist weiter das Lehrziel der jetzigen Schule nicht ein den Zeitverhältnissen entsprechenderes? ist es nicht natürlich, baß mit der Erhöhung dieses Lehrzieles auch die Mittel wachsen, welche zur Erreichung desselben nothwendig sind?

"So können wir jetzt nach 10 Jahren wohl mit einigem Stolze auf das zurückblicken, was die Schulgesetze geschaffen haben. " Jetzt haben wir im Lande 4287 Schulen, also 750 mehr als vor 10 Jahren und 10000 Lehrer, also 3420 mehr als bei Beginne der Wirksamkeit der Schulgesetze. Um 181000 haben sich die schulpflichtigen Kinder vermehrt und um 3408000 fl. die Gehalte und Bezüge der Lehrer.

Mag es immerhin richtig sein, baß nicht in jedem Jahrzehnte ein Parlament im Staube ist, etwas, wie sich der Herr Abg. Dr. Rieger ausgesprochen hat, wirklich Großes und ewig Denkwürdiges zu leisten, wenn auch nicht mit so stolzen Worten, aber doch mit Genugthuung kann darauf hingewiesen werden, was dieser hohe Landtag im Schulwesen geleistet hat Wenn endlich Hr. Abg. Dr. Rieger ein Mißverhältniß sindet zwischen Kosten und Erfolgen, so würbe er dieses niemals in richtigen Ziffern auszubrühen im Stande sein.

Unberechenbar sind eben die Folgen und sie sind heute deshalb noch um so weniger berechenbar, weil wir erst 8 Jahre dieses Gesetzes uns erfreuen und weil erst in diesem Jahre die erste Generation von Schülern die Schule verlassen hat,, welche durch volle 8 Jahre die neuen Schuleinrichtungen genießt.

Wenn gleichwohl einzelne Mängel in der jetzigen Schulverfassung sich herausstellen, so dürfen wir nicht vergessen, "daß die Aenderung der Schulverfassung eine gewissermaßen gewaltsame, " ja ich darf vielleicht sagen, revolutionäre (Rufe im Centrum: Ja wohl!) war. Vielleicht wäre es besser gewesen, ein Aidergangsstadium zu bilden. Damit sei nicht gesagt, daß etwas geschaffen wurde, das den Anforderungen der Zeit vorausschreitet. Österreich hatte eben in diesem Zweige seiner Verwaltung viel zu lange gezögert; aber solche sprunghafte Entwicklungen führen immer zu einer Reihe von Conoulsionen, welche eben üderwunden werben müssen. Wir hatten die Pflicht, mit einem Male nachzuholen, was an allmäliger Fortentwickelung unserer Väter und Großväter versäumt wurbe. Die Unterlassungssünden der Vergangenheit mußten wir in einem Jahrzehent gutmachen und "weil wir alles und alles dieses gethan haben, meine Herren, ta-deln Sie uns darum nicht!"

Ich habe mich länger, als es vielleicht zum Gegenstande der Debatte gehörig ist, um der Wichtigkeit der Sache und um der scharfen Vorwürfe willen, welche vorgebracht wurden, bei dieser Angelegenheit aufgehalten. "War dabei, " meine Herren ton der Opposition, "die bessere Einsicht auf Ihrer Seite, unsere Schuld war es nicht, wenn Sie uns dieselbe so lange entzogen haben. "

Ich vermeide jede Rekrimination; aber das darf ich sagen, daß es uns eigentümlich anmuthen muß, "wenn die Opposition, welche sich jahrelang von unserer Thätigkeit sern hielt und uns die ganze Arbeit und damit auch die gange Verantwortung allein überließ, jetzt mit Prophezeiungen nach rückwärts unser Volf glauben machen will, daß wir nicht nach bestem Können und bestem Wissen unsere Pflicht voll und ganz gethan haben. " (Bravo!) Der Bericht, welchen die Majorität der Kommission erstattet hat, vermied es, wie sich der hohe Landtag üderzeugt haben wirb, sorgfältig den meritorischen Inhalt der Adresse kritisch zu beleuchten.

Nachdem wir einmal den Antrag auf Erlassung einer Abresse abgelehnt hatten, glaubten wir den ersten Beweis unserer Versöhnlichkeit zu geben, indem wir uns in Polemik gegen diese Adresse nicht einließen, eine Polemik, welche weder fruchtbar, noch einigend gewesen wäre.

Die Minorität hat sich darauf beschränkt, in ihrem Berichte lediglich den Weg zu verfechten, welchen sie einschlagen zu sollen geglaubt hat; der Berichterstatter der Majorität glaubt sich jetzt Verpflichtet, die Hinfälligkeit der im Minoritätsvotum vorfindlichen Annahmen nachzuweisen, als wäre der von der Minorität eingeschlagene Weg noch ein verfafsungsmäßiger.

Denn "über das Ziel, " meine Herren, "sind wir alle einig, eine endliche Verständigung zwischen den zwei Stämmen des Landes herbeizuführen; (Bravo! Bravo!) unsere Differenz besteht darin, baß wir den Boden des geschriebenen Rechtes nicht verlassen wollen, ja nicht verlassen dürfen, die Opposition hingegen, " wenn auch nicht mehr in jener Schärfe, wie in früherer Zeit,,, diese Rechtsbasis nicht anerkennt; " denn wenn der Entscheidung hierüber die Form eines landtäglichen Veschlußes entzogen wirb, wenn die Minorität der Majorität sich nicht fügen, wenn also ein neues Wahlrecht auf einem andern sormalen Wege zu Staude kommen soll, so ist dies nur möglich über das besrehende und geltende Verfassungsrecht, üder den Kopf des Landtages hinweg.

Wenn die Adresse sich an die Krone mit der Bitte wendet, durch eigene Initiative die deseitigung der in der Landtagswahlordnung gelegenen Uebel in Angriff zu nehmen, so wäre dies so denrbar, daß die Vertrauensmänner der Krone mit den beiden Stämmen des Landes sich in Verbindung setzen und versuchen würden, die Verständigung herbeizuführen. Die Hoffnung auf eine Solche ruht aber gewiß nur im guten Willen, der Einsicht, der brüderlichen Gesinnung und dem Friebensbebürfnisse beider Stämme und ihrer Vertreter. (Bravo! Bravo! Sehr gut!) Dieses Alles geltend zu machen, sind sie ohne jede Vermittlung im Stande, namentlich dann und dort, wo sie sich zur gemeinsamen Arbeit zusammengetroffen haben, im Schöße des hohen Landtags.

Die erbetene Initiative der Krone aber will lieber in jener andern Form gedacht werden, daß die Regierung ein sorgsältig mit den Vertrauensmännern beider Stämme berathenes und von ihrer Aller Einverständniß getragenes Elaborat dem hohen Landtage vorzulegen ermächtigt werde.

Eine solche Regierungsvorlage würbe sodann aber doch wieder einer Entscheidung unterworfen werden müssen (Bravo!), jener Entscheidung, welche die Minorität eben wieder perhorrescirt. (Rein! im Centrum. )

Wenn noch eines dritten Weges gedacht werben soll, der dem verfassungsmäßigen Wege entspricht und jencn Rechtsboden nicht verläßt, an welchem wir festhalten, so wäre dies ein Kompromißgesetz, wodurch die Entscheidung über die strittige Frage einem Dritten anheim gegeben werden könnte, allein auch, um ein solches Kompromißgesetz zu schaffen, muß das Stadium der landtäglichen Entscheidung in Form eines Majoritätsbeschiußes durchschritten werben. (Jawohl! im Centrum.)

Doch liegt eine solche Form so weil ab, von dem berechtigten Pflicht- und Selbstbewußtsein einer Vertretung, daß sie mit einigem Ernste kaum einer Betrachtung unterzogen werden kann. Dennoch wäre dies die einzig denkbare Weise, wie das schiebsrichterliche Walten der Krone angerufen werben könnte, ohne daß gleichzeitig dem geltenden Rechte Abbruch geschähe.

"Alles, was darüder hinausgeht, (über die Wege, welche ich mir erlaubt habe, als möglich zu bezeichnen), ist ein Oktroi, wenn es auch nicht so genannt werben soll, und kann nur ein Oftroi sein".

Wenn wiederholt sowohl in der Rede des Hrn. Abgeorb. Dr. Rieger als auch in der Begründung, welche er seinem Minoritätsantrage beigab, davon gesprochen wurde, daß im Jahre 1871 sich die Minorität der deutschen Abgeordneten der Majorität des Landtages nicht fügen wollte, und daß sie, diese Majorität und ihr Recht bestreitend, ans dem Landtage austrat, so glaube ich das richtig stellen zu sollen durch Anführung jener Erklärung, welche die deutschen Abgeordneten am 16. Septemder 1871 an den h. Landtag gelangen ließen, wo sie sich auf das Reskript vom 26. Septemder bezogen und worin es hieß: "Diese Erklärung Stellt das Königreich Böhmen ans dem Rahmen der Ver-fassung heraus, indem letztere nach dem Wortlaute des Allerhöchsten Reskripts nicht für diese, fondern nur mehr für die übrigen Königreiche und Länder bindend erscheint und somit gleichzeitig dem Königreiche Böhmen und seinen Bewohnern ihre verfassungsmäßigen Rechte aberkannt werden" - das war der formale und wie ich glaube, auch meritorisch ausreichende Grund, damals vom Landtage sich fern zu halten. (Bravo!)

"Wie immer aber die Entscheidung eines Schiedsrichters fallen mag, so dürfte sie, so sehr auch die streitenden Stämme in Ehrerbietung sich ihr fügen möchten, kaum jenes viel betonte Mißtrauen beseitigen, daß der andere Stamm von den ihm dann etwa eingeräumten wirklich oder vermeintlich Stärkeren Befugnissen Mißbrauch machen könnte.

Wir, die Majorität der Kommission, vermeinen daher, daß außergewöhnliche Wege zu vermeiden sind.

Eine Reihe von Jahren ist übet nuseren. Streit hinweggegangen. Sie haben uns alle milder gestimmt und uns alle erstarken lassen in dem Wunsche nach Eintracht und der Uiberzeugung von den glücklichen Folgen eines friedlichen Zusammenwirkens. (Bravo! Bravo!) Der Versuch einer Verständigung bietet heute unendlich mehr Wahrscheinlichkeit eines guten Erfolges als jemals früher.

Warum sollie den Stämmen dieses Landes nicht das gelingen, wovon viele andere Staaten glänzende Beweise geben? Blicken Sie nach Belgien, blicken Sie nach Deutschland, ja in manche andere Provinzen Oefterreichs! "Und in Böhmen, der Perle des Reiches mitten in Europa gelegen, sollte theils Voreingenommenheit und Leidenschaft, theils Erinnerungen und Zukunftsträume jene fruchtbare Einsicht verdrängen, die zur Blüte des Landes und Reiches so unendlich viel beitragen kann". (Bravo! Bravo!)

Uider das Maß der nationalen Rechte, hoffe ich, werden wir uns bald verständigen. (Bravo!)

Es gebührt jedem Stamme ein solches Ausmaß, das dem nationalen Rechte des anderen Stammes nicht nahe tritt. (Výbornì! sehr gut!) Aber alles andere, als nationale Abtrennung unseres gemeinschaftlichen Lebens wollen wir;, das würde zur Scheidung, nicht zur Verbindung führen. (Bravo!) Wir begriffen wohl, daß die Opposizion in einem Zeitpunkte, wo sie wieder diesen Saal betrat, das Bedürfniß nach einer feierlichen Manifestation Vor ihrem ganzen. Volke hatte. aber unterlassen wir es aus Gründen, die ich schon angeführt habe, die Krone und ihren erhabenen Träger in bas Gezänke der Parteien und den Widerstreit der Meinungen herabzuziehen. (Bravo! Bravo!) Damit glauben wir am besten unsere Dankbarkeit und Ehrerbietung gegen den Monarchen auszubrühen, der unseren Stamm mit nicht größerem oder minderem Wohlwollen bedacht hat und bedenkt, wie alle seine Völker. Damit eben glauben wir, alles andere eher verwirken zu können als die Bezeichnung guter Patrioten. (Bravo! Bravo!).

Wenn die Bekämpfung der Wahlordnung schon 17 Jahre dauert, so kann Sie, meine Herren, das nicht Wunder nehmen. Im konstitutionellen Staate befinden sich die Wahlgesetze in immerwährender Währung, sie kommen niemals zur Ruhe. Wie die Verhältnisse wechseln, auf welchen sich die Gesetze aufbauen, wie die Strömungen der Geister sich ändern, so ersetzen sich Jahr für Jahr die Forderungen an die Wahlgesetzgebung durch neue, mehr meniger berechtigte.

Wenn es nun wahr wäre, daß es blos die Stämme sind, welche im öffentlichen Leben dieses Landes einander eifersüchtig gegenüber stehen, dann könnte, um zum Frieden zu gelangen, gegenseitiges Wohlmollen, und wo dieses fehlt, die eiserne Rothwenidigkeit soziallen Zusammenlebens an Stelle der Uiberredung treten.

Keiner der beiden Stämme wird klagen können, daß ihm jene nationalen Lebensbedingungen fehlen, die üderhaupt geschassen werden tonnen (ja, ja). Allein durch Jahre hat sich im Schooße beider Stämme das politische Element selbstständiger ausgebildet und einigermaßen emancipirt von der Einseitigreit der nationalen: Idee. Blicken sie auf die Gruppe des Großgrundbesitzer? In ihrem Schooße ist es vorwiegend die tief gehende politische Verschiedenheit, welche sie spaltet, und ich verrathe kein Geheimniß, wenn ich behaupte, daß diese Erscheinung

auch in anderen Kreisen immer mehr und mehr hervortritt. Und so werden, hoffe ich, die beoden Stämme dieses Landes mit Zärtlichkeit und Junigkeit fest haltend an dem, was sie von ihren Müttern überkommen haben, ihr politisches Thun beherrschen lassen von ruhiger Einsicht und von jener dauernden Friedfertigkeit, in der ihre Väter Jahrhunderte. bereits dieses Land bewohnten. (Beifall. ) Die Schwierigkeiten und Absonderlichkeiten der böhmischen Verhältnisse, wie sie die Minorität darzuthun bemüht ist, erscheinen dadurch bei weitem geringer und je mehr der politische Parteistandpunkt die nationale Empfindlichkeit mildert und läutert, desto mehr sinkt die Bedeutung dieser Eigenthümlichkeiten Von selbst.                                    

"Das Volksbewußtsein, so pietätvoll es an der Geschichte hängen mag, hat (und darüber sind sich die Vertreter der Minoritat gewiß auch klar), kein Verständniß für die Subtilitäten des formalen Rechtes. Sein lebendiges Bedürfniß verlangt lebendige Formen, der Inhalt der Gegenwart will auch die Form des Tages. Schon hat es sich erwiesen, daß Böhmens ganzes Volk teilnehmen will an dem, was die Gegenwart geschaffen. (Bravo!). Wenn auch Sie, meine Herren von der Opposition, uns und unser Volk niemals begegnen werden auf föderalistischen Wegen, wenn Sie uns und unser Volk auch niemals entfernen können vom Voden des geltenden lebendigen Rechtes, so soll es nicht an uns fehlen, die Pfade der Mitarbeit ihnen zu ebnen, die Sie nunmehr beschritten haben und von denen wir hoffen, baß sie Sie auch noch an andere Orte führen werden". (Lautes Bravo!)

Wie mit der Gesetzgebung und Verwaltung des Landes, so ist es auch mit der inneren und äußeren Politik des Reiches.

Die Thore des Reichs - Parlamentes standen der Opposition auch dieses Landes immer offen.

In allen Ländern nimmt die Opposition, selbst die jener dieses Landesstammverwandten seit Jahren Theil an der Gesetzgebung des Landes, sowie an der Gesetzgebung des Reiches. Wenn die Minoriät glaubt, sie hätte durch ihre Mitwirkung an der legislatorischen Thätigkeit der letzten Jahre manche Fehler verhiudern und deren nachtheilige Folgen verhüten rönnen, so klagt sie nicht uns an, sie klagt sich selbst an. (Bravo. ) Das Wesen unseres Antrages, hoher Landtag, liegt nun in dem Versuche einer Verständigung, die heute unter günstigeren Zeichen steht, als jemals, auf verfassungsmäßigem Wege, den wir nicht verlassen können, Sollen wir nicht unsere Uiberzeugung und die ganze Vergangenheit verleugnen; auf diesem Wege (unser Schlußantrag sagt es deutlich) bieten wir der Opposition die Hand; an ihr ist es, dieselbe zu ergreifen, an ihr, sie von sich zu weisen. Wir hoffen und wünschen es, sie: wird das Erstere thun. Wir sind heute, so wie immer, bereit, im Reiche und Lande mit zu arbeiten für den Ruhm und die Größe unseres gemeinsamen Vaterlandes, für das Glück und Gedeihen aller Völker. (Lebhaftes Bravo und Händeklatschen. )

Nejv. marš. zemský: Pan poslanec dr. Rieger má slovo.

Dr. Rieger: Der Berichterstatter der Majorität hat es sich zur Aufgabe gemacht, meine Begründungsrede zu erörtern und zu widerlegen. Ich berufe mich darauf, daß ich in jener meiner Rede gewisse Ausführungen nur zu dem Zwecke gemocht habe, um darzuthun, daß der Zwiespalt, der bei uns zwischen beiden Nationalitäten herrscht, und der Streit üder die beiderseitige Feststellung des Wahlrechtes zum großen Theile daran Schuld waren, baß unsere parlamentarische Thätigkeit hier im Lande nicht so fruchtbar war, wie wir Alle es gewünscht hätten. Ich habe damals,. meine Herren, die Bemerkung nicht zu dem Zwecke gemacht, um Jemandem einen Vorwurf zu machen, und gewissermaßen Kritik zu üben vom reinen Partetstanbpunkte. Ich bemerke ausdrücklich, daß ich in der Besprechung der Thätigkeit des Landtages auch jene Zeit miteinbegrissen habe, wo ich selbst an den Verhandlungen des h. Hauses Theil genommen habe. Ich that das absichtlich, um zu vermeiden, damit man nicht etwa glaube, ich habe blos jener Vertretung, die in den letzten Jahren getagt hat, Vorwürfe machen wollen. Meine Herren, ich will mir vorbehalten über Manches, was der Herr Berichterstatter der Majorität vom politischen und allgemeinen Standpunkte, namentlich was die vorliegende Frage selbst betrifft, gesagt hat, später zu sprechen. Ich erlaube mir tu diesem Augeublicke nur ein Paar Bemerkungen üder das, was der Herr Berichterstatter zur Rechtsertigung der gegenwärtigen Legislation üder das schulwesen vorbrachte. Meine Herren! Ich bin nicht der Ansicht gewesen und hatte nicht die Absicht, das gegenwärtige Schulwesen in seinem vollen Umfange zu verurtheilen und so zu sagen schlecht zu machen; aber ich habe darauf hingewiesen, daß es mit unverhältuißmäßig großen Kosten nur verhältnismäßig geringe Leistungen augzuweisen hat. (Bravo. ) Das, meine Herren, ist eine Anficht, die ich nicht allein vorgebracht habe, die so ziemlich schon von der allgemeinen Meinung in ganz Oesterreich getheilt wird und fest steht, und meine Herren, ich kann darauf hinweisen, daß mir in diesen Tagen Briefe aus deutschböhmischen Gegenden zugekommen, sind, die mir für die Bemerkungen danken, die ich diesfalls in dem Landtage ausgesprochen habe. Und, meine Herren, wenn sie die Stimmung in unsern Volkskreisen kennen, so werden Sie mir zugeben, baß man mir großentheils Recht gibt, gerade in den Kreisen des deutschen Volkes. Es ift, meine Herren, von mehreren Seiten meine Rebe so ausgelegt worden, als hätte ich dem Lehrerstande irgendwie nahe treten wollen. Auch das lag meiner Absieht ferne. Ich achte jeden berufstreuen Lehrer. Ich habe auch nur gesagt, daß es in dem gegenwärtigen System liegt, daß die Lehrer nicht so viel leisten können, als sie wohl leisten würben, wenn die Einrichtungen andere wären. Ich war nicht in der Sage auf das Detail dieser Frage einzugehen und bin es auch heute nicht. Ich erwähne nur diesen einen Umstand, daß die Lehrer mit allerhand unnötigen Schreibereien, statistischen Ausweisen, Verzeichnissen in einer Weise überlastet sind, daß ihnen diese Ausweise fast ihre halbe Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Diese Zeit die fie damit zubringen, eine Masse Schreibereien zu Staude zu bringen, die dann hier bei der Statthalterei oder sonst wo ruhig liegen und von Niemanden nachgesehen werben, (Výbornì) diese Zeit hätte der Lehrer gut dem Unterrichte widmen können.

Meine Herren! Die Art und Weise, wie die Schulaufseher ihr Auffichtsrecht üben und ihre bürgerliche Selbstständigkeit beirren, ist bekannt; wenn ich darauf hingewiesen habe, daß man die Lehrer mißbraucht auch zu politischen Agitationen, so sind das Thatsachen, für die ich bereit bin Hunderte von Belegen vorzulegen.

Meine Herren, ein böhmisches Blatt, der "Pokrok", hat gestern von einem Landschultehrer einen Artikel gebracht, worin dieser alle Uebelstände, unter welchen der Lehrer heute zu leiden hat, auseinandersetzte.

Ich bin nicht in der Lage, alle seine Beschwerden hier mitzutheilen; ich habe ihn leider nicht zur Hand; leider ist das betreffende Blatt gestern konfirt worden.

Es scheint also, daß man nicht blos meine Bemerkungen hierüber etwas ungern hört, sondern baß auch in gleicher Weise jene Stimmen unangenehm berühren, die aus Lehrerkreisen selbst herrühren. Der Herr Berichterstatter der Majorität hat in der Weise ausgesprochen, als wären alle Reformen, die im Schulwesen in neuerer Zeit gemacht worden, rein nur dem Gesetze zuzuscheben, welches eben die Grundlage des gegenwärtigen Systems bildet.

Das, meine Herren, ist ein Irrthum.

Abgesehen davon, daß dieses Gesetz von Theoretikern gemacht wurde, die die Verhältnisse im Lande und die Bedürfnisse im Volke nicht kannten, ist es Thatsache, daß viele und sehr wichtige Reformen unseres Schulwesens bereits unter dem Ministerium Thun gemacht worden sind, und daß das gegenwärtige Gesetz das Schulwesen schon in weit verdesserterem Zustande getroffen hat, baß also nicht alle Fortschritte, die seither gemacht worden sind, diesem Gesetze zuzuschreiben sind, da sie bereits seit 1848 bestanden.

Meine Herren, bas werben Sie alte nicht leugnen können, daß man bei der Einführung des Gesetzes überstürzend vorgegangen ist, wie überhaupt bei der ganzen Einrichtung des neuen Schulwefens, daß man eine Maffe Schullehrerstellen und mit großen Kosten eine Masse Schulen geschaffeit hat, die man jetzt zu besetzen nicht in der Sage ist


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