Sobota 17. ledna 1874

Abg. Dr. Lumbe: Eine rasche Abhilfen für die Ueberfüllung der Irrenanstalt hat die Kommis= sion in dem Voranschlage der Enquetekommission des Landesausschußes nicht finden können und war daher genöthigt, sich nach anderen umzusehen. Der Vorschlag des Landesausschußes glaubt eine rasche Abhilfe darin zu sinden, daß ein neuer Bau unter= nommen würde, ich glaube, das leuchtet wohl von selbst ein, daß es zwei oder drei Jahre dauern wird, ehe das Gebäude verwendbar und beziehbar ist, ich glaube, daß es die Erfahrung der meisten Herren fein wird, die selbst Bauten geführt haben und aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, daß die Adaptirung von Katharina zwei Jahre, der Bau in Kosmanos drei Jahre gedauert hat, ehe er vollständig durchgeführt war, trotzdem, daß eigene Ingenieure angestellt wurden. Ich will nicht das unglückliche neue Gebärhaus anführen, welches auf 3 Jahre entworfen war und jetzt schon 8 Jahre in Anspruch nimmt, und ich werde froh sein, wenn es in diesen 8 Jahren auch wirklich durchgeführt wird. Also eine rasche Abhilfe, die hier so sehr Noth thut und bereits vor mehreren Jahren so sehr Noth that, die wird durch den Vorschlag des Landesausschußes nicht erreicht. Nun hatte die Kommission die Akten zur Hand genommen von der Enquetekommission und darin steht ganz klar und deutlich, daß Hr. Direktor Fischel mit 7 Gründen nachdrücklich nachweist, daß das alte Gebärhaus die geeignetste, die beste und wohlfeilste und zugleich zu benützende Aushilfe wäre, um dieser Kalamität abzuhelfen. Darauf ist die Kommission aufmerksam gemacht worden, ste hat diese Gründe geprüft und hat die= sen Gründen sich angeschlossen. Die Gründe, die uns dagegen in dem Protokolle der Enquetekom= mission vorgelegt wurden, waren nicht genügend, unsere Uiberzeugung in der Beziehung zu ändern

und es mußte beim Ausspruche des Dr. Fischel bleiben. Ich glaube, ein Mann, der sein ganzes Leben der Sache gewidmet hat und eine anerkannte Autorität in der Sache ist, wenn der sagt: das alte Gebärhaus ist in jeder Beziehung geeignet, das alte Gebärhaus wird heute nicht ganz benützt, sondern kann augenblicklich benützt werden, das alte Gebärhaus ist im innersten Zusammenhange mit der Sluper Realität, also eine Beschäftigung der Kranken liegt auf der Hand, ich glaube, wenn ein solcher Mann es sagt, so konnte gegen solche schlagende Gründe die Kommission sich nicht entschließen. Es wäre noch Manches zu widerlegen, was aber hier die Sache nicht ist. Ich will nur das berühren, womit ein Hr. Vorredner der Kommission hart an den Leib gegangen ist. Was der Hr. Vorredner erwähnt hat, daß er glaubt, daß ein gegebener Auf= trag in der Landtagssession für alle Ewigkeit hinaus= reicht, so muß ich es entschieden in Abrede stellen. Die nahe Landtagssession hat wohl das Recht, einen Auftrag, der nicht vollkommen gelöst wurde oder der vielleicht ganz unbeachtet geblieben ist, auch wieder zurückzunehmen oder durch neuen Auftrag zu ersetzen. Der Auftrag im Jahre 1872, wie mein geehrter Herr Vorredner erwähnt hat, lautete dahin: Die Kommission sagt: Der Ausschuß wird beauf= tragt, im geeigneten Wege eine Abhilfe zu schaffen und hat daraus hingewiesen, ob nicht vielleicht das ehemalige Sternberg'sche Haus geeignet wäre, oder ob nicht vielleicht in Kosmanos dieses gepachtete Hans weiter adaptirt werden könnte Man hat ihm also den Weg freigelassen und blos auf diese 2 Sachen aufmerksam gemacht. Im Verlaufe der Ver= handlung hat mein sehr geehrter Freund Hr. Dr. Görner eruirt, daß die Verhandlung, zu welcher der Auftrag gegeben war, nicht vollführt wurde, son= dern daß man sich erst im April oder Mai darum gekümmert hat, wo bereits der St. Anna=Verein über das Gebäude disponirt hatte.

Ob die Adaptirung des Stiftsgebäudes in Kosmanos möglich ist oder nicht, das kann ich hier nicht berühren.

Ich habe sie aufgenommen, diese Realität, ich habe ste mit den Ingenieuren begangen, Dr. Fischel, der Direktor, war mit mir, da haben wir sie ge= eignet befunden, später ist ste nicht geeignet befunden worden, die Gründe und wie es gekommen ist, weiß ich nicht. Aber, daß der Landesausschuß vom Dezember 1872 bis heute in der Sache Nichts gethan hat, das liegt auf der Hand. Ich glaube wenigstens, sagen zu können: wir stehen heute vor derselben Kalamität wie im J. 1872.

Wenn nicht in den Anstalten selbst der Tod eine so reiche Ernte unter den meisten Kranken ge= halten hätte, wie der Herr Berichterstatter eben mitgetheilt hat, daß im J. 1872 289 Kranke ge= storben sind, so wäre die Kalamität in weit höherem Grade da, als es jetzt der Fall ist. Der Kom= mission also war es darum zu thun, eine möglichst rasche Abhilfe zu sinden und da die Versicherungen

vorliegen des Herrn Direktor Fischel, daß die Räume in der alten Gebäranstalt nicht benützt sind und - gleich verwendet werden können, daß sich dort Eisenbetten vorsinden, daß ein Mangel an Corridoren nicht sei, denn es sind so breite Gänge da, die gleichsam als Corridore benützt werden können; da die Räum= lichkeiten in jeder Hinsicht gesund und gut gelegen sind, denn was man von dem Kindbettfieber früher befürchtet hat, das wird man nicht befürchten müssen, daß es auf die irrsinnigen Kranken über= tragen werden könnte, selbst die Desinfektion kaum nothwendig sein wird: sah daher die Kommission in diesen angegebenen Umständen, daß eine sogleich rasche Hilfe eine genügende Hilfe und billige Hilfe da sei.

Genügend ist die Hilfe, weil nach dem Ausbruche des Direktors Fischel (ich muß immer den Namen wiederholen, da er mir eine Autorität ist, die ich unbedingt submittire) durch Adaptirung und Gewinnung des Gebärhauses der Calamität we= nigstens für 10 Jahre Abhilfe geschaffen wird, während welcher Zeit das Land Zeit haben wird, eine geeignete Lokalität zu adaptiren und dort eine große neue Irrenanstalt zu bauen. Die Kommission war also darauf angewiesen, den Ausspruch des sachkundigen Mannes hier zu submittiren und that es recht gerne, um so mehr, weil der finanzielle Punkt denn doch auch einige Beachtung verdient. Der Bau des neuen Irrenhauses, welches im J. 1859 gebaut wurde, erheischte bei einem Belegraume von beilänfig 250 Kranken (so war ursprünglich proponirt) einen Kostenaufwand, von weit über 200. 000 st. C. M. Der Beleg nun ist hier prä= liminirl auf 200 Kranke. Also wird das Gebäude nicht viel kleiner werden können. Die Bauzeit dauerte damals 3 Jahre, ich bitte, können wir an= nehmen, daß wir in kurzer Zeit im Stande sein werden, das Gebäude herzustellen? Ich habe etwas Erfahrung in solchen Bauten und kann sagen: ich werde mir nicht trauen, ein solches neues öffentli= ches Gebäude zu beziehen oder beziehen zu lassen, da es der Gesundheit nachtheilig wäre.

Aber alle diese Neubauten haben auch das, daß der Kostenpunkt viel größer wird, wenn man die Arbeiten pressirt, mit den Arbeiten eilt; wenn man ste erzwingen will, so werden die Kosten immer größer und das Land müßte sich also ge= faßt machen, noch im J. 1874 wenigstens 160, 180 bis 200 st. flüßig zu machen. Denn, wie ich höre, glaubt man erzwingen zu können, daß selbst das Gebäude bis Ende 1874 fertig fein soll, was ich übrigens für unmöglich halte, wenigstens für unmöglich, daß es bezogen werde. Ich könnte noch so manches Andere erwähnen; z. B. die Sage von der dritten Klinik, denn ich kann es nur als eine Sage bezeichnen. Ich bitte, meine Herren, man hat bei den 4000 Fällen, die die letzten Jahre hier waren, kaum das nöthige Material, wie wir es nennen, für 2 Kliniken haben können. Das Ma= terial ist gesunken seit den letzten Jahren auf 2400.

Ich bitte nun zu bedenken, ob es möglich ist, wenn man mit 4000 Fällen kaum 2 Kliniken befriedigen konnte, mit 2400 Fällen 3 Kliniken zu befriedigen. Es liegt nun auch die Sache in so weit im Felde, daß sie bei diesem Gegenstande ganz unbeachtet gelassen werden kann.

Der Kostenpunkt, welcher in ähnlichen Fällen in den Hintergrund zu treten pflegt, ist hier um so mehr zu beachten, weil dem Lande ein Gebäude zu Gebote steht, wo man die Unterbringung ganz gut haben kann, wobei die Adaptirungskosten ganz ge= ring sein werden nach der Aussage des Direktors Fischel. Ich kann daher nur im Interesse des Lan= des, im Interesse der Sache, der Irren, das hohe Haus bitten, die vorgetragenen Kommissionsanträge zu unterstützen, würde aber nöthigenfalls mich dem Antrage meines geehrten Vorredners sehr gerne adaptiren, wenn er glaubt, daß die Sache dem Landesausschuße zur reiflichen Uiberlegung und Er= wägung, was ja ohnehin im Antrage gelegen ist, übergeben werde, damit er im geeigneten Falle das Rechte veranlassen oder einleiten könne.

O b e r s t l a n d m a r s ch a l l: Abgeordneter Herr Dr. Tedesco hat das Wort.

Dr. Tedesco: Ich werde die Geduld des hohen Hauses nicht lange in Anspruch nehmen und will nur eine Aeußerung des Herrn Vorredners widerlegen, die er gethan hat. Er hat fallen lassen, daß der Landesausschuß sich mit der Anfrage, ob das Sternberg'sche Haus zu haben wäre, an den be= züglichen Verein erst im Monate April gewendet hätte. Diese Angabe ist total unrichtig. Der Lan= desausschuß hat sich 8 Tage, nachdem der Landtag geschlossen war, also 8 Tage, nachdem er den Auftrag erhielt, bereits an den Verein gewendet mit der Anfrage, ob dieses Haus käuflich sei oder mieth= weise dem Landesausschuße überlassen werden könnte. Hieraus hat der Landesausschuß lange keine Ant= wort erhalten und hat eine Urgenz an den Verein erlassen. Aus diese Urgenz wurde ihm erwiedert, daß die Oberin dieses Vereins Frau Gräfin Desfours= Walderode krank sei, und daß vor ihrer Genesung nichts veranlaßt werden könne.

Hierauf hat der Landesausschuß abermals eine Zeit gewartet und hat sich nach Verlauf dieser Zeit nochmals mit einer Urgenz an den Verein und an die Gräfin Desfours=Walderode gewendet und Frau Gräfin Desfours=Walderode hat sodann ge= antwortet, ste könne allein darüber nicht verfügen, sie müsse erst die Generalversammlung des Vereins einberufen und erst in dieser Versammlung könne darüber verhandelt werden. Das ist auch später geschehen und hieraus kam im Monate April die Er= klärung der Frau Gräfin Desfours=Walderode, daß der Verein darauf nicht eingehe, weil er andere Grundstücke verkaust habe und das Haus zu feinen Zwecken ganz benöthige. Ich wollte dies nur gegen= über dem vom Herrn Vorredner gemachten Vor= wurfe constatiren.

Dr. Ruß: Ich bitte um's Wort, Durchlaucht, ich beantrage den Schluß der Debatte.

Oberstlandmarschall: Ich bringe den Antrag auf Schluß der Debatte; Diejenigen, welche dem Antrage zustimmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen.

Vorgemerkt ist noch Hr. Dr. Schmeykal, ihm gebührt noch das Wort.

Dr. Schmeykal: Der verehrte Herr Abgeord= nete Dr. Lumbe hat an mich die Frage gerichtet, ob ich denn der Ansicht sei, daß eine von Seite des h. Landtages dem Landesausschuße ertheilte Vollmacht für alle Ewigkeit dauere. Nun, ich kann diese an mich gerichtete Frage wohl nur erklärlich sinden durch ein offenbares Mißverständniß dessen, was ich in meiner Ausführung diesfalls betont habe. Wenn ich auf diese dem Landesausschuße am 6. Dezember 1872 ertheilte Vollmacht hinwies, so habe ich die Unwiderruflichkeit derselben nicht im mindesten in Anspruch genommen.

Ich glaube aber, daß, wenn einmal eine solche Vollmacht ertheilt worden ist, derjenige, dem sie ertheilt worden ist, und gewiß auch der Landes= ausschuß wohl berechtigt ist, die Frage zu stellen, was er gethan habe, daß diese Vollmacht wider= rufen werden soll. Das ist nicht gleichgiltig und besonders einem Vertrauens=Organe gegenüber, wie es der Landesauschuß ist. (Sehr gut. ) Ich bin für die parlamentarische Schule alt geling, um Achtung zu haben gegen einen so integrirenden Bestandtheil des Landtages, wie es der Landesausschuß ist. Ich sinde aber, daß, wenn auf diese Frage, warum die Vollmacht entzogen wird, die Antwort nicht ertheilt wird, der Landesausschuß in eine Lage kommt, die ihm die Erwägung nahe legen muß, ob er denn den Kommissionsantrag so einfach hinzunehmen hat, das allein ist es, was mich bei dieser Anschauung geleitet hat. Ich beanspruche eine unbedingte un= widerrufliche Vollmacht um so weniger, als aus dem von mir hier gestellten Antrage deutlich her= vorgeht, daß es nicht im Sinne des Landesausschußes liegt, die gestellten Anträge der Kommission einfach in den Papierkorb zu werfen, sondern daß er selbst den Antrag dahin richte, ihm diesen Antrag zur Berathung bei der endlichen Schlußfassung in der Angelegenheit zu überweisen.

Ich habe allerdings aus der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Lumbe eine Art Antwort auf die Frage gefunden, warum die Vollmacht widerrufen werden sollte und das war in dem Vorwurfe gelegen, daß der Landesausschuß in der Frage nicht viel gethan habe. Nun ich glaube, diesen Vorwurf hat bereits der Herr Referent des Landesausschußes abgelehnt und ich möchte nur Eines zu bedenken geben, nämlich daß da nicht durch eine unbedingte und definitive Annahme der heutigen Kommissions= Anträge wieder Zustände geschaffen werden, daß innerhalb eines Jahres nichts geschehe.

Oberstlandmarschall: Der Herr Bericht= erstatter hat das Wort.

Ref. Dr. Roser: Hoher Landtag!

Ich will bei der vorgerückten Zeit und bei

der Ermüdung der Mitglieder mich nicht in eine lauge Erwiederung einlassen. Ich fühle mich aber doch verpflichtet, auf den Anträgen der Kommission zu beharren. Ich werde mir blos erlauben, einige Worte anzuführen. Zuerst gegen Herrn Dr Raudnitz. Herr Dr. Raudnitz hat die Güte gehabt zu erklären, daß die Kommission die Verhältnisse nicht aufgefaßt, nämlich

1.   rasche Abhilfe,                      

2.   dauernde Abhilfe zu schaffen. Hätte Herr Dr. Raudnitz den Bericht genau gelesen, so hätte er erfahren, daß es Aufgabe der Kommission war, sich auf den Standpunkt zu stellen: eine rasche Abhilfe zu schaffen und sie fand in ihren Berathungen die rasche Abhilfe nur in der Adaptirung des, Gebärhauses. Die meisten der Herren Redner, welche gegen die Anträge der Kom= mission gesprochen haben, haben immer beson= ders nur die Findelanstalt hervorgehoben. Meine Herren, nicht als Feind der Findelanstalten spreche ich hier, allein man trachtet dieselben, weil sie nur Quellen des Siechthums sind, in allen Staaten auszuheben, nicht aber die Irrenanstalten. Findel= kinder sind überall zu unterbringen, nicht aber die Irren. Meine Herren! Der Herr Dr. Tedesko hat gesagt, daß das alte Gebärhaus nicht geeignet sei. Ja ich weiß, daß es nicht vollkommen dem Zwecke entspricht, aber es ist doch besser, wenn die Irren in eine Anstalt, wenn sie auch nicht vollkommen ist, kommen, als wenn sie zu Hause geknebelt, in Stallungen und anderen unsauberen Orten gehalten werden und ich möchte sagen, die Schulknaben die Geisteskranken verhöhnen und dann muß ich erwähnen, daß Geisteskranke ans Wagen geladen und fortgeschickt werden müssen, weil es oft 6-8 Wochen dauert, ehe man diesbezüglich von der Bezirkshaupt= mannschaft eine Antwort bekommt. Das müssen Sie bedenken meine Herren, daß die Geisteskranken die Familie, den Staat und sich selbst schädigen.

Meine Herren, die Adaptirung soll Auslagen veranlassen. Ich habe mit dem an der Spitze des Irrenhauses stehenden hochbegabten Dr. Fischel Rücksprache dieserhalb gepflogen und er sagte mir, die Irren können sogleich in dem alten Gebärhause untergebracht werden, weil dasselbe mit einem Garten, mit Wasser, kurz mit Allem versehen ist, was man nothwendig hat.

Wissen Sie meine Herren, warum man das alte Gebärhausgebäude auszuheben gedenkt? Nicht wegen Mangel an Raum, denn meine Herren, unter Seifert waren 4000 Wöchnerinen und es kamen aus allen Theilen der Welt, ans Amerika, aus Irland und ganz Deutschland Jünger Aeskulaps um Geburtshilfe zu studiren, sondern mau hat das gethan, weil diese Anstalt schon durchseucht war, um also die Epidemie zu verhindern. Man hat ja Desinfektionsmittel, meine Herren, und wenn man ganze Städte, wie Wien desinfizirt, so glaube ich,

kann man ja auch diese Anstalt durch 14 Tage desinfiziren, um die Irren dort zu unterbringen. Uibrigens sinde ich hier auch eine Anomalie. Es gibt keine Anstalt der Welt, wobei der Direktor genöthigt wäre, seine eigene Wohnung zur Unter= bringung der Geisteskranken hergeben zu müssen.

Sehen Sie nun, meine Herren, nach dem kleinen Sachsen, was Alles z. B. in Sonnenstein für Geisteskranke gethan wird. Ich will keine Vorwürfe machen, aber es ist traurig, meine Herren, daß man für Geisteskranke, die dem Lande schaden, bis= her so wenig gethan hat. Man wendet ein, daß die Abszisse ja abhelfen wird. Diese Abszisse wird aber wieder nur Provisorisches schaffen und haben wir denn nur dazu Geld, um Provisorien zu schaffen, wo die Auslage so großartig ist?

Ich habe mit dem Baurathe Pichler Rücksprache gepflogen und er meint, unter 150000 fl. sei es nicht möglich, für 200 Kranke ein Provisorium zu schaffen und unter 2 Jahren sei von einer Voll= endung des Baues keine Rede, weil man erst im Mai mit dem Baue beginnen könne.

Da die Kommission Alles dies reiflich erwogen und mit Gewissenhaftigkeit ihre Arbeit vollendet hat, so bitte ich die Anträge der Kommission anzunehmen. Sollte das hohe Haus aber dazu nicht geneigt sein, so müßte ich mich natürlich erst mit den Kommissionsmitgliedern in's Einvernehmen setzen, um mich mit dem Antrage des Herrn Dr. Schmeykal, der auch die Absicht hegt, in dieser Sache etwas zu thun, einverstanden zu erklären.

Oberstlandmarschall (läutet): Ich schreite nun zur Abstimmung, und geht der Aenderungs= antrag des Herrn Dr. Schmeykal vor.

Fällt derselbe, kommen die Anträge der Kom= mission. Sein Antrag lautet: Der Bericht der Kommission zur Abhilfe der Uiberfüllung der Prager Landesirrenanstalt werde dem Landesausschuße mit dem Austrage zugewiesen:

1.     über die Vollziehung des Landtagsauf= trages vom 6. Dezember 1872, betreffend die provisorische Unterbringung von Irren, mit aller Beschleunigung neuerliche Beschlüsse zu fassen und hiebei mit Rücksichtnahme auf die Gebär= und Findelanstalt im Sinne jenes Kommissionsberichtes zu erwägen, ob und inwiefern das alte Gebärhaus zum Zwecke der Landesirrenanstalt Verwendung finden könnte.

2.    Behufs Neubaues einer Irrenanstalt im südwestlichen Theile Böhmens die Einleitung zu treffen, ein passendes Objekt zu eruiren und hierüber dem nächsten Landtage Bericht zu erstatten.

Ich bitte Diejenigen, welche diesem Antrage zustimmen, sich zu erheben. (Geschieht. ) Er ist angenommen.

Der nächste Gegenstand ist Bericht der Peti= tionskommission über die Eingabe Nr. 151 der

vereinigten Feuerwehr des Egergebietes um Regelung der Feuerwehrfrage.

Berichterstatter ist Herr Jahnel.

Ich ersuche ihn den Bericht vorzutragen.

Berichterstatter Jahnel (liest):

Hoher Landtag!

Die vereinigten Feuerwehren des mittleren Egergebietes lenkten in einer am 8. l. M. sub NE. 151 überreichten Petition die Aufmerksamkeit eines h. Hauses auf eine jener Grundlagen des ganzen Fenerwehrwesens, die geschaffen werden müssen, soll nach den Ausführungen der Petition von einer Kräftigung des freiwilligen Feuerwehr= institutes überhaupt und demgemäß auch von einer gediegenen Wirksamkeit desselben insbesondere die Rede sein.

Die in den letzten 10 Jahren in großer Anzahl entstandenen Feuerwehrvereine, so heißt es in der Petition, sind Institute, die sich eine der wichtigsten Aufgaben gestellt haben. Ein Mann, der sich freiwillig dem Feuerwehrdienste widmet, übernimmt die schwere Aufgabe, seinen Mitmenschen in der größten Gefahr, bei drohendem Verderben hilfreich beizuspringen, und mit seinen Kollegen in geschlossenen Reihen einzutreten für Gut und Leben Anderer. Zieht man noch in Betracht, daß die Gründung der Feuerwehren und ihre Ausrüstung mit großen Kosten verbunden ist, daß die Ge= meinden nur selten in der Lage sind, diese Kosten zu tragen, und daß somit auch diese Last auf den dienstthuenden Feuerwehrmann selbst fällt, so ist das Opfer, welches er bringen muß, ein doppelt empfindliches; hiezu komme noch, daß es Gemeinde= vertretungen gebe, die sichs zur Aufgabe gemacht haben, aus Unverständniß oder irregeleitet, die Feuerwehren in ihrer Entwicklung zu stören und in verschiedenen Richtungen den ohnehin schwierigen Berns des Feuerwehrmannes noch mehr zu erschweren. Das werde nun zwar durch die in Aussicht stehende gesetzliche Regelung des dem Lande Millionen er= haltenden Feuerwehrwesens anders werden, allein noch bleibt eine der brennendsten Fragen, die Unter= stützungsfrage, zu lösen, die schon seit Jahren ein Be= rathungsgegenstand auf allen Feuerwehrtagen war, leider aber nicht ausgetragen werden konnte, weil es an den nothwendigen Mitteln fehlte.

Es müsse mithin durch das Zusammenwirken weiterer Kreise diese Frage gelöst, i. e. ein Fond geschaffen werden, aus welchem nicht nur der im Dienste verunglückte Feuerwehrmann, sondern auch seine Hinterbliebenen versorgt u. arme Ortsgemeinden zur Anschaffung von Feuerlöschrequisiten mit Be= trägen betheilt werden.

Als Faktoren, welche diesfalls zusammen zu wirken haben, bezeichnet die Petition die Feuerwehrvereine selbst, die Versicherungsgesellschaften und das Land; dieselbe gelangt demnach zur Bitte: Der hohe Landtag wolle die Gründung einer Landes= feuerwehr = Unterstützungskassa beschließen und den Landesausschuß beauftragen, derselbe möge in mög=

lichst kurzer Zeit die Vorlagen zu einer Landesfeuer= wehr=Unterstützungskassa unter Zuziehung von Beiträgen aus dem Landesfonde, von den Assekuranzen und den zu versichernden Mitgliedern einbringen.

Die Petitionskommission erstattet den ihr über diese Bitte abverlangten Bericht im Nachstehenden: Der h. Landtag hat die Nothwendigkeit der gesetz= lichen Regelung der Feuerpolizei bereits anerkannt, als eines der diesfälligen Motive wurde die Noth= wendigkeit der geregelten gegenseitigen Unterstützung der Gemeinden bei vorkommenden Bränden und des Emporblühens der Feuerwehren genannt. Sollen aber die Feuerwehren emporblühen, so muß der Eifer zum Eintritte in dieselben geweckt werden. Letzteres ist nur möglich, wenn die Mitglieder der Feuerwehr, die sich notorisch zum allergrößten Theile aus der unbemitteltsten Klasse rekrutiren, überzeugt sein dürfen, daß für sie und ihre Angehörigen in dem Falle gesorgt wird, als ste in ihrem Berufe verunglücken. Da nun heut zu Tage von einer Regelung des Feuerlöschwesens durch ein Landes= gesetz keine Rede sein kann, ohne den höchst wichtigen Faktor der Feuerwehren in die Berechnung zu ziehen, diese aber nicht gedeihen können, wenn jenen Mitgliedern die Unterstützung in den genannten Unglücksfällen nicht garantirt ist, diese Garantie endlich durch das Zusammenwirken der Feuerwehr= vereine allein wegen der Mittellosigkeit jener Mit= glieder nicht geschaffen werden kann, so hält die Petitionskommission die eingebrachte Petition der vollsten Beachtung würdig und beantragt daher:

Ein h. Landtag wolle beschließen, es sei die Petition den vereinigten Feuerwehren des mittlern Egergebietes Nr. 151 dem Landesausschuße mit der Aufforderung zu überweisen, hierüber die geeig= neten Erhebungen einzuleiten und in der nächsten Session Bericht zu erstatten, eventuell, wenn sich die Lösung der Unterstützungsfrage durch Einbezie= hung der betreffenden Bestimmungen in das die Regelung des Feuerlöschwesens bezweckende Landes= gesetz empfehlen sollte, hierauf bei Ausarbeitung jenes Entwurfes, dessen Verfassung und Vorlage dem Landesausschuße in der Sitzung vom 20. Nov. 1873 übertragen wurde, Rücksicht zu nehmen.

Snìm sekr. Schmidt: Petièní komise navrhuje: Slavný snìme raèiž se usnésti:

Petice sjednocených spolkù hasièských støední èásti obvodu chebského èís. 151 budiž odevzdána výboru zemskému s tím vybídnutím, aby èeho v té vìci potøeba, vyšetøil a v nejbližším zasedání o tom zprávu podal, po pøípadì, kdyby se zdálo býti pøíhodným otázku stran udìlení podpory vyøíditi pøijetím dotyèného ustanovení do zákona, jenž o záležitostech hasièských upraviti se má, aneb aby zøetel na to vzal pøi ustanovení osnovy nového zákona, jejž zaøíditi v sezení 20. pros. 1873 uloženo bylo.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand zu dem Antrage das Wort ? (Niemand. ) Diejenigen

welche zustimmen, wollen die Hand erheben. (Ge= schieht. ) Angenommen.

Der nächste Gegenstand ist der Bericht der= selben Kommission über die Petition der Launer Bezirksvertretung um Erwirkung eines Gesetzes behufs Verhaltung der Gemeindeglieder zur Verpflich= tung zum Anpflanzen von Allee=Bäumen. Bericht= erstatter ist Herr Bareuther; ich ersuche ihn, den Bericht vorzutragen.

Ref. Bareuther: Hoher Landtag!

Die Bezirksvertretung von Lann wendet sich in ihrer Petition de praes. 9. Dezember 1873, Z. 24, an den h. Landtag mit der Bitte, daß:

1. behufs Berhaltung der Gemeindeglieder zur Anpflanzung von Bäumen an den Strassen und 2) zum Schutze dieser Baumpflanzungen stren= gere Gesetze erwirkt werden mögen. Zur Begründung führen die Petenten an, daß durch die starken Fröste des Jahres 1870 eine Anzahl junger Bäume in den Alleen vernichtet worden sein, die Anstren= gungen der Behörden aber, die Schäden auszubessern, entweder durch die Renitenz der zur Anpflanzung verpflichteten Landwirthe oder, wenn letztere auch ihrer Pflicht nachkamen, durch die Böswilligkeit, mit welcher die jungen Sätzlinge immer wieder be= schädigt und abgebrochen werden, vereitelt wird.

Diesen Uibelständen könne nur durch die strengsten Gesetze Einhalt gethan werden. Wenn nun auch darauf erwiedert werden kann, daß mehr als strenge Strafen die Belehrung im Haus=und Schule und die Weckung des Gemeinsinnes durch die Volks= bildung überhaupt der sicherste Weg zur Abhilfe und darauf das Hauptaugenmerk zu richten sei, so konnte sich die Petitionskommission doch nicht ver= hehlen, daß die angeregten Uibelstände, für deren Beseitigung die Launer Bezirksvertretung mit so vieler Wärme eintritt, um so mehr berücksichtigt zu werden verdienen, als ähnliche Klagen auch anderwärts im Lande laut werden. Allerdings hat das für Böhmen erlassene Strassenadministrationsgesetz vom 31. Mai 1866 im §. 44 über die Anpflanzung von Alleenbäumen auf allen Landes= und Bezirks= strassen genaue Bestimmungen getroffen, es kann indeß nicht in Abrede gestellt werden, daß namentlich den Bezirksvertretungen die Durchführung dieser Normen in Ermangelung einer ausreichenden Exe= kution außerordentlich schwierig wird. Was den Schutz der Alleenpflanzungen gegen Beschädigungen betrifft, so hat in dieser Beziehung die Gesetzgebung vorgesorgt. Abgesehen von den strafgesetzlichen Be= stimmungen, mag hier insbesondere auf das Hof= dekret vom 13. Jänner 1837 hingewiesen werden, welches bestimmt, daß die, Beschädigung der an öffent= lichen Wegen jeder Art gipflanzten Bäumen oder Alleen, wenn sich dieselbe zur Ahndung nach dem Strafgesetze nicht eignen sollte, mit einer Geldstrafe zu ahnden fei, welche mit 1 bis 5 st. öst. Währ. für jeden beschädigten Baum zu bemessen und dem Ergreifer oder Angeber als Belohnung zu erfolgen ist.

Eine andere Frage freilich ist, ob die bestehen= den Normen genügen, den Baumfrevel hintanzuhalten.

Die Erfahrung bestätigt dies leider nicht, wobei allerdings die bei auch so guter Flur-Polizei ein= tretende Schwierigkeit, der Frevler habhaft zu werden, nicht unterschätzt werden kann. Indeß glaubt die Petitionskommission, daß eine Reform der diesfälligen zum Theile veralteten Vorschriften, vielleicht auch in einzelnen Fällen eine strengere Bestrafung ersprießlicher wirken könnte, zumal wenn bedacht wird, daß die Bepflanzung der Strassen nicht nur eine Zierde des Landes, sondern zugleich auch eine fast unentbehrliche Sicherheit des Verkehrs bildet, wie dies namentlich im Winter in schneereichen Ge= genden zu Tage tritt. Aus diesen Gründen beantragt die Petitionskommission:

Der hohe Landtag wolle beschließen, die Peti= tion der Launer Bezirksvertretung de praes. 9. De= zember 1873, Z. 24, sei der hohen Regierung zu eingehender Berücksichtigung abzutreten.

Snìm. sekr. Schmidt: Petièní komise navrhuje: Slavný snìme raèiž se usnésti: Petice okresního zastupitelství Lounského budiž odevzdána slavné vládì, aby ji v bedlivou uváhu vzala.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand zu diesem Antrage das Wort? (Niemand. ) Diejenigen, die zustimmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen.

Ref. Dr. Bareuther: Es ist ferner vor Thorschluß eine Petition des industriellen Bildungvereines in Heimdorf eingetroffen, der um Unterstützung seiner Bestrebungen für die Obstbaumkultur im Ober=Wittig-Thale petitionirt.

Der genannte Verein hat für den nordöst= lichen Theil des Friedländer Bezirkes, das sog. Wittigthal, die ersprießlichste Thätigkeit entfaltet und namentlich für den landwirthschaftlichen Aufschwung der dortigen Gegend such viele Verdienste erworben. Insbesondere ist er bestrebt, die Obstbaumzucht, die dort am meisten vernachlässigt blieb, wieder zu heben und zu unterstützen. Zu diesem Zwecke hat der genannte Verein mit Aufopferung seines ganzen Bereinsverrnögens bereits eine wohlgepflegte Baumschule mit mehr als 5000 Stück Bäumen geschaffen, um den Landwirthen gegen billigstes Entgelt die veredelten Setzlinge zu überlassen.

Trotz aller Anstrengungen und aller Opfer= willigkeit seiner Mitglieder ist jedoch der Verein nicht im Stande, die durch die Bewirtschaftung der Baumschule und die zur Deckung der permanent gewordenen Auslagen erforderlichen Gelder aufzubringen und erwartet daher vom Landtage Unterstützung.

Die Petitionskommission kann mit Rücksicht auf die segensreiche Thätigkeit, welche der genannte Verein entwickelt, dessen Wünsche nur auf's Wärmste empfehlen und erlaubt sich dem h. Landtage den

Antrag vorzulegen: die Petition des industriellen Bildungsvereines in Heimdorf sei dem Landeskulturrath zur möglichsten Berücksichtigung und Willfahrung der in der Petition geäußerten Wünsche abzutreten.

Snìm, sekr. Schmidt: Petièní komise èiní návrh: Petice prùmyslového spolku vyuèovacího v Heindorfu budiž odevzdána zemìdìlské radì království Èeského, aby na ni dle možnosti ohledu vzala.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand das Wort? Ich bitte diejenigen Herren, welche zustimmen, die Hand zu erheben. (Geschieht. ) Ange= nommen.

Der nächste Gegenstand ist der Bericht der Petitionss=Kommission über die Petition der Be= zirksvertretung von Kamenitz an der Linde um Durchführung des Projektes einer Eisenbahn von Tabor über Pilgram nach Iglau. Berichterstatter ist Abgeordneter Dr. Weber. Ich ersuche den Bericht vorzutragen.

Ref. Dr. Weber: Die petirende Bezirksver= tretung behauptet, daß in dem armen Taborer Kreise die Bezirke von Kamenitz, Pilgram und Patzau die ärmsten seien, und daß für den öffenttichen Verkehr jener Gegenden eine Eisenbahn von Tabor über Pilgram nach Jglau von großem Vor= theile, und eine solche Bahn namentlich in strate= gischer Beziehung wichtig sei, und seien auch schon= vor drei Jähren die technischen Vorarbeiten für ein solches Eisenbahnprojekt vorgenommen worden.

Ein Mehreres wird in der Petition nicht aus= geführt, und lag auch der Kommission ein weiteres Material nicht vor, insbesondere ist derselben nicht bekannt, in welchem Stadium sich die Ausführung dieses Eisenbahnprojektes befindet.

Um nun die in der Petition genannten Be= zirke nicht zu schädigen, falls wirklich ein Kon= sortium die Ausführung dieses Eisenbahnprojektes bereits ernstlich in die Hand genommen hätte, so beantragt die Petitions=Kommission:

Der hohe Landtag beschließe die Petition der Bezirksvertretung von Kamenitz an der Linde um Durchführung des Projektes einer Eisenbahn von Tabor über Pilgram nach Iglau der h. Regierung zur Erwägung vorzulegen.

Snìm. sekr. Schmidt: Petièní komise èiní návrh.

Slavný snìme raèiž se usnésti, aby petice okresního zastupitelstva Kamenice nad Lípou za uskuteènìní projektu dráhy železné z Tábora pøes Pelhøimov do Jihlavy vysoké vládì k uváže pøedložena byla.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand das Wort? Diejenigen, welche zustimmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen.

Der nächste Gegenstand ist der Bericht der Petitionskommission über die Petition der Stadtgemeinde Arnau betreffs Erwerb= und Einkommen= steuer=Vorschreibung von Industriennternehmungen.

Berichterstatter ist Herr Frank. Ich ersuche denselben den Bericht vorzutragen.

Ref. Frank: Die Gemeinde=Vertretung von Arnau bittet um Erwirkung der Aenderung des §. 2 nach 3 des Gesetzes vom 29. Juli 1871 und begründet ihr Ansuchen aus vielen dort vorgekommenen praktischen Fällen, welche den Beweis liefern, daß dieses Gesetz unzureichend sei, auch die unab= weislichen Bedürfnisse der Gemeinde, beziehsugs= weise die Umlage auf die direkte Steuer werde im hohen Grade gefährdet. Die Petitions-Kommission würde das Petitum an und für sich in Folge h. Landtagsbeschlußes vom 13. Jänner l. J. als erledigt betrachten, wenn die in der Petition der Stadtvertretung zu Arnau ins Feld geführten prak= tischen Fälle nicht wichtig genug schienen, dieselben einer genauen Erwägung zu unterziehen. Die Stadtvertretung zu Arnau führt unter Anderm au, daß die Firma Hein & Komp. in Wien ihre Seidenfabrikation in Arnau ausübt, daß selbe nur der Appretur bedarf und solche in Wien erhält; nun wird nach Angabe der Arnauer Gemeindever= tretung dieses Unternehmen zur Gänze in Wien als dem Sitze der Geschäftsleitung mit der di= rekten Steuer vorgeschrieben, was deutlich erweist, daß die Bemessungsbehörde in diesem Falle das alinea 2 des §. 1 des Gesetzes vom 29. Juli 1871 R. G. Bl. 91 zur Geltung brachte. Es scheint der Petitionskommission in dem vorliegenden Falle ein Unrecht der Stadt Arnau geschehen zu sein, weil hier doch der § 2 des genannten Gesetzes in An= wendung zu kommen hätte, in welchem Falle 80% der direkten Steuer in Arnau vorgeschrieben werden sollten und dieser Gemeinde somit auch die Grund= lage entfallen ist, aus diese 80°/0 der Erwerb- und Einkommensteuer die betreffende Umlage zu machen.

Der gleiche Fall tritt aber auch in Arnau ein bei dem von der allgem. österr. Leinen=Indu= strie-Gesellschaft betriebenen Unternehmen.

In Erwägung des Umstandes, daß die Pe= titions-Kommission in den vorgenannten Fällen eine irrige Auffassung des Gesetzes vom 29. Juli 1871, R. =G=Bl. 91 von Seite der Bemessungsbehörde erblickt, erlaubt sich die Commission folgenden Antrag zu stellen:

Der hohe Landtag wolle beschließen, die Peti= tion der Gemeinde-Vertretung zu Arnau wird mit Rücksicht ans das Gesetz vom 29. Juli 1871, R. = G. -Bl. 91, der hohen Regierung zur Untersuchung und Amtshandlung unter thunlichster Berücksichti= gung der Interessen der betreffenden Gemeinde= Vertretung abgetreten.

Snìm. sekr. Schmidt: Petièní komise èiní návrh: "Slavný snìme raèiž se usnésti, petice obecního zastupitelstva Hostinného odevzdá se zemskému výboru vzhledem k zákonu ze dne 29 Èervence 1871, ø. z. 91, slavné vládì, aby pøihlížejíc k zájmùm zastupitelstva obecního, žádosti v ní obsažené vyšetøila a podle úøadu svého jí vyhovìla.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand das Wort? Diejenigen, welche zustimmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. )

Der Antrag ist angenommen.

Der nächste Gegenstand ist der Bericht der Petitions=Kommission der Gemeinde Humpolec we= gen Aenderung der Bestimmungen des Konkurses für Armeelieferungen. Berichterstatter ist derselbe. Ref. Frank: Hoher Landtag!             

Ich habe in einer Angelegenheit zu referiren, welche seit sehr langer Zeit die Aufmerksamkeit der ganzen österr. Bevölkerung aus sich gezogen. Es be= trifft dies nämlich die Angelegenheit für die Heeres= ausrüstung. In so lange der Skenesche Lieferungsvertrag bestand, gab es nur eine Stimme der Ent= rüstung und es ward der allgemeine Wunsch rege, daß dieser Vertrag sobald als möglich seinem Ende zugeführt werde. In Folge der Bestrebungen des h. Reichsrathes und in Folge der demselben zuge= kommenen massenhaften Petitionen ist endlich die glückliche Lösung erfolgt. Die Kündigung erfolgte und allfeitig war man erfreut, daß nun der Indu= strie und dem Gewerbe jene Vorlheile zukommen werden, die ihm vor dem Vertrage, der mit dem Consortium Skene geschlossen wurde, auch zugekommen sind. Die Concursausschreibung, welche im Lause dieser Tage erfolgte, hatte aber eine allge= meine Täuschung zur Folge. Die Concursausschrei= bung enthielt Bedingungen, die es für die kleine und zum Theile auch für die große Indnstrie fak= tisch unmöglich machen, sich an der Lieferung zur Heeresausrüstung betheiligen zu können. Die Be= dingungen, welche in dem Concurse enthalten sind, sind theilweise derart gestellt, daß der Termin zur Einbringung der Offerten so kurz ist, daß es dem Kleinindustriellen nicht möglich ist, bis zu dem Zeit= punkte der Lieferung mit sich selbst klar zu werden. Der Termin ist derart gestellt, als würde man an=' nehmen können, daß nur eine gewisse Coterie schon in früherer Zeit wußte, daß die Ausschreibung er= folgen wird.

Ich muß aber noch ein 2. erwähnen. Es ist in dem Concurse als Grundbedingung ausgestellt, daß derjenige Offerent den Vorzug enthält, der für das Gesammtetforderniß eine Offerte einbringt, da= mit ist aber wieder das Gruppensystem parallisirt und ich scheue mich nicht es auch hier auszusprechen, damit ist wieder die Gelegenheit geboten, einem derartigen Consortium die Lieferung zu überlassen, wie es bis heute mit dem Consortium Skene der Fall war, es würde somit lediglich der Name des bestandenen Consortiums geändert, während das Septem ein Gleiches bliebe.

Der Gegenstand, um den es sich handelt und welcher die Grundlage des Berichtes bildet, ist eine Petition der Gemeindevertretung und des Gemein= dekomités zu Humpoletz an den h. Landtag. Ich werde mir erlauben, einige der wichtigsten Stellen dieser Petition zur Kenntniß des h. Hauses zu bringen.

Unter Anderem heißt es hier: "Daß Alle, welche gegen die Aufrechthaltung des Skeneschen Vertrages petitionirten, die Aufhebung desselben erfreute, ist wohl selbstverständlich; allein die Ent= täuschung, welche durch die öffentliche Aufforderung zur Einbringung von Offerten auf Lieferung von Montur und Rüstung für die Armee von Seite des hohen k. k. Reichskriegsministeriums erfolgte, ist so groß, daß in dieser Ausschreibung alle Betheiligten einen neuerlichen Skeneschen Vertrag höchstens mit Aenderung des Namens erstehen sehen. "

"Unter diesen Verhältnissen erübrigtl uns nichts Anderes, als wieder da anzufangen, wo wir erst kürzlich geendet und unsere Bitten um Aenderung der Bedingnisse bei den Ausschreibungen für Liefe= rung von Montur und Rüstung für die Armee da zu unterbreiten, wo diese Gehör und Würdigung sinden. "

"Nach dem Punkte 1 der Kundmachung ist die Kleinindustrie vollkommen ausgeschlossen, diese kann noch so solid, noch so leistungsfähig sein. "

Unter Anderem sagen die Petenten: Wir fra= gen jeden Sachverständigen, kann eine derartige Unternehmung auf den kurzen Zeitraum von 3 Jahren (Punkt 8) oder mit eventueller weiteren Verlänge= rung von Jahr zu Jahr zum Vortheile des hohen Aerars unternommen werden? - Oder müssen nicht vielmehr Preise bewilligt werden, die alle diese Anforderungen, Regieauslagen ans dem Säckel der Steuerzahler vollkommen decken? Was nutzen die im Punkt 7 angeführten Gruppen:

A)  für die Erfordernisse der ans Schafwolle erzeugten Artikel,

B)   für sämmtliche aus Linnen, Zwilch und Calicot herzustellenden Sorten und

C)   für sämmtliche Fußbekleidungen, dann die Rüstungssorten und Reitzeuge, wenn nach dem Schlußabsatze desselben "Anbote, welche aus die Gesammtbeschafsung der Gesammterfordernisse ein= gebracht werden, in erster Linie berücksichtigt werden ?"


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP