Oberstlandmarschall: Ich erwarte aus dem Schooße der hohen Versammlung einen Antrag über die formale Behandlung des Gesetzentwurfes.
Se. Exc. Dr. Herbst: Bitte um's Wort.
Oberstlandmarschall: Se. Exc. Dr. Herbst hat das Wort.
Se. Exc. Dr. Herbst: Dieser Gegenstand ist von nicht unwichtiger prinzipieller Bedeutung, weil zum erstenmale an den Landtag der Fall heran= tritt, daß durch ein Gesetz die Aenderung der Lan= desgrenze beschlossen werden soll. Außerdem ist aber klar, daß es sich um viele praktische Verhält= nisse handelt, deren Detail aus der Regierungsvor= lage selbst nicht entnommen werden kann. Es ist sehr wahrscheinlich, daß eine Reihe von Verhand= lungen dem endlichen Zustandekommen dieses Gesetzes vorangegangen ist, welche Verhandlungen die Kommission des Hauses welcher der Antrag zur Berathung zugewiesen werden würde, erst einer Prüfung unterziehen müßte. Nun ist es aber be=
kannt, daß uns nur eine sehr kurze Zeit für die Berathung im h. Hause zu Gebote steht, daß daher jener aus der Mitte des Hauses niedergesetzte Aus= schuß nicht in der Lage wäre, mit einem Berichte vor das hohe Haus zu treten und die Erledigung dieses Gesetzes sofort zu bewirken. Da es nun nach der Geschäftsordnung wohl als zulässig ange= sehen werden muß, auch den Landesausschuß nach §. 29 der G. =O. mit der Berathung eines be= stimmten Gegenstandes zu beauftragen, so halte ich es für entsprechend, im Sinne des §. 29 den An= trag zu stellen, daß der Gegenstand an den Lan= desausschuß zur Berathung und Berichterstattung überwiesen wird.
Snìm. sekr. Schmidt: J. Exc. dr. Herbst èiní návrh, aby tento zákon byl pøikázán zem. výboru k øízení a aby podal zem výbor o nìm v nejblíže pøíštím sezení zprávu.
Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand zu dem formellen Antrage das Wort? Da dies nicht der Fall ist, so bitte ich abzustimmen. Wollen Diejenigen, welche dem Antrage zustimmen, die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen.
Der nächste Gegenstand ist der Bericht der Kommission für die Landtagswahlordnung, betreffend die Petition der Stadt Wallern und benachbarten Gemeinden um Ausscheidung aus ihrem bisherigen Gerichtssprengel. Berichterstatter ist Dr. Kardasch. Ich ersuche ihn, den Bericht vorzutragen.
Berichterst. Dr. Kardasch: Da der Bericht sich bereits seit langer Zeit in den Händen der Herren Abgeordneten besindet, so möchte ich mir die Bitte erlauben, mir die Vorlesung des etwas umfangreichen Berichtes zu erlassen.
Oberstlandmarschall: Wenn kein Ein= wand erhoben wird, nehme ich an, daß das hohe Haus zustimmt.
Berichterst. Dr. Kardasch: Ich schreite daher sogleich zur Vorlesung der von der Kommission ge= stellten Anträge. Der erste Antrag lautet:
Der h. Landtag wolle beschließen (liest): I.
Die mit dem Erlasse des h. Justizministeriums vom 31. Juli 1873, Zahl 9788, an den Landesausschuß unter der G. =Z 24326 ai. 1873 gelangle, von der Stadtgemeinde Wallern und Nachbarge= meinden bei dem h. Abgeordnetenhause zur Z. 1287, ai. 1873 überreichte Petition um Kreirung eines Bezirksgerichtes in Wallern, dann die von derselben Stadtgemeinde unterm 4. September 1868, Z. 64, und neuerlich unterm 26. November 1873, Z. 5, gemeinschaftlich mit den betheiligten Nachbarge= meinden Böhmisch=Röhreu, Oberschneedorf, Pumperle und Humwald, endlich die von den Gemeinden Neuthal und Tusset unterm 26. November 1873, Z. 4, in gleicher Sache bei dem hohen Landtage überreichten Petitionen werden mit allen darauf Bezug nehmenden Akten an die hohe Regierung ge= leitet und im Sinne des §. 2 des Gesetzes vom 11. Juni 1868, R. =G. =Bl. 59, das Gutachten
dahin abgegeben, daß die Ausscheidung der Ortsgemeinden, und zwar:
1. Wallern, Böhmisch-Röhren, Ober= und Unter= schneedorf aus dem Bezirks=Gerichts-Sprengel Pra= chatitz,
2. Pumperle aus dem Bezirks=Gerichts-Sprengel Winterberg,
3. Humwald aus dem Bezirks-Gerichts-Sprengel Oberplan, und deren Vereinigung zu einem beson= deren Bezirks-Gerichts-Sprengel mit dem Gerichtssitze in Wallern innerhalb des derzeitigen politischen Amtsbezirkes Prächatitz mit Rücksicht auf die Terri= torial= und Verkehrsverhältnisse dieser Gemeinden sowohl als mit Rücksicht auf die dringende Umge= staltung der Böhmerwald Bezirke nicht nur zweckmäßig, sondern nothwendig erscheine.
Snìm. sekr. Schmidt: Komise èiní návrh: Slavný snìme raèiž se usnésti takto:
I. Petice mìstské obce Volar a sousedních obcí slavné snìmovnì poslancù pod è. 1287 roku 1873 podaná a vynešením slavného ministerium práv ze dne 31. èervence 1873, è. 9788, pod è. 21320 zemskému výboru dodaná v pøíèinì zøízení okresního soudu ve Volarech, pak petice od téhož mìsta dne 4. záøí 1868, pod è. 64 a na novo dne 26. listopadu 1873, è. 5 spoleènì se súèastnìnými obcemi sousedními Trubami èeskými, Schneedorfem horním a dolním, Pumprlem a Humvaldem a koneènì od obcí Neuthalu a Tussetu dne 26. listopadu 1873, è. 4 v téže pøíèinì podané, buïtež se všemi spisy k tomu se vztahujícími slavné vládì odevzdány a dle §. 2. zákona ze dne 11. èervna 1868, è 59 øíš. zák. budiž dáno dobré zdání v ten smysl, že vylouèení místních obcí a sice:
1. Volar, èeských Trub, Schneedorfu horního a dolního z obvodu okresního soudu Prachatického,
2. Pumprle z obvodu okresního soudu Vim= berského,
3. Humvaldu z obvodu okresního soudu Plánského a slouèení tìchto obcí ve zvláštní obvod okresního soudu se sídlem soudu ve Volarech v mezích okresu nynìjšího politického úøadu Prachatického vzhledem k poloze a k obchodním pomìrùm tìchto obcí, jakož i vzhledem k nutné potøebì, aby okresy pošumavské se pøetvoøily, nejen pøimìøeným nýbrž i nutným býti se vidí.
Oberstlandmarschall: Ich eröffne die Debatte. Wenn Niemand das Wort verlangt, so schreite ich zur Abstimmung und bitte Jene, welche dem Artikel I. ihre Zustimmung geben, die Hand zu erheben. (Geschieht. ) Angenommen.
Ref. Kardasch: Weiters beantragt die Kom= mission folgendes Gesetz:
(Liest):
§. 1. Aus den Gebieten der Bezirks-Vertretungen
der früheren politischen, jetzt als Bezirks=Gerichts= Sprengel fortbestehenden Bezirke: Prachatitz, Winter= berg und Oberplan werden die Ortsgemeinden und zwar:
1. Wallern, Ober= und Unterschneedorf und Böhmisch=Röhren aus dem Bezirke Prachatitz,
2. Pumperle aus dem Bezirke Winterberg lind
3. Humwald aus dem Bezirke Oberplan ausgeschieden und bilden den Umfang eines beson= deren Bezirksvertretungsgebietes mit dem Amtssitze der Bezirksvertretung in Wallern.
Hiebei wird jedoch in Gemäßheit des §. 2 des Gesetzes vom 26. Juli 1864, Z. 27, über die Bezirksvertretungen im Königreiche Böhmen aus= drücklich vorbehalten, daß solange dieses Gebiet die Bevölkerungszahl von 10000 Seelen nicht erreicht, dasselbe behufs der Bezirksvertretung mit einem benachbarten Bezirke zu vereinigen ist.
Snìm. sekr. Schmidt (ète):
§. 1.
Z obvodu okresních zastupitelstev døívìjších politických okresù Prachatického, Vimberského a Plánského, které nyní jsou obvody soudù okresních, vyluèují se místní obce a sice:
1. Volary, Schneedorf horní a dolní a èeské Trouby z okresu Prachatického,
2. Pumprle z okresu Vimberského,
3. Humvald z okresu Plánského a tvoøí poèátek zvláštního obvodu okresního zastupitelstva se sídlem úøadu okresního zastupitelstva ve Volarech.
Pøi tom však dle §. 2. zákona ze dne 26. èervence 1864, è. 27, o zastupitelstvech okresních výslovnì se vyhražuje, dokud obvod tento nebude míti 10000 obyvatelù, aby obvod tento co do zastoupení okresního s nìkterým sousedním okresem spojen byl.
Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand das Wort ? (Niemand. ) Diejenigen, welche den §. 1 annehmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen.
Ref. Kardasch (liest):
§. 2.
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Aus= scheidung der im §. 1 bezeichneten Gemeinden aus den Bezirks=Gerichts=Sprengeln: Prachatitz, Win= terberg und Oberplan und deren Vereinigung zu einem besonderen Gerichtsbezirke mit dem Gerichts= sitze in Wallern in Wirksamkeit.
Snìm. sekr. Schmidt (ète): §. 2.
Zákon tento nabude moci tím dnem, kdy obce v §. 1 naznaèené z obvodù okresních soudù Prachatického, Vimberského a Plánského vylouèeny a ve zvláštní okres soudní se sídlem soudu ve Volarech slouèeny budou.
Oberstlandmarschall: Welche dem §. 2 zustimmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen,
Ref. Kardasch (liest):
§. 3.
Der Minister des Innern ist mit der Durch= führung dieses Gesetzes beauftragt.
Snìm. sek. Schmidt (ète):
§. 3. Ministru vnitøních záležitostí se ukládá, by zákon tento ve skutek uvedl.
Oberstlandmarschall: Wer zustimmt, wolle die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen. Ref. Kardasch: Eingang und Titel des Gesetzes hätten zu lauten (liest): Gesetz, wirksam für das Königreich Böhmen, betreffend die Ausscheidung von Gemeinden aus den Bezirksvertretungsgebieten: Prachatic, Winter= berg und Oberplan und deren Vereinigung zu einem besonderen Bezirksvertretungsgebiete. Uiber Antrag des Landtages Meines Königreiches Böhmen finde Ich auf Grund der §§. 2 und 5 des Gesetzes über die Bezirksvertretung vom 25. Juli 1864, Nr. 27 des Gesetz- und Verord= nungsblattes für das Königreich Böhmen anzuordnen, wie folgt:
Snìm. sekr. Schmidt (ète): Zákon pro království Èeské, v pøíèinì vylouèení nìkterých obcí z obvodu okresních zastupitelstev Prachatického, Vimberského a Plánského a slouèení jich v jeden zvláštní obvod okresního zastupitelstva. K návrhu snìmu Mého království Èeského vidí se Mnì na základì §§. 2. a 5. zákona o zastupitelstvu okresním ze dne 25. èervence 1864, è. 27 zákonù a naøízení pro království èeské, naøíditi takto:
Oberstlandmarschall: Diejenigen, welche dem Titel und Eingange des Gesetzes zustimmen, wollen die Hand erheben. (Geschieht. ) Angenommen.
Weiter stellt die Kommission folgenden Antrag: Da das Gesetz in 2. Lesung unverändert angenom= men wurde, so erlaube ich mir den Antrag auf die sofortige Vornahme der 3. Lesung.
Snìm. sekr. Schmidt: Èiní se návrh, aby se pøešlo ihned k 3. ètení.
Oberstlandmarschall: Diejenigen, welche dem Antrage zustimmen, daß die 3. Lesung vor= genommen werde, wollen die Hand erheben. (Ge= schieht. ) Angenommen. - Bitte nunmehr Diejenigen, die dem Gesetzentwurfe, wie er aus der 2. Lesung hervorgegangen ist, endgiltig ihre Zustimmung geben, sich zu erheben. (Geschieht. ) Das Gesetz ist in 3. Lesung angenommen.
Ref. Abg. Kardasch: Die Kommission stellt noch folgenden Antrag:
III. Der Landesausschuß wird beauftragt, mit aller Beschleunigung die gesetzmäßigen Verhandlungen wegen Ausscheidung der Katastralgemeinden Fürsten= hut und Scheurek aus der Ortsgemeinde Kuschwarda im Winterberger Bezirke; der Gemeinden Müller=
schlag und Zuderschlag mit Kolmberg ans der Ortsgemeinde Oberschlag im Prachatitzer Bezirke und der Gemeinden Neuthal und Tusset aus der Ortsgemeinde Neuofen im Oberplaner Bezirke behufs seinerzeitiger Einbeziehung dieser, aus ihrem bisherigen Gemeindeverbande auszuscheidenden Ge= meinden, sowie der selbstständigen Ortsgemeinde Landstrassen im Winterberger Bezirke - in den neuen Bezirk Wallern einzuleiten und hierüber thunlichst bald dem Landtage die geeigneten Vor= lagen zu machen.
Snìm. sekr. Schmidt: Tøetí návrh komise: Výboru zemskému se ukládá, aby co nejrychleji vyjednával po zákonu za pøíèinou vylouèení katastrálních obcí Fürstenhutu a Scheureku z místní obce Kunžvartu v okresu Vimberském; pak obcí Mlynáøovic (Müllerschlag) a Cudrovic (Zuderschlag) s Kolmbergem z místní obce Milejšic (Oberschlag) v okresu Prachatickém a obcí Neuthalu a Tussetu z místní obce NeuOfenu v okresu Plánském, aby svým èasem tyto obce, jež z posavadního svazku obecního vylouèiti se mají, jakož i samostatná místní obec Landstrassen v okresu Vimberském v nový okres Volarský se zahrnuly - a aby o tom co možná nejdøíve pøimìøené pøedlohy snìmu podal.
Oberstlandmarschall: Ich eröffne die Debatte. (Niemand meldet sich. ) Wenn Niemand das Wort verlangt, bitte ich Diejenigen, welche dem Artikel III. ihre Zustimmung geben, die Hand zu erheben. (Geschieht. ) Der Antrag ist angenommen.
Der nächste Gegenstand ist der Bericht der= selben Kommission betreffs der Angelegenheit der Kreisgerichte. Berichterstatter ist Herr Dr. Wiener. Ich ersuche ihn, den Bericht vorzutragen.
Ref. Dr. Wiener (liest): Hoher Landtag!
Der §. 1 des Gesetzes vom 26. April 1873, Z. 62, verfügt, daß Aenderungen in der Territorial= Abtheilung der Sprengel der Landes=, Handelsund Kreisgerichte durch Ausscheidung oder Zuweisung einzelner Bezirksgerichte und durch Vereinigung bestehender oder Errichtung neuer Gerichtshöfe aus dem Verordnungswege nur nach Einholung oder Entgegennahme des Gutachtens des Landtages erfolgen könne.
Auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmung hat das Justizministerium die von den Städten Klattau, Hohenelbe, Trautenau und Teplitz überreichten Gesuche um Errichtung von Gerichtshöfen in denselben an den Landesausschuß geleitet.
Das Oberlandesgericht hat feine Wohlmeinung dahin abgegeben, daß es sich nicht anempfehle, den bestehenden Organismus der Justizbehörden in einem Lande ohne zwingende Nothwendigkeit blos theil= weise zu ändern, weil dadurch in der Eintheilung Unregelmäßigkeiten entstehen.
Diese Ansicht wird von der Kommission nicht getheilt, denn es kann nicht zugegeben werden, daß die gefürchteten Unregelmäßigkeiten mit Noth-
wendigkeit eintreten müssen. Nur soviel kann zugegeben werden, daß bei einer unzweckmäßigen Eintheilung Unregelmäßigkeiten entstehen können. Die Kommission kann aber unmöglich von der Voraussetzung ausgehen, daß das Ministerium die Eintheilung in unzweckmäßiger Weise veranlassenwerde; die Kommission hat vielmehr die Uiber= zeugung, daß an maßgebender Stelle die volle Kenntniß über die Territorial= und Verkehrsver= hältnisse, über die Einwohnerzahl und die Abgren= zung der Bezirke nach Nationalität, über die Agenda der Gerichte und sonstige entscheidende Faktoren herrsche, daß sohin die Befürchtung, es werde eine zu Unregelmäßigkeiten führende Eintheilung der Gerichtsbezirke geschaffen werden, ganz unbegrün= det sei.
Allein selbst wenn hie und da Unregelmäßig= keiten entstehen sollten, so tritt dieses Bedenken in den Hintergrund, sobald anerkannt wird, daß die Vermehrung von Gerichtshöfen sich schon dermalen als nothwendig herausstelle.
Diese Nothwendigkeit ist aber unzweifelhaft vorhanden. Es kann nämlich nicht geläugnet werden, daß das Königreich Böhmen im Verhältnisse zu anderen industriereichen Kronländern Oesterreichs die geringste Anzahl von Gerichtshöfen besitzt und daß die Sprengel der meisten Gerichtshöfe selbst mit Rücksicht auf den bisherigen Wirkungskreis der Gerichtshöfe viel zu umfangreich sind.
Beinahe unabweislich stellt sich aber die Ver= mehrung der Kreisgerichte in Folge der bereits erfolgten Reform des Strafverfahrens dar, beson= ders, wenn berücksichtigt wird, daß die mit einer weiten Zureise den Geschworenen auferlegten Lasten nicht gerechtfertigt werden können und das Institut der Schwurgerichte in Mißkredit zu bringen geeignet sind.
Als schwerwiegend muß auch der Uibelstand bezeichnet werden, daß ohne zwingende Noth mehrere Sprengel von Gerichtshöfen Einwohner beider Nationalitäten enthalten, daß sohin bei Schwurgerichtsverhandlungen häusig Dolmetscher für die eine oder andere Landessprache werden eintreten müssen, weil nicht alle Geschworenen der Sprache, in welcher die Verhandlung erfolgt, vollkommen mächtig fein werden.
Daß auch die Justizbehörden die Vermehrung der Kreisgerichte dringend wünschen, geht beispielsweise aus dem an das Oberlandesgericht geleiteten Berichte des Prager Landesgerichts-Präsidenten vom 1. Juli 1870, Z. 2119, hervor, welcher seine Uiberzeugung ausspricht, daß es wünschenswerth wäre, ans eine Verringerung des dermaligen Spren= gels das Prager Landesgerichtes, insbesondere der Strafjustiz wegen, durch Kreirung eines neuen Kreis= gerichtes hinzuwirken.
In diesem Berichte werden gegen die beabsich= tigte Zuweisung einiger Gemeinden zu dem Prager Landesgerichtssprengel Bedenken erhoben, welche sich auf die Erhöhung der Zeugengebühren, auf
die Unzureichenheit des landesgerichtlichen Gefan= genhauses und auf die Erschwerung der Geschäfts= übersicht beziehen.
Es geht nun nicht an, die Vermehrung der Kreisgerichte dort, wo sie als dringlich erkannt wird, bis zur Durchführung der in Aussicht gestellten neuen allgemeinen Organisirung der Gerichte hinauszuschieben und auf diese Weise Uibelstände in der Justizpflege einwurzeln zu lassen, welche namentlich das Ansehen des neuen Strafverfahrens wesentlich zu schädigen geeignet wären.
Eine solche Verschleppung könnte der hohe Landtag um so weniger in Schutz nehmen, als noch nicht einmal die Grundzüge für die neue Organisirung der Gerichte im Gesetzgebungswege festgestellt oder auch nur im Zuge der Verhandlung bei dem Reichsrathe befindlich sind, daher voraussicht= lich eine geraume Zeit verstreichen wird, bevor die Organisirung der Gerichte zur Durchführung gelangt.
Indem die Kommission die Ueberzeugung aus= spricht, daß die Vermehrung der Kreisgerichte in Böhmen noch vor der - allgemeinen Organisirung der Gerichte zur That werden solle, glaubt dieselbe als Amtssitze der neu zu bildenden Kreisgerichte insbesondere auch die petitionirenden Städte Klattau, Trantenau und Teplitz empfehlen zu dürfen, indem die Sprengel der Kreisgerichte Pilsen, Jitschin und Königgrätz eine Verringerung derselben, namentlich im Interesse der Strafjustiz dringend erheischen und die Städte Klattau und Trautenau ganz besonders als Amtssitz der Preisgerichte geeignet erscheinen, während für die Stadt Teplitz der große Aufschwung spricht, welcher diesem Orte und der ganzen Umgebung von Teplitz aus dem Gebiete des Handels, der Industrie und des Bergbaues eine hervorragende Stellung einräumt. Hiebei kann auf die Gegenvorstellung der Stadtgemeinde Leitmeritz ein Bedacht nicht genommen werden, weil es außer Frage steht, daß das Kreisgericht Leitmeritz unter allen Ver= hältnissen, also auch dann, wenn Teplitz der Amtssitz eines Kreisgerichtes wird, aufrecht bleiben muß. Die Kommission stellt den Antrag:
Der hohe Landtag wolle beschließen:
1. Es wird als ein Bedürfniß anerkannt, daß eine entsprechende Vermehrung der Kreis= Gerichte im Königreiche Böhmen noch vor der allgemeinen Organisirung der Gerichte stattfinde.
2. Aus Anlaß der Gesuche mehrerer Stadt= gemeinden wegen Festsetzung des Amtssitzes der zu errichtenden Kreisgerichte wird der Uiberzeugung Ausdruck gegeben, daß insbesondere die petitioni= renden Städte Klattau, Trautenau und Teplitz als Amtssitze von Kreisgerichten sich vollkommen eignen.
3. Das k. k. Justizministerium wird ersucht, die diesfalls nöthigen Erhebungen zu pflegen und das Ergebniß derselben im Sinne des §. 1 des Gesetzes vom 26. April 1873, Z. 62, dem Land= tage zur Abgabe des Gutachtens vorzulegen.
Snìm. sekr. Schmidt (ète): Komise navrhuje:
Slavný snìme raciž se usnésti:
1. Uznává se potøeba, aby krajské soudy v království èeském ještì pøed obecným zøízením soudù pøimìøenì se rozmnožily.
2. Za pøíèinou žádostí nìkterých mìstských obcí stran ustanovení sídla úøedních soudù krajských, jež by se novì zøídily, projevuje se pøesvìdèení, že zvláštì mìsta Klatovy, Trutnov a Teplice, která se o to ucházejí, za úøední sídlo krajských soudù úplnì se hodí.
3. K slavnému c k. ministerium práv vznáší se žádost, aby, co v té vìci potøebí, vyšetøilo a výsledek dle §. 1. zákona ze dne 26. dubna 1873, è. 62, snìmu zemskému pøedložilo, aby o tom dobré zdání své podal.
Oberstlandmarschall: Ich eröffne die Debatte und ertheile Herrn Dr. Weber das Wort.
Dr. Weber: Der soeben vorgelesene Bericht hebt hervor, daß eine Vermehrung der Gerichtshöfe in Böhmen nothwendig sei und bezeichnet insbe= sonders Klattau, Trantenau, Teplitz als für solche Amtssitze geeignete Plätze. Ich gebe gerne zu, daß das industrielle Böhmen bezüglich der Zahl der Gerichtshöfe gegen andere Kronländer Oesterreichs relativ verkürzt ist, ich gebe auch zu, daß die Straf= prozeßordnung noch vor der allgemeinen Durch= führung der Gerichtsorgartisation schon dermal die Vermehrung der Gerichtshöfe nothwendig gemacht hat, und es ist auch nicht in Abrede zu stellen, daß die bezeichneten Orte nicht ungeeignet wären, Sitze von Gerichtshöfen zu sein, allein meiner Meinung nach sind bei der Auswahl der Sitze und Abgrenzung der Sprengel Faktoren in Rechnung zu bringen, die ebenfalls für eine solche Vermehrung maßgebend sind. Bei Klattau und Trautenau wird die Kreiruna des Amtssitzes daselbst damit motivirt, daß hervorgehoben wird, Pilsen, Jièin und König= grätz seien so große Gerichtssprengel, daß eine engere Begrenzung dieser Gebiete ohne eine Vermehrung der Gerichtshöfe daselbst dringend nothwendig sei, bei Teplitz wird auf den Aufschwung hingewiesen, den diese Badestadt in jüngster Zeit auf dem Ge= biete des Handels, der Industrie und des Berg= baues gefunden hat.
Daraus dürfte mir doch der Schluß erlaubt sein, daß bezüglich Leitmeritz der erstere Grund nicht geltend gemacht wurde, und es ist also nicht ein übergroßer Sprengel dieses Kreisgericht, und es ist auch seither keine Klage aus Ueberbelastung aus dem Grunde geltend gemacht worden, außer was bereits in diesem h. Hause zur Sprache gekommen ist, daß Raudnitz und Libochowitz ebenfalls ans diesem Gerichtssprengel geschieden werden sollen.
Der Bericht hat hervorgehoben, daß es außer Frage stehe, daß das Kreisgericht Leitmeritz unter allen Verhältnissen auch dann, wenn Teplitz Amts = sitz eines Gerichtssprengels würde, aufrecht bleiben muß. Diese Erklärung der Kommission nehme ich dankbar an und bin überzeugt, daß, wenn heute in
diesem h. Hanse die Frage entschieden werden sollte, daß nicht allein die Kommission, sondern auch das h. Haus für die Beibehaltung des Kreisgerichtes Leitmeritz sich erklären würden.
Allein so weit sind wir noch nicht, es können erst künftig Erhebungen gepflogen werden. Ich glaube nun, daß es mir auch gestattet sein dürste, auch in dieser Beziehung einige Momente hervor= zuheben, die bei Entscheidung dieser Frage nicht unwesentlich sind.
Leitmeritz hat dermalen 1 1 Gerichtssprengel: Anscha, Lobositz, Wegstädtl, Raudnitz, Libochowitz, Leitmeritz, Außig, Karbitz, Teplitz, Tetschen und Bensen. Nun wird in diesem Kommissionsberichte und nicht mit Unrecht der Grundsatz aufgestellt, daß bei der künstigen Abgrenzung der Gerichtshöfe die Nationalität ein maßgebender Faktor sein sollte. Nach diesem Prinzip müßte demnach aus dem Kreis= gerichtssprengel Leitmeritz Raudnitz und Libochowitz, wo überwiegend èechische Bevölkerung ist, ausgeschieden werden. Wenn ferner in Teplitz. ein Gerichts= hof sein sollte, würde selbstverständlich Teplitz und Karbitz einbezogen werden; die Petenten verlangen aber noch mehr, sie verlangen auch noch die Ein= beziehung von Außig und Tetschen. Es würde da= her Folge dieses Kommissionsberichtes sein, daß der Kreisgerichtssprengel Leitmeritz nun allein übrighätte Leitmeritz, Auscha, Wegstädtl und Lobositz; ob nun diese Gebiete hinreichend wären, um eine hinreichende Agende für einen Gerichtshof zu schaffen, ob nicht insbesondere zur Arrondirung eines solchen Gerichtshofssprengels auch èechische Bezirke mit einbezogen werden sollten, dadurch, daß bis jetzt emi= nent deutsche Kleisgerichtssprengel in utraquistische, vielleicht mit praevalirender slavischer Majorität ge= schassen würden, das gebe ich nur zu bedenken.
Daß Leitmeritz der Sitz eines Kreisgerichtes sein könne, ist bekannt. Leitmeritz ist der uralte Sitz von Kreisbehörden. Ich erinnere nur an das alte Kreisamt, späterhin politische Behörde, die Kame= ral= und Finanzbehörden, ferner auch an die Gerichtsbehörden, an das alte Kriminalgericht, Kollegialgericht und Kreisgericht. Leitmeritz ist eine Stadt von mehr als 10000 Einwohnern, hat sonach nach der letzten Volkszählung mehr an Population zugenommen, als selbst Teplitz. Es ist der Centralpunkt eines Ver= kehrs, der sowohl von der oberen Seite der Elbe, als auch von Süden her geleitet wird. Es ist neuester Zeit durch die Nordwestbahn in das Cen= trum eines Eisenbahnnetzes einbezogen worden. Wir haben da die Staatsbahn, die Nordwestbahn und die Elbe, welche den Verkehr erleichtern, und ich glaube sagen zu können, daß selbst der Verkehr von Tetschen und Aussig nach Leitmeritz gravitirt. Leitmeritz hat aber auch noch einen Vortheil, der allerdings wohl nicht zunächst in die Wagschale ge= worfen werden kann, der aber immerhin nicht zu unterschätzen ist. Es ist von jeher eine Schulstadt gewesen. Wir haben außer vorzüglichen Volks= schulen eine Lehrerbildungsanstalt, ein Obergymna=
sium, eine Oberrealschule, - Anstalten, welche mit Gewißheit zu sagen, als Musteranstalten gelten. Daß auch dieses Moment nicht gleichgiltig sei, dürste gewiß dem h Hause erklärlich sein Wenn nun alle diese Momente in's Auge gefaßt werden, und wenn der Sprengel von Leitmeritz dem gemäß arrondirt wird, so habe ich nichts dagegen und wünsche recht gern, daß die Nachbarstadt Teplitz der Sitz eines Gerichtshofes werde.
Allein ich hielt mich als Vertreter der Stadt Leitmeritz für verpflichtet, hier nicht zu schweigen, um seinerzeit, wenn der h. Landtag in dieser Frage eine positive Stellung nehmen wird, auf das Eben= erwähnte zurückkehren zu können.
Ritter Karl v. Limbeck: Ich bitte um Ent= schuldigung, daß ich nicht im Besitze jener Mittel bin, über welche zu gebieten ich wünschen würde, um der kleinen Bemerkung, die ich mir erlauben will, mehr Eingang verschaffen zu können.
Ich stimme natürlich dem Kommissionsberichte bei, nämlich seiner Anführung, daß wegen der am 1. Jänner heurigen Jahres in Wirksamkeit getre= tenen Strafprozeßordnung es nöthig wird, die Frage wegen Vermehrung der Gerichtshöfe in Böhmen und die Frage über deren territoriale Abgrenzung näher in's Ange zu fassen. Ich glaube, dieser Frage wird Niemand aus dem Wege gehen, dem daran gelegen ist, daß die jetzt giltige Strafprozeßordnung, ein in seiner Grundlage sowie auch in der Ausführung wahrhaft schönes Werk, nicht der Gefährdung ausgesetzt werde, wenn man diesen be= rührten Faktoren nicht die gebührende Aufmerksam= keit schenken würde. Die territoriale Abgrenzung der Gerichtshofsprengel in Böhmen wird aber in Bezug auf die Strafprozeßordnung in zweierlei Be= ziehung in Frage kommen, nämlich:
1. wird es nothwendig sein, das Moment in's Auge zu fassen, die Abgrenzung der Gerichtshofsprengel nach möglichster Gleichartigkeit in natio= naler Beziehung durchzuführen und
2. daß die Gerichtshofsprengel nicht so groß gebildet werden, daß aus ihrem Umfange sich Be= sorgnisse gegen die unbehinderte Durchführung der Strafprozeßordnung ergeben können.
In ersterer Beziehung, was das nationale Moment betrifft, so ist es schon in früherer Zeit von der Bevölkerung richtig erkannt worden. Be= weis die Petition der Leitmeritzer Bezirksvertretung, welche Herr Dr. Weber erwähnt hat und welche im J. 1869 hier im Landtage zum Vortrag ge= langte. Das hohe Haus hat damals beschlossen, diese Petition der h. Regierung zur Beachtung der darin angeführten wesentlichen Momente zu überweisen. Die Petition war dahin gerichtet, daß aus dem Gerichtshofsprengel Leitmeritz, welcher 11 Gerichtsbezirke umfaßt, die Gerichtsbezirke Raudnitz und Libochowitz ausgeschieden werden. Diese zwei Gerichtsbezirke von den 11 Gerichtsbezirken des Leitmeritzer Gerichtshofsprengels sind blos von der böhmischen Nationalität bewohnt, während von den
übrigen Gerichtsbezirken Lowositz und Leitmeritz ge= mischt, die übrigen aber deutsch sind. Diese Petition ist aber von dem h. Landtage der h. Regie= rung zur Beachtung der darin angeführten Mo= mente überwiesen worden. Daß sich daraus, wenn die Gerichtshofsprengel nicht möglichst nationalgleichartig gebildet werden, Schwierigkeiten für die Durchführung der Strafprozeßordnung ergeben könnten, ist auch schon in dem Kommissionsberichte ausdrücklich angeführt worden. Ich bemerke nur nebenbei, daß in Böhmen von den 13 Gerichts= hofsprengeln nur 3 sind, welche als blos deutsch bezeichnet werden können, Eger, Böhmisch=Leipa und Reichenberg, die übrigen können nicht als deutsch bezeichnet werden.
In Beziehung auf die Größe der Gerichtshof= sprengel wird in dem Kommissionsberichte wohl anerkannt, daß die Gerichtshofsprengel Pilsen, Jièín und Königgrätz zu groß seien und verringert werden müssen. Das scheint aber nur in's Feld geführt, um damit die Nothwendigkeit der Errich= tung eines Kreisgerichtes in Trautenau und Klattau zu begründen. Allein ich glaube, daß auch dieser Grund, der für Teplitz spricht, auch hier in's Ange zu fassen wäre. Die beiden Gerichtshofsprengel, Leitmeritz und Brür, welche bei der Bildung des Gerichtshofsprengels in Teplitz in Betracht zu kommen hätten, haben eine sehr beträchtliche Aus= dehnung. Der Gerichtshofsprengel Leitmeritz umfaßt 38. 4 Quad. =Meilen und Brür umfaßt gar 54. 9 Quad. =Meilen. Die Bevölkerung beider ist so ziemlich eine gleiche, nämlich 265004 bei Leitmeritz, 265914 bei Brür. Diese Daten sind entnommen der Zählung der effektiv anwesenden Bevölkerung nach der Volkszählung vom J. 1869. Ich glaube also, es ist evident, daß diese beiden Gerichtshofsprengel zu groß sind und es wird mich bei der Abstimmung auch die Erwägung leiten, daß der= selbe Grund, welcher für die Errichtung eines Kreisgerichtes in Klattau und Trautenau spricht, nämlich die Nothwendigkeit der Errichtung eines Kreisgerichtssprengels für Pisek, Jièín und König= grätz, auch für die Errichtung eines Gerichtshof= sprengels für Teplitz vorhanden ist.
Auf alles Weitere und Spezielle der Erwä= gung glaube ich mich hier nicht einlassen zu müssen, denn dem Umstande, ob das Kreisgericht Leitmeritz jemals in Frage kommen kann, ist schon von der Kommission genügend Ausdruck gegeben worden. Es kann dies in gar keiner Beziehung in Frage kommen, weder nach der Größe des Gerichtshof= sprengels, noch nach seinen Einrichtungen, die sich dort für den Bestand eines Kreisgerichtes schon vorsinden.
Oberstlandmarschall: Der Herr Abgeord= nete Wolfrum hat das Wort.
Abg. Wolfrum: Wenn auch schon der un= mittelbare Herr Vorredner hervorgehoben hat, daß der Sitz eines Kreisgerichtes in Teplitz aus dem Grunde des großen Raumumfanges des Kreis=
gerichtes in Leitmeritz zu empfehlen wäre, so will ich mir doch noch erlauben, einige Worte beizufügen, weil der erste Herr Vorredner, wenn er auch nicht direkt den Antrag der Kommission angegriffen hat, doch in seinen Ausführungen Streiflichter fallen ließ, welche eine Besorgniß ausdrückten, als wenn, falls in Teplitz ein Kreisgericht errichtet würde, das Kreisgericht in Leitmeritz gefährdet wäre; die Ausführungen des Herrn Vorredners suchen auch darzuthun, daß diejenigen Städte, welche nach Teplitz zugewiesen werden könnten, mit ihrem Verkehre mehr nach Leitmeritz gravitiren. Er hat dies ganz vorzüglich bei der Stadt Aussig ausgesprochen. Nun hat Aussig einen sehr ausgedehnten und ent= wickelten Verkehr und steht mit allen seinen. Nach= barstädten in unmittelbarem Verkehre. Aber weitaus größer ist dieser Verkehr mit Teplitz als der Verkehr mit Leitmeritz und weil dieser Verkehr ein so ausgedehnter ist, so wird Aussig nur mit Freude es begrüßen, wenn in Teplitz ein Kreisgericht errichtet werden wird. Wer auch den Aufschwung der Ge= gend von Aussig bis Brüx in den letzten Jahren mit eigenen Augen gesehen hat, der wird zugeben müssen, daß, wenn auch in Brüx jetzt schon ein Kreisgericht sich befindet, doch die Lage von Brüx nicht eine derartige ist, um den allgemeinen Ver= kehrsinteressen allerdings zu entsprechen und daß Teplitz weitaus vorzuziehen sei- als Sitz eines Kreisgerichtes.
Denn wenn diese Strecke von Aussig bis Brüx auch räumlich nicht so groß ist, die Verkehrsinteressen sind so gewaltig und umfassend, daß ein Kreis= gericht gewiß die nämliche Thätigkeit entfalten wird wie in einem Sprengel, der vielleicht an Quadratumfang bedeutender ist. Deswegen kann ich den Ausführungen des Herrn Abgeordneten für Leitmeritz, was die Städte betrifft, die nach Teplitz zugewiesen werden könnten, nicht beistimmen. Diejenigen Städte, die er genannt hat, Karbitz und Aussig, würden es gewiß- freudig begrüßen, wenn in Teplitz ein Kreisgericht eingerichtet würde.
Oberstlandmarschall: Wünscht noch Je= mand das Wort zu den Anträgen der Kommission? (Niemand meldet sich. ) Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat das Wort.
Ref. Dr. Wiener: Es ist von keiner Seite ein Einspruch dagegen erhoben worden, daß die Kommission Recht habe, wenn sie auf das Eifrigste ihrer Uiberzeugung Ausdruck gibt, es solle die Ver= mehrung der Kreisgerichte baldmöglichst und jedenfalls noch vor der allgemeinen Organisirung der Gerichte erfolgen.
Aber auch bezüglich derjenigen petitionirenden Städte, welche die Kommission als einen geeigneten Amtssitz der Kreisgerichte namhaft gemacht hat, ist von keiner Seite im Grunde eine Einwendung erhoben worden.
Herr Dr. Weber hat wohl erklärt, daß es möglich sei, es könnte das Kreisgericht Leitmeritz in der Folge doch aufgehoben werden, wenn nämlich
Libochowitz und Raudnitz aus diesem Gerichtssprengel ausgeschieden werden und noch andere Bezirke dem neuen Kreisgerichte in Teplitz zugewiesen werden würden. Allein gerade die Kommission hat in dieser Beziehung gar keine Befürchtung und es würde gerade das, was Herr Dr. Weber hervorgehoben hat, vielleicht eine entgegengesetzte Wirkung hervorbringen als die, welche der Herr Antragsteller, beziehungsweise der Sprecher selbst hervorgerufen wissen will.
Ich befürchte also in gar keiner Richtung, daßdadurch, wenn in Teplitz ein neues Kreisgericht errichtet würde, das Kreisgericht in Leitmeritz auf= gehoben würde.
Ich glaube daher die Anträge der Kommission dem h. Hause anempfehlen zu können.
Oberstlandmarschall: Ich schreite zur Abstimmung und bitte Diejenigen, welche den Anträgen der Kommission ihre Zustimmung geben, die Hand zu erheben. (Geschieht. ) Angenommen.
Ref. Dr. Wiener: Durch den erfolgten Beschluß ist auch die Petition der Gemeindever= tretung der Stadt Leitmeritz, welche nachträglich noch eingelangt ist, sub Ldtgs. =Nro. 140 wegen Erwägung der Frage über die Errichtung eines Gerichtshofes in Teplitz, daß dieselbe erst bei der neuen Gerichtsorganisirung in Erwägung zu ziehen sei, hiemit erledigt.
O b e r s t l a n d m a r s ch a l l: Der nächste Gegenstand ist der Kommissionsbericht über den Antrag des Abgeordneten Dr. Ruß und Genossen betreffs Uibernahme der polytechnischen Institute auf Kosten des Reiches; b) den Landesausschußbericht, betref= send Abänderung des organischen Statutes für die beiden polytechnischen Landesinstitute. Berichterstatter ist Herr Dr. Hallwich. Ich ersuche ihn, den Bericht vorzutragen.
Ref. Dr. Hallwich (liest): Hoher Landtag!
Die ursprüngliche Aufgabe der mit der Vor= berathung über den Landesausschußbericht vom 5. Dezember 1873, Nr. 30664, betrauten Kommission wurde durch die Verpflichtung dieser Kommis= sion, auch über den in der 7. Sitzung der gegenwärtigen Session am 13. Dezember 1873 gestellten Antrag der Abg. Dr. Ruß und Genossen Bericht zu erstatten, einestheils wesentlich erweitert, andern= theils bedeutend eingeschränkt. Im Hinblicke auf die Tendenz des letzteren Antrages, welche dahin geht, einen Beschluß zu provoziren, durch welchen sich der hohe Landtag des Gesetzgebungsrechtes über technische Hochschulen begebe, war sich die Kommission von vornherein darüber klar, daß die Berathungen über eventuelle Aenderungen an dem bisher bestandenen, auf Grund der Landesgesetz= gebung perfekt gewordenen Statute der beiden po= lytechnischen Landesinstitute des Königreiches Böhmen insolange zu systiren seien, bis jene andere funda= mentale Frage im Prinzip entschieden wäre.
Der Kommission sei es gestattet, dem Gange
der in ihrem Schooße gepslogenen Verhandlungen gemäß den Bericht zu erstatten.
Wie schon angedeutet, erkannte die Kommis= sion allerdings die weitgehende Bedeutung des vom Abg. Dr. Ruß und 61 Genossen eingebrachten Antrages. So oft und viel bisher in diesem hohen Hause in Angelegenheit der polytechnischen Institute berathen und beschlossen wurde, so gelangte doch daselbst kein Antrag von der gleichen Wich= tigkeit für diese Institute, wie der in Rede stehende, zur Berathung und Beschlußfassung. Wie dem Königreiche Böhmen die unbestrittene Ehre gebührt, in den Mauern seiner Landeshauptstadt die älteste Hochschule im Gebiete des einstigen deutschen Reiches zu besitzen, so muß es auch den ehemaligen böh= mischen Ständen zum Verdienste angerechnet werden, das erste polytechnische Institut in Oesterreich, das mit kaiserl. Entschließung vom 13. Mar des Jahres 1803 in's Leben gerufen wurde, durch die Liberalität, mit welcher sich dieselben Stände zur Uebernahme der Kosten eines solchen Institutes auf ihr Budget bereit erklärten, erst ermöglicht und somit im eigentlichen Sinne des Wortes begründet zu haben Durch die Uebernahme der Kosten für die Errichtung und die Erhaltung des neuen Institutes erlaugte die Vertretung des Königreiches Böhmen das Recht der Legislative in Bezug aus diese Lehr= anstalt, welches Recht durch §. 11 lit i) des Staats= grundgesetzes vom 21. Dezember 1867 (R. =G. =Bl. Nr. 141) implicite auf technische Schulen über= haupt ausgedehnt wurde. Durch einen Zeitraum von nun mehr denn siebzig Jahren hat das König= reich Böhmen für den Bestand des Prager tech= nischen Institutes, resp. beider polytechnischen Lan= desinstitute, soweit dies nach vorhandenen Quellen ziffermäßig berechnet werden kann, die Summe von über zehn Millionen Gulden aus Landesmitteln aufgewendet, um jenes Gesetzgebungsrecht zu üben und bis zum heutigen Tage zu behaupten.
Die Vertretungen einzelner Königreiche und Länder, unter gleichen Bedingungen das gleiche Recht genießend, erkannten sehr bald den Preis für dieses Recht als unverhältnißmäßig hoch und faßten schon vor Jahren den Beschluß, unter der Voraussetzung der Uebernahme der bezüglichen In= stitute auf Kosten des Reiches sich des Gesetzge= bungsrechtes über technische Hochschulen zu Gunsten der Reichsvertretung zu begeben, mit Berufung aus alinea 2 des §. 12 des Gesetzes vom 21. Dez. 1867 über die Reichsvertretung, welches lautet: "Sollte jedoch irgend ein Landtag beschließen, daß ein oder der andere ihm überlassene Gegenstand der Gesetzgebung im Reichsrathe behandelt und er= ledigt werde, so übergeht ein solcher Gegenstand für diesen Fall und rücksichtlich des betreffenden Landtages in den Wirkungskreis des Reichsrathes. "
Die Anomalie, die sich nun daraus ergab, daß die technischen Institute einiger Königreiche und Länder auf Kosten des Reiches, das heißt eben auf Kosten aller im Reichsrathe vertretene«
Königreiche und Länder insgesammt, erhalten wurden, während andere Königreiche oder Länder außerdem den Aufwand für das im eigenen Lande bestehende Institut derselben Kategorie ans Landesmitteln zu bestreiten hatten, führte unterm 27. Februar 1872 in der 17. Sitzung der 7. Session des Abgeord= netenhauses des Reichsrathes bei Gelegenheit der Berathung des Gesetzentwurfes wegen Reorganisi= rung des polytechnischen Institutes in Wien zur Annahme einer Resolution des Inhalts: "Die Re= gierung wird aufgefordert, das Geeignete zu ver= anlassen, daß mit Rücksicht auf den §. 11 des Reichsgesetzes vom 21. Dezember 1867 über die Reichsvertretung im verfassungsmäßigen Wege eine den Interessen aller Königreiche und Länder gleich= mäßig entsprechende Regelung der Bestreitung der Kosten für technische Lehranstalten erfolge. " Auf welche einzig mögliche Weise aber die "gleichmäßig entsprechende Regelung" des angedeuteten Mißver= hältnisses durchzuführen sei, erklärte unumwunden dieselbe Reichsvertretung in derselben 7. Session, und zwar in der 72. Sitzung am 13. März 1873, indem sie über Antrag ihres Budgetausschußes die weitere, für den vorliegenden Antrag bedeutsame Resolution zum Beschluße erhob, dahin gehend: "Die Regierung wird aufgefordert, die Frage der Uebernahme der von den Ländern erhaltenen tech= nischen Hochschulen in Erwägung zu ziehen, even= tuell mit den Vertretungen der betreffenden Länder Verhandlungen einzuleiten. "