Úterý 13. záøí 1870

Oberstlandmarschall: Herr Wolfrum hat das Wort!

Herr Wolfrum: Ich verzichte auf das Wort und bin zugleich ermächtigt zu erklären, daß diejenigen Herren unserer Seite, die noch zum Worte eingeschrieben sind, ebenfalls auf dasselbe verzichten.

Oberstlandmarschall: Also kommt der Herr Zeithammer.

Pan Zeithammer: Nemohl býti døíve s naší strany uèinìn návrh na skonèení debaty, aby nezdálo se, že snad pøejeme sobì umlèeti slovo strany té, která se v menšinì nachází. Po tomto-vyjádøení však mám za to, že vyjádøuji se v souhlasu i s vìtšinou toho shromáždìní, navrhuju-li, aby byl uèinìn konec debatì; prosím jenom, aby vaše Excellence vyhradila nám právo podané jednacím øádem, abychom sobì zvolili generálního øeèníka. (Souhlas se všech stran).

Oberstlandmarschall: Es ist der Schluß der Debatte beantragt; ich bitte diejenigen Herren, die für den Schluß sind, bie Hand aufzuheben. (Alle erheben die Hand. ) Einstimmig. Die Herren gegen die Adresse haben sämmtlich auf ihr Wort verzichtet? oder wünschen sie auch einen Generalredner zu wählen, so wird die andere Seite nichts dagegen haben; aber ich glaube, Hr. Wolfrum habe verzichtet im Namen der Anderen.

Herr Wolfrum: Im Namen der anderen Herren ebenfalls. Ja!

Oberstlandmarschall: Also die Herren, die für die Adresse sind und einen Generalredner zu wählen haben, wie sie vorgemerkt sind:

Hr. Zeithammer, Graf Richard Clam=Martinic, Hr. P. Platzer, Hr. Professor Tonner, Hr. Kuèera, Fürst Lobkowic Georg, Dr Klaudy, Dr. Prachenský, Hr. Šober, Erc. Graf Leo Thun, Freiherr von Villani, endlich Hr. Groud, der sich auch für die Adresse einschreiben ließ im Sinne eines Ansgleiches.

Herr Wolfrum: Hr. Grond verzichtet ebenfalls, er hat mich ermächtigt.

Oberstlandmarschall: Also ist er nicht dazuzurechnen; ich bitte die audercu Herren sich über den Generalredner zu vereinigen. Ich werde die Sitzung anf 1/4 Stunde unterbrechen, bis sich die Herren geeiniget haben (nach einer Viertelstunde; Oberstlandmarschall läutet). Die noch angemeldeten Redner für die Adresse haben Seine Erc. Herrn Graf Leo Thun zum Generalredner gewählt, ich ertheile demselben hiemit das Wort.

Wollen Euer Erc. vielleicht auf eine der vorderen Bänke kommen, es ist vernehmlicher als von dort.

Graf Leo Thun: Wiederholt ist schon hervorgehoben worden, daß wir in diesen Landtag eingetreten sind, um ein ernstes und uns tief am Herzen liegendes Ziel zu verfolgen, mitzuwirken, so viel in unseren Kräften steht, um eine Bahn zur Verständigung zu finden und auf dieser Bahn zum endlichen Frieden in Oesterreich zu gelangen. Was mir also auch in diesem Augenblicke am Herzen liegt, ist die Aufmerksamkeit der hohen Versammlung, eben auf diejenigen Punkte zu konzentriren, welche diesem Zwecke zu dienen geeignet sind. Die Adresse, die wir vorgelegt, und die Beilage, welche wir ihr angefügt haben, hat begreiflicher Weife der Debatte eine große Ausdehnung gegeben und es ist in großen Versamlungen immer die Gefahr nahe liegend, daß bei solchen Gelegenheiten der eine Rebner einen Punkt, der andere Redner einen anderen Punkt hervorhebt und daß der Wunsch den Gegner zu überwinden, auch bei Rednern der Gegenseite die Kampflust erregt, ihnen auf Nebenwege zu folgen, wodurch dann die Aufmerksamkeit der Versammlung in so verschiedene Richtungen hingelenkt wird, daß die eigentlichen Zielpunkte der Debatte aus dem Gesichte verschwinden. Ich kann nicht läugnen, daß bei manchen der vernommenen Reden auch mir die Versuchung nahe lag, solcher parlamentarischen Kampflust zu folgen; aber Soviel ich vermag, werde ich bemüht sein, was nicht zur Hauptsache gehört, zurückzudrängen, und mich auf das zu beschränken, was dem Zwecke der Verständigung zu dienen geeignet ist. Bevor ich unmittelbar dazu komme, Scheint mir aber unerläßlich, das Feld von einigen Mißvetstandnissen zu raumen, die, wie ich aus der Debatte entnommen habe, sich auf demselben eingewuchert haben. Das Erste davon ist das, daß uns mit großer Entschiedenheit vorgeworfen worden ist, das Ziel unseres Strebens sei die Wiederherstellung des ständischen Landtages.

Meine Herren! Wenn solche Dinge in Zeitungen vorkommen, von denen Jeder weiß, daß gar Manches, was darin geschrieben steht, gar nicht die Ueber Zeugung dessen ist, der es hineingeschrieben hat, so muß man es im politischen Leben mit Geduld ertragen; anders in einer Versammlung wie diese.

Ich hätte in der That geglaubt, daß die Haltung, die wir seit 10 Jahren in den politischen Kämpfen, in denen wir und bewegen, eingenommen haben, uns dagegen schützte für so albern gehalten zu werden, daß wir wirklich dahin zielten, den ehemaligen ständischen Landtag in Böhmen wiedereinzuführen. (Bravo -- Výbornì). Soviel kennen wir doch unsere Zeit, soviel kennen wir doch das Land, um ebenso gut zu wissen, wie jeder Andere, daß das eine pure Unmöglichkeit ist. (Bravo, Výbornì).

Indeß die Rede des Herrn Abgeordneten meiner Geburtsstabt Tetschen hat mich überzeugt, daß doch die Möglichkeit besteht, daß er uns von vorneherein ehrlich und aufrichtig, denn anders können seine Worte nicht gemeint Sein, so etwas zumuthe. Aber ganz unverständlich ist es mir, daß dieseMeinung noch aufrecht erhalten wird, nicht etwa nur uns, den Vertretern des Großgrundbesitzes, gegenüber, sondern gegenüber der Commission, welche die Adresse vorlegt, und diesem Adreßentwurs selbst.

Es ist mir das unbegreiflich, auch nicht in der gemilderteren Form, in welcher dieser Gedanke in das Minoritätsgutachten selbst hineingespielt hat, und von einem der letzten Redner auf jener Seite angedeutet worden ist. Jener Redner hat nämlich Selbst erklärt, daß er nicht der Meinung sei, die Herstellung des stänbischen Landtages sei unser Ziel. Aber er Scheint die Sache doch so aufzufassen, daß wir diesen Landtag als Mittel ansehen zu einem Uebergange im Sinne des historischen Rechtes zu gelangen.

Zu dieser Meinung mochte vielleicht die Verwahrung, die im Jahre 1861 eingelegt worden ist, einen gewissen Aulaß gegeben haben und vielleicht mochte es darauf beruht haben, daß auch in der Commission ein solcher Gedanke ausgesprochen worden ist.

Allein die Mitglieder der Commission werden sich doch wohl dessen erinnern, daß eben in der Commission diesem Gedanken mit aller Entschiedenheit widersprochen worden ist, und in der Adresse, die wir vorgelegt haben, ober vielmehr in der Denkschrift noch viel klarer, mit Entschiedenheit das ausgesprochen wird, was ja auch schon eine bekannte Thatsache war, daß wir den Landtag des Jahres 1848 als die letzte Phase der Entwickelung unseres historischen Verfassungsrechtes betrachten, daß wir also nicht auf den ständischen Landtag zurückzukehren wünschen, sondern, daß wir uns augeschlossen haben und in unserer Ueberzeugung übereinstimmen mit dem bezüglichen Punkte jener Deklaration, die von den Abgeordneten der Städte und Landgemeinden der slavischen Gegeden Böhmens vor einigen Jahren abgegeben worden ist.

Man mag nun sagen, auch darin steckt der ständische Landtag - das wird ein Gegenstand der Diskussion sein, wenn man einmal über die Konstituirung eines solchen Landtages, der uns zu definitiven Zuständen führen kann, verhandeln und diskutiren wird. So viel steht aber fest, daß man dann, wenn nach den Erklärungen, die heute erfolgt sind, nicht nur von tiefer Seite des hohen Hauses, sondern auch vom Centrum Jemand noch einmal die Behauptung ausstellt, unser Ziel sei Wiederherstellung des ständischen Landtages, sei es als letztes Ziel, oder als Mittel zu weiteren Zielen, daß man dann berechtigt sein wirb, das nicht mehr für ein unbewußtes Mißverständniß anzusehen, sondern es anderen Motiven zuzuschreiben haben wird (Výbornì) und ich erwarte von dem Rechtsinn des Herrn Berichterstatters der Minorität, daß er diese Thatsache auch in feinem Schlußwort akceptiren und konstatiren wird.

Das 2. Mißverständniß, welches ich zu beseitigen wünsche, ist das, daß jener selbe Redner von der andern Seite offenbar darüber nicht im Klaren war und Sonach vielleicht auch andere Glieder des hohen Hauses nicht im Klaren darüber sein mögen, was wir unter dem Sefbstbestimmungsrechte der Krone Böhmens und des Königreiches Böhmen verstehen. Er hat eigentlich auch in diesem Selbstbestimmungsrechte Nichts zu finden gewußt, als die Wiederherstellung des ständischen Landtages. Nun, meine Herren, ich werde auf diesen letzten Punkt eben nicht weiter eingehen. Wohl aber, nachdem jedenfalls dadurch der Beweis geliefert ist, daß eine Unklarheit darüber bestehe, was wir mit dem Ausdrucke "Selbstbestimmungsrecht" bezeichnet haben, muß ich mir erlauben, darüber Einiges zu bemerken. Auch das ist in der Kommission bereits geschehen. Wir haben in der Kommission zuerst darnach gestrebt, gemeinsame Ziele zu finden. Wir haben den Versuch gemacht, ob es denn nicht dennoch möglich wäre, daß, wenn auch in vielen Dingen zwischen uns Meinungsverschiedenheiten obwalten, die gesammten Mitglteder der Kommission sich vereinigen können in gewissen anzustrebenden Zielen.

Nachdem diese Discussion durch lange Zeit zu keinem Resultat geführt hat, so habe ich mich veranlaßt gesehen, ein Resultat dadurch zu erzwingen, daß ich einen Antrag gestellt habe, welcher dahin gegangen ist, daß in die Abresse das Verlangen nach der Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes des Königreiches Böhmen ausgenommen werde und wie die Herren Kommissionsglieber sich wohl noch erinnern werden, habe ich in der Formulirung und ausdrücklich dem Gedanken den Ausdruck gegeben, daß über die Stellung des Königreiches Böhmen zum Reiche, über Veränderungen Seiner rechtlichen Stellung zum Reiche nicht entschieden werde ohne Zustimmung des Königreiches Böhmen, beziehungsweise seiner Vertretung. (Výbornì! Zentrum).

Das, meine Herren, ist der Kern unseres Gedankens. Nachdem nun wiederholt in Verhandlungen die Behauptung aufgestellt worden, es bestehe gar kein böhmisches Staatsrecht, es bestehe gar nichts, was als eine Staatsrechtliche Berechtigung des Königreiches Böhmen nachgewiesen werden könne, so sind wir dadurch gedrängt worden, unsere Auffassung dessen, was als gegebenes, als geschichtlich gegebenes Recht des Königreiches Böhmen besteht, in der Denkschrift zu entwickeln.

Wir haben Selbstverständlich mit bieser Denkschrift nicht eine vollendete wissenschaftliche Arbeit leisten können, das konnte auch nicht unsere Aufgabe sein; wir haben uns auch nicht einbilden können, daß es möglich sei, eine vollständige Darstellung, namentlich in so kurzer Zeit herzustellen.

Darum nur war es uns zu thun, diejenigen Hauptpunkte, welche als Thatsachen unmöglich geläugnet werden können und welche in ihrem Zusammenhange jedensalls zu dem Resultate führen, daß dieses Selbstbestimmungsrecht des Königreiches Böhmen bis- zum Jahre 1848 bestanden hat u. zw. unbestritten bestanden hat, in der Denkschrift zusammen zu stellen.

Es ist nun auch in diesem Sinne und zwar von einem der letzten Redner heute behauptet worden, daß wir nnseren Zweck nicht erreicht haben und er hat zu diesem Ende verschiedene Einwendungen erhoben nicht sowohl gegen das, was wir in der Denkschrift angeführt, als gegen die Resultate, die wir daraus ziehen zu können geglaubt haben; er hat uns auch darauf aufmerksam gemacht unter Wiederholung der Berufung auf einen Bericht des Grafen Josef Mathias Thun, daß die Berechtigten des Herren= und Rittersranbes damals deshalb als Vertreter des ganzen Landes da gestanden Sein, weil sie in Folge des Patrimonial=Verhältnisses sich zugleich als Vertreter der Bevölkerung betrachten konnten.

Meine Herren, biese Thatsache und diese Auschauung ist auch uns längst bekannt und ich werde ste nie in Abrede Stellen. Daraus folgt allerdings, daß durch die Aufhebung des Patrimonial=Verhältnisses auch in diesen Verhältnissen eine große Beränderung vor sich gegangen und daß die damals berechtigten Personen nicht mehr in der Lage waren, allein die Rechte auszuüben, die sie früher ausgeübt hatten, beziehungsweise nicht mehr den Anspruch erheben konnten auch diejenigen zu vertreten, die sie früher zu vertreten berechtigt waren.

Daraus folgt aber nicht, daß damit auch ihre Rechte selbst ausgehoben gewesen seien und daraus folgt nicht, daß, wenn man überhaupt dem Gedanken an eine historische Rechtsentwicklung und Kontinuität folgt, man behaupten könne, daß über ihre Rechte ohne weiters hinwegzuschreiten sei. Auch darum, meine Herren, wollen wir nicht als Mittel zur Herstellung der Rechtskontinuität zurückgehen auf den ehemaligen ständischen Landtag, Sondern, wie bereits wiederholt erklärt worden ist, das Mittel, das wir in dieser Richtung erblicken, war der Landtag, der im Jahre 1848 dem Königreiche Böhmen versprochen wurde, welches Versprechen auch durch die Vornahme der Wahlen im ganzen Lande in Wirksamkeit getreten ist. (Rufe links: Rein. -"Ja" rechts und im Centrum. )

Oberstlandmarschall: Die sämmtlichen Wahlakte befinden sich noch in der Registratur des Landesausschußes (Heiterkeit) und sie bezeugen, daß in sämmtlichen Bezirken des Landes die Wahlen vorgenommen worden sind. (Rufe links: Sind nicht vorgenommen worden. ) - (Dr. Trojan: der Herr Redner war damals Landeschef, er muß es wissen. )

Oberstlandmarschall: Sie sind vorgenommen worden, denn es war sogar schon das allerhöchste Einberufungspatent für den Landtag auf dem Wege hieher und die Einberufung des Landtages ist nur durch die Juniereignisse hintangehalten worden.

Graf Leo Thun: Meine Herren! Es wird von einer Thatsache gesprochen, über die sich Jeder leicht Ueberzeugung verschaffen kann. Ich kann aus eigener Erinnerung bezeugen, daß die Wahlen ausgeschrieben worden sind mit kaiserlicher nachträglicher Genehmigung der Ausschreibung (Ja) und daß die Wahlen mindestens beinahe im ganzen Lande, in deutschen sowie in böhmischen Bezirken vollzogen worden sind. Allerdings zusammengetreten ist der Landtag nicht, weil mittlerweile die Juni=Ereignisse in Prag und Später die Einberufung des Reichstags dazwischen getreten sind.

Jener Herr Redner geht aber noch weiter und behauptet, daß überhaupt Seit dem 30jährigen Krieg oder Seit dem westphälischen Frieden die ständischen Verfassungen überall aufgehört haben, er behanptet, daß der Gang, den die Dinge in Frankreich unter Ludwig XIV. und XV. genommen haben, beiläufig derselbe Gang war, wie er in ganz Europa stattgefunden hat; - die ständischen Vertretungen seien fortan ein bloßer Schein gewesen und es sei uns hiemit der Boden unter den Füssen hinweg gezogen. Daß die Tendenzen, die in Frankreich unter Ludwig XIV. und XV. geherrscht haben, auf dem ganzen Kontinent sich wiederholten, ist gewiß eine geschichte liche Thatsache; allein jener Herr Redner selbst wird mir doch zugestehen, daß der wesentliche Unterschied besteht, daß diese Tendenzen in Frankreich wirklich in ihrer vollen Konsequenz durchgeführt, in Oesterreich aber nicht durchgeführt worden sind. Ja ich möchte noch behaupten, daß in der Schärfe, in der sie in Frankreich aufgetreten sind, sie wohl in gar manchem bureaukratischen Kopfe in Oesterreich geherrscht haben mögen, aber von keinem Monarchen mit alleiniger Ausnahme Kaiser Josef II. angestrebt worden sind. (Výbornì, Bravo im Centrum und Rechts. ) Oder welches ist denn etwa das Jahr, in welchem dieser Boden uns vollkommen unter den Füssen weggezogen worden ist? Soll es etwa geschehen sein vor dem Jahre, in dem die pragmatische Sanktion den Ständen aller Länder Oesterreichs zur Annahme vorgelegt worden ist, oder vor dem Jahre 1792, wo man nach den Wirren der Josefinischen Maßregeln die Ordnung nicht anders herzustellen gewußt hat, als unter Mitwirkung der Landtage? oder ist es die Zeit vor dem Jahre 1804 gewesen, in welchem Kaiser Franz den Titel "Kaiser von Oesterreich" angenommen und ausdrücklich erklärt hat: "daß alle diese Länder ihre Verfassungen, Vorrechte und Verhältnisse fernerhin unverändert beibehalten Sollen. "

Meine Herren! Ich möchte doch wissen, ob irgend eine dieser drei letzten Thatsachen in Frankreich möglich gewesen wäre? Dadurch ist doch wohl ein deutlicher Beweis hergestellt, daß die Verhältnisse Oesterreichs troß den Tendenzen, die zu jener Zeit in Europa geherrscht haben, fortwährend wesentlich andere waren und geblieben sind bis zum heutigen Tage, als die in Frankreich. Wie gesagt, es gibt Personen - und wenn auch heute diese Personen ungern ihre Ansicht öffentlich aussprechen, so kann man sie doch im Vertrauen hören, - die den Wunsch hegen, es wäre in Oesterreich auch dazu gekommen, daß man nicht mehr von Königreichen und Läudern, Sondern nur von Departements rede. (Bravo rechts, im Centrum und theilweise links. ) Aber, meine Herren, jene Personen selbst sehen ein, daß jedenfalls jetzt nicht mehr davon die Rede fein kann. (Rufe im Centrum: Nie, nikdy. ) Das allerhöchste Diplom vom Jahre 1860, das ein Reduer - ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhange - als einen Beweis gegen uns angeführt hat, schützt dagegen und gibt den Beweis, daß auch noch im Jahre 1860 von Seite der Krone die Existenz und Eigenberechtigung der Königreiche und Länder Anerkennung gefunden habe. (Beifall im Centrum und auf der Rechten. ) Ein drittes Mißverstänbniß, das ich zu beseitigen wünsche und dessen Cutstehung mir begreiflicher ist, ist die Meinung, welche den Passus der Adresse, welcher sagt: "So sind wir bereit eine "Deputation aus unserer Mitte zu entsenden, welche, "die nachträgliche Beschlußfassung vorbehaltend, zum "Zwecke der nothwendigen Vereinbarungen mit den "bestehenden legislativen Vertretungen der andern "Königreiche und Länder in Verhandlung zu treten "hätte" - dahin verstanden hat, als schwebe uns der Gedanke vor, der böhmische Landtag solle Deputationen schicken an 17 andere Landtage.

Wie gesagt, es ist in dieser Stelle der Ausdruck "Vertretungen der andern Königreiche und Länder" gebraucht worden und ich kann es daher begreiflich finden, daß man jenen Gedanken hinter dem Ausdruck gesucht hat; ich erlaube mir aber darüber Folgendes zu bemerken: Die Adresse ist gerichtet an Seine Majestät in einem Augenblick, wo wir sehr wohl wissen, daß die Regierung Seiner Majestät sich auf dem Sogenannten verfassungsmäßigen Wege befindet und auf demselben beharren will.

Wenn man daher in dieser Adresse jenen Ausdruck gebrauchen, so wissen wir eben, daß damit nicht das Ziel erreicht werden kann, Deputazionen an andere Königreiche und Länder zu schicken, sondern daß in den Augen Seiner Majestät und des Ministeriums heute der Reichsrath die Vertretung derjenigen Königreiche und Länder ist, die man in Ungarn die "übrigen". nennt. (Heiterkeit. )

Wir konnten aber nicht in der Adresse sagen: "Wir sind bereit eine Deputazion zu schicken zur Verhandlung mit dem Reichsrath. " Wir konnten es aus mehrfachen Gründen nicht. Ich will nur den einen anführen, daß ja nicht wir sagen können, au wen eine solche Deputazion gewiesen werden würde, da wir auch ferner nicht vorhersehen können, wie sich bis dahin die Dinge gestalten werden. Ist es ja doch eine bekannte Thatsache, daß es vor wenigen Monaten darum und daran stand, daß ein beschlußfähiger Reichsrath gar nicht zusaminem zu bringen war und wir können nicht beurtheilen, wie sich die nächste Zukunft gestalten werde.

Uns schwebt auch vor, daß es denkbar ist, die Verhandlungen, wenn überhaupt in dieselben eingegangen würde, könnten dazu führen, auch mit dem ungarischen Reichstag in Berührung treten zu müssen, weshalb die entsendete Deputazion ermächtigt fein müßte, auch in solche Verhandlungen sich einzulassen; und schwebt endlich vor, daß es möglich ist, daß andere Länder und Königreiche einen ähnlichen Wunsch äußern wie wir und auch von andern Ländern Deputazionen zu diesem Zwecke geschickt werden, die mit unserer in Berührung treten könnten, selbstverständlich mit Genehmigung und unter dem leitenden Walten der Krone.

Deshalb haben wir jenen Ausdruck gewäht, einen Plural, welcher zu diesem Mißverständnisse geführt hat. Ich aber glaube in Übereinstimmung mit den Mitgliedern der Adreßkommission erklären zu können, daß uns dabei nicht in den Sinn kam, daß nicht zunächst die Berathung einer solchen Deputazion mit dem Reichsrathe oder mit einer Deputazion des Reichsrathes in Aussicht zu nehmen sei; jedenfalls ist das der Gedanke, der uns vorschwebt und der Gedanke, in dem wir geglaubt haben, einen Schritt zu thun, welcher einen Weg zur Verständigung herbeiführen kann.

Sie wissen, meine Herren, daß der hier vorgeschlagene Weg nicht eigentlich der ist, der nach unseren Rechtsanschauungen der richtige und natürliche wäre; es ist bereits bei den früheren Adressenverhandlungen die Ansicht geäußert worden, der richtige und ordentliche Weg wäre der, daß über die Stellung des Königreiches Böhmen zum Reiche und über die Anderungen derselben, die mit Rücksicht auf die bestehenden Zeitverhältnisse geboten sind, Verhandlungen unmittelbar zwischen der Krone und dem Landtage des Königreiches Böhmen gepflogen werden. (Bravo, výbornì!)

Wenn also heute im Anblick von Ereignissen, von denen wir anerkennen, daß sie nach dem Zeitverluste seit Jahren in dieser Beziehung nicht auf unsere Schultern, Sondern auf die Schultern anderer fallen, ein Weg zu beschleunigter Verhandlung nothwendig ist, so haben wir uns durch diesen Antrag zu Etwas herbeigelassen, was nicht aus unserer Rechtsauschauung hervorgegangen ist, sondern unserer Seits ein Zugeständniß enthält.

Darin liegt auch die Erklärung der in dem Akte gebrauchten Worte, daß wir eine Solche Verhandlung für möglich halten unter vollständiger Verwahrung des beiderseitigen Rechtsstandpunktes und der gegenseitigen Anerkennung der Giltigkeit dieser Verwahrung. Sie wissen, meine Herren, daß unser Gewissen uns nicht erlaubt zu einer solchen Verhandlung, den nach ihren Ansichten verfassungsmäßigen Reichsrath zu beschicken. Wir können nicht Mitglieder wählen, welche eine Ermächtigung hätten, über die Rechte des Königreiches Böhmen zu verhandeln, in einer Versammlung, die nach unserer Anschauung, nicht auf einer festen Rechtsgrundlage beruht und so organisirt ist, daß sie nach den Gesetzen, an die sie sich zu halten hat, nicht anders verhandeln kann, als in der Weife, daß die Majorität dieser Versammlung entscheide über das Resultat der Verhandlung. Sie nun, meine Herren, können wieder nach ihren Rechtsanjchauungen nicht zugeben, daß über diese Dinge verhandelt werde unmittelbar zwischen der Krone und dem böhmischen Landtage in einer Weife, welche sofort zu entscheidenden Resultaten führen kann. Deswegen glauben wir den Weg gefunden und angedeutet zu haben, der es allein möglich macht, daß mit Wahrung des gegenseitigen Rechtsstandpunktes Verhandlungen gepflogen werden können, welche doch zu einer Verständigung führen, und wenigstens den Weg zu einer friedlichen Lösung zu ebnen vermögen (Výbornì). Diesem unseren Antrage stellt nun die Kommissions=Minorität die Berufung auf das Verbot des Paragraphen 41 der Landesordnung entgegen. Wir, meine Herren, wissen eben so gut, wie Sie, und anerkennen so gut wie Sie, Daß wir in diesem Landtag nicht anders uns benehmen können, als nach den Gesetzen, auf deren Grundlage dieser Landtag einberufen ist. Nicht also die Berufung auf einen Paragraph der Landesordnung verarge ich der Minorität der Kommission (denn was in der Landesordnung wirklich verboten ist, dürfen wir in diesem Landtage nicht thun), allein, meine Herren, in jenem Paragraph ist nur verboten, daß der Landtag Deputationen an Vertretungen anderer Länder schicke. Wenn wir also sofort beschließen wollten: wir schiefen eine Deputation, dann würde man mit Recht sagen: Ihr dürfet es nicht thun, denn es ist gegen das Gesetz. Nicht das ist es aber, was wir sagen, daß wir aber, um einen Ausweg zu finden aus den Wirren, welche mit den größten Gefahren für das Reich verbunden sind, Seiner Majestät unsere Bereitwilligkeit erklären, wenn es Seiner Majestät so genehm ist, eine Deputation zu entsenden. Das widerspricht wahrlich nicht dem Verbote des Paragraphs 41.

Meine Herren! Ich erinnere mich sehr wohl an den Tag, wo Schon einmal uns das Wort entgegengerufen worden ist, "verbotener Weg!" Es war damals, wo wir die Verhältnisse, welche in Bezug auf die Wahlordnung in Böhmen bestehen, Sr. Majestät allerunterthänigst unterlegt haben, nachdem konstatirt war, daß der Landtag nach den bestehenden Gesetzen diejenigen Aenderungen, welche er als wünschenswerth ansah, zu beschließen nicht ermächtiget sei. Auch damals haben Sie wie heute vom verbotenen Wege gesprochen. Meine Ansicht ist die, daß im §. 19 der Laudesordnung für das, was wir damals gethan und was heutzutage zu thun wir vorschlagen, die ausdrückliche Erlaubniß enthalten fei. Das mag diskutable sein, es gibt über solche Punkte verschiebene Meinungen. Aber was ich mir mit voller Bestimmtheit zu behaupten getraue, ist, daß die Vorlage einer bloßen Bitte an Se. Majestät nicht in der Landeaordnung verboten ist und die Theorie, daß wir Nichts thun dürfen, als was ausdrücklich als erlaubt im Gesetze steht, die, meine Herren, halte ich für eine, die jede freiheitliche Bewegung unmöglich macht. (Výbornì. ) Das war eine Theorie, die im bureaukratischen Reiche ein Kreishauptmann befolgen konnte (Bravo), aber das ist nicht Regel für einen Landtag.

Was an sich mit loyaler Gesinnung geschehen kann, was geschehen kann mit fester Ueberzeugung, daß es ein Werk zum Frieden ist und zum Heil Oesterreichs, und was nicht in der Landesordnung verboten ist, das glaube ich, find wir berechtigt zu thun und namentlich das Recht, vor Sr. Majestät dem Kaiser in Erwiederung der Allerhöchst. Botschaft niederzulegen die Ueberzengungen, die wir haben in Bezug auf Dinge, die in der f. Botschaft berührt find, das glaube ich, kann uns der §. 41 der Landes=Ordnung unmöglich abschneiden (Bravo). Was ist es am Ende, was wir anstreben mit einer solchen Bitte? Es ist nicht einmal eine Aenderung, eine bleibende Aenderung der Bestimmungen der Landes= Ordnung, Sondern es ist die Gestaltung eines ausnahmsweisen Schrittes, der in der Laudesordnung als Regel verboten ist. Auf welchem Wege eine solche Erlaubniß gegeben werden kann, darüber haben wir nicht zu urtheilen; daß sie Selbst in dem Wege gegeben werden könnte, wie er in Augen unserer Gegner verfassungsmäßig wäre, das läßt sich nicht in Abrede stellen. Und wenn sie uns auch auf dem Wege gegeben würde, so werden wir sie mit Freuden annehmen (Bravo).

Wenn wir aber auch eine Aenderung der Landesordnung anftrebten, wenn es sich nicht blos um eine Ausnahme von der bestehenden Regel und eine Umänderung dieser Regel selbst handelt, so werden doch wohl die Herren auf der entgegengesetzen Seite nicht behaupten wollen, daß wir damit etwas thun, was mit den Gesetzen im Widerspruche stehe. Ober sind Sie der Meinung, daß das, was Sie heute die Dezemberverfassung nennen, noch übereinstimmt mit dem, was das Oktoberdiplom war? Und wie sind dann die Aenderungen entstanden, die vom Oktoberdiplom bis zur Dezemberverfassung vorgenommen wurden?

" Sind nicht aus Ihrer eigenen Mitte und in Versammlungen, wo sie die Majorität gebildet haben, solche Neuerungen angestrebt und auch durchgeführt worden? (Bravo! rechts und im Ceutrnm. ) Und wenn das erlaubt war, soll es dem böhmischen Landtage nicht erlaubt sein, seine Stimme zu erheben nach Aenderungen in der Landesordnung? Und ist etwa mit den Aenderungen, die bisher in der Dezemberverfassung festgesetzt sind, das Ziel erreicht, von dem die Herren immer Sprechen, ein unverrückbarer sicherer Rechtsboden in Oesterreich hergestellt, an dem nicht mehr gerüttelt werden darf? Wissen sich die Herren nicht zu errinnern, daß in Beziehung auf jene Bestimmungen, die eine Kardinalfrage jeder österreichischen Verfassung berühren, nämlich welche Garantien den Ländern bezüglich ihrer Eigenberechtigung und bezüglich ihrer Stellung zur Gesammtheit gegeben worden, daß in Beziehung auf diese Bestimmungen der Dezemberverfassung von Ihnen, meine Herren, Selbst in neuester Zeit die Absicht laut erklärt worden ist, sie zu ändern in der Weise, daß durch Einführung direkter Wahlen der Reichsrath losgelöst werde von dem Einflnße der Landtage? (Výbornì!) und zwar zu dem Ende, und zwar nicht um eine Verständigung mit denjenigen herbeizuführen, die bisher außer der Verfassung stehen, sondern deshalb, weil das sich als das einzige Mittel darstellte, diese zu beugen. (Výbornì, sláva!) Meine Herren, wenn es erlaubt ist, unter solchen Umständen solche Veränderungen der Verfassung anzustreben, so wird es dem böhmischen Landtage nicht verboten sein können, sich bereit zu erklären, wenn es Seiner Majestät genehm wäre, eine Deputation zu dem Ende abzusenden, damit auf friedlichem Wege in den Wirren unserer Verfassungsstreitigkeiten Ordnung hergestellt werde. (Bravo!)

Soviel über die Formfrage, meine Herren. Ein Redner auf der anderen Seite hat in einer der letzten Reden erklärt, es handle sich doch eigentlich nicht um eine Rechts frage zwischen uns, Sondern um eine politische Frage. Diesem Ausspruche kann ich nicht unbedingt beitreten. Ich glaube, es handle sich allerdings auch wesentlich um eine Rechtsfrage, wohl aber akzeptire ich den zweiten Theil: es handelt sich auch um eine große politische Frage.

Sie nun, meine Herren, sind eben in der politischen Frage anderer Meinung als wir und mir kommt vor, als ob das Votum der Minorität deshalb, weil es das Ziel, das wir anstreben, nicht billigt, d. h. weit es in der politischen Frage mit uns nicht übereinstimmt, hinter Paragraphen sich zu verschanzen sucht. Das ist es, meine Herren, worauf schon ein früherer Redner dieser Seite aufwerksam gemacht hat. Bedenken Sie, was Sie damit thun; bedenken Sie, welche Bedeutung es in diesem Augenblicke hat, aus bloßen Formfragen und aus Formfragen, bei denen, ich wiederhole es, nicht eine Gesetzwidrigkeit im Spiele ist, abzuweisen jenes Bestreben, daß der politische Dissensus, der zwischen uns besteht, endlich zur Diskussion komme an einem Orte, an dem eine Lösung gefunden werden kann. Zehn Jahre stehen unsere Meinungen sich gegenüber, zehn Jahre sind die Dinge so verfahren worden, daß der Kampf immer außer dem Orte geführt wird, an dem eine Lösung gesunden werden könnte, daß immer der Kampf hinausgeworfen wird in Regionen, die außerhalb verfassungsmäßiger Aktion stehen.

Das, meine Herren, ist ein gefährlicher Weg! Ich glaube, das Streben muß dahin gehen, daß endlich einmal dieser politische prinzipielle Streit zwischen uns zur offenen und klaren Diskussion gelange an einem Orte, wo man zum Ziele gelangen kann, und wenn noch etwas nothwendig war, um die Herren selbst aufmerksam zu machen auf die Gefahren, die daraus hervorgehen, wenn man fort und fort nur auf der einen und auf der anderen. Seite auf kargen Rechtsstandpunkten beharrt und aus denselben die äußersten Konsequenzen ziehen will, so glaube ich, war die eine Rede, die heute gegen die Adresse gehalten wurde, geeignet, Sie auf diese Gefahren aufmerksam zu machen.

Meine Herren! es ist in den Reihen der sogenannten Verfassungspartei schon wiederholt, wenn auch nicht in kompetenten Versammlungen, so doch in Kreifen, die auf die Bevölkerung einen großen Einfluß üben, der Gedanke ausgesprochen worden, wenn die Regierung eben nicht nach unseren Rechtsanschanungen vorgeht und wenn sie dann Steuern ausschreibt, die nicht nach unseren Ansichten verfassungsmäßig bewilligt sind, so werden wir diese Steuern nicht zahlen.

Meine Herren! Wenn ein Solcher Gedanke auch auf der anderen Seite um sich griffe, wohin sollte das führen? Das sind Extreme, Garanzien der politischen Freiheit, die nur möglich sind und heilsam sein können in Ländern, in denen ein klares Recht besteht.

Aber wehe dem Lande, in dem die Bevölkerung im Streit mit einander liegt darüber, was eigentlich das verfassungsmäßige Recht ist, wenn ein oder der andere Theil zu diesem äußersten Mittel, zur Durchführung seiner Anschauung greifen will. Darum, meine Herren, so lange wir noch nicht so weit gekommen sind, halten wir zusammen und Suchen wir, daß wir den Weg finden, wo wir eine Lösung der Frage herbeiführen und nicht auf den bloßen Kampf gegeneinander gewiesen sind.

Die Herren find nun mit uns nicht einverstanden in Bezug auf die politische Frage und zwar in soweit die Reden, die wir gehört haben, darüber Aufklärung geben, hauptsächlich aus zwei Gründen. Der erste dieser Gründe ist, daß Sie das, was wir anstreben, verderblich finden für die Einheit des Reiches. Dabei muß ich auf die Gerechtigkeit Anspruch machen, daß von einer und anderer Seite man nicht den Gedanken folge, als ob es dem anderen Theil an dem redlichen Willen fehle, die Einheit des Reiches zu erhalten und zu kräftigen Nicht in Beziehung auf österreichische Gesinnung, nicht in Beziehung auf das Bestreben, in dem sehnlichen Wunsche, die Einheit Oesteireichs sei zu erhalten, gehen wir auseinander, Sondern in dem Urtheile über das, was zum Zwecke frommt, liegt die Differenz. Daß es nicht an dieser Gesinnung hier in Böhmen fehlt, auch in den Kreisen nicht, die in manch' anderem Punkte von unseren Meinungen wesentlich abweichen, das hat der heutige Tag klar bewiesen; die Reden, die heute gehalten wurden, Werden hoffentlich allenthalben als Beweis angesehen werden, daß wirklich Böhmen auf das Tiefste durchdrungen ist von der Ueberzeugung, daß auch fein Heil und sein Gedeihen abhängig ist von der Erhaltung Oesterreichs. (Beifall rechts, im Zentrum, theilweise links. ) Verschieden ist aber auch unser Standpunkt in Bezug auf die Frage: Was frommt zur Erhaltung des Reiches? Sie, meine Herren, gehen von der Meinung aus, gerade die Dezemberverfassung diene dazu, die Reichseinheit zu erhalten; wir gehen von der Ueberzeugung aus, daß gerade die Dezemberverfassung in dem, was ihr Kernpunkt ist, nämlich in der Herstellung der staatsrechtlichen Zweispaltung des Reiches, die größte Gefahr für die Erhaltung der Monarchie in sich trage. (Výbornì! Bravo!) Sie, meine Herren, haben, ich will nicht Sagen, das Kaiserthum Oesterreich, das ein Ganzes war, zerbrochen, aber sie haben es wenigstens mit zerbrechen lassen. Sie haben dem größten und mächtigsten eigenberechtigten Theile dieses Kaiserthums Oesterreich eine Stellung gewährt, mitgewähren lassen, welche über das Maß hinausgeht, das nach unserer Auffassung mit der Einheit des Reiches verträglich war. Weil es geschehen ist, haben Sie gemeint, Sie können eben das ganze Gebiet Oesterreichs in zwei Theile zertheilen.

Allein wie der Bruch geschehen war, sind alle eigenberechtigten Theile aus ihrem organischen Verbande mit der Gesammtheit des Reiches herausgefallen; sie haben die Länder Oesterreichs behandelt, als ob sie ein materielles Objekt wären, das man beliebig zerbrechen und wieder zusammenleimen kann, und Sie haben die Stücke, die nach dem Bruche vorlagen, mit einem Papierstreifen zusammenzuleimen geglaubt. (Výbornì. Bravo. )

Aber nach unserer Überzeugung handelt es sich nicht blos um Länder, Sondern auch um die Völker, die darin wohnen. Ein Land sammt seinem Volke ist ein organisches Gebilde und führt ein organisches Leben und in dieses organische Leben haben Sie zerstörend eingegriffen durch das, was Sie gethan haben.

Das Ziel, das wir anstreben, ist, eine organische Verbindung wieder zu finden für diese organischen Theile, eine Verbindung, die von Dauer und heilbringender Entwickelung sei bezüglich dieser Länder und auch von heilbringender Rückwirkung auf das Verhältniß zu Ungarn, während nach unserer Überzeugung das Gebäude, das Sie aufgeführt haben, nicht haltbar ist, und durch Ihre Schöpfung Besserungen, die im höchsten Grade wünschenswerth sind, in dem Verhältnisse zu Ungarn nie erreicht werden können. In der Weise, wie zwei Reichshälsten in der Dezemberverfassung hingestellt Sind, wird im besten Falle immer nur zweierlei möglich sein: entweder ein Theil dem Machteinfluße des andern unterworfen, oder ein Kampf zwischen beiden, über den Österreich zu Grunde gehen kann. (Výbornì, Bravo. )

Wir aber wollen ein Verhältniß hergestellt sehen, in dem alle eigenberechtigten Bestandtheile Österreichs, alle, die wie Ungarn ein gleiches Recht haben, und von jeher gehabt haben, als eigenberechtigt betrachtet werden, im Gesammtreiche geeinigt neben einander stehen, so daß in ihnen allen das Bedürfniß solcher Einigung des Reiches lebendig bleibe und daß diese allmälig bessere Früchte trage, als der ungarische Ausgleich, wie er ohne Mitwirkung der gleichberechtigten Stimmen der Königreiche und Länder zur Ausführung gebracht worden ist.

Sie Sagen, der Zug der Welt ist nach Centralisation und wir müssen dahin streben, daß auch in Österreich so viel als möglich gemeinsam sei. So viel als möglich? Ich meine: so viel als nothwendig. Das, was notwendig ist, als Existenzbedingung und Bedingung der Machtentwicklung und des Bestandes Osterreichs, das Alles foll gemeinsam sein und erhalten werden und damit diese Gemeinsamkeit auch wieder in dem Geiste und in den Herzen der Völker krästige Wurzeln schlage, soll man sie auf das beschränken, was nothwendig ist, und im Übrigen die Eigenberechtigung der Königreiche und Länder achten. (Bravo! Výbornì!)

Wenn Sie aber schon von der Meinung ausgehen, so viel als möglich solle koncentrirt werden, dann müssen wir fragen, warum haben Sie zugestimmt, daß auch solche Dinge aufgehört haben gemeinsam zu sein für das Reich, deren Gemeinsamkeit ein Bedürsniß ist, und die auch nach dem Oktoberdiplom gemeinsam sein sollten? (Výborne! Sehr gut! Sehr wohl!) Sie entgegnen wohl: "die Zwangslage!"

Ich aber möchte darauf antworten, eine Zwangslage, die Sie selbst geschaffen haben dadurch, daß Sie in einen konstituirenden Reichsrath getreten sind, der nur gelebt hat von der Gnade der Ungarn. (Bravo! Výbornì!) Aber abgesehen davon, meine Herren, es ist ein öffentliches Geheimniß, daß manches von dem, was im Jahre 1867 noch zu retten war, feit dem verloren gegangen ist, nicht durch die Ungarn, Sondern durch diejenigen, die außerhalb Ungarns dazu mitgewirkt haben. (Výbornì !)

Meine Herren! wir haben eine gemeinsame Staatsschuld gehabt auch noch nach der Krönung Sr. Majestät des Kaisers als König von Ungarn und wir wissen, daß ein Vorschlag über die Staatsschuld vorgelegt worden ist von dem ungarischen Finanzminister, welcher die Anerkennung der Gemeinsamkeit der Staatsschuld in. Ungarn enthielt, und dieser Vorschlag ist zu Fall gekommen, nicht durch Ungarn, nicht durch ungarische, sondern durch andere Stimmen. (Hört! Bravo!) Ich habe nun die Überzeugung: diese Erscheinungen liegen in der Natur der Zweispaltung des Reiches und werden fortdauern und sich wiederholen, so lange Sie an die Stelle der Einheit des Reiches die Einheit eines neuen Staates setzen wollen, dem sie selbst noch keinen Namen zu geben im Stande find, und so lange Sie von uns verlangen, daß wir auf diesen Staat übertragen Sollen, was wir mit vollem Herzen dem Gesammtösterreich geben und geben wollen. Zu jedem Opfer sind wir bereit für die Einheit des Reiches, aber für diese Einheit, die als Reichseinheit dargestellt wird und doch nur die Einheit eines Theiles ist, für diese Opfer zu bringen sind wir nicht bereit. (Bravo! Výbornì!)

Den zweiten Grund, weshalb Sie unseren Anträgen beizustimmen, sich nicht bereit erklären zu können meinen, ist wenigstens von einem Redner augeführt worden mit den Worten, daß er die Nationalinteressen der Deutschen in Böhmen durch gar nichts Anderes wirksam geschützt glaube, als durch die Ausrechthaltung dessen, was Sie den verfassungsmäßigen Reichsrath nennen. Meine Herren, bedenken Sie, was eine Solche Erklärung heißt. Wie Soll durch den Reichsrath die Nationaleristenz der Deutschen in Böhmen unzweifelhaft geschüßt werden? Doch wohl nur dadurch, daß Sie meinen, daß in dem Reichsrath die Deutschen immer das entschiedene Wort führen sollen. (O nein, oho!) Meine Herren, wir sind vor wenigen Monaten mit vielen Programmen beglückt worden, die von verschiedenen Fraktionen der deutschen Partei in Oesterreich aufgestellt worden sind. Sie selbst oder Viele von Ihnen haben an diesen Programmen theilgenommen. Unter diesen Programmen war eines, daß Ihnen ohne Zweifel so gut, oder noch besser bekannt fein wird, als mir, welches offen und gerade zu den Gedanken aufgestellt hat, "unser Zweck ist allein der Schuß der nationalen Interessen und jede Einrichtung, wenn sie auch in anderer Beziehung zulässig und zuträglich wäre, wenn sie diesem Zweck nicht entspricht, ist unacceptable; dazu brauchen wir eine Majorität im Reichsrath. In Dalmatien haben wir keine nationalen Interessen; daran liegt uns Nichts, es möge der ungarischen Krone einverleibt werden. In Galizien haben wir keine nationalen Interessen, es möge Seinen eigenen Weg gehen, dann ist ein Körper geschaffen, in dem wir ohne künstliche Wahlordnungen immer eine Majorität der Deutschen haben werden, und dann find unsere Interessen geschützt. " Meine Herren, wenn der Gedanke ernst und konsequent verfolgt wird, daß nur in dem Reichsrath der Schutz der deutschen National=Interessen gelegen fein kann, so scheint mir, kann man zu keinem anderen Resultat kommen, als zu dem, zu welchem dieses Programm gekommen ist, welches alle österr. Interessen preisgegeben und bei Seite gefetzt hat, welches nach meiner Uiberzeugung ein hochverrätherisches ist. (Výbornì. ) Es sind in den jüngsten Tagen hier Versuche gemacht worden, Versuche wiederholt worden (es sind ja nicht die ersten), außerhalb des Landtages in Beziehung auf die nationalen Angelegenheiten eine Verständigung herbeizuführen. ES ist wiederholt Schon erklärt worden und auch schon heute in diesem Saale, man Sei bereit, Ihnen zu sagen: "Da ist ein weißes Blat, Schreibt Ihr selbst darauf, was Ihr wollt, damit Eure Nationalität geschützt werde. Wir sind bereit, das zu akzeptiren und zu unterschreiben unter einer Bedingung. " So viel mir erinnerlich, war bei einer früheren Gelegenheit diese Bedingung so formulirt worden: "daß das, was für Euch gilt, auch für uns gelten solle. " Und Sie antworten: "Nur der Reichsrath kann uns schützen!" Ist es wirklich so, daß Sie der Meinung sind, in einem böhmischen Landtage, der nicht unter dem maßgebenden Einfluße eines zisleithanischen Reichsraths steht, könne ihr Recht nicht geschützt werden, meine Herren, zu welchem Resultate kommen wir dann? Ist die Thesis wahr, daß es unmöglich ist, in einer parlamentarischen Versammlung von gemischten Nationalitäten derjenigen Nationalität, welche sich in der Minderheit befindet, einen Schuß ihrer nationalen Existenz und ihrer nationalen Rechte zu gewähren, so gilt das von jeder anderen Versammlung ebenso gut wie vom Landtage, von allen Versammlungen, die in Ganz=Oesterreich oder Halb=Oesterreich zusammengestellt werden mögen. Dann steht es aber fest, daß es in Oesterreich unmöglich ist, eine parlamentarische Versammlung herzustellen, tu der nicht eine der Nationalitäten, denn eine muß immer in der Minorität fein, ihre Existenz preisgegeben sähe (hört), damit brechen ste den Stab über die Möglichkeit einer konstitutionellen Gestaltung in Oesterreich. (Bravo! Výbornì!) Ist es wahr, was Sie behaupten, so folgt daraus, daß die Existenz von Oesterreich unmöglich ist. (Výbornì!) Wenn sie also mit uns übereinstimmen in dem Gedanken: "Wir wollen Oesterreich erhalten", so überlegen Sie in Gottes Willen zweimal, ob es rathsam ist, ihre obige Behauptung unter die Bevölkerung zu bringen. (Bravo! Výbornì!) Meine Herren, wir haben die Anträge, die dem Landtage vorliegen, eingebracht zunächst in die Kommission und später in den Landtag mit dem aufrichtigen Wunsche, daß damit ein Weg gefunden werde, um unter gegenseitiger Wahrung derjenigen Ueberzeugungen, von denen der eine und der andere Theil heute nicht ablassen kann, in Bezug aus die politischen Bedrängnisse unseres Landes und Oesterreichs Rettung zu ermöglichen.


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