Pondìlí 12. záøí 1870

Pánové! kdo mùže z takových míst øíci, že se tu jedná o zavedení feudálního anebo stavovského zøízení? Jestli tak kdo mluví, ten pomlouvá, a já myslím, že nechcete býti pomluvaèi a že ustanete od takových námitek.

Adresa hájí právo a státoprávní samostatnos naší vlasti. My poslancové èeští, my tolikrát od lidu zvolení, domáháme se stejného úèele, proto budu také já hlasovat pro adresu. Já budu také hlasovat pro formu adresy z té pøíèiny, ponìvadž mám za to, že do dnešního dne nemìl náš nejmilostivìjší král okolo sebe takových mužù, kteøí by byli upøímnými pøátely národa našeho. Já mám za to, že jest povinností naší, abychom my sami pøedstoupili pøed trùn a králi svému øekli, co jsou naše stesky, co si pøejeme, a bez èeho býti nemùžeme. My doufáme, že náš král také dojista vyhoví pøáním našim.

Nevyhoví-li, pak nezbude nám arci nic jiného, než abychom se uchýlili do soukromnosti až do oné doby, kde se pozná, že my jsme nejvìtší pøátelé nejen naší vlasti, nýbrž i celého Rakouska (výbornì, výbornì).

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Klier! (läutet. )

Dr. Klier: Soviel mir von der Rede meines Hrn. Vorredners verständlich war, erging sich derselbe wesentlich in leidenschaftlichen Rekriminationen, denen ich hier nicht folgen will, weil meine Meinung es ist, daß solche Gegenstände wahrlich nicht in die Adreßdebatte gehören (Bravo! Oho!) Es liegen uns heute zwei Adreßentwürfe vor, welche aus der Adreßkommission hervorgegangen sind und welche auf der einen Seite eine Bejahung, auf der anderen Seite eine Verneinung der Aufforderung der kaiserlichen Botschaft enthalten.

Von unserer Seite waren wir sehr bereit, auf die Wahl einer Adreßkommission einzugehen, weil wir die Beantwortung der kaiserlichen Botschaft durch eine Adresse für ganz würdig und das Eingehen auf die Reichsrathswahlen für ebenso dringend wie gedetzmäßig und dem Ernste der Situation angemessen erachteten. Wenn ich auch in keiner Weife annehmen kann, daß mein Wort auch nur einen einzigen von jener Seite zu unserer Anschauung bewegen wird, so kann ich doch nicht auf das Wort verzichten, weil es nur in den Pflichten der Mitglieder der Minorität der Kommission gelegen erscheint, ihren Standpunkt nicht nur - gegenüber ihren Mandanten, sondern auch gegenüber der Welt offen kund zu geben und in das Innere nicht nur der gegentheiligen Adresse, sondern auch der gegentheiligen Denkschrift einzugehen und deren wahren Sinn und wahre Tendenzen zu kennzeichnen.

Sowohl diese Majoritätsadresse als auch die damit verknüpfte Denkschrift scheinen mir mißlungene Werke zu sein (Oho). Der einzige Vortheil, den ich darin finde, ist der, daß jene Herren endlich nach Jahre langer Zurückhaltung hervorgetreten sind und offen gesagt haben, was sie wollen und wie sie es erreichen und durchsetzen weiden. Wenn ich auf die Stellung und auf diese offenen Kundgebungen der Herren von jener Seite hinsehe, welche den Adreßentwurf der Majorität vertreten, so drängt sich mir vor Allem die Erkenntniß auf, daß das Begehren dieser Adresse ein ganz unberechtigtes sei. (Oho. ) Unberechtigt auch ungeachtet eines solchen Oho. (Oho). Unberechtigt einmal darum, weil diejenigen, welche jene Adresse aus diesem Landtage an den Stufen des hohen Thrones niederlegen wollen, sich selbst die Eigenschaft als Landtagsabgeordnete abgesprochen haben, weil sie selbst etklärt haben, daß sie sich nur als Vertrauensmänner ihrer Wähler betrachten, weil sie überdies diesem Landtage die Vollberechtigung eines solchen gesetzgebenden Körpers abgesprochen haben. (Bravo links; Oho Centrum. ) Die Anhänger der Majorität Scheinen die Eigenschaft eines Abgeordneten nicht von der Wahl Aufforderung Seiner Majestät des Kaisers, sie scheinen sie nicht von dem Mandate der Wähler abhängig machen zu wollen, sondern, wie wir in diesem Hause bereits erfahren haben, scheinen sie selbe lediglich vom persönlichen Ermessen des einzelnen Gewählten, sie scheinen sie lediglich von geheimen Gewissensvorbehalten abhängig zu machen. (Bravo! links, Oho! Centrum. ) Welche Inkonsequenz und welche Dehnbarkeit des Gewissens liegt darin. (Bravo! links, Oho! Centrum und Rechts. )

Oberstlandmarschall: Ich bitte, die Ausdrücke "Dehnbarkeit des Gewissens" gegenüber einer so großen Anzahl Abgeordneter Sind doch etwas stark.

Abgeordneter Dr. Pickert: In der èechischen Rede des Dr. Èízek sind abwesende Personen beleidigt worden und keine Mahnung ist vom Präsidium ergangen. (Centrum: Nicht wahr!)

Oberstlandmarschall: Ich habe einen Ausdruck, wo die persönliche Achtung der Herren hier angegriffen worden, in der Rede nicht gefunden, und hätte ich ihn gefunden, so hätte ich ihn ebenso gerügt. Es ist etwas anderes gegen Parteien zu Sprechen, gegen Ansichten, aber etwas Anderes ist, was auf den persönlichen Charakter Einzelner ein Schlechtes Licht wirft. Diese Unterscheidung muß ich machen. (Bravo! im Centrum. )

Dr. Klier: Ich muß erklären, daß, nachdem es sich um politische Persönlichkeiten und polittsche Ansichten handelt, ich auf keinen Fall das als eine Rüge hinnehmen kann. (Bravo!) ES liegt allerdings im Belieben desjenigen, welcher als Bevollmächtigter gewählt worden ist, diese Wahl anzunehmen oder zurückzuweisen, allein sicherlich steht es nicht in feinen Befugnissen, ein solches Mandat zu ändern und demselben einen ganz anderen Inhalt zu geben. Hier in diesem Landtage befinden sich die auf Aufforderung Sr. Majestät und von dem Volke des Landes gewählten Abgeordneten und nur diese und nur als solche sind wir berechtigt die Botschaft, welche von Sr. Majestät an den Landtag ergangen ist, zu beantworten. Wenn ich weiter den Inhalt der Adresse betrachte, so finde ich auch, daß dieselbe dem Gesetze widerspricht, daß sie verfassungswidrig ist, weil sie nicht nur die Existenz des Reichsrathes und der Landtage ignorirt, sondern auch, weil eine beabsichtigte selbstständige Delegation des böhmischen Landtages in dem Rahmen der Verfassung keinen Raum hat, und nicht nur dem allgemein verbindlichen Reichsgesetze, sondern auch den zu Recht bestehenden Veretnbarungen mit Ungarn widerstreitet, weil endlich die Absendung einer Deputazion der böhmischen Vertrauensmänner zur Regelung der Verhältnisse mit den übrigen Ländern Schon an und für sich ein Rechtsbruch der Verfassung ist; denn nur die Verfassung ist es, welche eben den Weg andeutet und vorschreibt, auf welchem Änderungen der Verfassung zulässig und erreichbar sind. Ich finde aber auch das Begehren der Adresse als ein höchst unzweckmäßiges. Kann es denn etwas unzweckmäßigeres geben, als wenn man alle gesetzlichen Grundlagen, alle neueren Errungenschaften einfach zu vernichten trachtet, um mit den Bedürfnissen der Gegenwart an veraltete Zustände anzuknüpfen? Kann es wohl etwas unzweckmäßigeres geben, als wenn man ganz neue Land = Wege auf Umwegen zu einem gewissen Ziele anlegen will, wo bereits eine breite Reichs= Strasse besteht ? (Lachen im Centrum). Kann es wohl etwas unzweckmäßigeres geben, als wenn man mit 17 verschiedenen Körperschaften eine Vereinbarung anzustreben trachten will, wo bereits Ein gesetzlicher Körper vorhanden ist, welcher doch vielmehr geeignet erscheint, um eine Vereinbarung zwischen den verschiedenen Interessen zu Stande zu bringen ?

Kann es denn etwas Unzweckmäßigeres geben, als wenn man in einem Augenblicke, wo, wie die Majoritätsadresse selbst sagt, das eintrschtige Zusammenwirken sämmtlicher Völker Österreichs nothwendig ist, wenn man in einem so ernsten Augenblicke jenes Band zerreißen will, - jenes Band der Zusammengehörigkeit, jenes Band der Verfassung, welches bisher diese Völker umschlungen hat ? Das Begehren der Majoritätsadresse scheint mir ferner auch darum zu beanstänben, weil es - soviel ich daraus entnehme - dem Rückschritte huldigt, und weil es mir auch selbst die Schuldige Achtung vor der Krone außer Acht zu lassen scheint. (Rufe rechts: Oho!)

Diese Adresse verspricht zwar, daß man bei dem Ernst der Situation formale Bedenken zurückdrängen und den Anforderungen des Bestandes und der Sicherheit der Monarchie im vollsten Maße gerecht werden wolle, wenn es Seiner Majestät gefallen sollte, die als nothwendig erkannten Erfordernisse in altherkömmlicher Weife vom Landtage anzusprechen. Wenn ich den Satz umkehre, so folgt daraus, daß, wenn Sr. Majestät es nicht belieben sollte, in solcher altherkömmlichen Weife den Landtag anzusprechen und zwar den postulaten Landtag, denn einen anderen kann ich mir unter einer solchen altherkömmlichen Weife nicht denken, man dann ungeachtet des anerkannten Ernstes der Situation den Anforderungen des Bestandes und der Sicherheit der Monarchie nicht gerecht werden will. (Sehr gut ! links. )

Das ist der natürliche Schluß, den ich daraus ziehen muß; und wenn ich tiefen daraus ziehe, dann ist es wohl nicht nothwendig, eine Weitere Auseinandersetzung über diesen eigenthümlichen Patriotismus und diese besondere Loyalität zu geben, welche eben in einem solchen Vorgange gelegen ist. Es liegt aber auch in dem Aussprucke, daß man nicht früher mitthun wolle, als bis Seine Majestät diese Adresse beantwortet, erledigt habe, es liegt darin auch eine Pression gegenüber Seiner M a j e s t ä t, die, wie mir scheint, ebenso unerlaubt, wie ungeziemendist. (Rechts und Centrum: Oho! )

Ste kann, glaube ich, schon darum keine Wirkung äußern, weil ste dahin tendirt, den Landesfürsten zur Beseitigung der von Ihm verbürgten, dermal in Kraft stehenden Verfassung zu bewegen. Wer bürgt uns denn endlich dafür, daß selbst in altherkömmlicher Weife etwas Gutes, etwas allseitig Befriedigendes wird geschaffen werden? die Geschichte, die lehrende Geschichte verbürgt uns eine solche Erwartung stcherlich nicht, und ich frage da, indem ich auf die Worte des Hrn. Vorredners, wo er den Vergleich mit dem Baume gemacht hat, hindente, ich frage, wo sind diese vortrefflichen Früchte, welche jener alter Baum, jene Landstände fürs Volk erzeugt und hervorgebracht haben. Ich Werde später noch eine Darstellung liefern, welche zeigen wird, in Welchem Verhältnisse eben jene hohen Stände damals gestanden sind, ich hege also die Uiberzeugung, daß auf dem durch die Adresse vorgeschlagenen Wege etwas Gutes nicht zu erreichen ist und insbesondere jene Zwecke nicht erreicht werden können, welche Von gegnerischer Seite erreicht werden wollen.

Nach dem Sinne der Adresse und der Darstellung der Denkschrift sind es doch nur die alten Landstande, welche bei der Losung unserer Zustände hier mitreden Sollen; das Sogenannte Selbstbestimmungsrecht Böhmens, auf welches man ein So großes Gewicht legt, bieses Selbstbestimmungsrecht ist doch gar nichts anderes, als eben das Bestimmungsrecht bieser ständischen Herren (Heiterkeit). Man hat also einen ehemaligen Postulatlandtag im Auge, wenn man nach altherkömmlicher Weife beschließen will. Wer sind diese Landstände ? worin besteht diese landständische Verfassung ? Bei der Lösung dieser Frage berufe ich mich vor Allem auf eine Persönlichkeit, welche, ich bin es überzeugt, von gegentheiliger Seite gewiß nicht dementirt werden wird. Diese Persönlichkeit ist nämlich Gtaf Josef Mathias Thun, Welcher im Jahre 1845 gegenüler der kaiserlichen Regierung den Sprecher der böhmischen Stände, beziehungsweise der böhm. Deputation gemacht hat und welcher in dem Vortrage über die Tendenzen der böhm. Stände am 14. Mai 1845 über die Eigenschaften der ständischen Verfassung Folgendes sagte (Ich erlaube mir um die Zustimmung zu bitten, daß ich es verlesen darf): "Im Allgemeinen besteht die ständische Verfassung in Böhmen in dem den begüterten infulirten höheren Geistlichen, dem landbegüterten Herren= und Ritter= Stande, dann dem durch einige zum Landtage privilegirten königlichen Städte repräsentirten Bürger= Stand zukommende Rechte in von Sr. Majestät dem Kaiser ausgeschriebenen Landtagen oder in besonderen Vetsammlungen und zwar in den ersteren über Abgaben und Landesangelegenheiten mit Sr. Majestät dem König unmittelbar, öffentlich, in den besonderen Versammlungen aber über Spezielle Landesangelegenheiten und über die den ständtschen Organismus und Haushalt berührenden Interessen blos einheimtsch zu berathen."

Darin bestanden noch im Jahre 1845 nach der Aussage des Sprechers der Ständischen Deputation die böhmischen Stände.

Es handelt sich also hier blos um begüterte Herren, hohe Geistliche und einige privilegirte Städte. - Diese privilegirten Städte waren aber, wie bekannt, durch Niemand andern vertreten, als durch vier Prager Magistratsbeamte, welche von der Regierung ihre Anstellung gefunden haben, also reduzirte sich doch wesentlich die Vertretung, welche wir eine Vertretung des Landes nicht nennen können, sondern nur eine Vertretung von Ständeklaffen, auf begüterte Personen des Herrn= und Ritterstandes und der Geistlichkeit Es ist mir da wirklich unbegreiflich, wie sich noch Männer aus dem Volke finden können, welche einem solchen Unrechte das Wort zu reden im Stande Sind. (Rufe aus dem Centrum: Wer denn? Ist nicht! Wo denn?)

Der besagte Herr Graf Thun hat sich auch noch auf das Hofdekret vom 12. August 1791 berufen und zwar in nachstehender allerhöchster Bestimmung: "Die Vernehmung der Stände wird Platz greifen, wenn es um die Festsetzung oder Abanderung der Konstitution oder Solcher Gesetze zu thun ist, so das ganze Land betreffen, doch bleibt den Ständen unbenommen, sowohl gegen die einzuführenden Gesetze als auch gegen alle anderen Verordnungen auch damals, wenn selbe bereits von Seiner Majestät Bestätigung erhalten haben, ihre geziemenden Vorstellungen zu machen, welche aber keinen effectum suspensivum haben sollen. " Es war also hier den Herren Ständen das Recht eingeräumt, von Seiner Majestät in, den wichtigsten Fällen vernommen zu werden und Vorstellungen zu machen, wenn sie mit irgend einer solchen Anordnung nicht zufrieden waren.

Von einem Rechte, ein Gesetz zu beschließen, ist da wahrlich gar keine Rede So war ee und so blieb es bis auf die neueste Zeit, wo endlich im Jahre 1847 die böhmischen Stände eine Erweiterung oder, wie sie Sagten, eine Wiederbelebung ihrer Privilegien, ihrer Freiheiten, ihrer Rechte, alias böhmisches Staatsrecht genannt, angestrebt haben. Wenn man diese Freiheiten, diese Privilegien durchsieht, so sindet man, daß darin wahrlich keine Spur von einer Freiheit oder einem Rechte des Volkes zu finden ist Dieses Volk repräsentirt doch gewiß allem das Land, überall treten in jenen Landes=Ordnungen nur bevorzugte Ständeklassen hervor; der begüterte Adel, die hohe Geistlichkeit sind es, welche dort das Land repräsentiren.

Wenn demnach Schon an und für sich die Unhaltbarkeit eines solchen Staatsrechtes einleuchtend ist, so wird sie wohl noch einleuchtender, wenn sich nachweisen läßt, daß Selbst auf dem Papiere ein Solches Staatsrecht gegenwärtig gar nicht mehr besteht. (Oho!) Nach der vorliegenden Denkschrift gründet sich das Staatsrecht Böhmens auf die Ferdmandeische Landesordnung vom Jahre 1627 und da, wie schon Seine Erc. Hr. Plener bemerkt hat, biese Landesordnung einen wichtigen Vorbehalt für die königliche Macht enthält, wonach dem Kaiser vorbehalten wurde, beliebig das Gesetz zu ändern, so hat man, um sich zu helfen, sich auf ein Späteres Reskript berufen von demselben Jahre, vom 29. Mai 1627, worin die Privilegien der böhmischen Stände ihre Bestätigung gesunden haben.

Allein die Berufung auf dieses Reskript genügt keineswegs, um jenen königlichen Vorbehalt auf das Recht der Abänderung der Gefetze in irgend einer Weise zu beseitigen; denn auch dieses Reskript wurde mit dem ausdrücklichen Vorbehalte kundgemacht, daß es den Bestimmungen der LandesOrdnung nicht zuwider fein dürfe oder wie es wörtlich dort heißt: insoweit solche gegen die verneuerte Lande-sordnung nicht abzielen. Es blieb aso der Vorbehalt der Landes= Ordnung vollständig aufrecht.

Wenn man sich daraus berust, daß Landstände im Verlaufe der Zeit am Gesetzgebungs= und besonders am Steuerbewilligungsrechte Antheil genommen habe und daß nach Artikel 5 der Landesordnung keine Kontributionen oder Steuern von den Ständen anders als in den Landtagen gegen gewöhnliche Reverse begehrt werden sollen, so geschah dies immer nur im Sinne der Landesordnung, nach Zulassung der königlichen Machtvollkommenheit. Dieser Artikel 5 enthält das Verbot der Erhebung von Contributionen, während der folgende Artikel 6 den Ständen jede Initiative, jeden entscheidenden Einfluß nimmt. Dieser Artikel ist so charakteristisch und kennzeichnet so klar und So genau die ganze Stellung der böhmischen Stände, daß ich mir erlauben muß, diesen Artikel hier wörtlich vorzulesen.

"Und dieweil auch aus solchen gemeinen Landtägen, welche die Macht und Gewalt haben, Propositionen in des Landes Nothdurft und Obliegen zn thun, soll sich Keiner nnterstehen, was immer und wer immer er auch sein mag, vor sich selbst ohne unseren oder unserer Nachkommen und Erben dieses Königreiches Sonderbaren gnädigen Befehl etwas, es möge kein was es wolle, den Ständen zu proponiren und zur Berathschlagung mündlich oder schriftlich vorzubringen. "

Also selbst zu einem Antrage gehörte erst der gnädige Befehl des Königs.

"Und da gleich Jemand sich dessen unterfangen Sollte, soll jedoch nicht nur allein dies nicht attendirt, sondern auch derselbe Verbrecher, der sich also in unser königlich Amt einzugreifen erkühnet, ungnädig und ernst getroffen werden.

Hätte aber Jemand bei dem gemeinen Landtage etwas anzumelden, das uns und unseren Nachkommen des Königreiches oder Landes zu Gutem kommen möchte, so soll und kann er solches und daneben sein Gutachten uns als dem regierenden König unterthänigst zu erkennen geben, damit wir hierauf die Nothdurft des Landes gnädigst zu erkennen vermögen. "

Diese Sprache läßt doch keinen Zweifel über die vollständige Ohnmacht der böhmischen Landstände zu.

Jene "Verbrecher, " welche in das königliche Amt also einzugreifen wagen, Werden strenge bestraft. So lautet der Inhalt dieses Artikels VI. der königlichen Landesordnung. Diese ist bis auf die neueste Zeit, wenn auch nicht so strenge, aber denn doch gehandhabt worden, denn so manchem von den hier anwesenden ehemaligen Herren Landständen ist es gewiß errinnerlich, wie noch im Jahre 1847 Fürst Lamberg wegen unstatthaster Anträge und wegen Uiberschreitung der gewöhnlichen Geschäftsordnung eine strenge Rüge erhielt, welche mit dem Auftrage herabgelangte, daß auch die Herren Landstände davon in Kenntniß zu setzen seien. Es scheint mir also, daß selbst die Herren Stände einen Solchen Verfassungszustand gewiß nicht herbei wünschen sollten, ihre gehabten Ständevorrechte verschwinden vor einer Solchen demüthigenden Behandlung. Entweder war der König zu einem Solchen Vorgehen berechtigt, dann bedeutet das ganze Staatsrecht nichts, oder er war nicht berechtigt, dann erwiesen sich die hohen Stande ihrer Aufgabe unfähig.

Das damalige böhmische Staatsrecht, welches man jetzt renoviren will, ist in den Artikeln der Landesordnung vom J. 1726 enthalten und beschränkt sich, wie ich schon angedeutet habe, lediglich auf gewisse persönliche Vorrechte der böhm. Landstände und auch diese Vorrechte lagen in dem Bereich der Abänderungsmacht des Königes, denn jeder König gab bei den Postulat=Landtagen den Revers ab, daß er die Privilegien aufrecht erhalten will doch gewiß aus gar keinem anderen Grunde, als weil er eben das Recht hatte, sie abzuändern; hätte er nicht ein Recht gehabt, so wäre der Revers sinnlos, zwecklos gewesen (Lachen im Centrum). - Die Geschichte übrigens lehrt es auch, baß der König von einem Solchen Rechte, zu ändern, Gebrauch gemacht hat. - Die Könige haben Landesämter ausgehoben, andere eingesetzt; sie haben aus eigener Machtvollkommenheit Privilegien des Herren= und Ritterstandes aufgehoben und Personen die landtäfliche Fähigkeit verliehen, denen sie nach den Gesetzen nicht gebuhrt. Sie haben verschiedene, wie man auf anderer Seite sagen würde, Eingriffe in die bestehenden Gesetze gemacht, ohne daß dagegen irgend ein Widerstand sich geltend machte. So geschah es unter Leopold I., unter Maria Theresia, Josef II, Leopold II. und anderen Regenten des Königreiches Böhmen. Man beruft sich auch in der Denkschrift auf das Hofkanzlei = Dekret vom 12. August 1791 unter Kaiser Leopold II. Man beruft sich darauf als auf ein Fundamental=Gesetz Böhmens. Ich habe bereits früher gezeigt, was von diesem Hof=Dekret zu halten ist, welchen Werih es eigentlich für das Recht des Landes hat, indem dort eben nur von der Vernehmung der Stände und von ihnen gewährten Vorstellungen die Rede ist, welche nicht einmal eine ausschiebende Wirkung haben. Ich erlaube mir aber auch noch darauf hinzudeuten, um zu zeigen, wie sehr die Könige von ihrer Machtvollkommenheit Gebrauch gemacht haben.

Daß damals zur Zeit dieses Hofkanzlei=Dekretes sogar ausdrücklich ein Normaljahr, das Jahr 1764, festgesetzt worden ist, bezüglich dessen die Erklärung abgegeben wurde, daß man weiter hinaus keineswegs gehen könne, wenn es sich um die Feststellung der Landesrechte Böhmens handle.

In dieser Beziehung darf man über jenes aus Anlaß verschiedener Deftderien der böhmischen Landstände in Folge der allerhöchsten Entschließung Seiner Majestät des Kaisers Ferdinand vom 18. Juli 1845 ergangene Hofkanzlei=Dekret vom 23. Juli 1845 nicht hinweg segen; mittelst dessen wurde nämlich über die ständische Bitte: es möchten die Ständischen Rechte und Privilegien, sowie deren Stellung bei der Vertretung der Landesangelegenheiten von Seiten der Regierung des Königs gewahrt werden, von allerhöchst demselben erklärt, daß die ständischen Privilegien und Freiheiten, wie sie in der ernenerten Landesordnung und in den Erlässen höchst Dero Vorfahren erhalten sind, bei höchst ihren Entschließungen in ständischen Angelegenheiten stets ebenso gegenwärtig gehalten wurden, wie in Zukunft gewahrt bleiben werden, mit dem Vorbehalte, unter welchem deren ursprüngliche Verleihung erfolgt ist; ein Vorbehalt, auf welchen bei Bestätigung derselben on Seiner Majestät Vorfahren und Seiner Majestät selbst nie Verzicht geleistet worden ist und welchen Seine Majestät im vollen Gefühle höchst Dero angeerbten Regentenpflichten stets aufrecht gehalten wissen wolle. So Sprach der noch lebende König Ferdinand V. Diese vollkommen richtige Auslegung fand auch ihre Anwendung auf den in der Denkschrift in ganz anderem Sinne berufenen Krönungseid Seiner Majestät Ferdinand V. und Wenn die Denkschrift behauptet, daß Seine Majestät Kaiser Ferdinand V. durch die Abtretungs= Urkunde an den gegenwärtigen Kaiser alle feine Rechte und Pflichten abgetreten hat, so ist es allerdings vollkommen richtig, aber die weitere Schlußfolgerung wird nach dem eben hier dargethanen eine ganz andere sein, als sie die Denkschrift ausspricht; denn es besteht noch heute der königliche Vorbehalt aufrecht "Gesetze zu ändern u. s. w. "

Wenn ich in der Geschichte weiter nachsehe, so finde ich das kaiserliche Rescript vom 28. Juli 1847, welches den Ständen bedeutet, daß Seine Majestät mit Befremden die von ihnen vorgenommene unstatthafte Ausscheidung des im Steuerpostulate inbegriffenen Kriminalkosteubeitrages wahrgenommen habe und daher auf der ganzen vom Lande für das Verwaltungsjahr 1848 gesetzten Steuersumme beharre; insofern aber die Stände Unsichtlich der Repartition Einwendungen zu machen hatten, so wäre ihre Meinung über die entsprechenden Modalitäten abgesondert von der Postulatse klärung in Antrag zu bringen.

Es wurde also den Standen nur eine Einwendung gestattet und zwar gegen den Vertheilungsmodus der Steuern, keineswegs aber bezüglich der Steuerleistung felbst.

Das ist wieder eine Thatsache aus der neuesten Zeit. Wenn sich endlich die Denkschrift auf die allerhöchste, Entschließung vom 8. April 1848 beruft so erlaube ich mir nur daran zu erinnern, daß, wie schon früher erwähnt worden ist, die Bestimmungen dieses Majestätsbrieses niemals zur Wirklichkeit gekommen sind und daß auch die dort vorbehaltene Zustimmung von Mähren und Schlesien niemals erfolgt ist, also auch darum dieses Gesetz zu gar keiner Giltigkeit gelangte, aus welchem auch noch Weiter folgt, wie ungerechtfertigt das Begehen eines Generallandtags ist. Daß man übrigens diese Allerhöchste Entschließung vom Jahre 1848 selbst auf der gegnerischen Seite nicht für so wichtig erachtete, das beweist ein geschichtlicher Rückblick; denn, wie wäre es sonst möglich gewesen, daß die Koryphäen der nationalen Partei diese Hauses im Jahre 1848 im Kremsierer Reichstage eine Reichsverfassung für das gegenwartig im Reichsrathe vertretene Österreich ausgearbeitet hätten, ohne Rücksicht auf diese kaiserliche Entschließung vom Jahre 1848 zu nehmen.

Verfolgt man den Lauf der Begebenheiten noch weiter, so gelangt man zur oktioyirten Reichsverfassung vom 4. März 1849, welche im § 77 die ständ schen Verfassungen der einzelnen Länder vollständig aufheben. Auch ist es Jedermann bekannt, daß eine solche Verfassung während der nunmehr folgenden absoluten Herrschaft nicht wieder eingeführt wurde. Endlich aber, als das kaiserliche Diplom vom 20. Oktober 1860 erschien, fiel es gewiß Niemandem ein, in diesem Diplom eine Wiederbelebung der alten böhmischen Landstände zu finden. Dieses läßt sich weder aus den Worten noch aus den Tendenzen jenes Diploms entnehmen. Schon das allerhöchste Handschreiben vom 17. Juli 1860 bedeutete, daß Se. Majestät bei Einführung neuer und Erhöhung alter Steuern die Zustimmung des verstärkten Reichsrathes einholen werde und das kaiserliche Diplom vom 20. Oktbr., welches hierauf folgte, sagt ausdrücklich, daß Se. Majestät zur Ausgleichung der früher zwischen den einzelnen Königreichen und Ländern bestandenen Verschiedenheiten und behufs einer zweckmäßig geregelten Theilnahme der Unterthanen an der Gesetzgebung und Verwaltung auf Grundlage der pragmatischen Sanktion und Kraft Seiner Machtvollkommenheit das im Oktober=Dipfom niedergelegte Staatsgrundgesetz erlassen.

Das steht noch im Oktoberdiplom. Niemand, auch nicht die böhmischen Stände wenden dagegen etwas ein. Das Oktoberdiplom tst aus eigener Machtvollkommenheit des Monarchen entsprungen und ebenso jene mit dem Oktoberdiplom verknüpften Gesetze. Das Diplom bezeichnet auch die Grenzen der Wirksamkeit bes Reichsrathes und der einzelnen Landtage, auf Grundlage dessen dann die verschiedenen Landesordnungen erflossen sind, daß man aber unter den im Diplom berufenen Landes= Ordnungen nicht etwa die alten ständischen Landes= Ordnungen verstanden hat, das geht daraus hervor, daß es dort bezüglich der ungarischen Länder die "frühere ungarische Verfassung"' heißt, während bei den diesseitigen Ländern der Ausdruck gebraucht ist: "Die Landesordnungen" und daß man sogleich, noch unter Grafen Goluchowski einzelne dieser Landesordnungen ertassen hat. Darin liegt der Beweis, daß man nur die neuen Landesordnungen, aber nicht die alten Landesordnungen verstanden hat, daß durch das Oktoberdiplom keineswegs eine alte Verfassung wieder bestätigt oder ins Leben gerufen worden ist. Also diese Landesordnungen, nachdem sie aus der bestehenden kaiserlichen Machtvollkommenheit hervorgegangen sind, hatten jedenfalls gewiß volle Rechtskraft, und ich könnte mich nicht jenen anschließen, welche vorziehen, einer Solchen Landesordnung die Rechtskraft zu bestreiten und lieber die Wiederbelebung alter, abgethaner, mit dem gegenwärtigen Zeitgeiste im Widerspruche stehender ständischen Privilegien anzustreben. Diese Privilegien bilden allerdings als etwas Gewesenes, doch nicht als etwas Giltiges ein hiftorisches Recht. Die behauptete Rechtskontinuität ist auch nicht vorhanden und kann selbst durch Wiederlebung der alten Landstände nicht mehr ins Leben gerufen werden; denn sie knüpft an solche Zustände an, die mit den gegenwärtigen Bedürfniffen gar nicht mehr im Einklange stehen, sie Schließt an Zeiten an, wo der Bürger und der Bauer noch gar kein politisches Recht befaß, wo die Unterthänigkeits= und Patrimonialverhältnisse, Robot und anderes dergleichen bestanden haben.

Ich muß sagen, daß, wenn man heutzutage eine solche Rechtskontinuität zur Geltung bringen könnte, mir dies als eine Verhöhnung des Zeitgeistes und des Vernunftsrechtes erscheinen und gewiß alle unsere politischen Errungenschaften und Rechte in Frage stellen würde.

Wie kann man von uns verlangen, daß man in Solche veraltete Zustände zurückgreife? Wie kann man von uns verlangen, daß wir es der Gnade einiger hohen Herren, wie es die Landstände waren, anheimstellen, in wie weit daß Maß der Freiheit der Völker und die Stellung des Landes in der Monarchie gestaltet werden soll? Wie kann man von uns zu solchen unbegreiflichen Vorfchlägen die Zustimmung verlangen, wo wir schon im Besitze einer durch das kaiserliche Wort verbürgten, lebensvollen und ertwicklungssfähigen Reichs= und Landesverfassung uns befinden? Wir werden nimmer mehr die Entscheidung unserer Schicksale vor der alten Landtagsstube erwarten. Eine Solche Selbstdemüthigung überlassen wir Anderen. Ein Solches Selbstbestimmungsrecht, wie es eben nur ein Bestimmungsrecht privilgirter Ständeklassen ist, werden Wir niemals anerkennen. (Bravo!)

Solange die sogenannte Staatsrechtliche Opposizion den durch die Gnade und Weisheit Seiner Majestät gegebenen kulturfähigen Verfassungsboden nicht beschreitet, ist eine ersprießliche Vereinbarung kaum denkbar, und wenn Sie bei Bestand von 17 eigenberechtigten Landtagen durch solche Privatverhandlungen zu diesem Ziele kommen wollen, so halte ich es für undurchführbar.

Wir halten am Gesetze fest, aber wir konstatiren dabei, daß wir keineswegs gegen Abänderung dieses Gesetzes sind, daß wir bereitwillig sind, alle Zugeständnisse zu machen, welche in Betreff der Lösung der inneren Fragen einigermassen durch Zweckmäßigkeit und die Bedürfnisse begründet sind. Darum sagt der Adressenentwurf der Minorität, daß er es für geboten erachte und daß wir bereit sind, die Wahlen in den Reichsrath vorzunehmen.

Es ist keine Feindseligkeit gegen unsere werthen Mitglieder èechischer Zunge, keine Voreingenommenheit, welche uns bestimmt in der Weife zu handeln. Unser Handeln geht nur aus der innersten und festen Überzeugung hervor, daß wir nur auf verfassungsmäßigem Wege zu gewünschtem Ziele gelangen. (Bravo !)

Wir sind in einem Solchen Falle uns der reinsten Absiccht, des bereitwilligsten Entgegenkommens bewußt, und darum erscheint uns auf diesem Wege das Ziel nicht so schwer zu erreichen. Ich berufe mich zum Schluße noch auf einige Worte der vorliegenden Denkschrift, welche einen Beweis führen sollen gegen uns, welche aber, wie ich glaube, ganz für den Saß sprechen, daß man an der Verfassung festhalten müsse und daß man auf Grundlage der Verfassung die berechtigsten Wünsche verfolgen müsse.

Es sagt nämlich die Denkschrift, daß unsere Verfassungszustände durch einen endlosen Wechsel von Regierungsgrundsätzen, allerhöchsten Kundgebungen, Oktrohirungen und Systemen, wovon die Späteren nicht Selten die vorangegangenen als nicht dagewesen behandelten, in ein solches Schwanken gerachen sind, daß Anschauungen, Urtheile und Instituzionen sich in verwirrendem Widerspruche durchkreuzen und daß keine Gewähr dafür besteht, ob nicht die Oktrohirung von gestern durch eine Oktrohirung von morgen abgeändert werden kamt.

Meine Herren! Glauben sie denn auf dem von ihnen vorgeschlagenen Wege, bei einer Ignorirung der Reichs= und Landesverfassung, bei der Entsendung selbstständiger Delegationen, bei einer Deputation und Unterhandlung mit 17 und zwischen 17 verschiedenen selbstständigen Körpern, schneller zum Ziele kommen zu können, als wenn sie hingehen an den Platz, an den uns gegenwärtig der Monarch gerufen hat und dort mit uns vereinbaren und zum erwünschten Ziele zu gelangen trachten?

Meine Herren! Auf dem von ihnen vorgeschlagenen Wege, das ist meine heiligste Ueberzeugung, gerathen wir in ein Chaos hinein, in welchem das Reich und wir mit dem Reiche zu Grunde gehen. (Bravo! links. ) Daher befürworte ich die Annahme des Minoritätsvotums und empfehle die Vornahme der Reichsrathswahlen, indem ich mit dem innigen Wunsche schließe, daß endlich die Zeit komme, in der die Söhne des zweisprachigen Böhmens sich im einträchtigen Wirken für das Reich und für das Land und in Treue gegen den Monarchen verständigen mögen, damit einmal ein segensvoller Friede einkehre in diese Hallen, in denen nur gegenwärtig tagen (dreimaliges Bravo!)

Oberstlandmarschall: Se. Ercellenz Graf Heinrich Clam=Martinic!

Graf Heinrich Clam = Martinic: Drei Jahre sind ins Land gegangen, seit ich von bieser Stelle meine Stimme erhoben habe, seit der Landtag des Königreiches Böhmen das Gewicht Seines Votum eingelegt hat gegen das Verlassen der Bahn, die damals eröffnet worden war und gegen das Betreten einer neuen Bahn.

Wir stehen nun vor dem Labyrinth, in welches uns der neue Weg geführt hat, wir stehen vor den Konsequenzen.

Der erste Herr Reiner von der entgegengesetzten Seite des Hauses hat den betrübenden Zustand in den öffentlichen Verhältnissen, in den Verfassungsverhältnissen dargestellt. Nun meine Herren! wir haben wohl ein Recht zu sagen, es sind Konsequenzen davon, daß unsere Stimme nicht gehört worden war. (Bravo rechts; výbornì im Centrum. )

Meine Herren! Der Herr Vorredner wird wohl die Gerechtigkeit haben, die Schuld an diesen Vorgängen, an diesen Zuständen nicht der gegenwärtigen Regierung allein zur Last zu legen, sondern wenn er feine Crinnerungen prüft, einen Theil dieser Schuld auch auf vorangegangene Regierungen zu übertragen, welche den politischen und finanziellen Zustand des Landes eben auf diese Bahn geführt haben. (Bravo, Bravo, výbornì. ) Er hat gesagt, die freie Bahn, sie mußte verlassen werden, den Beweis dafür hat er nicht gegeben. Nach konstitutionellen Grundsätzen, wie der Herr Redner hervorgehoben hat, muß ich ihm zu bedenken geben, daß gerade damals nach den Neuwahlen in allen Ländern eine immense Majorität sich für die freie Bahn und gegen das neue System ausgesprochen hat. Ich muß atso erinnern, daß diese Bahn nicht verlassen werden mußte.

Warum sie verlassen wurde, das ist bereits Eigenthum der Geschichte. Ich brauche darüber heute nicht mehr zu sprechen. (Bravo, výbornì. )

Wenn es sich mir nur um persönliche Motive, um Befriedigung der Eitelkeit, um momentanen Beifall handeln würde, oder um das menschlich zu entschuldigende Gefühl der Wiedervergeltung gegen alle jene Schmach und Verunglimpfung, welche in den letzten Jahren alldem wiederfahren sind; was diesem Lande, was auch meinen Ueberzeugungen nach hoch und heilig ist, wenn es sich mir darum handeln würde - hätte ich ein weites und dankbares Feld in einem Ueberblick der letzten drei Jahre. Aber ich müßte manche Wunden aufreißen, manche Saiten anschlagen, welche in schrillen Mißtönen weiter klingen müßten, und die Gegenfätze würden sich noch vertiefen (Bravo), und das ist, bei Gott, nicht meine Abstcht! (Bravo, výbornì) Das Ziel, welches ich mir vorgesteckt habe, es ist dasselbe Ziel, welches mich und meine Freunde und Gesinuungsgenossen in biesen Saal geführt hat, es die Verständigung. (Bravo. ) Darum will ich nicht eingehen auf die Diskussion verschiedener Punkte, aus Widerlegung manchen Einwendungen, welche heute bereits vorgebracht worden sind. Ich will nur Eines Sagen: wenn Einer der Herren Vorredner uns gewarnt hat, wir sollen den Rechten nnseres Standes nicht so viel vergeben, wie wir es thun, und ein Anderer vor der Unzweckmäßigkeit unserer Vorschläge für unser Land uns gewarnt hat: dann bitte ich, das Land selbst darüber entscheiden zu lassen. (Výbornì, Bravo. ) Und, wenn Sie, meine Herren, in weiten und langen Schilderungen der vergangenen Zeiten sich ergehen, so bitte ich eben, auch nur gerecht zu sein und nicht einzelne Stellen aus der Denkschrift hervorzuheben; ich bitte, nicht zu vergessen, daß darin ausdrücklich gesagt ist, die letzte Fase des historischen Rechtes fei jene der Allerhöchsten Entschließung vom 8. April 1848, und nicht jene der Stände vor 1848. Das fordert Gerechtigkeit; man darf sich nicht blos auf einzelne Stellen berufen, und ich bitte nicht zu vergessen, daß es am Ende der Denkschrift heißt:

"Nicht um die Wiederherstellung irgend eines früheren Zustandes handelte es sich, sondern um eine Entwicklung aus dem Rechtsboden heraus. " Wenn man es eine Verhöhnung des Zeitgeistes genannt hat, aus frühere Zustände in so weit zurückzugehen, daß matt aus ihnen heraus neue entwickeln will, so möchte ich dem Herrn Vorredner sagen: "Es ist eine Verhöhnung des Staatsrechtes, wenn man einfach sagt: diese alte so oft beschworene Verfassung ist aufgehoben worden durch eine oktroyirte Verfassung (Centrum: Bravo!) Nun, meine Herren, nachdem ich hiemit den Tribut einer vielleicht begreiflichen Regung des Augenblickes gezollt habe, will ich zurücklehren zu meinem Ziele, wenn möglich eine Verständigung in der eilften Stunde noch zu erzielen.

Daß tiefe Gegenfätze uns theilen, daß diese Gegenfätze bestehen, meine Herren, ist eine Thatsache, eine traurige Thatsache, wie auch heute vielfach anerkannt wurde.

Allerdings pflegen in geordneten Zuständen des öffentlichen Lebens die Gegenfätze der Meinungen in den Bahnen des öffentlichen Rechtes ihre Ausgleichung zu finden. Doch aber nur dann, wenn sie auf gemeinsamen Rechtsgebiete sich bewegen, innerhalb gemeinsamer Schranken, durch gemeinsame Aktion getragen und aus gemeinsamen Rechtsquellen hervorgehen. Das aber eben ist bei uns nicht der Fall; die Gegenfätze liegen tiefer und eben das Rechtsgebiet seine Begrenzung, Seine Duellen, Seine Aktion, sind ja Gegenstand des Streites, Gegenstand der Meinungsverschiedenheit.

Die Einen sehen in den Staatsgrundgesetzen vom Jahre 1861 und 1867 den Inbegriff des öffentlichen Rechtes; die Anderen können nicht von dem Gedanken lassen, daß das durch Jahrhunderte lang ererbte, verbriefte, beeidete Recht, das bilaterale Rechtsverhältniß durch diese Staatsgrundgesetze nicht gebrochen sein könne; die Cinen sehen in den durch tiefe Grundgesetze statuirten Trägern die einzig berufenen Faktoren, die Andern haben Bedenken in Bezug auf die ausschließliche Berechtigung dieser Faktoren; die Einen legen das Schwergewicht des öffentlichen Rechtes in das Zentrum, suchen seine Quelle eben im Zentrum, in dem Nukleus, vom dem aus die Strahlen auf die Theile hinausgehen und eben nur soviel auf dieselben entfällt, als von dem Zentrum aus denselben zugestanden wird; während die Andern, der Genesis des öffentlichen Rechtes, der Genesis des Staates und seines Verbandes folgend, in der freien, organischen Verbindung der Theile, den Verband des Ganzen, die Kraft des Ganzen, das Recht des Ganzen sehen; die Einen endlich sind der Ansicht, daß sie berechtigt waren, dieses Zentrum zu zerlegen und dabei alte Rechte und Pflichten auf die Hälfte dieses Zentrum zu verlegen (Bravo: rechts), aus einer Centralisation  eine Halbe oder vielmehr eine doppelte zu machen; während die Anderen nicht zulassen können, daß die Existenz ihres Landes, ihrer Rechte und die Existenz der Monarchie in dieser Art preisgegeben werde.

Wenn nun die Gegensätze so tief gehen, wenn gewissermassen das ganze Verfassungsrecht in seinem ganzen Gebiete und feiner Ausübung in Frage, im Streite ist, wo soll da ein Ausweg gefunden werden? Meine Herren ! Ist es denn möglich, durch Majorisirung die Frage zum Austrage zu bringen?

Die Partei, welche sich verfassungstreu nennt, gebietet ja in der Centralvertretung seit 10 Jahren über die Majorität, und ich frage Sie, meine Herren, haben Sie das Bewußtsein, durch Majoritätsbeschlüsse die Verfassung zur größeren Geltung gebracht zu haben, sie auch nur befestigt, sie auch nur auf dem Standpunkt der Anerkennung, auf dem sie ursprünglich stand, erhalten zu haben?

Meine Herren ! Aus dem Schooße des Ministeriums ist das Bekenntniß, warnende Stimme erhoben worden, daß vielleicht der Moment nahe ist, wo die Vertretung, die sich Reichsrath nennt, nicht mehr die Vertretung der Hälfte des Reiches, Sondern, wie es im Ministermemorandum heißt, nur die Vertretung der deutschen Partei im Abgeordnetenhause sein wird. Erschüttert ist der Bestand der Verfassungsverhältnisse auch in den Theilen des Reiches, wo er früher unangefochten war. Sie sehen, auf dem Wege der Majorisirung ist kein Heil. Die Majorisirung ist ja nur in geordneten Zuständen, nicht aber, wenn der ganze Zustand in Frage ist, möglich. Die Majorisirung, meine Herren, ist vor Allem nicht möglich, wenn es dahin gelangen soll, daß eine Minorität die Majorisirung ausübe und es ist gewissermassen zu einem staatsrechtlichen Ariom, zu einem großen Triumph der Politik erhoben worden, daß die Verfassung so gestellt Sei, daß sie vor Allem die Minoritäten schütze, die Minorität solle den Schutz ihrer Rechte in der Verfassung suchen und finden.


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