aufgefordert werden, soll durch Einverständniß aller Betheiligten, durch Einverständniß aller aufgeforderten Landtage erst verfassungsmäßig werden.
Das Scheint mir der Sinn der Regierungsmittheilung, und ist meines Erachtens in den Thatsachen vollkommen begründet. Mein Herr Vorredner, der über ein reiches Maß von Witz in jedem Augenblicke gebietet, in welchem wer für die parlamentarische Debatte daraus Vortheile gewinnen kann, hat unter andern einen Ausdruck, den einer der früheren Redner gebraucht hatte, in's Lächerliche gezogen, der Reichsrath nämlich könne nicht verfassungsmäßig fein, weil er nicht aus derselben Anzahl von Mitgliedern bestehe, aus welchen er nach dem Grundgesetze vom 26. Februar bestehen sollte. Er hat gemeint, wenn etwa die Stadt Prag statt 2 Mitgliedern verfassungsmäßig nur Ein Mitglied zu senden hätte, so wäre das kein verfassungsmäßiger Reichsrath. -
Nun, meine Heeren, mit solchen Argumenten ist keine Ueberzeugung zu gewinnen (Bravo, bravo, Oho!). Der Ausdruck, den jener Herr Vorredner gebraucht hat, war ein drastischer. Er hat sagen wollen: So wie 2X24 und nicht 5 sein kann, so kann der Reichsrath, der nicht dieselbe Anzahl von Mitgliedern hat, nicht derselbe sein; um eine Stimme weniger oder mehr hat es sich ihm nicht gehandelt. Das aber hinter dem Gedanken ein Maß von Wahrheit steckt, das wird man mit Witzen nicht wegläugnen. (Bravo, Výbornì!).
Nicht die Anzahl der Mitglieder macht es, das wissen wir auch; Leider Gottes ist LombardeiVenezien verloren gegangen und auf die Anzahl der Mitglieder, die für dieses Königreich bemessen waren, würden wir nicht mehr Rücksicht nehmen und deren Anwesenheit nicht in Rechnung bringen, um zu beurtheilen, ob der Reichsrath vollzählig ist; aber die Wesenheit der Sache liegt einzig und allein darin: nach dem Grundgesetze vom 26. Feber soll der Reichsrath die Vertretung des gesammten Reiches sein? - (Výbornì!)
Alle Königreiche und Länder, die zum Kaiserthume Oesterreich gehören, sollen im Reichsrathe vertreten sein (Výbornì!) und wenn man in der Zeit der Herrschaft des Februar-Patentes so weit gegangen ist, von der thatsächlichen Vertretung des Gesammtreiches abzusehen, so hat man wenigstens den Grundsatz aufrecht gehalten, daß alle Königreiche und Länder berufen sein müssen. Nun ist aber, wie es die Regierungsmittheilung sagt, ein Ausgleich mit Ungarn beschlossen worden, und durch Ernennung eines ungarischen Ministeriums ein Mehreres geworden, als ein bloßes Projekt, daß nach Ernennung dieses Ministeriums auch Siebenbürgen, auch Kroatien ohne Erledigung der Adresse des kroatischen Landtages, welche sich in der Hand Seiner Majestät befindet, einberufen werden können, das kann Niemand behaupten.
Wir werden aufgefordert, eine Versammlung zu beschicken, welche ursprünglich berufen worden ist durch das Patent vom 2. Jäner, welches Patent ausdrücklich lediglich die nicht zur ungar. Krone gehörigen Königreiche und Länder beruft. Wir werden gegenwärtig nicht berufen, eine andere Versammlung zu beschicken, d. h. eine Versammlung von anderer Zusammensetzung; es ist meines Wissens - und das ist auch selbstverständlich, seit dem eine andere Berufung nicht ergangen; wir werden lediglich aufgefordert, diese aus den Ländern, die nicht zur ungarischen Krone gehören, zu beschickende Versammlung unsererseits ebenfalls zu beschicken; nicht die Versammlung, d. h. die Versammlung ihrer Zusammensetzung nach ist geändert worden, sondern nur mit einem Schlag ist ihr Charakter geändert worden; statt dem, was sie sein sollte nach dem Patente vom 2. Jänner, soll sie auf einmal etwas ganz anderes werden, der "verfassungsmäßige Reichsrath" fein.
"Daß nun diese Versammlung nicht der Reichsrath des patentes vom 26. Feber ist, das kann Niemand in Abrede stellen, nicht darum, weil etwa ein Mitglied weniger erscheint, in Folge ordnungsmäßig durchgeführten Verhandlung.
Wie steht es nun mit dem Minoritätsgutachten ? Das Minoritätsgutachten erklärt sich mit gewissen Aufstellungen und Theilen der Mittheilung der Regierung vollkommen einverstanden; von anderem ist aber darin keine Erwähnung, namentlich von der sehr wichtigen Mittheilung über den ungarischen Ausgleich ist darin kein Wort zu finden; ja mir ist es sehr aufgefallen, daß überhaupt von dem ganzen Regierungsreskripte vom 4. Feber in dem Minoritätsgutachlen gar keine Rede ist, sondern lediglich nur von der Allerhöchsten Entschließung.
Die Allerhöchste Entschließung, soweit sie uns mitgetheilt wird, sagt aber nichts weiter, als von dem außerordentlichen Reichsrathe soll es sein Abkommen haben, und der verfassungsmässige Reichsrath soll zusammen kommen; damit erklärt sich das Minoritätsgutachten vollkommen einverstanden, und darauf baut es den Antrag; der Landtag habe deshalb zu Folge des §. 16 der Landesordnung die Wahlen vorzunehmen.
Im S. 16 der Landes Ordnung, ist nun, wie bereits in der Debatte erwähnt worden ist, ganz unzweifelhaft der Auftrag, die. Berechtigung des Landtages und zugleich die Pflicht desselben ausgesprochen, zu wählen für den Reichsrath des 26. Feber und lediglich für diesen. Das ist es, was dem Wortlaute nach das Minoritätsgutachten will. Ist dies der Fall, dann muß der erste Schritt der Versammlung, die auf solche Weise beschickt wird, in Konsequenz dieses Gedankens, auf welchem dieser Antrag beruht, der sein, zu erklären, der Reichsrath des 26. Februar muß einberufen werden, die Königreiche der ungarischen Krone sind nicht einberufen worden, sie müssen daher einberufen werden. (Centrum: Tak jest. So ist es. )
Das kann aber nicht geschehen, wenn nicht vorerst das Patent vom 20. September 1865 für null und nichtig erklärt ist, und alle Schritte, die darauf basirt sind, die Reskripte an den ungarischen Reichst tag, die Schritte, die zur Union Ungarns mit Siebenbürgen geführt haben, die weiteren Schritte bis zum letzten, der Ernennung des ungarischen Ministeriums, - die alle müssen vom Standpunkte des Minoritätsgutachtens aus für null und nichtig erklärt werden.
Die Februarverfassung besteht; Alles andere, was ihr entgegensteht, kann keine Geltung haben, das, meine Herren, ist der Standpunkt, der uns im Jahre 1865 in diesem Landtage ganz einfach und offen erklärt worden ist, das ist der Standpunkt, von welchem aus damals das Manifest vom 20. September 1865, das kaiserliche Manifest von jenem Tage, offen und geradezu als ein Verfassungsbruch, als ein Rechtsbruch erklärt worden ist.
Das ist der Standpunkt des Minoritätsgutachtens (Centrum: Bravo); deshalb sage ich: unter dem Anscheine, sich anzuschließen an die Regierungsmittheilung, ist dieser Antrag der Minorität die schärffte Opposition gegen dieselbe (Links: Oho!) (Rufe: Gegen das vergangene Ministerium). Es ist die schärfste Opposition gegen die ganze Regterungspolitik seit dem 20. September 1865, gegen die Thatsachen, die aus dieser Regierungspolitik hervorgegangen sind und namentlich gegen die ganze Stellung, welche in diesem Augenblicke die Regierung in der ungarischen Frage einnimmt; denn nur unter Aufgebung dieser Stellung ist es möglich, daß der Reichsrath des Februarpatentes einberufen werde, d. h. daß auch die Länder der ungarischen Krone zu diesem Reichsrathe einberufen werden und das ist es, was der §. 16. der Landesordnung im Sinne hat, das ist der Reichsrath, zu dem nach §. 16 zu wählen ist.
Die Sache steht also meines Erachtens so: die Regierungsvorlage fordert uns auf, den Reichsrath zu beschicken, welcher lediglich einberufen ist für die Länder, welche nicht zur ungarischen Krone gehören. Das Minoritätsgutachten fordert uns auf, den Reichsrath vom 26. Febr. zu beschicken, der seiner Zusammensetzung und seinem Wesen nach etwas ganz Anderes ist.
Ich möchte num wohl wissen, ob diejenigen Herren, die mit so großer Zuversicht aussprechen, daß ihre gesammte Wählerschaft einverstanden sei mit dem Antrage, der gegenwärtig von der Minorität gestellt wurde, sich klar gemacht haben, ob ihre Wähler auch mit der Politik, welche daraus nothwendig hervorgehen muß, einverstanden sind. Ich mochte namentlich wissen, ob diejenigen Herren, welche insbesondere, wenigstens nach ihren Äußerungen hier, die materiellen Interessen, die Interessen des Verkehres vor Augen haben, ob die sich klar gemacht haben, welche Folgen aus dieser Politik hervorgehen müßten.
Hier ist nicht der Ort, die Frage des ungarischen Ausgleichs zu besprechen und nichts liegt mir ferner, als sie hier besprechen zu wollen, nichts liegt mir ferner, als meiner eigenen Meinung, insofern ich in die Lage kommen sollte, mich darüber ausfprechen zu müssen, vorgreifen zu wollen durch ein Wort, das ich hier darüber sage. Nur auf die Thatsache möchte ich aufmerksam machen: In diesem Augenblicke handelt es sich nicht darum, ob der Ausgleich mit Ungarn den Wünschen des Einzelnen, der ihn zu beurtheilen hat, entspricht oder nicht; nicht darum, ob der Einzelne, der sein Urtheil abzugeben hat ihn an sich für gut und zweckmäßig hält oder nicht; sondern die praktische Frage wird sein, ob nach Allem, was geschehen ist, ob nach den vorliegenden Thatsachen es räthlich sei, diesen Ausgleich umzustoßen oder nicht umzustoßen. Das ist die Frage, die mit der innig zusammenhängt, ob wir den Reichsräth vom 26. Februar zu beschicken haben oder aber den Reichsrath der Regierungsmittheilung, auf welche der Herr Vorredner gar keine Rücksicht nehmen zu wollen erklärt hat. Die Herren Redner, die für das Minoritätsgutachten aufgestanden sind, haben sich mit großer Entschiedeheit für den Gedanken des Minoritätsgutachtens, wie ich mir ihn hier zu entwickeln erlaubt habe, ausgesprochen. Die hohe Versammlung wird nun einsehen, es handelt sich wieder um jene zwei Gestalten, auf welche ich bei einem früheren Anfasse aufmerksam gemacht habe und die von der anderen Seite damals auf eine sehr geschickte Weise durch einen Mantel versteckt worden waren. Es handelt sich auch heute um die beiden Anschauungen, welche für Oesterreich von entscheidender Wichtigkeit sind: ob Centralismus, ob Dualismus? (Bewegung links), um Schlagworte zu gebrauchen, die ich gern nicht gebraucht hätte, die aber nach dem Gebrauche, der häusig von ihnen gemacht wird, am schnellsten die Begriffe anschaulich machen. Man mache sich klar und namentlich alle Diejenigen, welche in diesem hohen Hause, so lange sie sich uns gegenüber lediglich um der Negation willen soviel zu Gute thun auf ihre unbedingte Einmüthigkeit, mögen sich klar machen, ob sie mit sich auch einig sind über diese Frage: ob Centralismus oder Dualismus? Mehrere von den Herren Vorrednern haben sich mit aller Entschiedenheit für den strengen centralistischen Gedanken ausgesprochen, insbesondere der Eine, über dessen Äußerung sich eine gewisse Bewegung kundgegeben hat, und der wiederholt darauf bestanden ist. Wir Wollen allerdings den Reichsrath, der von allen Königreichen und Ländern der Monarchie beschickt wird. Ob auch der Herr Berichterstatter der Minorität dieser Ansicht ist (Heiterkeit im Centrum), darüber bin ich ebensowenig heute im Klaren als früher. Gewisse Andeutungen, die er hat fallen lassen, daß die Justizgesetzgebung in den Ländern der nicht ungarischen Krone eine gemeinsame ist, daß auch die Steuergesetzgebung immer eine gemeinsame war, eine Behauptung, die eben nicht im vollen, Maße richtig ist, daß auch dafür der Name von deutschen oder slavisch-deutschen Erbländern gebraucht wurde alle diese Hindeutungen scheinen gewissermassen anzudeuten, als ob er dem dualistischen Gedanken näher stünde. (Hetterkeit) Indessen habe ich darüber nicht zu urtheilen (Ja wohl! links); die Zeit wird kommen, wo man sich wird darüber aussprechen. müssen. Man wird sehen, wieweit dann die Einigkeit hier wie anderswo reichen wird, - an anderen Orten hat sie bereits einigen Schaden gelitten, welche sich allerdings so lange aufrecht erhalten lässt, als man sich in einer rein negativen Stellung bewegt.
Wir werden in der Regierungsmittheilung zu einem Doppelten aufgefordert; wir werden zur Beschickung der bezeichneten Versammlung aufgefordert und zugleich zur Anerkennung ihrer Versassungsmäßigkeit.
Was die Beschickung anbelangt, ist der Wunsch danach ein einhelliger. Wir so gut wie die andere Seite des Hauses, wünschen aufrichtig, daß es uns möglich werde, diese Versammlung zu beschicken. Nicht die Versammlung des 26. Febers, sondern den Reichsrath des 4. Febers, denn an die Möglichkeit der Versammlung des Reichsrathes vom 26. Feber vermag ich nicht zu glauben. Wir wünschen aufrichtig diese Versammlung zu beschicken, deßhalb, weil auch wir einsehen, daß unter den obwaltenden Verhältnissen ein gemeinsames Zusammenwirken der Vertreter sämmtlicher Landtage der nicht zur ungarischen Krone gehörigen Königreiche und Länder, - ich wiederhole, unter den gegebenen Verhältnissen - allein die Möglichkeit bietet, vielleicht das Werk des Ausgleiches zu fördern. Allerdings war das nicht unser eigentlicher Wunsch und wir tragen einen andern Wunsch noch heute im Herzen, den Wunsch, daß doch endlich einmal auch dem Landtage von Böhmen die Gelegenheit geboten werde, im eigenen Schooße über die wichtigsten Verfassungsfragen zu berathen, sich dieselben klar zu machen, dem Monarchen und den übrigen Ländern gegenüber nachzuweisen, in welchen Beziehungen diese Frage zu den Rechten und Interessen des Königreiches steht. (Výbornì, Bravo. )
Diese Wohlthat, in solcher Weise es aufzuklären und die Interessen ihres Landes zu vertreten, ist den Königreichen Ungarn und Kroatien zu Theil geworden und wir Alle, die wir mit Aufmerksamkeit die Verhandlungen verfolgt haben, haben wahrnehmen müssen, welches gewaltige Mittel eine solche Verhandlung ist, um das, woran dem Lande gelegen ist, zur Anschauung und so weit es zulässig, auch zur Geltung zu bringen.
Daß das Königreich Böhmen, oder wir, die wir ein Königreich Böhmen anerkennen (hluèné vý-bornì a brávo ve støedu a na pravici), daß wir wünschen, dieser Vortheil möge uns auch zu Theil werden, wie er dem Königreiche Kroatien zu Theil geworden ist, ist wohl ziemlich natürlich.
Man sagt darauf, der Gleichberechtigung wegen müßte dasselbe auch Allen übrigen Königreichen und Ländern zu Theil werden. Nun, mit den Königreichen sind wir so ziemlich fertig (Heiterkeit) mit Ausnahme Galiziens; übrigens wird das nicht in Abrede gestellt, wir werben es keinem Lande mißgönnen, daß ihm diese Wohlthat zu Theil werde, wenn es von ihm gewünscht wird. Nur möge man nicht wieder aus eitler Systemmacherei sinden, deshalb, weil Böhmen dieses Recht gewährt werde, müßen es auch andere haben, die es vielleicht gar nicht verlangen. Denn, daß z. B. dem Herzogthum Salzburg, welches meines Wissens einen Landtag nie gehabt hat bis zum 26. Feber 1861, das von einer staatsrechtlichen Stellung in dem Sinne, in welchem hier von Böhmen die Rede ist, nicht sprechen kann, das gar kein Verlangen darnach hatte, aus seinem Landtage etwas Anderes, als einen Kommunallandtag zu machen, daß ihm die Last auferlegt werde, dadurch seine Verhandlungen zu verwickeln, das schiene mir nicht unbedingt nothwendig. Wenn uns dieser Vortheil zu Theil würde, würde daraus auch das Gute hervorgehen, daß wir endlich einmal der bindigen Art der Behandlung der rechtshistorischen Fragen des Königreiches Böhmen, wie wir sie wiederholt erleben müssen, überhoben wären. Meine Herren, ich habe ein großes Interesse für solche Verhandlungen, wenn ihre Behandlung eine gründliche ist; aber wie sie hier vorkommt, ist sie eine solche, die sich mit dem Ernste der Sache durchaus nicht verträgt. Ich sage das offen und ehrlich, einer Seite des Hauses so gut wie der anderen. Freilich, Wenn jedesmal, wenn wir von der staatsrechtlichen Stellung Böhmens oder von Rechten des Königreiches Böhmen nur irgend wie reden, in einer Weise darauf geantwortet wird, als ob der österreichische Patriotismus verlange, daß man solche Rechte zu lassen und anerkennen dürfe, dann ist es eine natürliche Folge, daß man auf dieser Seite des Hauses jede Gelegenheit benutzt, um Argumente hervorzubringen, welche beweisen, daß das Königreich Böhmen solche Rechte hat. Dieß wird wieder von der anderen Seite zur Replik benutzt und ein verehrtes Mitglied, welches zwar erklärt hat, es wäre darauf nicht vorbereitet, hat uns sofort eine Menge Sachen vorgebracht und auch gleich Belegstücke bei der Hand gehabt, um feine Aussprüche zu begründen; und doch frage ich: meine Herren, was hat die Sache damit gewonnen? der Herr Vorredner hat sehr recht; dadurch, daß man beliebig in die Geschichte greift und ein einzelnes Faktum hervorholt, dadurch ist ein Rechtsbeweis nicht geschaffen. (Oho! links. ) Es gibt, meine Herren, nur zwei gründliche Arten der Behandlung solcher Fragen, die eine ist die wissenschaftliche. Wissenschaftliche Werke und Abhandlungen können ein großes Licht darüber verbreiten und können auch die andere Art gründlicher Behandlung vorbereiten, nämlich die staatsrechtliche in einer dazu berechtigten Versammlung, eine Behandlung eben, die vor Allem eine kommissionelle Vorberathung und genaue Erörterung und Sichtung des Materials und Feststellung der Thatsachen fordert. Dann kann allerdings eine zahlreiche Versammlung ein verläßliches Urtheil darüber fassen, aber wenn, wie wir es jedesmal erfahren, eine Thatsache aufgestellt und von einem Anderen bestritten, und dessen Aufstellungen von einem Dritten wieder in Abrede, gestellt werden, da hat der ganze Vorgang feine andere Wirkung, als die traurige, die Gemüther zu verbittern und einen Theil der Bevölkerung immer mehr in den Gedanken hineinzuziehen, als ob es wirklich eine patriotische Sache wäre, die Rechte feines eigenen Landes mit Geringschätzung zu behandeln. (Bravo!)
Wir hätten also gewünscht und wünschen noch, daß dem Landtage des Königreiches Böhmen einmal Gelegenheit gegeben werde, über die Verfassungsfrage, soweit sie das Königreich Böhmen berührt, im eigenen Schöße gründlich zu verhandeln. Die Erfüllung dieses Wunsches steht nicht in unserer Macht, und wenn in diesem Augenblicke, wie in der Adresse ausgesprochen wird, Se. Majestät es für angezeigt hält; - wenn man hofft den Ausgleich dadurch mehr zu fördern, daß eine Gesammt-Berathung stattfindet, so sind wir bereit, auch zu diesem mitzuwirken. Wir werden aber nicht bloß, aufgefordert, die Versammlung, in welcher diese Beratung stattfinden soll, zu beschicken, sondern auch durch die Beschickung derselben ihre Verfassungsmäßigkeit anzuerkennen. Der Ausdruck "verfassungsmäßig", so wie viele andere werden in unserer Zeit in dem verschiedenartigsten Sinne gebraucht und gemißbraucht. Wir verstehen unter verfassungsmäßig Dasjenige, was bestimmten Gesetzen über die Verfassung gemäß ist und entspricht; und von diesem Standpunkte aus sagen wir, der Reichsrath, der auf den 18. einberufen ist, ist nicht verfassungsmäßig, (oho, oho), denn der Reichsrath, den wir jetzt zu beschicken aufgefordert sind, ich sage wiederholt der Reichsrath der Regierungsmittheilung, oder wenn man will, Wenigstens der, wie die Regierungsmittheilung versichert, durch die Allerh. Entschließung vom 4. Feder für die nicht zur ungarischen Krone gehörigen Länder bestimmte Reichsrath, ist nicht verfassungsmäßig in dem Sinne, daß er den Bestimmungen des Grundgesetzes vom 26. Feber entspräche. Dieser Satz ist so unbestreitbar, daß dagegen ein Wiederspruch wohl nicht möglich ist. (Oho, oho, Unruhe links).
Man wendet uns zwar ein, dadurch negieren wir den Bestand der Feberverfassung.
Man hat uns gesagt, wir oder die Adresse behaupteten, die Feberverfassung fei aufgehoben. Dieser Ausdruck ist nicht gebraucht worden und kann nicht gebraucht werden; daß wissen wir eben so gut, Wie die Herren auf der anderen Seite, daß eine ausdrückliche Aushebung der Feberverfassung nicht erfolgt ist. Daß aber eine Verfassung nur durch ihre Aufhebung ihre Kraft verlieren könne, abgesehen von dem Falle der Nichtbesolgung; - daß nicht Thatsachen eintreten können, welche eine Verfassung unmöglich machen, sie außer Kraft setzen, kann unmöglich behauptet werden. Daß namentlich die Verhandlungen mit Ungarn zu einem Resultate geführt haben, welche die Berufung eines Reichsrathes nach dem Feberpatent unmöglich machen, ist eine vorliegende Thatsache. Nicht wir sind Schuld daran, nicht uns kann es zum Vorwurfe gemacht werden, wenn wir uns auf diese Thatsache berufen; nicht uns kann deßhalb der Vorwurf gemacht werden, wir erklären, die Verfassung fei aufgehoben. Andere aber verstehen unter "verfassungsmäßig" gerade nicht immer das, nicht immer die Übereinstimmung mit positiven Verfassungsgesetzen, namentlich wenn von "verfassungsmäßigen Bahnen" die Rede ist, wie in der Regierungsmittheilung und in dem Votum der Minorität, so verstehen viele darunter etwas ganz anderes; sie verstehen darunter eine Bahn, welche zur Herstellung einer repräsentativen Versammlung führt, welche repräsentative Versammlung man als Gesammtwillen des betreffenden Staates oder Staatstheiles ansieht.
Das ist es, was allzu häusig als verfassungsmäßig hingestellt wird, ganz abgesehen von positiven Gesetzen. Meines Erachtens kann nur in diesem Sinne die Versammlung vom 4. Feber als verfassungsmäßig gedacht werden. Man denkt sich, daß durch die Beschickung der Landtage anerkannt Werden solle, daß diese Versammlung konstitutiven Charakter und konstitutive Kompetenz hat und deßhalb nennt man sie verfassungsmäßig. Das ist es, wogegen wir ankämpfen, diesen Charakter ihr zu verleihen, und deßhalb erachten wir es für unerläßlich, uns zuerst in einer untertänigen Adresse an Seine Majestät zu wenden, bevor wir uns aus die Beschickung einer solchen Versammlung einlassen können. Es ist nun in den Wirren, in denen wir leider seit mehr als einem Decennium in Verfassungsfragen in Oesterreich leben, an dem bestehenden Rechte soviel gerüttelt und geschüttelt worden, daß eigentlich ein anderer sakrischer Rechtsbestand kaum mehr vorhanden ist, als die 2 Thatsachen: freilich Thatsachen von größter Bedeutung, und meines Erachtens genügend, um eben Oesterreich ausrecht zu erhalten und seinen festen Boden zu wahren.
Die eine Tatsache ist der Bestand des Staates Oesterreich im Sinne der pragmatischen Sanktion, eines Gesammt-Reiches unter der Dynastie Habsburg-Lothringen, bestehend aus untrennbaren organischen Gliedern, welche sind die Königreiche und Länder. Die zweite Thatsache ist die Vertretung dieser Königreiche und Länder durch ihre Landtage, die staatsrechtliche Vertretung der Länder durch ihre Landtage. Diese zwei Thatsachen bestehen rechtlich und wirklich, und wir brauchen zu ihrem Nachweise nicht in eine ferne Geschichte zurückzugehen; wir brauchen nicht erst eine archivarische Kommission Zusammenzusetzen, um uns dazu Materialien zu verschaffen. Es sind das auch Thatsachen, welche durch das, was in Beziehung auf den Ausgleich mit Ungarn geschieht, bisher nicht alterirt sind.
Diesen beiden Thatsachen stehen aber mit einander im innigen Zusammenhange, und wer die eine negirt, gefährdet im hohen Maße die andere. Wir wollen nun nach allen Erschütterungen, welche ohnehin die Rechtszustände Oesterreichs erlitten haben, diesen Rest von festem Recht aufrecht erhalten. Wir sind aber der Meinung, - und diese Meinung läßt sich nicht bestreiten -, daß wenn wir den Reichsrath, wie er nach der Regierungsmittheilung beschaffen sein soll, beschicken und seine Verfassungsmäßigkeit im Vorhinein in dem bezeichneten Sinne anerkennen, wir den staatsrechtlichen Charakter des böhmischen Landtages schon dadurch vernichtet haben; wir haben den Grundgedanken vernichtet, daß die Rechte des Königreiches Bõhmen geschätzt sind durch seinen Landtag (Bravo, výbornì!) und nicht geändert werden können ohne Verhandlung mit dem Landtage - den Gedanken haben wir preisgegeben in dem Augenblicke, wo wir uns der Entscheidung einer Versammlung unterwerfen, deren Wirksamkeit in Bezug auf die kostitutive Frage unbeschränkt ist, eine unbeschränkte deshalb, weil der Stand der Dinge nicht ein solcher ist, daß in dem Falle, wenn diese Versammlung zu keinem Resultate kommen sollte, ein rechtlich gegebener Zustand fortdauern und gehandhabt werden konnte. Man mag Zehnmal sagen: die Feberverfassung besteht noch immer zu Recht, sie ist nicht ausgehoben, so viel liegt am Tage, daß sie nicht mehr gehandhabt werden kann, daß nicht nach dem Wortlaute der Feberverfassung vorgegangen werden kann. Darüber herrschet, insolange nicht Alles, was seit dem 20. September 1865 geschehen, nicht ungeschehen gemacht wird, kein Zweifel. Wenn nun die Versammlung die Ausgabe erhält, sogenannte Verfassungsänderungen vorzunehmen unter Umständen, wo nichts bestehendes Ausführbares vorhanden ist, so handelt es sich eben nicht um eine bloße Aenderung einer bestehenden Verfassung, sondern um die Aufgabe, eine neue Verfassung zu schaffen, und das ist der Charakter der Constituante. Die Geschichte bietet von einer solchen Constituante, wenn wir absehen von den ephemeren Erscheinungen des Jahres 1848, meines Wissens kein Beispiel, wenigstens kein Beispiel in einem großen Staate, als die bekannte Constituante Frankreichs. Daß dort die Constituante wenigstens nicht zu dem Resultate geführt hat, dem Lande eine freiheitliche Verfassung zu sichern, darüber belehret uns der weitere Verlauf der Geschichte. Dem ungeachtet gibt es noch Leute in Oesterreich, die von dem Gedanken durchdrungen sind, wir sollen doch um Gotteswillen den Reichsrath beschicken, den zu beschicken wir aufgefordert sind, um Oesterreich herauszuhelfen aus den Schwierigkeiten, in denen es sich bewegt. Und wenn man solche Leute darauf aufmerksam macht, daß doch das Resultat einer solchen Versammlung sehr zweifelhaft ist, so giebt es ihrer genug, welche einfach sagen: um Gottes Willen rettet wenigstens den Bestand Oesterreichs. Mag die Verfassung ausfallen wie immer, das Erste ist doch, daß Oesterreich bestehe. Nun allerdings in Frankreich ist das gelungen trotz allem Gräuel, trotz allen Wechselfällen der franzõsischen Revolution - Frankreich ist doch ganz geblieben bis zum heutigen Tage. Allein es wird doch rathsam sein zu beachten, daß Oesterreich und Frankreich ganz verschiedene Dinge sind, daß in Frankreich nur unter Umständen historischer und geographischer Art und vielleicht hauptsächlich geographischer Art, die sehr anders sind, als die österreichischen, die außerordentlichen Gefahren und Unglücke, die aus der französischen Constituante hervorgegangen sind, doch wenigstens nicht dazu geführt haben, daß Frankreich darüber zu Grunde gegangen ist. In dem dortigen Verlaufe der Dinge scheint mir aber dafür, daß in Oesterreich der Erfolg derselbe sein müsse, keine Bürgschaft zu liegen. Man sagt freilich: in der Versammlung, die hier berufen wird, werden ja alle Vertreter der Volker Oesterreichs zusammenkommen und sie alle sind durchdrungen von dem Wunsche, Oesterreich zu erhalten und von der patriotischen Gesinnung, Oesterreich nicht zu Grunde gehen zu lassen. Bei Gott, ich bin der letzte, der dagegen Zweifel erhebt. Die Anschauung aber, daß, wenn man sich einmal in eine abenteuerliche Politik einläßt, das bloße Vertrauen auf die Personen, welche im ersten Beginn die Angelegenheit in ihre Hand bekommen haben einen Schutz gewähren solle gegen die Möglichkeit gefährlicher Resultate, ist zum mindesten eine sehr naive. Wir wenigstens können uns dazu nicht verstehen, auf diese Voraussetzung allein die ganze Reihe von unberechenbaren Folgen, die aus einer solchen Versammlung hervorgehen können, zu akceptiren und um sie zu akceptiren, das, was in Oesterreich noch an festen Rechtszuständen vorhanden ist, aufzugeben.
Man sagt uns freilich auch, wie sollen die Landtage angegriffen werden?
In der Februarverfassung selbst steht, daß die Landesordnungen nicht geändert werden können, ausgenommen durch Mitwirkung der Landtage.
Nun meine Herren, wenn es auch wahr wäre, daß eine konstituirende Versammlung, wenn sie einmal in die volle Uibung ihrer Gewalt gelangt ist, sich durch die Landesordnungen werde hindern lassen, das zu thun, was ihr gefällig ist - so giebt es doch eine Reihe von Bestimmungen, welche die rechtliche Bedeutung des Landtages alteriren würden und doch getroffen werden konnten, ohne die Paragraphe der Landesordnung zu ändern und ohne den Landtag zu fragen, namentlich im Augenblicke, in dem die Regierungsmittheilung selbst sagt, daß es sich um ganz neue Probleme handeln werde. Es wird gesprochen von Delegationen; die Regierungsmittheilung giebt allerdings uns darüber keinen Weiteren Ausschluß; indessen wer die Zeitungen liest, der weiß, was damit gemeint ist; daß die konstituirende Versammlung zu Resultaten führen kõnnte, Welche diese Delegationen in einer Art hersteilen, daß der Einfluß, den bisher der Landtag auf Grundlage des Grundgesetzes vom 26. Februar auf die Angelegenheiten zu üben hat, welche über seinen unmittelbaren Wirkungskreis hinausreichen, anullirt würde. Das liegt wohl nahe und die Landesord-