Pondìlí 25. února 1867

g. 9. des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches sagt wenigstens; Gesetze behalten so lange ihre Kraft, bis sie entweder vom Gesetzgeber wieder abgeändert oder bis sie ausdrücklich aufgehoben worden sind. Nun habe ich freilich das Bedenken, ob das bürgerliche Gesetzbuch hier im böhmischen Landtage berufen werden darf, denn wenn die Herren das Titelblatt zum bürgerlichen Gesetzbuche aufschlagen, so können sie eine interessante Entdeckung machen: Es heißt dort: "Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der österreichischen Monarchie" und im Kundmachungspatent heißt es: Wir erlassen dieses Gesetz für die gesammten deutschen Erblande der österreichischen Monarchie. Und was sind diese gesammten deutschen Erblande? Sie sind das heute so oft berührte Cislaithanien, für welches nach Angabe eines der Herren Redner so schwer ist einen Namen zu finden. Und doch bestand jener Name feit 100 Jahren - nämlich feit der Gesetzgebung der Kaiserin Maria Theresia, denn immer bezeichneten die Deutschen die deutsch-slavischen Erblande, die nicht ungarischen Länder (Rufe: hört!) den Gegensatz zu den Ländern der ungarischen Krone. Nun das werden mir doch die Herren zugeben, daß jene Länder einen Komplex bildeten, denn die Gesetzgebung für diese Länder war eine gemeinschaftliche, die gesammte Justizgesetzgebung, mit Einschluß der Civilund Strasproceßgesetzgebung, desgleichen die Steuergesetzgebung, insbesondere der gesammten indirekten Steuern, und die machen viel mehr aus, als die direkten Steuern, sind immer gemeinschastlich behandelt worden. Auch in Bezug auf die Finanzgesetze haben wir nur solche Bestimmungen, welche für die deutsch-slavischen Erbländer gelten und nicht für die Länder der ungarischen Krone, und umgekehrt. Ich komme nun auf die Folgerungen zu sprechen, welche sich daraus ergeben, daß das bürgerliche Gesetzbuch für jene Erbländer kundgemacht wurde. Die deutschen Erblande der österreichischen Monarchie bestehen eben nicht, wie die Herren jagen; also das Gebiet, für welche das bürgerliche Gesetzbuch gemacht worden ist, war feit 1861 nicht mehr vorhanden; jetzt gilt daher das bürgerliche Gesetzbuch nicht mehr und es ist doch nicht abgeändert und nicht aufgehoben worden; es gilt einfach nicht, weil das Objekt auf einmal nicht da ist, weil die Länder nicht da sind. (Heiterkeit, Bravo! links. ) Jetzt geht es auf einmal mit der Theorie nicht mehr, und mir scheint, da würde man doch Bedenken tragen, aus welchem Standpunkte immer dieses nicht für das Königreich Böhmen als solches kundgemachte Gesetzbuch als verwirkt zu betrachten. Daraus zeigt sich, wie ganz unjuridisch die Anficht ist: "wenn Verhältnisse eintreten, welche die Giltigkeit des Gesetzes auf einen kleineren Kreis beschränken, so ist nicht etwa, - (wie der gewöhnliche Mensch glauben sollte) die Giltigkeit des Gesetzes fortan nur auf einen kleineren Kreis beschränkt; nein, es gilt eben gar nicht (Bravo!), auch dort nicht, wo die Aenberung nicht eingetreten ist; - und das gegenüber der Reget: "ein Gesetz gelte so lange, bis es abgeändert oder aufgehoben worden ist. "

Wenn man nicht alle Bestimmungen thatsächlich auszuführen vermag, andere aber ausgeführt werden können, so gilt das Gesetz eben rücksichtlich dieser Bestimmungen.

Ebenso wenig wird Jemand behaupten, daß die Nichtbefolgung eines Gesetzes das Gesetz selbst gänzlich zu beseitigen im Stande ist.

Daher erlaube ich mir der Ansicht zu fein, die juristischen Argumente, deren man sich bedient hat, würden vor dem Forum eines juristischen Kollegiums kaum die Probe aushalten. Diese Theorie von der Aufhebung der Gesetze würde manches juristische Gewissen, welches vielleicht anders beschaffen ist als die Gewissen, deren namentlich der letzte Herr Redner erwähnte, geradezu revoltiren, freilich nur theoretisch. Daher muß ich sagen, daß mir die Rechtsfrage auf der Seite, welche die Rechtsbeständigkeit der Februarverfassung angriff, noch nicht so entschieden dargethan wurde, daß der letzte Hr. Redner geradezu sagen konnte, die Februarverfassung besteht nicht. Das ist nur feine Meinung und Andere werden wohl anderer Ansicht sein.

Ich wende mich nun zu den Bedenken, welche der Adreßentwurf als gewichtige Bedenken erklärt, welche die Erfüllung der Allerh. Aufforderung als eine außerhalb des Verfassungsrechtes stehende erscheinen lassen sollen; und dann zu den Gründen, weshalb wir speciell mit dem zweiten Theile des Adreßentwurfes nicht einverstanden sein können.

Das eine Bedenken ist wesentlich das: der Reichsrath sei nicht verfassungsmäßig, insofern sich dieses Bedenken auf die angebliche Aufhebung der Februarpatente gründet; es wurde schon gesagt, es trete wieder in volle Kraft, nachdem es nicht aufgehoben, sondern bloß sistirt war; dagegen habe ich nichts weiter zu bemerken.

Allein es wird besonders noch darauf Gewicht gelegt, daß die dem Reichsrathe zugewiesene Funktion von dieser Versammlung nicht geübt werden könne. Nun möchte ich fragen: Von wem sollen sie denn geübt werden? Von den einzelnen Landtagen ganz gewiß nicht, denn darüber würden sich selbst die enragirtesten Vertheidiger der Landtage und ihrer Omnipotenz keiner Täuschung hingeben. Das ist nicht möglich, daß dem Reichsrathe zugewiesene Angelegenheiten ohne weiters von jedem Landtage besorgt werden. Es spricht dagegen der klare Wortlaut des Feberpatentes, nämlich der §. 11, welcher sagt: Was den Landtagen zusteht, ist durch die Landesordnung bestimmt und die übrigen gemeinsamen Angelegenheiten gehören vor den Reichsrath. Wenn es also wahr ist, daß für diese Angelegenheiten der Reichsrath nicht kompetent ist, weil er angeblich nicht mehr besteht, so ist überhaupt Niemand dafür kompetent. Was bleibt übrig, als die absolute Behandlung dieser Angelegenheiten nicht etwa für kurze Zeit im provisorischen Wege, sondern definitiv? Dieß ist aber viel mehr als der bekannte §. 13, der so viel Herzeleid verursacht hat; dann kann die Regierung immerfort thun, was sie will, Niemand kann ihr entgegentreten.

Wenn also gesagt wird, die Funktionen, welche dem Reichsrathe zukommen, stehen ihm nicht mehr zu, aber auch einem anderen Vertretungskörper kommen sie nicht zu, so muß man Sagen: dann ist der reine Absolutismus Dasjenige, was zu Recht besteht.

Nun sagt man weiter: Anders zusammengesetzt muß er sein! Ja! dann macht die Quantität juristisch einen wesentlichen Unterschied aus gegenüber der Qualität.

Die Qualität ist dieselbe: Es sind Abgeordnete der Königreiche und Länder, gewählt durch die Landtage, oder möglicherweise gewählt durch direkte Wahlen, weil es nicht aus die Zahl ankommt, sondern auf die Qualität.

Und jetzt komme ich zu dem merkwürdigen Argumente, welches immer und immer wieder gegen uns angeführt wird: die Landtage haben dasselbe Recht, welches nach der Ferdinandea den alten Landtagen zusteht. Ja, ist die Zusammensetzung dieses Landtages die nämliche, welche vor dem J. 1848 stattfand? und wenn bloß die Aenderung der Zahl der Mitglieder schon das Recht des Reichsrathes aufhören machen soll, wie kann man behaupten, daß dieser Landtag mit seiner ganz anderen Zusammensetzung als unmittelbarer Rechtsnachfolger der postulatlandtage betrachten werden soll, bezüglich deren wieder mein unmittelbarer Vorredner gesagt hat, sie bestehen selbst noch immer zu Recht?

So hätten wir dann bald Postulatlandtage auf der einen und Landtage nach der Februarverfassung aus der anderen Seite. Dadurch würde die Zahl der Volksvertretungen in Oesterreich, deren wir ohnehin schon fast einen Ueberfluß haben, noch auf eine eigenthümliche Art vermehrt. Auch aus dem Grunde wurde behauptet, das Recht in eine Versammlung von 343 zu wählen, schließe nicht die Verpflichtung in sich in eine Versammlung von 204 zu wählen; es wurde gesagt, weil 204 nicht 343 ist. Letzteres ist freilich eine Behauptung, über Welche eine erfreuliche Uebereinstimmung in diesem hohen Hause herrscht (Bravo, Heiterkeit links). Das sind jedoch noch nicht die einzigen Bedenken, obschon ich glaube, daß, - wenn der Reichsrath überhaupt nicht existirt, darin des Bedenkens schon genug läge.

Aber es gibt noch andere Bedenken: Der Reichsrath soll bei seinen Schluß fassungen gar keine andere Beschränkung haben, als seinen Willen und seine Macht; er soll durch keine positiven Rechtsnormen gebunden sein. Ich muß gestehen, daß ich das in der That nicht begriffen habe, um so weniger, wenn ich bedenke, was Alles durch den Reichsrath gefährdet sein soll: Gefährdet sollen sein die Krone, die Einheit und Machtstellung des Reiches und die einzelnen Länder.

Vor Allem ist nicht richtig, daß der Reichsrath. keine positiven Grenzen für seine Wirksamkeit habe, um so weniger, daß von ihm Etwas, wie in der Adresse behauptet wird, gefährdet werden konnte. Der Reichsrath hat für seine Beratungen und Beschlüsse eine positive Norm in der Verfassung und den als Verfassung erklärten Grundgesetzen. Diese ist aber der Inbegriff aller Grundgesetze mit Einschluß der Landesordnungen.

Wie die Landesordnungen geändert werden können, das bestimmen die Landesordnungen selbst. Eine andere rechtlich mögliche Veränderung der Landesordnungen (Unruhe, D. -L. -M. läutet) als durch ein Landesgesetz mit der erforderlichen Majorität, kennt die Verfassung nicht, und darin liegt die Unmöglichkeit, daß durch Beschlüsse des Reichsrathes die Individualität der Länder und deren Landesordnungen irgend wie angetastet werden konnten, ebensowenig als durch die Landtage beschlossen werden kann, der Reichsrath existire nicht. Jede Korporation hat Gränzen ihrer Berechtigung und kein Befugniß, über die Gränzen der andern hinüber zu greifen. Eine Gefährdung der Länder durch den Reichsrath ist einfach nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich, aber ebenso wenig möglich ist die Gefährdung der Einheit und Machtstellung des Reiches. Wenn man die Frage der künstigen Gestaltung. Oesterreichs zuerst in einer bloß berathenden Versammlung und dann das Resultät dieser Versammlung in 16 bis 17 verschiedenen Landtagen wieder berathen läßt, wird wohl durch diese auseinandergehenden Meinungen etwas für die Machtstellung und Einheit des Reiches gewonnen werden können, wenn der ganzen Welt dargeboten wird das ganz unvermeidliche Bild der widerstreitendsten Anschauungen, die notwendiger Weise eintreten müssen, wenn an verschiedenen Orten berathen wird, wo es unmöglich ist, eine Verständ digung herbeizuführen?

Ich vermag nicht zu begreifen, wie man sagen kann, daß dieß die Einheit und Machtstellung des Reiches fördern könne; (Links: Bravo!) und was die Rechte der Krone betrifft, so gibt es keinen loyalen Oesterreicher, der sie bestreiten könnte (Bravo! Bravo!) und ich kann mir nicht denken, wie durch die Vertreter aller Königreiche und Länder zusammen geschehen konnte, was niemals ein Einzelner thun würde. (Bravo!)

Ich muß also sagen, daß die rechtlichen Bedenken, von denen die Gefährdung der Individualität der einzelnen Länder und Landesverfassungen das Bedeutendste wäre, wenn sie irgend einen Halt hätte, keineswegs irgendwie begründet sind.

Ich wende mich nun zur Nachweisung, warum wir nicht in der Lage sind, der Adresse beitreten zu können. Der Herr Vorredner hat bemerkt, er habe in der Kommission den Antrag gestellt, wir sollen uns verständigen, alle sollen die Adresse annehmen und dann würden auch die, die für die Adresse sind, uns unterstützen; das glaube ich sehr gerne, wo keine Majorität und keine Minorität vorhanden ist, da ist Einstimmigkeit, dann unterstützt Einer den Andern. Aber die Zumuthung, wir sollen die Einigkeit dadurch herstellen, daß, nachdem gleich beim Beginne der Sitzung von der einen Seite der Antrag auf Erstattung einer Adresse an Se. Majestät und von der andern Seite auf Vornahme der von Sr. Majestät angeordneten Wahl gestellt worden war, wir, welche letzterer Meinung waren, einfach die Meinung des Herrn Vorredners annehmen, das ist wohl von seiner Seite sehr natürlich und fein dießfälliger Wunsch begreiflich, und es wäre auch die allerbequemste Art, die Einigung herzustellen, wenn man es dem Gegner zur Pflicht machen würde, die Ansicht des Gegners zu theilen.

Ich halte mich aber im Einklage mit den verschiedenen Vorrednern von dieser Seite des Hauses für verpflichtet, abermals zu erklären, daß es nicht individuelle Rechthaberei, sondern die volle innere Ueberzengung ist, daß wir der getreue Ausdruck der Gesinnung unserer Mandanten sind, wenn wir einer Adresse nicht zustimmen, welche alle unsere Mandanten einstimmig nicht als den Ausdruck ihrer Meinung ansehen.

Wir haben am 7. Dezember erklärt, daß wir überzeugt sind, die ganze Bevölkerung, die uns gewählt, stehe hinter uns Seit der Zeit haben die Wahlen in Folge des patentes vom 2. Jäner d. J. stattgefunden. Jedermann weiß, in welcher Weise eine Beeinflußung der Wahlen unter dem Schutze der verschiedensten dabei thätigen Mächte statt gefunden hat (Oho! im Centrum, Ja wohl! links. ) Taufende und Hunderttausende von Exemplaren der Ansprache "an die biedern Landleute", welche offiziell jedem Menschen ins Haus geschickt wurden und zwar durch die Bezirksämter, sind denn doch Beweise, daß auf daß Entschiedenste durch die Bezirksämter Einfluß auf die Wahlen zu nehmen, allerdings mit dem unglücklichsten Erfolge versucht wurde. Die Allmächtigkeit der Bezirksämter scheint verschwunden zu sein, denn außer dem Hrn. Bezirksvorsteher haben diese Einwirkungen keine Proselyten gemacht, (Bravo) und dieß ist gerade ein entscheidender Beweis, mit welcher Einigkeit die Wahlen stattgefunden haben. Alle diejenigen, die in anderer Weife ihre. Mandanten vertreten haben, als in dem Geiste, welcher in dem Minoritätsvotum vom 7. Dezember Ausdruck gefunden, Welche daher nicht im Geiste ihrer Kommittenten gewirkt hatten, wurden nicht wieder gewählt.

Wir aber können schon deßhalb mit dieser Adresse nicht einverstanden sein, weil darin gesprochen wird, sie fei ein treuer Dolmetsch der Gesinnung des Volkes.

Man sagt freilich, das Volk ist nicht nothwendig das ganze Volk; allein wenn man ohne Beschränkung sagt "das Volk, " so meint man darunter alle Bewohner des Landes; wir verstehen darunter die böhmische und die deutsche Bevölkerung, obschon der Hr. Vorredner gesagt hat: wenn von der Bevölkerung Böhmens gesprochen wird, so ist weder die deutsche, noch die flavische, sondern nur eine böhmische darunter verstauben. Es mag ihm unbekannt sein, daß wir hier nicht berechtigt sind, "èechische Bevölkerung" zu sagen, sondern daß durch Beschluß des Landtages böhmisch soviel heißt wie èechisch. Nach diesen seinem Ausspruche werden daher beinahe 2 Millionen Deutsche vollständig verschwinden müssen (Bravo! links), wenn nur die böhmische Bevölkerung in Böhmen anerkannt wird; wir armen Deutschen, ich weiß nicht, wo wir hingehören.

Wenn ferner die Adresse sagt: "Wir sprechen als treue Dolmetscher der Gefühle der Bevölkerung", wie kann man uns dann zumuthen, daß wir zustimmen; da wir überzeugt sind, daß Niemand von unseren Kommittenten jenen Ansichten beipflichtet.

Unsere Kommittenten sind schon darin einer ganz verschiedenen Anschauung, wenn es in der Adresse heißt, das Königreich Böhmen ist in guten und bösen Tagen zu Österreich gestanden. Es wird immer gesprochen von Österreich, aber man behandelt dann Österreich immer als etwas Auswärtiges. Ich kann mir denken, daß eine auswärtige Macht treu zu Österreich steht, aber unsere deutsche Bevölkerung will nicht zu Österreich stehen, die ist in Österreich (Bravo links, lebhafte Heiterkeit im Centrum und rechts); wo soll denn Österreich sein? In Böhmen, in Mähren, in Galizien ist es nicht, überall ist es nicht, alle stehen dazu, aber keines darin. (Bravo links, Heiterkeit rechts. ) Aber wir halten daran fest, daß es ein Österreich gibt, und daß die deutsche Bevölkerung von Böhmen in Österreich sei und sein will. Man sagt immer, es ist von mancher gewichtiger Seite gesagt worden: Österreich ist nothwendig. Wir sind auch der Uiberzeugung, und ich hoffe, daß auch in internazionaler Beziehung Österreich für nothwendig gehalten wird, daß es Aufgabe aller europäischen Mächte sein wird, in ihrem eigenen Interesse liegend, die Kräftigung Österreichs nicht zu stören. Allein wenn von der Nothwendigkeit Östersterreichs gesprochen wird, so ist vor Allem Österreich nothwendig für die Völker, die Österreich bewohnen und für uns Deutsche in Österreich insbesondere. Aber warum? Weil eben Österreich das Donaureich, ein Gemisch von Völkern verschiedener Nazionalität ist, von denen jede einzelne sich möglicher Weise gefährdet findet durch eine Majorität. Deßhalb der Wunsch nach einer gemeinsamen Vertretung am Sitze des Reiches.

Diese wünscht unsere Bevölkerung, da wird nicht bloß ein Stamm und der andere Stamm erscheinen, da wird eine Vielheit von Nazionalitäten sein, von denen keine an sich die Mehrheit hat; Da wird keine Majorisirung stattfinden.

Aber die Adresse geht von einer ganz anderen Anschauung aus, sie sagt: sie sei nur für eine Versammlung, in welcher die Stimmen der Königreiche und Länder,, als solche" sich vernehmlich machen können, wo nicht Abgeordnete der Bevölkerung des Landes, sondern Abgeordnete der Vertretung des Landes im Landtage tagen, und rücksichtlich, wie das ganz in der Natur der Sache gelegen ist, die jeweilige Majorität des Landtages ausschließlich vertreten ist. Eine solche Vertretung denkt sich unsere deutsche Bevölkerung nicht. Wir wollen nicht eine Vertretung, in welcher die Stimmen der Königreiche und Länder als solche, sondern wo auch die Stimmen der Minorität sich vernehmbar machen können. Dieser Satz gefährdet das Recht der Deutschen in Böhmen auf Vertretung im Reiche; und darum werden wir niemals der Adresse der Majorität zustimmen, nie mit den Grundsätzen uns einverstanden erklären, die in derselben liegen. (Bravo, sehr wahr. )

Wir wollen aber endlich auch die Beendigung der Verfassungskrisis. Damit ist selbst der Herr Vorredner einverstanden, daß diese Krisis stark unbequem zu werden anfängt. Die Verfassungskrisis muß wahrhaftig bald beendigt werden, soll nicht das materielle Ellend alle unsere Völker überwuchern. - Nun meint zwar der Herr Vorredner, auf ein länger oder kürzer komme es dabei zunächst nicht an. Mir scheint, es handelt sich um ein viel länger und ich halte den Ausdruck in dem Minoritätsvotum, daß keine Beendigung der Verfassungskrise auf dem Wege, den die Majorität eingeschlagen hat, abzusehen sei, für vollkommen berechtigt. (Rufe: Ja wohl. Bravo. ) Wie denken Sie sich denn die Sache? Es sollen Männer mit berathender Stimme in Wien zusammenkommen; diese Männer sollen sich lange Zeit berathen, denn wenn man weiß, daß das, was man beschließt, feinen Werth hat, so beräth man um so länger, weil nur von Bedeutung ist, was gesprochen wird. Deßhalb werden die Berathungen von unendlicher Dauer sein und es kommt schließlich als Resultat heraus ein Majoritätsvotum und ein Minoritätsvotum, oder noch wahrscheinlicher viele Minoritätsvota; vielleicht ebensoviel, als Razionalitäten sind; das geht dann an die 16, 17 Landtage; deren ein jeder soll eine entscheidende Stimme haben. Nachdem die berathen haben, wird höchstwahrscheinlich wieder an eine Berathung des sogenannten Reichsrathes gegangen und so cum gratia in infinitum. Bloße Berathungen, davon werden sich die Herren überzeugt haben, nutzen nicht viel: wir haben im Jahre 1865 eine Adresse berathen, ebenso im Jahre 1866, beidesmal wurde erklärt: sest wird eingestanden für die unverrückbare Grundlage des Oktoberdiploms. Wo sind diese unverrückbaren Grundtagen über den Berathungen hingekommen?

Wir sind nahe daran, schon an eine reine PersonalUnion zu glauben, und das hat man den Berathungen zu verdanken: Roma deliberante Saguntum periit, möge über lauter Berathungen Oesterreich nicht zu Grunde gehen. (Bravo! links. )

Uibrigens hat ein anderer Herr Vorredner auf jener Zeile gesagt, zwei Wege böten sich uns dar: der eine Weg ist der am 29. September 1865 betretene, der andere ist der, zu dessen Betretung uns nicht ein Ministerial-Reskript, sondern eine kais. Verordnung auffordert.

Nun, meine Herren, für uns kann die Wahl nicht zweifelhaft sein. Wir haben am 7. Dezember v. I. in Demuth und Ehrfurcht an den Stufen des Allerhöchsten Thrones auszusprechen versucht, daß die Bevölkerung Österreichs unerschütterlich sei im Vertrauen aus die Weisheit und Gerechtigkeit Seiner Majestät, und die ehrfurchtsvolle Bitte zu unterbreiten versucht, Allerhöchst Dieselben wollen die Einberufung des Reichsrathes als verfassungsmäßige Vertretung dieser Länder allergnädigst anzuordnen geruhen. Es war uns nicht vergönnt, diese Bitte an die Stufen des Allerhöchsten Thrones gelangen zu lassen, allein im Vertrauen auf die Weisheit und Gerechtigkeit des Monarchen haben wir uns nicht getäuscht, (Bravo) er hat die Anordnung, welche wir erbitten wollten, getroffen; wir können daher nicht zaudern nicht schwanken.

Der eine Weg, der vor uns liegt, ist und durch die Erfahrungen von 18 Monaten hinlänglich bekannt geworden, wir Wissen, wohin er Österreich bereits geführt hat, und wohin er Österreich unvermeidlich hätte führen müssen, wenn nicht die Weisheit und Gerechtigkeit des Monarchen dem rollenden Wagen einen Halt geboten hätte. (Bravo, Bravo! links. ) Der andere Weg, er ist von Seiner Majestät dem Kaiser angeordnet, durch das Gesetz vorgeschrieben. Wir folgen daher dem Wunsche Seiner Majestät, wir beobachten das Gesetz. (Wiederholies Bravo links. )

Oberstlandmarschall-Stellvertreter Dr. Bìlský: Der Berichterstatter der Majorität, Excellenz Graf Leo Thun hat das Schlußwort.

Graf Leo Thun: Nach der langen Debatte, die von beiden Seiten des Hauses mit großem Kraftaufwand geführt worden ist, habe ich als Berichterstatter das letzte Wort zu sprechen. Ich bin der Debatte mit großer Aufmerksamkeit gefolgt; so lange sie aber gedauert hat, und soviel auch gesprochen worden ist, es scheint mir doch, daß durch die ganze Debatte ein unklarer Gedanke sich durchzieht, welcher zu meinem Erstaunen selbst über die Natur der Vorschläge oder Anträge, die uns vorliegen, sich erstreckt, daß eine richtige Auffassung derselben noch ganz und gar nicht sich herausgestellt hat. Es liegen dem hohen Hause zwei Anträge vor, ein Antrag der Majorität, welcher dahin geht, vorläusig in die Wahlen nicht einzugehen, sondern von Seiner Majestät sich diejenige Gestaltung zu erbitten, die nach der Ansicht der Majorität das Haus in die Lage setzen würde, die Wahlen vorzunehmen, von der Minorität der Antrag: sogleich in die Wahlen einzugehen. Es hat den Anschein, daß der Antrag der Minorität sich unmitelbar an den Wunsch der Regierung, nicht an eine Regierungsvorlage, wie wir eben belehrt, worden sind, aber an das Reskript der Regierung anschließe; ja zu meinem Erstaunen hat der Herr Regierungsvertreter Selbst dieser Ansicht sich hingegeben, daß der Vertreter der Minorität die Ansicht der Regierung vertreten werde. Mir aber scheint der Antrag der Minorität ein viel schärferer Gegensatz gegen die Regierung zu sein, als der Antrag der Majorität. (Bravo! Oho!) Ich werde mir erlauben, diese meine Ansicht zu erklären, ob sie richtig ist oder nicht, darüber wird dann der Landtag entscheiden. Es liegt uns eine Mittheilung der Regierung vor, welche eine Reihe von Thatsachen zur Sprache bringt, die, wie im Verlause der Debatte bemerkt wurde, dem Landtage in offizieller Weise nicht mitgeteilt worden sind. Es wird gesprochen vom patente vom 2. Jänner, es wird gesprochen von einer Vereinbarung in Beziehung eines Ausgleiches mit Ungarn, es wird gesprochen von einer Allerhöchsten Entschließung vom 4. Feber; alle diese Dinge werden uns lediglich in dieser Form mitgetheilt.

Ich bin nun nicht der Meinung, daß der Landtag deßhalb keine Notiz davon nehmen könne, weit diese Dinge nicht in offizieller Weise mitgetheilt worden sind, ich meine nicht, daß sich der Landtag so benehmen soll, wie dem Vernehmen nach ein Kreisvorstand in Böhmen während des Abzuges der preußischen Truppen, der über die Mittheilung, daß in der Gegend gegen 30. 000 Preußen erwartet und verpflegt werden sollen, erwiederte, daß ihm davon keine offizielle Mitteilung zugekommen sei und er die Preußen deßhalb ignoriren werde. Ich glaube nicht, daß der Landtag das Geschehene ignoriren werde, ich glaube nicht, daß der Landtag das Geschehene ignoriren kann; wenn auch meiner Ansicht nach eine andere Mitteilung wünschenswerth gewesen wäre, so bleibt doch nichts übrig, als daß man von diesen Thatsachen Notiz nehme. Die wichtigste dieser Thatsachen ist nun ohne Zweifel das, was die Regierungsmittheilung als eine vereinbarte Grundlage des Ausgleiches mit dem ungarischen Landtage erwähnt; durch das Manifest und das Patent v. 20. September 1865 ist nicht die Februarverfassung, ein Ausdruck, von dem schon öfter bemerkt worden ist, daß er nicht korrekt sei, sondern Das Grundgesetz über die Reichsvertretung, vom 26. Feber fistirt worden, deshalb, um mit Ungarn Verhandlungen über den Ausgleich einzuleiten, deren erster Schritt der war, das Oktoberdiplom und das Feberpatent dem ungarischen Landtage und auch dem kroatischen zur Annahme vorzulegen. Wenn nun diese Verhandlungen zu feinem Resultate geführt hätten, so wäre ein konsequenter Schritt in der Verfolgung des Gedankenganges des Manifestes der gewesen, zu erklären: die Verhandlungen haben zu keinem Resultate geführt, der Zweck ist nicht erreicht, und das Feberpatent, das Reichsgrundgesetz vom 26. Feber tritt wieder in Wirksamkeit. Die Verhandlungen aber, wie der Regierungserlaß mittheilt, haben zu einem Resultate geführt, aber zu einem Resultate, welches mit dem Grundgesetze vom Feber unvereinbar ist.

Daß nun die Regierung daraus die Konsequenz Zieht, daß in Folge dessen die Sistirung nicht mehr nothwendig, und das Grundgesetz wieder in Wirksamkeit getreten ist, das scheint mir ein logischer Fehler, und einer der Gründe, welcher in die ganze Angelegenheit große Unklarheit gebracht hat. (Bravo, výbornì. ) Die Regierung sagt: In Folge dessen ist die Allerhöchste Entschließung vom 4. Feber l. J. erflossen, in welcher Seine Majestät zu verordnen geruht, daß von der Einberufung eines außerordentlichen Reichsrathes es abkomme und der verfassungsmäßige Reichsrath am 18. März zusammentreten solle. Der Herr Vorredner hat sich darüber aufgehalten, daß in der Debatte gesagt worden ist, was ich zu wiederholen mir erlaubt habe daß der Landtag diese Allerhöchste Entschließung von 4. Jänner eigentlich nicht kenne. Ich mochte wohl wissen, was der Herr Vorredner gesagt haben würde, wenn unter dem vorbestandenen Ministerium eine Allerhöchste Entschließung, die seinem Sinne nicht entsprochen hätte, erfolgt wäre, und dem Landtage nur so mitgetheilt worden wäre: "Am sovielten hat seine Majestät mit Allerhöchster Entschließung dasund das anzuordnen geruht", daß in diesem Falle der Herr Vorredner nicht darauf eingegangen wäre, ohne daß der Text der Entschließung authentisch dem hohen Hause mitgetheilt würde, davon bin ich überzeugt (Bravo, Výbornì) und ich kann nicht sagen, daß er Unrecht gehabt hätte. Die Regierungsmittheilung sagt nun: in Folge dessen solle also am 18; der verfassungsmäßige Reichstag zusammentreten. Allein es ist schon von einem früheren Redner bemerkt worden, die Regierung scheine denn doch nicht der Meinung zu sein, daß der eigentliche verfassungsmäßige Reichsrath des Grundgesetzes vom 26. Feber es sei, weil sie am Schluße sich nicht aus den §. 16 der Landesordnung beruft, sondern an den opferwilligen Patriotismus des böhmischen Landtages in Beziehung auf den Wunsch der Beschickung appellirt, ja mehr, sie schließt mit folgenden Worten: Es wird also von dem Landtage mit Zuversicht gehofft, daß derselbe sofort zur Wahl der Mitglieder für den verfassungsmäßigen Reichsrath schreiten, und hiedurch in richtiger Beurtheilung der wohlwollenden Intentionen Seiner Majestät dazu beitragen werde, die nur allzu lange schon fortdauernde Verfassungskrisis aus einer dem Einverständnisse aller Betheiligten entsprechenden Grundlage zu beenden. "

Ich vermag mir diese Worte nicht anders auszulegen, als der Reichsrath, der jetzt berufen wird, soll eine Grundlage sein, von welcher aus die Verfassungskrisis geendigt werden soll, und diese Grundlage soll gewonnen werden durch Einverständniß aller Betheiligten, das heißt also, der Reichsrath, welcher jetzt einberufen wird, oder vielmehr, welchen wir durch diese Regierungsmittheilung zu beschicken


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