Pondìlí 25. února 1867

wendig eine Majorisirung irgend eines Theiles dadurch erfolgen müsse.

Was den ersten Punkt der Verfassung anbelangt, so wurde es schon von vielen Seiten dargethan und nach meiner Meinung auch erwiesen, daß die Februarverfassung noch ausrecht bestehe, daß sie ein Grundgesetz sei, welches von uns beachtet werden müsse.

Ich selbst habe in einer früheren Zeit schon darzuthun gesucht, daß, wenn man dieses Gesetz nicht als bestehend anerkennen wollte, man dann konsequent zu veralteten Institutionen zurück schreiten müßte, welche keineswegs für die gegenwärtigen Bedürfnisse, die gegenwärtigen Rechtsanschauungen unseres Volkes geeignet erscheinen und daher selbst, wenn sie bestünden, von uns beseitigt werden müßten; es scheint mir keineswegs zweckmäßig, es erscheint mir nicht entsprechend, aus dem Schutte der vergangenen Jahrhunderte die Grundlagen für ein heutiges Verfassungsleben hervorzusuchen; es scheint mir dies ein arger Fehlgriff zu sein, wenn man die staatsrechtliche Stellung Böhmens in einer Weise protegirt, daß hiedurch der Gesammt-Staat hintangesetzt wird. (Oho! im Centrum; sehr gut, links. )

Dies ist nach meiner Ueberzeugung und ich glaube nach der Ueberzeugung eines Jeden, der die Worte liest, welche in der Adresse enthalten sind; dies ist in der Adresse klar ausgesprochen. (Bewegung rechts; sehr wohl links!)

Ebenso klar ist es und es ist allseitig auch von den Herren jener Seite anerkannt worden, daß Böhmen zusammengehörig sei mit Oesterreich, daß es einen untrennbaren Theil dieses Staates bildet (Ja wohl! links, - Unruhe im Centrum. ) Aber Was folgt daraus?

Wenn Böhmen ein Theil des Staates Oesterreich ist, so ist es die Pflicht Böhmens,, auch die Zwecke des Staates zu erfüllen, die Zwecke jenes Staates zu erfüllen (eine Stimme im Centrum: "Das wollen wir!"), von dem es eben ein T. heil ist; nicht aber seine Sonderzwecke über die Gesammtzwecke des Staates zu erheben. (Im Centrum: Sonderzwecke!? Was ist Sonderzwecke? links: Sehr gut!)

Die Herren sprechen von den besonderen Rechten, von der besonderen staatsrechtlichen Stellung Böhmens. Ich erkenne an, daß es eine solche staatsrechtliche Stellung Böhmens gibt (Rufe: Hört!), aber ich finde sie anderswo, als wo Sie sie finden. Ich finde sie nämlich in einem bestehenden Gesetze, in dem Gesetze vom 26. Februar (Heiterkeit im Ceutrum und rechts; Oberstlandmarschall läutet), nicht in dem Gesetze vom Jahre 1600 und so und soviel (Große Unruhe, O. L. M. läutet wiederholt).

Meine Herren, wenn Sie über eine solche Bemerkung zu lachen vermögen (Heiterkeit), dann lachen Sie über sich selbst (große Unruhe, Oho! Bravo links, D. L. M. läutet: Ich bitte, meine Herren, die Redefreiheit!), dann fitzen Sie unbefugter Weife hier (Oho! im Centrum und rechts). Das ist doch klar, wenn Sie die Verfassung vom Februar nicht anerkennen und wenn Sie sagen: sie bestehe für Böhmen nicht, dann fitzen Sie unbefugt da. Wo find nun aber die vielgerühmten Rechte, welche man im Hinblicke auf die Ferdinandäische Landesordnung findet, wo sind, die vielgerühmten Rechte, aus denen man eine so beglückende staatsrechtliche Stellung Böhmens zu de duduziren trachtet? Jenes Gesetz war der Ausdruck des absoluten Willens des Monarchen und jenes Gesetz hat auch diesen absoluten Willen des Monarchen zum geltenden Gesetze für den Staat erklärt. Es ist wahr, die Herren sagen: Es istdort von einem Wahlrechte, es ist dort von einem Steuerverwilligungsrechte die Rede. Ich will mich gar nicht in eine Dedukzion darüber einlassen, ob überhaupt ein solches Recht aus jenem Gesetze besteht; ich will annehmen, daß es besteht; ich will annehmen, daß es eben aus jener Ferdinandäischen Landesordnung besteht. Wie wird nun das Recht aussehen, dieses Steuerverwilligungsrecht? Einige Wenige Bevorzugte, welche sich schon zu jener Zeit, als die erste Landtagssitzung zusammentrat, aus eigener Machtvollkommenheit die Depositäre der Rechte des Königreiches Böhmen genannt und als solche erklärt haben, - diese wenigen Ausnahmen wären es wohl, die die Steuern zu votiren, welche, ganz prosaisch gesagt, über unsere Taschen zu verfügen hätten. Ich glaube nicht, daß irgend Einer, Welcher in Vertretung der Land- oder Stadtgemeinden hier sitzt, daß irgend Einer ein solches Steuerverwilligungsrecht, wie es doch einzig und altein in jenem Gesetze enthalten ist, anerkennen wird. Das Wahlrecht, vor dem möge uns Gott behüten! ich und meine Gesinnungsgenossen wünschen, daß das Haus Habsburg ebensolange bestehe, wie das Königreich Böhmen (Bravo! allseits), und daß sich niemals eine Gelegenheit ergebe, um zu einem solchen Rechte die Zuflucht zu nehmen (Bravo! Výbornì!). Wenn übrigens auch ein solcher trauriger Fall im Laufe der Jahrhunderte sich ereignen sollte, dann, meine Herren, glaube ich, wird es nicht nothwendig sein, in der Ferdinanden nach dem Rechte zu suchen, sich einen Regenten zu wählen; dieses Recht wird dann ohne Zweifel im natürlichen Rechte des Volkes gelegen sein; denn es kann nicht fein, es ist nicht möglich Volker zu verschachern, zu verderben. (Bravo!)

Wir haben durch die Gnade unseres erhabenen Kaisers die Grundlage unseres Verfassungstebens erlangt; es sind jene alten Gesetze, welche mir ein Ausdruck der Exklusirität gewisser Stände waren und welche, wenn man in der alten Gesetzgebung Böhmens zurücksieht, nur mitunter widerliche Erscheinung einer nationalen Überhebung zu Tage gefördert haben, es sind diese Gesetze, die durch Einsicht und Gerechtigkeit unseres Kaisers beseitigt worden, es ist jetzt in Wahrheit das Volk, es sind die Vertreter des Volkes zur Mitwirkung an der Gesetzgebung berufen. Wenn es möglich wäre, daß man irgend eines jener abgelebten Gesetze noch als ausrecht; bestehend erachten konnte, dann glaube ich, müßte es unsere Aufgabe sein, Alles daran zu setzen, um es zu beseitigen. Die Geschichte lehrt uns keineswegs und sie gibt uns kein schönes Bild von jenen Zuständen, wie sie unter jenen Gesetzen bestanden haben. Ich finde kein Beispiel, daß durch die Ferdinandäische Landesordnung und das, was an ihr hängt, in irgend einer Weise die Bedürfniße des Volkes, der Bevölkerung wirklich unterstützt und gefordert worden sind. Um nur ein Beispiel anzuführen, deute ich hin auf ein geschichtliches Faktum, welches sich bezieht auf die Brauerei. Es gab eine Zeit, wo in Böhmen jeder Landmann das Recht hatte, sich fein Biergetränke selbst in seinem Haufe zu bereiten. Erst im Laufe der Zeit geschah es, daß die Depositäre der Rechte des Landes allmälig dieses Recht in ein ganz anderes umgewandelt, daß sie damit dem Volke dieses Recht entzogen haben. Ich habe eben ausgesprochen, daß das geschriebene Gesetz, daß das Februargesetz besteht; ich bin dieser Überzeugung und mit mir so viele Andere, weil man doch ein Gesetz nicht für aufgehoben erachten kann, wenn es auch sistirt ist oder wenn es auch von einem Theile nicht befolgt wird.

Die Richtbefolgung eines Gesetzes kann keinen Grund dazu abgeben, um dasselbe als aufgehoben zu erklären, am allerwenigsten bei einem Staatsgrundgesetze. Wo wäre die Schweiz, wo wären die amerikanischen Staaten hingerathen, wenn sie in einem Augenblicke, als ein Theil der Bevölkerung sich gegen das bestehende Verfassungsgesetz erklärt, auch ihre Verfassung für aufgehoben erachtet hätten. Die Verfaffung gibt Mittel und Wege an, um zu einer Änderung zu gelangen wo diese nothwendig ist. Es ist in der Verfassung selbst schon dies Recht gewährleistet; warum sie also als aufgehoben, als nicht bestehend betrachten, da sie selbst den gesetzlichen Weg zu einer gesetzlichen Änderung bietet? Wir halten also an diesem bestehenden Gesetze fest, wir halten daran fest nicht nur, weil es nicht behoben ist, sondern weil auch in unseren Herzen Treue für das Reich und für den Kaiser lebt, unbeschadet der Rücksichten auf die staatsrechtliche Stellung Böhmens oder der einzelnen Länder. Wenn die Adresse davon spricht, daß das ganze Volk den Rechtsanschauungen, die da niedergelegt sind, beipflichtet, so müssen wir diesem in der feierlichsten Weise widersprechen. Wir müssen hier konstatiren und erklären vor Kaiser und Reich, daß die gesammte deutsche Bevölkerung Böhmens nicht damit einverstanden ist. Wir sind vollkommen in der Lage diese Erklärung abzugeben, da aus Anlaß unserer Wahl von allen Wählern deutlich und klar diese Anschauung ausgesprochen wurde. (Unruhe). Wenn daher einer meiner geehrten Herren Vorredner böse Geister gesehen hat, welche das Volk irre leiten, welche dem Volke unwahre Anschauungen darzustellen trachten über die Verhältnisse in unserem Lande, über die Rechte der Bevölkerung und über die Wünsche derselben, wenn er mit diesen Geistern einen Kampf auf Tod und Leben angekündigt hat, nun so möge er diesen Kampf führen, er wird ihm schon deshalb etwas schwer fallen, weil diese Geister keinen Körper haben und nur in seiner Einbildung leben. (Bravo! links. ) Ein geehrter Herr Vorredner findet einen Grund gegen die Beschickung des Reichsrathes darin, weil er im Vorhinein erkennt, daß die einzelnen Lander und Königreiche aus einer solchen Versammlung des Reichsrathes lediglich als Departements, als gleichgestellte Theile hervorgehen und erscheinen werden; weil sie, wie er sagt, alles hingeben müssen, was sie besitzen; nun dieß ist wohl eine Behauptung, aber wirklich eine vollständig unerwiesene Behauptung; und wenn er solche Befürchtungen hegt, so sind diese Befürchtungen im höchsten Grade unbegründet und nicht gerechtfertigt; denn ich kann mir nicht denken, daß ein Gesetzgebungsförper, in dem eben alle einzelnen Theile der Monarchie, in dem eben alle Königreiche und Länder vertreten sind, daß ein solcher Körper seine eigene Bestandtheile einfach hinwegdekretiren werde. Man sprach endlich, und das ist wesentlich in der Adresse und deren Berichte hervorgehoben, die Befürchtung aus, daß man einer Majorisirung verfalle, wenn man in den Reichsrath schickt. Ich sehe nicht ein, wienach diese Befürchtung davon abhalten solle, eine verfassungsmäßige Grundlage aufrecht zu erhalten; denn wenn dieser Grund wahr ist, dann ist eine jede Konstitution überflüssig, dann ist eine jede konstitutionelle Einrichtung unzulässig; dann erklärt man sich im Vorhinein für die. absolute, für die willkührliche Regierung. (Oho, oho im Centrum). Man erklärt sich dafür! Ich kann mich da auf die Worte eines geehrten Herrn Vorredners berufen, welcher erklärt hat, daß er lieber eine absolute Entscheidung als die Erledigung durch eine Majorität haben will. Wenn ein bloß berathender Körper zusammentritt, er mag von noch so viel Personen, noch so viel Interessen beschickt werden, so kann er schon nach seiner Eigenschaft eben keine Beschlüße fassen, er kann zu keinem Zweck und Ziel kommen und es kann endlich doch nur darüber ein absoluter Wille gebieten und ein absoluter Wille entscheiden, welche Ergebnisse dieser Consultation anzunehmen seien und bindend sein sollen.

Eine Majorisirung, wenn man diesen unbeliebten Ausdruck gebrauchen will, eine Majorisirung mochte ich sagen, ist niemals zu vermeiden, wenn es sich um eine Entscheidung handelt. Es hat ein geehrter Redner von der anderen Seite in gütiger Fürsorge für uns erklärt, sie wollen nicht in den Reichsrath gehen, um uns ja nicht der Gefahr auszusetzen, von ihnen majorisirt zu werden. Meine Herrn, dieser Gefahr gehen wir ruhig entgegen. Meine Herrn! diese Befürchtung, die können Sie für uns fallen lassen, auch wenn Sie uns an jenem Orte, wo uns das Gesetz und der Wille des Kaisers hinstellt, majorisiren, so wollen wir es uns gefallen lassen. (Bravo links).

Ich sehe auf dem Wege, der da vorgeschlagen wird durch eine blos konsultative Zusammenkunft und Versammlung die Einheit der Monarchie zu fordern; ich sehe auf diesem Wege kein Ziel zu erreichen möglich, wenn nicht alle, die da anwesend sind, einverstanden sind, wenn sich die verschiedenen Stimmen und Meinungen geltend machen, wenn mau endlich nicht, wie ich schon angedeutet habe, den absoluten Willen eines Einzigen der gegenwärtig selbst seine Völker zur Mitwirkung und Mitbetheiligung an der Gesetzgebung berufen, wenn man nicht diesen absoluten Willen als den allein entscheidenden hinstellen will, dann sehe ich nur aus solchen Verhältnissen chaotische Zustände hervorgehen, ich wüßte nicht, wie sie zum Ziele kommen, wie sie aus den verschiedenen Anschauungen zu einem festen Grundgesetze gelangen wollen. Nur in dem Reichsrathe, nur in dem Vertretungskörper der Gesammtmonarchie. (Bravo, bravo links, Ruf im Centrum: Gesammimonarchie!)

Oberstlandmarschall (läutet): Ich bitte den Herrn Redner nicht zu unterbrechen; hat er einen falschen Ausdruck gebraucht, so ist das seine Sache. (Eine Stimme int Centrum, Ein richtiger Audruck!)

Dr. Klier: (fortfahrend: ) Nur in dem Vertretungskörper der Gesammtmonarchie ist es möglich, daß alle Länder und Theile dieser Monarchie ihren Schutz finden (Bravo links), daß alle Nationalitäten derselben ihren Schutz finden. (Zustimmung auf allenSeiten des Hauses). Es freut mich sehr die Zustimmung der Herren der Gegenseite; denn sie begründet und motivirt meine Auschanung, da ich wenigsteus in einer Beziehung diesen Gesammtvertretungskörper noch immer lebend wissen will. Wenn die Gefahr der Majorisirung in irgend einer Weise begründet werden sollte, so wäre diese Gefahr viel größer in den einzelnen Landtagen. Es wären dieser Gefahr wir vor allem im böhmischen Landtage ausgesetzt, denn wir haben bereits Beweise dafür erlebt. (Bewegung im Centrum, Rufe links: "Oja"). Wir wünschen keine Vertretung nach ständischen Kasten, wir wünschen ebensowenig eine Vertretung nach Köpfen, welche nur Repräsentanten roher Gewalt sind; wir wünschen eine Vertretung nach den wahr hasten Interessen des Volkes, nach den wahrhaften Interessen des Landes, - eine solche Vertretung wünschen wir, und da dieses Grundprinzip in der FebruarVerfassung ausgesprochen ist, da dieses Grundprinzip einer fortwährenden Verbesserung und Ausdehnung fähig ist, halten wir auch an der Februarverfassung fest, solange fest, als sie uns nicht genommen wird durch einen Gewaltakt. Die Kaiserkrone, die steht uns über die Königskrone. (Bravo links!) Und darum auch können wir uns der Adresse nicht anschließen und stimmen für die Vornahme verfassungsmäßiger Wahlen in den Reichsrath. (Bravo links!) Oberstlandmarschall (läutet): Ich bitte den Herrn General-Redner der Majorität! Graf Friedrich Thun!

Friedrich Graf Thun: Hohe Versammlung! So sehr ich mich geehrt fühle, daß ich von dieser Seite des Hauses zum General-Redner bezeichnet worden bin, so muß ich es doch im Interesse der Sache bedauern.

Ich bin zu neu in dieser Versammlung, um die Aufgabe, welche mir dadurch zufällt, nach ihrem vollen Umfange erfüllen zu können.

An der Absicht wird es nicht fehlen; allein ich fürchte, daß es an der Befähigung fehlen wird, um so mehr, als die verschiedenen Redner der entgegengesetzten Seite mir ein so weites Feld der Entgegnung gegeben haben, das zu betreten ich zwar nicht scheue, wobei ich aber besorge, es konnte mir Manches aus dem Gedächtnisse entgehen, was gewünschten Stoff zur Erwiederung bietet.

Ich muß daher diese Seite des Hauses um Vergebung bitten, wenn ich dem Austrage, der mir ertheilt worden ist, nicht vollkommen entspreche.

Ich bin gegenwärtig in einiger Verlegenheit, ob ich vor Allem mit den Entgegnungen gegenüber den verschiedenen Rednern der entgegengesetzten Partei anfangen, oder ob ich mit meiner Privatansicht beginnen solle. - Indeß bitte ich doch um die Erlaubniß, mit dieser letzteren beginnen zu dürfen, Weil dieß meine Rechtfertigung und zugleich meinen Privatstandpunkt darstellen wird.

Wenn ich mich bei dieser Verhandlung zum Worte gemeldet habe, so ist es wahrlich nicht aus einer rabies parlamentaria geschehen, ich bin weit entfernt davon, der Eitelkeit zu fröhnen, meinen Namen einmal in den stenografischen Berichten zu lesen und mit einem maiden speech vor das Publikum zu treten; gehe auch von der Uiberzeugung aus, daß es uns neu eingetretenen Mitgliedern obliegt, schon erprobten Kämpen auf dem politischen Kampfplatze die Führerschaft zu überlassen, umsomehr bei so hochwichtigen Debatten, wie die, heutige ist, wo wir wohl überzeugt sein können, daß die tüchtigsten auch wirklich auf dem Schlachtfelde erscheinen werden.

Meine Herren! es gibt wichtige und schwierige Momente im Privatleben wie im öffentlichen Leben; ich glaube, bei einem solchen Momente des öffentlichen Lebens find wir jetzt angelangt und es Wird sich der gewissenhaste. Mann die sehr wichtige Frage vorlegen, wie er seiner Uiberzeugung nach vorzugehen hat; er wird aber auch das Bedürsniß fühlen, ich mochte sagen ein öffentliches Glaubensbekenntniß abzulegen, und das ist es auch, meine Herren ! was ich Sie ersuche, von mir anzuhören.

Ich habe gesagt, wir befinden uns in einem sehr schwierigen, ernsten Momente; ich glaube, das zu begründen, wird bei den allgemein bekannten Verhältnissen nicht nöthig sein.

Wir befinden uns aber auch in einem ganz besonderen Momente.

Am 2. Jönner hat Seine Majestät geruht, ein Patent zu erlassen, in welchem er den bestehenden Landtag aufgelöst, einen außerordentlichen Reichsraht einberufen und dazu die Wiederwahl des Landtages angeordnet hat.

Ehe noch die Wahlen vollendet waren, in die sich unsere Partei mit Freuden und Eifer begeben hat, obwohl sie manches Bedenken gegen das Patent vom 2. Jänner hegte, ist ganz unerwartet ein Wechsel in der Lage der Dinge eingetreten.

Wir sind am 18. d. M. hier zusammengetreten, und obwohl uns in Aussteht gestellt war, im Standpunkt klar zu erfahren durch eine allerhöchste Bothschaft, so ist daraus doch nichts geworden, als eine Regierungsvorlage, welche sich auf das Patent vom 2. Jänner und 4. Februar bezieht, welche beiden Patente jedoch dem Landtage als solchem vollkommen unbekannt sind. Ich gestehe, daß ich diese Regierungsvorlage mit dem größten Interesse erwartete und angehört habe; aber ich kann auch nicht längnen, daß ich in meinen Erwartungen enttäuscht worden bin.

Die Regierungsvorlage stellt als den ersten Punkt, eigentlich als das Hauptmotiv der Schwenkung, im zweiten Absatze dieses Punktes dar, daß die Allerhöchste Absicht, zum lebhaften Bedauern der kaiserlichen Regierung, nicht überall dieselbe Würdigung gefunden, daß dieselbe vielmehr vielfachen Mißdeutungen ausgesetzt war, weshalb sich die kaiserliche Regierung der Erwägung nicht entziehen konnte, daß auf diesem Wege ihre Absicht nicht erreicht werden könne.

Nun, meine Herren, ich gestehe, daß diese Motivirung mich peinlich überraschte.

Es ist heute schon hervorgehoben worden, und ich frage, von wem sind denn diese Mißdeutungen ausgegangen? ist es von einem Körper ausgegangen, der einen Berns dazu hat?

Nein, das ist nicht der Fall, es ist von den Zeitungen ausgegangen und von Männern, die früher ein Mandat hatten, es war also eine reine Privatansicht.

Nun ich gestehe das, es ist mir ein Novum, daß eine Regierung, durch eine solche Meinungsäußerung von ihrem Standpunkte abzubringen sei, so wie ich es im Sinne der Regierung bedauere, weil ich glaube, daß sie damit das Heft aus der Hand gibt.

In weiterer Folge erwähnt die Regierung den Fortgang und den Stand der Verhandlungen mit dem Königreiche Ungarn und sagt, "daß diese Verhandlungen zum erfreulichen Resultate geführt, daß von Seite des ungarischen Landtages eine Zustimmung zu Auträgen gehofft werden kann, welche die Machtstellung der Gesammt-Monarchie zu wahren geeignet sind und in ihrer Durchführung eine gedeihliche Entwicklung derselben in Aussicht stellten". Ware wirklich dieses Resultat sichergestellt, so würde gewiß Niemand sich mehr freuen als ich; und ich glaube auch berechtigt zu sein es auszusprechen: diese ganze Seite des hohen Hauses. Ich kann aber nur sagen: Gott gebe seinen Segen, damit diese Erwartung erfüllt werde! (Bravo. ) Auch in dem weiteren Fortschritte der Regierungsvorlage sehe ich durchaus keinen stichhältigen Grund, der die Einberufung des v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n Reichsrathes der Regierung zur Pflicht auferlegt hätte, bis auf einmal im Absatze 14. gesagt wird: "Von diesen Gründen geleitet haben Se. k. k. apost. Majestät mit der Allerhöchsten Entschließung vom 4. Februar zu verordnen geruht, daß von der Einberufung eines außerordentlichen Reichsrathes abzukommen sei und der v e r f a s s u n g s m ä ß i g e Reichsrath am 18. März in Wien zusammentrete und daß ihm die Verfassungsänderungen und der Ausgleich mit Ungarn zur Annahme vorgelegt werden. " Hier wird zum Erstenmale vom verfassungsmäßigen Reichsrathe gesprochen. Nun, meine Herren, wenn der Reichsrath wirklich verfassungsmäßig ist, so ist es unbedingt die Pflicht aller Derjenigen, welche zum Reichsrathe beizutragen haben, dabei zu erscheinen. (Ruf auf der Linken: Ganz recht!) Es scheint mir aber dieß im Schlußabsatze der kaiserlichen Regierungsvorlage selbst sehr in Zweifel gezogen, denn derselbe lautet: "die kaiserliche Regierung darf von der ruhigen Besonnenheit und dem opferwilligen Patriotin mus der Mitglieder des böhmischen Landtages mit Zuversicht hoffen, daß derselbe sofort zur Wahl der Mitglieder für den verfassungsmäßigen Reichsrath schreiten« u. s. w. Bin ich zu einer Handlung verpflichtet, so kann von einer Opferwilligkeit gar keine Rede mehr sein. (Bravo! im Centrum). Nimmt man aber meine Opferwilligkeit in Anspruch, so erkennt man an, daß man kein Recht habe, etwas als Pflicht von mir zu fordern. (Výbornì!) Wenn mau aber meine Opferwilligkeit in Anspruch nimmt, so bin ich doch berechtigt und verpflichtet, mir es wohl zu überlegen, ob ich das Opfer bringen will und bringen kann, "Bringen will, " ich glaube, der böhmische Landtag, und die so sehr von der anderen Seite perhorreszirte Adresse spricht den Willen zu jedem Opfer, das dem gemeinsamen Vaterlande nützlich sein kann, offen und unverholen aus. (Výbornì!) Allein das "können" ist eine andere Frage und das bedingt die Pflicht, es mir selbst reiflich zu überlegen und gewissenhaft zu prüfen; die Pflichten in diesem Falle sind aber Pflichten gegen das Reich, gegen die Krone und gegen das Land. (Výbornì!) Erkennt man mir das Recht zu, daß ich diese Pflicht zu würdigen und zu überlegen habe, so glaube ich, kann man nicht sagen, daß der Reichsrath ein verfassungsmäßiger ist.

Dies ist der Anfang meines Glaubensbekenntnisses. Im Weiteren Verlaufe mußte ich mir allerdings die Frage stellen: soll man zu diesem Reichstage, dem sogenannten verfassungsmäßigen, wählen oder nicht wählen? Einerseits habe ich die Einberufung; Seiner Majestät unseres allergnädigsten Kaisers und mir widerstrebt es, dem Wunsche des Kaisers nicht unbedingt beizustimmen, weint ich es eben nur kann; also es war die höchste Bereitwilligkeit, diesem Austrage zu folgen. In 2. Linie ist die andere Berücksichtigung, daß wir allerdings in einem sehr kritischen Punkte sind und ich glaube, daß auch diese Seite des Hauses mit der gegenüberstehenden vollkommen einverstanden sein wird, daß es wünschenswerth ist, aus dem Zustande der Verfassungswirren herauszukommen in einen geregelten Zustand, der die Möglichkeit bietet, dem Volke aufzuhelfen und für seine materiellen Interessen zu sorgen.

Allein, meine Herren, wie der Mann im Privatleben Pflichten hat, die ihm über Alles gehen müssen, so hat auch der politische Mann und die politische Partei solche Pflichten. Ein Aufgeben der moralischen Pflichten als Mensch darf der Mann nie zugeben, ohne die Achtung seiner Mitgenossen zu verlieren, ein Aufgeben der Grundprinzipien der politischen Rechtsanschauung kann ein politischer Mann und eine politische Partei nicht zugeben, ohne sich selbst den Todesstoß zu geben. - Wir sind in der peinlichsten Kollision der Pflichten, die wir uns denken können und es hat sich also bei uns die Frage gestellt, auf welche Weise können wir auf das loyalste, aus das ehrenhafteste herauskommen? Nun, meine Herren, ich glaube, diese Frage kann nur beantwortet werden durch eine offene und unumwundene Adresse an Seine Maj. den Kaiser (výbornì). Wie sich das Kind, wenn es in einer solchen Lage ist, sei es durch eilten eigenen Fehler, sei es durch die Verhältnisse um ihn herum, vertrauensvoll an die Brust des Baters wirst und sagt: Vater! ich kann mir nicht helfen, ich wende mich an Deine Weisheit, dieß sind meine Bedenken, Du kannst sie mir lösen und ich bin bereit Dir zu folgen, kann aber nichts thun, wenn dieser oder jener Gewissensskrupel mir nicht vorher gelöst ist! so hat unsere Seite des Hauses geglaubt, den loyalsten Weg zu finden, ebenso unumwunden, ebenso herzlich und ebenso vertrauensvoll sich an unseren Kaiser und Allerhöchsten Herrn zu wenden, (Výbornì, Bravo!) Ihm zu sagen: Herr! seit dem Bestehen der Februarverfassung haben wir diese Ansicht festgehalten und Du weißt aus welchen Gründen. Wir haben die Ansicht gehabt, daß, sobald nicht das ganze Reich vertreten ist, eine Verfassung des Reiches nicht besteht, also auch die FebruarVerfassung nicht in Erfüllung geht. Seitdem ist es aber viel weiter gekommen. Mit dem 20. September ist auf Deinen Befehl eine Politik eingeführt worden, welche die freie Bahn betreten hat. Wir sind ihr freudig beigetreten, wir haben zwei Adressen an Dich gerichtet, die Du mit Huld und Gnade und Zustimmung aufgenommen, uns dieß in Deinen Antworten gesagt hast, welche Du diesem Landtage ertheilt hast.

Willst Du, daß wir heute als Männer ohne Wort und Ehre da stehen (Bravo, výbornì!) und sagen: weil das Ministerium eine unerwarte Schwenkung gemacht hat, sollen wir auch eine Schwenkung machen?! (Bravo, výbornì) sollen wir als unpolitische und unmoralische Charaktere dastehen?

Du kannst das ja von Deinen Kindern nicht verlangen! Gib uns die Möglichkeit, Deinem Wunsche zu entsprechen, wir thun es ja gern. -- Ich glaube, meine Herren, eine loyalere, eine wirklich opferwilligere Sprache läßt sich nicht denken! (Bravo, výbornì. )

Bevor ich auf die verschiedenen Bemerkungen der geehrten Herren Vorredner eingehe, möchte ich noch Eines erwähnen. Man sagte uns, das. Volk verlangt endlich einmal etwas zu erreichen; das Volk wolle keinen Stein, es wolle Brod; dies Brod kann es. nur erlangen, indem eine gemeinschaftliche Vertretung des ganzen Reiches zu Stande kommt und dadurch eben die Gesetze und Verhältnisse hergestellt werden, die zum Wohle des Reiches, des Landes und der Bevölkerung führen. -

Meine Herren! glauben sie mir, daß wir ein ganz ebenso empfängliches Herz für das Wohl und Wehr der Bevölkerung unseres Vaterlandes haben als Sie (Bravo! výbornì!) und ich kann es im Namen der ganzen Partei aussprechen, wir würden unser Herzblut gleich hingeben, wenn wir die Bevölkerung glücklich machen können. (Výbornì!)

Wir wünschen ihr nicht nur Brod, wir wünschen auch noch das Huhn im Topfe der Bevölkeruiig zu fehen. (Výbornì!)

Aber ich glaube, meine Herren, den Vertretern des Landes ist eine gewichtige Aufgabe zugefallen. Es ist sehr natürlich, daß die Bevölkerung ungeduldig und der jetzigen Verhältnisse überdrüßig wird, und mit dem größten Eifer nach einer Möglichkeit greift, die sie aus der jetzigen Lage herausbringt. So wie der in den Fluß Versinkende nach dem ersten Gegenstande greift, um sich noch von dem Tode zu retten, so greist auch die Bevölkerung nach jeder Möglichkeit, um zu besseren Verhaltnissen zu kommen. Ich glaube aber, es ist eine wichtige und gewissenhafte Aufgabe der Vertreter des Volkes, zu prüfen, ob der Gegenstand, den der in den Fluthen Versinkende ergreift, nicht statt der rettenden Stange ein geschliffenes Schwert sei. Sie sagen: sie verlangen Brod, nicht Stein, das ist wahr, wir wollen ihnen auch keinen Stein bieten; allein haben sie noch nie die Auslagen der Kaufläden, jene Erzeugnisse von Pappendeckel, gesehen, die Brod und andere Nahrungsmittel sehr täuschend nachmachen? (Výbornì! Bravo! im Centrum und rechts, Heiterkeit links), oder jene täuschend nachgemachten Früchte aus Marmor in die man glaubt nur beißen zu dürfen?

Es ist wohl natürlich, daß ein dem Verhungern Nahestehender begierig nach diesen ScheinNahrungsmitteln greisen würde und daß er ungc-. halten wäre, wenn man ihn in so einem Momente bei der Hand faßt und zuruft: Halt ein, du wirst keine Nahrung daran finden oder dir die Zähne ausbeißen! (Výbornì, výbornì). Ja, ist es nicht möglich, daß einer, der vor Durst völlig aufgerieben ist, nach einem Tropfen Wasser oder Flüssigkeit sich sehnt, eine Flasche ergreist, worin Gift ist? Er wird erbost sein, wenn mau ihm die Flasche wegnimmt, aber hinterher wird er uns Dank sagen, denn wir haben ihm vom Tode gerettet (výbornì, rechts bravo und im Centrum). Ich will nicht sagen, daß wir es hier mit Gift zu thun haben (Heiterkeit), ich glaube aber, es ist die Aufgabe der Vertreter, vor Allem zu prüfen, ob das, was man bietet, auch wirk-


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP