gleich das Krankenhaus verlasse und in seine Heimat zurückkehre, wo er wahrscheinlich nicht lebend ankommen würde; oder kann der Gemeindevorsteher einer Familie in Böhmen, der ein Mitglied in Wien als Hilfsarbeiter ober Taglöhner erkrankt ist, obgleich dem Haupte dieser Familie vielleicht nur einige fl. Erwerbssteuer vorgeschrieben erscheinen, die Rosten eines Typhus aufrechnen, der in Wien 70-80 fl. kostet. Das ist ja eine ungeheuerliche Summe für solche Verhältnisse, beinahe wie ein Erbtheil eines solchen Mitgliedes der Familie. Es wird unter allen Umständen der Gemeindevorsteher nicht in der Lage sein, die Kostenersätze wirksam den Kranken, Genesenen und ihrer Familie auszulegen. Sie werden immer sagen: "Die Leute können das nicht ersetzen!" Wenn wir rein aus finanziellem Standpunkte, ohne das Gefühl sprechen zu lassen, die Sache betrachten, so ist es auch für die Steuerträger mit billiger und besser, daß in dem Landessonde diese Ausheilung, Verrechnung und Amtshandlung der Ersätze geschieht, als von den einzelnen Gemeinden.
Wir wissen, daß unsere Gemeinden nicht in der Lage sind, dies Ersorderniß ganz aus ihrem Vermögen zu decken, sondern zu Steuerzuschlägen greisen müssen, welche bei kleinen Gemeinden, die wenig Gemeinde - Eigenthum und Gefälle haben, gerade verhältnißmäßig am höchsten sind. Und es wird dann der Fall eintreten, daß man nicht nur in den Städten, sondern auch in allen Dörfern höhere, durch die Ersatzpflicht für uneinbringliche Krankenkosten motivirte Steuerzuschläge vorhinein im Präliminare machen wird, und ich denke mir, daß da eine größere Unordnung leicht eintreten und daß da die Abrechnung nachhinein viel unregelmäßiger sein wird als bei dem Landesfond und Landesausschuße. Es ist begreiflich, die Folge wird sein, daß der Steuerträger, der den Landesfond, den Bezirksfond dotiren hilft, noch mehr zahlen wird, als bisher. Ich wiederhole, daß der Steuerträger bei diesem neuen Prinzipe viel mehr belastet sein Wird, als es bisher der Fall war, weil doch, wie gesagt, die durch den Landtag kontrolirte und gewährleistete Ordnung im Landesfonde ungleich größer ist, als in den Gemeindeverwaltungen kleiner Städte und Dörfer. Ich würde glauben, daß wir uns entschließen müssen, in diesen Fällen die Gemeindebeisteuer fallen zu lassen, und empfehle in dieser Richtung besonders den Antrag des verehrten Hrn. Professors Hasner.
Oberstlandmarschall: Hr. Dr. Tedesko hat das Wort.
Abg. Dr. Tedesko: Ich habe heute nicht zum erstenmale die Ehre vor dem hohen Hause in dieser Angelegenheit meine Ansicht in dieser Frage auseinander zu setzen.
Es war mir die Ausgabe zu Theil, in der vorigen Sessionsperiode ein ausführliches Gutachten über die Krankenverpflegskosten an den Landesausschuß abftatten zu dürfen und zwar bei Gelegenheit einer Enquête-Kommission über die Reorganisazion der Irrenanstalt, deren Mitglied zu sein ich die Ehre hatte, und wobei ich von dieser Kommission mit der Berichterstattung betraut wurde. Ich habe damals und mehrmals bereits hier im Hause im Allgemeinen jene Grundsätze verfochten, welche der Herr Dr. von Hasner in wissenschaftlicher Beziehung heute auseinandergesetzt hat. Ich habe damals gegen die Ansicht einer sehr überwiegenden großen Anzahl Mitglieder dieses Hauses die Ansicht verfochten, daß es unthunlich und unräthlich fei, die Kranken VerpflegsKosten vom Lande ab, und den Gemeinden in der Gänze zuzuwälzen. Ich habe namentlich darauf hingewiesen, daß diese Krankenkosten sich, wenn sie in der Gänze den Gemeinden überwiesen würden, sehr ungleich vertheilen würden und zwar in doppelter Hinsicht sehr ungleich; einerseits ungleich aus die verschiedenen Gemeinden, indem namentlich die reichern Gemeinden unbedeutend, entlastet, dagegen die Aermern sehr bedeutend belastet würden, anderseits aber auch ungleich für ein und dieselbe Gemeinde in den verschiedenen Jahren, indem es sich nothwendiger Weise ereignen müßte, daß in dem einen Jahre die eine Gemeinde sehr viel, im nächsten Jahre sehr wenig, vielleicht nichts zu zahlen hätte. Ich habe daraus hingewiesen, daß in Folge dessen eine Ungleichheit in dem Gemeindehaushalte vieler Gemeinden entstehen würde und daß daher eine Ueberwälzung der Kranken-Verpslegskosten von Seite des Landes auf die Gemeinden in der Gänze vollkommen unthunlich fei. Wenn ich nun in der Kommission, der ich im heurigen Jahre eben auch anzugehören die Ehre hatte, dennoch für eine theilweise, aber auch nur für eine theilweise Ueberwälzung der Verpflegskosten aus die Gemeinden mich erklärt und mitgestimmt habe so hat mich vor Allem der einzige Beweggrund geleitet, daß im Großen und Ganzen überhaupt im Lande die Ansicht verbreitet ist, eine Ansicht, die ich in ihrer Gänze allerdings nicht zu theilen vermag, daß die verschiedenen Gemeindevorstände und Gemeinden bei Ertheilung von Armutszeugnissen sehr leichtsinnig, nach der Meinung anderer sehr gewissenlos vorgehen. Es ist diese Ansicht im Laufe dieser Woche bei einer anderen Gelegenheit hier vertreten und ausgesprochen worden. Wenn nun Herr Ritter von Hasner glaubt, das eine strengere Ausübung der bestehenden Vorschriften hier etwas hilft, so kann ich ihm sagen, daß eine noch strengere Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen, als der Landesausschuß sie ausübt, ein Ding der Unmöglichkeit ist. Man kann nicht strenger sein als gegenwärtig. Auf diese Weise eine Herabminderung der Kosten zu erwarten, ist eine reine Illusion. Es Wird durch die größere Strenge des Landesausschußes nichts erreicht als daß die Auszahlung der Verpflegskosten verschoben, daß eine Masse Schreibereien vorgenommen werde und daß der Landesfond das Beanständete doch zahlen muß.
Ich bin nicht in der Sage beurteilen zu können, ob wirklich die allgemeine Meinung, daß bei der Ertheilung von Armuthszeugnissen so leichtsinnig verfahren wird, richtig sei; aber viele Herren vom Lande haben dies bestätigt. Ist das aber der Fall, so tritt ja die Nothwendigkeit ein, daß man die Gemeinden mit einem Theile in Mitleidenschaft Siehe, damit sie ein Interesse daran haben, daß die Krankenkosten nicht muthwillig und leichtsinnig vermehrt werden, Was aber die Große dieses Theiles betrifft, so werde ich für jeden aliquoten Theil stimmen, und wenn er noch so gering wäre. Ich würde mit einer. Herabsetzung des Fünftels auf 1/8 mich auch zufrieden geben, wenn nur der Hauptzweck erreicht wird, daß die Gemeinde in Etwas betheilt wird. Daß aber durch den vorliegenden Gesetzentwurf die Gemeinden nicht zu empfindlich betheilt werden, das dürste daraus sich ergeben, daß vor Allem ausgenommen sind die in Irrenanstalten, Gebäranstalten, und die an Syphilis behandelten Kranken. Meine Herren, das macht einen beträchtlichen Theil der Krankenverpflegskosten aus, es sind das auch Krankenverpflegskosten, die für die Gemeinde sehr empfindlich wären darum, weit die einzelnen Kranken hier einen sehr hohen Verpflegsbetrag kosten.
Es gibt Syphiliskranke, die über ein Jahr in den Spitälern behandelt werden müssen, bevor sie entlassen werden können und zwar bei einem Verpflegskostenbetrage von 70 oder 65 kr.; das würde für eine einzige Dirne eine Auslage von über 200 fl. für eine arme Gemeinde machen, darum mußten solche Krankenkosten ausgenommen werden. Ebenso betragen die Verpflegskosten für einen Irren auch nur für ein Jahr den Betrag von 180 fl. ungefähr. Solche hohe Beträge, die sich namentlich bei Irrenhäusern Jahre lang wiederholen könnten, dürfte man der Gemeinde nicht aufbürden, weil das für sie eine allerdings unerschwingliche Last wäre, dagegen bei interkurrirenden oder akuten Krankheiten, die nur kurze Zeit brauchen, wird das Fünftel, oder, wenn das hohe Haus beschließen sollte, der achte Theil der Verpflegskosten wahrlich die Gemeinde nicht allzu hart treffen und würde dazu beitragen, daß wenigstens das Land die Sicherheit hätte, daß es nicht auf eine leichtsinnige oder ungebührliche Weise mit Krankenkosten überhäuft wird.
Was die Befürchtung des Herrn Prof. Ritter von Hasner betrifft, daß die Unterrichtsaustalten dadurch leiden würden, indem die Gemeinden die Kranken nicht in die Krankenhäuser zuweisen dürften, so theile ich diese Befürchtung durchaus nicht, das ist eine vollständig unbegründete Befürchtung, denn nach den bestehenden Normalien hat nicht etwa blos die Gemeinde die Kranken zuzuweisen, sondern, wenn der Kranke in's allgemeine öffentliche Krankenhaus kommt und zur Aufnahme geeignet ist, die Aufnahme auch nothwendig ist, so kann er gar -nicht zurückgewiesen werden und muß jedenfalls aufgenommen werden.
Die allgemeinen öffentlichen Krankenhäuser, die Unterrichtsanstalten, wie beispielsweise in Prag und Wien, werden nie und niemals durch dieses Gesetz auch nur den allergeringsten Abbruch erleiden und zwar schon aus dem Grunde nicht, weil ja die Gemeinden sie nicht in so weit entfernte Krankenhäuser schicken; sondern nach Prag und Wien, wo Unterrichtsanstalten find, kommen diejenigen Kranken, die ohnehin sich schon in diesen Städten aufhalten, oder in der nächsten Umgebung leben. Allenfalls, aber nur in den seltensten Fällen kommen Schwerkranke herein, die draußen aus dein Lande, beispielsweise bei chirurgischem Uibel nicht die nöthige Heilung finden können; die werden also unter allen Umständen hereinkommen; diese Befürchtung ist also vollständig grundlos. Was übrigens im Berichte über die enorme Vermehrung der Krankenverpflegungskosten namentlich im Jahre 1867 gesagt wurde, so verweise ich darauf hin, daß dieses keine konstante Vermehrung ist, sondern daß sie im vorigen Jahre bereits etwas abgenommen hat und heuer noch mehr abnimmt. Sie hatte ihren Grund in dem unseeligen Kriege im Jahre 1866. In dem darauf folgenden Jahre hat der Krankenzustand im ganzen Lande wesentlich zugenommen. Wir hatten zwei große Epidemien, die erst im Verlaufe des vergangenen Jahres vollständig erloschen sind: Cholera und Typhusepidemie. Wir hatten übrigens eine Überschwemmung, mochte ich sagen, von Syphiliskranken und Krätzkranken, und die Folge davon war, daß sämmtliche allgemeine Krankenhäuser und Spitäler überfüllt waren und an Raum Mangel litten, ein Uibelstand, der sich bereits heuer behoben hat. Ich halte also die Einwendungen, die man gegen das Gesetz in seiner Totalität gemacht hat, nicht für vollständig begründet. Ich würde mich jedem Amendement anschließen, welches eine weitere Herabminderung der auf die Gemeinden zu überwälzenden Krankenverpflegskosten beantragen würde, vorausgesetzt, daß nur das Prinzip gerettet bleibt, daß die Gemeinde, fei es auch nur mit einem kleinen Theil, an den Krankenverpflegskosten beiheiligt würde.
Oberstlandmarschall: Dr. Görner hat das Wort.
Abg. Dr. Görner: Wie schon der geehrte Vorredner gesagt hat, ist der Standpunkt, von welchem das vorliegende Gesetz beurteilt werden muß, ein zweifacher, einmal ein humanitärer, der zweite ein finanzieller. Was den humanitären Standpunkt anbelangt, theile ich die Ansicht des Herrn Vorredners Dr. Tedesko, daß gewiß nicht darin, daß die Gemeinde einen Theil der Krankenkosten zu zahlen hat, der Grund gesucht werden darf, daß ein Gemeindevorsteher oder die Gemeinderepräsentanz, welche überhaupt über die Aufnahme oder Nichtaufnahme, Zuweisung in das Krankenhaus zu entscheiden hat, aus dem Grunde Jemanden in das Krankenhaus nicht zuweisen oder aufnehmen würde, wenn die Gemeinden einen Theil der Kosten tragen; das hieße, meiner Ansicht nach diese Organe der Barbarei beschuldigen, denn, wenn man einen armen Kranken, sei es, daß nachträglich er die Kosten zahlen kann oder nicht, deshalb, weil man darüber nicht sicher ist, von der Aufnahme zurückweisen würde, so hieße dieses den Repräsentanten, oder welche darüber zu entscheiden haben, jedes Gemüth absprechen. Ich kann daher diese Meinung durchaus nicht theilen. Das Weitere hat, Abg. Tedesco bereits bezüglich der Ausnahme gesagt und ich brauche mich nicht weiter darauf einzulassen.
Was aber den finanziellen Standpunkt anbelangt, so sind die Gründe, welche vorgebracht worden sind, solche, welche überhaupt dahin führen müßten, daß das Land alle Kosten für die Armen des Landes übernehmen müßte. Meine Herren! es ist in diesem h. Hause ein Armengesetz berathen worden, wo das Prinzip dahin ausgesprochen worden ist, daß für die Armen die Familie, wenn diese nicht kann, die Gemeinde, sodann die Gemeinde höherer Ordnung, der Bezirk und endlich erst in letzter Reihe das Land eintreten soll.
Nun nach meiner Ueberzeugung sind die Krankenkosten, welche für die Armen gezahlt werden müssen, ganz gleicher Natur mit denen, welche zur Ernährung des Armen überhaupt gegeben werden müssen. Und aus diesem Grunde liegt in dem Gesetze eine Norm, welche nach meiner Uiberzeugung blos aus Rücksicht für die Gemeinden und aus Rücksicht für den Zweck, welcher dadurch gefordert werden soll, von der allgemeinen Norm, der Verpflegung durch die Gemeinde abweicht. Das Land übernimmt hier eine Last, welche nach meiner Uiberzeugung vor allen Andern der Gemeinde gehört. Wenn die Besorgniß ausgesprochen wird, daß dadurch einzelne Gemeinden und zwar gerade arme Gemeinden zu sehr belastet werden, so ist das Remedium im Gesetze selbst gegeben; es heißt darin, daß gewisse Kranke aus Kosten des Landes aufgenommen werden müssen.
Es heißt weiter darin und zwar im §. 2, daß dem Landesausschuß das Recht zustehe, die armen, Zahlungsunfähigen Gemeinden entweder theilweise oder ganz zu befreien. Darin liegt das Remedium, daß man nicht eine arme Gemeinde zu sehr belaste. Warum man aber von einer Gemeinde, die zu zahlen im Stande ist, die Lasten aus die übrigen Gemeinden wälzen soll, dafür finde ich keinen Grund. Wenn also der Herr Abg. Prof. Hasner sagt, daß die Gemeinden getroffen werden bei denjenigen, welche z. 35. auf Eisenbahnen arbeiten, die nicht in die Gemeinden gehören, so ist das eine unrichtige Auffassung. Nicht die Gemeinde, wo sie ausgenommen werden, hat zu zahlen, sondern diejenige, welcher sie angehören, und somit vertheilen sich diesfalls die Kosten auf das ganze Laub oder jene Theile, woher der Arbeiter kommt. Der Grund, weßhalb man besonders die Gemeinden heranziehen soll, liegt eben darin, daß die Gemeinden, bei der Einhebung der Krankerikosten-Ersätze säumig sind. Nicht die Erwägung, daß die Gemeinden zahlen müssen, wenn der Kranke die Verpflegungskosten nicht erschwingen sollte, wird die Gemeindevorsteher abhalten, die Ausnahme zu befürworten oder auszusprechen, wie ich schon früher erwähnt habe. Allein ein Anderes ist es, wenn der Kranke endlich aus der Krankenanstalt entlassen worden ist und dann die Einhebung der Kosten stattzufinden hat; da tritt nach meiner Ueberzeugung etwas Anderes als die Gemüthsseite der Gemeindevorsteher hinzu, es tritt noch hinzu die Bequemlichkeit, und diese ist es, welche ein Armuthszeugniß so leicht ausstellen läßt, um ja nicht erst eine Menge Schreibereien zu haben; man verweist eben einfach auf das Land und das Land muß Alles tragen. Ich glaube daher, wenn das Land schon 4/5 oder sei es, wie Hr. Dr. Tedesco sagt, einen noch größeren Theil übernehmen wird, daß es schon mehr thut, als es nach der Sachlage zu thun verpflichtet ist, weil, wie ich schon erwähnt habe, nach der Annahme des h. Hauses im Prinzipe die Armenverpflegung, wohin auch die Verpflegung in den Krankenhäusern gehört, den Gemeinden an und für sich zusteht, und so wird es jedenfalls für das Land und dessen Finanzen eine große Wohlthat sein, wenn man die Gemeinden participiren läßt, weil diese meiner Ansicht nach nur ihre Pflicht thun; sie werden aber dann nicht so leicht -ein Armuthszeugniß ausstellen, weil möglicherweise, wenn strenger vorgegangen würde, ein großer Theil der Kosten von den Kranken und deren Angehörigen hereingebracht werden wird. Mit dem Antrage des Herrn Abg. Prof. Dr. Hasner könnte ich mich aber unter keiner Bedingung einverstanden erklären, weil der Landesausschuß, der schon durch 3 Jahre in dieser Angelegenheit sich alle mögliche Mühe gegeben, um einen Antrag vor das h. Haus zu bringen, wirklich nicht wüßte, was er eigentlich thun soll,, entweder müßte er die Angelegenheit brach liegen lassen, oder gegen seine Uiberzeugung den Antrag stellen, den Gemeinden gar keine Lasten aufzuerlegen; daher werde ich jedenfalls gegen den Antrag stimmen.
Oberstlandmarschall: Der Herr Abg. Wolfrum hat das Wort.
Abg.. Wolfrum: Wenn ich mich den Bedenken anschließe, die von dem ersten Herrn Redner gegen dieses Gesetz vorgebracht wurden, so verkenne ich nicht, daß der Landesausschuß blos im direkten Auftrage des h. Landtages gehandelt hat, wenn er ein Gesetz vorgelegt. Ich selbst war ja immer derjenige, der in der Budgetkommission darauf drang, daß hinsichtlich der Krankenverpflegungskosten irgend ein anderer Modus gefunden werden möge, und ich selbst habe stets dem Antrage, daß der Landesausschuß beauftragt werde, ein derartiges Gesetz vorzullegen, zugestimmt; aber ich kann auch nicht umhin, darauf aufmerksam zu machen, daß bei Gelegenheit der Berathung des Armengesetzes im Jahre 1866 wohl einige Normen vorgezeichnet wurden in der Diskussion, die dem Landesausschuße Anhaltspunkte geben konnten, ein anderes Gesetz vorzulegen, worin andere Modalitäten sind, ober, wenn er dieselben nicht finden konnte, einfach dieses Gesetz nicht vorzulegen und den Bericht an den hohen Landtag zu machen, warum er nicht im Stande war, dieser Aufgabe gerecht zu werben. Der Herr Professor Hasner hat die humanitäre Seite der Frage hervorgehoben, und auch bei Gelegenheit des Armengesetzes ist diese Seite der Frage im Vordergrunde gestanden. Ich will blos einige Bedenken von dem Gemeindestandpunkte vorbringen und glaube, daß auch diese geeignet sein werden, dem Antrage des Herrn Professor Hasner Unterstützung zu verschaffen. Wir haben, oder vielmehr das hohe Haus hat bei Gelegenheit der Berathung des Armengesetzes es für nothwendig besunden, einen Antrag an die hohe Regierung zu richten, der dazumal mit großer Majorität angenommen wurde, der folgendermaßen lautet: Die Regierung sei aufzufordern, im verfassungsmäßigen Wege die Frage in Verhandlung zu nehmen, unter welchen Bedingungen der längere Aufenthalt den Anspruch auf das Heimatsrecht oder die Armenversorgung begründen solle. Dieser Antrag wurde mit großer Majorität angenommen mit Hinblick aus die Bestimmung unseres Heimatsgesetzes, daß die Gemeinde allein autonom ist, über die Aufnahme in den Gemeindeverband zu entscheiden. Bei Gelegenheit der Berathung des Armengesetzes hat sich herausgestellt, daß, wenn diese Bestimmung in unserem Reiche fortbesteht, mit der Zeit einzelne Gemeinden eine solche Masse von Heimatsangehörigen haben werden, daß eine Matrikführung in dieser Hinsicht nicht möglich sein wird. Die Wirkung dieses Gesetzes ist eine derartige, daß in einer Gemeinde heute Jemand in eine andere Gemeinde übersiedeln kann, dort sich niederlassen, Gewerbe treiben, eine Familie gründen und Kinder erzeugen kann, und dennoch bleibt die Heimatsangehörigkeit bei der ersten Gemeinde. Nach Jahren, ja nach 50 Jahren, wenn dieses Gesetz fortbesteht, wird im Falle der Verarmung dieser Mann der ersten Gemeinde wieder zurückgestellt. Nun ist bei der Armenversorgung dieses Verhältniß noch nicht so einschneidend als bei der Krankenversorgung. Eine Armenversorgung kommt nur dann vor, wenn der Mann wirklich in der Gemeinde selbst wohnt. Wenn er so dürftig ist, daß die Gemeinde, in welcher er sich seither aufgehalten hat, ihn durch irgend ein Mittel von sich entfernt und in die Heimatsgemeinde zurückschickt, dann kommt die ursprüngliche Heimatsgemeinde in die Lage, dem Mann eine Unterstützung geben zu müssen. Krankenkosten aber können immer vorkommen, der Mann mag 50 Jahre von der Heimatsgemeinde entfernt sein, er wird doch alle ein oder 2 Jahre die Krankenanstalten in Anspruch nehmen müssen, und beständig wird diese Gemeinde, wo er vor 20 oder 30 Jahren ausgewandert ist, verpflichtet fein, für diesen Mann den fünften Antheil der Krankenkosten zu bezahlen. Da ist nun bei den Krankenkosten das schon ungerechte Verhältniß in der Armenpslege, solange die Wirkung unseres Heimatsgesetzes dauert, noch gesteigert und es ist allerdings der Einwand, den man gegen dieses Gesetz macht, meiner Ansicht nach vollkommen begründet, daß da manche Gemeinde und gerade die ärmste am allermeisten wird belastet sein.
Denn gerade in den ärmsten Gemeinden, gerade in den Gebirgsgegenden, in den armen Gemeinden des südlichen Böhmen ist die Auswanderung, um sich Erwerb zu verschaffen, bedeutend größer, als in anderen Gemeinden, und gerade diese Gemeinden würden vorzugsweise verpflichtet sein, ein Fünftel oder überhaupt einen aliquoten Theil, der nach diesem Gesetze bestimmt wird, zu zahlen. Gerecht wäre das nicht; es würbe, wenn bezahlt, eben doch dem Landesfond jedenfalls einen erklecklichen Theil der Summe ersetzen, welche für Krankenkosten im Budget find, wenn auch nicht von den ganzen 640. 000, so doch ein Fünftel von 400. 000 fl. Nun kommen aber Ausnahmen, welche die Commission selbst für dringend ansah, daß man sie einführt. Es sind verschiedene Krankheiten, die nicht unter dieses Gesetz fallen sollen und zweitens soll der Landesausschuß ermächtigt werben, ganz armen Gemeinden, wenn sie bedürftig sind, auch diesen 5. Antheil für die übrigen Krankheiten, die unter dieses Gesetz fallen, nachzulassen. Nun frage ich Sie, welche pekuniäre Wirkung wird es auf den Landesfond ausüben? Vielleicht 20. 000, vielleicht 30. 000 fl. Es entzieht sich das überhaupt einer jeden Berechnung, jedenfalls über 50. 000 nicht. Ich muß nun schon gestehen, wegen einer solchen Summe, obgleich ich nun Derjenige mit gewesen bin, der auf Entlastung des Landesfondes gedrungen hat, für eine solche Summe belaste ich die Gemeinden nicht. Dadurch kann allerdings der humanitäre Zweck der Krankenanstalten einigermaßen vereitelt werden und so sehr ich geneigt bin, anzunehmen, man darf den Vorwurf der Unbarmherzigkeit den Gemeinden nicht machen, wie es vielleicht daraus resultiren würde, wenn man den Argumentationen des ersten Herrn Vorredners geneigt ist, so muß ich doch sagen: es hat etwas Wahres, es ist wirklich so, wie der Herr Prof. v. Hasner gesagt hat: Es ist möglich, daß die Humanität durch dieses ein Fünftel auch bei solchen Gemeinden leibet, die nicht in der Lage sind, die Nachsicht des Landesausschußes anzusprechen. Ich sehe es wohl ein, welche Schwierigkeit es für den Landesausschuß ist, eben ein entsprechendes Gesetz in dieser Angelegenheit zu erlassen. Ich würde glauben, man soll den Gemeinden nicht eher eine Verpflichtung zu den Krankenkosten auflegen, als man nicht auch ein Mittel beschafft hat, woraus sie die Kosten zahlen können. Die ausländische Gesetzgebung gibt uns einen Fingerzeig. Ich maße mir nicht an, es auch für uns durchwegs für anwendbar zu halten, es ist aber vielleicht der Erwägung werth. Die ausländische Gesetzgebung verpflichtet Jedermann in einer Gemeinde zu einer Krankenkassa beizusteuern und auf diese Weise wird in jeder Gemeinde eine Krankenkassa errichtet, aus welcher die Krankenkosten der öffentlichen Krankenhäuser getilgt werden. Man kennt in Sachsen die Landeshilfe nicht, wie wir sie anwenden und die Humanität leidet nicht, man hat eben die Hilfe der Krankenkassa. Man muß allerdings sagen, daß in Sachsen ein weit ausgebildeteres Gemeindeleben als bei uns ist, aber ich sollte glauben, daß bei uns auch dasselbe einzurichten wäre, indem von Jahr zu Jahr das Gemeinbewesen sich mehr ausbildet, indem der Sinn für Humanität und Zusammenwirken zunimmt. Aber so lange man den Gemeinden nicht eine Ressource bietet, so lange man sie mit Krankenkosten auf Steuerumschläge verweisen muß, da habe ich Bedenken, für ein solches Gesetz zu stimmen. Wenn nun neben diesem Bedenken noch kommt, daß die Wirkung desselben in Folge des §. 2 und in Folge der vielen Ausnahmen das den Krankheiten selbst eine auf den Landesfond sehr in minimale ist, so glaube ich für den Antrag des Pros. Hasner stimmen zu sollen.
Rufe: Schluß, Schluß der Debatte!
Oberstlandmarschall: Es ist Schluß beantragt worden. Wird derselbe angenommen?
Er ist angenommen.
Es ist noch Dr. Roser eingeschrieben. Ich ertheile ihm das Wort.
Dr. Roser: Meine Herren! Ich betrachte die Krankenhäuser nicht blos für eine Stätte der leidenden Menschen, sondern auch für ein Bildungsmittel tüchtiger Aerzte.
Ich muß gestehen, daß, wenn dieses Gesetz, wie die Commission es vorgelegt, angenommen wird, ein bedeutender Nachtheil für die Wissenschaft erwächst, wie bereits Herr Ritter v. Hasner erwähnte. Ferner muß ich darauf aufmerksam machen, daß auf dem Lande eine gewisse Scheu und Furcht vor dem Krankenhause herrscht, wird der Weg noch schwerer zugänglich gemacht, dann wird die Scheu vermehrt und diese Furcht genährt werden. Ich muß gegen Herrn Tebesco bestreiten, daß die Gemeinden leichtsinnig bei der Ausstellung von Zeugnissen vorgehen. Meine Herren, seien Sie versichert, seit der Zeit, daß die Gemeinden wissen, daß aus dem Landesfond Beiträge gewiesen werden, sie gewiß alles aufbieten werden, damit kein leichtsinniges Zeugniß ausgestellt werde, ferner will ich erwähnen, daß doch in den Krankenanstalten die meisten Auslagen für syphilitische Kranke, für die Gebär- und Irrenhäuser erwachsen, da sind die Gemeinden frei, warum sollen wir gegen solche Kranke, die hilflos da sind, solche Hindernisse ausstellen. Ich bin durchaus nicht der Ansicht, daß das Gesetz angenommen werde und werde mit Vergnügen mit Herrn Ritter von Hasner stimmen.
Oberstlandmarschall: Ich ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort.
Abg. Stöhr: Nach der zahlreichen Unterstützung, welche der Antrag des Herrn Abg. Dr. Hasner gefunden hat, scheint es mit schwer zu sein, den Commissionsantrag noch halten zu können; wenn ich indessen den Muth dazu habe, so schöpfe ich ihn daraus, daß die Anträge der Commission einhellig gestellt wurden, und schöpfe ihn weiter daraus, daß der Landesausschuß, der doch das Beste dem Lande ebenfalls will, vor zwei Jahren darauf angetragen habe, daß die ganzen Krankenkosten von den Gemeinden gezahlt werden und heuer darauf angetragen hat, daß ein Drittel von ihnen getragen werden soll, daher immerhin bedeutend mehr, als nach dem Antrage der Commission nun die Gemeinden tragen sollen. Hr. Dr. Hasner sagt, daß die ganze Sache, das Gesetz noch nicht spruchreif sei; nun ich möchte ihn fragen, wann soll diese Angelegenheit spruchreis werden. Diese Angelegenheit zieht sich schon viele Jahre im Landtag herum, man muß doch endlich einmal im positiven oder negativen Sinne zur Entscheidung kommen, denn daß im vorigen Jahre der Landtag diese Angelegenheit neuerdings dem Landesausschuß zur Berichterstattung zugewiesen hat, hat der hohe Landtag nicht ausgesprochen, er werde diese Angelegenheit vom Tische des h. Hauses entfernen; im Gegentheil es wurde der Landesausschuß beauftragt, Erhebungen zu pflegen und mit den gepflogenen Erhebungen vor das h. Haus zu kommen. Diese Anträge des Landesausschußes sind es wohl, welche die Commission zur Grundlage ihrer Anträge genommen hat. Es hat Herr Dr. Hasner bestritten, daß durch die Anträge der Commission das Landesbudget in ausgiebiger Weise Wird erleichtert werden, das liegt auch nicht im Antrage der Commission. Die Anträge der Commission bezwecken, die Gebrechen zu beheben, die eben leider bei der Verwaltung der öffentlichen Krankenanstalt bestehen, und wenn auch die Aushilfe nicht bedeutend sein wird, die dem Landesfond dadurch zu Gute kommen soll, daß die Gemeinden einen Theil der Krankenkosten tragen, so wirb doch wahrscheinlich eines erreicht, es wird das Landesbudget nicht mehr progressiv mit Krankenverpflegskosten so belastet werden, wie bisher. Der Abg. Hafner behauptet, daß die Steigerung dieser Kosten in der Steigerung der Bevölkerungsziffer mit liege. Nun, die Bevölkerung von Böhmen vermehrt sich allerdings, aber in dem Maße vermehrt sie sich nicht. Es sind die Krankenkosten binnen 6 Jahren um mehr als die Hälfte gestiegen, in dieser Ziffer ist die Bevölkerung nicht gestiegen. Allerdings sagt Herr Prof. Hasner, daß die Erhöhung der Krankenverpflegskosten auch in der Vermehrung der Krankenanstalten liege, das läßt sich eher hören, obzwar uns der Abg. Roser, der gegen den Commissionsantrag sprach, hier hilfreich zu Seite gesprungen ist. Er hat uns gesagt, daß die Kranken am Lande gar nicht in die Krankenanstalten gehen wollen aus Scheu und Furcht, daß sie lieber zu Hause bleiben. Die Commission hat alle Ursache, ihm dafür dankbar zu sein. Wenn eben eine so hohe Ziffer für die uneinbringlichen Krankenverpflegskosten vom Lande getragen werden.