Støeda 27. øíjna 1869

ich diese Bedenken nur deshalb vorbringe, weil ich glaube, daß wir diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen sollen, um eine möglichst vollständige Reform zu schaffen.

Daß ich damit keine radikale Umänderung meine, habe ich bereits durch die eben gesprochenen Worte hinreichend dargethan; aber es scheint mir anderseits ebenso bedenklich, wenn man die von allen Seiten laut gewordenen Stimmen nach Reformen in anderer Richtung gänzlich überhörte.

Ich glaube diese Meinung an die Commission um so mehr richten zu können, weil ja die Commission in ihrem Berichte selbst und zwar gleich im Eingange gerade die öffentliche Meinung und die Stimmen, die darin zu Tage getreten sind, ganz besonders als Motive angeführt hat, um diese hochwichtige Frage in Berathung zu ziehen. Die öffentliche Meinung hat sowohl in zahlreichen Resolutionen, die außerhalb dieses h. Hauses bekannt geworden sind, als auch in Petizionen, welche aus dem Tische des hohen Hauses niedergelegt wurden, nicht blos für die Reformen sich ausgesprochen, wie sie die Commission beantragte, sondern die öffentliche Meinung geht noch weiter. Ich weiß es, daß ich gerade einen heiklen Punkt berühre, wenn ich auf den Antrag unter alinea b) hinweise, wo von einer einfachen Verdoppelung der Abgeordneten aus den Gruppen die Rede ist.

Ich habe bereits ausgesprochen, daß ich mich gleichfalls für die Gruppenwahl erkläre, aber wenn ich mich für die Gruppenwahlen und die Interessenvertretung ausspreche, so wünsche ich eben, daß die. Interessenvertretung eine gleichmäßige sei, weil ich sie nur dann für eine vollkommen gerechte anfehen kann. Ich stimme dem vollkommen bei, was soeben vom beredten Munde, von Sr. Durchlaucht dem Fürsten Carlos Auersperg über die Loyalität und Verfassungstreue unserer Großgrundbesitzer gesagt worden ist, und schon aus diesem Grunde wäre es mir von meinem Standpunkte aus vollkommen fern, dem Großgrundbesitze die Vertretung im Abgeordnetenhause etwa entziehen zu wollen. Aber es darf doch nicht übersehen werden, daß gerade dieser Stand bereits eine so namhafte Vertretung im Oberhause unseres Reichsrathes gesunden hat.

Es scheint mir dann keine gleichmäßige Vertretung zu sein, wenn eine Interessengruppe, die in dem einen Hause des Reichsrathes schon eine so hervorragende Vertretung besitzt, auch in dem anderen Hause aus gleiche Weise wie die übrigen Interessengruppen vertreten wäre. Ich darf überdies auch aus einen anderen Punkt aufmerksam machen. Neben der Geldstener gibt es auch eine Blutsteuer, und für diese leistet der Großgrundbesitz schon deshalb nicht so viel und kann nicht so viel leisten, weil eben die Zahl der diesen Interessengruppen Angehörigen eine so namhast geringere ist. Also sowohl vom Standpunkte der gleichmäßigen Interessenvertretung überhaupt, und in Hinblick darauf, daß der Großgrundbesitz bereits im Oberhause des Reichsrathes eine so namhafte Vertretung besitzt, als auch vom Standpunkte der Steuer, wenn man noch die Blutsteuer hinzunimmt, scheint es mir der Erwägung werth, ob eine einfache Verdopplung wirklich auch im vollen Maße eine gerechte Interessenvertretung zu Stande bringt.

Endlich muß ich noch auf einen 2. Punkt hinweisen, bezüglich dessen ich bedauere, daß die Commission denselben etwas leichthin in ihrem Berichte abgethan hat. Ich meine nämlich die Mandatsdauer. Die Commission konnte sich nicht entschlagen, anzuerkennen, daß eine kürzere Mandatsdauer namhafte Vortheile für die Stärkung des konstitutionellen Prinzipes bieten würde, sie glaubte aber, daß eine dringende Nothwendigkeit zu einer Reform in dieser. Richtung nicht vorhanden sei, und sprach sogar die Befürchtung aus, daß möglicherweise das Interesse der Bevölkerung an Verfassungsangelegenheiten durch zahlreiche Wahlen abgeschwächt werden könnte. Ich muß gestehen, daß insbesondere bezüglich des letzten Punktes ich auf dem gegentheiligen Standpunkte stehe.

Ich darf wohl darauf hinweisen, daß in unserer Zeit, wo die Entwicklung auf allen Gebieten des Lebens eine so außerordentlich rapide ist, auch die politischen Angelegenheiten denselben raschen Fortgang nehmen; 6 Jahre aber sind eine so lange Zeit, daß innerhalb derselben sowohl die Anschauungen der Wähler, als die Anschauung der Gewählten nur zu leicht eine Umwandlung erfahren können, so daß eine wünschenswerthe Uibereinstimmung am Schluß der Periode nicht mehr vorhanden sein dürfte, in vielen Fällen, in welchen sie vielleicht anfangs im vollen Maße vorhanden war.

Wenn man sagt, daß das Interesse der Bevölkerung durch zu häusige Wahlen abgeschwächt werde, so glaube ich, daß man da, wie man zu sagen pflegt, zu sehr Alles in einen Topf wirst. Die Bevölkerung unterscheidet sehr wohl die Wahlen für die verschiedenen Vertretungskörper, und selbst der am wenigsten gebildete Wähler wird mit ganz anderem Bewußtsein zum Wahltische hintreten, wenn es sich um die Wahl in die Landes- und Reichsvertretung, als wenn es sich etwa um die Wahl eines untergeordneten Ausschußes handelt. Und ich glaube nicht, daß das Interesse der Bevölkerung dadurch abgeschwächt würde, wenn etwa alle 4 oder wenigstens alle 5 Jahre eine Erneuerung der Reichsvertretung stattfände. Da aber die Kommission selbst anerkannt hat, daß der öffentlichen Meinung in dieser hochwichtigen Frage ein großes Gewicht beizulegen sei, so erlaube ich mir in diesem angeregten Punkte auf die Petitionen zu verweisen, die der Kommission zugewiesen wurden, und ich fehle ganz gewiß nicht, wenn ich sage, daß die überwiegende Mehrzahl die Wünsche ausgesprochen hat, die ich mir erlaubte hier vorzubringen, und zum Schluße noch ein Wort:

Meine Herren! Wir haben vor zwei Jahren einen sogenannten Ausgleich mit der anderen Reichshälfte und eine Verfassungsrevision erlebt. Damals ist diese Verfassungsrevision auch nicht aus dem Vollen, wie man sagt, vorgenommen worden, sondern man hat sich blos an das Allernächste gehalten und wir alle wohl bedauern heute, daß es so geschehen ist. Ich fürchte, daß wir denselben Weg einschlagen und denselben Fehler machen, wenn wir die Revision der Wahlordnung in der Weife durchführen, wie es die Kommission beantragt hat; ich glaube, daß wir diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen sollten, wenigstens alle jene Wünsche, die schon jetzt in der öffentlichen Meinung zu allgemeinem Ausdruck gelangt sind und denen man wohl von keiner Seite ihre Berechtigung absprechen wird, mit zu berücksichtigen.

Und endlich muß ich noch einen Umstand insbesondere betonen.

Es scheint mir, daß es bisher in Oesterreich viel zu sehr Sitte war, bei allen Reformen im politischen Leben zu viel auf die Gegner Rücksicht zu nehmen, und alle Bedenken, die vielleicht von gegnerischer Seite ins Feld geführt werden können, zu berücksichtigen, zu wenig Rücksicht zu nehmen aber auf die Verfassungspartei selbst, und das scheint mir ein Fehler. Wir sollen insbesondere, glaube ich, die Wünsche unserer Mandanten hören, und wenn wir diejenigen Wünsche wenigstens, welche im Großen und Ganzen allgemein von der Verfassungspartei getheilt werden, in Erfüllung bringen, dann werden wir vor Allem die Versassungspartei stärken, und das, meine Herren, thut im hohen Grade Noth, denn sonst könnte es geschehen, daß die Regierung, die wir mit allen Kräften stärken wollen, eines Tages hinter sich laue Freunde, vor sich aber die alten Feinde mit verstärkten Ansprüchen sieht. Meine Herren, ich empfehle ihnen von diesem Standpunkte aus die Wünsche der verfassungstreuen Bevölkerung, insbesondere in den beiden von mir angedeuteten Richtungen mehr zu berücksichtigen, als dies durch den Kommissionsantrag geschehen ist.

Oberstlandmarschall: Herr Dr. Hanisch hat das Wort für den Antrag.

Abg. Dr. Hanisch: Ich bin gewohnt, politische Fragen der Art zu beurtheilen, daß alle Interessen dabei berücksichtigt werden, insbesondere aber habe ich mich seit jeher gegen die Kirchthurmpolitik gekehrt, die insbesondere in Ländern, welche Böhmen, Mähren nicht sind, getrieben wurde, ohne daß diese auf unsere Verhältnisse Rücksicht genommen haben. Wir haben nun einen Akt solcher Rücksichtnahme zu konstatiren.

Ich kann nämlich freudig konstatiren, daß gerade in dem niederösterreichischen Landtage die Berücksichtigung unserer Verhältnisse der Art durchgedrungen ist, daß gerade in dem kitzlichsten Punkte, über den auch heute hauptsächlich verhandelt wird, ein Beschluß zu Stande kam, welcher unseren Verhältnissen und Ansichten ganz entspricht.

Meine Herren! Es ist vielleicht zu beklagen, daß die Staatsgrundgesetze das Staatsgrundgesetz über die Reichsvertretung nicht gleich dem Reich'srath von den Landtagen losgelöst haben, wir hätten heute nicht mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen; es ist vielleicht zu beklagen, daß anstatt des Nothwahlgesetzes nicht sofort das Gesetz für die Einführung direkter Reichsrathswahlen geschaffen wurde. Allein daß das nicht geschah, darf uns nicht hindern, die direkten Reichsrathswahlen unbekümmert in Angriff zu nehmen, und insbesondere ist es im Interesse, welches uns hindert, auf etwas anderes Rücksicht zu nehmen; und das ist das Interesse der Kultur. Es handelt sich um das Interesse der Kultur, ich scheue mich nicht, es auszusprechen, gegenüber der Barbarei und nur dann, wenn wir die Interessengruppen beibehalten, wie sie sind, können wir mit gutem Gewissen sagen, daß wir für die Interessen der Kultur eingetreten sind.

Setzen sie uns nach Frankreich, setzen sie uns nach Preußen, wir werden nicht gezwungen, sein, auf dem Gruppensystem zu bestehen. Wie aber Oesterreich zusammengestellt ist, ist nach meiner Ansicht Jeder ein Feind des Staates, welcher von dem Gruppensysteme, wie es jetzt ist, abgeht; und daß in diesem Gruppensystem der Großgrundbesitz eine derartig hervorragende Rolle einnimmt, daß es mit den Interessen der Kultur unvereinbar ist, ihn von der Verdoppelung der Mitglieder auszuschließen, das ist meine inuerste Uiberzeugung, und als die direkten Reichsrathswahlen zur Frage kamen, habe ich auch keinen Anstand genommen, diese Ansicht sofort unumwunden auszusprechen.

Allerdings bin auch ich in einem Punkte abweichender Ausicht von dem Kommissionsberichte; allein er ist nicht so präzis gefaßt, daß eine Abänderung nicht möglich wäre.

Die sechsjährige Mandatsdauer ist eine zu lange Mandatsdauer und wenn in Ungarn die Mandatsdauer von 3 auf 5 Jahre ausgedehnt werden soll, und das nordumerikanische und das englische Parlament, wenn ich nicht irre, eine 4jährige Mandatsdauer hat, so glaube ich, daß wir mit der 5jährigen Dauer schon um deswillen einverstanden sein können, weil eine geringere, etwa 3jährige, der Legislative gar nicht Zeit zur Ausführung von großen legislatorischen Arbeiten läßt, und meine Herren, das ist ein schlagender Grund, warum die 3jährige Mandatsdauer trotz alles liberalen Schillerns nicht zu rechtfertigen ist. Man kommt immer auf 4 Jahre lind auch auf 5 Jahre. Ich kann mich daher wohl zur Ansicht bekennen, daß 6 Jahre allerdings zu viel, 3 Jahre aber entschieden zu wenig sind.

Ich muß daher dem Antrag, wie er gestellt ist, mit dieser kleinen Modifikation zustimmen und mir bemerken, daß das Abgeordnetenhaus derzeit noch gar keine Legislativperiode hat, daß eine Bestimmung, die bisher gefehlt hat, geschaffen Werten soll! Ich muß also den Anträgen der Kommission zustimmen und muß zustimmen deshalb, weil ich verpflichtet bin, nach meinem Gewissen den Charakter des Kulturstaates zu wahren und weil die erste Bedingung ist, die bestehenden Interessengruppen, welche diese Wahrung wenigstens annähernd sichern, nicht zu alteriren.

Ich stimme dem Antrage zu, weil es eine Lebensbedingung des Reiches ist, das Abgeordnetenhaus unabhängig zu stellen vom Landtage.

Oberstlandmarschall: Wünscht noch Jemand von den Herren das Wort? Wo nicht, erkläre ich die Generaldebatte für geschlossen.

Der Antrag des Herrn Abgeordneten Kuh kann erst bei §. 1 zur Abstimmung kommen.

Abg. Kuh: Ich begnüge mich, die Anregung gegeben zu haben und ziehe den Antrag zurück in Anbetracht der kurzen Dauer der Session.

Dr. Schmeykal: Schon der Kommissionsbericht hat an die Spitze die Hinweisung darauf gestellt, daß wir es mit einer ernsten und schweren Frage zu thun haben.

Ich möchte jenen Herren, welche gegen die von der Kommission gestellten Anträge deshalb sprachen, weil diese zu wenig weitgehen, jene Hinweisung in das Gedächtniß rufen und zunächst grundsätzlich bemerken, daß wir es mit einer sehr wichtigen Frage der praktischen Politik zu thun haben, und daß bei solchen Fragen man sich, wenn es auch manchmal gegen die eigene Uiberzeugung gehen mag, hüten muß, allzusehr theoretische Anschauungen festzuhalten. Bei solchen Fragen, wie die vorliegende, darf man sich nicht abreißen von den gegebenen Bedingungen des Lebens und der vorliegenden staatlichen Gestaltung. Man würde dabei unwillkührlich in Fehler verfallen, die sich später nicht mehr heilen lassen. Steht man aber auf dem praktischen Standpunkte, dann ist weiter im Auge zu behalten, was zu erreichen möglich ist und zu verzichten auf Wünsche, deren Erfüllung, wenn nicht ganz unmöglich, doch gewiß erst eine Frage einer weiteren spätern Zukunft ist.

Das, glaub' ich, sind Ansichten, mit denen man sich vereinigen muß und insbesondere dann vereinigen muß, wenn man hinblickt auf die schwierigen Verhältnisse der politischen und nationalen Gestaltung Oesterreichs. Da lassen sich Grundsätze und Theorien nicht so leicht durchführen wie anderwärts, und man muß mit Vorsicht und mit vollständiger Uiberlegung der Ziele, die man erreichen will, zu Werke gehen.

Der Zweck, welcher der Kommission vorlag, und der von allen Rednern anerkannt wurde, war: Befestigung zu schaffen für die Verfassung.

Nun, ich glaube, Mittel hiezu, und sichere Mittel sind im Kommissionsantrage geboten und von diesem allgemeinen Standpunkte schon empfehle ich die Anträge der Kommission zur Annahme.

Ich will mir nun erlauben, auf die speziellen Auslassungen der Herren Vorredner einzugehen.

Der Herr Abg. Kuh hat allerdings seinen Antrag zurückgezogen, aber ich weiß, daß sein Antrag einem so loyalen und patriotischen Streben entsprungen ist, daß ich es für meine Pflicht halte, ihn in einigen Punkten näher zu beleuchten. Der Herr Abg. Kuh macht zunächst dem Kommissionsantrage den Vorwurf, daß er neben dem Gesetze lauft, also aufrichtig gesprochen, eine Gesetzesverletzung sei. Mein Collega Wolfrum hat bereits diesen Vorwurf entkräftet und ich glaube mich diesen Anschauungen anschließen zu sollen, und möchte nur die Frage an den Herrn Abgeordneten richten, worin denn in dieser Beziehung der Vorzug seines Antrages gelegen sein soll, und ob er nicht glaubt, daß, wenn der Antrag der Kommission neben, dem Gesetze lauft, der Seinige mehr noch gegen das Gesetz lauft. Der Herr Abgeordnete Kuh ruft uns zu, nur sollen Vertrauen zu uns und zur Verfassung haben, welche, wie er meint, keiner Befestigung bedarf.

In der Richtung - scheint es - spricht die Erfahrung gegen ihn, ja er widerspricht sich selbst, da er gleich im Beginne anerkannt hat die dringendsie Rothwendigkeit der Reform. Er schlägt für diese Reform ein Mittel vor, was, wie er glaubt, vollständig zum Ziele führen muß. Ich kann mich damit nicht vereinen und bin versichert, daß uns dieses Mittel weit ab von dem Ziele führt, ja daß sein Antrag vollständig unausführbar sei. Er ruft uns zu: "Derjenige, der Unmögliches in der Politik begehrt, versündige sich. "

Ich möchte ihm diesen Ruf wieder geben und möchte ihn fragen, ob er glaubt, daß, wenn seine Anschauung hier zum Veschluße erhoben wäre, ob wir dazu kommen würden, das Prinzip der direkten Wahlen wirklich zu retten, ich glaube, es wäre eine Verschiebung ad graecas Calendas und es würden mittlerweile die Verfassung und ihre Institutionen in Trümmer gehen, bevor wir zu Rathe sitzen konnten über die legislative Durchführung seiner Anträge. Was ich von dem Vorwurfe der Vertuschung und Bemäntelung halten soll, welcher in der Darstellung des Abg. Kuh enthalten ist, weiß ich nicht. Sollte er gegen den Kommissionsantrag gerichtet sein, so muß ich denselben abweisen, denn Anträge und Motive der Kommission stehen offen und aufrichtig vor allen Augen und von einer Vertuschung und Bemäntlung kann daher nicht die Rede sein, insbesonders nicht in der von dem Abg. Ruh angedeuteten Richtung der Nationalitätenfrage, rücksichtlich deren ich aufmerksam mache, daß unter den Motiven, welche die Kommission der Einführung der unmittelbaren Wahlen zu Grunde legt, ausdrücklich die Ausgleichung der vielfachen nationalen Parteiströmungen betont ist. In diesem Motive gipfelt der Gedanke, daß das Parlament des Reiches es sei, in welchem allein die Lösung der nationalen Widersprüche gefunden werden könne, die uns so weit trennen, und daß sich eine gleichberechtigte Schlichtung aller dieser Widersprüche und Sonderbestrebungen nicht finden läßt in den einzelnen Landtagen, sondern nur im Schooße des großen Parlamentes des Reiches. Herr Abg. Kuh meint, es beschleiche ihn die Besorgniß, daß wir mit unserem Antrage und insbesondere mit dem Antrage, welcher auf die Verdopplung der Abgeordneten und auch auf die Verdopplung der Vertreter des Großgrundbesitzes hinzielt, der Verfassung mehr schaden, als nützen, weil wir nicht wissen, wer nach jenen Mitgliedern des Großgrundbesitzes kommen, die jetzt als Mitglieder des Landtages gegenwärtig sind. Ich glaube, solche Besorgniß muß auch dem vom Herrn Abgeordneten Kuh gestellten Antrage entgegentreten, denn die Anzahl der Mitglieder des Abgeordnetenhauses wird nach ihm eine höchst zahlreiche werden und er selbst meint, es werde oft der Fall sein, daß die Hälfte davon erscheinen werde. Nun frage ich, ob unter diesen Eventualitäten, die er in's Auge saßt, nicht Beschlüsse zu Tage treten können - gefaßt von wechselnden Majoritäten, die gerade auch von derselben und noch größerer Gefahr begleitet sind, als Jene, die er vom Kommissionsantrage befürchtet. Herr Kuh hat den Ruf der Cassandra an uns gerichtet und bemerkt, unser Kommissionsantrag führe zum Chaos und zum Rückgange. Ich möchte doch glauben, daß diese Befürchtungen zu weitgehend find und halte mich überzeugt, daß außer ihm Niemand in diesem Hause diese Ansicht theile, - ja, daß wir vielmehr auf dem Wege seines Antrages zu diesem Chaos und Rückgange sicherlich gelangen würden. Sein Wille ist gewiß der beste, - die Ausführung desselben aber würde gerade zu dem traurigen Ziele führen, welches er unseren Anträgen prophezeit. Es ist von dem Abg. Kuh sowohl als vom Abg. Dr. Pickert darauf hingewiesen worden, daß der Antrag der Kommission rücksichtlich der Verdopplung der Abgeordneten jedenfalls sehr weit gegangen sei, und daß eine Gleichheit in. der Interessenvertretung von nun an nicht mehr bestehen wird,, weil die Gruppe des Großgrundbesitzes eine gegenüber den Verhältnissen der andern Curien zu große Vertretung erlangen wird. Dem ließe sich dann zustimmen, wenn mau sich sagen müßte, daß die gegenwärtige Interessenvertretung auf der Seite des Großgrundbesitzes schon zu groß ist, denn das Verhältniß bleibt sich, sobald verdoppelt wird, gleich. Diese Voraussetzung nun scheint mir zu fehlen und ich habe in dieser Beziehung die Gunst der Erfahrung für mich, welche uns den glänzendsten Beweis dafür gegeben hat, daß der Großgrundbesitz in der Frage der Verfassungsentwicklung stets uns zur Seite gestanden ist, daß wir es ihm zu verdanken haben, daß wir heute noch im Stande sind, überhaupt über solche Fragen zu sprechen und zu tagen, und daß wir die. zuversichtlichste Hoffnung aussprechen können, daß dies auch in Zukunft so sein Wird, weil wir überzeugt sein können, daß der Großgrundbesitz die Fragen der Zeit begriffen hat, lind daß er treu mit uns einstehen wird für die Einheit und auch für die Freiheit des Reiches. (Bravo!)

Es ist gesagt worden, es handle sich nicht allein um die Ziffer der Besteuerung, auch um die Blutsteuer handle es sich. Nun, meine Herren, auch in dieser Beziehung erlaube ich die Geschichte mir zur Seite rufen zu können. Die Annalen unserer Geschichte sind voll davon, daß auch der Großgrundbesitz zur Stelle war, so oft es sich handelte, mit feinem Blute einzutreten für die Existenz des Reiches, und die Annalen der Geschichte verzeichnen die zahlreichen blutigen Opfer, die von ihm und insbesondere von den Zweigen der erlauchtesten Geschlechter zu jeder Zeit auf dem Felde der Ehre gebracht worden sind. (Bravo!)

Abg. Roser rief in's Feld für seine Anträge das Moment der Theuerung; nun, ich glaube meine Herren, das kann doch bei einer so tief gehenden politischen Frage, wie es die gegenwärtige ist, nicht weiter zur Beachtung kommen. Ich glaube auch nicht, daß es so schwer in die Wagschale fällt, wie er selbst meint, denn, tritt die Verdopplung der Abgeordneten nach dem Sinne des KommissionsAntrages ein, so werden auch die Sessionen keine mehr so lang sich hinausziehenden sein, und auch in dieser Richtung ein wohlthätiges Ersparniß eintreten, unter allen Umständen aber kann diesem Momente keine Rechnung getragen werden, wo es sich um eine wahre Lebens- und eine Existenzfrage handelt!

Herr Abg. Roser ist unwillig darüber, daß man sich auch hier wieder auf den Standpunkt der Opportunität berufe. Nun, meine Herren, ich glaube, man kann in der schwebenden Frage eben gar keinen anderen Standpunkt einhalten, als den der Opportunität, den ich damit übersetze, daß es der Standpunkt der wahren Zweckmäßigkeit ist. Wer aber an diesem Standpunkt bei Durchführung politischer Fragen nicht festhält, der wird Irrthümer begehen, die dem Ganzen zum Nachtheile, zur größten Gefahr und zum Schaden gereichen. Die Opportunität allein ist es, die insbesonders in dieser Frage leiten muß. Auf diesem Standpunkt steht der Kommissionsantrag, und ich möchte bitten, und ich möchte insbesondere diejenigen Herren bitten, welche gegen ihn sprachen, sich dieses Momentes gütigst zu erinnern.

Der Herr Abg. Pickert machte dem Kommissionsantrage auch den Vorwurf, er nehme zu viel Rücksicht auf die Gegner. Worin dieser Vorwurf eigentlich feine Motivirung finden soll und finden könnte, verstehe ich nicht recht, - weil ich in der That nirgends lesen konnte, wo eine, die VerfassungsInteressen gefährdende Rücksichtnahme auf unsere Gegner eigentlich beobachtet wird. Auf der einen Seite wird der Vorwurf gemacht, wir nehmen zu viel Rücksicht auf unsere Freunde, auf der anderen Seite der Vorwurf, wir nehmen zu viel Rücksicht auf die Gegner, ich aber denke, das Gute liegt in der Mitte, Rücksichtlich der Mandatsdauer ist ausgesprochen worden, daß die Zahl von 6 Jahren eine zu große sei. Nun, was meine speziellen Wünsche betrifft, so würde ich auch gar nichts dagegen haben, wenn diese Mandatsdauer herabgesetzt würde. Allein für so wesentlich und dringend nothwendig halte ich die Frage nicht und bemerke, daß es überhaupt schwer ist, da den einzelnen Standpunkten gerecht zu werden. Von einer Seite wird behauptet, die Mandatsdauer von 3 Jahren sei offenbar zu kurz, es sei nicht möglich, den gewählten Vertretungs körper innerhalb dreier Jahre so recht in Fluß kommen zu lassen auf dem Gebiete der legislatorischen Schöpfungen, und das halte ich für vollkommen richtig. Ein tief eingreifender Unterschied aber Zwischen 4, 5 und 6 Jahren läßt sich kaum konstatiren, zumal ich den Herrn Abg. Dr. Hanisch berichtigend bemerken muß, daß die Parlamentsdauer in England 7 Jahre zählt. Ich komme nun zum Schluße und erlaube mir die gestellten Kommissionsanträge vollinhaltlich der Annahme des h. Hauses zu empfehlen; die Tendenz des Antrages und seiner Theile ist es, wie schon Herr Abgeordneter Wolfrum hervorgehoben hat, den österreichischen Gedanken, das österreichische Bewußtsein wieder zu stärken, und es der Bevölkerung näher zu führen, daß es ein Reich, eine Reichsvertretung gibt, denn bisher war sie wenigstens bei den Wahlen nicht in der Lage, die Tragweite der von ihnen ertheilten Mandate zu beurtheilen; sie wählte in den Landtag, vom Reiche und von der Reichsvertretung hörte sie nichts, Das soll und muß anders werden, wenn überhaupt von einer Einheit und Machtstellung des Reiches von gesicherten Grundlagen seines Bestandes noch, die Rede sein kann. Erst seit dem Auf treten föderalistischer Plane machte sich der, jedes patriotische Herz tief verletzende Gedanke des möglichen Zerfalles Oesterreichs breit. Meine Herren! Dieses allein sollte genügen, aus so manchen Wunsch weiteren Umfanges zu verzichten und dem zuzustimmen, was in dem Kommissionsantrage liegt, dessen dringendes Streben es ist, solchen Gedanken sobald als möglich ein Ziel zu setzen.

Oberstlandmarchall: Wir kommen nun zur Spezialdebatte und zwar Punkt 1.

I. Der Landtag empfiehlt der hohen Regierung im verfassungsmäßigen Wege dahin zu wirken,

a) daß die nach Maßgabe des Anhanges zu den Landesordnungen auf die daselbst bestimmten Gruppen entfallende Zahl von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses unmittelbar durch die Landtagswahlberechtigten derselben Gruppen, jedoch unter Aufrechthaltung des Systems der Wahlmänner für die Landgemeinden gewählt werden.

Snemovní aktuar Sládek ète: Slavný snìme raèiž se usnésti takto: I. Snìm doporouèí slavné vládì v cestì ústavní spùsobiti:

a) aby poèet èlenù snìmovny poslanecké, jenž dle dodatku k zemským zøízením vypadá na skupení tam ustanovená, volen byl pøímo od osob, v tìchže skupeních k volení do snìmu oprávnìných, pøi èemž však šetøeno býti má systému volitelù pro obce venkovské.

Oberstlandmarschall: Wünscht Niemand von den Herren das Wort? Wenn Niemand, erkläre ich Die Debatte für geschlossen über Punkt a.

Christian Kotz v. Dobrž: Ich erbitte mir zur Abstimmung das Wort.

Oberstlandmarschall: Abg. Christian Kotz von Dobrž hat das Wort.

Abg. Christian Kotz v. Dobrž: Ich erlaube mir der h. Versammlung für lit. a) namentliche Abstimmung zu empfehlen, weil ich glaube, daß es sich um eingreifende Veränderung handelt, indem es fest steht, daß dem k. k. Ministerium daran gelegen fein dürfte, die sich bildende Majorität durch Fixirung der Einzeln-Meinungen als Materie für die verfassungsmäßige Behandlung zu kennen; ich glaube also wohl berechtigt zu sein, namentliche Abstimmung empfehlen zu dürfen für lit. a)

Oberstlandmarschall: Ich werde den Antrag auf namentliche Abstimmung zur Abstimmung bringen, und ersuche jene Herren, die dafür stimmen, sich zu erheben.

Es ist nicht die hinreichende Anzahl.

Ich ersuche jene Herren, welche dem Punkte a) zustimmen, die Hand zu erheben. (Geschieht. )

Angenommen.

Snemovní aktuar Sládek ète: b) aby poèet tìchto poslancù pro každé skupení byl zdvojnásobnìn.

Oberstlandmarschall:

b)  die Zahl dieser Abgeordneten für jede der Gruppen verdoppelt werde.

Dr. Pickert hat das Wort,

Dr. Pickert: Im Interesse der möglichst einmüthigen Annahme der gestellten Anträge enthalte ich mich, einen Speziellen Antrag zu stellen.

Oberstlandmarschall: Ich ersuche jene Herren, welche dem Punkte b) zustimmen, sich erheben zu wollen. (Geschieht. )

Angenommen.

c)   daß die auf die einzelnen Gruppen der Statt und Landbezirke entfallende verdoppelte Zahl der Abgeordneten auf kleinere, innerhalb dieser Gruppen zu bildende Wahlbezirke zweckmäßig aufgetheilt werde;

Snìmovní aktuar Sládek ète: c) aby zdvojnásobnìný poèet poslancù na jednotlivá skupení okresù, mìst a obcí venkovských vypadající úèelnì rozdìlen byl na menší okresy volební, které vnitø tìchto skupení mají býti zøízeny.

Oberstlandmarschall: Ich ersuche jene Herren, die diesem Punkte beistimmen, sich zu erheben. (Geschieht. ) Angenommen.

d) daß bei den unmittelbaren Wahlen für den Reichsrath die geheime Abstimmung durch Stimmzettel Platz greife.


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