Úterý 26. øíjna 1869

worden, haben wiederholt auf Abhilfe gedrungen. Diese Ungleichmäßigkeit in Vertheilung der Grundsteuer existirt nicht allein unter den einzelnen Steuerträgern unseres engeren Vaterlandes, sie besteht auch, und zwar auf Grund der zu verschiedenen Zeiten gepflogenen Bonificationen selbst bei sorgfältiger Abwägung aller Bodenkultur- und Industrie-Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Kronländern im Verhältnisse gegen einander, ja es hat sich gezeigt, daß in Galizien an 100 ٱMeilen Acker- und Waldland unbesteuert geblieben sind. Mit Recht kann Böhmen die Regulirung der Grundsteuer mit freudiger Hoffnung begrüßen (Bravo!), weil zu erwarten steht, daß die verhältnißmäßig gleiche Vertheilung der Grundsteuer unter alle Länder Österreichs dem Lande Böhmen, wenn nicht eine Erleichterung, so doch keine größere Belästigung bringen dürfte. Es liegt im sehnlichsten Wunsche der hohen Regierung, diese Ungleichheit zwischen den einzelnen Ländern und den Privaten betreff der Grundsteuer auszugleichen und mit Recht bezeichnet sie daher in ihren Noten die Regulirung der Grundsteuer, somit auch die Wahl in die Kommissionen als höchst dringlich, welche Dringlichkeit auch das hohe Haus speciell durch Anordnung des §. 47 G. -D. mit Beschluß vom 21/10. anerkannt hat. Als nun die Kommission die ihr gestellte Frage: in welcher Weise die Wahl für diese Kommission zu geschehen habe, in Berathung nahm, und den voraussichtlich nahen Schluß dieser Session im Gegensatze zum großen Umfange des Wahlaktes reiflich erwog, kam sie zur einhelligen Uiberzeugung, daß es dem hohen Hause binnen der kurzen Zeit kaum möglich sein dürfte, die allseitig geeigneten Persönlichkeiten so rasch zu finden, um mit gewohnter Gewissenhaftigkeit eine gute Wahl für dieses so unendlich wichtige Amt zu treffen.

Offenbar müssen die Mitglieder dieser Kommissionen nicht allein administrative, sondern vorzüglich ökonomische Kenntnisse besitzen, die sich nicht allein auf die bloße Theorie beschränken, sondern auch durch praktische Erfahrung gewonnen worden sind, es müssen dies Personen sein, welche die Bodenkultur, die Höhe der Industrie, die Verkehrsverhältnisse nicht allein der betreffenden Kreise, sondern des ganzen Landes, ja sogar die des Nachbarlandes kennen. Ein anderes Erforderniß, das besonders wichtig in die Wagschale fällt, ist, daß die Gewählten von dem allseitigen Vertrauen der Bevölkerung getragen, bei derselben in voller Achtung stehen und daß die Steuerträger von deren Unparteilichkeit und Rechtlichkeit im vorhinein überzeugt sind. Und wenn es wirklich dem h. Landtage in der so kurzen Dauer der gegenwärtigen Session gelingen sollte, 42 Personen zu finden, welche all die bezeichneten Eigenschaften in sich vereinigen, so tritt doch noch eine und zwar eine sehr wichtige Frage in den Vordergrund, nämlich die Frage, ob die vom Landtage gewählten Personen auch Wirklich das ihnen anvertraute Amt annehmen wollen, oder annehmen können, denn wir dürfen uns nicht verhehlen, daß mit dieser Funkzion eine große Mühe und ein bedeutender Verlust an Zeit durch eine voraussichtlich längere Periode verbunden ist, daß mit derselben gegenüber der öffentlichen Meinung und selbst dem einzelnen Steuerträger gegenüber eine große moralische Verantwortlichkeit übernommen wird.

Solch ein schwieriges Amt dürste es manchem selbst bei dem besten Willen unmöglich machen, die Wahl anzunehmen, weshalb es wohl begründet wäre, wenn man noch vor der Wahl die Annahme der Wahl gesichert hätte, da es vor dem Schluße der Session nicht mehr möglich wäre, eine Neuwahl eventuell der Ersatzmänner zu treffen, und weil es geschehen könnte, daß diese oder jene Kommission nicht zu amtiren vermöchte und gezwungen wäre, insolange mit ihrer Thätigkeit zu warten, bis nach etwa einem Jahre der Landtag einberufen und die Neuwahl vorgenommen würde.

Alle diese Gründe brachten die Kommission vom Gebiete der Opportunität beinahe aus das Feld der absoluten Notwendigkeit, welche die Vornahme der Wahl durch den Landtag beinahe für unausführbar erscheinen läßt, soll die gute Absicht des Gesetzes durch eine überstürzte Wahl nicht geschädigt werden.

Wohl könnte ein Ausweg darin gefunden werden, daß die Wahl auf die nächste Session vertagt würde. Aber diese Idee hat die Kommission bei der Dringlichkeit der Sache von sich gewiesen und könnte einen solchen Antrag vor dem h. Hause nicht verantworten. Die Kommission hat sich demnach dahin entschieden, daß der ganze Wahlakt aus Gründen der Opportunität dem Landesausschuße übertragen werde.

Man könnte vielleicht einwenden, daß nach §. 8 die Landesvertretung selbst zur Wahl berufen und der Landesausschuß ausgeschlossen sei. Allein nach §. 1 und 2 der Landesordnung besteht die Landesvertretung einerseits aus dem Landtage, anderseits aus dem Landesausschuße. Es ist daher nach §. 8 der Landesausschuß als Wahlorgan keineswegs ausgeschlossen, was in der Intention des Gesetzes liegt, weil diese sonst die Wahl nicht der Landesvertretung überhaupt, sondern direkt dem Landtage selbst zugewiesen hätte.

Im Einklang mit dieser Auffassung steht der Wirkungskreis, welcher jedem einzelnen dieser Vertretungskörper nach der Landesordnung zugewiesen ist. Denn während der versammelte Landtag eine legislatorische Aufgabe hat, ist dem Landesausschuße die administrative Thätigkeit übertragen (§. 11 der Landesordnung). Prüfen wir den vorliegenden Gegenstand, so finden wir, daß die Legislation hier nichts mehr zu thun habe, weil durch das Reichsgesetz die Bildung der Kommissionen, deren Zusammensetzung und Wirksamkeit bereits festgestellt sind. Wir finden, daß es sich nur um Ausführung einer gesetzlichen Bestimmung, man möchte sagen, um den Vollzug einer gesetzlichen Befugniß, nämlich um die Vornahme der Wahl handelt. Dieser Akt gehört nicht zur Legislative, sondern übergeht mehr in das Gebiet des zweiten Organs der Landesvertretung, in das des Landesausschußes.

Der hohe Landtag handelt daher keineswegs gegen das Gesetz, wenn er die Befugniß zur Wahl an jene Körperschaft überträgt, welche selbst aus Mitgliedern des hohen Hauses besteht, daher kein bloßer Beamtenkörper ist, welcher vom Gesetze mit wichtigen Befugnissen, als mit dem Ernennungs-, Präsentations-, Verleihungs-, Entscheidungsrechte ausgestattet ist und welche Körperschaft sich des unbedingten Vertrauens des hohen Hauses erfreut, so daß derfelben mit aller Beruhigung die Wahl der 42 Mitglieder anvertraut werden kann.

Der Landesausschuß wird es sich zur gewissenhaften Aufgabe stellen, durch eifrige Korrespondenz, so wie im Wege mündlicher Nachforschung, und durch Anhörung der Bezirksvertretungen jene Persönlichkeiten zu finden, welche nicht allein durch geistige Fähigkeiten und durch praktische Erfahrungen sondern auch durch das allgemeine Vertrauen ausgezeichnet sind, die auch andererseits in der Lage sind und die Opferwilligkeit besitzen, das ehrenhafte aber schwierige Amt eines Mitgliedes dieser Kommission aus sich zu nehmen.

In Erwägung also, daß die Vornahme der fraglichen Wahl durch den Landtag wegen dem nahen Schluße der Session und bei der Dringlichkeit der Wahl dermal im Interesse der Sache nicht räthlich erscheint und daß sich daher die Uibertragung der Wahl au den Landesausschuß für opportun darstellt, in fernerer Erwägung, daß dieser Vorgang dem Gesetze keineswegs widerstreite, stellt die Kommission den Antrag:.

Der hohe Landtag wolle beschließen:

1.   Der Landesausschuß wird beauftragt, die nach §. 8 des Gesetzes vom 24. Mai 1869, R. -G. -B. XXXVIII., Nro. 88, der Landesvertretung des Königreiches Böhmen zustehende Wahl der Mitglieder in die Landeskommission und in die Landessubkommissionen behufs der Grundsteuerregulirung vorzunehmen.

2.   Bei der Wahl also vorzugehen, daß die Hälfte der vom Landesausschuße zu wählenden Mitglieder mindestens aus den Grundsteuerträgern des betreffenden Rayons gewählt werde.

3.   Hat der Landesausschuß über den vorgenommenen Wahlakt dem Landtage in der nächsten Session Bericht zu erstatten.

Oberstlandmarschall: Ich eröffne die Generaldebatte.

Wünscht Jemand von den Herren das Wort?

Wenn Niemand das Wort verlangt, erkläre ich die Generaldebatte für geschlossen und eröffne die Spezialdebatte.

Abg. Bibus:

Der Antrag lautet:

1. Der Landesausschuß wird beauftragt, die nach §. 8. des Gesetzes vom 24. Mai 1869, R. -G. -B.

XXXVIII., Nro. 88, der Landesvertretung des Königreiches Böhmen zustehende Wahl der Mitglieder in die Landeskommission und Landessubkommissionen behufs der Grundsteuerregulirung vorzunehmen.

Snìmovní aktuár Sládek ète: Slavný snìme raèiž se usnésti takto: Výboru zemskému ukládá se, aby vykonal volbu èlenù do komise zemské a do vedlejších komisí zemských za pøíèinou upravení danì pozemkové, jež mu pøísluší dle §. 8 zákona ze dne 24. kvìtna 1869 zák. øíšs. èást XXXVIII., èís. 88 zemského zastupitelství království Èeského.

Oberstlandmarschall: Wenn Niemand das Wort verlangt, ersuche ich jene Herren, die dem punkte 1 zustimmen, die Hand zu erheben.

(Geschieht. )

Angenommen.

Abg. Bibus: Punkt 2: Bei der Wahl also vorzugehen, daß die Hälfte der vom Landesausschuße zu Wählenden Mitglieder aus Grundsteuerträgern des betreffenden Rayons gewählt werde.

Snìmovní aktuár Sládek:

2. Aby volbu vykonal tím spùsobem, by polovice èlenù, jež výbor zemský zvolí, vzata byla z poplatníkù obvodu, jehož se týèe.

Abg. Bibus: Ich erlaube mir darauf aufmerksam zu machen, daß die Kommission sich bei Diesem Antrage von der Analogie leiten ließ, nämlich daß auch der Finanzminister bei der Ernennung der ihm zugehörigen Mitglieder in die Kommission ebenfalls an die Bestimmung gebunden ist, daß er die Hälfte aus den Grundsteuerträgern des Landes wählen müsse.

Abg. Dr. Knoll: Ich bitte um das Wort.

Oberstlandmarschall: Dr. Knoll hat das Wort.

Dr. Knoll: Ich glaube, es müßte heißen "mindestens die Hälfte"; denn es ist sehr möglich, daß der Landesausschuß sämmtliche aus den Steuerträgern der betreffenden Rayons wählt. Aber es sollte ihm vorgeschrieben sein, daß er mindestens die Halste nehmen muffe, denn sonst konnte der Landesausschuß schließen, er habe die andere Hälfte aus einem anderen Rayon zu wählen, und das ist doch nicht die Absicht.

Abg. Bibus: Gewiß! Das ist nicht die Absicht der Kommission; ich habe nichts dagegen.

Oberstlandmarschall: Wenn Niemand das Wort mehr verlangt, ersuche ich jene Herren, welche dem Punkte 2 mit dem eingeschalteten Worte "mindestens" zustimmen, die Hand zu erheben.

(Geschieht. )

Angenommen.

Abg. Bibus liest:

Punkt 3. Hat der Landesausschuß über den vorgenommenen Wahlakt dem Landtage in der nächsten Session Bericht zu erstatten.

Snìmovní aktuár Sládek ète:

3. Aby v nejblíže pøíštím zasedání podal zprávu o vykonané volbì.

Oberstlandmarschall: Wenn Niemand das Wort verlangt, erkläre ich den §. für angenommen.

Abg. Bibus: Ich beantrage sofort in die 3. Lesung einzugehen, und nachdem beinahe nichts geändert, sondern nur das Wort "mindestens" eingeschaltet wurde, daß auch von der Verlesung Umgang genommen werde.

Snìmovní aktuar Sládek ète: 2. Aby volbu vykonal tím spùsobem, aby aspoò polovice èlenù, jež výbor zemský zvolí, vzata byla z poplatníkù obvodu, jehož se týèe.

Oberstlandmarschall: Ich ersuche jene Herren, die diese 3 Punkte als ein Ganzes in dritter Lesung annehmen wollen, die Hand zu erheben.

(Geschieht. )

Angenommen.

Punkt 8. 265. Bericht der Kommission für Sicherheit über Antrag der Abg. -Baron Korb von Weidenheim, über die Petizion des Böhm. -Kamnitzer Bezirksvertretung, betreffend die zunehmende Unsicherheit am Lande.

Ich ersuche den Hrn. Abg. Jahnel als Berichterstatter.

Abg. Jahnel: In der Sitzung vom 22. d. M. wurde der Antrag des Hrn. Abg. Korb Frh. von Weidenheim und Genossen, es mögen die entsprechenden Vorkehrungen zur Abhilfe der zunehmenden Unsicherheit der Person und des Eigenthums auf dem Lande getroffen werden, einer besonderen Kommission mit dem Auftrage zugewiesen, über diesen Antrag mit Umgehung der Drucklegung Bericht zu erstatten. Derselben Commission wurde vom h. Landtagspräsidium auch eine am 4. d. M. eingelangte, bisher in der Vorberathung der Petizionskommission gewesene Eingabe zugewiesen, in welcher die Bezirksvertretung von Sensen die Bitte stellt, "Ein hoher Landtag wolle zur Hintanhaltung des Vagabundenwesens am Lande die nöthigen Verfügungen treffen. " Die Kommission hat beide Geschäftsstücke unter Intervenirung des k. k. Gendarmerie-Majors Ellerich und unter Benützung der in der Petizionskommission vereinbarten Berathungsresultate der eingehendsten Würdigung unterzogen und berichtet nun wie folgt:

"Daß der Antrag des Freiherrn von Weidenheim und Genossen im Hinblicke auf die von Seite Sr. Exc. des Herrn Statthaltereileiters am 19. d. M. erfolgte Beantwortung der Interpellation der Antragsteller vom 15. d. M. gestellt wurde, ist dem h. Landtage eben so bekannt, wie der Inhalt der Interpellation und der hierüber erfolgten Antwort. Die Petizion der Böhmisch-Kamnitzer Bezirksvertretung bezeichnet es als eine bekannte Thatsache, daß das Vagabundenwesen am flachen Lande auf eine erschreckende Weise zunimmt und daß die öffentliche und Privatsicherheit gefährdet wird.

Wer die Zustände am flachen Lande kennt, sagt die Petition, wer Gelegenheit gehabt hat, aus eigener Anschauung sich, zu überzeugen, wie die Landbevölkerung von den Vagabunden belästigt wird, der muß die Ansicht theilen, daß schnelle Abhilfe dringend nöthig erscheint. Sei es doch schon so weit gekommen, daß die Vagabunden förmlich fordern, was und wie viel sie haben wollen, daß sie zu Drohungen schreiten, um die Leute einzuschüchtern, daß sie Geld erpressen, gewaltsame Eingriffe in fremdes Eigenthum verüben und die Landbevölkerung förmlich terrorisiren.

Abhilfe zu schaffen, dazu reicht, wie die Petizion versichert, die Kraft der einzelnen Gemeinden und Bezirke nicht aus, hier muß die Landesvertretung ins Mittel treten.

Daß das Vagabundenwesen und mit diesem die Unsicherheit am Lande thatsächlich in bedenklicher Weise überhand nimmt, ist offenkundig. Wer sich von der Große der Gefahr, in der sich das Land deshalb befindet, etwa noch nicht überzeugt halten wollte, der wird hoffentlich durch die Antwort belehrt sein, die Se. Exc. der Herr Statthaltereileiter am 19. d. M. ertheilt hat. Se. Excellenz sah sich verpflichtet, dem h. Landtage offen zu erklären, daß der Zustand der öffentlichen Sicherheit im Lande ungeachtet der Verstärkung der Gendarmerie nicht befriedigend fei, und daß Raubanfälle, Diebstähle und Gewalttätigkeiten häusig vorkommen. Für denjenigen, der mit den Verhältnissen nicht näher vertraut ist, liegt die Frage nahe: Ja woher denn diese traurige Erscheinung ? Haben wir denn nicht genug Gesetze und Verordnungen, welche die Hintanhaltung, wenigstens Beschränkung des Vagabundenwesens betreffen? Scheint also das Uibel nicht blos darin den Grund zu haben, daß diese Gesetze und Verordnungen nicht gehandhabt werden? Auch auf diese Frage antwortete Se. Exc. der Herr Statthaltereileiter. Die Lokalpolizei, sagte Se. Excellenz, läßt ungeachtet der unausgesetzten behördlichen Einwirkung viel zu wünschen übrig; die Gemeinden sind aber selbst bei redlicher Aufbietung aller Kräfte nicht im Stande, der Ordnung und dem Eigenthum hinreichenden Schutzzu gewähren. Wie richtig diese letztere Behauptung ist, zeigt ein Blick auf das Treiben des Gesindels und auf die vollständig resultatlosen Bemühungen jener Gemeinden, die dem Unwesen gegenüber nicht die Hände in den Schoß legen. Des Morgens fechten die Gauner ihren Bezirk ab, alles mitnehmend, was sich nur immer losmachen läßt. Ihr Auftreten dabei ist so keck, daß ihnen das Verlangte, nur um sie wieder aus dem Hause zubringen, gewiß nicht verweigert wird. Mit liederlichen Dirnen wird dann das Erbettelte, Erpreßte oder Gestohlene in Brantweinschänken oder anderen verrufenen Häusern durchgebracht. Den Nachmittag über zieht, das Gesindel im Freien herum, und macht, von öffentlichen Unsittlichkeiten abgesehen, Wege und Stege unsicher. Raubanfälle, Diebstähle und Gewaltthätigkeiten kommen da, wie Se. Exzellenz bestätigt, häufig vor. Bei Anbruch der Nacht wird in Wäldern, Getreide- und Heuschobern, zur Winterszeit aber entweder in Häusern, wo man sie nicht abzuweisen wagt, oder in Scheuern, die zu diesem Zwecke erbrochen werden, ein Lager gesucht. Daß die in Häusern gewährte Gastfreundschaft sehr oft mit Diebstählen gelohnt wird, daß von den anderen erwähnten Schlupfwinkeln aus förmliche Razzias nach fremdem Eigenthume angestellt werden, und daß schon so manches Wirthschaftsgebäude, in welchem Vagabunden ihr Nachtquartier aufschlugen, in Feuer und Flammen aufgegangen ist, wissen wir alle. Das ist ein Zustand, dessen Abstellung die Ehre des Landes verlangt.

Betrachten wir nun den Vorgang jener Polizeiorgane, welche einem solchen Treiben gegenüber nicht unthätig sind, und auf die daher kein Vorwurf der Lässigkeit fällt.

Wird ein Vagabund aufgegriffen, so straft ihn die Polizeibehörde, falls er nicht dem Strafgerichte übergeben werden kann, mit einigen Tagen Arrest -- ein anderes Strafmittel, das ausgiebiger wäre, gibt es bekanntlich nicht mehr - und schiebt ihn dann in seine Heimat ab; sehr oft ist jedoch der Vagabund früher wieder da, bevor noch der Convoyant zurückkommt, ja es fehlt nicht an Fällen, wo der Vagabund von der Behörde, die ihn abgeschoben hat, bereits wieder in Haft genommen ist, bevor noch sein Begleiter dazu kam, die Bestätigung über die Abgabe des Vagabunden an seine Heimatsgemeinde - zu überreichen. (Rufe: Sehr richtig!) Wird nun ein solcher Taugenichts wieder aufgegriffen, so wiederholt sich dieselbe Prozedur, und das geht so lange fort, bis endlich die Polizeibehörde die Geduld verliert und den Gauner unter den Folgen des §. 324 des Strafgesetzes aus ihrem Bezirke ausweist. Das genirt jedoch den Ausgewiesenen nicht, immer wieder zu kommen; der Unterschied ist nur der, daß ihn jetzt das k. k. Gericht straft und die Polizeibehörde blos den Abschiebungsdienst leistet Der Vagabunden, die in dieser Weise ihre Lebenszeit im Arreste und auf dem Schubswege zubringen, gibt es sehr viele. Nicht wenige von ihnen werden jedesmal total betrunken angetroffen und müssen von der Polizei auf Schubkarren in den Arrest transportirt werden. Andere sind, obwohl gesund, unter keiner Bedingung zu Füße von der Stelle zu bringen und müssen Schubsfuhren erhalten. Wieder andere reißen sich im Arreste ihre Kleider absichtlich vom Leibe, um die Gemeinde, die sie arretirte, zur Anschaffung neuer Kleider auf ihre Kosten zu zwingen, ja es geschieht nicht selten, daß der Vagabund, wenn er auf freien Fuß gesetzt ist, die erhaltene neue Kleidung um einen Spottpreis verkauft, den Erlös durchbringt und sich dann halb nackt selbst arretiren läßt, um abermals neue Kleider zu erhalten, mit denen er dasselbe Manöver in derselben oder in einer anderen Gemeinde wiederholt. (Rufe: Sehr wahr!) Nicht selten kommt es auch vor, daß der Vagabund bei schlechter Witteturtg oder in der strengen Jahreszeit mit der ihm auferlegten Strafe deshalb nicht Zufrieden ist, weil sie zu kurz bemessen wurde, und daß er, um länger verhaftet zu bleiben, im Arreste absichtlich einen Exceß verübt, die Fenster hinausschlägt, die Einrichtung zertrümmert zc. Die Behörde straft da vollkommen resultatlos, und das Traurigste ist, daß das Ansehen der k. k. Gerichte und der Polizeibehörden verloren geht. (Bravo!) Das ist ein Zustand, ich wiederhole es, dessen Abstellung die Ehre des Landes verlangt.

Daß es in der That Gemeindebehörden gibt, die, obwohl resultatlos, ihre Schuldigkeit thun, beweist die ins Landesbudget für Schubsauslagen eingesetzte enorme Summe von 100. 000 fl.

Wer sich der Mühe unterziehen wollte, die Schubsprotokolle der Schubsbehörden einzusehen, der würde bestätigt finden, daß diese enorme Belastung des Landes zum größten Theile durch Vagabunden, und zwar meistens durch die nämlichen Individuen veranlaßt wird, die, wie angegeben, fast ihre ganze Lebenszeit im Kerker, im Arreste und auf dem Schubswege zubringen.

Ich bin jedoch mit der Schilderung des Vagabundenwesens noch nicht zu Ende (Heiterkeit), denn es gibt noch eine Gattung von Vagabunden, welche dem Lande in einer anderen Beziehung viel Geld kosten. Es sind dies jene, die des eigentlichen Herumvagirens bereits müde, zum Herumziehen schon zu faul, die öffentlichen Krankenanstalten belästigen. (Bravo!) Unter irgend einem plausiblen Vorwande erwerben sich solche Taugenichtse die Aufnahme in ein öffentliches Krankenhaus, wandern, wenn die gesetzlich zulässige längste Dauer der Spitalspflege vorüber ist, in ein zweites, dann in ein drittes zc., und beginnen, wenn sie herum sind, den Turnus wieder von Neuem. Die Auslagen, die hieraus dem Landesfonde erwachsen, sowie die Kosten, welche durch die Heilung der liederlichen, dem Vagabundiren ergebenen Dirnen in den Krankenhäusern verursacht werden, und die gleichfalls dem Landesfonde zur Last gehen, sind gewiß auch sehr beträchtlich; ich bedauere, sie an der Hand des Budgets, weil sie mit den übrigen Sanitätsauslagen vereinigt sind, nicht ziffermäßig nachweisen zu können.

Die Kommission hält es für eine heilige Pflicht des hohen Landtages, diesem Unwesen, das sich mit Rücksicht auf die arg bedrohte öffentliche Sicherheit, Sanität und Sittlichkeit als eine dreifache Landplage darstellt, soweit es in den Kräften des hohen Landtages steht, Schranken zu fetzen.

Welche Mittel angewendet werden müssen, um die Sicherheit im Lande wieder herzustellen, darüber war die Kommission nicht im Zweifel; sie ging von der einstimmig getheilten Ansicht aus, daß, nachdem mit den gewöhnlichen Mitteln nicht geholfen werden kann, außerordentliche Maßregeln in Anwendung kommen müssen.

Das erste dieser Mittel ist die möglichst ausgiebige Benützung des Prager Zwangsarbeitshauses.

Der Hang zum Vagabundiren und der sich hiebei einstellende Trieb zur Gefährdung der persönlichen und Eigenthumssicherheit wurzelt in der Arbeitsscheu der Vagabunden. Sie müssen daher, wenn es nachhaltig besser werden soll, zur Arbeit gezwungen werden. Leider haben wir noch keine Bezirksarbeitshäuser und sind daher beschränkt auf die Prager Correktionsanstalt. Nun so nütze man wenigstens diese nach Möglichkeit aus. Nach eingezogenen Erkundigungen sind in der Prager Anstalt 178 Plätze nicht besetzt.

Man sperre daher von den das Land plagenden Vagabunden die gefährlichsten 178 mit möglichster Bedachtnahme auf die einzelnen Bezirke ein und es wird wenigstens dort, wo diese Räbelssührer ihr Unwesen treiben, den ärgsten Angriffen auf die Sicherheit der Person und des Eigenthums vorgebeugt sein.

Soll dieses Mittel schleunig wirken, so darf die Anwendung desselben nicht erst von langen Vorberathungen über die Bezahlung der Verpflegskosten abhängig gemacht werden, sonst konnte leicht der Winter vergehen, ehe auch nur ein einziger der Hauptgauner hinter Schloß und Riegel kommt.

Die Sicherstellung der Verpflegskosten kann nachträglich erfolgen. Die Billigkeit verlangt es, daß aus Anlaß dieser Maßregel die Gemeinden, welche die Verpflegskosten zu zahlen haben, nicht zu hart betroffen werden, daß ihnen vielmehr das Land, welches je von einer dreifachen Plage befreit werden soll, unter die Arme greise.

Seine Excellenz der Herr Statthaltereileiter theilte uns mit, daß in jüngster Zeit von Seite des h. Landesausschußes eine Erhöhung der fraglichen Gebühren stattgefunden habe, und es bemerkte Se. Excell. ganz richtig, daß dieser Umstand die Benützung der Landeskorrektionsanstalt erschwert.

Man erniedrige also die Gebühr auf etwa 50 fl. jährlich.

Mit dem Einsperren der gefährlichsten Vagabunden ist nun wohl etwas bei der Unzureichenheit der disponiblen Plätze, aber lange nicht alles gethan.

Auch dem übrigen schädlichen Gesindel muß das Vagabundiren unmöglich gemacht werden.

Es muß durch wiederholtes Aufgreifen ermüdet, seinen Schlupswinkeln nachgespürt, den Diebshehlern energisch auf den Leib gegangen und zu diesem Behuse, um mit den Worten Sr. Excellenz des Herrn Satthaltereileiters zu sprechen, ein wohlorganisirter, das ganze Land umfassender und ergiebiger Sicherheitsdienst eingeführt werden. Zur Erreichung dieses Zieles soll aber erst eine neue Organisirung des Gendarmerieinstitutes erfolgen.

Für so lange, als diese nicht stattfindet, und dieser Zeitpunkt ist der hier maßgebende, kann einzig und allein die Vermehrung des jetzigen Standes der Gendarmerie ins Auge gefaßt werden.

Zweierlei ist also in dieser Beziehung nothwendig: Die Erhaltung des jetzigen Standes und die Vermehrung desselben.

Was die erstere betrifft, so theilte Se. Excellenz der Herr Statthaltereileiter weiter mit, daß in Böhmen mit Ende Dezember 510 geschulte Leute auf den Uebertritt in die Reserve Anspruch haben und daß 200 Mann sich auch schon faktisch zum Austritte gemeldet haben.

Diese Leute müssen dem Dienste erhalten werden, weil, wenn nicht geschulte Gendarmen an ihre Stelle träten, die Unsicherheit noch größer werden würde.

Um sie zu erhalten, muß ein Opfer gebracht werden.

Der k. k. Hr. Gendarmerie-Major Ellerich sprach die Hoffnung aus, daß die zum Austritte berechtigten Gendarmen für den weitem Dienst zu gewinnen fein dürften, wenn ihre Löhnung tägliche 77 kr. (62 kr. wirkliche Löhnung und 15 kr. vom Staate Zugesicherte Zulage) auf einen Gulden erhöht würde.

Mit Ende März dürfte, wie der Herr Major mittheilte, die Reorganisirung der Gendarmerie erfolgt sein, es würde sonach für drei Monate eine Gesammtzulage von circa 10000 fl. erforderlich werden, diese Zulage würde wohl der Landesfond übernehmen müssen, weil eine Bestreitung derselben aus Reichsmitteln, da das hohe Ministerium bisher nicht einmal eine Vermehrung der Gendarmerie zugestand, nicht erwartet werden kann.

Betreffend die V er m e h r u n g der Gendarmerie, so hat sich Se. Excellenz der Herr Statthaltereileiter durch die in dieser Beziehung wiederholt geschehene Verwendung ein Verdienst um das Land und den Dank der Landesvertretung erworben. Wenn die gemachten Vorstellungen resultatlos waren, so versuche es der hohe Landtag, fein Votum in die Wagschale zu legen; Se. Excellenz wird auf Grund eines solchen Votums gewiß noch einmal bereit fein, den ganzen Einfluß geltend zu machen, um die nothwendige Vermehrung des Standes der Gendarmerie behufs der Verstärkung der Posten und zur Erreichung der vom k. k. Hrn. Gendarmeriemajor als nöthig erklärten Exposituren zu erreichen. Das h. Ministerium wirb bei nochmaliger Darstellung des Sachverhaltes, namentlich dann, wenn es sieht, daß auch das Land zu Opfern bereit ist, zur nothwendigen Vermehrung seine Zustimmung schon aus dem Grunde geben, weil es gegenüber dem jedem einzelnen Staatsbürger staatsgrundgesetzlich verbrieften Rechte: "Das Eigenthum ist unverletzlich" und "Die Freiheit der Person ist gewährleistet" unmöglich zulassen kann, daß ein ganzes Land ohne den nothwendigen hinreichenden Schutz gelassen werde,


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