Lehrpersonale ein eigener Bezirksfond begrünbet werden würde.
Ich will nicht zurückgreifen auf das, was ich bereits in der Generaldebatte für diesen meinen Antrag vorgebracht habe; glaube aber dennoch, um Mißverständnissen vorzubeugen, erwähnen zu müssen, daß dieser mein Antrag in freiheitlicher Beziehung durchaus nicht zurücksteht gegenüber den anderen Anträgen und gegenüber den Ausführungen derer, welche sich für das Zustandekommen der Schulbezirke so warm ausgesprochen haben. Jene Herren, welche für die Schulbezirke sprechen, betrachten die Freiheit nur von einer Seite, ich aber glaube, daß ich das freiheitliche Prinzip von mehrereu Seiten betrachtet und von mehreren Seiten in Erwägung gezogen habe. Es ist nämlich von anerkannten Autoritäten der Grundsatz ausgesprochen worden, daß die freiheitliche Staatseinrichtung zunächst fordert, daß die Verwaltung von Ceutralorganen so viel als möglich in die örtlichen Bertretungskörper verlegt werde. In dem Grade, in dem man sich von diesem Prinzipe entfernt, in demselben Grade entfernt man sich von der freiheitlichen Staatseinrichtung, wenn nun, wie es im vorliegenden Gesetz' entwürse beantragt ist, die Schulbezirke für alles und jedes, selbst für die geringsten Kleinigkeiten für minutiöse Reparaturen in Anspruch genommen werden - so wird hier auf das kräftigste centralisirt; in eben dieser Richtung entfernt man sich daher von der freiheitlichen Staatseinrichtung immer weiter. Die Antecedentien dieses hohen Hauses haben wiederholt den örtlichen Vertretungskörpern weitgehende Befugnisse eingeräumt und ich glaube nur au die Consequenz zu erinnern, wenn ich bitte, daß auch hier den freiheitlichen autonomen Organen Rechnung getragen werde, deswegen beantrage ich, statt §. 37, wie er im Kommissionsentwurfe vorgelegt worden ist, den prinzipiell geänderten §. einzuschalten des Inhaltes: "Für Errichtung und Erhaltung der nothwendigen Volksschulen §§. 1, 2, 5, 12 sorgt Zunächst die Ortsgerneinde unter Aufrechterhaltung Der zu recht bestehenden Verbindlichkeiten und Leistungen dritter Personen oder Korporationen. Wo die Mittel der Ortsgemeinde dazu nicht hinreichen, bilden die zu einem Schulsprengel vereinigten Ortschaften oder Hänser nach §. 9 eine Schulgemeinde, welcher die Verpflichtung der Ortsgemeinde zukommt. " Es würden daher die fachlichen Bedürfnisse, die ganze Kategorie der Schulbaulichkeiten den Ortsgemeinden überlassen bleiben.
Würde dieser Antrag angenommen, würde ich mir später erlauben, bezüglich des Lehrpersonales den Antrag zu stellen, daß zum Dotationsaufwande des Lehrpersonales die Bezirksschulfonde gegründet werden.
Oberstlandmarschall: Der Herr Abg. Prof. Kittel hat das Wort.
Prof. Kittel: Ich würde mich nicht zum Worte gemeldet haben, wenn der geehrte Herr Vorredner sich nicht in seinen Aussührungen ausdrück-
lich auf das bezogen hätte, was ich in der gestrigen Generaldebatte vorzubringen die Ehre hatte. Ich kann meinen gestrigen Standpunkt nicht aufgeben.
Ich habe nichts dagegen und habe auch dagegen nicht gesprochen, daß man die großen leistungsfähigen Gemeinden felbstständig stelle, dafür bin ich, und dafür werde ich eintreten, aber auch dafür, daß man diese Stellung an eine Bedingung knüpfe, daß man fordere von solchen Gemeinden, sie seien im Stande das höchste zu leisten, was man von der Volksschule zu fordern vermag, der Bürgerschule, und sie zu erhalten.
Von diesem Standpunkte werde ich jedoch nicht abgehen.
Wenn darauf eingegangen werden sollte, auch den ganz kleinen Gemeinden wieder eine separate Stellung einzuräumen, so muß ich mich entschieden dagegen erklären. Der geehrte Herr Vorredner hat sich auf den Standpunkt der Freiheit begeben. Dieser Standpunkt ist auch der meine, aber ich sehe nicht ein, daß das eine Konsequenz des freiheitlichen Standpunktes wäre, daß diesen kleinen Gemeinden innerhalb des Rahmens eines Gesetzes, dessen Geist eben in der Schöpfung von Bezirksgemeinden liegt, daß diesen kleineu Gemeinden ein Spielraum gewährt werde, der diesen ganzen Geist vielleicht illusorisch macht. Der Antrag des verehrten H. Vorredners würde nach meiner Auffassung dem ganzen Gesetze eine wesentlich andere Farbe geben. Es würde plötzlich in den Abschnitt 3 dieses Gesetzes etwas hereinkommen, was in das Gefüge der gesammten Schulgesetzgebung, wie mir scheint, nicht recht hineinpaßt. Die Konsequenzen, die der Herr Vorredner aus dem Volksschulgesetze zieht, wie es im Reichsrathe beschlossen wurde, die ziehe ich nicht. Wenn es im §. 64 heißt: Es bleibt der Landesgesetzgebung anheimgestellt u. s. w. und im §. 63:,, Die Herstellung, Einrichtung, Erhaltung u. s. w. ", "die Regulirung alles dessen aber bleibt der Landesgesetzgebung überlassen", so finde ich Darin gar keine Inkonsequenz, wenn die Landesgesetzgebung so verfährt, daß sie sagt, den grösseren leistungsfähigen Gemeinden wollen wir eine Ausnahmsstellung gewähren, weil sie dieselbe verdienen und weil sie als Aufmunterung dienen mag Größeres zu leisten, und was sie geleistet haben, zu belohnen; aber die kleineren Gemeinden mochte ich in keinerlei Weise aus dem großen Rahmen herausgerissen wissen. Einen freiheitlicheren Standpunkt sehe ich darin nicht und wenn der H. Borredner sagt, das Gesetz sei von mir nur von einer Seite angesehen worden, so muß ich sagen, daß er es auch nur von einer Seite ansieht (Bravo, Bravo!) nämlich von der freiheitlichen, wie er meint.
Ich sehe es aber noch von einer andern Seite an, von der es vor Allem angesehen werden muß, nämlich von dem Standpunkte der Schule. Vor allem anderen muß die Rücksicht darauf, was geleistet werden muß, hier maßgebend sein und ich sinde keine Sklaverei, keine Knechtung darin, wenn zu dem Zwecke, in der Schule etwas großes, hohes zu leisten, die geringeren Kräfte zu einem größeren Ganzen zusammengefaßt werden. Das ist die Intention des Gesetzes, so fasse ich sie auf, so Werde ich sie vertreten. Ich werde mich in keinerlei Weife dagegen erklären und dagegen stimmen, daß man, wie schon gesagt, die großen Gemeinden als Schulbezirke constituirt, aber die kleinen Gemeinden möchte ich in keinerlei Weise aus dem Rahmen, aus den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfes herausgerissen wissen.
(Bravo! Bravo!)
Dr. Wickert: Ich bitte ums Wort.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Claudi: Herr Dr. Wickert hat das Wort.
Dr. Wickert: Indem ich mich für den Antrag meines Freundes Dr. Waldert erkläre, glaube ich vor Allem bemerken zu müssen, daß der geehrte Herr Vorredner die Angelegenheit wesentlich aus einen anderen Standpunkt gerückt hat.
Es handelt sich durchaus nicht darum, ob größere oder kleinere Schulbezirke gebildet werden sollen, es handelt sich im gegenwärtigen Falle nicht darum, ob größere Städte ausgeschieden werden sollen, um für sich nach dem Schulausfichtsgesetze einen Schulbezirk bilden zu können, oder ob das auch auf kleinere Gemeinden ausgedehnt werden kann. Diese Frage steht gegenwärtig gar nicht auf der Tagesordnung; wenn das der Fall wäre, dann würden wahrscheinlich Alle dem Bedenken, welches der geehrte Herr Vorredner ausgesprochen hat, zustimmen, denn wir alle würden der Anficht sein, daß in einem kleineren Gemeindewesen, wie es unsere kleinen Ortsgemeinden sind, nicht jene Faktoren vorhanden sind, wie bereits der Bericht der Kommission sagt, welche Bürgschaft gäben für eine gedeihliche Entwicklung der Schule. Wenn also der geehrte Herr Vorredner die Angelegenheit in dieser Ausdehnung nimmt, so hat er dem Antrage des Herrn Dr. Waldert eine Tragweite gegeben, welche im Wortlaute desselben nicht im Entferntesten liegt und wie mir scheint, schon eigentlich ganz richtig gestellt worden ist, durch die Motivirung des Hrn. Antragstellers selbst, indem er hervorhob, daß es sich nur um die sachlichen Bedürfnisse, also nicht einmal um die Bezüge des Lehrpersonals, vielweniger um die sonstige pädagogischdidaktische Leitung der Schule handelt.
Es hat Weiter der Herr Vorredner hervorgehoben, daß es ihm scheine, als ob der Antrag des Herrn Dr. Waldert gar nicht ins ganze Gefüge der Schulgesetzgebung passe und doch bin ich wenigstens der Ansicht, daß dies im vollen Maße der Fall fei und daß vielmehr, wenn wir den Kommissions-Antrag annehmen, ein außerordentlich großer Sprung gemacht wird von dem gegenwärtigen Zustande zu einem neuen, der erst geschaffen werden soll. Wenn es aber schon überhaupt bedenklich erscheint, große Sprünge in dem Entwirck lungsgange irgend welcher Institute und menschlicher Verhältnisse zu machen, so wird es am allermeisten bedenklich erscheinen im Schulwesen.
Wenn ich mich also so ausdrücken darf, so wird gerade von einem gewissen konservativen Standpunkte aus der Antrag die vollste Würdigung finden. Gerate, wenn man aus Gegenwärtige anknüpfen und das Gegenwärtige fortentwickeln will, dann wird man dem Antrage des Herrn Dr. Waldert zustimmen, denn bisher hatten die Gemeinden ja noch vielmehr als für die sachlichen Angelegenheiten der Schule zu sorgen, ihnen lag auch die Dotirung des Lehrpersonals ob, sie hatten sogar die Anstellung desselben und wie mir scheint, es hat sich bisher noch keine Stimme im hohen Hause erhoben, welche auch diese beiden letzteren Rechte noch in die neuen Verhältnisse mit hinüber nehmen wollte.
Wenn also der H. Abg. Kittl sagt, daß es sich um die Selbstständigkeit kleinerer Gemeinden handelt, so hatte er den gegenwärtigen Zustand im Auge, was mit dem Antrage Walder's gar nicht beabsichtigt ist, indem der Abg. Waldert die Modifikation des gegenwärtigen Zustandes beabsichtigt, aber nicht eine so weitgehende, sprunghaste, wie der Kommissionsantrag. Ich will bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hinweisen, daß der §. 28 der Gemeindeordnung, a1inea 10 und auch das Reichsgesetz über Gemeindeangelegenheit ausdrücklich die Errichtung, Erhaltung und sogar die Dotirung der Volksschule der Gemeinde zuweist.
Wir würden also gerade von dem Geifte der gegenwärtigen Gesetzgebung abweichen, wenn wir einen so weiten Sprung machen würden und es würde umgekehrt die Anficht berechtigt sein, daß dieser weitgehende Antrag der Kommission nicht in das Gefüge der bestehenden Verhältnisse der gegenwärtigen Schulgesetzgebung hineinpaßt. Ich erlaube mir auch eine praktische Erwägung für den Antrag des Dr. Waldert ins Feld zu führen. Es haben in den letzten Jahren zahlreiche Gemeinden mit bedeutenden Opfern schöne Schulhäuser errichtet; wenn nun der Antrag der Kommission angenommen wird, so werden diese Gemeinden, feie bedeutende Opfer für ihre eigene Schule gebracht haben, die zum Theile noch mit einer Schuldlast bedeckt sind, jetzt von Neuem ins Mitleid gezogen werden. Denn, meine Herren, wir werden in den nächsten Jahren in allen Bezirken sehr viele neue Schulen zu bauen haben. Es scheint mir aber eine Ungerechtigkeit, daß diejenigen, welche bereits in den jüngsten Jahren sich in Bezug aus die Beftreitung der Bedürfnisse des Schulwesens, insbesondere des Schulbaues in so außerordentlicher Weise angestrengt haben, daß diejenigen, welche zum Theile noch mit Schulden belafter sind, trotz dieser großen Opfer, die sie gebracht haben, jetzt in gleiche Weise heran gezogen werden sollen, wie die übrigen, welche solche Opfer nicht gebracht haben. (-Bravo!)
Es scheint mir vielmehr paffend, daß eine Ausgleichung darin gesucht werde, daß die, welche sich schon belastet haben und zum Theil noch belastet sind, nicht von Neuem belastet werden, sondern daß diejenigen, die gewissermaßen mit noch frischen Kräften herantreten und noch nicht so viele Opfer gebracht haben, jetzt das Ihrige bestreiten, wo sie dann Jenen gleichstehen werden, die schon bis zum jetzigen Zeitpunkte das Ihrige gethan haben. Ich glaube, daß auf jener Seite des h. Hauses, wo die hohen Steuerträger fitzen, welche auch mit Bedeutendem in Anspruch genommen werden, meine Motivirung besondern Anklang finden wird. Ich erlaube mir ferner noch folgende Erwägung vorzubringen.
Es ist in den letzten Jahren vielfach eine Umlage eingeführt worden in unsern Gemeinden, welche wir mit dem Namen Bierkreuzer bezeichnen und welche bekanntlich meistens für Schulzwecke erbeten und gewährt worden ist. Es ist das eine Steuer, gegen die sich Manches einwenden läßt. Man hat aber dessenungeachtet, daß manche Bedenken dagegen erhoben worden sind, diese Steuer gewährt, weil wir eben unter außerordentlichen Verhältnissen leben und weil da auch außerordentliche Mittel ergriffen werden müssen. Ich glaube, meine Herren, daß in Zukunft, wenn alle sachlichen Bedürfnisse aus dem Bezirksfonde bestritten werben, die Gemeinde wenig geneigt sein wird, zu einem Schulbaue sich auf mehrere Jahre hinaus diese ziemlich harte Steuer aufzulegen und dadurch selbst in einer gewissen Beziehung in ihrem Gemeindesäckel sich zu beeinträchtigen. Ich glaube nicht, daß die Gemeinde zu diesem Opfer geneigt sein wird. Ich darf darauf hinweisen, daß auch in anderer Weise große Opfer für das Schulwesen gebracht worden. Es hat z. B. heuer am 25. Mai zu der Jahresfeier der confessionellen Gesetze die Warnsdorfer Stadt eine Subscription eingeleitet, die meines Wissens bereits ein Erträgniß von 25000 fl. ergeben hat; und dieses Ergebniß der Subscription ist zu Schulzwecken bestimmt; die Subscription ist noch nicht abgeschlossen und wird noch einen hohem Betrag erreichen. Können wir glauben, daß in Zukunft eine gleiche That geschehen wird? Wem käme das zu Gute? Dem ganzen Bezirke; denn die Gemeinde Warnsdorf, die jetzt 25000 fl. oder einen noch hohem Betrag zu Schulzwecken verwendet, die zieht damit nicht ihre übrigen Bezirksgenossen zur Beitragleistung bei und es können glaublich die übrigen Mitglieder des Bezirkes, in welchem Warnsdorf liegt, sich sehr freuen, daß solche Opferwilligkeit in Warnsdorf geherrscht hat
In Zukunft aber wird man sich zu solchen Mitteln nicht entschließen, weil man wissen wird, daß aus dem Bezirksfonde das Nöthige bestritten werden muß und wirb sich begnügen den Antheil beizusteuern, der eben nach der Umlage auf die Gemeinden und Gemeindemitglieder fällt. Wenn ich also eines Theils den Stand der gegenwärtigen Gesetzgebung ins Auge fasse, wenn ich besonders das zunächst maßgebende Gesetz vom 14. Mai 1869 über das Volksschulwesen ins Auge fasse, wie Herr Abgeordneter Dr. Waldert auseinandergesetzt, wenn ich mich endlich auf den praktischen Standpunkt stelle und praktische Erwägungen anstelle, so muß ich immer finden, daß der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waldert einestheils vielmehr den gegenwärtigen Verhältnissen entspricht, keine so weite, keine so radikale Umgestaltung der gegenwärtigen Verhältnisse des Schulwesens beabsichtigt, daß damit gewiß auch vielmehr erreicht werden wird, und deshalb werde ich für den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waldert stimmen und empfehle ihn aufs wärmste der Annahme des hohen Hauses. (Bravo!)
Oberstlandmarschall-Stellvertreter Claudi: Der Herr Abgeordnete Prof. Kittel hat sich zum Worte gemeldet.
Abgeord. Prof. Kittel: Ich werde das h. Haus nicht ermüden; ich sehe mich jedoch verpflichtet, mit wenigen Worten meinem geehrten Herrn Vorredner zu entgegnen. Ich muß gestehen, der geehrte Herr Abgeord. Dr. Pickert hat es verstanden eine helltönende Seite anzuschlagen, ich will ihm auf dieses Gebiet, aus das Gebiet der Steuerfrage nicht folgen; er hat mir vorgehalten, ich hätte die Tragweite des Antrages des Herrn Abgeordneten Dr. Waldert nicht erfaßt, ich hätte vielmehr etwas anderes darin gesucht und gefunden. Ich muß erklären, daß dies nicht der Fall ist. Ich weiß recht gut, daß der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waldert die Uebertragung der ökonomischen Angelegenheiten involvirt, aber in dieser Uebertragung sehe ich bereits die Uebertragung eines Stuckes dessen, was das Gesetz dem Bezirksschulrathe zuweist und insofern in dieser Beschränkung erblicke ich ein Eingreifen, ein Einschneiden in den Geist des Gesetzes. Wenn der Herr Abgeordnete Dr. Pickert hinwies auf jene Gemeinden, die bisher große bedeutende Opfer für die Schule gebracht, so muß ich auch gestehen, daß mitunter wirklich die Lage und Stellung solcher Gemeinden durch das neue Gesetz schwierig werde, das leugne ich nicht, aber wie kann überhaupt etwas Großes, wie kann etwas Gedeihliches, wie kann überhaupt etwas Neues geschaffen werden, wenn nicht Einzelne Opfer auf sich nehmen?
Ist nicht in Oesterreich so viel geschehen, so viel Neues geschaffen und umgestaltet, sind nicht vielen von uns große Opfer aufgelegt, haben wir nicht den Fortschritt gewonnen mit bedeutenden Opfern? Uebrigens erlaube ich mir zu bemerken, daß jene großen Gemeinden, wie der Abgeordnete Pickert sagt, die bisher so große Opfer gebracht haben, offenbar bedeutende Schulen haben werden, denn sonst hätten sie diese Opfer zu bringen nicht gebraucht; sie werden also ganz in der Lage sein, eine Bürgerschule zu gründen, d. h. die bisher bestehende Volksschule dahin zu entwickeln und zu erweitern und es wird ihnen dann jedenfalls wohl möglich werden, einen eigenen Schulbezirk zu bilden. Also jene, die es am empfindlichsten trifft, werden jedenfalls in der Loge sein, in irgend einer Weise zur Bildung von Schulbezirken zu gelangen.
Ich möchte das nicht sogar sehr hervorgehoben wissen, daß die Gemeinden unzufrieden sein werden, daß sie nicht mehr das thun werden, was sie gethan haben, ich mochte appelliren an die Opferwilligkeit der Gemeinden, an die Opferwilligkeit des Landes, daß sie trotz des Opfers, das ihnen auferlegt wird, im Interesse der Schule, im Interesse der großen Sache bereitwillig eintreten, das Kreuz auf sich nehmen und zum Ziele schreiten. Eine radikale Umgestaltung der Volksschule ist ohne große Mittel nicht möglich, ist nicht möglich, ohne daß hie und da die Umgestaltung unangenehm empfunden werde, das läßt sich nicht ändern, aber ich möchte doch lieber, daß man gleich aus dem Ganzen arbeitet, und nicht wieder ein Stückwerk in's Gesetz hineinflickt, das uns nöthigen müßte, andere Bestimmungen des Gesetzes zu ändern. Ich empfehle daher dem hohen Hause den §. 37 in der Fassung der Kommission anzunehmen.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Claudi: Melder sich noch Jemand zum Wort? Wo nicht, erkläre ich die Debatte für geschlossen, und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort.
Dr. Knoll: Der Abgeordnete Dr. Waldert hat in seinem Antrage die sachlichen Bedürfnisse in Schulangelegenheiten und die Bezüge des Lehrerpersonals geschieden und wünscht, daß die Herbeischaffung der fachlichen Bedürfnisse der Gemeinde überlassen werde und die Bezüge des Lehrerpersonals vom Schulbezirke beigeschafft werden.
Ich kann nun nicht recht den Grund der Trennung dieser zusammengehörigen Finanzangelegenheiten der Schule einsehen; es wird durch eine solche Trennung dann eine doppelte Administration nothwendig gemacht, indem ein Theil der Finanz Angelegenheiten der Schule durch die Gemeinde, ein anderer Theil durch den Bezirk besorgt wird, also jedenfalls eine Erschwerung durch doppelte Administration eintritt. Es widerspricht aber auch den sachlichen Motiven, welche darin gelegen sind, mich die Bedürfnisse für die Gebäude, deren Errichtung und Erhaltung dem Schulbezirke zuzuweisen, denn gerade bei Errichtung und Erhaltung der Gebäude wird sich die Ansammlung der Kräfte im Bezirke als eine segensreiche erweisen, es wird hiedurch eine wechselseitige Assekuranz zwischen den einzelnen Gemeinden dahin eintreten, daß nicht die Eine oder die Andere mit einem neuen Schulbau in allzuhohem Maße belastet wird, wie es bis jetzt der Fall war.
Für jene Gemeinden, welche in der allerneuesten Zeit mit großen Kosten eben in dieser unbilligen Weise genöthiget waren, Schulhäuser herzustellen, mag es allerdings hart sein, wenn sie in den allgemeinen Bezirksfond eintreten müssen;
allein nachdem der Anfang gemacht werden muß, so läßt sich diese Härte nicht vermeiden und ist nicht großer, als wenn derjenige, dem sein Haus abgebrannt ist, sich veranlaßt sieht, einer Assekuranzanstalt beizutreten.
Der Herr Abgeordnete Waldert hat seine Scheidung dieser beiden verschiedenen Erfordernisse aus dem Reichsvolksschulgesetze selbst deduzirt. Ich will nicht verkennen, daß hier diese beiden Gattungen von Aufwand für das Volksschulwesen in den §§. 63 und 64 abgesondert behandelt sind; allein, nachdem diesen beiden §§. der Zusatz hinzugefügt ist, daß die Ausführung des Gesetzes wegen Aufbringung dieses Aufwandes dem Lande überlassen bleibt, sind wir in keiner Weise gebunden, ob wir zur Aufbringung dieses Aufwandes verschiedene Körperschaften oder dieselben bestellen wollen, und wir werden also jedenfalls besser thun, uns für das einfachere und für eine nicht allzugroße Vermehrung jener Competenzen, welche auf die Schulangelegenheiten einzuwirken haben, zu bestimmen.
Herr Dr. Pickert hat zwar gemeint, daß gerade jenen Herren, welche mit hohen Steuern im Lande belastet sind, aus dem Antrage Dr. Waldert's eine gewisse Erleichterung zugehen soll. Ich glaube aber, daß, wenn man dieses Versprechen näher in's Auge faßt, so wird man wohl sehen, daß dasselbe allen Grundes entbehrt. Wer in vielen Gemeinden Grundbesitz hat und in vielen Gemeinden besteuert ist, der wird zu den neuen Schulauslagen in gleicher Weise in hohem Grade beitragen müssen, ob nun diese Schulangelegenheit der Gemeinde oder dem Bezirke überlassen wird; wie dieselbe daher auf eine oder die andere Weise besser fahren soll, leuchtet mir nicht ein, wenigstens in Bezug auf das, was an Steuern vorgeschrieben wird. Besser kann man insoweit fahren, als man Garantien hat, daß für das Geld die Schule besser organisirt wird und insoferne ist es im Interesse des hohen Steuerträgers, daß sein Steuerzufluß in den Bezirksfond einfließe und auf sicherere und bessere Weise für das Volksschulwesen verwender wird, als es im Gemeindesäckel war.
Wenn einzelnen Gemeinden, und hier ist besonders Warnsdorf genannt worten, große Opfer für die Schule gebracht haben und sich die Regelung ihrer Schulangelegenheiten in einer ganz besonders opferwilligen Weise angelegen sein ließen, nun so wird eben dafür die Vorsorge getroffen werden können, daß es diesen großen Gemeinden freisteht, aus dem Schulbezirke auszuscheiden und in gleicher Weise ihre segensreiche Thätigkeit dem Schulwesen zuzuwenden, aber derlei vereinzelte Beispiele können nicht die Schablone abgeben, nach denen in allen Gemeinden und insbesondere in den Landgemeinden im Kleinen vorgegangen werden soll.
Daß die Sache keinen prinzipiellen Werth hat, scheint mir schon aus dem hervorzugehen, daß von der einen Seite die Zuweisung der Instandhaltung der Volksschule an die Gemeinden als ein fortschrittliches Prinzip und von der anderen Seite als ein conservatives bezeichnet wird, daß also die Antragsteller über die Tragweite dessen selbst nicht einig sind; ich glaube aber, daß die erste Ansicht, daß es im freiheitlichen und autonomen Prinzipe der Gemeinde gelegen ist, die stichhältigere ist; allein Wir durften bei dieser Freiheit der Gemeinde bald dahin kommen, daß wir frei von allen guten Schulen sind, und das soll durch das neue Volksschulgesetz eben vermieden werden.
Es ist dem Commissionsentwurfe weiter der Vorwurf gemacht worden, daß derselbe eine gewisse Centralisation in Schulangelegenheiten einführe.
Nun, meine Herren, das ist gewiß nicht richtig. Ich pflichte dem vollkommen bei, daß eine möglichste Decentralisation der Verwaltung im Interesse der Steuerträger und im Interesse der Verwaltung selbst gelegen ist; allein man muß immer die Aufgabe, welche man im Verwaltungswege zu erreichen hat, vor Augen haben und die Organe feststellen; sowie es Niemandem einfallen wird, der Gemeindevertretung die Concessionirung von Eisenbahnbauten, Akzien-Zuckerfabriken ec. zuzumuthen, weil das Geschäfte sind, welche vom höheren Standpunkte aus betrachtet werden müssen und nicht vom Standpunkte Der kleinen Gemeinden; in ganz gleicher Weise ist es im Interesse einer richtigen Autonomie gelegen, wenn man für Schulangelegenheiten nicht zu den kleinsten Gemeinden, sondern zu einer Gemeinde höherer Ordnung greift, von der man die Durchsetzung des Zweckes, den man sich im Schulgesetze gestellt hat, erreichen kann. Es ist also hier gar keine Centralisation, sondern es ist nur in der Autonomie zu jenem Grade herabgegangen, welche Erfüllung der gestellten Zwecke mit Beruhigung et warten läßt.
Nachdem so viele sachliche Gründe gegen den Antrag des Herrn Dr. Waldert sprechen, so glaube ich nicht mehr auf den formellen Grund aufmerksam machen zu müssen, daß, wenn wir den Grundsatz akzeptiren, eine totale Umänderung des Gesetzes stattfinden müßte, und wir würden in dieser Session zu einer Beschlußsassung nicht gelangen.
Oberstlandmarschall- Stellvertreter C l a u d i: Ich werde behufs der Unterstützungsfrage den Antrag des Dr. Waldert verlesen.
"Für Errichtung und Erhaltung der nothwendigen Volksschulen (§§. 1, 2, 5, 12) sorgt zunächst die Ortsgemeinde unter Aufrechterhaltung zu rechtsbestehenden Verdindlichkeiten und Leistungen dritter Personen ober Corporationen; wo die Mittel der Ortsgemeinde dazu nicht hinreichen, bilden die zu einem Schulsprengel vereinigten Ortschaften oder Häuser (§. 9) eine Schulgemeinde, welcher dieselben Verpflichtungen, wie der Ortsgemeinde zukommen. "
Snìmovní aktuár Hahnamann ète:
Zøizování a vydržování potøebných škol národních (§§. 1, 2, 5, 12) jest záležitostí místní obce, která zachová platnost závazkù a povinností tøetích osob neb spoleèenstev, stává-li takových; kde prostøedky místní obce k tomu nestaèí, považují se v jeden školní obor spojené osady neb domy dle §. 9. za obec školní, které náleží povinnosti místní obce.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter C l a u d i: Wird dieser Antrag hinlänglich unterstützt?
Er ist hinlänglich unterstützt.
Ich werde zur Abstimmung schreiten und den Antrag, des Herrn Dr. Waldert zuerst zur Abstimmung bringen; nachdem er bereits vorgelesen ist, ersuche ich jene Herren, welche für den Antrag des Herrn Dr. Waldert stimmen, die Hand zu erheben.
(Geschieht. )
Offenbar in der Minorität. §. 37.
Die Errichtung und Erhaltung der nothwendigen Volksschulen (§§. 1, 2, 5,. 12) ist eine gemeinsame Angelegenheit eines jeden Schulbezirkes, welcher demnach sowohl alle sachlichen Bedürfnisse derselben, als auch die Bezüge des Lehrpersonals zu bestreiten hat.
Snìmovní tajemník Schmidt ète: §. 37.
Zøizování a vydržování potøebných škol národních (§§. 1, 2, 5, 12) jest spoleènou záležitostí každého okresu školního, který tedy hmotné potøeby škol právì tak zapravuje, jako pøíjmy uèitelstva.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter C l a u d i: Ich ersuche jene Herren, welche diesem §. ihre Zustimmug geben, die Hand zu erheben.
(Geschieht. )
Der §. ist angenommen.
Dr. Knoll:
§. 38.
Zur Besorgung der hieraus erwachsenden Geschäfte wird die Bezirksschulbehörde in jenen Schulbezirken, welche aus mehreren Gemeinden bestehen, durch acht Mitglieder mit entscheidender Stimme verstärkt, welche von den Vorstehern der im Bezirke inbegriffenen Gemeinden aus den Gemeinde-Wahlberechtigten mittelst absoluter Stimmenmehrheit auf die Dauer von sechs Jahren gewählt werden und ihr. Geschäft unentgeltlich versehen.
Wenn dem Schulbezirke mehrere Vertretungsbezirke angehören, so wählen die Gemeindevorsteher eines jeden Bertretungsbezirkes die nach dem Verhältnisse der direkten Besteuerung auf jeden Vertretungsbezirk entfallende Anzahl obiger acht Mitglieder aus den Gemeinde-Wahlberechtigten des ganzen Schulbezirkes. Ist die Bestimmung dieser Anzahl zweiselhaft, so hat der Bezirksschulrath dieselbe endgiltig festzusetzen.
Die verstärkte Bezirksschulbehörde tritt auch au die Stelle und in den Wirkungskreis der nach dem Landesgesetze vom 13. September 1864 zu bildenden
Schulausschüsse es werden somit die §§ 12 bis 19 des Gesetzes vom 13. September 1864 außer
Kraft gesetzt und es übergehen sofort nach Konsti-