Nedìle 21. dubna 1861

Prof. Dr. Herbst: Herr Dr. Rieger glaubte seinem Vortrage die Bemerkung voranschicken zu müssen, daß der von ihm gestellte Antrag Opposizion gefunden habe, weil er von einer bestimmten Partei, ich weiß nicht von welcher oder weil er gar von ihm selbst, ausgegangen sei. Ich erkläre offen, ich war gesonnen, und habe meinen Entschuß öffentlich erklärt, dem gestellten Antrage, wie er gestellt wurde, entschieden Opposition zu machen; aber nicht weil er von einer Partei ausging oder weil er speziell vom Herrn Dr. Rieger ausging, sondern weil er verfassungswidrig ist. Verfassungswidrig ist der Antrag, daß der Landtag auch über die Zeit, für welche ihm das Ziel seines Beisammenseins von Sr. Majestät gesteckt ist, hinaus entweder selbst unmittelbar beisammen bleibe, oder durchaus durch gewählte Kommissionen (Dr. Riegfer: Paragraph?) fortan wirksam sei. Ich erlaube mir zunächst zu bemerken, warum es verfassungswidrig sei. In dem §. 2 der Landesordnung, den ich sofort verlesen werde, heißt es nämlich: die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch den Landtag selbst, oder durch den Landesausschuß ausgeübt. Die Ausübung der Befugnisse der Landesvertretung durch ein drittes, nämlich durch Etwas, was vom Landtag selbst, oder vom Landesausschuß verschieden ist, gibt es nach der Verfassung nicht. Niemand anderer, also auch kein vom Landtag gewähltes Komité hat das Recht, die Geschäfte der Landesvertretung zu besorgen. Und wenn auch der Buchstabe der Landesordnung nicht hierfür sprechen würde, so spricht hierfür noch ein anderes; es spricht dafür zunächst die Praxis in allen konstituzionellen Ländern. Es ist dieselbe Frage im vergangenen Jahre in Preußen zur Sprache gekommen; weder Regierung noch Landesvertretung hatte hierüber den mindesten Zweifel , daß ein Komité, welches vom Landtag gewählt ist, auch nach seiner Vertagung nach fort wirksam sein könne.

Und es ist ganz natürlich, warum kein Zweifel darüber bestehen kann. Es gehört nämlich zu den wesentlichen Rechte der Krone, den Landtag zu vertagen. Würde der Landtag das Recht haben, auch über die Vertagung hinaus als solcher wirksam zu sein, so würde dieses Majestätsrecht der Krone illusorisch sein. Die Zahl der Mitglieder der Komités ist eine, welche nicht bestimmt ist, aber es handelt sich hier nicht un die Zahl, sondern um das Prinzip. Würde der Landtag das Recht haben, aus sich eine beliebige Anzahl von Komité zu bilden, welche auch nach der Vertagung hianus wirksam sind, und als Landtagskomités fungiren, so könnte er den Vertagungsbeschluß einfach dadurch illusorisch machen, daß er z. B. beschließen würde, es werden 10 große Komités, jedes von 24 Mitgliedern für bestimmte Gegenstände gebildet, und dadurch könnte sich der Landtag in Permanenz erklären. Ob man nun für bestimmte Zwecke drei bestimmt, oder ob man 24 bestimmt, das thut in der Sache gar keinen Unterschied. Das ist der Grund, welcher dem Wesen des konstituzionellen Staatslebens entnommen ist, und welcher daher überall gleichmäßig gelten muß, wo er eine konstituzionelle Monarchie gibt, und wo ein konstituzioneller Monarch das wesentliche Recht hat, den Landtag oder die sonstige Volksvertretung zu vertagen.

Es ergibt sich in anderer Beziehung aus der Natur der Sache. Wie der Landtag vertagt ist, gibt es keine Landtagsdeputirten in dem Sinne, daß sie auf die Rechte der Deputirten Anspruch machen können. Das hat der letzthin angenommene Antrag deutlich genug ausgesprochen. Die Verhaftung der Deputirten ist ausgeschlossen, so lange die Sitzungen des Landtages stattfinden. Allsbald aber wie die Landtagssitzung aus ist, hört das Privilegium des Deputirten auf. Alles, was der Deputirte, was er als solcher allerdings bleibt, dann thut, das thut er als Private, und hat nicht mehr die Eigenschaft eines Abgeordneten; es gibt daher keine Komités von Abgeordneten mehr, wenn der Landtag nicht versammelt ist, es gibt nur mehr Komités von Privatpersonen.

Ob aber der Landtag das Recht habe, Komité´s vom Privatpersonen niederzusetzen und mit Befugnissen von Landtags-Komités auszustatten, dürfte sehr dahin gestellt sein. Das sind zwei Gründe, welche aus dem Wesen des konstituzionellen Staatenlebens entnommen sind und es schlechterdings unmöglich machen, daß der Landtag zwar nicht mehr als solcher versammelt, wohl aber in Form von Komité´s dann forttage, wenn Seine Majestät der Kaiser bei uns, oder überhaupt in konstituzionellen Staaten der Monarch die Vertagung des Landtages ausgesprochen hat. Es spricht übrigens, wenn man sich an den Buchstaben der Landesordnung klammern will (es muß aber mehr der Geist vollkommen entscheidend sein), es spricht §. 35 der Landesordnung dafür. §. 35 sagt ausdrücklich: "Die einzelnen Berathungsgegenstände kommen vor den Landtag:

a) entweder als Regierungsvorlagen durch den Oberstlandmarschall;

b) oder als Vorlagen des Landesausschußes oder eines speziellen, durch Wahl aus dem Landtage und w ä h r e n d d e s s e l b e n gebildeten Ausschußes;

c) oder durch Anträge einzelner Mitglieder,"

Der Ausdruck "w ä h r e n d d e s s e l b e n" kann sich nicht auf die Vornahme der Wahl beziehen, das ist von selsbt klar. Wenn der Ausschuß aus dem Landtage gewählt wird, so kann er nur gewählt werden, wenn der Landtag beisammen ist. Ist der Landtag nicht beisammen, so kann der Landtag nicht wählen. Es können sich daher diese Ausdrücke nicht auf die Vornahme der Bildung, sondern nur auf die Funktionsdauer des Ausschußes, und allein auf diese, beziehen. Es kann nur soviel heißen: während desselben, d.i. während des Beisammenseinss des Landtages. Es ist daher lit. B

Es ist also nach §. 35 nun gar nicht möglich, daß ein, während der Dauer, während des Beisammenseins des Landtages gewählter Ausschuß seine Funkzion auch dann fortsetze, wenn der Landtag selbst vertagt ist. Das sind die konstituzionellen Gründe, welche den Beschluß auf Bildung von Komité´s, die auch, nachdem der Landtag bereits über Allerhöchten Befehl aufgelöst oder vertagt worden ist, fortwirken sollen, als verfassungswidrig erscheinen lassen. Darum mache ich Opposizion und werde entschieden Opposizion machen gegen jeden solchen Beschluß, nicht, weil er von einer bestimmten Partei ausging; gegen solche Verdächtigung muß ich mich verwahren, denn ich glaube, ich habe persönliche Beweise genug gegeben, wenn ich von dieser Seite angegriffen würde, daß ich jederzeit bereitwillig bin, die Hand, so weit es in meinen Kräften steht, zur Versöhnung darzubringen; ich glaube, wir sind dazu verpflichtet. So wie wir die Verfassung vom 26. Feber l. J. als den einzigen Rechtsboden, auf dem wir uns zu bewegen haben, betrachten, so müssen wir diese Verfassung auch gegen jeden auch vielleicht ganz unwillkürlichen und unbewußten Angriff schützen.

Es wurde mit Recht gestern bemerkt, was uns Alle mit Freude erfüllt hat, daß die Verfassung unser Palladium sei, an welcher wir nicht rütteln lassen dürfen. Das ist richtig in der Uiberzeugung, daß die Verfassung unser Palladium und der Rechtsboden sei, auf dem wir uns bewegen und auf welchem wir weiter zu bauen haben; in dieser Uiberzeugung haben wir die auf uns gefallene Wahl angenommen; in dieser Uiberzeugung sind wir in den Landtag eingetreten, und diese Uiberzeugung werden wir aus dem Landtage wieder mitnehmen, trotz aller Verwahrungen und Proteste, welche in verschiedenen Richtungen gegen die Verfassung und gegen die, einen wesentlichen Bestandtheil derselben bildende Landesordnung erhoben worden sind. Aber so, wie wir nicht wollen können, daß an der Verfassung gerüttelt werde, können wir auch nicht wollen, daß sie untergraben werde. Untergraben wird aber die Verfassung durch Beschlüße, welche, wenn auch ganz unbeabsichtigt, das glaube ich, mit den Bestimmungen und dem Geiste derselben im Widerspruche stehen. Und nur der Sache und durchaus nicht der Personen wegen erlaube ich mir, weil Se. Excellenz die prinzipielle Debatte eröffnet hat, folgenden Antrag zu stellen: Es sind sämmtliche an den hohen Landtag gelangten Anträge in Landessprachen im Sinne des §. 26 der Landesordnung an den Landesausschuß zu übergeben, damit dieser, soweit es thunlich ost, die Vorbereitungen treffe, und darüber eventuell an den wieder zusammentretenden Landtag Bericht erstatte. (Bravo!)

Oberstlandmarschall: Baron Riese hat das Wort.

Baron R i e s e: Ich erkenne es sehr wohl an, daß viele Landesbedürfnisse hier angeregt worden sind und daß es sehr wichtig wäre, daß sie sobald als möglich zu einem Abschluß kämen. Unsere Zeit ist aber so bemessen, daß das nicht der Fall sein kann. Wir werden aufgelöst, meine Herren, aber es bleibt uns immer noch die Aufgabe, daß wir wenn wir weggegangen sind, jeder in seinem Fache, in seine Sphäre soviel als möglich diese Fragen erörtere, und dem nächsten andtage in dieser Richtung schon Elaborate vorlege. Ich würde mir, besonders wenn die Frage über die Technik zur Berathung kommt, noch das Wort erbitten. Ich glaube, daß der Landesausschuß diejenige legale Stelle ist, der wir alle diese Arbeiten überlassen sollen, und der dann lediglich im nächsten Landtage Vorarbeiten vorlegen kann. Ich schließe mich hierin meinem Vorredner, dem Herrn Professor Herbst an.

Oberstlandmarschall: Graf Clam-Martinitz hat das Wort.

Graf C l a m - M a r t i n i t z: Nachdem unter den verschiedenen Anträgen, die heute an der Tagesordnung stehen, auch ein Antrag sich befindet, den ich gestellt habe, so erlaube ich mir, auch in dieser Frage das Wort zu ergreifen. Ich erlaube mir, zunächst die Motive anzuführen, welche mich zur Stellung dieses Antrages veranlaßt haben, und zugleich werde ich auf einige Einwendungen, welche dagegen erhoben worden sind, erwidern.

Zur Stellung meines Antrages hat mich einerseits die Uiberzeugung geleitet, daß es, wie auch die Ansichten aus einander gehen mögen, keinem Zweifel unterliegen kann, daß in der Sache selbst, für welche der Antrag gestellt ist, in Bezug auf die bestehende Verfassung, Landesordnung, Wahlordnung, jedenfalls Lücken auszufüllen, Mängel und Beschwerden zu beseitigen, und endlich Rechte zur Geltung zu bringen sind; daß je mehr Gründe Ansichten aus einander gehen mögen, Verständigung zwischen diesen Ansichten nothwendig ist, und diese durch die Arbeit in Ausschüssen erfolgen aknn. Mich hat ferner besonders die Erwägung geleitet, auf welche der Herr Vorredner hindeutet hat, daß wir hier beisammen sind seit kurzer Zeit, daß aber das ganze Land und das Volk mit Erwartung und Spannung auf die Resultate unserer Thätigkeit blickt, daß es auf uns seine Hoffnungen und Erwartungen gesetzt hat. Wir sind nun am Vorabende unserer Vertagung. Wir haben wir das bei der Eröffnung einer Versammlung nicht anders möglich ist, mit formellen Gegenständen, mit Formfragen und Prüfungen der Wahlen, Zusammensetzung von Kommissionen u. s. w. unsere Zeit zugebracht. Wir haben, allerdings einen großen, wichtigen staatsrechtlichen Akt, die Wahl der Abgeordneten zum Reichsrathe vollzogen und damit unsere Pflicht gegen das Reich in patriotischer Hingebung erfüllt. Nun meine Herren, sollen wir aber auch nicht vergessen des Landes, dem wir angehören, angehören mit unserem Haben und Sein, mit Gefühlen und Pflichten; wir sollen nicht vergessen, daß das Land Wünsche habe, die zu erfüllen, Bedüfnisse, die zu befriedigen, Wunden, die zu heilen und Rechte, die anzuerkennen sind. Ich glaube nun, daß, bevor wir uns an den neuen wichtigen Beruf begeben, bevor die Vertagung dieses Landtages eintritt, wir wenigstens vor dem Lande Zeugniß geben sollen, daß wir diese unsere Pflicht anerkennen und überzeugt sind, daß, sobald wir von unserem Berufe zurückkehren, wir diese zur Anerkennung bringen werden, und daß wir den Willen haben, im Geiste der Verständigung zu unserer Aufgabe zu schreiten, und die zuversichtliche Hoffnung, diese Verständigung zu erreichen.

Das waren die leitenden Grundsätze, welchen ich Ausdruck geben wollte in meinem Antrage. Es hat mich hiebei lediglich der Wunsch geleitet, in Beziehung auf die Fragen, welche sich in Bezug auf die Abänderung der Landesordnung und Wahlordnung ergeben und hervortreten werden, jetzt schon durch die Bildung eines Ausschußes den Weg der Verständigung anzubahnen. Ich glaube, daß ich es nicht erst betheuern muß, daß es nicht meine Absicht war, eine Verfassungswidrigkeit zu begehren; ich muß aber auch betonen, daß eine solche auch nicht implicite darin gelegen war. Die Dedukzion, welche mir entgegengehalten worden ist, hat nicht überzeugend auf mich eingewirkt. Die Dedukzion aus §. 2 kann ich nicht als schlagend anerkennen. Es heißt darin: Die zum Wirkungskreis des Landtages gehörenden Befugnisse werden entweder durch den Landtag selbst, oder durch den Ausschuß ausgeübt.

Meine Herren! Die Vorarbeit durch ein Komité gehört doch nicht zu den, dem Landtage ausschließlich zustehenden Befugnissen. (Bravo!) Das scheint mir hier dich eine Deutung, welche im Wortlaute nicht zu liegen scheint. Noch weniger kann ich die Dedukzion aus §. 35 als eine auch nur grammatikalisch richtig anerkennen. Denn dort steht: "Durch die aus dem Landtage und während desselben gebildeten Ausschüße." Ich unterwerfe es jedem Kollegium, daß darunter unmöglich "für die Dauer" desselben verstanden werden kann. "Für die Dauer" und "während" ist nicht synonym. Wenn man den ganzen Passus in continuo liest, so kann nach meiner Uiberzeugung gar kein Zweifel obwalten, daß hier gemeint st ein Ausschuß, welcher während des Landtages begründet wird. Man wende nicht ein. Das sei nicht nothwendig zu sagen, weil es sonst überhaupt nicht gewählt werden könne. Es heißt eben nicht, "gewählt" sondern "gebildet", und es könnte ja auch vom Landtagsausschuß ein zweiter delegirt werden. Mir scheint die Dedukzion aus beiden Paragraphen nicht so schlagend, daß daraus eine Verfassungswidrigkeit als erwiesen betrachtet werden könnte.

Ebensowenig glaube ich, kann dies aus dem allgemeinen Gebrauche aller konstituzionellen Länder geschlossen werden. Mir sind auch in andern konstituzionellen Ländern Kommissionen, welche vom Landtage oder von Parlamenten gewählt werden, bekannt, welche mit bestimmt begränzten Aufgaben über die Dauer der Session hinaus tagen. Endlich habe ich noch einzuwenden, daß es sich hier nicht um die Auflösung des Landtags handelt, wie von meinem Herrn Vorredner gesagt wurde, sondern um eine Vertagung, nicht also einmal um einen Schluß des Landtages. Ich habe übrigens noch zu erwähnen, daß ich durchaus nicht der Ansicht war, indem in diesen Antrag gestellt habe, dadurch eine Permanenz des Komités oder mittelbar des Landtags zu erzielen, sondern ich habe vorzüglich vor Augen gehabt, daß es nothwendig und wünschenswerth sei, Zeugniß abzulegen von unserem Entschluß, in dieser Angelegenheit ernstlich an´s Werk zu gehen. Die Zusammensetzung einer Kommission hätte auch noch den praktischen und utilitären Zweck, daß dadurch ein Ausschuß sich formell konstituirt und seinen Berichterstatter wählt, dem Berichterstatter hiedurch die Aufgabe auferlegt wird, sich vorzubereiten, sein Materiale zu sammeln, seine Referate auszuarbeiten, damit dann, wenn der Landtag wieder zusammentritt, das Komité rasch vorwärts schreitet; und wenn in dem Komité die Arbeit geschehen ist, es leichetr in der Versammlung vor sich geht - dann werden wir nicht beim nächsten Zusammentritt Wochen und Monate vergehen lassen müssen, ohne an die eigentliche Erfüllung der vielfachen Aufgaben zu gehen. Ich bin überzeugt, daß, wenn wir von der Idee der Bildung von Ausschüßen abgehen, wir im Beginn unserer Thätigkeit einen ungeheuren Zeitverlust nicht werden vermeiden können. Cch schließe mich daher vollkommen in dieser Beziehung dem an, was der Deputirte für Semil und Eisenbrod gesagt. Wie diese Ausschüße bestellt werden, ob dies im Wege einer Wahl oder einer Bestimmung durch den Oberstlandmarschall erfolgen möge, ds ist mir gleich. Mir lag nur daran, den Willen auszusprechen für jene Wünsche und Bedürfnisse des Landes, welche am nächsten liegen, zu sorgen und zugleich den Wunsch und die Uiberzeugung auszusprechen, daß, wenn wir von unserer Arbeit zurückkehren, wir an das eigentlice Feld unserer Thätigkeit bereits mit vorbereitetem Boden kommen, und dann alle unsere Kräfte darauf verwenden, um zur Verständigung zu gelangen.

Sollte die prinzipielle Frage bejahend erledigt werden, dann behalte ich mir vor, speziell dem Gegenstande meines Antrages nocht einige Worte beizufügen.


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