Sobota 20. dubna 1861

Dr. K l a u d i: In Geldfachen hört die Gemüthlichkeit auf, und deßhalb glaube ich mich gegen diesen Antrag aussprechen zu müssen; ich halte diesen Antrag für ein Verkennen der Vorschriften unserer Landesordnung. Man hat uns letzthin zum Vorwurfe gemacht, warum wir, ohne im Vorhinein gegen die Landesordnung oder wahlordnung zu protestiren, in dieses Huas eingetreten sind. Wir halten jeden Rechtsboden, und sei er noch so enge, für etwas sehr Willkommenens, aber wir halten auch an diesem Rechtsboden und weichen nicht von ihm, so lange nicht die Nothwendigkeit dazu drängt. Dieser Rechtsboden, den wir betreten haben, der ist uns in der Landesordnung, die Seine Majestät der König dem Königreiche Böhmen verliehen hat, gegeben worden. In diesem Rechtsboden ist ausgedrückt, daß der Landtag das Recht habe, diejenigen Auslagen zu votiren, welche für die Landeszwecke nothwendig erschienen. Dieses Recht ist in Böhmen eben kein neues; nicht nur die älteren Landesordnungen, auch diejenigen, an die wir zunächstanknüpfen müssen. Ferdinand II. hat in dem kapitel A das Recht, die Steuer zu bewilligen, ausdrücklich dem Landtage vorbnehalten, und der König hat in der erneuerten Landesordnung ausdrücklich erklärt, daß er die Steuern und Kontribuzionen nur gegen gewöhnliche Reverse von den Ständen zu begehen sich vorbehalte, und sich dagegen versehe, daß die Stände daran keine neue Kondizionen knüpfen werden. Ich glaube, in diesem gesetzlichen Ausspruche unserer Landesverfassung ist es klar und deutlich ausgesprichen, welches Recht den Ständen, heute dem Landtage zusteht, heute dem Landtage, welchen der Seine Majestät der Kaiser, unser König, auf Grund der Landesordnung vom 26. Februar 1860 einberufen aht. Wenn wir einsehen, daß wir einen Theil dieses Rechtes im Interesse der Gesammtheit, im Interesse der Macht, Stellung und Einheit des Reiches aufgeben müssen, wenn wir uns zu diesem Schritte bereit erklären, so ertklären wir uns doch nur dahin bereit, daß wie dieses Recht, welches dem Königreiche Böhmen und dessen Vertretern von allen seinen Monarchen garantirt war, an diejenige Vertretungübertragen wollen, welche von Seiner Majestät dem Kaiser, unserm Allergnädigsten König dazu berufen worden ist. Und diese Vertretung ist die Reichsvertretung. Die Landesordnung bestimmt klar und deutlich, was der Landesausschuß zu besorgen habe, und was ihm von dem Lnadtage übertragen werden könne; in dem Vorhaben des h. Ministeriums und in der Vorlage sehe ich nichts anderes, als eine Ordonanz, deren Zustimmung von dem Landtage erwirkt werden soll. Wo eine Verfassung von dem Monarchen gegeben ist, wo die Verfassung fest steht, dort kann an der verfassung einseitig, oder von dem Landtage, um so weniger von den verantwortlichen Räthen gerüttelt werden.

Ein solches Rütteln an der Verfassung wäre es aber, wenn der böhmische Landtag die ihm von Seiner Majestät dem Könige eingeräumten Rechte an einen Ausschuß übertragen wollte, dem man noch dazu Iniziative in einer Gesetzgebungsangelegenheit einräumen will, die Gesetze vorzuschlagen; Landesangelegenheiten gegen die Sankzion seiner Majestät zu beschließen, dieses Recht steht allein dem Landtage zu. Dieses Recht ist ein Theil der Souverenität, die Seine Majestät der König durch das kais. Diplom und die Landesordnung an Sein Volk übertragen hat. Ich halte den Landtag nicht einmal für ermächtigt, sich dieses Rechtes zu begeben, weil nicht ihm allein, sondern Seiner Majestät dem Kaiser und König das Mitbeschließungsrecht hierüber zusteht, und wir erst darüber den Allerhöchsten Beschluß einholen müssen, ob Seine Majetsät unser König insoweit die Abänderungzu genehmigen geruht, daß das Recht, die Landesausgaben zu bewilligen, an einen Ausschuß des landes übertragen werde.

Das Recht, Gesetze zu geben in Landesangelegenehiten, ist ein solches Recht, welches Seine Majetsät, unser König, dem Landtage, aber nicht dem Landesausschuße überantwortet hat, und welches daher auch der Landtag einseitig dem Landesusschuße nicht überantworten kann. Es wird dieser Antrag durch die Dringlichkeit des Gegenstandes gerechtfertigt. Nun, meine Herren, wir haben eben letzthin einen solchen Antrag vor uns gehabt, der nicht minder dringlich scheint, weil er in das Leben des Landes, in das Leben des Landes, in das Leben des Volkes eingreift. Es wurde dort nicht erst eine Legislazion in Gemeindeangelegenheiten, sondern lediglich die Aiusführung eines bereits bestehneden Gesetzes beantragt. Die Regierung Seiner Majestät, unseres Kaisers und Königs, hat hier in diesem Landatge durch ihren Vertreter, Seine Excellenz den Herrn Statthalter, erklärt, da´Seine Excellenz bereit sei, mit dem Lnadesausschuße hierüber in Verhandlung zu treten, um allenfalls die Maßregeln zu berathen, und dem Landtage zur Beschlußfassung seiner Zeit vorzulegen. Ich mußte mich mit dem Ausspruche des Vertreters der allerhöchsten Regierung vollkommen einverstanden erklären; denn dieser Ausspruch gründet sich in der Landesordnung und war verfassungsmäßig. Aus demselben Grunde aber kann man in einem zweiten Falle nicht abgehen von diesem Beschluße, und ich glaube, man kann um so weniger davon abgehen, als er sihc hier um den Säckel handelt, den wir mit zu vertreten haben, als in unserem Votum zugleich eine Charte blanche

Auch wir haben einen so großherzigen Monarchen, der durch das k. k. Diplom vom 20. Oktober 1860 ausgesprichen hat, dieses Majestätsrecht mit seinen Völkern zu theilen, die Petizionen um Auslagen von seinen Völkern begehren zu wollen. Das Verwaltungsjahr beginnt am 1. November 1862 (einige Stimmen rufen verbessernd: 1861). Wir befinden uns gegenwärtig im Monate April. Es ist also meiner Ansicht nach zur Prüfung eines Landesbudget noch mehr als hinreichend Zeit, und wir, die daran waren, vor 13 Jahren einen Staatsvoranschlag für das Gesammtreich zu prüfen, wir dürfen das ungefähr beurtheilen können, daß diese Prüfung des Staatsvoranschlages f+r das Gesammtreich einen Zeitraum mit theilweisen Störungen von ungeföhr 2-3 Monaten in Anspruch genommen hat. Und daß bei Prüfung eines Budget, dessen Grundlage ein Folioband, dessen Grundlage hinsichtlich des haushaltes des Allerhöchsten Hofes viele Bogen umfaßt hat, hinsichtlich dessen man also bei jeder einzelnene Rubrik auf neeurliche Vorlagen zurückgehen müßte, man auch die Beiträge der einzelnen Länder unberücksichtigt lassen könnte. Wir wollen nicht hoffen, wie das hohe Ministerium in Aussicht gestellt hat, daß der Reichsrath seine Aufgabe, die doch nur zunächst darin besteht und bestehen kann, einen allgemeinen Rahmen für die Konstituirung Oesterreichs zu schaffen, zur Bildung dieses Rahmens, mehr als 6 Monate benöthigen wird. Wir wollen nciht hoffen, daß solche Zwischenfälle einterten, die die Wirksamkeit jenes Reichsrathes so hinausdehnen dürften, wie einst vor 13 Jahren es der fall war. Ich glaube, daß, wenn die hohe Regieurng sich veranlaßt sieht, im Monate Juli oder August, ja selbst September den hohen Landtag zu berufen, und dem hohen Landtage von dem zu wählenden Ausschuße das Gutachten über die Regierungsvorlagen mit den Resultaten der Prüfung des Budget für das Jahr 1862 vorgelegt wird: der hohe Landtag in einer Berathung von 4 Wochen Zeit genug haben wird, um darüber hinauszukommen, und daß daher bis zum 15. Oder Ende Oktober auch die Voranschläge für Landesauslagen vollständig realisirt sein können, wenn es nicht aus unvorgesehenen Fällen in dieser Zeit geschehen sollte.

Wir haben Alle, die wir einen Besitz haben, die Erfahrung für uns, daß wir Quartale lang die Steuer gezahlt haben, ohne einen neuen Steuerbogen, also ohne eine neue Steuervorschreibung erhalten zu haben. Ich sehe nicht ein, warum man mit dieser Vorlage so unendlich pressirt, und diese Vorlage dazu dienen soll, einen und zwar einen der wichtigsten Theile der Wirksamkeit des Landtages an einen Ausschuß zu überweisen, dem hierin charte blanche gegeben werden soll. Ich spreche mich deßhalb für die Verwerfung dieses Antrages aus.

Oberstlandmarschall: Her Prof. Brinz hat das Wort.

Prof. Dr. B r i n z: Ich möchte die an uns gelangte Regierungsvorlage vor Allem in Schutz nehmen, gegen die Bezeichnung, die mir von Seite meines Hrn. Vorredners zu Theil geworden ist, indem er sie eine Ordonnanz nannte. Um etwas von einer Ordonnanz ist an neulich eingeschritten, indem man eine Aenderung der wahlordnung zu provoziren gedachte. (Bravo!) (Rieger fällt ins Wort und sagt: "Das ist Oktroyirung.") Da wären wir zu einer Ordonnanz gekommen. Die Regierungsvorlage, wie sie hier liegt, schien mir lediglich ein Antrag an dieses Haus zu sein, mit dem selbst verständlichen Inhalte, daß wir darüber beschließen, daß wie sie annehmen, oder daß wir sie ablehnen mögen. Was die materielle Seite der Vorredner anlangt, so bin ich in diesem Augenblicke noch zweifelhaft, ob der Landtag das Recht habe, dem Lnadesausschuße die fragliche Aufgabe anzusvertrauen; aber ich neige mich eher ztu dieser Ansicht hin, daß ihm in den weiten Worten des §. 22 L. O. dieses Recht allerdings schweigend zugestanden sei; daß es allerdings in der Macht des Landtages loiege, eine so weit gehende Vollmacht zu ertheilen. Freilich stimme ich darinmit dem Hrn. Vorredner überein, daß ich es in genere nicht für wünschenswerth halte, daß sich das Haus dieses seines tüchtigen rehctes öfter als einmal, öfters als im Falle der Noth entheben möchte; ich stimme darüber überein, daß der Landtag nicht zu biel Kommissionen ernennen möchte, Kommissionen, die etwa immer in den Zwischenzeiten hinsurch unsere Aufgabe zu erfüllen hätten. Dagegen bin ich sehrt. Aber es scheint mir für den gegenwärtigen Fall allerdings wünschenswerth, daß die Vollmacht, die meines Erachtens nach §. 22 dem Hause zusteht, ertheilen werden möge. Endlich aber schließe ich, wie ich ausgegangen bin mit einer Verwahrung, gleichfalls mit einer Verwahrung dagegen, daß man aus der Ferdinandäischen Landesorndung etwa deduziren wolle über das Recht des Landtags. Ich habe nichts dagegen, wenn man etwa vergleichungsweise auf die Ferdinandäische Landesordnung rekurrirt, aber hieraus Argumente zu schöpfen für unser Recht, geht meines Erachtens nicht an. (Bravo!)


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