Dr. K l a u d i: In Geldfachen hört die Gemüthlichkeit auf, und deßhalb glaube ich mich gegen diesen Antrag aussprechen zu müssen; ich halte diesen Antrag für ein Verkennen der Vorschriften unserer Landesordnung. Man hat uns letzthin zum Vorwurfe gemacht, warum wir, ohne im Vorhinein gegen die Landesordnung oder wahlordnung zu protestiren, in dieses Huas eingetreten sind. Wir halten jeden Rechtsboden, und sei er noch so enge, für etwas sehr Willkommenens, aber wir halten auch an diesem Rechtsboden und weichen nicht von ihm, so lange nicht die Nothwendigkeit dazu drängt. Dieser Rechtsboden, den wir betreten haben, der ist uns in der Landesordnung, die Seine Majestät der König dem Königreiche Böhmen verliehen hat, gegeben worden. In diesem Rechtsboden ist ausgedrückt, daß der Landtag das Recht habe, diejenigen Auslagen zu votiren, welche für die Landeszwecke nothwendig erschienen. Dieses Recht ist in Böhmen eben kein neues; nicht nur die älteren Landesordnungen, auch diejenigen, an die wir zunächstanknüpfen müssen. Ferdinand II. hat in dem kapitel A das Recht, die Steuer zu bewilligen, ausdrücklich dem Landtage vorbnehalten, und der König hat in der erneuerten Landesordnung ausdrücklich erklärt, daß er die Steuern und Kontribuzionen nur gegen gewöhnliche Reverse von den Ständen zu begehen sich vorbehalte, und sich dagegen versehe, daß die Stände daran keine neue Kondizionen knüpfen werden. Ich glaube, in diesem gesetzlichen Ausspruche unserer Landesverfassung ist es klar und deutlich ausgesprichen, welches Recht den Ständen, heute dem Landtage zusteht, heute dem Landtage, welchen der Seine Majestät der Kaiser, unser König, auf Grund der Landesordnung vom 26. Februar 1860 einberufen aht. Wenn wir einsehen, daß wir einen Theil dieses Rechtes im Interesse der Gesammtheit, im Interesse der Macht, Stellung und Einheit des Reiches aufgeben müssen, wenn wir uns zu diesem Schritte bereit erklären, so ertklären wir uns doch nur dahin bereit, daß wie dieses Recht, welches dem Königreiche Böhmen und dessen Vertretern von allen seinen Monarchen garantirt war, an diejenige Vertretungübertragen wollen, welche von Seiner Majestät dem Kaiser, unserm Allergnädigsten König dazu berufen worden ist. Und diese Vertretung ist die Reichsvertretung. Die Landesordnung bestimmt klar und deutlich, was der Landesausschuß zu besorgen habe, und was ihm von dem Lnadtage übertragen werden könne; in dem Vorhaben des h. Ministeriums und in der Vorlage sehe ich nichts anderes, als eine Ordonanz, deren Zustimmung von dem Landtage erwirkt werden soll. Wo eine Verfassung von dem Monarchen gegeben ist, wo die Verfassung fest steht, dort kann an der verfassung einseitig, oder von dem Landtage, um so weniger von den verantwortlichen Räthen gerüttelt werden.
Ein solches Rütteln an der Verfassung wäre es aber, wenn der böhmische Landtag die ihm von Seiner Majestät dem Könige eingeräumten Rechte an einen Ausschuß übertragen wollte, dem man noch dazu Iniziative in einer Gesetzgebungsangelegenheit einräumen will, die Gesetze vorzuschlagen; Landesangelegenheiten gegen die Sankzion seiner Majestät zu beschließen, dieses Recht steht allein dem Landtage zu. Dieses Recht ist ein Theil der Souverenität, die Seine Majestät der König durch das kais. Diplom und die Landesordnung an Sein Volk übertragen hat. Ich halte den Landtag nicht einmal für ermächtigt, sich dieses Rechtes zu begeben, weil nicht ihm allein, sondern Seiner Majestät dem Kaiser und König das Mitbeschließungsrecht hierüber zusteht, und wir erst darüber den Allerhöchsten Beschluß einholen müssen, ob Seine Majetsät unser König insoweit die Abänderungzu genehmigen geruht, daß das Recht, die Landesausgaben zu bewilligen, an einen Ausschuß des landes übertragen werde.
Das Recht, Gesetze zu geben in Landesangelegenehiten, ist ein solches Recht, welches
Seine Majetsät, unser König, dem Landtage, aber nicht dem Landesausschuße
überantwortet hat, und welches daher auch der Landtag einseitig dem Landesusschuße nicht
überantworten kann. Es wird dieser Antrag durch die Dringlichkeit des Gegenstandes
gerechtfertigt. Nun, meine Herren, wir haben eben letzthin einen solchen Antrag vor uns
gehabt, der nicht minder dringlich scheint, weil er in das Leben des Landes, in das Leben
des Landes, in das Leben des Volkes eingreift. Es wurde dort nicht erst eine Legislazion
in Gemeindeangelegenheiten, sondern lediglich die Aiusführung eines bereits bestehneden
Gesetzes beantragt. Die Regierung Seiner Majestät, unseres Kaisers und Königs, hat hier
in diesem Landatge durch ihren Vertreter, Seine Excellenz den Herrn Statthalter, erklärt,
da´Seine Excellenz bereit sei, mit dem Lnadesausschuße hierüber in Verhandlung zu
treten, um allenfalls die Maßregeln zu berathen, und dem Landtage zur Beschlußfassung
seiner Zeit vorzulegen. Ich mußte mich mit dem Ausspruche des Vertreters der
allerhöchsten Regierung vollkommen einverstanden erklären; denn dieser Ausspruch
gründet sich in der Landesordnung und war verfassungsmäßig. Aus demselben Grunde aber
kann man in einem zweiten Falle nicht abgehen von diesem Beschluße, und ich glaube, man
kann um so weniger davon abgehen, als er sihc hier um den Säckel handelt, den wir mit zu
vertreten haben, als in unserem Votum zugleich eine Charte blanche
Auch wir haben einen so großherzigen Monarchen, der durch das k. k. Diplom vom 20.
Oktober 1860 ausgesprichen hat, dieses Majestätsrecht mit seinen Völkern zu theilen, die
Petizionen um Auslagen von seinen Völkern begehren zu wollen. Das Verwaltungsjahr beginnt
am 1. November 1862 (einige Stimmen rufen verbessernd: 1861). Wir befinden uns
gegenwärtig im Monate April. Es ist also meiner Ansicht nach zur Prüfung eines
Landesbudget noch mehr als hinreichend Zeit, und wir, die daran waren, vor 13 Jahren einen
Staatsvoranschlag für das Gesammtreich zu prüfen, wir dürfen das ungefähr beurtheilen
können, daß diese Prüfung des Staatsvoranschlages f+r das Gesammtreich einen Zeitraum
mit theilweisen Störungen von ungeföhr 2-3 Monaten in Anspruch genommen hat. Und daß
bei Prüfung eines Budget, dessen Grundlage ein Folioband, dessen Grundlage hinsichtlich
des haushaltes des Allerhöchsten Hofes viele Bogen umfaßt hat, hinsichtlich dessen man
also bei jeder einzelnene Rubrik auf neeurliche Vorlagen zurückgehen müßte, man auch
die Beiträge der einzelnen Länder unberücksichtigt lassen könnte. Wir wollen nicht
hoffen, wie das hohe Ministerium in Aussicht gestellt hat, daß der Reichsrath seine
Aufgabe, die doch nur zunächst darin besteht und bestehen kann, einen allgemeinen Rahmen
für die Konstituirung Oesterreichs zu schaffen, zur Bildung dieses Rahmens, mehr als 6
Monate benöthigen wird. Wir wollen nciht hoffen, daß solche Zwischenfälle einterten,
die die Wirksamkeit jenes Reichsrathes so hinausdehnen dürften, wie einst vor 13 Jahren
es der fall war. Ich glaube, daß, wenn die hohe Regieurng sich veranlaßt sieht, im
Monate Juli oder August, ja selbst September den hohen Landtag zu berufen, und dem hohen
Landtage von dem zu wählenden Ausschuße das Gutachten über die Regierungsvorlagen mit
den Resultaten der Prüfung des Budget für das Jahr 1862 vorgelegt wird: der hohe Landtag
in einer Berathung von 4 Wochen Zeit genug haben wird, um darüber hinauszukommen, und
daß daher bis zum 15. Oder Ende Oktober auch die Voranschläge für Landesauslagen
vollständig realisirt sein können, wenn es nicht aus unvorgesehenen Fällen in dieser
Zeit geschehen sollte. Wir haben Alle, die wir einen Besitz haben, die Erfahrung für uns, daß wir Quartale
lang die Steuer gezahlt haben, ohne einen neuen Steuerbogen, also ohne eine neue
Steuervorschreibung erhalten zu haben. Ich sehe nicht ein, warum man mit dieser Vorlage so
unendlich pressirt, und diese Vorlage dazu dienen soll, einen und zwar einen der
wichtigsten Theile der Wirksamkeit des Landtages an einen Ausschuß zu überweisen, dem
hierin charte blanche gegeben werden soll. Ich spreche mich
deßhalb für die Verwerfung dieses Antrages aus. Oberstlandmarschall: Her Prof. Brinz hat das Wort. Prof. Dr. B r i n z: Ich möchte die an uns gelangte
Regierungsvorlage vor Allem in Schutz nehmen, gegen die Bezeichnung, die mir von Seite
meines Hrn. Vorredners zu Theil geworden ist, indem er sie eine Ordonnanz nannte. Um etwas
von einer Ordonnanz ist an neulich eingeschritten, indem man eine Aenderung der
wahlordnung zu provoziren gedachte. (Bravo!) (Rieger fällt ins Wort und sagt: "Das
ist Oktroyirung.") Da wären wir zu einer Ordonnanz gekommen. Die Regierungsvorlage,
wie sie hier liegt, schien mir lediglich ein Antrag an dieses Haus zu sein, mit dem selbst
verständlichen Inhalte, daß wir darüber beschließen, daß wie sie annehmen, oder daß
wir sie ablehnen mögen. Was die materielle Seite der Vorredner anlangt, so bin ich in
diesem Augenblicke noch zweifelhaft, ob der Landtag das Recht habe, dem Lnadesausschuße
die fragliche Aufgabe anzusvertrauen; aber ich neige mich eher ztu dieser Ansicht hin,
daß ihm in den weiten Worten des §. 22 L. O. dieses Recht allerdings schweigend
zugestanden sei; daß es allerdings in der Macht des Landtages loiege, eine so weit
gehende Vollmacht zu ertheilen. Freilich stimme ich darinmit dem Hrn. Vorredner überein,
daß ich es in genere nicht für wünschenswerth halte, daß
sich das Haus dieses seines tüchtigen rehctes öfter als einmal, öfters als im Falle der
Noth entheben möchte; ich stimme darüber überein, daß der Landtag nicht zu biel
Kommissionen ernennen möchte, Kommissionen, die etwa immer in den Zwischenzeiten hinsurch
unsere Aufgabe zu erfüllen hätten. Dagegen bin ich sehrt. Aber es scheint mir für den
gegenwärtigen Fall allerdings wünschenswerth, daß die Vollmacht, die meines Erachtens
nach §. 22 dem Hause zusteht, ertheilen werden möge. Endlich aber schließe ich, wie ich
ausgegangen bin mit einer Verwahrung, gleichfalls mit einer Verwahrung dagegen, daß man
aus der Ferdinandäischen Landesorndung etwa deduziren wolle über das Recht des Landtags.
Ich habe nichts dagegen, wenn man etwa vergleichungsweise auf die Ferdinandäische
Landesordnung rekurrirt, aber hieraus Argumente zu schöpfen für unser Recht, geht meines
Erachtens nicht an. (Bravo!)