Ètvrtek 18. dubna 1861

Dr. Rieger: Es dürfte wohl bei allen Billigdenkenden und bei allen denen, welche die statistischen Verhältnisse des landes kennen und die zu beobachten sich die Mühe genommen haben, kein Geheimniß sein, daß unsere Wahlorndung eine durchgehends ungerechte ist. Mit dem Antrage, den ich hier stelle, sind sehr viele meiner Freunde und Meinungs-Genossen einverstanden, und zwar eine solche Anzahl, daß dieselbe wohl berechnet volle 3 Millioenn der Bevölkerung des Landes, also eine große Majorität repräsentiren. Unter solchen Umständen kann kein Zweifel sein, daß diese Wahlordnung ungerecht ist und wir glauben, nachdem, wie ich gesagt habe, Seine Majestät die Erklärung gegeben hat, er wolle, daß alle Välker, so wie sie gleichverpflcihtet sind, auch gleichberechtigt sein sollen; nachdem Seine Majetsät am 20. Oktober ausdrücklich ausgesprochen hat, daß die Reichsvertretung nach der Bevölkerung, Steuerleistung und Ausdehnung vertheilt sein soll, daß diesem Prinzipe unmöglich entsprochen werden kann bei einer Landtagswahlordnung, die von diesem Grundsatze gänzlich abweicht, nachdem der Reichsrath aus dem Landtage gewählt wird und nur einen Ausschuß desselben bildet.

Unter solchen Umständen kann auf dieser Grundlage unmöglich eine wahre und gerechte Vertretung des Landes erzielt werden; bei den durch diese Wahlordnung künftlich geschaffenen Verhältnissen, welche die Majorität ener Meinung in die Hand geben, welche natürlich von dem ihr so durch diesen Umstand und die Wahlordnung gewordenen Rechte Gebrauch machen wird, und nicht geneigt sein wird, das ihr durch Zufall zugekommene Recht aufzugeben. Es ist also wenig Hoffnung dafür, daß diese Wahlordnung vom Landtage selbst reformirt werden dürfte. Unter solchen Umständen bleibt uns kein anderer Weg übrig, als Se. Majestät, als die Quelle, aus welcher das allerhöchste Diplom als Verfassung vom 26. Februar geschlossen ist, allerhöchst selbst zu bitten, aus allerhöchster Gnade in Konformität mit den von ihm ausgesprochenen Prinzipien diese Wahlordnung zu reformiren, bis dahin aber, solange die allerhöchste Willensäußerung in dieser Hinsicht herabgelangt ist, schlage ich vor, die wahl, welche heute vorgenommen werden soll, zu vertagen.

Oberstlandmarschall: Wird dieser Antrag unetrstützt? - Er ist genügend unterstützt. - Hat Niemand mehr darpüber etwas zu bemerken?

Dr. Stamm: Ich bitte ums Wort. Nach dem §. 29 der von uns provisorisch angenommenen Geschäftsordnung heißt es: Die Regierungsvorlagen sind, unmittelbar nach ihrer Einlangung an die Tagesordnung zu setzen. Der Dr

Oberstlandmarschall: Hr. Dr. Prinz hat das Wort.

Prof. Dr. Prinz: Ich schließe mich zunächst dem Antrage des Herrn Dr. Stamm nach seinem formellen Inhalte an, glaube aber, die Meinung vieler für mich zu haben, wenn ich dem Antarg des Herrn Dr

Oberstlandmarschall: Herr Graf Clam-Martinitz hat das Wort.

Graf Clam-Martinitz: Meine Herren! Ich glaube, es gint sowie im Leben des Einzelnen, so auch im öffentlichen Leben Augenblicke, wo wo verschiedene Pflichten in eine Kollision treten, oder zu treten scheinen. In soclehn Momenten erübrigt nichts, als nach bestem Wissen und Gewissen der höheren Pflicht jede andere Rücksicht unterzuordnen. Ich glaube, daß auch wir hier in einem solchen Falle sind. Viele von uns, erlauben Sie mir es auszusprechen, daß auch ich zur Zahl dDerjenigen gehöre, viele von uns haben gewichtige Bedenken, ob die Wahlordnung, ob die Bestimmung der Wahlordnungen sowohl für den Landtag, als noch mehr die Wahlordnung für die Deputazion in den Reichsrath, ob die den materiellen thatsächlichen Grundlagen, und ob dsie dem staatsrecjtoichen Verhältnisse des Landes entsprechen.

Aber ich glaube, wenn such Jeder die Pflicht hat, diese Bedenken zu erwägen, und wenn im Laufe unserer Session diese Bedenken gewiß in dem Verfassungsausschuße doer in dem Ausschuße zur Prüfung der Wahlordnung reichlich geprüft und erwogen werden müssen, und wenn gewiß auch zu hoffen ist, daß dieselben durch den Geist der Verständigung in dieser Versammlung zum Hiele des Landes werden geöst werden; so glaube ich doch, daß in diesem Augenblicke uns eine höhere Pflicht rufe.

Ich glaube, es gilt in diesem Augenblicke das ganze Reich zu halten und zu retten. (Bravo!) Ich erachte das in jeder Beziehung als eine höhere Pflicht, und zwar auch darum, weil wir durch das Reich auch das Wohl und Heil des Landes sichern. (Bravo!) Es droht ein tiefer Riß, es drohen große Gefahren von innen und von außen unserer Monarchie.

Durch die unselige Verblendung eines Stammes, welcher durch Jahrhunderte mit uns im brüderlichen Vereine war, und der stolz darauf ist, in gefährlicher Zeit durch sein "Moriamur pro rege nostro" das Reich gerettet zu haben; durch die Verblendung dieses Stammes ist Gefahr für die Monarchie vorhanden. Ich glaube, es ist jetzt an uns der Ruf ergangen, dieses "moriamur pro rege nostro

Ich glaube, der feste, mannhafte Entschluß aller Völker: zusammnezustehen und das Reich zu retten, wird der sicherste und beste Weg sein, um auch diesen Bruderstamm mit uns zu verständigen und zu versöhnen. (Bravo!) Ich glaube, meine Herren, in diesem Augenblicke müssen wir Alles dieser ernsten Pflicht untreordnen. Ich möchte hinweisen auf das Beispiel eines Landes, welchem an Treue nicht nachzustehen, unser erste Stolz sein sollte: auf Tyrol. Es hat in dem Jahre, in welchem die Wogen der Revoluzion hoch gingen und von allen Seiten die Bitten und Forderungen der Völker den Monarchen bestürmten, es hat in diesem Augenblicke, obwohl es manche gerechte Beschwerde hatte, obwohl seine Rechte bekümmert waren, es hat nicht auf seine Rechte zuerst Gewicht gelegt, sondern es hat zuerst gesagt: "Jetzt gilt es, jetzt handelt es sich um den Thron, um das Reich, um die Monarchie sich zu scheeren."

Und es nimmt in erster Reihe Theil an dem Verdienste, in jener stürmischen Zeit das Reich gerettet zu haben. Es war von der Uiberzeugung durchdrungen, daß, wenn es seine Pflicht und Schuldigkeit im vollen Maße für Oesterreich und die Monarchie erfüllt, daß ihm auch die gerechte Anerkennung seiner Wünsche und Forderungen nicht entgehen werde. Vertrauen auch wir darauf, daß, wenn wir zusammenstehen zu dem großen Werke, daß dann das Land für seine Rechte, Wünsche und Beschwerden volle Anerkennung von der väterlichen Huld Seiner majetsät, und durch die Verständigung aller Völker erhalten werde.

Ich muß daher auch mich dem, Antrage auf Uibergang zur tagesordnung in so weit anschließen, daß ich beantrage, daß in Erwägung der Gefahr und mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erhaltung des Reiches, und in Erwägung, daß im Interesse der Gesammtmonarchie der sogleiche Zusammentritt des Reichsathes unerläßlich nothwendig ist, und daher die Reichsrathswahlen unverschieblich sind, der hohe Landtag über diesen Antrag zur Tagesordnung überzugeben, beschließen möge. (Bravo!)

Oberstlandmarschall: Se. Excellenz Graf Leo Thun hat frher das Wort.

Graf Leo Thun: Ich theile die Ansicht Derjenigen, die der Meinung sind, daß die wahlordnung, auf deren Grundlage dieser Landtag gewählt worden ist, und nach welcher nunmehr in den Reichsrath gewählt werden soll, mancherlei Bedenken unterliegt, und daß insbesondere dabei das Verhältniß der beiden Volksstämme, die in unserem Vaterlande leben, nicht in billiger Weise berücksichtigt worden ist. (Bravo! Bravo!) Wenn dem ungeachtet, trotz aller verschiedener Bedenken, die theils gegen sie Verfassung, theils gegen die Wahlordnung bei manchen Gleidern dieser Versammlung bestehen, zur wahl geschritten und dieser Saal von uns Allen betreten worden ist, so glaube ich, sollen wir Alle anerkennen, daß das ein verdienstlicher Akt war, daß wir Alle in Anerkennung der Wichtigkeit des Momentes über Bedenken bezüglich des Details der Sache hinausgeagngen sind, und den Weg betreten haben, den Se. Majestät geöffnet hat, um über das Wohl des Landes zu bearthen, und der freien Verfassung Oesterreichs Ausdruck und Gestaltung zu geben. (Bravo!) Der Vorwurf, der von anderer Seite gemacht worden ist, daß es ein unmännliches Benehmen sei, nicht gleich anfangs zu protestiren, zur wahl zu schreiten, und dann erst Bedenken zu erheben, darüber muß ich sagen, daß ich es mit Bedauern gehört habe. (Stürmischer Beifall.)

Oberstlandmarschall: Ich bitte auf der Gallerie ruhig zu sein, ich werde sie sonst räumen lassen. Ich habe schon vernommen, daß sich die Gallerie in die Debatte eingemischt habe, ich bin darüber hinausgegangen, werde aber genöthigt sein, einBeispielzu statuiren (Bravo!)

Graf Leo Thun: Trotz alledem schließe ich mich dem Antrage des Dr

Immer und seit lange habe ich die Uiberzeugung gehabt, daß die Sschwierigkeit, die in diesem Lande durch das Nebeneinanderleben zweier Volksstämme bestehen, und die in mancher Periode hervorgetreten sind, am besten im Lande selbst geheilt werden, daß unser Landtag der Ort ist, an dem die Verständigung herbeigeführt werden soll, und daß nur duech solche Verständigung die Uibel bleibend geheilt werden können, nicht durch eine neue umoktroyirte Wahlordnung. Nur so können solche Uibel geheilt werden, wenn der Beweis hergestellt wird, daß die Böhmen selbst deutsche und slawischer Zunge sich zu verständigen wissen, über das, daß der Billigkeit und dem Wohle des Landes entspricht. Aus diesen Gründen also kann ich mich dem Antrage des Herrn Dr.

Excellenz Domprobst Wáclawicek: Die Einsetzung des Reichsrathes ist ein Hautpbestandtheil des kais. Diplomes und des nachfolgenden Februar-Patentes. Das Februar-Patent enthält keine oktroyirte Verfassung, sondern nur die Grundlage, auf welcher und in welcher eine dem Gesammtreiche in den einzelnen Ländern Oesterreichs verfassungsmäßig nachgebildet werden sole und kann; denn das Februar-patent enthät mit einem Worte die Gestaltung und das Recht der Iniziative.

Wäre es daher nicht unpraktisch, illegal und sogar gefährlich, wollte man an dem festen Grundsteine jetzt rütteln, auf welchem ein so hohes und erhabenes Gebäude ruhen soll. (Bravo!) Seine Majestät, unser König, ist seinen Ländern und Völkern mit offenem Vertrauen entgegengekommen, indem er in ihre Hand legte, an der gesammten Legislzion in umfassender Art und Weise Theil zu nehmen. Mit welchem Namen müßte man es bezeichnen, wenn man dem kaiserlichen Vertrauen nicht mit gleicher Offenheit begegnen, wenn man nicht dankbar und würdig, sondern im Vorhinein mit Mißtrauen es zurückweisen wollte, wahrlich dazu gehört eine nicht geringen Verworrenheit des Geistes; (Oho!) denn dadurch müßten wir uns von der kais. österreichischen Regierung absichtlich trennen, absichtlich scheiden; während noch nur durch den gemeinschaftlichen Verband aller Kronländer der österreichischen Monarchie die Wohlfahrt aller Staatsbürger nach innen und außen erzielt werden kann. Denn die österreichische Monarchie als ein unzertrennbares Ganze netrachtet, ist seiner Lage nach im Herzen Europa´s und vermöge seiner Ausdehnung berufen, an den Schicksalen Europa´s Theil zu nehmen. Und als Großmacht ist selbess ermächtigt, völkerrechtlich zur ruhigen, gesetzlichen und völkerverfassungsmäßigen Austragung wichtiger Angelegenheiten zu wirken. Einzelne Kronländer, aber namentlich jene, welche bloß eine persönliche Union anstreben, sind ohnmächtig, sind abhängig von den Windströmungen der politik, und sind über das, daß sie als kleine Körper keine Stimme haben, in steter Gefahr, vom ersten besten Nachbar, welcher diese Länder erobert, um ihre Freiheit und nazionalität gebracht zu werden.

Hieraus folgt also, daß eine enge Annexion an Oesterreich für uns die größte Wohlthat sei und Heil uns, daß das verehrte Abgeordnetenhaus, sowohl die böhmische als deustche Zunge diesem Grundsatz huldigend, dieselben Bedingnisse erkennt und achtet. Ich rufe daher, ich begrüé daher das verjüngte einheitliche Oesterreich mit Freunden und Wonne. (Bravo!)


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