Präs. Die erforderliche Anzahl Abgeordneter ist versammelt, ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Es wurde heute der Antrag des Abg. Petranovich gedruckt unter die Abgeordneten vertheilt; es ist demnach ohne Debatte zu beschließen, was mit demselben zu geschehen habe. Ich werde mir erlauben, dießfalls einen Antrag zu stellen. Es ist aus dem Antrage ersichtlich, daß derselbe erst nach der dritten Lesung der Verfassungsurkunde zur Ausführung gebracht werden kann. Ich würde mir erlauben, den Antrag zu stellen, die Verhandlung über diesen Antrag zu vertagen bis die dritte Lesung der Verfassungsurkunde vollendet ist. Ich ersuche das hohe Haus, sich darüber auszusprechen, das heißt allenfalls einen anderen Antrag zu stellen. (Ja ja! einverstanden!)
Ich sehe diesen Ruf als die Zustimmung an, und es wird dieser Antrag, bis die dritte Lesung der Verfassungsurkunde vollendet sein wird, zur Verhandlung kommen.
Ich werde mir erlauben, noch einige Ankündigungen zu machen, weil zu Ende der Sitzung das Verständniß schwierig ist. (Heiterkeit.) Es hat der Vorstand des Entschädigungsausschusses ersucht, daß der Ausschuß morgen um 4 Uhr Nachmittags zusammentrete; ferner der Vorstand des Finanzausschusses ersucht die Mitglieder übermorgen um 5 Uhr Nachmittags zusammenzutreten. Ich erlaube mir auch die Mitglieder des Constitutionsausschusses einzuladen, sich morgen um 9 Uhe früh zu versammeln, um die Referenten zu wählen. Die Abheilungen dagegen werde ich aussordern, um 10 Uhr sich zu versammeln, und überlasse es den Herren Vorständen, die weiteren Sitzungen anzusagen.
Um den 15. März, diesen denkwürdigen Tag, auf eine feierliche, würdige Art zu feiern — würde ich mir erlauben, die Herren Abgeordneten am 15. zu einem feierlichen Gottesdienste einzuladen. (Anhaltender stürmischer Beifall.) Zu diesem Behufe wollen sich die Herren Abgeordneten hier vor 9 Uhr versammeln, und von diesem Saale aus werden wir uns in die Kirche begeben, von da zurück in den Sitzungssaal, und es wird sodann die Sitzung eröffnet werden.
Ich würde ferner die Herren ersuchen, die Abtheilungen von nun an recht fleißig zu besuchen, theils der Wichtigkeit des Gegenstandes wegen, theils aus Achtung für den Kammerbeschluß, der in Ausführung gebracht werden muß, und ich bin überzeugt, daß es die Herren nicht auf ihr Gewissen nehmen wollen, wegen Abgang eines oder einiger Mitglieder Ursache zu sein, daß eine Abtheilung wegen Abgang der verhandlungsfähigen Anzahl Abgeordneter vielleicht nicht berathen könnte. Ich ersuche demnach, sich stets pünktlich einzufinden, zu der Zeit, wenn es die Herren Vorstände den Abheilungen bekannt geben werden.
Als von den gegen §. 15 eingeschriebenen Rednern gewählter Generalredner hat der Abg. Mayer das Wort.
Abg. Cajetan Mayer. Meine Herren! Schon die Generaldebatte über die §§. 13, 14 und 15, noch mehr die Spezialdebatte über den §. 15 hat den Beweis geliefert, daß der durch diesen Paragraph zu regelnde Gegenstand, wenn auch nicht der wichtigste, so doch gewiß einer der schwersten sei; und doch ist dieser Paragraph, wie er hier vor Ihnen liegt, inhaltlos. Er verschiebt die Regelung auf eine spätere Zukunft, und könnte bloß in soferne in die Grundrechte gehörig eingerechnet werden, als er das jus circa sacra im Princip anerkennt. Es ist nicht möglich, nach einer so allseitig vorausgegangenen Beleuchtung dieses Gegenstandes, demselben noch neue Seiten abzugewinnen, wohl aber, meine Herren, ist es möglich, aus den bereits gefaßten Beschlüssen die nothwendigen Consequenzen für die Freiheit der Kirche zu ziehen.
Sie haben im §. 13 Gewissens- und Cultusfreiheit anerkannt; Sie haben durch den beschlossenen §. 14 die gewesene Staatskirche aufgehoben und alle Religionsgesellschaften sind gleich gestellt; Sie haben in demselben Paragraphen, meine Herren, den Religionsgesellschaften den weltlichen Arm des physischen Zwanges entzogen; Sie haben alle Religionsgesellschaften freigegeben: Sie müssen daher in Consequenz dieser beschlossenen Paragraphen auch der gewesenen Staatskirche jene Freiheit gewähren, wie sie jeder anderen Religionsgesellschaft durch die Grundrechte gewährleistet ist. Thäten Sie es nicht, meine Herren, so würden jene Staatsbürger, die sich zur gewesenen Staatskirche bekennen, nicht gleichberechtiget mit den Bekennern anderer Glaubensbekentnisse sein, sie wären nicht gleich vor dem Gesetze. In freier die Luft, desto freier das Athmen, und je freier, meine Herren, die Religion, je freier der Ausdruck des religiösen Bekenntnisses in der Kirche, desto inniger, desto wahrer, desto mehr von Schlacken gereiniget wird auch der Glaube sein. Ueber die Freiheit der gewesenen Staatskirche glaube ich herrscht keine Meinungsverschiedenheit, soviel sich aus den vorausgegangenen Debatten entnehmen läßt; die Differenz waltet wesentlich darin ob, was man unter der Freiheit zu verstehen habe, wie weit sie sich erstrecke, und dann, welche Mittel und Wege einzuschlagen, oder welche Vorsichten zu ergreifen nöthig seien, damit die Freiheit der Kirche nicht mit der politischen Freiheit des Staates in Collision gerathe. Was insbesondere die Freiheit der Kirche anbelangt, darüber, meine Herren, glaube ich, ist zunächst durch die Petitionen der Episcopate eine nicht unbedeutende Verwirrung der Begriffe herbeigeführt worden. Während das Olmützer Episcopat sagt: Die Kirche Gottes verlangt für die Ausübung ihres Regimentes im Staate nicht mehr Recht als ein Familienvater für die Leitung seines Hauses, oder die Cumulation für die Verwaltung ihrer Interessen, gesteht das böhmische Episcopat nicht Unterordnung der Kirche unter den Staat zu, es fordert darin Coordination und sagt: Jedes, Staat und Kirche ist in ihrem Kreise die allein Maßgebende, dle alles Beherrschende, jede ist in ihrem Kreise souverän. Ich glaube, meine Herren, ehe Sie dießfalls einen Beschluß fassen, ist es wesentlich nothwendig, daß die Begriffe mehr festgesetzt werden, als es bisher der Fall war.
Man sprach von Emancipation der Kirche, man sprach von Trennung der Kirche vom Staate, man sprach von Unabhängigkeit der Kirche vom Staate, und endlich von Freiheit der Kirche im Staate. Daß von Emancipation der Kirche, welche bisher die herrschende war, im eigentlichen und engeren Sinne des Wortes keine Rede sein kann, fällt in die Begriffe; aber auch von der Trennung der Kirche vom Staate kann füglich nicht die Rede sein. Staat und Kirche sind keine abstracten, in ihrem Wesen verschiedenen Dinge, sie sind im praktischen Leben auf demselben Boden sich bewegend, sie haben dieselben Subjecte, sie haben bloß eine verschiedene Functionsthätigkeit, verschieden, wie die zwei Welten, denen der Mensch angehört, verschieden, wie Geist und Körper, aber so innig ineinander greifend, als eben Geist und Körper, die in ihrem Getrenntsein keine Functionsfähigkeit mehr in dem Sinne haben; ebenso kann auch die Kirche, getrennt vom Staate, nicht mehr ihre Zwecke erreichen. Das Christenthum, meine Herren, durchdringt seit mehr denn tausend Jahren das ganze Staatsleben, eine Trennung ist eben so unmöglich, als der Staatsbürger in der Kirche seine erste Eigenschaft ablegen, und als der Gläubige im Staate aufhören kann, Bürger zu sein. Wenn eine Trennung der Kirche vom Staate je nöthig gewesen wäre, so wäre sie denkbar gewesen in der früheren, nicht aber jetzt, in der gegenwärtigen Zeit. Der absolute Staat zerstörte alle Elemente, der absolute Staat kettete die einzelnen Glieder zur unwillkürlichen Einheit, und von diesem Staate forderte die Kirche keine Trennung. Der neue Staat, gegründet auf der Gleichberechtigung Aller vor dem Gesetze, gesteht allen seinen Gliedern eine freie Bewegung zu, um dadurch die Möglichkeit der Heranbildung eines selbstbewußten Organismus zu geben, und von diesem Staate, von dem Staate, in welchem die Kirche ebenfalls sich organisch und frei entfalten kann, darf die Kirche keine Trennung fordern. Vom Polizeistaate, welcher alle Glieder desselben gleich Kindern bevormundete, der jede freie Bewegung hemmte, in alle Sphären des Lebens griff, von diesem Staate forderte die Kirche keine Trennung; vom Rechtsstaate, der jedem einzelnen Staatsbürger die freie Selbstbestimmung überläßt, der als gemeinschaftlicher Hort, als schützendes Gesetz überall steht, von diesem Staate braucht die Kirche, da ihr auch die freie innere Verwaltung gewährleistet wird, keine Trennung zu fordern. Wenn die Kirche, meine Herren, mit dem früheren Staate lebte, so mag sie auch mit jenem Staate, welcher dadurch, daß er das oberste Princip des Christenthums, Gleichheit und Brüderlichkeit, zur Basis seines neuen Aufbaues machte, ein wahrhaft christlicher geworden ist, mit diesem Staate und in diesem Staate kann, meine Herren, die Kirche leben. Eine Trennung ist aber auch aus dem Grunde nicht durchführbar, weil jener Staat, welcher die freie Entwicklung des Menschengeschlechtes und die bessere Erreichung des Zieles der Menschheit anbahnen will, auch das Christenthum nicht gleichgiltig betrachten kann, weil die Begriffe und das Verhältniß, welches man von einem gewöhnlichen Vereine, von einer Association hat, sich auf die christliche Kirche nicht ganz übertragen läßt.
Aber ebenso wie die Kirche im Staate den Schutz des Staates beanspruchen kann und muß, ebenso, meine Herren, ist es auch umgekehrt gewiß, daß auch der Staat in der Kirche den Bürger schützen muß, daß der Staat das Recht haben muß, wenn es einer Kirche beifallen wollte, ein zweites außer ihr gelegenes Gebiet im Staate als ihr Missionsgebiet anzusehen, den Gränzstein festzusetzen, daß der Staat das Recht haben muß, zu entscheiden, wenn zwischen Kirche und Kirche im Staate Streitigkeiten entstehen. Und dann, meine Herren, gibt es ja ein Terrain, welches groß und ausgebreitet ist, wo Staat und Kirche wechselseitig miteinander gehen müssen, nämlich den großen Vertrag, auf dem die ganze große bürgerliche Gesellschaft ruht: die Ehe. — Die Geschichte lehrt uns auch, daß Trennung der Kirche vom Staate nicht zu Ruhe und Frieden führen, nicht Einheit erzielen, sondern jene Kämpfe hervorrufen würde, wie wir sie im Mittelalter finden. Es würde das Bestreben entweder des Staates die Kirche, oder der Kirche den Staat zu unterjochen, perpetuirlich gemacht werden. Aber eben so wenig kann von Unabhängigkeit der Kirche vom Staate die Rede sein. Unabhängigkeit an und für sich ist etwas Negatives, Unbestimmtes, und wie die Petition des böhmischen Episcopates beweiset, auch leicht dahin deutbar, daß Unabhängigkeit vom Staate als Unabhängigkeit vom Staatsgesetze angesehen werden könne. Im Staate herrscht das Gesetz wie in der Natur, im Staate darf es nur Eine Macht geben, welche herrscht, und die muß die höchste sein, außer ihr gibt es keine Macht mit äußerer, erzwingender Gewalt. Die Kirche soll und darf nicht herrschen. Die Kirche ist im Staate, nicht aber der Staat in der Kirche. Die Kirche im Staate hat aber dasselbe Recht anzusprechen, das jedem einzelnen Gliede der Kirche, in soferne es zugleich Staatsbürger ist, zusteht, nämlich das Recht der Autonomie, das Recht der freien Selbstbestimmung. In das Gebiet der religiösen Ueberzeugung einzugreifen ist keine Macht der Erde berufen, denn diese entspringt aus dem innersten Urquell des Geistes. In dieser Beziehung ist die Religion immer unabhängig, aber Religion und Kirche dürfen ebenfalls nicht als identisch angesehen werden. Gestaltet sich die Ueberzeugung äußerlich im Leben ausgeprägt zu Institutionen der Kirche, dann erst, meine Herren, tritt das Wechselverhältniß zwischen Kirche und Staat ein. In soferne nun die Kirche innerlich arbeitet am religiösen Leben ihrer Mitglieder, muß sie frei sein und muß frei bleiben; denn sonst gäbe es keine Gewissensfreiheit in dieser Kirche. In wiefern aber die Kirche hierarchisch gegliedert als Macht im Staate dasteht, in dieser Beziehung muß dem Staate das Recht gewahrt werden, sich selbst dieser Macht gegenüber zu schützen, und jeden einzelnen Staatsbürger gegen die Uebergriffe der Kirche ebenfalls zu schützen. Bloß dahin läßt sich das Verwahrungsrecht des Staates gegen die Kirche verstehen. Was aber die eigentlichen inneren Angelegenheiten der Kirche betrifft, das Glaubensbekenntniß, die Lehre, den Cultus, die Liturgie, die Disciplin und den Verkehr mit ihren Oberen, dieß sind innere Angelegenheiten, welche die Kirche selbst zu ordnen und zu verwalten berechtiget ist. Die Kirche sei in ihrer Sphäre frei im Staate, die Staatsgewalt soll nicht Herrin sein in den inneren Angelegenheiten der Rellgionsgesellschaft, und ihr nicht vorschreiben, sowie umgekehrt, die Staatsgesellschaft darf nicht Dienerin sein, und der Rellgionsgesellschaft zur Durchführung ihrer Beschlüsse den weltlichen Arm leihen. Das Princip der Selbstregierung, das Princip der Autonomie, diese Forderung der Neuzeit, welche beim Wiederaufbaue des Vaterlandes in jeder Beziehung zu Grunde liegt, dasselbe Princip, meine Herren, müssen Sie ebenfalls der Kirche bei Besorgung der inneren Angelegenheiten zu Grunde legen, sonst würde die Religionsgesellschaft, in so fern sie als solche bloß erscheint, schlechter daran sein, als jede andere Gesellschaft im Staate.
Anders verhält es sich aber bezüglich des Kirchenvermögens und der Mitwirkung des Staates bei Besetzung der Kirchenämter. Darin unterscheidet sich insonderheit die gewesene Staatskirche von allen anderen Religionsgesellschaften, die sich erst heranbilden werden. Dieses Verhältniß muß als gegebenes vom staatsrechtlichen Standpuncte aus geregelt werden; darin besteht das jus circa sacra, welches nicht als gleichbedeutend oder gar nicht existirend, oder als eine bloße Erfindung der Juristen angesehen werden darf; denn das jus circa sacra ist am Ende der Ausfluß der Abwehr gegen die kirchlichen Uebergriffe gewesen. Daß eine Mitwirkung des Staates bei Besetzung der kirchlichen Aemter dem Dogma der christlichen und katholischen Kirche nicht entgegen sei, beweisen uns ja die Concilien. Ist doch durch das Concilium Tridentinum das Patronatsrecht anerkannt, ist also dadurch anerkannt, daß weltliche Patrone Kirchenvorsteher präsentiren können, dann meine Herren, sehe ich nicht ein, warum nicht auch der Staat, als weltlicher Patron, ebenfalls die Kirchenvorsteher präsentiren sollte. Ist es mit den Dogmen nicht unverträglich, so sehe ich nicht ein, warum der Staat diese Erwerbungsrechte aufgeben sollte. Es wird in den Petitionen gefordert, daß alle jene Patronatsrechte , welche in Folge der eingezogenen Klostergüter und gemachten Stiftungen neuer Kirchen aus dem Religionsfonde damit verbunden sind, den Bischöfen übergeben werden sollten. Daß diese Forderung nicht im Rechte gegründet, ist gewiß; denn entweder könnte man, wollte man die ursprüngliche Erwerbung des Staates in Zweifel ziehen, von Seite ihrer Rechtmäßigkeit, von Seite der Verträglichkeit mit den Dogmen, nur fordern, daß der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werde; keineswegs kann man aber fordern, daß das, was daraus wurde, vom Staate der Hierarchie abgetreten werde. — Bezüglich der Mitwirkung bei dem Kirchenvermögen scheint es nach einigen Petitionen ohnehin nicht der Wunsch der Episcopate zu sein, daß dießfalls alle Geschäfte übertragen werden an den Clerus, indem sich ja ohnehin über die vielen Schreibereien, welche die weltlichen Dinge mit sich bringen, darin beschwert wird. Die Verwaltung des Kirchenvermögens ist eine mehr weltliche Sache, die Kirche hat nur den Anspruch zu machen, daß die Diener der Kirche auch wirklich versorgt werden. Die Art und Weise, wie das Kirchenvermögen verwaltet werde, dürfte unter den Spruch passen: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Ich würde aber auch selbst für diese Beziehung für die völlige Freiheit der Kirche im Staate sein, wenn Sie, meine Herren, alle jene Rechte, die der Staat jetzt ausübt, Demjenigen zurückgeben könnten, dem sie ursprünglich gehörten; wenn Sie decretiren könnten, daß die Kirchenvorsteher, wie in den ersten Zeiten des Christenthums, von den Gemeinden erwählt werden; wenn Sie decretiren könnten, daß die Verwaltung des Kirchenvermögens einzig und allein auch nur den Kirchengemeinden, nämlich den Laiengemeinden zustehe. Aber, meine Herren, würden Sie die Kirche in dieser Beziehung frei machen, so hieße das nicht, Sie machen die Kirche frei, sondern sie machen die Hierarchie frei. Die Verwaltung des Kirchenvermögens übergänge dann in die Hände der Bischöfe, und glauben Sie, daß dadurch die Kirchengemeinde besser daran wäre, wenn an die Stelle der dießfälligen bestimmten Staatsgesetze nun auf einmal die unbeschränkte und uncontrolirte Willkür des Bischofes träte? Würden Sie wohl, meine Herren, jene Provinz als frei regiert ansehen, wo der betreffende Gouverneur das Recht hätte, mit dem Vermögen der Provinz nach Willkür zu schalten, einzusetzen und abzusetzen? Gewiß nicht. Würden Sie das Recht der Ernennung zu Kirchenämtern den Episcopaten übertragen, glauben Sie, meine Herren, daß dann die Gemeinde besser daran wäre? Glauben Sie wohl, daß Derjenige, der bloß von der Willkür des Bischofes abhängt, auch noch in aller und jeder Beziehung als selbstständiger Mann die Leitung der ihm anvertrauten Kirchengemeinde fortführen könnte? Und meine Herren, wer sollte dann die Bischöfe wählen? Der Papst? Dieses Recht hat der Staat ausgeübt, und die Erfahrung der Gegenwart lehrt uns, daß der Staat in dieser Beziehung gewiß nicht der Kirche zu nahe getreten ist, indem wir so würdige Häupter der katholischen Kirche haben. Und meine Herren, ist von Seite des absoluten Staates eine so glückliche Wahl getroffen worden, dann kann es nicht zweifelhaft sein, ob in Zukunft der constitutionelle Kaiser oder der Papst dieses Ernennungsrecht ausüben soll.
Wenn Sie ferner, meine Herren, wie gefordert wird, den Bischöfen gestatten sollen, daß sie einzig und allein die Professoren der Theologie an den Universitäten anstellen, dann glaube ich, meine Herren, daß die theologische Wissenschaft mit den anderen Wissenschaften nicht leicht gleichen Schritt halten würde, indem der Betreffende nur Jenes lehren müßte, was gerade der Ansicht desjenigen, der ihn eingesetzt hat, entsprechend erscheint, indem er sonst entfernt würde. Wenn ferner, wie aus den Petitionen als Folgerung gezogen wird, Knaben-Seminarien errichtet werden, damit Diejenigen, welche der Geist Gottes zur Kirche berufen, schon in jener Zeit der Jugend, wo sie von Selbstbestimmung gar nichts kennen, in die Erziehungshäuser, in die Seminarien hinein gegeben werden, dann meine Herren, werden die errichteten Seminarien wohl vielleicht die Jünglinge zurichten, aber weniger erziehen, erziehen zu Lehrern des Volkes; dann meine Herren, dürfte es noch schwieriger sein, daß die aus diesen Knaben-Seminarien hervorgegangenen Volkslehrer das Leben kennen und zur Volksbildung dasjenige beitragen, wie ein freier Staat es fordern muß. (Bravo!)
Wie gesagt, ist es mit Rücksicht auf jene Folgerungen, die aus der Freiheit bezüglich des Kirchenvermögens und der Wahl der Kirchenvorsteher in einigen Petitionen selbst gezogen worden find, wohl nicht leicht verträglich, daß der Staat seine dießfälligen wohlerworbenen Rechte aufgebe. Ich will hier nicht untersuchen, ob der Staat dieses Recht im Namen der Kirchengemeinde ausgeübt hat, weil im absoluten Staate der Staat ja ohnehin in aller und jeder Beziehung der Repräsentant der Gemeinde war. Ich erwarte, daß der freien kirchlichen Gemeinde auch freie Verwaltung des Kirchenvermögens im Wege der gewöhnlichen organischen Entwickelung zurückgegeben werde. Ich bin fest überzeugt, daß der Einfluß der Laiengemeinde auf die Wahl ihrer Kirchenvorsteher sich ebenfalls herausbilden wird. Aber so lange es nicht möglich ist, dle Freiheit in dieser Beziehung der Kirche, die das Volk ausmacht, in demselben Sinne zu gewähren, wie das Volk, das den Staat ausmacht, in welchem der Staat noch das jus circa sacra hat, in solang, möge er noch seinen Einfluß bei der Verwaltung des Kirchenvermögens, bei der Besetzung der kirchlichen Aemter im Namen des Volkes als constitutioneller Staat ausüben. Aber meine Herren, so sehr man allseits die Freiheit der Kirche im Staate, die Autonomie ihrer Bestimmung und Regelung ihrer inneren Angelegenheiten wünscht und zugibt, so ist man doch wieder sehr verschieden in der Wahl der Wege, die dazu einzuschlagen seien. Man sagte, erst ändere die Kirche ihre Verfassung, dann werden wir sie frei machen. Meine Herren, wir find zuerst frei geworden, und jetzt machen wir uns die Verfassung. Meine Herren, in diesem Sinne trauen Sie auch, daß die Freiheit der Kirche dazu beitragen wird, daß die Verfassung auf die ursprüngliche edle Einfachheit der ersten christlichen Gemeinden zurückgeführt werde. Man sagt auch, man müsse das demokratische Princip in die Kirche hineinwerfen. Die Kirche, meine Herren, läßt sich nicht mit der Demokratie des Aristoteles vergleichen; wir dürfen dabei nicht vergessen, daß das Episcopat und Presbyteriat in der Kirche göttlicher Einsetzung sind. Aber meine Herren, haben Sie deßwegen schon das demokratische Element in die Kirche geworfen? Wenn Sie alle Bekenner der Kirche in Oesterreich frei gemacht haben, so werden sie als Staatsbürger nicht bloß frei sein, sondern das Bewußtsein der Freiheit wird ihnen auch als Gliedern der Kirche nicht mehr entwunden werden. Nicht von oben kam uns die politische Freiheit: sie kam aus dem Volke, und ebenso kam das Christenthum, die Freiheit von oben durch den Gottes- und Menschensohn, der auch aus dem Volke hervorging. Wir wollen die Freiheit für Alle, und erkämpften sie als politische Freiheit nicht für unsere frühern feudalen Stände, sondern für das Volk. Wir wollen die Freiheit der Kirche ebenfalls nicht für die Hierarchie, sondern für das Volk, welches die einzelnen Kirchengemeinden ausmacht. Aber, meine Herren! lassen Sie die einzelnen Glieder dieses Volkes zum Bewußtsein der Freiheit kommen, und seien Sie überzeugt, daß es keine Macht hinhalten wird, daß sie nicht auch jene Freiheiten in der Kirche erreichen werden, die ihnen gebühren. Meine Herren, hat das freie Volk nicht durchgesetzt die Gewalt der absoluten Herrschaft zu brechen? wollen Sie daran zweifeln, daß das freigewordene Volk sich nicht auch die Freiheit in der Kirche erringen werde? Man sagt, man muß die Kirche zur Reform zwingen und die Garantie haben, daß sie sich reformiren werde. Dieser Zwang, meine Herren, kann, in sofern Sie nicht in fremde Sphären eingreifen, denn doch nur ein indirecter sein. Sie sprechen Glaubens- und Cultusfreiheit aus, Sie geben daher zu, daß auch gegenwärtig Secten der verschiedensten religiösen Anschauung sich bilden, und wenn Sie in der Geschichte zurückblättern, werden sie darin die Bestätigung finden, daß gerade diese Secten es waren, welche jederzeit für die Freiheit der Forschung kämpften und die Freiheit der Forschung auch in die Mutterkirche verpflanzten. Die Secten waren es, welche den Ausspruch Theodoret's von Tyrus zur Wahrheit machten: es seien unter allen Ketzereien keine schlimmeren als die eben so ungerechte und unsinnige Forderung an die Menschen, daß sie auf ihren Verstand verzichten, ihre Religion nicht prüfen, sondern blindlings glauben und nicht nach Wahrheit forschen sollen. Im Kampfe der Kirche mit den Secten, meine Herren, wird die Wahrheit, die göttliche Wahrheit zum Vorschein kommen, aber auch alles jenes Beiwerkes entkleidet, welches bloß menschlich ist; im Kampfe der Kirche mit den Secten wird die Kirche gedrungen werden, jene nöthigen Reformen vorzunehmen, die Sie wünschen; denn meine Herren, im Kampfe mit den Secten kann die Kirche nur durch Ueberzeugung, durch wissenschaftliche Forschung kämpfen. Die Zeiten wo man Secten mit Feuer und Schwert und Scheiterhaufen niederkämpfte, meine Herren, sie sind geschwunden; Sie haben sie unmöglich gemacht, nachdem der Staat der Kirche nicht mehr seinen Arm borgen darf. Die Kirche wird und muß sich reformiren, wenn sie nicht mehr privilegirt da steht, sondern gleichberechtiget mit allen anderen bestehenden oder noch entstehenden Kirchen.
Sie fordern, meine Herren, das Synodalsystem. Glauben Sie wohl, daß die Kirche Ihnen noch ferner dasselbe wird verweigern können? Glauben Sie wohl, daß die Kirche ferner den Beschluß des Conciliums von Trident nicht in Erfüllung bringt, wonach jährlich eine Diöcesalsynode und alle drei Jahre eine Provinzialsynode abgehalten werden soll? Glauben Sie, daß die Kirche sich noch zukünftig wird hinter den Absolutismus stecken können, um zu sagen: der Staat erlaube die Synoden nicht? Und ist das dann der Fall, meine Herren, wird die Kirche Ihnen nicht selbst jenes Recht gewähren müssen, welches sie in ihren kanonischen Satzungen als ein heiliges Recht anerkennt? — Und in diesen Petitionen selbst sieht man ja schon die Anweisung darauf, daß das Synodalsystem eingeführt werde. Aber Sie sagen, man wird Synoden geben, nicht in jener Art, wie sie das Christenthum in den ersten Jahrhunderten hatte, sondern wie sie sich ganz andere gestaltet haben. Meine Herren, die freie Kirchengemeinde wird sich das Recht der Mitbesorgung der Kirchenangelegenheiten nicht mehr vorenthalten lassen. Wenn es wahr ist, daß der Weltgeist auch an die Psorten der Klöster und an die Palläste der Hierarchen geklopft hat, dann meine Herren, wird derselbe Weltgeist, welcher Throne zerschmetterte und Throne erschütterte, derselbe Weltgeist wird gewiß auch die Vorsteher der Kirche dahin bewegen, daß sie den Kirchengemeinden das geben, freiwillig geben, was ihnen nach der Lehre der Kirche gebührt. Haben unsere weltlichen Fürsten im Geiste der Freiheit, im Geiste der Einheit so viel von ihren Rechten nachgelassen, meine Herren, dürfen wir dann voraussetzen, daß die geistlichen Fürsten, die Lehrer der Liebe, nicht ebenfalls im Interesse der Freiheit, im Interesse der Einheit auf jene Rechte verzichten werden, die in der Religion nicht göttlichen Ursprunges, die menschliches Beiwerk waren? — Meine Herren, Sie fürchten die Hierachie. Die Hierarchie wird bleiben und muß bleiben, soweit sie göttlichen Ursprunges ist, dem Grade nach verschieden von Presbyteriat und Episcopat, aber eben so gewiß wird die Lehre zum Durchbruche kommen, daß die Episcopate in der ersten Zeit die kirchlichen Angelegenheiten kolleglalisch mit ihren Mitarbeitern und Gemeinden verhandelten, daß sie sich zu denselben verhielten wie Vater und Brüder, nicht aber wie absolute Fürsten und Herren; und Petrus selbst sagt: "Weidet die euch anvertraute Heerde Gottes und führt die Aufsicht nicht als Gebieter, sondern ein Vorbild der Heerde zu werden." Meine Herren, der Geist des Herrn wird über die Geistlichen den Sieg davon tragen und die Worte des Herrn werden zur Geltung kommen, welcher sagt: daß bloß Könige über die Völker herrschen und sich gnädige Herren nennen lassen, daß es aber in der Kirche nicht so unter euch sein soll; der Größte sei wie der Kleinste, der Oberste wie der Diener, sowie auch der Menschensohn gekommen zu dienen, und nicht sich bedienen zu lassen. (Bravo!)
Man wird sagen, im Principe sei dieses wahr, aber es fragt sich um das Wann, welches im Principe gar keine, in der praktischen Durchführung aber eine unendliche Geltung hat. Bezüglich dieses Wann's, meine Herren, hat man Sie so oft auf die Vergangenheit hingewiesen, man hat Ihnen Beispiele aus der Geschichte angeführt, aber ich glaube Eines hat man dobei vergessen: entweder gibt man eine Wechselwirkung zwischen Staat und Kirche zu, und anerkennt, daß die Kirche so geworden, weil sie mit dem Staate Eins, weil sie mit ihm in innigster Verbindung war, — und gibt man das zu, meine Herren, dann müssen Sie auch für die Zukunft glauben, daß es eine Wechselwirkung zwischen Staat und Kirche geben werde. Ist der Staat ein anderer geworden, so muß auch die Kirche eine andere werden; die demokratischen Einrichtungen unseres Staates werden sich auf die Kirche übertragen, und ich glaube nicht, daß der Ruf nach Trennung deßwegen entstanden, um zu bewahrheiten, daß die Kirche den Staat nicht mehr liebe, indem nur das sich trennt, was sich nicht liebt. Hat die Kirche den absoluten Staat geliebt und seine Formen angenommen, so mag sie auch jetzt mit dem freien Staate gehen und wird dessen Formen annehmen. Jene Zeiten, die man Ihnen vorgeführt, können ja nicht mehr wiederkommen, Sie haben ja Waffen dagegen geschaffen; oder sollte vielleicht die öffentliche Meinung, sollte der Glauben, sollte der Cultus, sollte die Freiheit der Presse keine Waffe sein gegen den Obscuranlismus? Ist das der Fall, dann dürfen wir auch in jenem Falle sehr zittern für unsere politische Freiheit, wenn wir die Kirche nicht freigeben. Durch die neueren staatlichen Einrichtungen ist die Reform der Kirche angebahnt, ist die Reform zur Nothwendigkeit gemacht, und wenn es Frieden zwischen Staat und Kirche geben, wenn Einheit in der Kirche herrschen soll, dann meine Herren, ist jetzt der Zeitpunct gekommen, wo das päpstliche Wort, gesprochen auf dem Constanzer Concilium, zur Wahrheit werden muß: "Die Kirche muß sich reformiren im Haupte und in ihren Gliedern." Die Forderung der Reform ist auch nichts, welches mit den Dogmen der christlichen Lehre im Widerspruche stände. Das organische Fortschreiten in derselben ist von dem Gründer selbst gefordert worden, welcher sagt: "Der heilige Geist wird euch durch alle Jahrhunderte in alle Wahrheit leiten."
Es handelt sich jetzt nur um die zweite Verschiedenheit, wer die Reform vornehmen soll. Sind wir berechtiget, die Kirche zu reformiren? Oder genügt es für unsere politische Freiheit, daß wir die Grundbedingungen haben, welche eine Reform nothwendig herbeiführen müssen? Meine Herren, in dieser Beziehung ist es gerathen, daß wir Denjenigen das Messer überlassen, die es zu führen verstehen, um die Wassertriebe, das Beiwerk des Menschen, von dem freien Baume der christlichen Kirche auszuschneiden, daß wir erwarten, der Baum werde dann bloß Früchte der heiligen Wahrheit tragen und nicht mehr verkrüppeln. Hüten wir uns, meine Herren, in einem Augenblicke wo wir die Freiheit der Kirche aussprechen, noch das letztemal von einem Rechte Gebrauch zu machen, welches im Polizeistaate selbst in seiner ganzen Ausdehnung nicht durchgeführt wurde: von dem Rechte der Reformation. Meine Herren! wenn wir reformirend und zwangsweise eingreifen und befehlen auf kirchlichem Gebiete, dann möchte ich mir die Freiheit nehmen, Sie auch an jene Folgen zu erinnern, welche die Geschichte uns zeigt, wo zwangsweise reformirt worden ist. Ich glaube, wir haben dann, wenn wir zwangsweise und reformatorisch in das Gebiet der Kirche eingreifen, mehr für unsere politische Freiheit zu besorgen, als wenn wir bloß die Autonomie der gewesenen Staatskirche aussprechen. Es genügt jene Garantie, wie sie jeder anderen Religionsgesellschast zukömmt, wenn wir das jus circa sacra, welches keine juridische Erfindung ist, aufrecht erhalten, bezüglich der Verwaltung des Kirchenvermögens und der Gliederung, der Ernennung der Kirchenvorsteher, und wenn wir uns begnügen, durch freie Institutionen die Unabhängigkeit herbeigeführt zu haben, daß Verdummung und Obscurantismus durch die Kirche nicht mehr geübt werde, wenn wir die Kirche durch freie Institutionen zwingen, ihre Verfassung, die hierarchische Gliederung auch frei umzugestalten und von allen menschlichen Beiwerken, welche im Laufe der Zeit durch den Staat und im Einklange mit dem absoluten Staate dazu kamen, zu befreien und auf das ursprünglich Einfache der ursprünglichen Kirche zurück zu gehen. Meine Herren, es muß dahin kommen, und wenn auch der Herr Abgeordnete für Tachau uns sagte, wir müßten dann in die herzinischen Wälder wandern, nein, meine Herren, wir sind auch nicht dahin gewandert, um uns unsere politische Freiheit zu holen; im freien Staate wird auch eine freie Kirchengemeinde existiren.
Diese Grundsätze, meine Herren, erlaubte ich mir in dem von mir gestellten Amendement zusammen zu fassen; ich habe darin das erste Minoritätsvotum, welches die Autonomie der Kirche ausspricht, voran gestellt, und jene jura circa sacra, die im §. 15, als durch künftige Regelung der Gesetze vorbehalten, sind beibehalten als Nachsatz. Dadurch, meine Herren, behalten Sie sich und allen künftigen Vertretern des freien Oesterreich das Recht vor, gesetzlich zu regeln, was Sie regeln dürfen zwischen Kirche und Staat, dadurch meine Herren, sprechen Sie auch die freie Bewegung der Kirche aus, die Sie aussprechen müssen, wenn Sie als Anhänger dieser Kirche ferners Glaubens- und Cultusfreiheit haben, und wenn Sie nicht mehr in diesem Gebiete Heuchelei statt des Glaubens wissen wollen. Seien Sie überzeugt, die Freiheit der Kirche im Staate wird bei ihrer organischen Durchbildung gerade jene Institutionen und jene Einrichtungen herbeiführen, die man vielleicht von der anderen Seite vermieden wissen will, wenn es auch wahr sein sollte, was man that, indem man nämlich diesen Petitionen den Beweggrund unterlegte, man müsse darin eine Abwehr demokratischer Einrichtungen, man müsse darin einen Schutz gegen das Mitsprechen in den parlamentarischen Versammlungen in kirchlichen Dingen suchen, damit der Monarchismus und Absolutismus der Kirche rein erhalten und ein Vorbild erhalten werde, welches seiner Zeit auf den Staat zurückwirken könnte, — wenn es auch wahr wäre, daß diese Petitionen ein Sturmlaufen der Freiheit in der Ausdehnung des Begriffes werden, die mehr als Freiheit fordern. Denn meine Herren, wenn Sie sie vergleichen, werden Sie finden, daß nicht eine durchgängige Übereinstimmung in ihnen herrscht; selbst im Gebiet der Kirche ist man der Begriffe noch nicht ganz klar geworden, und selbst im Gebiete der Kirche wird es nothwendig sein, daß man sich in Synodalversammlungen darüber einige. Wir dürfen daher das, was Einzelne gesagt haben, nicht als Ausspruch der infalliblen Kirche ansehen.
Man warf den Manen des großen Kaisers vor, daß er reformirt habe, und doch meine Herren, that er oft nur was die Kirche zu thun unterließ, oder er wehrte ab, wo die Kirche vollbrachte, was sie nicht sollte. Um aber diese Vorwürfe nicht auf uns zu häufen, beschwöre ich Sie, nicht mit kategorischen Reformen in der Kirche aufzutreten; sprechen Sie die Autonomie der Kirche aus, und Sie thun Alles, was Sie thun konnten; wahren Sie dem Staat und der späteren gesehgebenden Versammlung das Recht circa sacra in jenem Sinne, wo es nothwendig erscheint, und seien Sie überzeugt, daß die Promulgation der Freiheit der Kirche auch der Auferstehungstag der wahren, alten, ursprünglichen katholischen Kirche sein wird, daß in die Kirche Glauben, wahrer Glauben kommen, und daß wir nicht mehr bloß an der äußeren Scholle hängen, nicht Disciplin oder Liturgie für das Dogma ansehen werden. Ueberlassen Sie der Kirche die fernere Entwicklung, die Fortbildung ihrer Reform, glaubend an den ewigen Spruch: "Der Geist des Herrn schwebt noch über der Menschheit." (Verläßt die Tribune, Beifall im Centrum — Zischen.)
Präs. Es hat nun der Berichterstatter das letzte Wort.
(Es findet eine Unterbrechung von einer halben Stunde Statt, während welcher die Beleuchtung des Hauses bewerkstelliget wird.)