Úterý 6. bøezna 1849

Willen und klarem Wissen als Freiheit glaubt verstehen zu müssen, nach den unabweisbaren Mahnungen einer wohlverstandenen, mehr als 2000 jährigen Geschichte. Nicht Einer, Hunderte von ihnen haben ganz und gar, indem Sie auf der Kanzel standen, auf jenes Symbol der kirchlichen Lehrfreiheit vergessen, welches jeder auf jeder Kanzel bei sich haben mußte, nämlich ein festgenagelter abgehauener Priesterarm mit einem Crucifix in der Hand. Hätte die Kirche immer nur das Crucifix in dieser Hand emporgehalten, wenn auch nur auf einem festgenagelten abgehauenen Priesterarme, so müßten wir ihr gleichwohl — denn wir kennen die Macht der ewigen Wahrheit — immerdar zurufen: in hoc signo vinces! trotz allen Widerstandes der Welt; du wirst immerdar siegreich sein in diesem Zeichen, trotz allen Widerstandes der Welt. Aber dem ist leider nicht so der Fall gewesen. Was sollen wir zum Beispiel dazu sagen, wenn man statt dessen sieht, wie Priester der ewigen Wahrheit und Milde dergleichen Aufsätze Behufs der Verbreitung zeitgemäßer Aufklärung in das Volk hinausschleudern, wie ich hier einen habe, den ich zum Theil, in wieferne er die patres conscripti in Kremsier bei der letzten Abstimmung berührt, vorzulesen die Ehre haben werde. Im tiroler Wochenblatt, dem Organe der christkatholischen Partei in Tirol, steht über den Reichstag in Kremsier Folgendes. (Liest:)

"Ach wem graut nicht vor solch' teuflischer Bosheit! — Und nun kommen zum Schlusse noch so erbärmliche Kerle, die diesen gesetz- und sittenlosen und bis zur Bersekerwuth von sogenannten Volksrednern und Wühlern aufgestachelten Armen ihr tolles und sinnverwirrendes Gift von Volkssouveränität und vom souveränen Volke und davon: daß alle Gewalt vom Volke ausgehe, und von Gott weiß was noch? vor- und einschwätzen, dabei aber einzig und allein sich selbst und ihren wohlberechneten Vortheil im Auge haben!! — Soll man da nicht vom heiligen Zorne durchglühen und wünschen, daß solche Ungeheuer von Menschen, solche Scheusale durch einen Donnerkeil vom Himmel niedergeschmettert werden (Gelächter), damit Jene, die sie anhören, wenn sie gleich an keine menschliche und göttliche Gerechtigkeit mehr glauben, doch ein heilsames Exempel der letzteren vor ihren Augen hätten! — Darf und kann es Einen dann noch wundern, daß, wenn man ganz offen in solcher Weise um Fäuste und Knitteln, um Sensen und Dreschflegel, um Schaufeln und Krampen der Herren Proletarier buhlt und liebäugelt mit der rohen Volkssouveränität, und es der hungernden irreligiösen Menge ohne Unterlaß allüberall vorleiert und einwerkelt, nur sie seien das Volk, und nur das Volk habe alle Gewalt, wenn auch nicht im Himmel — weil es nach ihrer Meinung keinen überirdischen gebe, — so doch auf Erden, daß sage ich, eben dieses Volk zur sogenannten schrecklichen Selbsthilfe durch Mord und Todtschlag, durch Aufruhr und Plünderung und durch alle Gräuel des Heidenthumes greife, und um so gewisser dazu greife, weil unser liebenswürdiger Reichstag, die patres conscripti zu Kremsier, in wahrhaft väterlicher Fürsorge — wir wollen dieses nicht behaupten, aber die böse Welt sagt, zum guten Theile für sich selbst und ihre Bundesgenossen — ihr allzeit stehendes und schlagfertiges Heer — die belobten Proletarier nun gar noch zum Ueberflusse die Todesstrafe und alle kräftig abschreckenden Strafen: die Strafen der öffentlichen Arbeit, der öffentlichen Ausstellung, der körperlichen Züchtigung, der Brandmarknng, des bürgerlichen Todes und der Vermögenseinziehung als "infamirend" für immer abgeschafft wissen will; (Gelächter) als ob die Strafe erst — und nicht schon die That selbst, auf die solche Strafen verhängt waren, infamire, und nichts Dringederes zu votiren hat, als die möglichst schnelle Sanction dieses unseligen §. von Seite des Kaisers — wähnend, sich hiedurch von allem Elende für immer gründlich zu befreien, und zum wahren Paradiese hienieden zu verhelfen? ! — Aber wehe euch, ihr Blinden, und noch mehr wehe euch, ihr Führer der Blinden! Denn aus Mord und Todtschlag keimt kein Paradies, und aus den Gräueln des Heidenthumes blühet keine Erlösung vom Elende."

Meine Herren! was sollen wir sagen, was sollen wir thun gegenüber einer solchen Sprache? Sollen wir vielleicht fragen: Herr Staatsanwalt, wo sind Sie? Ich glaube nicht, der Herr Staatsanwalt schläft, und zwar solidarisch, und ist daher wohl nicht zu wecken. Sollen wir vielleicht Gleiches mit Gleichem vergelten? Nein, meine Herren! das ist weit unter der Würde des Reichstages. Gegenüber Solchen kann man mit Recht und Fug sagen: Herr verzeihe ihnen, sie wissen nicht was sie thun. (Lachen, Beifall.) Sollen wir aber auch den festgenagelten abgehauenen Priesterarm sofort von der Kanzel nehmen und ihn an den Staatsleib heften? Trotzdem, daß wir schon den heimlichen Seelenrückhalt über die Lippen Derer, die so sprechen, kommen sehen, date locum et commebo terram, — gebt uns Platz, und wir heben die Welt aus ihren Angeln. Sollen wir das thun? Ich glaube nicht, denn es wäre nutzlos; ein solches Glied würde an unserem constitutionellen Staatskörper herunter fallen, weil es faul ist. Sollen wir also nach allen dem verzweifeln an jeder Reorganisation? Auch das glaube ich nicht, meine Herren. Zweierlei hat mich eines Besseren belehrt. Sie selber sind hier nicht bloß zur Vertretung der staatlichen, Sie sind auch hier, in soweit der rechtlich sittliche Boden dabei betroffen wird, zur Vertretung der kirchlichen Interessen. Sie werden thun, was eines Mannes würdig ist. In gleicher Weise kommt Ihnen aber auch ein Theil Derjenigen zu Hilfe, gegen die ich selber so viele harte Worte habe fallen lassen müssen. Denn schon seit Jahren habe ich gesehen, wie man von Seite einer höchst achtungswerthen Minorität der katholischen Priester gegenüber der Majorität von Hierarchen und Hieromanen beiläufig auf demselben Wege an der Umgestaltung der Kirche, auf welchem der Staat selbst umgestaltet wurde, wenn man nämlich den Staat dadurch umgestaltet hat, daß man die in Leder gebundenen Pandekten und Tractatenrechte mit dem ungebundenenen Rechte der freien Menschenbrust ersetzt hat, so haben diese würdigen Priester der ewigen Wahrheit und Milde sich auch Behufs der Umgestaltung der Kirche neben der einen geschriebene Bibel die Millionen von ungeschriebenen Bibeln, welche in dem edlen und unverdorbenen Herzen unserer Völker wiederhallen, aufgeschlagen und zum Berufstudium gemacht. Diese Theorie wird in der Kirche ebenso zur echten und wahren Praxis führen, wenn auch in zwei, drei Menschenaltern, sowie sie im Staate zu derselben wahren und echten Praxis geführt hat. Es wird dieß, wenn es 30, wenn es auch 40 Jahre noch dauern sollte, um so gewisser geschehen, als wir eben heute im Begriffe stehen, über denjenigen Punct abzustimmen, welcher den ersten Ansatz zur Reorganisation der Kirche geben soll, die groß und herrlich werden muß, wie sie noch nie gewesen ist. Das ist unser Aller, das ist auch mein sehnlichster Wunsch. (Verläßt unter großem Beifall die Tribune.)

Präs. Es wurde auf den Schluß der Debatte angetragen. Diejenigen Herren, welche für den Schluß der Debatte sind, wollen aufstehen. Es ist die Majorität. Die Debatte ist geschlossen. Ich werde die Namen der Herren Abgeordneten einerseits und andererseits verlesen, nämlich derjenigen, welche für und welche gegen den Paragraph noch eingeschrieben sind. (Verliest die Namen.)

Ich ersuche die Herren, sich ihre Generalredner zu wählen.

Ich werde nun alle jene Verbesserungsanträge, welche noch nicht zur Unterstützung gekommen sind, nachdem der Schluß der Debatte ausgesprochen wurde, zur Unterstützung bringen. Es wurden bereits unterstützt die Amendements der Herren Abg. Dylewski, Ziemialkowski, Borrosch, Pinkas, das Collectiv-Amendement des Abg. Wiser, die Amendements der Herren Abg. Wierzchlejski, Helfert und Sidon. Durch das Sidon'sche Amendement findet auch zugleich die Unterstützung das Amendement des Abg. Scherzer, weil es in demselben begriffen ist. Die noch nicht unterstützten Abänderungsanträge sind folgende: der Antrag des Abg. Prato, welcher lautet:

"Jede Religionsgesellschaft (Kirche) ist in der Verwaltung und Ordnung ihrer rein kirchlichen Angelegenheiten vom Staate unabhängig."

Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird zureichend unterstützt.) Der Abänderungsantrag des Abg. Machalski lautet:

"Jede Religionsgesellschaft (Kirche) ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbstständig; sie bleibt zwar, wie jede andere Gesellschaft, den allgemeinen Gesetzen des Staates unterworfen, darf aber von diesem in ihrer Autonomie durch keine Präventivmaßregeln beschränkt werben. Alle diesen Grundsätzen entgegenstehenden Gesetze und Verordnungen sind aufgehoben."

Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist unterstützt. — Der Antrag des Abg. Caj. Mayer lautet: "Jede Religionsgesellschaft (Kirche) ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber, wie jede andere Gesellschaft, den Staatsgesetzen unterworfen. Die Verhältnisse zwischen Staat und Kirche, insbesondere in Beziehung auf das Kirchenvermögen und die Wahl der Kirchenvorsteher, sowie die Bedingungen, unter welchen Klöster und geistliche Orden fortzubestehen haben, werden durch ein besonderes Gesetz benimmt."

Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist unterstützt. — Der Antrag des Abg. Huemer lautet:

"Den kirchlichen Gemeinden wird die Verwaltung des Kirchenvermögens und das Vorschlagsrecht bei der Wahl der Kirchenvorsteher eingeräumt; hinsichtlich der näheren Bestimmungen darüber, sowie über die künftige Synodal-Verfassung und das Verhältniß zwischen der Kirche und dem Staate überhaupt, wird ein näheres Gesetz erlassen."

Wird dieser Antrag unterstützt? Ist nicht hinlänglich unterstützt. Der Antrag des Herrn Abg. Madonizza:

"Alle religiösen Orden sind für alle Zukunft abgeschafft, über deren Güter wird ein besonderes Gesetz bestimmen."

Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist nicht unterstützt. — Der Antrag des Herrn Abg. Bielecki lautet:

"Die katholische Kirche sowie jede Religionsgesellschaft ist in der Entwicklung ihres Organismus als auch in ihrer religiösen Wirksamkeit im Staate frei und selbstständig gestellt, und bleibt nur als Gesellschaft im Staate den allgemeinen Staatsaesetzen unterworfen."

"Genauere Bestimmungen, durch welche den Staatsbürgern als Glaubensgenossen der Einfluß auf die Verwaltung des Kirchenvermögens, auf das Kirchenpatronat und die Wahl der Kirchenvorsteher gewährleistet wird, sowie auch gewisse Beschränkungen hinsichtlich der Klöster und Orden, werden mit Rücksicht auf die Autonomie der Kirche als auch der Gemeinde im Einvernehmen mit der Kirche durch besondere Gesetze festgestellt."

Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist hinreichend unterstützt. — Der Antrag des Abg. Kanski und mehrerer Anderer:

"Jede Religionsgesellschaft (Kirche) verwaltet und ordnet ihre inneren Angelegenheiten selbstständig, sie ist aber als eine im Staate bestehende Gesellschaft den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. Die Rechte und Pflichten des Patronats gehen auf die Pfarrgemeinden über. An der Wahl der übrigen Vorsteher der christlichen Kirche, sowie an jener der übrigen Religionsgesellschaften, haben die Glaubensgenossen des betreffenden Bezirkes unter der Leitung der Synoden Antheil zu nehmen."

"Jede Religionsgesellschaft verwaltet und verwendet selbstständig ihr Vermögen unter Einflußnahme ihrer Gemeinde." —

Wird dieser Antrag unterstützt? — Er ist unterstützt. — Der eventuelle Antrag der Abg. Plaèek und Kutschera zum Collectivantrage des Abg. Wiser, namentlich zum Schlußsatze desselben, lautet:

"Bis zur organischen Regelung des Kirchenwesens auf diesen Grundlagen werden die bisher in dieser Beziehung vom Staate oder einzelnen Personen ausgeübten Rechte und die denselben entsprechenden Verbindlichkeiten aufrecht erhalten."

Wird der Antrag unterstützt? — Er ist unterstützt. — Der Antrag des Abg. Helcel lautet:

"Die Religionsgesellschaften ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten in Betreff der Lehre, Cultus, Verfassung, Disciplin und Verkehr selbstständig und unabhängig von der Staatsgewalt. Das Verwahrungsrecht (Jus cavendi) wonach die Staatsgewalt die Befugniß hat, die Religionsgesellschaften die Gränzen ihrer Wirksamkeit nicht überschreiten zu lassen, kann nur durch gesetzliche Repressivmaßregeln ausgeübt werden."

Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist unterstützt. — Der Antrag des Herrn Abg. Hasselwanter lautet:

"Die katholische, sowie jede andere vom Staate anerkannte Kirche, ordnet ihre Angelegenheiten selbstständig, und es wird ihnen der Besitz und der Genuß der für ihre Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde gewährleistet."

Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist unterstützt. — Es war noch ein Antrag vorliegend vom Herrn Abg. Szaszkiewicz, er hat ihn zurückgezogen, indem er sich mit den Antrag des Abg. Wierzchlejski einiget. — Dieß sind die Anträge, die bis nun zu unterstützen sind. Von Seite der gegen den Paragraphen eingeschriebenen Redner wurde gewählt der Herr Abg. Mayer, für den Paragraphen, der Abg. Tomek. Nachdem der Berichterstatter für den Paragraphen sprechen wird, so hat auch jetzt der Herr Generalredner für den Paragraphen das Wort, nämlich der Abg.Tomek. —

Abg. Tomek. Meine Herren, indem ich mich für den Paragraphen habe einschreiben lassen, habe ich nicht wie ein anderes Mitglied dieser Kammer damit die Inhaltslosigkeit des Paragraphen gemeint, sondern wirklich den Inhalt desselben. Der Inhalt besteht leider in nichts mehr, als daß die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche einem späteren Gesetze überlassen werden soll. Mit diesem Inhalte bin ich wie gesagt einverstanden, nur genügt er mir nicht, weil ich mit den Besorgnissen eines hochwürdigen Mitgliedes dieser Kammer allerdings einverstanden bin, daß eine zu lange Schwebe in dieser Hinsicht nicht wünschenswerth wäre. — Ich möchte also gerne, daß die Hauptgrundsätze, nach welchen das künftige organische Gesetz zu bestimmen wäre, allerdings schon in den Grundrechten enthalten wären. Als Mitverfasser desjenigen Collectiv-Antrages, welchen der Herr Abg. Wiser vorgetragen hat, weide ich Einiges sagen, um meine Ansicht zu begründen, daß die passenden Grundsätze in dieser Hinsicht in dem gedachten Amendement enthalten sind.

Die Frage über dieses Verhältniß wurde in diesem Hause größtentheils vom katholischen Standpuncte behandelt, — in diesem mag die Berücksichtigung sein, welche die Religion der Mehrheit der österreichischen Staatsbürger allerdings verdient. Wir sind von dem katholischen Standpuncte darauf angewiesen worden, das göttliche Recht der Kirche anzuerkennen, und diese zur Richtschnur zu haben, nach welcher wir das Verhältniß zwischen Staat und Kirche bestimmen. Als Katholik, nicht bloß der Geburt und Erziehung nach, sondern aus inniger Ueberzeugung, erkenne ich dieses göttliche Recht der Kirche an; ich habe aber damit nicht mehr als meine religiöse Ansicht ausgesprochen, und dieß ist nicht genügend, das Verhältniß zwischen Staat und Kirche darnach zu regeln. Sie wäre genügend, wenn Staat und Kirche in ihrem Ideale in Wirklichkeit vorhanden wären; denn als Katholik halte ich auch den Staat für göttlichen Ursprunges. Das Ideal der Kirche und des Staates, beide sind göttlich, und können einander also nie widersprechen. In der Wirklichkeit müssen wir gestehen, daß beide, sowohl der Staat als die Kirche, mit vielen menschlichen Mängeln behaftet da stehen, und es bleibt denn bei dieser Lage der Dinge nichts Anderes übrig, als eine menschliche Ansicht über beide Institute auszusprechen.

Trotz dem viele geistreiche Redner dieses Hauses sich gegen die Ansicht ausgesprochen haben, daß die Kirche nach den Grundsätzen der Association zu behandeln wäre, haben diese Herren Redner doch keine andere Ansicht, wenigstens für mich, hinreichend klar und deutlich ausgesprochen, und ich kann mir bei meiner Ansicht über das Verhältniß zwischen Kirche und Staat mit nichts Anderem beweisen, als mit diesem Grundsatze: ich glaube, daß das Verhältniß nach den Grundsätzen der Association zu entscheiden ist. In dieser Hinsicht haben sich aber in diesem Hause zwei verschiedene, von einander entfernte Auffassungen hören lassen, eine hierarchische und eine demokratische. Ungeachtet aller Deutungen des Abg. Bielecki hat das hochwürdige Mitglied dieses Hauses, von welchem er gesprochen hat, den Unterschied dieser beiden Auffassungen doch wirklich scharf mit den Worten ausgesprochen, daß nach der hierarchischen Ansicht in der Kirche alle Gewalten von Oben nach Unten, nach der demokratischen alle Gewalten von Unten nach Oben ausgehen. Ich pflichte keiner dieser Ansichten vollkommen bei. Ich pflichte nicht der hierarchischen Ansicht bei, weil es mir wirklich scheint, daß wir mit demselben Rechte, mit welchem wir die Kirche als freie Association behandeln sollen, ebenso das Verhältniß zwischen den alten Obrigkeiten und ihren Unterthanen kurzweg als eine Association hätten behandeln können. Es wäre damit die Freiheit der Obrigkeiten gemeint gewesen, ihre Herrschaft über die Unterthanen auszuüben, wie sie es bisher gethan haben. Auch die demokratische Ansicht in ihrer Reinheit, wie sie ausgesprochen wurde, genügt mir nicht. Ich kann bei allem Nachdenken über die Kirche eine Ahnlichkeit zwischen Kirche und Schule mir nicht aus dem Sinne bringen. Zwischen Priester und Laien besteht wirklich, nach der Meinung unseres Volkes wenigstens, ein Verhältniß, welches dem zwischen lehrer und Schüler ähnlich ist. Ich will in Kurzem ein Beispiel aus dem Mittelalter vorführen, nach welchem man das Verhältniß zwischen Lehrer und Schüler behandelte, wenn die Schüler nicht Kinder, sondern wie es freilich eben in der Kirche ist, Erwachsene sind. Dieses Beispiel bieten im Mittelalter die Universitäten wie sie in Italien bestanden haben. In jeder dieser Universitäten bestand eine Corporation der Schüler, welche mit einem Vermögen beitrug, und in einer Corporation der Lehrer, welche mit ihrem geistigen Vermögen beitrug. Die Verwaltung des Vermögens war den Schülern frei gegeben, den Lehrern hingegen war Alles, was sich auf Studienordnung, auf die Facultätseinrichtung, auf die Aufnahme von Mitgliedern in ihre Corporation bezog, frei gelassen. Zwischen beiden Gesellschaften bestand aber ein einfaches Lohnverhältniß. Ich muß gestehen, daß ich mir mit dem Verhältnisse zwischen Priesterschaft und Laien nicht anders zu helfen weiß, als es auf eine ähnliche Art zu nehmen. Ich kann nicht die Priester als Beamte, und als nichts anders als Beamte ansehen, welche von dem Volke gewählt werden, um einen Zweck, welchen das Volk zu dem seinen gemacht, zu verwirklichen. Mir liegt, wie gesagt, diese Aehnlichkeit zwischen Lehrer und Schüler im Wege. Ich sehe die Priester aber auch nicht als eine Kaste an, welche berechtiget wäre, eine geistige Gewaltherrschaft über das Volk zu üben, und darum liegt meine Auffassung der kirchlichen Associationen in der Mitte zwischen den zwei Ansichten, da nach der einen alle Gewalt von oben nach unten, nach der anderen alle Gewalt von unten hinauf geht. Indem die Priesterschaft wirklich eine Corporation ist, welche ein geistiges Eigenthum mitbringt in das Verhältniß zu den Laien, sehe ich darin die Berechtigung derselben, die Lehre, die Liturgie, die Kirchen-Disciplin und alle sogenannten rein geistlichen Angelegenheiten frei von jedem fremden Einflusse anzuordnen; ich spreche aber auch damit nicht der Kirche eine Souveränität, wohl aber eine Autonomie zu, wie sie einer jeden anderen Gesellschaft im Staate gebührt. Dagegen ist das kirchliche Vermögen kein Vermögen der Hirarchie, sondern ein Vermögen der weltlichen Cooporation in der Kirche, welche daraus der geistlichen Corporation die wohlverdiente Belohnung verabreicht. Die Hierarchie ist, wie ein Mitglied dieses Hauses in ganz schlichten Worten sich ausgedrückt hat, auch nicht dazu berufen, der Verwalter des weltlichen Vermögens zu sein, das treffen die Laien viel besser als die Geistlichen. Den Laien gehört dieses Vermögen deßhalb an, weil ja, wenn sie sämmtlich ihren Glauben änderten, das Vermögen doch nicht von der geistlichen Corporation verwaltet würde — nach den einfachsten Rechtsgrundsätzen, sondern es müßte mit ihnen eben dahin gehen, wohin sie sich begeben würden. Indem ich also von dieser Auffassung der kirchlichen Association ausgehe, indem ich mir darin zwei Corporationen, und zwischen ihnen eine Art Lohnvertrag denke, glaube ich, daß das Verhältniß des Staates zur Kirche demnach ganz einfach zu lösen ist. Es ist das Verhältniß zwischen diesen beiden Corporationen wie das zu jeder anderen Association, und der Staat hat dem unter jenen bestehenden Vertrage seinen Schutz wie jedem anderen Vertrage zu gewähren. Dieses ursprüngliche Element und dieses Verhältniß zwischen ihnen finden Sie, meine Herren, an der ursprünglichen christlichen Kirche ganz leicht heraus. Sie hatte einen Stifter, der arm an Vermögen, aber reich an geistigen Gnaden war. Dieses geistige Vermögen brachte die von ihm gestiftete geistliche Corporation in die Kirche hinein, die weltliche Corporation brachte ein materielles Vermögen hinein; so lange die christliche Kirche nicht vom römischen Staate anerkannt war, sondern von ihm verfolgt wurde, blieb dieses Verhältniß immer aufrecht. Seit dieser Zeit hat sich freilich an den Verhältnissen zwischen Staat und Kirche viel geändert; sowie die christliche Kirche vom römischen, früher heidnischen Staate, anerkannt wurde, wurden auf sie viele heidnische Begriffe angewendet. Man hat sie in ein ähnliches Verhältniß zu ihm gesetzt, wie das frühere Verhältniß zwischen Staat und heidnischer Religion war. Die Geistlichkeit hat sich dagegen nicht gesträubt, sie hat vielmehr schon zu Zeiten des römischen Reiches wichtige Rechte ausgeübt, welche sonst dem Staate und nicht der Kirche gebühren; sie hat sich eben so leicht zu den Zeiten der Feudalstaaten des Mittelalters in die Verhältnisse dieser Staaten hineingefunden, und hat wechselseitig den Einfluß auf sie geübt und gestattet; sie wurde von den Feudalstaaten des Mittelalters reich mit Gütern dotirt, und es wurde ihr ein wichtiger Einfluß auf alle Angelegenheiten des Staates eingeräumt; ja sie kam sogar in Gefahr, ganz verweltlicht zu werden: es war die Zeit der bepanzerten Bischöfe, welche an der Spitze von Heerschaaren, sowie andere weltliche Vasallen in den Krieg zogen.

Wenn von den hohen Verdiensten des Papstes Gregor VII. für die katholische Kirche gesprochen wird, so möchte ich sie zum Theile darin sehen, daß er durch seine energische Maßregel gerade der adeligen Junkerherrschaft auf den bischöflichen Sitzen einigermaßen ein Ende gemacht hat, weil dann der bischöfliche Sitz nicht so bequem war, wie vorher. Dieser Papst hat aber nicht für die Freiheit der Kirche, sondern für die Herrschaft der Kirche über den Staat gestritten; er hat die Herrschaft der Kirche über den Staat durch die ungeheure Idee ins Leben zu setzen getrachtet, die alles Kirchenvermögen in der ganzen Welt eben als ein Vermögen der Hierarchie ansehen und sich den alleinigen Einfluß auf die Einsetzung aller Kirchenvorsteher in der ganzen christlichen Kirche anmaßen wollte. Der Widerstand, welchen er von den Feudalisten, mit denen seine Vorgänger in guter Freundschaft gelebt hatten, fand, ist Ihnen aus der Geschichte hinreichend bekannt, und hieher gehören die verschiedenen Herabsetzungen weltlicher Staatshäupter und andere Anmaßungen, welche von mehreren Mitgliedern in diesem Hause besprochen wurden. Die Staaten, welche sich gegen den übermäßigen Einfluß der Kirche wehrten, gelangten dann zum Uebergewicht über die Kirche und beschränkten sich nicht auf bloße Vertheidigung, sondern übten eine despotische Beaufsichtigung über die Kirche aus, wie früher Papst Gregor VII. und seine Nachfolger über den Staat im Namen der Kirche ausgeübt hatten.

Es wird diese Bevormundung der Kirche von Seite des Staates meistens den Protestanten zugeschrieben. Es ist wahr, daß zu Anfang des Protestantismus wirklich die neuen protestantischen Kirchen sich unter den Schutz des Staates zu stellen genöthiget waren, aber von diesem Beispiele nahmen sich die katholischen Staatsoberhäupter nur zu bald ein Beispiel. Bei uns in Böhmen, als in der Wiege des Protestantismus, war dieses nicht von Anfang der Fall. Es war vielmehr die größte Unabhängigkeit, sowohl der protestantischen, welche an Zahl die größere war, als der katholischen Kirche. Kaiser Ferdinand II., welcher dieses Verhältniß eben der erste aufgehoben hat, trat dem Beispiele der protestantischen Fürsten, die die Kirche als ein Werkzeug zu ihren Zwecken anzusehen gewohnt waren, nur zu bald bei. Es ist nicht Maria Theresia und Joseph II. gewesen, welche das vielverschrieene System der Bevormundung einführten, es geschah von ihren Vorgängern im hohen Grade. Sie wußten ihren Einfluß gegen den Papst sehr wohl und sehr energisch zu vertheidigen; nur bestand der Unterschied darin, daß sie es zum Zwecke des Absolutismus, Maria Theresia und Joseph II. aber im Interesse des Volkes ausübten. (Bravo!) Die Zeiten haben sich seitdem freilich geändert. Wir haben namentlich die Religionsfreiheit anerkannt, und mit dieser dürften sich die verschiedenen Zustände, welche die Kirche durchgemacht hat, freilich nicht vereinigen lassen. Wir müssen auf die Freiheit der Kirche eingehen, nicht, wie gesagt, auf die Souveränität der Kirche, aber auf Anerkennung der Autonomie der Kirche.

In dem Ihnen vorgeschlagenen Amendement glaube ich jene Grundsätze zu finden, nach welchen diese Frage mit Berücksichtigung aller Verhältnisse am besten entschieden ist. Sie finden darin dem Staate gegeben, was des Staates ist, und der Kirche gegeben, was der Kirche ist, eben so auch den Priestern, was der Priester ist, und den Laien, was der Laien ist. Sie finden darin die Autonomie der Kirche unter Vorbehalt der Beschränkungen von Seite des Staates, welche sich eine jede andere Gesellschaft im Staate gefallen lassen muß. Es ist die Freiheit der Hierarchie, so weit sie sich auf die inneren Angelegenheiten bezieht, in diesem Amendement im vollen Maße in Aussicht gestellt: "Jede Kirche ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, dagegen ist den Laien der ihnen gebührende Einfluß auf die Verwaltung des Kirchenvermögens und auf die Wahl der Kirchenvorsteher gewährleistet." Bei der Wahl der Kirchenvorsteher handelt es sich nämlich nicht um ein Urtheil über die Befähigung Jemandes zum Priesteramte, sondern zugleich auch um das Vertrauen, welches einer der Befähigten bei einer oder der anderen Gemeinde genießt, und ist in dieser Hinsicht gar nicht dem Confirmationsrechte von Seite der hierarchischen Behörde vorgegriffen. Es wird in dem Amendement ausgesprochen, das Recht, kirchliche Vorsteher durch freie Wahl zu bestellen, den kirchlichen Gemeinden und Synoden, zu welchen auch die Gemeinden Vertreter senden, einzuräumen; es ist damit nicht gemeint, daß die Confirmation von Seite der Bischöfe ausgeschieden ist; denn der angestellte Geistliche ist ja, sofern er sich eben als ein Mitglied der geistlichen Corporation bekennt, durch sein Gewissen verbunden, die Statuten dieser Corporation zu beobachten, er wird die geistliche Confirmation jedenfalls immer ansuchen müssen. — Gegen den Punct, welcher das Kirchenvermögen betrifft, wurde viel eingewendet, wegen der Aufhebung der bisherigen Patronatsverhältnisse. Das Patronat wollte man als ein Privatrecht betrachten, welches nicht gestört werden dürfe. Es ist dieses eine ähnliche Täuschung wie mit der Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit; denn auch die Patrimonialgerichtsbarkeit wurde als ein Privatrecht angesehen, ohne es aber zu sein. Weil es eben wirklich ein solches war, so haben wir von Seite des Staates erklärt, daß es aufzuhören habe, ein Privatrecht zu sein, und haben ein staatliches Institut daraus gemacht, ein öffentliches Institut. Dasselbe ist das Patronat im Verhältnisse zur Kirche; es ist eben kein Privatrecht, denn das Recht zur Ernennung des Vorstehers kann in keiner Gesellschaft als ein Privatrecht angesehen werden; man reducirt es also, nachdem es im Laufe der Zeiten so verrückt worden ist, in seine frühere Gestalt. Es ist, wie ich hinsichtlich der Wahl der Kirchenvorsteher angedeutet habe, daß dadurch die Rechte der Hierarchie nicht verletzt werden, eben so wenig zu befürchten, daß von der anderen Seite durch die Freiheiten, die der Hierarchie gegeben werden, die Rechte der Laien eingeengt werden könnten, oder die Rechte des Staates. Es wird wohl Niemand unter uns der Ansicht sein, daß die Lehre und die Liturgie eine besondere Beaufsichtigung von Seiten des Staates unter den gegenwärtigen Umständen noch erfordern sollte, da ja die Oeffentlichkeit selbst dafür sorgt, um Mißbräuche darin nicht aufkommen zu lassen. Eben so wenig wird zu besorgen sein, daß, wenn wir den Religionsunterricht den Geistlichen überlassen, solche Abnormitäten ins Leben treten werden, wie sie in einigen bischöflichen Petitionen angeführt worden, wie es zum Beispiel die Knabenseminarien sind. Sie werden nicht in's Leben treten, weil ja eben die Verwaltung des Kirchenvermögens nicht in den Händen der Hierarchie sein wird; und die weltliche Corporation wird einfach die materiellen Mittel nicht bewilligen.

Es ist, was den Verkehr der Kirche mit dem Papste betrifft, dagegen eingewendet worden, daß darauf nicht das gewöhnliche Verhältniß angewendet werden darf, wie bei einer jeden Druckschrift, oder wie bei einer einfachen Schrift in's Ausland, weil der Papst nicht verantwortlich sei. Meine Herren! aber Derjenige wird verantwortlich sein, welcher es in unserem Staate publizirt; der Erzbischof oder der Bischof, welcher eine päpstliche Bulle, die dem Staate gefährlich ist, publizirt, der wird verantwortlich sein, er möge sie aus eigenem oder fremdem Antriebe publizirt haben. Ich sehe also, meine Herren, daß in den vorgebrachten Amendements die Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Kirche, zwischen Laien und Geistlichkeit auf die harmonischeste Art geregelt sind. Ich vom subjectiven Standpuncte eines Katholiken wünsche mir die Annahme dieses Amendements schon in der Hinsicht, weil ich darin die von allen Seiten ersehnte Möglichkeit einer Reform der Kirche ersehe.

In diesem Hause haben sich viele Mitglieder über die Eigenschaft unserer Grundrechte dahin ausgedrückt, daß sie ihnen nicht genug österreichisch schienen. Nehmen Sie, meine Herren, dieses Amendement an, so werden Sie weder eine englische Staatskirche sanctionirt, noch werden Sie, wie in Frankreich, das Kirchenvermögen confiszirt haben, noch werden Sie wie in Frankfurt dem Ultramontanismus ein gar zu weites Feld geöffnet haben, sondern Sie werden die Frage ganz originell, echt österreichisch und im Sinne der wahren Religionsfreiheit gelöst haben.

(Rechts und links Beifall.)

Präs. Es dürfte vielleicht angezeigt erscheinen, die Sitzung bis 4 Uhr zu unterbrechen. (Ja! Ja! Nein! Nein!) Ich werde darüber abstimmen lassen, und will nur den Grund angeben, warum ich diesen Antrag machte. Es wird nämlich der Berichterstatter längere Zeit sprechen, so hat er sich wenigstens erklärt, und ich glaube, daß die Abstimmung auch lange dauern wird. Ich würde demnach beantragen, die Sitzung bis 4 Uhr zu unterbrechen. (Ruf: 3 Uhr! 4 Uhr! 4 Uhr!) Ich erkläre die Sitzung für unterbrochen bis 4 Uhr. (Um halb 2 Uhr.)


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