Støeda 1. listopadu 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Besprechung am 1. November 1848.

(Permanenz.)

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Anfang um 1/2 1 Uhr Mittags.

Präs. Es ist Ihnen bekannt, meine Herren, daß wir vorgestern beschlossen haben, daß eine Adresse vorgelegt werden soll zur Berathung, welche wir dann an Seine Majestät absenden wollten, welche dahin gehen sollte, daß es von dieser Verlegung des Reichstages nach Kremsier abkomme. Diese Adresse ist nicht zu Stande gekommen, und wir sind auch nicht in beschlußfähiger Anzahl vorhanden, um einen Reichstagsbeschluß fassen zu können. Es könnte meiner Meinung nach immerhin die Fassung der Adresse von jenen Abgeordneten, die sich dabei betheiligen wollen, beschlossen werden. Angesichts der Maßregeln, welche von Seiten des Militärs getroffen worden sind, daß z. B. der Haupteingang versperrt wurde, sodann, wie mir jetzt die Meldung zukam, daß mehreren Abgeordneten, welche von den Vorstädten herein kommen wollten, der Eingang verwehrt worden ist, ist es augenscheinlich, daß wir hier nicht tagen können; ich werde die Prorogation des Reichstages aussprechen. Bevor ich dieß thue, werde ich noch einige Fragen vorlegen, welche Sie, meine Herren, noch besprechen können. — Ich werde die Prorogation aussprechen bis auf den 15. November 1848, das ist an demselben Tage, welchen auch Seine Majestät festgesetzt hat. Was den Ort der Berathung anbelangt, haben wir einen Kammerbeschluß, mittelst welchem wir eine Adresse an Seine Majestät hinausgegeben haben, wo wir darum gebeten haben, daß es von dieser Verlegung des Reichstages an einen anderen Ort abkomme, und die Reichstagssitzungen hier abgehalten werden. Seine Majestät hat ausgesprochen, diese Adresse in Erwägung zu ziehen. Wir haben noch nicht die Antwort und müssen sie abwarten. Bis zu dieser Zeit, wo die Sitzungen wieder eröffnet werden, werde ich auf jeden Fall die Herren ersuchen, daß sie mir im Vorstands-Bureau ihre Adressen zurücklassen, nämlich diejenigen Herren, welche verreisen wollen. Ich möchte dieß auch wünschen rücksichtlich derjenigen Herren, welche hier in Wien bleiben, damit für den Fall als ämtliche Mittheilungen zu machen sein werden, oder auch im Privatwege den Herren es bekannt gegeben werden kann, was es mit dieser Verlegung des Reichstages und der Eröffnung der Sitzungen für ein Bewandniß hat.

Ein weiterer Gegenstand, den ich Ihrer Besprechung vorlegen will, ist folgender: Es haben vor einigen Tagen, als wir nicht wußten, welches Schicksal dem Reichstage, den Sitzungen überhaupt bevorsteht, welche Hindernisse eintreten werden, unsere Zusammenkunft unmöglich zu machen, mehrere Herren sich versammelt, damit für den Fall, als es eine physische Unmöglichkeit werden sollte, hier zusammen zu kommen, die Herren gewählt werden, welche mit einer Vollmacht ausgerüstet würden, um in dieser Richtung hinzuwirken, damit es von der Verlegung des Reichstages nach Kremsier abkommen solle. Es haben sich dazumal 30 bis 40 betheiliget, und haben eine Wahl von sieben Abgeordneten vorgenommen, welche für diesen Fall nach Olmütz abreisen sollten. Diese Vollmacht könnte von denjenigen Herren, welche wünschen, daß die Sache der Art behandelt werde, unterschrieben werden, was im Vorstands-Bureau geschehen kann.

Abg. Schuselka. Vor allem Anderen bitte ich den Herrn Präsidenten und das Bureau überhaupt, ausführlich und ausdrücklich im Protokolle aufzunehmen, auf welche Weise uns die öffentliche Sitzung unmöglich gemacht worden ist, damit dieser Act der Gewalt, welche dem Reichstage angethan wnrde, in den stenographischen Protokollen sowohl wie im Protokolle des Reichstages verewigt werde. (Bravo!) Ferner habe ich die Pflicht, als Berichterstatter des permanenten Ausschusses der hohen Versammlung über die letzten Stunden der Wirksamkeit desselben Bericht abzustatten. Gestern Vormittag zwischen 11 und 12 Uhr kam eine Deputation des Gemeinderathes, die uns friedliche und glückliche Aussichten mittheille über eine ohne fernere Gewaltthat zu Stande kommende Uebereinkunft mit dem Fürsten Windischgrätz. Die beiden Herren versicherten uns, daß die Entwaffnung aller Orten vor sich gehe und daß sogar Anstalt getroffen sei, auf dem Stephansthurme eine Fahne aufzuziehen, und daß die Hoffnung vorhanden sei, der gestrige Tag werde glücklich ohne fernere Gewaltthat zu Ende gehen. Dieß ist die letzte Nummer, welche in dem Prolokolle des permanenten Ausschusses enthalten ist. Zwei Stunden später wurden diese Friedensversicherungen des Gemeinderathes durch die Kanonade widerlegt. — Der permanente Ausschuß blieb in dem Locale so lange, bis die Feuersgefahr, welche in dem Burggebäude ausbrach, die Mitglieder nach Zusammenlegung und Versiegelung der Acten bewog, da ferner für dieselben nichts mehr zu wirken und zu schaffen war, das Haus zu verlassen. Abends fanden wir uns wieder ein, schlossen und versiegelten das Protokoll, und übergaben es dem Haus-Inspector Herrn Raffelsberger, der uns mittheilte, daß er vom Herrn Präsidenten den Auftrag habe, für den Fall, als das Feuer auch dieß Gebäude ergreifen sollte, auch die Vorstands-Acten in Verwahrung zu nehmen. Somit sind die Acten des permanenten Ausschusses, der mit Ihrer Vollmacht ausgerüstet, in diesen Tagen wirkte, geschlossen. Seine Wirksamkeit gehört nun dem Urtheile der Geschichte an, — ich darf dieses im Namen der Mitglieder dieses Ausschusses hier öffentlich aussprechen, vor uns wenigstens öffentlich aussprechen, und ich hoffe, es wird unsere Stimme, obwohl das Publikum von uns ausgeschlossen worden ist, gewiß durchdringen. Alle Mitglieder des permanenten Ausschusses find bereit, Alles, was sie gethan haben, mit ihrer Ehre und ihrem Gewissen zu vertreten und zu verantworten, und ich erkläre dieses insbesondere in meinem Namen als Berichterstatter. Die Acten des permanenten Ausschusses sind geschlossen, die Acten der Geschichte sind aber nicht geschlossen, sondern sie werden geöffnet bleiben bis das Urtheil erfolgt.

Ich schließe mit den Worten eines berühmten deutschen Dichters, der sagt: "Die Sache der Freiheit ist eine unsterbliche, ihre Verfechter können persönlich fallen und zu Grunde gehen, aber ihr Sieg ist gewiß und unaufhaltsam." Ich schließe meinen Bericht mit dem Rufe: Es lebe die Freiheit! (Großer Beifall. — Allgemeiner Ruf: Es lebe die Freiheit!)

Abg. Umlauft. Meine Herren! Wir haben im Ausschusse in den Augenblicken der Gefahr —

Abg. Brestel. Das gehört nicht hieher.

Abg. Umlauft. Wir sind aufgefordert worden, uns darüber auszusprechen.

Abg. Brestel. Ich glaube, Herr Präsident, diese Sache wegen der Vollmacht ist eine reine Privatsache, und gehört daher nicht in die Versammlung im Reichstagslocale, und hier in diese Versammlung als Reichstag; das mögen wir als Individuen abmachen, aber nicht im Reichstage, wo wir nicht beschlußfähig sind.

Man möge uns nicht den Vorwurf machen, daß wir noch in der letzten Zeit einen Beschluß gefaßt haben, wozu wir nicht berechtiget waren, das ist eine reine Privatsache, das wird nach dem besten Wissen und Gewissen Jeder unterschreiben, und wir wollen die Sache hier nicht abmachen.

Präs. Ich habe auch die Herren aufgefordert, damit sie in das Vorstands-Bureau kommen und sich unterzeichnen.

Abg. Gleispach. Ich erlaube mir in derselben Richtung, in der ein Herr Abgeordneter, nämlich der Herr Abg. Schuselka vor mir gesprochen hat, mich zu äußern. Bezüglich des ersten Punctes, den der Herr Abg. Schuselka vorgebracht hat, nämlich er hat gemeint, man möge in das heutige Sitzungs-Protokoll aufnehmen die Thatsache, damit bekannt werde, in welcher Art wir gleichsam gewaltsam gehindert worden sind, unsere Berathung fortzusetzen — bin ich der Meinung, daß wir nicht in der Anzahl beisammen sind, um eine Verhandlung führen zu können, nämlich wir sind nur 136, statt wenigstens 150, so kann unsere jetzige Versammlung gar nicht als eine Sitzung angesehen werden. Es kann über diese Sitzung kein Protokoll geführt werden, und meines Erachtens ist das Amt der Stenographen zu Ende, und was sie bisher geschrieben haben, ist nicht geeignet zur Veröffentlichung.

Abg. Borrosch. Zuerst wollte ich früher die anwesenden Herren Abgeordneten auffordern, überzeugt, daß ich ihre eigenen Gefühle ausspreche, daß wir dem Wirken der Mitglieder der permanenten Commission den tiefgefühltesten Dank mit dem Beifügen aussprechen, daß Jeder von uns jegliche Verantwortung theilt, welche etwa auf dem permanenten Ausschusse haften möge. — Was der geehrte Herr Redner vor mir zur Sprache gebracht hat, muß ich entschieden zurückweisen und feierlichst dagegen protestiren. Ob wir vollzählig sind, können wir abzählen, ob wir aber vollzählig geworden wären, wenn nicht die in den Vorstädten wohnenden Deputirten verhindert gewesen wären hereinzukommen, und zwar gewaltsam, das ist aber nicht beweisbar. Wir hätten recht gut 200 sein können, aber dieser Beweis ist nicht führbar, es ist nicht in unserer Macht, den Gegenbeweis herzustellen. Aber eben aus dem Grunde, daß dieser Gegenbeweis unmöglich gemacht wird, so ist auch der Versuch, uns, so weit es physisch möglich war, hier zu vereinigen, als letzte legale Verhandlung anzusehen.

Präs. Es haben sich mehrere Herren vormerken lassen, nämlich die Herren Abg. Brestel, Fedorowicz, Schuselka, Potocki und Gleispach.

Abg. Brestel. Ich muß einfach bemerken, daß es eine letzte Sitzung geben muß, in welcher der Präsident die Prorogation ausspricht, welche der Herr Präsident jetzt aussprechen wird, und daß das Protokoll dieser letzten Sitzung aufgenommen werden muß, selbst wenn nur 10 Mitglieder anwesend wären. Meine Meinung aber ist, daß wir uns jetzt in keine längere Discussion einlassen, sondern daß der Herr Präsident alsogleich und ganz kurz die Prorogation ausspreche.

Abg. Fedorowicz. Meine Herren! Obwohl mein Herr Vorredner gesagt hat, daß wir uns kurz fassen sollen, so erlaube ich mir doch noch einige Worte an Sie zu richten; denn ebenso wie der Berichterstatter des permanenten Ausschusses etwas über die Wirksamkeit des Ausschusses gesagt hat, so fühle ich es als Pflicht, auch über unsere Wirksamkeit einige Worte zu sprechen.

Als meine Committenten mich hieher schickten, sagte ich ihnen und sie mir: wir werden so lange wirken als es möglich ist. Meine Herren! anfangs kannten wir uns wenig, wir konnten daher auch nur wenig wirken. Während der Zeit unseres Beisammenseins waren wir bereits so weit gekommen, daß unsere persönliche Bekanntschaft es uns möglich machte, rascher ans Werk zu gehen, und eben an dem Tage, wo wir die Grundrechte in Berathung nehmen wollten, sind die Ereignisse vorgefallen, welche Sie meine Herren wissen. Nun wir sind geblieben, um zu wirken für Ordnung, Ruhe, Erhaltung der Ehre, der Menschheit, wir machten keine Gesetze; ich spreche es hier aus, habe es mehrere Male gesagt und sage es noch heute, es war gesetzlich, und alles was wir gethan, eine unabweisbare Nothwendigkeit. Heute, meine Herren, bin ich der Ansicht wie meine Vorredner: über unsere letzte Sitzung und über die Ursachen, warum die Sitzungen heute prorogirt werden müssen, ohne Rücksicht ob wir beschlußfähig sind oder nicht, muß eine Urkunde sein. Wir erlassen kein Gesetz oder einen Beschluß, der die Völker bindet, aber wir sind es unserer Ehre und unserem Gewissen schuldig, ein Mittel zu haben, welches beweiset, auch den letzten unserer Schritte, und dieses Mittel sind das Protokoll und die stenogrophischen Berichte. Deßwegen bin ich der Ansicht, daß sie geführt werden, und ich wünschte auch, daß mein letztes Wort in die Oeffentlichkeit gelange. (Beifall.)

Abg. Schuselka. Es ist alles gesagt worden, was ich sagen wollte. Daß wir unsere jetzige letzte Besprechung der Oeffentlichkeit entziehen wollten, oder gar müßten, muß ich aufs Entschiedenste in Abrede stellen. Es ist unsere Pflicht, nicht bloß unser Recht, daß wir über unser letztes Beisammensein ein Protokoll führen, es ist dieß eine Nothwendigkeit, weil es ein Act ist, den wir ausführen und den wir verantworten müssen auch gegenüber jenen Gewalten, die vielleicht meinen Herrn Vorredner Gleispach bestimmt haben, in seiner Ueberzeugung auf die Beseitigung des Protokolles hinzudeuten. Es ist nothwendig, denn es ist eine vom Präsidenten eröffnete Sitzung, es muß Alles protokollirt werden; an der Spitze wird es stehen müssen, daß wir nicht so vollzählig waren, daß wir hätten berathen können, es muß die Ursache angefüht werden, warum dieser Fall eingetreten ist: weil das Thor gesperrt war, und viele der Mitglieder von dem Thore weggegangen sind, weil sie den separaten Eingang durch die Stallburg nicht kannten. [*) Dieser Eingang führte aus den Abtheilungen in dm Sitzungssaal, war daher allen Abgeordneten bekannt.] Das ist die Ursache, warum wir nicht vollzählig sind, und es ist daher ein Protokoll über eine durch Gewalt unmöglich gewordene vollzählige Sitzung. Ich für meine Person muß öffentlich protestiren gegen einen solchen Antrag, nicht vor die Oeffentlichkeit zu treten.

Abg. Gleispach. Ich erlaube mir zu bemerken auf einen Grund, der früher geltend gemacht wurde, daß wir nicht beweisen können, ob wir berathungsfähig wären, wenn nicht mehrere Herren Abgeordnete durch Gewalt daran gehindert worden wären, hier zu erscheinen. Dieses Argument hätte man jeden Tag geltend machen können, denn es ist bekannt, daß ein großer Theil der Stadtthore gesperrt war, und man nur auf Umwegen in die Stadt gelangen konnte. So war z. B. das Thor gegen die Leopoldstadt durch mehrere Tage hindurch gesperrt. Ich habe gemeint, daß wir dieß heute nicht als eine Sitzung, sondern bloß als eine Besprechung ansehen, weil ich der Meinung bin, daß nie eine letzte Sitzung war, wenn wir durch Gewalt auseinander getrieben worden sind; daß man übrigens alles das der Oeffentlichkeit übergibt, was heute nicht als eine Sitzung des constituirenden Reichstages, sondern als Berathung der noch übrig gebliebenen zusammengekommenen Mitglieder gesprochen worden ist, da bin ich vollkommen einverstanden. Ich sehe auch nicht ein, wie nur irgend eine Gewalt auf der Welt es uns übel nehmen sollte, daß wir hier beisammen sind, und daß wir hier sprechen; ich bin nur der Meinung, daß das keine Sitzung des constituirenden Reichstages ist, sondern es ist eine Berathung von so und so viel Mitgliedern der Kammer, und wenn diese veröffentlicht wird, wogegen ich nicht im Geringsten etwas einzuwenden habe, so mögen die Herren Stenographen das Protokoll zusammensetzen, und an der Spitze anführen: "Letzte Berathung von so und so viel trotz der physischen Gewalt zusammengekommenen Reichstagsmitgliedern."

Abg. Potocki. Ich will auf das Wort verzichten, da ich nur eben das wiederholen könnte auf die Bemerkung des Abg. Gleispach, was meine Vorredner ausgesprochen haben. Es ist eine Sitzung, es ist eine legale Sitzung, es wurde die Prorogation ausgesprochen, und da wir sie nicht anders betrachten, so muß ein Protokoll geschrieben und ein stenographischer Bericht gegeben werden. Meine Herren! wir sind es uns Allen schuldig, es ist unsere Pflicht, zu zeigen, daß man mit roher Gewalt wohl eindringen konnte in diese Stadt, daß wir aber unsere Stellung, unseren Muth nicht geändert haben. (Beifall. Mehrere Stimmen: Schluß! Schluß!)

Präs. Die Sache ist also geendet. Ich will nur noch bestätigen, daß 136 Mitglieder anwesend sind. Ich werde die Herren ersuchen, wie ich schon erwähnt habe, Ihre Arresse in dem Vorstands-Bureau abzugeben, und ich bitte, in der Form, daß jeder Abgeordnete seine Adresse auf einen halben Bogen Papier aufschreibe, was zugleich als Legitimation dienen kann, daß er heute anwesend war, und damit für den Fall, als wir von Seiner Majestät eine Antwort bekommen sollten, oder wenn sonst welche officielle Mittheilungen zu machen wären, es an die Herren Abgeordneten bestellt werden kann. Ich spreche also jetzt die Prorogation bis zum 15. d. M. 5 Uhr Nachmittags aus, und in der Hoffnung, die wir aus die zu erwartende Antwort Seiner Majestät setzen, daß wir ferners hier verbleiben, fordere ich die Herren Abgeordneten auf, am 15. d. M. 5 Uhr Nachmittags hier zu erscheinen.

(Schluß um 1 1/4 Uhr Nachmittags).


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