Pondìlí 30. øíjna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Sitzung am 30. October 1848.

(Permanenz.)

Tagesordnung.

I. Bericht des permanenten Ausschusses.

II. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 27., 28. und 29. October.

III. Berathung über den Beschluß des Constitutions-Ausschusses wegen Vornahme neuer Wahlen für Reichstags-Mitglieder, die in Staatsämter oder höhere Gehalte treten.

IV. Bericht über Wahlacte.

V. Bericht des Petitions-Ausschusses.

VI. Berathung über das Recrutirungsgesetz.

VII. Nationalgardegesetz.

VIII. Bericht über die Reichstagsrechnungen.

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Anfang um 10 1/2 Uhr Vormittags.

Präs. Nach vorgenommener Zählung ist die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Herren Abgeordneten anwesend. Ich habe Ihnen vor Allem anzuzeigen, daß gestern Abends Herr Minister Krauß, welcher sich mit der zuletzt abgesendeten Deputation nach Olmütz begeben hat, zurückgekehrt ist, und es wird der Herr Berichterstatter des permanentes Ausschusses sowohl über diesen Umstand, als auch in Beziehung auf andere Gegenstände Bericht erstatten, wozu ich den Herrn Berichterstatter hiemit auffordere.

Abg. Schuselka. Ueber die Ereignisse einen besonderen Bericht abzustatten, ist überflüssig. Die Ereignisse sprechen für sich selbst und sind Allen bekannt. Ueber den Hergang der Ereignisse Einiges mitzutheilen, bin ich bemüßiget und beauftragt. — Nachdem der Kampf, wie Sie wissen, auf allen Puncten stundenlange gedauert hat, nachdem die Stadt an vielen Puncten in Flammen stand, erschien in vorvoriger Nacht der Obercommandant und einige Gemeinderäthe vor dem permanenten Ausschüsse und machten die Mittheilung, daß sie zwar von der Tapferkeit der Bewaffneten die Ueberzeugung hätten, daß sie sich noch stundenlange, vielleicht tagelange, in einzelnen Straßenkämpfen kräftig halten werden, daß sie aber als Männer von Gewissen die Ueberzeugung hätten, daß dieser Kampf zu keinem glücklichen Resultate führen werde, daß er nur noch mehr Streiter der Freiheit aufopfern, das Eigenthum der Bürger noch größerer Verwüstung aussetzen, und endlich selbst zum Nachtheile der Freiheit mit einer um so enschiedeneren Niederlage enden müsse. — Sie sprachen daher die Nothwendigkeit aus, mit dem Fürsten Windischgrätz in Unterhandlung zu treten. Der permanente Ausschuß bemühte sich in dieser Angelegenheit seiner Stellung und seiner Vollmacht, die er von diesem hohen Hause erhalten, getreu zu bleiben; wie nämlich der Reichstag nicht unmittelbar in die Vertheidigung der Stadt eingehen konnte und durfte, weil es seine Aufgabe ist, nicht bloß das Interesse der Stadt Wien zu vertreten, sondern die Interessen der Völker, die diese Abgeordneten hier versammelten, wie also gleich der erste Beschluß dahin gelautet hatte, daß dem Gemeinderathe und dem Nationalgarde-Obercommando Alles, was die Vertheidigung der Stadt Wien anbelangt, überlassen sein müsse und überlassen sei: so wurde auch in diesem Augenblicke es lediglich dem gewissenhaften Ermessen der Vertreter der Stadt Wien, der Bürgervertreter und Vertheidiger der Stadt Wien überlassen, bei sich zu erwägen, die Mittel zu prüfen, ob man fortkämpfen oder in Unterhandlungen sich einlassen solle. Der Reichstag, wie er es oft ausgesprochen hat, kann und konnte der Stadt Wien weder befehlen, sich zu unterwerfen, noch es verbieten; er hat die Nothwendigkeit eines Vertheidigungsstandes anerkannt, er hat in offener Sitzung die Unterstützung durch Geldbewilligung geleistet, er kann und konnte der erklärten Aeußerung der Gemeinderäthe und Commandanten, da man die fernere Haltung der Stadt für unmöglich oder doch gefährlicher halte als Unterhandlungen, nicht entgegen treten. Eben so wenig konnte er sich in seiner Stellung dem Fürsten Windischgrätz gegenüber entschließen an der Unterhandlung selbst Theil zu nehmen. Er konnte dieß nicht, erstlich, wie gesagt, weil sein Interesse das höhere Interesse der Monarchie, nicht lediglich das Interesse der Stadt Wien ist; er konnte es nicht zweitens, weil er ein für allemal das Auftreten des Fürsten Windischgrätz für ungesetzlich erklärte und sich also in Folge dieser Erklärung nicht in Unterhandlung mit ihm einlassen konnte, abgesehen davon, daß Fürst Windischgrätz wiederholt ausgesprochen und erklärt hatte, daß er mit dem Reichstage, den er nicht als Executivbehörde anerkennt, nicht unterhandeln könne und wolle. Die Deputation des Gemeinderathes und des Nationalgarde-Obercommando's begab sich zum Fürsten Windischgrätz, und erstattete uns nach Rückkunft Bericht über den Erfolg der Unterredung. Der Erfolg bestand darin, daß der Fürst abermals erklärte, er müsse bei den von ihm gestellten Bedingungen bleiben; so sehr ihm das Herz blute, bei dem, was in Wien geschehen mußte, müsse er darauf verharren, daß, wenn nicht binnen 12 Stunden, die er dann setzte, auf die Bedingungen eingegangen wird, er in die traurige Nothwendigkeit versetzt wäre, den Angriff auf die Stadt mit noch energischeren Mitteln zu erneuern. — In Folge dessen hat das Nationalgarde-Obercommando, wie ebenfalls öffentlich bekannt wurde, für gestern einen Kriegsrath, beschickt von Vertrauensmannern aller Compagnien der Garden, der mobilen sowohl als der stabilen, versammelt; er hat die Lage der Stadt in reifliche Erwägung gezogen und mit großer Majorität beschlossen, den Kampf nicht fortzusetzen, sondern aufzugeben und sich im höheren Interesse des Bürgerwohles und der Freiheit der Gewalt zu fügen. Der Reichstags-Ausschuß hat auch an dieser Berathung keinen Theil gehabt, immer getreu seiner Stellung, die er außer den unmittelbaren Parteien, die sich hier gegenüberstehen, einnehmen mußte. In Folge dieses Kriegsrathsbeschlusses, der gestern in der Vorhalle dieses Reichstages abgehalten war, wurde eine neue Deputation an den Fürsten Windischgrätz gesendet, und wir haben die Kunde erhalten, daß diese Deputation den Fürsten Windischgrätz Nachts im ruhigen Schlafe gefunden hat, so auch die Armee in einem Zustande, der durchaus, wenn irgend etwas geeignet wäre, zeigen konnte, daß wenigstens bis gestern Nachts die Gerüchte von einem Angriffe, welchen die Ungarn unternommen haben, ungegründet sein mußten. Denn wäre es der Fall gewesen, wie man schon gestern Nachmittags in der Stadt verbreitete, daß die Ungarn schon gestern Nachmittag in unmittelbarer Nähe von Wien gewesen, so würde die Deputation des Gemeinderathes den Öbercommandanten des Heeres nicht im Schlafe gefunden haben. — Die Antwort, welche diese Deputation erhalten hat, soll dahin lauten — die uns aber noch nicht officiell angezeigt wurde — daß der Fürst der Stadt Wien in wenigen Tagen, und wenn nur das Nothwendigste für die Herstellung des regelmäßigen und gesetzlichen Zustandes geschehen sein würde, Beweise geben werde, wie sehr er für die Aufrechthaltung aller Errungenschaften selbst in seinem Innersten eingenommen sei. Der permanente Ausschuß hatte in Folge dieses gestrigen Ereignisses der verbreiteten Kunde, daß man beschlossen hat, sich der Gewalt zu fügen, verbunden mit dem die Bevölkerung sehr aufregenden Gerüchte von der Ankunft der Ungarn in dieser Nacht sehr viele Sorge dafür zu tragen, daß in der inneren Stadt nicht erst im letzten entscheidenden Augenblicke die früher fälschlichen Behauptungen in Wahrheit übergingen, daß nämlich im Inneren der Stadt die Ruhe und Ordnung gestört sei. Er hat in dieser Beziehung sein Möglichstes gethan und er ist in diesen Bestrebungen durch große Abtheilungen der Nationalgarde, nicht nur der stabilen, sondern auch der mobilen Garde aufs kräftigste unterstützt worden. Es haben große Abtheilungen der Nationalgarde, sowohl der stabilen als auch der mobilen Garde, oder der sogenannten bewaffneten Proletarier, die ganze Nacht hindurch die Burg und die anstoßenden Gebäude bewacht, und sich die größte Mühe gegeben, einzelne große bewaffnete Massen von der Ausführung eines Angriffes abzuhalten. Die ganze Stellung des Reichstags-Ausschusses, und wie er sich überzeugt halten zu können glaubt, auch des ganzen Reichstages gegenüber diesen Ereignissen, ist eine unveränderte geblieben; wir sind durch das, was geschehen ist, und was von Manchen vielleicht vorhergesehen wurde, in unserer Stellung nicht erschüttert worden, und durften es nicht werden; und wir mußten in diesem Augenblicke, wo die ganze Bevölkerung Wiens der Gewalt zu weichen den Beschluß gefaßt hat, der Gewalt nicht soweit weichen, daß wir unsere Beschlüsse, die wir hier gefaßt und promulgirt haben, nicht in irgend einer Weise abändern dürften. Wir müssen bei dem Ausspruche verharren, daß das Verfahren, welches gegen die Stadt eingeleitet wurde, ungesetzlich, inconstitutionell sei; wir müssen dieß hier in diesem Augenblicke aussprechen, weil wir durch öffentliche Mittheilung die Kunde haben, daß Fürst Windischgrätz den hier in Wien befindlichen Reichstag nicht nur als eine Partei bezeichnet, sondern auch die Aeußerung gethan habe, der Reichstag selbst befinde sich in offenem Aufruhr gegen den Kaiser. Wir müssen diesen Ausspruch wieder dadurch erklären, daß der constitutionelle Standpunct von jener Seite nicht gekannt oder verrückt geworden. Wir haben die volle Ueberzeugung, daß wir in dieser ganzen unseligen Angelegenheit Seine Majestät den Kaiser in echt constitutioneller Weise aus den Verhandlungen und nächsten Beziehungen der Verhandlungen ausgeschlossen gehalten haben. Wir haben bewiesen, daß wir den constitutionellen Standpunct erkannt und uns nach Kräften bemüht haben, denselben immer zu behalten. Wir mußten diesen constitutionellen Standpunct festhalten, in treuer Ergebenheit gegen das monarchisch-constitutionelle Princip, und wir müssen aussprechen, daß Diejenigen, welche den Monarchen in so unselige Ereignisse unmittelbar hereinziehen, nicht die Pflicht der Treue gegen den Monarchen erfüllt haben; denn es ist eine allgemein anerkannte Regel des constitutionellen Lebens, daß der Monarch selbst außer den Ereignissen stehen bleibe, und es das Parlament lediglich mit den constitutionellen Ministern zu thun habe, — und von diesem Standpuncte haben wir die Sache aufgefaßt und erklärt, daß das Verfahren des Fürsten Windischgrätz ungesetzlich war, erstens weil es den constitutionellen Principien entgegen ist, daß einem einzelnen Manne eine unbeschränkte, eine über den Kaiser selbst hinausgehende Vollmacht ertheilt wurde; weil es nicht constitutionell war, daß ein Minister eine solche Vollmacht, die alles constitutionelle Leben aufhebt, unterzeichnet hat. Wir haben zweitens sie für ungesetzlich erklärt, weil es bei einer so wichtigen Angelegenheit, selbst wenn sie constitutionell zulässig gewesen wäre, es doch ganz unzulässig war, daß ein einziger Minister eine solche Gewaltmaßregel unterfertigt hat. Wir mußten sie als ungesetzlich erklären, weil uns das Manifest vom 16. October, worin diese Vollmacht ausgesprochen ist, nicht officiell mitgetheilt wurde, und weil es allen constitutionellen Regeln entgegen ist, eine solche Maßregel zu treffen, lediglich mit der Contrasignirung eines einzigen Ministers, ohne einem constituirenden Reichstage überhaupt nur die officielle Anzeige zu machen. — Auf diesem Standpuncte müssen wir stehen bleiben, auch in dem Augenblicke, wo die Truppen in die Stadt einziehen. Wir können nicht abgehen von unserem Beschlusse, daß dieses ungesetzlich gewesen; daß es gegen die Bevölkerung feindlich gewesen, gegen die Rechte der Bevölkerung feindlich gewesen, das bedarf keines weiteren Beweises nach den Ereignissen, die wir gesehen haben, und welche die unparteiische Geschichte darstellen wird.

Es handelt sich nun ferner über die künftige Stellung und das künftige Benehmen des Reichstages selbst. Die hohe Versammlung erinnert sich wohl, daß wir in den Stunden, wo die Gefahr noch nicht so nahe gerückt war, wie jetzt, wo die Ereignisse sich nicht so erfüllt haben, wie jetzt, durch eine große Majorität beschlossen hatten, Wien nicht zu verlassen, daß wir aber getreu unserem constitutionellen Principe dagegen den Weg eingeschlagen hatten, Vorstellungen an Seine Majestät den Kaiser gelangen zu lassen, Vorstellungen gegen eine Verlegung des Reichstages, die gestützt waren auf einen zweimaligen Kammerbeschluß, auf das Wesen der Sache, auf die Grundsätze des Rechtes sowohl als der Gleichheit. Wir haben auf diese Vorstellungen noch keine officielle Antwort, wir haben nur die Antwort bekommen, daß Seine Majestät die Maßregel der Verlegung des Reichstages neuerdings in reifliche Berathung ziehen werde; es ist also schon in dieser Hinsicht gewiß sowohl unsere Pflicht als das Recht, hier beisammen zu bleiben, um eine Endentscheidung Seiner Majestät abzuwarten.

Der Finanzminister Krauß, dessen Ankunft der Herr Präsident bereits angezeigt hat, hat folgende Mittheilung gebracht:

Erstens ein Schreiben an den Reichstags-Prasidenten Dr. Franz Smolka

Es lautet:

"Ich habe die Ehre, Euer Wohlgeboren zu eröffnen, daß ich so eben auf meinen Dienstposten wieder eingelangt bin.

"Aus der Beilage belieben Euer Wohlgeboren zu entnehmen, welche Allerhöchste Schlußfassung Seine Majestät mir über die Vorschläge, die ich rücksichtlich der bedrängten Lage der Stadt Wien erstattete, und über die Verlegung des hohen Reichstages nach Kremsier zu eröffnen geruhten.

Wien am 29. October 1848.

Krauß m. p."

"An Seine des Herrn Reichstags-Präsidenten Dr. Franz Smolka, Wohlgeboren."

Diese Beilage, also die Erklärung oder wie sie genannt wird, die Schlußfassung, welche Seine Majestät dem Finanzminister Krauß persönlich ertheilt hat, lautet wie folgt:

"Abschrift eines allerhöchsten Handschreibens,

ddo Olmütz am 28. October 1848.

"Lieber Freiherr von Krauß!

"Ich habe Ihre Darstellung der kritischen Lage Wiens, welche Sie mit einigen Andeutungen zur Abhilfe derselben am 27. October überreichten, mit aller der Wichtigkeit des Gegenstandes gebührenden Sorgfalt erwogen. Ich lasse Ihren dießfalls geäußerten Gesinnungen bezüglich der Bewohner Wiens volle Gerechtigkeit widerfahren. Sie wissen, wie wehe es Meinem Herzen that. Mich zu Maßregeln der Gewalt zu entschließen, um in Meiner Residenzstadt Wien Ruhe und Ordnung zu erzielen. Sie wissen aber auch, daß diese Maßregel nicht gegen die guten Bürger, welche der gesetzlichen Ordnung zugethan und Mir Treue bewiesen, gerichtet sind, sondern lediglich gegen jene, welche ihre Ruhe gestört und ihren Wohlstand bedrohen. Es wird Mir immer erwünscht sein, wenn Ich den guten Bürgern Wiens Beweise Meines Wohlwollens geben kann, wovon Sie dieselben verständigen können. Die zeitweilige Verlegung des Reichstages nach Kremsier habe Ich in der besten Absicht für die ununterbrochent Thätigkeit des Reichstages beschlossen, und Ich wünsche, daß die Rückkehr vollkommener Ordnung in Meiner Hauptstadt Wien bald gestatte, daß derselbe wieder in ihrer Mitte seine Berathungen fortsetzen könne."

Es ist dieß also eine Entschließung Seiner Majestät, die lediglich persönlich dem Herrn Finanzminister Krauß ertheilt wurde, und wir konnten im permanenten Ausschusse, und ich glaube der Uebereinstimmung Aller gewiß zu sein, wir konnten in dieser Erklärung noch keine Antwort auf unsere Adresse sehen. Wir müssen also auf dem Standpuncte bleiben, daß wir auf unsere Vorstellung, die in officieller Weise durch Reichstagsbeschluß an Seine Majestät gelangt ist, noch ohne bestimmte und entscheidende Antwort geblieben sind. Es handelt sich hier erstlich um diesen Standpunkt, daß diese Erklärung dem Finanzminister persönlich bloß gegeben ist, und ein einziger Punct, der für uns selbst eine Aenderung in den früher bestandenen Verhältnissen erkennen läßt, ist hier der Ausdruck: "die zeitweilige Verlegung," während in dem Manifeste oder Patente vom 22. October dem Wortlaute sowohl, als dem Sinne des Patentes nach von einer Verlegung nach Kremsier die Rede war, die bis dahin zu dauern habe, als das Verfassungswerk einem gedeihlichen Ende zugeführt worden wäre. In dieser Beziehung ist für uns eine Aenderung des Beschlusses zu erkennen, aber keine Enderklärung, die uns selbst betrifft, und ich glaube, wir haben daher das Recht und die Pflicht, diese Endentscheidung Seiner Majestät abzuwarten.

Es fragt sich, in welcher Weise wir die Endentscheidung Seiner Majestät abwarten können, und abwarten wollen und sollen. Wir haben in wiederholten Beschlüssen ausgesprochen, daß wir selbst für den schlimmsten Fall, der jetzt eingetreten ist, es für unfere Pflicht halten, hier zu bleiben, um durch unser Dasein, durch unser Tagen, durch unseren Einfluß so viel als möglich für die Stadt Wien wirken, und dem gesetzlichen Zustande entweder ein Fürsprecher oder Schützer sein zu können. Dieser Zustand, der in sehr vielen unserer Reden bei den Verhandlungen über diesen Gegenstand all ein zukünftiger gedacht wurde, ist eingetreten. Der Zustand der Stadt Wien ist ein noch schlimmerer dadurch geworden, als er früher war. Wir haben früher den Beschluß gefaßt, nach unseren Kräften beizustehen, und es liegt in unserer Pflicht und der Consequenz unserer Beschlüsse, daß wir jetzt, wo die Gefahr wirklich da ist, getreu ausharren bei dem, was wir beschlossen haben, nämlich hier zu bleiben, um zu helfen, so viel wir können. Wir können aber auch diesen Beschluß officiell, ich möchte fast sagen, diplomatisch begründen, dadurch, daß selbst in dem Patente vom 22. October, wo die Verlegung des Reichstages und die Vertagung desselben bis zum 13. November ausgesprochen ist, nicht eine sofortige bereits geschehene Vertagung enthalten sei, sondern in dem Patente vom 22. d. M. wird die Vertagung des Reichstages dem Reichstage selbst, d. h. dem Präsidenten in Uebereinstimmung mit der Kammer überlassen. Es heißt nämlich: "das Präsidium möge die Sitzungen des Reichstages alsobald unterbrechen, und bis 15. November vertagen, um in Kremsier dieselben fortzusetzen. Durch diese Erklärung wird es mit Rücksicht auf die laufenden Geschäfte dem Ermessen des Reichstages-Präsidenten und der Kammer überlassen, wann die Unterbrechung einzutreten hat. — Es sind aber noch zwei sehr wichtige Umstände zu bedenken, nämlich: daß wir auf unsere durch zwei Beschlüsse unterstützten Vorstellungen keine entschiedene Antwort erhalten haben, wodurch unser fortgesetztes Tagen gerechtfertiget wird, dann, daß wir wichtige Arbeiten vorliegen haben, welche vorzunehmen unsere Pflicht sein dürfte, nämlich wesentlich dringend nöthig ist die Berathung des vorgelegten Staatsbudgets. Wir würden dem Finanzministerium und dem Interesse des gesammten Staates vielleicht den empfindlichsten Schaden zufügen, wenn wir diese Arbeit, auf deren Vorlage wir mit solcher Dringlichkeit hingearbeitet haben, und in Erwartung deren wir nur auf kurze Zeit die Bewilligung der Steuern gegeben haben, wenn wir, wie ich sage, diesen von Seiner Majestät und dem Ministerium vorgelegten Staatsvoranschlag sofort in Berathung nehmen würden, damit er in dieser Zeit eben bis die große Angelegenheit des Reichstages selbst einer definitiven Entscheidung zugeführt ist, in patriotischer, pflichtgemäßer Weise ausgeführt werde, und der nothwendige Voranschlag und die Reductionen im Finanzwesen zur Ausführung dem Finanzministerium überwiesen werden können.

Wenn uns aus dieser Darlegung das Recht und die Pflicht erwächst, hier nicht als Privatleute, sondern als Reichstag, als vom Kaiser anerkannter Reichstag zu verweilen, Sitzungen zu halten, so oft es das Bedürfniß erfordert, zu arbeiten, wie es die Pflicht gebietet, so hat ihr permanenter Ausschuß dennoch es als seine Pflicht gehalten, auf diese Erklärungen Seiner Majestät, die aber noch nicht officiell an uns, sondern nur an den Finanzminister gelangt sind, zu beschließen, der hohen Kammer den Antrag zu stellen, durch eine neue Deputation und durch eine neue Adresse Seine Majestät aufmerksam zu machen, daß die Verlegung des Reichstages unter den obwaltenden Umständen, nicht räthlich, und daß die von Seiner Majestät selbst zu wiederholten Malen verlangte und ununterbrochene Thätigkeit des Reichstages unvereinbar sei mit der, wenn auch nur zeitweiligen Verlegung des Reichstages nach Kremsier. Mit Hinweisung darauf, daß die Zustände der Stadt Wien gewiß von der Art sind, und hoffentlich auch bleiben werden, daß eine freie und ungestörte Berathung, wie bisher, auch in Zukunft wird stattfinden können, mit Hinweisung auf die dringend nothwendigen Geschäfte, welche der Reichstag durch seine Beschlüsse sofort in Berathung zu nehmen gesonnen ist, lautet der Antrag des permanenten Ausschusses dahin:

"Daß eine Adresse verfaßt werden möge, die in einer morgigen Sitzung der Berathung und Schlußfassung der hohen Kammer vorgelegt werden könnte, um sofort durch eine abermalige Deputation an Seine Majestät nach Olmütz abgesendet zu werden."

Es kann der hohen Versammlung, wie sie hier zugegen ist, selbst wenn sie in nicht beschlußfähiger Anzahl vorhanden ist, nicht unbenommen sein, die Entwerfung der Adresse, die keinen Beschluß in sich faßt, einstweilen zu genehmigen, den permanenten Ausschuß oder eine andere Commission zu beauftragen, und es würde nur im Interesse der guten Sache, eine Vaterlandspflicht sein, daß die versammelten Mitglieder sowohl, als auch jene, welche nicht versammelt sind, und von der heutigen Versammlung Kenntniß bekommen, eingeladen würden, sich morgen zu einer vollständigen Berathung und Schlußfassung in einer beschlußfähigen Anzahl einzufinden.

Abg. Pillersdorff. Ich habe nicht ums Wort gebeten in Beziehung des letzten Antrages des Berichterstatters, worüber ohnehin eine Berathung eintreten dürfte, sondern es scheint mir nur nothwendig, auch über den ersten Theil des Berichtes ein paar Puncte näher zu beleuchten, — über den Einen nämlich, um Aufschluß zu bitten, über den zweiten, um eine Bemerkung zu machen. Der Herr Berichterstatter haben erwähnt, daß gestern hier eine Berathung stattgefunden hat, in Beziehung auf die Frage, ob die Vertheidigungsmaßregeln fortgesetzt werden sollen. Ich wünschte Aufschluß darüber zu erhalten, ob an dieser Berathung Abgeordnete der hohen Versammlung Theil genommen haben, und ob die Berathung mit Zustimmung der hohen Versammlung in ihren Localitäten stattgefunden habe.

Abg. Schuselka. Die Versammlung hat allerdings mit Zustimmung des permanenten Ausschusses im Vorsaale stattgefunden; Abgeordnete des Reichstages als solche mit irgend einer Vollmacht, oder in irgend einer officiellen Stellung, haben daran nicht Theil genommen; es mögen Einzelne zugegen gewesen sein, sie waren es aber nur als Privatpersonen.

Abg. Pillersdorff. Es scheint mir wichtig, daß dieser Umstand constatirt sei, um jeder Entstellung in Beziehung auf die Stellung, welche der Reichstag dabei beobachtet hat, zu begegnen. Ich finde mich über die Aufklärung, welche der Herr Berichterstatter gegeben hat, vollkommen beruhigt, und weiß nicht, ob es die hohe Versammlung auch ist. Ein zweiter Umstand, welchen der Herr Berichterstatter erwähnte, ist der, daß dem Fürsten Windischgrätz eine Aeußerung entfallen sein soll, nach welcher er den Reichstag als im Aufruhre gegen Seine Majestät befindlich erklärt hat. Ich habe bekannter Maßen im Laufe der letzten Woche über Einladung des permanenten Ausschusses mich in das Hauptquartier des Fürsten begeben, ich hate manche verletzende, manche inconstitutionelle Aeußerung aus seinem Munde erfahren, eine Aeußerung dieser Art habe ich aber nicht vernommen; hätte ich sie vernommen, so würde ich nicht nur allein dagegen Protest eingelegt, sondern es auch für meine Pflicht angesehen haben, in dem Berichte, den ich darüber an die hohe Versammlung erstattete, dieses Umstandes zu erwähnen. Ich habe es also nur für nöthig gefunden, diese Versicherung zu ertheilen, daß gegen mich eine Aeußerung dieser Art nicht gefallen ist.

Abg. Schuselka. Diese Aeußerung wurde an die Deputation des Gemeinderathes gemacht, und sie ist in dem Berichte, welchen der Gemeinderath durch die priviligirte Wiener Zeitung bekannt gemacht hatte, zu lesen gewesen, und wir haben es für nothwendig gefunden, davon Erwähnung zu thun.

Adg. Gschnitzer. Ich wollte nur bemerken, daß einige Herren dieser hohen Versammlung, unter andern auch wirklich ich selbst als Zuschauer gestern bei dieser Verhandlung anwesend waren, jedoch daß wir sogleich wie die Abstimmung begann, aus dem Locale uns entfernt, und das Resultat nur so erfahren haben.

Präs. Wünscht noch Jemand über die beantragte Adresse das Wort zu ergreifen? (Niemand.) Wünscht vielleicht die hohe Versammlung sich darüber auszusprechen, von wem die Adresse entworfen werden soll? Wir werden heute in keiner Beziehung zur Schlußfassung schreiten, sondern die Adresse wird ausgearbeitet und morgen der Kammer vorgelegt werden.

(Ruf: Der permanente Ausschuß!)

Abg. Gleispach. Ich würde den Antrag stellen, daß diese Adresse von den beiden Herren Abg. Pillersdorff und Schuselka gemeinschaftlich entworfen würde. (Ja, ja!)

Abg. Pillersdorff. Ich erlaube mit nur die hohe Versammlung aufmerksam zu machen, daß alle Angelegenheiten, welche die Monarchie und die Residenzstadt in letzter Zeit so nahe berührt haben, der permanente Ausschuß mit solchem Eifer, mit so aufopfernder Ausdauer und vollkommener Sachkenntniß behandelt habe, daß es daher angemessen, und dem Vertrauen, das ihm bisher geschenkt wurde, entsprechend wäre, dem permanenten Ausschusse diese Abfassung zu übertragen, ohne ein fremdes Glied daran Theil nehmen zu lassen; übrigens werde ich mich jedem Beschlusse fügen, welchen die hohe Versammlung fassen wird.

Abg. Demel. Wir haben dem Ausschusse die ganze Vollmacht übertragen, in allen Angelegenheiten des Reichstages nach Innen und Außen in seinem Namen zu handeln, und ich bin daher der Meinung, da der permanente Ausschuß schon in voriger Woche, ohne den Reichstag befragt und seinen Beschluß nachgeholt zu haben, eine Adresse an Seine Majestät verfertigt und endlich dieselbe abgesendet hat, daß die hohe Kammer hierüber gar keinen Beschluß fasse, weil derselbe sowohl zu Inconsequenzen führen könnte, als auch, da die zur Schlußfassung nicht gehörige Anzahl der Mitglieder vorhanden ist, als ungiltig betrachtet werden müßte. Man kann daher durchaus nicht eingehen, eine derartige vom Ausschusse ohne den Beschluß des Reichstages abgefaßte Adresse jetzt zur Abstimmung zu bringen.

Abg. Gleispach. Ich theile vollkommen die Ansicht, daß, da wir nicht beschlusfähig sind, wir auch keinen Beschluß fassen können. Nichts desto weniger kann sich der Wunsch der Mehrzahl der Anwesenden dahin aussprechen, daß die Mitglieder, welche dieser Wunsch bezeichnet, sich auch verpflichtet fühlen, diesem Wunsche nachzukommen. In dieser Beziehung bin ich auch der Ansicht, daß, wenn ein Mitglied des permanenten Ausschusses und gerade der Berichterstatter, der, ich möchte sagen, am tiefsten eingeweiht ist in das, was diese Angelegenheit betrifft, und ein Mitglied, das außer dem permanenten Ausschusse steht, auch diese Adresse verfassen, dieselbe als der wirkliche Ausdruck der allgemeinen Ansicht der Kammer angesehen werden könne. Darum bin ich der Meinung, daß die Commission aus den beiden Individuen zusammenzusetzen am ersprießlichsten sein dürfte.

Abg. Borrosch. Es scheint hier eine Art Entgegenstellung des permanenten Ausschusses mit der hohen Reichsversammlung herausgedeutet worden zu sein, wogegen ich unbedingt meinen Protest einlege, indem keine einzige Adresse abgegeben und überhaupt keine Maßregel getroffen wurde, welche nicht auf dem Beschlusse der hohen Kammer beruht hätte. Was die Abfassung der Adresse betrifft, so ist schon früher Vorgekommen, daß sie Individuen, welche dem permanenten Ausschusse nicht angehören, anvertraut wurde; ich halte das überhaupt für unwesentlich. Wird damit die Willensmeinung der hohen Kammer getroffen, so wird es zum Beschlusse erhoben, findet sie es für gut, es zu amendiren, so geschieht es auch, und ich glaube, von einer einzigen Gesinnung sind wir hier gewiß alle durchdrungen; wir haben es vom Anfange an klar erkannt, daß für jetzt nur eine einzige Partei sein dürfe: die des Reichstages und der Freiheitserhaltung.

Abg. Fedorowicz. Ich glaube, daß die Debatte sich vom eigentlichen Gegenstande entfernt. Es ist vom Ausschusse beantragt worden, eine Adresse zu verfassen, und es schwebt die Frage, wer sie verfassen soll. — Da der Ausschuß den Antrag gestellt hat, und da er am besten in Kenntniß alles dessen ist, was vorgefallen, da wir die Mitglieder des Ausschusses, die unser volles Vertrauen besitzen, gewählt haben, so bin ich der Ansicht, daß diese Adresse auch der Ausschuß selbst verfassen und morgen hier vortragen soll. Wir werden dann das Weitere darüber verfügen, wie wir es schon mehrere Male gethan haben. In diesem Augenblicke bleibt aber nichts Anderes übrig, als Diejenigen zu bestimmen, welche die Adresse zu verfassen haben, und ich wiederhole, ich bin dafür, daß die Verfassung derselben dem Ausschusse überlassen bleibe.

Präs. Wünscht noch Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen?

Abg. Demel. Ich kann nicht umhin, einige Bemerkungen über die Worte des Abg. Borrosch zu machen. — Er scheint mich mißverstanden zu haben. Es ist allerdings wahr, daß keine Adresse abgesandt wurde, ohne den Beschluß der Kammer eingeholt zu haben, aber es ist auch wahr, daß die an Seine Majestät abgesandte Adresse schon fertig in die Kammer gebracht, und die Kammer erst dann den Beschluß gefaßt hat, daß sie in der Art an Seine Majestät abgesandt werden soll. Wenn in nicht beschlußfähiger Anzahl ein Beschluß gefaßt wird, so wird dieß gewiß zu Inconsequenzen führen, indem, wenn wir heute einen Beschluß in unbeschlußfähiger Anzahl fassen, von uns auch vielleicht morgen verlangt wird, einen Beschluß zu fassen in nicht beschlußfähiger Anzahl. Eine Inconsequenz führt die andere nach sich, und ich bin durchaus gegen jede derartige Abstimmung. Es möge genügen, daß dem permanenten Ausschusse die Vollmacht gegeben werde, die Anträge vor die Kammer zu bringen. Wenn der permanente Ausschuß es in seinem Gutachten findet, eine solche Adresse abzufassen, so wird er es thun und wird die Adresse vor die Kammer bringen, und die Kammer wird in beschlußfähiger Anzahl darüber beschließen.

Präs. Wenn Niemand mehr zu sprechen wünscht, so fordere ich den Herrn Berichterstatter auf, allenfalls das letzte Wort zu ergreifen.

Abg. Schuselka. Unmittelbar auf die Worte des Herrn Vorredners muß ich bemerken, daß der permanente Ausschuß durch mich keineswegs auf einen Beschluß ungetragen hat, der gefaßt werden soll bei nicht beschlußfähiger Anzahl der Mitglieder; und ich habe, als ich mich mit meinen Augen überzeugte, daß wir nicht in beschlußfähiger Anzahl Vorhanden sind, ausdrücklich gesagt, es sei wünschenswerth, die Meinung und Ansichten der versammelten Mitglieder zu vernehmen. Wir hielten überdieß die Aufgabe, eine Adresse zu verfassen, nicht für eine solche verfängliche, daß irgend eine Gegenüberstellung, ein Hin- und Herschieben von Einem aus den Anderen in irgend einer Weise vorkommen könnte. Sobald nämlich gesagt wird, es soll eine Adresse verfaßt, morgen vorgenommen und die Berathung in beschlußfähiger Anzahl abgehalten werden, so ist dadurch jedem Individuum und der Kammer selbst die volle Freiheit und Gelegenheit gegeben, seine Ansichten geltend zu machen. Ich müßte mich also daher gegen den gebrauchten Ausdruck, daß man, wenn man heute einen Antrag auf einen Beschluß mache, der bei beschlußunfähiger Anzahl vorgenommen werden soll, man morgen wieder mit einem ähnlichen Antrage kommen könnte, und also die hohe Kammer gewissermaßen in eine revolutionäre oder inconstitutionelle Ueberstürzung von Beschlüssen hineinreißen könnte, dagegen müßte ich mich verwahren, weil ich ausdrücklich in meinem Antrage nur dahin gedeutet habe, es möge die Meinung der hohen Kammer sich aussprechen, und es möge entweder der Ausschuß oder irgend jemand Anderer beauftragt werden.

Wenn ich als Mitglied und Berichterstatter des Ausschusses meine individuelle Ansicht aussprechen soll, so wäre es vielleicht wünschenswerth, wenn nicht der permanente Ausschuß, sondern andere Mitglieder der Kammer mit dieser Adresse beauftragt würden. Es handelt sich in dieser Adresse nicht um Angelegenheiten und die bisherigen Geschäftsführungen des permanenten Ausschusses, sondern es handelt sich recht eigentlich um das große Interesse des Reichstages selbst, und um das große Interesse, welches dadurch gefährdet werden kann, wenn der Reichstag verlegt werden soll. — Es wurde hier immerfort geltend gemacht, deßwegen den permanenten Ausschuß damit zu beauftragen, weil er am besten in die Details der Verhandlungen eingeweiht sei. Wie sehr wir nun die dabei ausgedrückte Anerkennung unseres bisherigen Wirkens zu würdigen wissen, so glaube ich doch sagen zu müssen, daß das größtentheils ein verrückter Standpunct sei, wenn wir die Angelegenheit, die jetzt besprochen werden soll, nämlich die Verlegung des Reichstages, zusammenmischen mit den Angelegenheiten, die bisher der permanente Ausschuß in der Hand gehabt hat. Im Gegentheile habe ich bemerkt, daß sich, wie Mehrere sich wenigstens ausdrückten, doch irgend eine Gegenüberstellung der hohen Reichsversammlung gegen den permanenten Ausschuß geltend zu machen suchte, und es wäre wünschenswerth, wenn eine Adresse, welche die üblen Folgen einer Verlegung des Reichstages, sowohl in Beziehung dieses ganzen Körpers, als der Interessen der Monarchie Seiner Majestät noch einmal dringend an's Herz legen soll, ganz und gar von anderen Mitgliedern als denen des permanenten Ausschusses verfaßt würde.

Wenn ich mir erlauben darf, aus diesem Labyrinthe einen Ausweg zu zeigen, so glaube ich, würde es nicht geschäftsordnungswidrig sein, wenn wir die Entscheidung dieser Frage dem Präsidium überließen. Ich glaube, es liegt sogar im Befugnisse des Präsidiums, die Mitglieder mit gewissen Geschäften der Kammer zu beauftragen. Wir werden bei den widersprechenden Aeußerungen, die jetzt schon gehört worden sind, nicht herauskommen. Einen Beschluß können wir nicht fassen, wir müssen also diesen Ausweg einschlagen, und das Präsidium auffordern, den entscheidenden Schritt zu thun, und wir werden uns dieser Entscheidung dann unterwerfen. — Warum wir im Widerspruche mit unserem früheren Verfahren stehen, wo die Adresse gleich im Concepte vorgelegt wurde, warum wir dießmal den Antrag stellen, diese Adresse solle zuerst verfaßt und dann zum Beschlusse vorgelegt werden, liegt klar am Tage. Es ist nämlich die Besorgniß gewesen, daß wir auch heute nicht beschlußfähig sein werden; denn, wenn wir auch die Adresse verfaßt vorgelegt hätten, hätten wir doch nicht auf eine Berathung eingehen können. Es beseelte uns der Wunsch, heute anzufangen und die Vorarbeiten zu liefern, und darauf hinzuwirken, daß bei dieser Gelegenheit die Reichstagsmitglieder dringend aufzufordern wären, hier zu erscheinen und ihrestheils auch darauf hinzuwirken, daß die abwesenden Mitglieder sich auf morgen hier in gehöriger Anzahl einfinden mögen, um diesen Beschluß mit mehr Kraft ausführen zu können, damit wir auch in dieser Beziehung, wie die Stadt Wien sagen muß, uns sagen können: Wenn Alles verloren sein sollte, so ist doch die Ehre nicht verloren. Wir haben gethan, was zu thun ist, und haben uns vereinigt zu dem letzten Schritte, um das zu thun, was wir in wiederholter Verhandlung nicht nur dringend nothwendig im Interesse der ungestörten Verhandlungen des Reichstages, sondern auch für die Interessen derjenigen Völkerschaften, die im Reichstage vertreten sind, zu thun für unsere Pflicht hielten.

Präs. Da gegenwärtig nur 174 Mitglieder anwesend sind, so kann ich diesen Gegenstand nicht zur Abstimmung bringen; ich muß es daher dem permanenten Ausschusse anheimstellen, die Adresse auszuarbeiten, und erlaube mir nur die Hoffnung auszusprechen, daß der Herr Abg. Pillersdorf gewiß nicht abgeneigt sein wird, dem permanenten Ausschusse bei der Abfassung dieser Adresse seine Mitwirkung darzubieten, um was ich den Herrn Abgeordneten ersuche.

Abg. Pillersdorff. Ich kann nur erwiedern, daß ich mich zur Disposition des Hauses stelle, so bald es mit meinen Kräften zu verfügen für angemessen hält. (Bravo.)

Präs. Ich erkläre die Sitzung bis morgen 10 Uhr Vormittags unterbrochen, und bitte die Herren eindringlich, sich vollzählig einzufinden.

(Um 11 1/4 Uhr.)


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