Úterý 24. øíjna 1848

in der Minorität gestimmt, weil ich entweder etwas Entschiedenes, ein Ganzes gethan wissen oder es beim Alten lassen will. Wir haben alle Maßregeln, die mit dem Belagerungszustande, mit dem Stand rechte verbunden sind, als ungesetzlich erklärt; eine Wiederholung ist bei mir eine einfache Tautologie und hat weiter gar keine Bedeutung. Weil in diesem Antrage nichts mehr enthalten ist, als eine bloße Wiederholung, habe ich dagegen gestimmt, und war der Meinung, daß wir es beim alten Beschlusse lassen. Ich habe um so mehr für das Letztere gestimmt, weil wir vor der Hand, wie ich die Verhältnisse kenne, nichts weiter thun können, thun dürfen. Könnten wir energischere Schritte thun, dann, meine Herren, wäre ich wohl allerdings mit dem Antrage einverstanden, der zuletzt gestellt wurde, wäre damit einverstanden, daß wir klar und offen die Consequenzen aussprechen unseres ersten Beschlusses. Dadurch daß wir bloß die Consequenzen aussprechen, aber auch weiter nichts, dadurch verlassen wir den Boden, auf dem sich der Reichstag bisher bewegt hat, durchaus nicht, denn wenn ich bloß detaillire dem Schwankenden, dem Halbwissenden dasjenige, was in dem Worte: "ungesetzlich" liegt, habe ich weiter nichts gesagt, als was darin enthalten ist. In dem Worte: "ungesetzlich" liegt aber, daß Jeder, der gegen den Beschluß des Reichstags, gegen das Manifest vom 19. October handelt, außer dem Gesetze stehe. Steht er aber außer dem Gesetze, so ist er ein Empörer gegen den Reichstag, ein Verräther am Vaterlande, ein Verräther an der Freiheit, — das ist ein Detail dessen, was im Worte: "ungesetzlich" enthalten ist. Ist er das, und ich glaube, Niemand wird wohl daran zweifeln, so ist es die Pflicht jeder legalen Behörde, ihm den Gehorsam aufzusagen und auf jede mögliche Weise seine Maßregeln zu hintertreiben. Windischgrätz ist ein zweiter und neuer Dschingis-Chan (Beifall), denn, meine Herren, Maßregeln, wie sie hier vorgeschlagen sind, ich zweifle daran, ob ein bekannter Bombardierer in den südlichen Gegenden in dieser Weise sie ausgeführt hat, und dennoch war die Entrüstung in ganz Europa eine unerhörte. Ein Schrei des Entsetzens durchflog die ganze civilisirte Welt, als man die Niederträchtigkeiten von Neapel vernahm, und dennoch sind das nur Spielereien gegen die Zumuthungen, die ein kaiserl. königl. General wagt auszusprechen gegenüber dem Reichstage, gegenüber der Bevölkerung der Stadt Wien, wie sie Fürst Windischgrätz ausgesprochen hat. — Wenn das der Fall ist, so ist es die Pflicht aller Behörden, sage ich, jeden Gehorsam aufzukündigen, auf jede mögliche Weise seine Maßregel zu bekämpfen; das ganze Land muß sich erheben gegen diesen Mörder der Freiheit. (Beifall.) Das sind die Details, welche in dem Worte: "ungesetzlich" enthalten sind. Diese Details müssen zur Geltung kommen, müssen aufgeführt werden, wenn wir die Stadt Wien, wenn wir die Monarchie, wenn wir den Reichstag retten wollen. Wenn ein Feldherr es wagt zu sagen, er werde sich hintendrein bestimmen lassen, aus allen Personen, die sich in Wien befinden, sich jene ausliefern zu lassen, welche ihm belieben, ohne Ausnahme, so ist dieß offen Hohn gesprochen dem Reichstage der hier tagt. Da aber diese Maßregel, die aus dem Worte: "ungesetzlich" ganz vernünftig und auf legale Weise abgeleitet werden kann, in demselben enthalten ist, so war ich gegen diese Fassung, und erkläre mich auch, sollte sie angenommen werden, gegen jede ausdrückliche Verantwortlichkeitserklärung des Herrn Windischgrätz. Eine Verantwortung mit diesen Bajonneten ist eine ganz andere, als die wir ihm zumuthen können, obwohl ich damit einverstanden bin, was ein Herr Redner mir gegenüber gesagt hat, daß bloß die Beamten dem Ministerium verantwortlich wären. So viel constitutionelle Begriffe ich habe, weiß ich wohl, daß es Gerichte gibt, die auch über andere Beamten zur urtheilen haben; folglich dürfte wohl die Verantwortung sich auf diesen Fall ausdehnen. Ich würde ihn zur Verantwortung stellen, wenn ich eine solche Armee hätte, wie Fürst Windischgrätz; dann wäre die Verantwortung eine ganz andere.

Abg. Sadil. Wenn wir Vertreter eines einigen Volkes wären, so könnten wir allenfalls eine andere Sprache führen, aber bei den verschiedenen Nationalitäten, die wir repräsentiren — (Zischen). Ich bitte, meine Herren, ich beweise meinen Muth dadurch, daß ich in diesem entscheidenden Augenblicke eine freie Sprache führe. (Bravo.) Bei den verschiedenen Nationalitäten, die wir hier repräsentiren, könnte sich ergeben, daß die Verordnungen der Executiv-Gewalt, wo wir noch nicht wissen, von wem sie im Grunde ausgehen, in Folge unserer Aussprüche von Einigen nicht befolgt, von Anderen aber befolgt würden, und was würde daraus resultiren? Ein Bürgerkrieg, dessen blutige Brandfackel gewiß unsere junge Freiheit verzehren würde. Deßhalb schließe ich mich dem Antrage der Minorität des Ausschusses wiederholt an.

Präs. Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, so werde ich die Debatte für geschlossen ansehen.

Abg. Polaczek. Als am 22. d. M. die erste Proclamation des Fürsten Windischgrätz durch den Gcmeinderath bekannt gegeben wurde, da lag auch dabei eine Zuschrift des Fürsten an den Gemeinderath, worin der Gemeinderath beauftragt wurde, diese Proclamation unter strengster Verantwortlichkeit kund zu machen. Ich erlaube mir die Anfrage an den Herrn Berichterstatter, ob dießmal ebenfalls eine solche Zuschrift an den Gemeinderath ergangen ist, und ob solche auch dem permanenten Ausschusse mitgetheilt worden ist?

Abg. Schuselka. Mir ist von einer solchen Zuschrift nichts bekannt.

Abg. Polaczek. Ich habe zufällig auch Erkundigungen eingezogen und habe vernommen, daß dem Gemeinderathe eine solche Zuschrift nicht zugekommen ist, sondern daß diese neue Proclamation bloß dem Gemeinderathe durch einen Officier der Nationalgarde zugeschickt wurde mit dem Bedeuten, den Tag des Empfanges zu bestätigen. — Damals als wir in der Kenntniß waren, daß diese Proclamation authentisch vom Fürsten Windischgrätz ausgegangen sei, da er unter der strengsten Verantwortung deren Kundmachung angeordnet, damals war es die heiligste Pflicht des Reichstages, diesem ungesetzlichen Ansinnen des Fürsten Windischgrätz entgegen zu treten. Der Reichstag mußte die Willkür, die Stadt in Belagerungszustand zu erklären und das Standrecht zu proclamiren, als ungesetzlich erklären, es zur Kenntniß von ganz Europa und aller Völker bringen, wie dieß auch der Fall sein, und durch die Zeitungsblätter geschehen wird. Ganz anders ist es mit der heutigen der Fall. Es liegt nicht vor, daß diese Proclamation vom Fürsten wirklich herrühre, wir haben vom Fürsten keine Zuschrift gesehen, keine gelesen, sondern nur die gedruckte Proclamation. Es ist zu vermuthen, daß nach der ersten auch diese zweite gefolgt sein dürfte; denn er befindet sich nun in schrankenloser Willkür, und will sie auch die Stadt Wien fühlen lassen, aber Gewißheit haben wir durchaus nicht. Der Gemeinderath hat nun diese Proclamation, eben wie er sie erhalten, hingesendet in den permanenten Ausschuß mit dem Bedeuten, darüber zu berathen; so können wir nur mit dem Gemeinderathe selbst, so lange wir nicht in Gewißheit sind, daß diese Proclamation vom Fürsten herrühre, auch nur mit dem Gemeinderathe hierüber communiciren, und in diesem Falle ist das Minoritäts-Gutachten oder die Verweisung des Gemeinderathes auf den früheren Beschluß des Reichstages vom 22. d. M. hinlänglich. Die Erlassung einer Proclamation von Seite des Reichstages scheint mir in diesem Falle, so lange wir nicht die Gewißheit haben, daß der Fürst Windischgrätz diese wirklich erlassen habe, so lange wir nicht sicher sind, daß er sie nicht desavouiren könne, für die Zukunft, jedenfalls voreilig.

Abg. Borrosch. Dem geehrten Redner mir gegenüber muß ich insoferne erwiedern, als er aus der Illegalitäts-Erklärung eine Consequenz zog, womit er dem Reichstage eine Vernachlässigung seiner Reichstagspflichten imputiren zu wollen scheint. Um uns darüber ganz klar zu machen, muß ich darauf eingehen. Wir haben gar niemand Anderen, durch den wir irgend Jemand zur Verantwortung, zur Ahndung ziehen können, gegen den uns, wenn er mit bewaffneter Macht auftritt, nicht dieselben Mittel zu Gebote stehen, wir haben kein anderes Organ als das verantwortliche Ministerium, das bleibt es einmal in jedem constitutionellen Staate, oder wir müßten den Begriff von constitutioneller Monarchie ein für allemal aufheben. Der Fürst, ist hier gleichsam als Plenipotentiär der Krone, gegenüber der Volksfreiheit aufgetreten; wäre hier nicht Contrasignatur, so bliebe uns eben auch nichts Anderes übrig, als unmittelbar uns an die Krone zu wenden, der wir diese fehlende Contrasignatur als eine Ungiltigkeit des geschehenen Schrittes nachweisen müßten. Das wäre es, wenn es sich um etwas Geringeres handelte; hier handelt es sich leider um etwas sehr Großes, von einem mächtigen Heere unterstützt; das ändert aber in der Form nicht das Mindeste. Wir können und dürfen nicht hinausgehen über unseren Charakter einer constituirenden legislatorischen Gewalt, als solche haben wir es für illegal erklärt, die Consequenzen davon ergeben sich vollkommen von selber, für Jeden, der die Macht hat, dieser Consequenz sofort auch Geltung zu verschaffen. Gehen wir weiter mit den Erklärungen: "Verräther" und so weiter, so haben wir uns bereits ein richterliches Urtheil angemaßt, was hier, nochmals gesagt, nur durch das verantwortliche Ministerium in Folge seiner Absetzung, in Folge seiner in Anklagestandversetzung stattfinden könnte, stattfinden würde. Hier, wo aber diese illegale Maßregel durch eine Armee unterstützt wird, da, meine Herren, fände ich es wahrlich ganz überflüssig, noch obendrein einen politischen Selbstmord an dieser Versammlung zu begehen. Wir haben die heilige Pflicht, uns zu erhalten, so lange als möglich; fallen wir, sollen wir mit Ehren gefallen sein, nimmermehr mit Schmach! Den Bajonnetten trotze ich. Denn was ich dieser Tage hier sprach, was früher verläumderischer Weise den Fanatismus des Militärs gegen meine Person hervorgerufen hat, das gefährdet mich mehr vielleicht als Jeden; denn ich trotze den Bajonetten, dem Tode; ich habe jeden Tag frei gesprochen; eben so frei, eben so wahr und eben so verachtend gegen jede mögliche Folge erkläre ich mich auf das Bestimmteste: mit Schmach fallen wir, wenn wir uns selber aufgeben, wenn wir uns nicht erhalten! — Zwei Fälle sind möglich. Es siege die Volksfreiheit hier unmittelbar mit Waffengewalt, dann bedarf man des Reichstages als des Organs für die Provinzen. Nehmen Sie das unselige Gegentheil, wer wird dann der Schirm sein? Nimmermehr glaube ich, daß man es dennoch wagen wird, Alles und Jedes zurückzunehmen. Wäre es aber, nun dann können wir eben weiter auch nichts thun, als ein paar hundert Märtyrer mehr liefern, haben aber das Bewußtsein, bis zuletzt unserer Pflicht getreu geblieben zu sein. Jeden Schritt bis hieher vertheidige ich auf dem Boden des Constitutionalismus mit strengster Folgerichtigkeit, keinen Schritt weiter vermöchte ich zu vertheidigen, und was ich nicht zu vertheidigen vermöchte, befürworte ich weder, noch unterstütze ich es, und will, wenn gefallen sein soll, mit Ehren, niemals aber mit Schmach gefallen sein. Mit Schmach aber falle ich dann, wenn ich gegen meine klare Ueberzeugung, gegen mein Gewissen irgend etwas Bestimmtes gesprochen oder gestimmt habe. Wir sind hier nicht allein die Vertreter der Hauptstadt, wir sind die Vertreter des ganzen Reiches, welches seine Abgeordneten hieher gesandt hat, das bitte ich wohl zu bedenken; ich bitte zu bedenken einige der Eingaben, die an uns gelangt sind; und wenn wir nicht Alles thun, um uns zu erhalten, dann ist der Bürger-, der Bauernkrieg unaufhaltsam. Ein dreißigjähriger Krieg vielleicht beginnt, und ich wenigstens will es nicht zu verantworten haben durch irgend ein Eingehen in weitere Folgerungen, die bereits logische Sprünge machen, ohne zu erwähnen, daß man mit lauter Consequenz wie bei der Hegel'schen Philosophie zur Verneinung alles Bestehenden kommen kann.

Abg. Scherzer. Ich beantrage Schluß der Debatte. (Angenommen.)

Präs. Der Abg. Goldmark hat noch das Wort.

Abg. Goldmark. Ich bedaure, oder freue mich vielmehr, daß ich mich wenigstens in einer Beziehung in Bezug auf die Gefahr, die uns drohet, mit dem Herrn Abg. Borrosch messen kann. Ich bedaure auf der anderen Seite, daß der Herr Gegner gerade auf meine Worte nicht genau aufgemerkt hat. Ich habe Eingangs derselben erwähnt, wenn der Reichstag andere Beschlüsse fassen könnte, so wäre ich nicht für die Consequenzen, die ich vor der Hand für logisch betrachte, so lange sie nicht logisch widerlegt sind. Ich muß mich aber verwahren, wenn man aus dieser Consequenz auf irgend einen politischen Selbstmord schließt. Sind die Bemerkungen, die ich vorgebracht habe, wirklich einfache Folgerungen unseres früheren Beschlusses, so thun wir damit nichts Neues, und da wir uns bisher keines politischen Selbstmordes bewußt sind, so glaube ich, daß, da sie nichts Anderes sind, als bloße Folgerungen, dadurch meine Einwendungen nicht widerlegt sind. Noch schließlich, damit die Debatte nicht verlängert wird, will ich auf eine Bemerkung zurückkommen, die mich persönlich betrifft, und von der es mich freut, sie gehört zu haben. Es hat geheißen, daß Fürst Windischgrätz als Plenipotentiär der Krone, gegenüber der Freiheit auftrete. Gerade weil er als solcher auftritt, wäre ich dafür, daß man energische Maßregeln, wie ich glaube, unternehme. Man kann sie aber nicht unternehmen, das ist faktisch; ich habe aber in mir die feste Ueberzeugung, daß, wenn die Feinde sich noch so sehr anhäufen, wenn der Geist der Einigkeit, des Muthes und der Energie das Volk begeistert, wie die Begeisterung bisher im Volke herrscht, trotz einzelner Verräther der Volksfreiheit unter dem Volke selbst, wenn diese Begeisterung fortbesteht, mögen solche Plenipotentiäre kommen, so viel ihrer wollen, sie werden weder Wien noch die Freiheit zu besiegen im Stande sein.

Präs. Der letzteingeschriebene Redner hat bereits gesprochen, ich fordere daher den Herrn Berichterstatter auf, das letzte Wort zu ergreifen.

Abg. Schuselka. Der Abg. Gschnitzer trägt an, daß der Zusatz gemacht werde: "der Feldmarschall Fürst Windischgrätz sei dem Reichstage für alle üblen Folgen verantwortlich zu erklären." Ich glaube, daß wir diesen Zusatz nicht aufnehmen sollen, denn er würde in unserer Stellung gegenüber dem Gewalthaber, mit dem wir es zu thun haben, ganz unpraktisch erscheinen. Ich will nicht sagen, daß er inconstitutionell wäre, sondern er würde lediglich unpraktisch sein.

Abg. Gschnitzer. Ich nehme meinen Antrag zurück.

Abg. Schuselka. Wir müssen uns darauf beschränken, daß wir den Fürsten Windischgrätz verantwortlich machen mit seinem Namen vor der Nachwelt, in der Geschichte der civilisirten Völker; diese Verantwortlichkeit lastet auf ihm, bloß wegen dieses Erlasses wird sie noch schwerer auf ihm lasten, wenn er sich unterfangen wird, diese Puncte wirklich in Vollzug zu setzen. Der Herr Abgeordnete hat seinen Antrag zurückgenommen, ich habe nichts weiter darüber zu sprechen. — Der Abg. Goldmark erklärt sich gegen die Fassung dieses Antrages der Majorität, weil er darin bloß eine Wiederholung erkennen will. Ich glaube nun, daß er in dieser Beziehung diesem Antrage Unrecht thue; es ist nicht bloß eine Wiederholung, es sind wesentlich neue Puncte darin aufgenommen; es sind die Puncte aufgenommen, daß durch dieses Verfahren des Fürsten Windischgrätz, welches in der ersten Proclamation lediglich einfach genannt war, und in dieser Beziehung noch die Hoffnung zuließ, daß mindestens die mildesten Formen des Belagerungszustandes würden gewählt werden, während diese zweite Proclamation den deutlichsten Beweis liefert, daß die allerschlimmsten und grimmigsten Formen des Belagerungszustandes hier in Anwendung gebracht werden sollen, — in Berücksichtigung dessen ist hier der Punct aufgenommen, daß durch diese Maßregel nicht nur jene vom Kaiser sanctionirten, erst am 19. neuerdings sanctionirten constitutionellen, sondern sogar die allgemeinen Bürger- und Menschenrechte völlig aufgehoben sind. Das ist, wie der Herr Abg. Borrosch gesagt hat, in unserer Lage vor der ganzen Welt die Erklärung, die wir abgeben müssen, die nicht verfehlen wird, Eindruck im Volke sowohl als bei der Gegenpartei zu machen. — Ferner ist hervorgehoben, daß diese Maßregeln nicht nur ungesetzlich, sondern sowohl gegen die Rechte des Volkes, als auch gegen die Rechte des constilutionellen Thrones feindlich sind. Ich glaube, daß dieses nicht bloß eine Tautologie ist mit dem Worte "ungesetzlich," und wie ich schon bemerkt habe, wir haben es wesentlich hervorgehoben, weil sich Fürst Windischgrätz bekanntlich als Ritter der Legitimität und des Monarchismus darstellt, darum haben wir hervorgehoben, daß durch diese Maßregel gerade dem entgegen gewirkt wird, was er bezwecken will. — Der Abg. Sadil glaubt, wir dürften in Berücksichtigung, daß wir nicht ein Volk vertreten, sondern verschiedene Nationalitäten vertreten, uns nicht mehr darauf einlassen, eine neue und stärkere Aussprache in dieser Beziehung zu thun; wir könnten dadurch sonst leicht einen Bürgerkrieg veranlassen. Ich glaube, daß der Abg. Sadil, so gut gemeint seine Bemerkung gewiß ist, sich doch im Irrthume befindet; nämlich erstlich sind die verschiedenen Nationalitäten, die hier vertreten sind, auch wirklich hier in der Stadt Wien, als Bewohner der Stadt vertreten, und diese Gewalt, welche über Wien verhängt wird, wird auch über eine große Anzahl von Böhmen, Polen und überhaupt alle Landesgenossen des großen Kaiserstaates mit verhängt, und ich glaube also, daß die Bewohner der Provinzen in ihren landsmännischen Interessen sich mit uns vereinigen werden, so viel als es möglich ist, dagegen zu protestiren wenigstens. — Ferner handelt es sich hier nicht um ein nationales Interesse, ja es handelt sich nicht einmal um ein politisches Interesse; durch diese letzte Proclamation des Fürsten Windischgrätz ist geradezu ins Herz der Monarchie gegriffen, es ist lediglich eine inhumane Maßregel, eine barbarische Maßregel, die wir hier zu bekämpfen haben, und ich glaube, in Betreff der Humanität und als Gegensatz der Barbarei werden alle Nationalitäten übereinstimmen, und sie werden uns nicht den Krieg erklären, wenn wir gegen die Barbarei mit unserem moralischen Ausspruche, daß es Babarei ist, hier auftreten. — Zuletzt hat der Herr Abg. Polaczek das Bedenken erhoben, daß diese Proclamation nicht authentisch sein könnte, daß sie nicht vom Fürsten Windischgrätz selbst herrühren könnte, und daß es voreilig wäre, darüber einen Beschluß zu fassen. Das wäre ein schlimmer Streich, der uns in dieser Beziehung gespielt werden könnte, wenn ich mir die Möglichkeit denken tönnte, daß Jemand sich vielleicht den Spaß gemacht hätte, eine solche Proclamation drucken zu lassen. Im Gegentheile sehe ich ein echt consequentes Verfahren des Fürsten Windischgrätz, er schickt ein Packet solcher Proclamationen hin, und läßt sich bloß den Empfang bestätigen, den Tag, weil von diesem Tage an die Galgenfrist lauft, die uns gegeben ist, daß er weiter gar nichts sagt als: Da habt ihr es, in 48 Stunden werde ich das Meinige thun. Ich glaube nicht, daß wir uns diesem Bedenken hingeben dürfen, sondern ich glaube, wir können sie als eine echte Urkunde ansehen, und in dieser Beziehung das Unserige thun. — Der Abg. Sierakowski hat endlich den Antrag gestellt, daß wir das Ministerium, den Gemeinderath und alle Executiv-Behörden auffordern sollen, diesen Beschluß des Reichstages in allen umliegenden Ortschaften Wiens durch Plakate zu veröffentlichen und möglichst zur Kenntniß der Officiere und Soldaten zu bringen, außerdem noch den Herrn Grafen Auersperg und die unter dem Befehle des Fürsten Windischgrätz stehenden Generäle von diesem Beschlusse zu verständigen. Wenn ich mir erlauben darf, etwas gegen diesen Antrag vorzubringen, so hätte ich lediglich nur das zusagen: wünschenswerth wäre es sehr, wenn wir ihn ausführen könnten, aber bei dem thatsächlichen Bestande unserer Verhältnisse, wo es nicht einmal möglich ist, Briefe in das nächste Dorf zu bringen, so wäre es um so schwieriger, diese Plakate in entferntere Ortschaften und sogar in die Hände der Soldaten zu bringen. Ich glaube, diesen Antrag bloß deßhalb nicht annehmem zu können, weil die Unmöglichkeit seiner Ausführbarkeit klar auf der Hand liegt.

Präs. Nach der Bestätigung des Herrn Schriftführers sind wir in der Anzahl von 194 anwesend, demnach beschlußfähig; ich werde nun den Gegenstand zur Abstimmung bringen.

Der Antrag der Majorität lautet:

"Da der Feldmarschall Fürst Windischgrätz im offenen Widerspruche mit dem kaiserlichen Worte vom 19. October und in offener Nichtachtung des Reichstagsbeschlusses vom 22. October in einer neuen Proclamation Maßregeln über Wien verhängt, die nicht nur die vom Kaiser sanctionirten constitutionellen, sondern auch die allgemeinen Bürger- und Menschenrechte völlig aufheben, so erklärt der Reichstag, daß dieses Verfahren des Fürsten Windischgrätz nicht nur ungesetzlich, sondern ebenso sehr gegen die Rechte des Volkes, wie gegen die Rechte des erblichen constitutionellen Thrones feindlich ist."

Zu diesem Antrage liegt ein Verbesserungs-Antrag des Abg. Gschnitzer vor, der aber zurückgenommen wurde. Auch liegt ein Antrag der Minorität vor, der dahin geht, daß über diese Kundmachung des Fürsten Windischgrätz nichts zu verfügen, und der von der Majorität beantragte Beschluß nicht zu fassen sei, indem diese Angelegenheit durch die früheren Reichstagsbeschlüsse bereits als erlediget angesehen werden müsse.

Abg. Brestel. Ich glaube gerade, daß dieser Antrag zur Abstimmung zu bringen sei.

Präs. Ich glaube nicht, denn der Antrag der Minorität ist eine reine Negation, welcher Antrag angenommen wird, wenn der Antrag der Majorität, den ich zur Abstimmung bringen werde, verworfen wird. Uebrigens liegt auch der Minoritäts-Antrag nicht schriftlich vor.

Abg. Schuselka. Es ist kein schriftlicher Minoritäts-Antrag gestellt worden, er geht lediglich dahin, daß die Versammlung über die neuerliche Proclamation nichts Anderes beschließe, als sich mit dem Beschlusse vom 22. October zu begnügen.

Präs. Der Zusatzantrag des Abg. Sierakowski lautet: (er wird gelesen). Es ist dieß ein Zusatzantrag, und ich werde ihn demnach nach dem Hauptantrage zur Abstimmung bringen. Ich werde vor Allem den Antrag der Commission zur Abstimmung bringen. (Wird unterstützt und angenommen.) Der Zusatzantrag des Abg. Sierakowski lautet:

Abg. Umlauft. Ich erlaube mir, die Theilung der Frage zu beantragen.

Präs. (liest:) "Das Ministerium, den Gemeinderath und alle Executivbehörden aufzufordern, diesen Beschluß des Reichstages in allen umliegenden Ortschaften von Wien und durch Plakate zu veröffentlichen, und möglichst zur Kenntniß der Officiere und Soldaten zu bringen." Das ist der erste Theil.

Abg. Sierakowski. Die Gründe, welche der Herr Berichterstatter gegen meinen Antrag vorgebracht hat, scheinen nicht stichhältig zu sein.

Präs. Es ist schon die Abstimmung; ich kann Ihnen das Wort nicht gestatten.

Abg. Sierakowski. Es ist die Begründung meines Antrages.

Präs. Das hätte vor der Abstimmung vorgebracht werden sollen.

Abg. Sierakowski. Das ist kein besonderer Antrag, ich will nur begründen.

Präs. Ich werde die Frage stellen, ob der Antrag auf die Theilung dieser Frage unterstützt wird. (Ruf: Ueberhaupt!) Es wurde der Antrag auf die Theilung gestellt. Es ist möglich, daß ein Theil unterstützt wird, der andere aber nicht. Ich frage also, ob die Theilung der Frage unterstützt wird?

Ein Abgeordneter. Ich glaube, erst muß der ganze Antrag unterstützt werden, und dann kann der Antrag auf Trennung unterstützt werden.

Präs. Aber ich bitte, es kann ja ein Theil unterstützt werden, der andere nicht; ich muß also die Frage stellen, ob die Theilung des Antrages unterstützt wird? (Wird unterstützt.) Diejenigen Herren, welche für die Theilung des Antrages sind, wollen aufstehen. (Minorität.) Jetzt werde ich die Frage stellen auf die Unterstützung des ganzen, eben vorgelesenen Antrages. (Wird unterstützt.) Diejenigen Herren, welche dafür sind, wollen aufstehen. (Minorität.)

Abg. Podlewski. Ich stelle den Antrag, diesen Beschluß durch Plakate kund zu machen.

Präs. Wird dieser Antrag unterstützt?

Abg. Goldmark. Ich glaube, es würde ein für alle Mal genügen zu beschließen, daß alle derartigen Beschlüsse nicht bloß durch Plakate, sondern auch durch die officielle Wiener Zeitung kundgegeben werden, denn die Plakate werden bloß in der Stadt bekannt.

Abg. Sidon. Ich stelle die Anfrage, ob die Stadt Braunau, von welcher die Rede war, in Böhmen oder einem andern Lande gelegen ist? (Ruf: In Oberösterreich.)

Abg. Peitler. Da vom Fürsten Windischgrätz mehrere Proclamationen erlassen wurden, dürfte es zweckmäßig sein, unserer dießfälligen Proclamation den Ort und das Datum seiner letzten beizusetzen.

Präs. Obwohl die Debatte geschlossen ist, glaube ich, wird kein Anstand genommen werden, dazu: "Hetzendorf den 23. October" zu setzen. Wenn die hohe Versammlung nichts dagegen hat, so wird veranstaltet werden, daß durch Anschlag und die Wiener Zeitung dieser Beschluß kundgegeben werde, wie es auch gewöhnlich war. (Ruf: Ja, ja!)

Abg. Borrosch. Ich möchte überhaupt, damit nicht Zeit verloren wird, mit Einem Male des Abg. Goldmark Antrag unterstützen. Es versteht sich von selbst, daß derartige Beschlüsse in dieser Form veröffentlicht werden; deßhalb fassen wir sie, das soll ein für alle Mal gelten.

Präs. Soll dieser Antrag zur Abstimmung kommen? Ich würde glauben, daß das Vorstands-Bureau diesen Gegenstand lediglich zur Kenntniß nehmen wird. Vor allem Anderen werde ich die Protokolle von gestern vorlesen lassen, und die Genehmigung der hohen Versammlung darüber einholen.

Abg. Borrosch. Ich muß den Antrag stellen, und die Bitte an das Vorstands-Bureau, daß die Namen der jetzt noch anwesenden Abgeordneten aufgenommen würden durch Verlesung. Es ist, glaube ich, wichtig, daß wir den Beweis constatirt haben, beschlußfähig gewesen zu sein. (Ruf: Ja!)

Präs. Ich glaube die Thatsache der Vollzähligkeit ist schon constatirt, wenn das Bureau bestätiget, daß die Zählung richtig vorgenommen wurde; — übrigens ist die Abstimmung schon vor sich gegangen. Ich erlaube mir, den Herrn Schriftführer Motyka aufzufordern, das gestrige Protokoll vorzulesen.

(Schriftf. Motyka liest das Protokoll vom 23. October 1848.)

Abg. Pillersdorff. Ich bitte wegen einer Berichtigung um das Wort. Es ist nicht bloß der Gesetz-Entwurf wegen Unverletzlichkeit der Reichstags-Abgeordneten, sondern wegen Hintanhaltung gewaltsamer Störungen und Unverletzlichkeit der Reichstags-Abgeordneten, weil diese beiden Gesetz-Entwürfe mit einander in Verbindung sind.

Präs. Der Herr Secretär wird diese Abänderung vornehmen.

(Das Protokoll wurde sodann angenommen).

Abg. Borrosch. Es, ist das Mißverständniß entstanden, als habe ich gemeint, daß die heutige weder bezweifelbare, noch von mir bezweifelte Abstimmung nachträglich durch Namensnennung zu erheben wäre; das hätte ich wohl im vorhinein verlangen müssen. Ich glaube mich nicht deutlich genug ausgedrückt zu haben. Das Vorstands-Bureau möge eine Namensliste aller hier noch anwesenden Abgeordneten anfertigen, es ist eine ziemliche Anzahl theils krank — kurz ich halte es für wichtig. Es ist besonders deßhalb, weil letzthin in einem Journale eine angeblich namentliche Abstimmung aufgenommen wurde, die erstens meines Wissens nicht stattgefunden hatte, und die gar nicht diese Zahl ergibt. Es kann natürlicher Weise nur ein großer Irrthum vorgegangen sein, aber hinterher wird so etwas oft benützt.

Präs. Ich werde über diesen Gegenstand noch die Verhandlung eröffnen. Wir sind nicht anders in der Lage ein bestimmtes Verzeichniß zu verfassen, außer daß die Herren in das Vorstands-Bureau kommen wollen, und sich als gegenwärtig melden.

Ein Abgeordneter. Es ist ja der Namensaufruf da.

Präs. Das ist nicht hinreichend, weil einmal mehr, einmal weniger zugegen sind. Um die Zahl derjenigen Herren, die in Wien anwesend sind, zu zu constituiren, werde ich es dem Ermessen der Herren Abgeordneten anheimstellen, ob sich dieselben im Vorstands-Bureau anmelden wollen, wo sich ein Beamter befinden wird, um diejenigen Herren zu verzeichnen, die hier sind und sich melden.

Ein Abgeordneter. Wann?

Präs. Im Laufe des morgigen Tages. — Ich würde beantragen, dieselbe Tagesordnung wie sie heute festgesetzt war, mit einziger Zugabe des Gesetzes bezüglich der Bestimmung über neue Wahlen, nämlich, daß diejenigen Abgeordneten, welche ein Staatsamt annehmen, sich einer neuen Wahl unterziehen müssen. Es ist morgen der 25., und auf den 25. war schon im vorhinein die dritte Lesung dieses Gesetzes bestimmt. Ich würde demnach beantragen, nach Erstattung des Berichtes des permanenten Anschusses und Verlesung des Sitzungs-Protokolles an die Tagesordnung zu bringen: die dritte Lesung dieses Gesetzes.

Ein Abgeordneter. Die Petitionsberichte!

Präs. Es sollte doch zugehalten werden, da dieß schon vor 8 Tagen bestimmt war. Ich würde mir wieder erlauben, die Sitzung auf 12 Uhr anzuberaumen, damit die Herren in den Sectionen Zeit haben, über die Grundrechte zu berathen. Ich erkläre die Sitzung für unterbrochen.

(Um 7 Uhr Abends).


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