Sobota 21. øíjna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Zweiundfünfzigste Sitzung des constituirenden Reichstages,

am 21. October 1848.

(Permanenz.)

Tagesordnung.

I. Bericht des permanenten Ausschusses.

II. Ablesung des Sitzungs-Protokolles vom 20. October.

III. Bericht über Wahlacte.

IV. Bericht des Petitions-Ausschusses.

V. Berathung über das Recrutirungsgesetz.

VI. Nationalgardegesetz.

VII. Bericht über die Reichstags-Rechnungen.

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Auf der Ministerbank: Finanzminister Krauß.

Anfang um 3/4 11 Uhr Vormittags.

Präs. Nach vorgenommener Zählung ist die zur Eröffnung einer Verhandlung erforderliche Anzahl von Herren Abgeordneten anwesend. — In Wiederaufnahme der gestern unterbrochenen Sitzung erlaube ich mir, dem hohen Hause anzuzeigen, daß die an Seine Majestät beschlossene Adresse mit dem Aufrufe an die Völker gestern mittelst Courier abgegangen ist. Das Vorstands-Bureau hat heute folgende Inschrift vom Ministerium des Innern erhalten. (Liest:)

"Die mir soeben zugekommene Adresse des hohen Reichstages an Seine Majestät ist mittelst eines eigenen Couriers sogleich in das Allerhöchste Hoflager befördert worden."

"Ich habe die Ehre, hievon den löblichen Vorstand des hohen Reichstages in die Kenntniß zu setzen."

"Wien am 20. October 1848."

Krauß m. p.

"An den löblichen Vorstand des hohen Reichstages."

Ferner erlaube ich mir dem hohen Hause anzuzeigen, daß heute dem Vorstande folgende Zuschrift zugekommen ist. (Liest:)

"Indem wir dem Präsidium der hohen Reichsversammlung unsere bevorstehende Ankunft in Wien ergebenst anzeigen, beehren wir uns, derselben eine Anzahl Exemplare einer von uns erlassenen Bekanntmachung, aus welcher sich die Natur und der Inhalt unseres Auftrages ergeben, mit dem angelegentlichen Ersuchen zu überreichen, für deren schleunige Veröffentlichung gewogentlichst Sorge tragen, und die Einstellung aller Feindseligkeiten möglichst vermitteln zu wollen."

"Hochachtungsvoll verharrend

Die Reichs-Commission.

C. Welcker m. p. Mosle m. p.

"Passau am 19. October 1848.

"An das Präsidium der hohen Reichsversammlung zu Wien."

Präs. Ich habe den Aufruf dieser Commission mitgebracht, und ich werde, wenn es die hohe Versammlung wünscht, ihn vorlesen lassen.

(Schriftf. Wiser liest diesen Aufruf:)

Im Namen des deutschen Reichsverwesers.

"Der Reichsverweser von Deutschland, Erzherzog Johann von Oesterreich, in Betracht seiner Pflicht, über die Sicherheit und Wohlfahrt in allen deutschen Landen zu wachen, sendete uns, die Unterzeichneten, als Reichs-Commissäre nach Oesterreich. Er beauftragte uns, so viel möglich zur Wiederherstellung der friedlichen Verhältnisse in den deutsch-österreichischen Landen zu wirken. Wir erachten es daher für unsere Pflicht, die biederen Bewohner dieser Lande offen um freundliche Aufnahme und Unterstützung unserer Sendung zu bitten. Dieselbe bezweckt die Sicherung ihrer constitutionellen Freiheit, ihres Lebens und Wohlstandes gegen die allergefährlichsten Störungen. Durch diese Botschaft will die unter Mitwirkung österreichischer Abgeordneten mit Zustimmung der österreichischen Regierung entstandene neue deutsche Reichsgewalt, deren ehrwürdiges Haupt wir Oesterreich und seinem glorreichen Fürstenhause verdanken, den österreichischen Stammlanden ähnliche Dienste erwiedern, wie sie früher oftmals kaiserliche Vermitilungs-Commissionen Namens des alten deutschen Reiches einzelnen Staaten in unheilvollen inneren Zerwürfnissen mit glücklichstem Erfolge leisteten. Unsere Sendung ist eine Mission des Friedens und der Versöhnung. Wir kündigen dieselbe bei unserem Eintritte in die österreichischen Lande feierlich als eine solche an, Sie nimmt nur das Vertrauen und die besonnene und rechtliche Ueberzeugung und Mitwirkung der öffentlichen Behörden und der Bürger in Anspruch. Völlig unwahr sind alle Gerüchte, als seien preußische und baierische oder andere deutsche Truppen zum Einmarsche in Oesterreich aufgeboten, als könne diese Mission, von Männern übernommen, welche schon seit den deutschen Freiheitskriegen länger als ein Vierteljahrhundert ohne Wechsel der Grundsätze und ohne Wanken ihr Leben dem Siege gesetzlicher deutscher Freiheit widmeten, jetzt reactionär gegen diese Freiheit, ja frevelhaft gegen die deutsche Nationalität in Oesterreich und gegen Oesterreichs Verbindung mit Deutschland gerichtet sein."

"Der Mangel vollkommener constitutioneller Freiheit ist gerade das höchste bisherige Unglück Deutschlands und auch die Quelle der unheilvollen Zerwürfnisse in Oesterreich, ihre reactionäre Unterdrückung würde beide zum Untergange führen. Die deutschösterreichischen Lande aber sind durch Gott, durch das Vaterland und seine Geschichte mit Deutschland verbunden. Beide gehören so unzertrennlich einander an, wie das Glied dem Körper und der Körper dem Gliede. Ihre völlige Zerreißung wäre Zerstörung der Lebensgesundheit für beide, wäre Anfang des Bürgerkrieges und Unterstützung aller feindlichen Gelüste in Ost und West, in Nord und Süd."

"Wir aber fordern nun Euch, wackere, verständige Oesterreicher, feierlich auf, es besonnen zu überlegen, ob nicht gerade die Fortdauer Euerer unglückseligen Zerwürfnisse, ja ob nicht ein blutiger Sieg, wie eine blutige Vernichtung der einen oder der andern der in Euerer vielfach verwickelten Lage jetzt einander gegenüberstehenden Parteien, für die Freiheit, für die Verbindung der deutsch-österreichischen Stämme mit dem deutschen Gesammtvaterlande, für die Ehre, Blüthe und Macht aller unter dem kaiserlichen Oberhaupte vereinigten Völker gleich verderblich wirken müßte! Darum hört die Stimme des deutschen Reiches und des deutschen Reichsverwesers, vertauschet, noch ehe er weiter entbrennt, den blutigen Kampf der Waffen mit der friedlichen Unterhandlung und nehmt, so weit ihr derselben irgend Vertrauen schenken könnet, unsere freundliche Vermittlung an, welche wir persönlich Euch anzubieten im Begriffe stehen."

"Es lebe Oesterreich und sein ruhmvolles Kaiserhaus! es lebe Wien! Möchte Oesterreich und möchte Wien baldmöglichst und immer mehr Wohlstand und heiteren Lebensgenuß, gleich den freien Britten und ihrer blühenden Hauptstadt, mit einer vollständigen aber gesetzlichen und mit männlicher Reife gehzndhabten constitutionellen Freiheit vereinigen!"

"Passau, den 18. October 1848.

Die Reichscommission."

Welcker m. p. Mosle m. p.

Präs. Ich habe noch beizufügen, daß ich dem Wunsche der Herren Commissäre entsprochen habe und die nöthige Verfügung getroffen, daß dieser Aufruf veröffentlicht werde. Es ist mir ferner eine Zuschrift der Wahlmänner des Wahlbezirkes von Mährisch-Trübau zugekommen, welche ich verlesen lassen zu müssen glaube.

(Schriftf. Cavalcabó verliest dieselbe. Sie lautet:)

"Hohe Reichsversammlung!"

"Einer der jüngsten Beschlüsse der hohen Reichsversammlung rief alle, sowohl mit als ohne Urlaub abwesenden Abgeordneten der den Gesammtstaat bildenden Provinzen zurück, um in den gegenwärtigen Tagen der Gefahr dasjenige zu berathen und zu beschließen, was zur Erhaltung der Ruhe und der geregelten Staatsverwaltung Noth thut."

"Mit Erstaunen nahmen die gefertigten Wahlmänner des Mährisch-Trübauer Wahlbezirkes wahr, daß ihr zur Reichsversammlung gewählter Abg., Herr Anton Weigl, sich seit mehreren Tagen zu Hause befindet, anstatt seinen Sitz in der hohen Reichsversammlung, wohin er gehört, einzunehmen."

"Die gefertigten Wahlmänner des Trübauer Wahlbezirkes, einer hohen Reichsversammlung für die in der letzten Zeit bewährte große Umsicht und aufopfernde Thätigkeit zu hohem Danke verpflichtet, protestiren hiemit feierlichst gegen das Verhalten dieses Abgeordneten, Herrn Anton Weigl, und indem sie in Vertretung ihrer Comittenten sich den Beschlüssen der auf legal-constitutionellem Boden stehenden hohen Reichsversammlung unbedingt und mit Freuden unterwerfen, stellen dieselben die gehorsamste Bitte: Die hohe Reichsversammlung geruhe, den durch den Herrn Abg. Weigl ohne Urlaub in den Tagen der Gefahr verlassenen Posten eines Vertreters des M. Trübauer Wahlbezirkes für erledigt zu erklären, die neuerliche Wahl eines solchen der Dringlichkeit des Gegenstandes wegen mit möglichster Beschleunigung anzubefehlen, und die gehorsamst gefertigten Wahlmänner des Trübauer Wahlbezirkes von der höchsten Schlußfassung gnädigst zu verständigen, um den vom constitutionellen Princip durchglühten 50.000 Bewohnern des Trübauer Wahlbezirkes das Recht zu wahren, an der constituirenden Gesetzgebung unseres Gesammtstaates Theil zu nehmen."

"Mährisch-Trübau am 15. October 1848."

W. Schwab. J. A. Exner. Dominik Schwab. Franz Kraus. F. A. Goebeler. Johann Preßfreund. Dominik Hönig. Adalbert Janda. Franz Blodig. Anton Pirschl durch Joh. Tiller. August Kraus. Friedl. Jos. Holzmaister. Joh. Tiller. Carl Steinbrecher. Anton Joseph Wondra. J. C. Steinbrecher. Joseph Horak. Franz Penkel. Fr. Gläser. Franz Gromes. Franz Zeche. Laurenz Hartl. Martin Zecha. m. p.

Präs. Ich bin der Meinung, daß in Bezug auf dieses Gesuch nichts zu veranlassen sei, indem das gestellte Begehren unter die vorgestern gefaßten Beschüsse fällt, und sich der Abg. Weigl nach diesen Beschlüssen zu halten haben wird.

Abg. Sierakowski. Da die Wahlmänner des Wahlbezirks ihrem Abgeordneten schon das Mißtrauensvotum gegeben und erklärt haben, daß sie einen neuen Abgeordneten statt seiner wählen wollen, wäre ich der Meinung, daß in jenem Bezirke die Wahl durch das Ministerium ausgeschrieben werde.

Abg. Borrosch. Ich wollte eben dasselbe sagen. Wahlmänner sind nach dem Wahlgesetze die Stimme des Volkes. In jenem Bezirke haben sie erklärt, sie wollen statt des abtrünnig gewordenen Abgeordneten einen neuen wählen, haben sie darauf ein unbestreitbares Recht, oder wir müßten die Volksfreiheit praktisch abläugnen wollen. Ich bin daher für eine entschiedene Anerkennung, zur Aufforderung, dieses rühmliche Beispiel nachzuahmen, in allen jenen Bezirken, wo sie gleiche Ursache haben, neue Vertreter zu fordern.

Abg. Brestel. Ich muß diesem Antrage des Abg. Sierakowski widersprechen, denn wir haben einmal ausgesprochen, daß binnen zehn Tagen jeder Deputirte zurückzukehren habe, widrigenfalls eine neue Wahl auszuschreiben ist. Diesen Termin müssen wir einhalten, denn er gilt für die Einen und für die Andern. Uebrigens muß ich mich vollkommen widersetzen, als ob den Wahlmännern das Recht zustehe, ihre Abgeordneten zurückzurufen. In diesem Falle sind die Wahlmänner von patriotischer Gesinnung beseelt, und haben ihrem Deputirten ein Mißtrauensvotum gegeben, indem er seine Pflicht nicht gethan hat. Ich gebe Ihnen aber zu bedenken, meine Herren, daß eben so gut das Gegentheil geschehen könnte, daß einzelne Bezirke ihren Deputirten, der seine Pflicht erfüllt hat, und auf seinem Platze geblieben ist, unlieb machen, und es versuchen könnten, die Wahlmänner irre zu leiten, wie mir bekannt ist, daß bei einem der geschätztesten unserer Deputirten, einem wahren Patrioten, solche Umtriebe vorgekommen sind. Aus dieser Ursache kann ich nicht zugeben, daß den Wahlmännern als solchen das Recht zusteht, Deputirte zurückzurufen. Ich muß mich daher diesem Antrage widersetzen, obwohl ich den patriotischen Sinn der Wahlmänner von Mährisch-Trübau anerkenne, und überzeugt bin, daß, wenn zehn Tage verflossen sind, sie einen Mann wählen, welcher in den Tagen der Gefahr seine Pflicht erfüllt. Wir müssen daher diese zehn Tage abwarten; kehrt er binnen dieser Zeit nicht zurück, so wird für ihn, so wie für jeden Anderen eine neue Wahl ausgeschrieben werden.

Präs. Abg. Paul hat das Wort.

Abg. Paul. Ich habe in demselben Sinne sprechen wollen, wie mein verehrter Herr Vorredner, und verzichte daher auf das Wort.

Präs. Abg. Demel hat das Wort.

Abg. Demel. Ich wollte nur bemerken, daß, soll der Abgeordnete seine Pflicht hier erfüllen, soll er für die Freiheit das Wort reden, so muß er mit unumschränkter Vollmacht hieher gesendet worden sein, und den Wahlmännern kann nicht das Recht zustehen, ihren Abgeordneten, wenn er sich ihr Mißtrauen nach ihrer subjectiven, vielleicht unrichtigen Ansicht zuzieht, zurückzurufen; denn dieses hieße, ihm eine beschränkte Vollmacht ertheilen und ihn unbedingt ihrem Willen, also der beschränkten Einsicht seiner Committenten unterwerfen. Daher glaube ich, daß wir das Princip der beschränkten Vollmacht und des Rechtes der Wahlmänner, ihre Abgeordneten zurückzufordern, nicht anerkennen sollen.

Abg. Cavalcabó. Ich wollte nur bemerken, daß in Bezug auf die Verständigung der Wahlmänner des Mährisch-Trübauer Wahlbezirkes es genügen dürfte, ihnen den Beschluß kund zu machen, den wir am 19. October gefaßt haben: daß alle Abgeordneten, die binnen 10 Tagen nach Kundmachung dieses Beschlusses nicht zurückkehren, daß ihre Plätze als erlediget anzusehen sind. Sie werden sich gewiß zufrieden stellen, denn sie werden bei der Abfassung dieses Beschlusses von der Ansicht ausgegangen sein, es habe die Reichsversammlung diesen Beschluß nicht gefaßt. Auf die wenigen Tage wird es ihnen nicht ankommen, sie werden sehen, daß alle Abgeordneten gleich gehalten seien, ohne Rücksicht, ob die Wahlmänner eine Einsprache gethan, oder nicht. Ich würde daher den Antrag stellen, ihnen zu erwiedern, daß am 19. October der Beschluß gefaßt worden ist, daß alle Abgeordneten, die binnen zehn Tagen nicht zurückkehren, als ausgeschlossen anzusehen seien, und daß dieß auch in Hinsicht ihres Abgeordneten der Fall sein wird.

Abg. Borrosch. Einer der geehrten Herren Abgeordneten hat auf mich hingedeutet; ich habe bis dato auch nicht von einem einzigen Wahlmanne, es hat sich auch keiner bis jetzt eingestellt, ein Mißtrauensvotum erhalten. Es ist auch groß zweierlei, ob Wahlmänner ihren Abgeordneten für ihre hier ausgesprochene Meinung ein Mißtrauensvotum ertheilen, oder ob sie den die Fahne meineidig verlassen habenden zurufen: Ihr könnt nicht mehr unsere Krieger sein! (Beifall.) Ich wünsche, daß zu jeder Zeit in dieser constituirenden und jeder nachfolgenden Reichsversammlung sämmtliche Parteien vertreten sein mögen; ich wünsche, daß es in einer solchen Versammlung nie an Conservativen, nie selbst an einigen Procenten Republikanern, als dem nothwendigen Salze, daß die Volksfreiheit nicht in Fäulniß übergehe, fehlen möge. (Beifall) Nur wenn alle Parteien vertreten sind, nur wenn sie im ehrlichen Kampfe das Höchste anstreben, so werden sie es auch erreichen. Wenn jetzt die vor uns lagernden Heere es wünschen und aussprechen, daß die Reichsversammlung ohne eine Linke sein möge, so kann es einmal geschehen, daß man auch eine Rechte nicht wünscht. Ich hoffe, wahre Vaterlandsliebe, echtes Freiheitsgefühl wird immer die Mehrzahl beseelen, um solche jede Constituirung unmöglich machende Gelüste von sich abzuweisen.

Auf diesen einzelnen Fall zurückkommend bemerke ich, daß die Wahlmänner erklärt haben, dieser Mann weile unter ihnen. Gewiß haben sie ihn schon aufgefordert, seiner Pflicht wieder nachzukommen, jedenfalls also ist das Mindeste, was ich zugestehen kann, daß man die Wahlmänner beauftrage, es ihm freizustellen, binnen sechs Tagen a dato hier seiner Pflicht nachzukommen; das ist das Höchste, was ich zugestehen könnte. Ich werde niemals mich in Persönlichkeiten einlassen, niemals incriminiren, könnte aber unter den jetzigen Umständen wirklich manches Schmachvolle und Niedrige von abgegangenen Deputirten kund geben. Wenn Briefe geschrieben werden an die hier noch Tagenden, daß sie schleunigst Wien verlassen mögen, so gehört das in diese Kategorie. (Beifall.) Wie jener Mann sich geäußert hat, geht mich nichts an; seine Wahlmänner haben sich geäußert, unter denen er jetzt weilt, die sich gewiß überzeugt haben, wie seine Gesinnung ist. Und noch einmal gesagt, da ist die Volksfreiheit nicht mehr praktisch durchgeführt, wenn man in einem so genau begränzten Falle, also keineswegs Mißtrauensvota für Meinungsäußerungen hiermit einschließenden Falle, wenn man da nicht den Wahlmännern, dem durch sie vertretenen Volke, volle Gerechtigkeit erzeigt.

Abg. Machalski. Ich schließe mich ganz der Ansicht des Abg. Sierakowski an, allein um die Frage auf den rechtlichen Standpunct zurückzuführen —

Ein Abgeordneter. Ich trage auf den Schluß der Debatte an.

(Dieser Antrag wird unterstützt und bei der Abstimmung der Schluß der Debatte ausgesprochen, wonach folgende Redner noch vorgemerkt sind, als: Machalski, Dylewski, Demel, Umlauft, Polaczek, Nadler, Staffa, Smreker.)

Abg. Machalski. Die Frage muß auf den rechtlichen Standpunct zurückgeführt werden; denn so wie nur die Mehrheit von drei Viertel von Wahlmännern das Recht hat, einen Abgeordneten mit Rechtskraft zu wählen, so hat auch dieselbe Mehrheit das Recht, ihm ein Mißtrauensvotum zu ertheilen und ihn zurückzurufen. Ich werde mir erlauben, den Herrn Secretär zu ersuchen, die Anzahl der Unterschriften anzugeben.

Präs. Ich werde die Anzahl der Unterschriften angeben. (Zählt sie) Es sind angegeben 25 Wahlmänner, das heißt 25 Unterschriften, ich kann es nicht bestimmen, ob es Wahlmänner sind. — Wollen Sie noch weiter sprechen? (Nein!)

Abg. Dylewski. Meine Herren, warum sind wir hier geblieben? Ich glaube um die Freiheit für alle Völker die hier vertreten sind, zu wahren, und zwar von dem Standpuncte, von welchem wir hier diese Sache beurtheilen können. Schon dieses, daß wegen eines einzigen Falles bei uns die Leidenschaft spreche, und etwas abgeändert werde, was vor einigen Tagen für alle Völker beschlossen wurde, schon dieses, glaube ich, wäre gar nicht in der Ordnung. Unser Standpunct, unser Bestreben ist jetzt so wichtig und so hoch, daß wir uns nicht von einem bloßen augenblicklichen Gelegenheitsstreite hinreißen lassen sollen. — Bedenken wir, daß wir durch den Beschluß der Einräumung von zehn Tagen den hier nicht anwesenden Abgeordneten möglich gemacht haben, zurückzukehren. Wenn wir aber sie voraus verurtheilen, wie können wir dann mit Ihnen über das Gesammte berathen? — Was die Meinung betrifft, ob die Wähler einen Abgeordneten zurück rufen können, so rede ich nicht von mir, weil ich allerdings in einem solchen Falle, wenn sie mich zurück riefen, abtreten würde; aber ich werde im Allgemeinen den Standpunct, den die Wahlmänner zu Hause einnehmen, als einen ganz anderen bezeichnen, als der, aus welchem sie von hieraus die Sache anschauen. Und sollen nicht Localrücksichten obwalten, so wäre also nur die Frage des unmittelbaren Zurückberufens noch zu bestreiten, weßhalb ich glaube, daß diese Frage nicht an der Tagesordnung sein kann, und daß wir bei dem bleiben sollen, was wir überhaupt beschlossen haben.

Abg. Demel. Zwar hat der Abg. Dylewski schon die Ansichten der Herren Machalski und Borrosch widerlegt, daß die hohe Kammer nicht einverstanden sein kann, daß die Wahlmänner das Recht hätten, durch ein Mißtrauensvotum ihre Abgeordneten zurück zu rufen; ich wiederhole es, obwohl ich es bei einem einzelnen Abgeordnelen für seine Pflicht halten würde, zurück zu treten, wenn er das Vertrauen verloren hat, — die Versammlung aber kann dieses Princip nicht annehmen.

Abg. Umlauft. Ich muß im Gegentheile erklären, daß es in der Consequenz der Durchführung des demokratischen Principes liegen müsse, daß bei einer offenbaren Pflichtverletzung von Seite eines Abgeordneten Denjenigen, welche ihn gewählt haben, welche ihm das Vertrauen zugewendet haben, frei stehen müsse, ihn von seinem Platze, wo er ohnehin nur in ihrem Sinne und ihrem Interesse zu wirken hat, zurückzurufen. Ich will aber die Sache vom praktischen Gesichtspuncte betrachten. Wir hören, daß 25 Männer das Mißtrauensvotum gegen den Abg. Weigl ausgesprochen haben; wir wissen nicht einmal, sind dieß Wahlmänner, oder Wähler, wie groß war die Anzahl der Wahlmänner, welche ihn gewählt haben; kurz wir wissen nichts von dem faktischen Bestande. Um also über diesen Gegenstand ein gegründetes Urtheil fällen zu können, ist eine Erhebung des Thatbestandes nothwendig. Wir können früher nicht aussprechen, daß der Herr Abg. Weigl abberufen werde, daß an seiner Stelle eine neue Wahl auszuschreiben sei, als bis wir überzeugt sind, daß die 25 Wahlmänner die Majorität sind, daß sie überhaupt Wahlmänner sind. Da aber die Einholung dieses Thatbestandes längere Zeit bedürfen würde, als der ausgesprochene Zeitraum von zehn Tagen, so wäre es unpraktisch, darauf einzugehen, und es ist gewiß die zweckmäßigste Maßregel, welche getroffen werden kann, daß man den Ablauf des Termines von zehn Tagen abwarte, und hernach für den Abg. Weigel, so wie für die anderen Deputirten eine neue Wahl ausschreibe.

Abg. Polaczek. Ich glaube, als wir den Beschluß gefaßt haben, den abwesenden Abgeordneten einen zehntägigen Termin zur Rückkehr zu gestatten, sind wir von der Voraussetzung ausgegangen, im Sinne ihrer Wahlmänner zu handeln, und daß die Wahlmänner die Beweggründe, die sie zur Abreise veranlaßt haben, nicht billigen, sondern vielmehr mißbilligen werden. Nun ist von einem Wahlbezirke ein Mißtrauensvotum, eine Mißbilligung ausdrücklich ausgesprochen worden, folglich erscheint hiemit bloß unsere Voraussetzung, die zum Theil unserem früheren Beschlusse zum Grunde liegt, bestätiget; dieser einzelne Fall kann aber keine Ausnahme begründen. Wir müssen bei dem nun ein für allemal gefaßten Beschlusse, beim zehntägigen Termine verbleiben. — Endlich muß ich bemerken, auf die vom Abg. Borrosch gestattete sechstägige Frist, daß von der beschlossenen zehntägigen Frist bereits zwei Tage verlaufen und daher noch acht Tage übrig sind Ich sehe daher nicht ein, warum wir jetzt wieder den Termin noch um zwei Tage verkürzen sollen.

Abg. Potocki. Ich trage auf Tagesordnung an.

Präs. Wird der Antrag auf Tagesordnung unterstützt? (Unterstützt.) Diejenigen Herren, welche für den Uebergang zur Tagesordnung sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Der Gegenstand ist daher beseitiget.

Uebergehend zum nächsten Gegenstande der heutigen Tagesordnung erscheint jetzt die Vorlesung des gestrigen Protokolles. Ich ersuche den Herrn Schriftführer dasselbe vorzulesen. (Schriftf. Cavalcabó verliest das Protokoll vom 20. October.)

Präs. Ist etwas in Bezug auf die Fassung des Protokolles zu erinnern?

Abg. Fleischer. Im Protokolle ist angegeben, daß ich nach Ablauf meines Urlaubes hier eingetroffen sei, ich bin jedoch noch vor Ablauf desselben abgereist und hier eingetroffen, und bitte diesen Punct zu berichtigen.

Schriftf. Cavalcabó. Ich werde es sogleich berichtigen.

Abg. Sidon. Ich bin nicht Abgeordneter von Mähren sondern für Böhmen, für Mähren wurde Oheral gewählt.

Schriftf. Cavalcabó. Ich werde dieß verbessern.

Präs. Ich erlaube mir anzuzeigen, daß 196 Mitglieder anwesend sind, die Kammer daher beschlußfähig ist. — Diejenigen Herren, welche sich für die Genehmigung des Protokolles aussprechen, wollen aufstehen. (Angenommen.)

Einen weiteren Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet der Bericht der permanenten Commission. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter zur Berichterstattung zu schreiten.

Berichterst. Schuselka. Bei dem permanenten Ausschusse sind durch den Herrn Abg. Thar abermals Geldbeiträge zur Unterstützung mittelloser Nationalgarden und Studenten eingelaufen, und zwar von der Gemeinde Erlau 27 Gulden 40 kr. C. M., von der Gemeinde Neubach 6 Gulden. Gemeinde Rohr 6 Gulden 48 kr. — Von der Nationalgarde der Stadt Steyer in Oberösterreich sind durch den Ober-Commandanten der dortigen Nationalgarde Schnittan zur Unterstützung der Freiheitskämpfer in Wien und der Witwen und Waisen der Gefallenen vorläufig 400 Gulden C. M. eingegangen. (Beifall.)

Wir haben gestern sofort nach Beendigung der Sitzung die beiden hier gefaßten Beschlüsse in Betreff der Zurückstellung der aus den umliegenden Ortschaften Wiens abgenommenen Waffen und der Freilassung der Zufuhr von Lebensmitteln an den Grafen Auersperg durch einen Officier der Nationalgarde abgeschickt. Wir haben gestern folgende Antwort vom Grafen Auersperg erhalten:

"An den löblichen Ausschuß der hohen Reichsversammlung!"

"Indem ich den Empfang der geschätzten Zuschrift vom Heutigen anmit bestätige, kann ich nur bemerken, daß, nachdem Seine Majestät der Kaiser bekanntlich mit Allerhöchster Entschließung vom 16. d. M. den Oberbefehl über alle k. k. Truppen dem Fürsten Windischgrätz übertragen hat, welchem somit auch ich mit dem bisher unter meinem Commando gestandenen Truppenabtheilungen untergeordnet bin, die Erledigung der aufgestellten Fragepuncte nicht mehr von mir abhängt, sondern an denselben gewiesen werden müsse."

"Ich erwarte den Herrn Oberbefehlshaber zwischen heute und morgen und bin erbötig, ihm die gedachte Depesche zur weiteren Verfügung mitzutheilen."

"Einstweilen kann ich nur bemerken, daß die Entwaffnung einiger Ortschaften des flachen Landes bloß eine vorübergehende mit der militärischen Besetzung derselben in enger Verbindung stehende Maßregel war (Zischen), von der es bei veränderten Umstanden ohne Zweifel wieder sein Abkommen finden wird".

"Hauptquartier Inzerdorf, am 20. October 1848.

Graf Auersperg m. p. Feldmarschall-Lieutenant."

Da nun dem permanenten Ausschusse von dieser Allerhöchsten Entschließung vom 16. d. M., durch welche das Ober-Commando über sämmtliche österreichische Truppen dem Fürsten Windischgrätz übertragen wurde, nichts bekannt war und nichts bekannt ist, da aber zu gleicher Zeit der Graf Auersperg sich erbietet, unsere Depesche sofort dem commandirenden Fürsten Windischgrätz zukommen zu lassen, so haben wir beschlossen, einstweilen, da heute eigentlich der commandirende General Fürst Windischgrätz schon in Inzersdorf erwartet wird, die Antwort desselben, die heute oder morgen erfolgen dürfte, abzuwarten, und wenn sie nicht einläuft, dieselbe Depesche mit den Reichstagsbeschlüssen an den Fürsten Windischgrätz ungesäumt gelangen zu lassen.

Bezug habend auf diese Verordnung, ist ein Gesuch der Nationalgarde von Purkersdorf, die sich in derselben Angelegenheit, wegen Entwaffnung, an den hohen Reichstag wendet, und von ihm erbittet, daß eine Verfügung getroffen werde, daß die von der Gemeinde gekauften Waffen, die vom Militär weggenommen und weggeführt worden, zurückgestellt werden. — Es ist schon in dem Schreiben an den Grafen Auersperg nicht bloß auf die Gemeinde Liesing Rücksicht genommen, sondern wir haben ausdrücklich gesagt: die Nationalgarde der sämmtlichen Ortschaften um Wien, wo so etwas vorgekommen ist, — so ist auch die Gemeinde Purkersdorf darunter begriffen; und sowohl wir, als die Gemeinden müssen abwarten, was weiter von dem Generalissimus Windischgrätz in dieser Beziehung für eine Antwort einlaufen wird. Ich habe sonst im Namen des permanenten Ausschusses für diesen Tag keine weitere Mittheilung zu machen.

Finanzminister Krauß. Ich bin in der Lage, der hohen Versammlung eine Mittheilung zu machen, die mir vor einer halben Stunde durch einen Cabinetscourier zugekommen ist. Minister Wessenberg hat mir ein Manifest Seiner Majestät des Kaisers eingesendet, welchts ich mir die Freiheit nehme vorzulesen. (Liest:)

"Wir Ferdinand der Erste, constitutioneller Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn ec. ec. entbieten Unseren getreuen Völkern Unseren väterlichen Gruß.

"Durch die blutigen Ereignisse, welche seit dem 6. dieses Unsere Haupt- und Residenzstadt Wien in einen Schauplatz anarchischer Wirren umgewandelt haben, auf das tiefste betrübt, und in Unserem Innern erschüttert, sahen Wir Uns genöthiget, Unseren Sitz zeitweilig nach Unserer kön. Hauptstadt Olmütz zn verlegen."

"Mit gleicher Betrübniß erfüllt Unser Herz die eintretende Nothwendigkeit, zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und zum Schutze der an den Gräueln des Aufstandes nicht betheiligten Staatsbürger militärische Maßregeln zu ergreifen; doch wollen Wir, daß in der Anwendung dieses Uns abgedrungenen äußersten Mittels nur so weit gegangen werde, als es zur Herstellung der Ruhe und Sicherheit, und zum Schutze Unserer getreuen Staatsbürger, sowie zur Aufrechthaltung der Würde Unseres constitutionellen Thrones nöthig sein wird."

"Es ist Unser fester unverändlicher Wille, daß die Unseren Völkern gewährten Rechte und Freiheiten, wenn sie auch von einzelnen Böswilligen oder Mißgeleiteten mißbraucht worden sind, in ihrer ganzen Ausdehnung ungeschmälert bleiben, und Wir verbürgen solche neuerdings durch Unser kaiserliches Wort."

"Auch wollen Wir, daß die von dem constituirenden Reichstage bereits gefaßten und von Uns sanctionirten Beschlüsse, namentlich jene über die Aufhebung des Unterthans-Verbandes, der Entlastung und Gleichstellung des Grundbesitzes gegen die im Principe vom Reichstage anerkannte billige Entschädigung aufrecht erhalten, und Unserer bereits erlassenen Anordnung gemäß in Vollzug gebracht werden."

"Ebenso ist es Unser fester Wille, daß das begonnene Verfassungswezk von dem constituirenden Reichstage in einer der vollen Gleichberechtigung aller Unserer Völker entsprechenden Weise ungestört und ununterbrochen fortgesetzt werde, damit solches in Bälde Meiner Sanction unterlegt, und einem gedeihlichen Ende zugeführt werden könne."

"Dieses möglich zu machen, wird der Gegenstand Unserer ernsten Sorgfalt sein, und Wir rechnen dabei auf die Einsicht, Anerkennung und bewährte Loyalität Unserer getreuen Völker."

"Gegeben in Unserer k. Hauptstadt Olmütz den 19. October 1848."

Ferdinand m. p.

Wessenberg m. p.

Ich werde dieses Allerhöchste Manifest in Druck legen und anheften lassen. Zugleich habe ich eine Mitteilung von den Abgeordneten der Centralgewalt in Frankfurt erhalten, welche auf dem Wege nach Wien begriffen sind, und die mir zusagen, daß sie mit ihrer Vollmacht sich ausweisen werden.


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