Ètvrtek 19. øíjna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Zweiundfünfzigste Sitzung des constituirenden Reichstages,

am 19. October 1848.

(Permanenz.)

Tagesordnung

I. Ablesung der Sitzungs-Protokolle vom 18. October.

II. Bericht der permanenten Sicherheits-Comission.

III. Berichte über Wahlacte.

IV. Bericht über das Rekrutirungs-Gesetz.

V. Berathung über das Nationalgarde-Gesetz.

VI. Bericht über die Reichstagsrechnungen.

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Anfang um 3/4 auf 3 Uhr.

Präs. In Wiederaufnahme der gestern unterbrochenen Sitzung erlaube ich mir der hohen Kammer anzuzeigen, daß der Abg. Johann Leithner von seinem Urlaube zurückgekehrt ist, und sich beim Vorstande angemeldet hat (Beifall). Ferner erlaube ich mir der hohen Kammer anzuzeigen, daß der Abg. Fürnkranz sein Mandat niedergelegt hat (Aeußerungen des Mißfallens). Ich bitte, meine Herren, auf diese Aeußerungen des Mißfallens halte ich mich für verpflichtet anzuzeigen, daß der vorliegende Fall eine ganz unfreiwillige Zurücklegung des Mandates sei; denn es hat sich der Fall ereignet, daß der Abg. Fürnkranz am 6. d. M. am Stephansplatze ins Gedränge gekommen ist; er hat an einem Uebel gelitten, welches er sich durch seine lange Militärdienstleistung zugezogen hat, in diesem Gedränge erneuerte sich dieses Uebel so heftig, daß er ernstlich, ja lebensgefährlich krank darniederliegt, von welchem Umstande sich auch mehrere Herren Abgeordnete persönlich überzeugt haben. (Ruf: Ja! ja!) Er hat auch dazumal sogleich diesen ihm zugestoßenen Unfall anzeigend um einen vierzehntägigen Urlaub gebeten, und erklärte für den Fall, als er nicht genesen sollte, seine Dimission eingeben zu wollen. Ich habe es damals der hohen Kammer nicht bekannt gemacht, weil ich hoffte, daß der Abg. Fürnkranz genesen wird. Nachdem er aber noch immer gefährlich krank ist und erst heute sein Enthebungsgesuch überreicht, so habe ich diese Angelegenheit erst heute zur Sprache bringen zu müssen geglaubt. Das Ausscheiden dieses geehrten Abgeordneten ist um so mehr zu bedauern, als aus seinem Schreiben ersichtlich ist, wie es ihn schmerzt, daß er auf diesem Posten seinem Vaterlande nicht mehr dienen kann.— Es wird sogleich die Veranlassung getroffen werden, daß für diesen Wahlbezirk eine neue Wahl ausgeschrieben werde. — Es wurde mir von Seite der Commission, die gestern zusammengesetzt wurde, angezeigt, daß dieselbe mit der Redaction des Aufrufes an die Völker nicht fertig werden konnte, und daß derselbe erst gegen 6 Uhr wird zu Stande gebracht sein. Da wir in diesem Augenblicke ohnedem nicht beschlußfähig, wohl aber zur Debatte befähiget sind, ersuche ich den Herrn Berichterstatter des permanenten Ausschusses, anzuzeigen, was seit gestern Bemerkenswerthes vorgefallen ist.

Abg. Schuselka. Es sind dem permanenten Ausschusse neuerdings nicht unbeträchtliche Gelobeträge von Landgemeinden zugekommen, und zwar: die drei Gemeinden der Pfarre Oswald bei Freistadt und die Marktgemeinde Oswald im Mühlkreise übersendete die Summe von 43 fl. 19 kr. mit der Bestimmung für mittellose Garden und Legionäre; die Frau Wierzkowska 3 fl. für verwundete Garden. Folgende Gemeinden der Pfarre Haffenbach übersendeten für die in Wien vereinigten Freiheitskämpfer 93 fl., und zwar von den Gemeinden Weinzirl, Grab, Sessendorf, Pfaffing, Wirmling, Thal, Zehendorf, Haffenbach, Ramersdorf, Eichberg, Wimpassing, Krüng und Hengstenberg. Es ist bereits die Summe von 864 fl. 20 kr. an den Verwaltungsrath der Nationalgarde und dem Studenten-Comité zu gleichen Theilen verabfolgt worden, um für die laufenden und dringenden Bedürfnisse Vorsorge treffen zu können. — Von der Stadt Teltsch in Mähren ist durch die Post ein Packet Scharpie und Verbände für verwundete Nationalgarden eingegangen und dem Verwaltungsrathe überliefert worden. — Vom Gouverneur von Steiermark, Grafen von Wickenburg, ist folgendes Schreiben eingegangen:

"An den hohen Reichstag! Die Provinz Steiermark hat mit Bedauern in Erfahrung gebracht, daß einige ihrer zum hohen Reichstage entsendeten Deputirten in den Tagen der Gefahr, wo das Vaterland ihrer am meisten bedurfte, ihren Posten verlassen haben. Um sowohl jene Männer, welche ihrer übernommenen Pflicht getreu blieben, sowie jene kennen zu lernen, welche im Augenblicke der Gefahr in Folge Besorgnisses für ihre persönliche Sicherheit diesen Posten verließen, so stellt der endesgefertigte Gouverneur das Ansuchen, das hohe Reichstagspräsidium möge so gefällig sein, mir die Namen Letzterer bekannt zu geben.

Gratz am 17. October 1848.

Wickenburg m. p."

(Beifall).

Der permanente Ausschuß erlaubt sich den Antrag zu stellen, daß dem Verlangen des Gouverneurs von Steiermark Genüge geleistet werden möge, damit für die vielleicht abgegangenen Deputirten der Provinz Steiermark sofort neue Wahlen ausgeschrieben werden können.

Abg. Wiesenauer. Ich erlaube mir die hohe Versammlung zu ersuchen, daß einstweilen dem Ansuchen des Gouvernenrs nicht entsprochen werden möge (Murren), indem die hohe Versammlung für die abwesenden Deputirten einen Termin von 14 Tagen festgesetzt hat, binnen welchen sie erscheinen sollen, wornach erst neue Wahlen ausgeschrieben werden sollen. Ich sehe also nicht ein, warum man früher wegen der Deputirten einer Provinz eine Maßregel ergreifen soll, indem man auch von vielen nicht wissen kann, ob sie nicht von ihrer Rückkunft gegen ihren Willen zurückgehalten sind.

Abg. Smreker. Ich muß mich ganz gegen meinen Herrn Vorredner erklären. Es ist der Wunsch der Provinz, jene Männer kennen zu lernen, auf welche sie in den Tagen der Gefahr bauen kann (Beifall), und es wäre sehr löblich, wenn alle Gouverneure ihre Pflicht so sehr erkennen möchten, wie es dieser in seiner Zuschrift gethan hat.

Ein Abg. In vier Tagen ist der Termin zu Ende, ich glaube, wir sollten bis dorthin warten.

Abg. Uchatzy. Ich stelle den Antrag, das Ansuchen des Gouverneurs auch auf Böhmen auszudehnen.

Abg. Ambrosch. Ich stelle den Antrag, dieses auf alle Provinzen auszudehnen, also auch auf Illyrien.

Ein Abg. Man möge mit Namen abzähten, welche hier und welche weg sind.

Präs. Ich ersuche die Herren, von der Redeordnung nicht abzuweichen, und nur der Ordnung nach zu sprechen. — Abg. Potocki hat das Wort.

Abg. Potocki. Meine Herren, ich glaube, wir wollen uns damit selbst ein Lob aussprechen. (Ruf: Nein, nein! Zischen.) Ich sage noch einmal, ich glaube, wir wollen uns selber ein Lob aussprechen, und ich glaube, wenn wir hier geblieben sind, wenn wir es als eine Pflicht betrachten, hier zu bleiben, so thun wir es für unser Vaterland, für unser Land, und als eine Pflicht; wir brauchen aber kein Lob; das Lob werden wir in unserm eigenen Gewissen fühlen; wir können nicht wissen, was den Einen oder den Anderen zurückhält, wir können dieß nicht beurtheilen, ohne die Herren angehört zu haben. Ich will also ganz gegen diesen Antrag stimmen, und ich glaube, daß wir bis zum Ende des Termines warten und es zu ihrer Kenntniß bringen, daß wir ihre Anwesenheit brauchen, aber nicht gleich mit solchen Maßregeln hier auftreten.

Abg. Uchatzy. Ich schließe mich dem Antrage des Abg. Potocki zwar an, jedoch nur in dieser Beziehung, daß nur die bekannt gegeben werden, welche abgegangen, nicht Diejenigen, welche hier anwesend sind.

Abg. Umlauft. Meine Herren! Wir haben an einem der ersten Tage, welcher uns in die gegenwärtige Lage versetzt hat, den Beschluß gefaßt, keinen moralischen Zwang aufzulegen. Jene Deputirten, welche sich von hier entfernt haben, sie haben es mit ihrem Gewissen abzuthun; wir haben unsere Pflicht erfüllt, wir sind hier geblieben. Hat Jemand eine andere Anschauung, so lasse man auch diese gelten. Ich bin daher vollkommen einverstanden, daß man für den Augenblick eine solche Zählung und Namhaftmachung für alle Provinzen nicht unternehme, muß aber auf das Kräftigste den Antrag des Ausschusses unterstützen, daß die von hier abwesenden steiermärkischen Deputirten dem Verlangen des Gouverneurs gemäß bekannt gegeben werden. Es ist das Verlangen der Provinz, sie werden recht gut wissen, warum es geschehen soll. Ueberdieß mache ich die Herren aufmerksam, daß ja an eben demselben Tage, an welchem der Beschluß gefaßt wurde, den ich erwähnte, bereits beschlossen wurde, einen vierzehntägigen Termin allen Deputirten zur Rückkehr einzuräumen. Dieser Termin ist binnen 3 Tagen um, binnen 3 Tagen steht uns also vollkommen das Recht zu, für alle jene Deputirten, die an dem Tage noch nicht hier sind, augenblicklich die Wahl ausschreiben zu lassen, und diesen Antrag würde ich mir erlauben auf den Tisch des Hauses niederzulegen.

Abg. Teufel. Ich glaube, es handelt sich nicht hier um unser Lob, wie ein Herr Vorredner bemerkt hat, sondern auch um unsere Gefahr, denn unsere Committenten wollen wissen, wer sich hier in der Kammer befindet und wer nicht. Ich habe selbst schon einige solche Schreiben bekommen.

Abg. Zimmer. Die Deputirten haben es nicht bloß mit ihrem Gewissen zu thun, sondern sie haben es auch mit ihren Committenten zu thun. Viele Deputirte sind nicht nach Hause zurückgekehrt, sondern haben sich in Schlupfwinkeln verborgen; die Namen der Deputirten sind daher zu verlesen, die anwesend sind, und die abwesend sind, müssen notirt werden; sie müssen bei ihrer Bürgerehre, bei ihrer Pflicht als Volksvertreter, bei ihrer Freiheitsliebe aufgefordert werden, auf diesen Posten zurückzukehren, und wenn sie es nicht thun, so ist ihr Name werth, daß er an den Pranger gestellt werde. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Gschnitzer. Ich muß mich vollkommen dem Antrage des Abg. Umlauft anschließen, denn ich glaube, daß es von uns, die wir hier geblieben sind, nicht edel sein dürfte, Diejenigen, die weggegangen sind, quasi der öffentlichen Meinung Preis zu geben. Uebrigens denke ich Wohl, daß irgend ein Termin festgesetzt werden muß, nach dessen Ablauf Diejenigen, die nicht zurückgekehrt sind, durch neue Wahlen ersetzt werden müssen.

Abg. Königshofer. Ich muß feierlichst protestiren, daß bloß die abwesenden Abgeordneten der Provinz Steiermark proscribirt werden sollen. Wenn schon eine Proscription Statt haben soll, so soll sie für Alle, die abwesend sind, Statt haben. Uebrigens muß ich bemerken, daß der Herr Gouverneur in Steiermark zu einer solchen Forderung nicht berechtiget ist; unsere Committenten haben uns hergeschickt und nicht der Gouverneur von Steiermark; wenn uns unsere Committenten zur Rechenschaft ziehen, so werden wir sie ihnen geben. Ich bin nie abwesend gewesen, ich habe keinen Urlaub gehabt, so lange der Reichstag dauert, deßwegen trifft es nicht meine Person, ich rede im Allgemeinen.

Abg. Popiel. Ich bin vollkommen der Ansicht, daß die Provinz Steiermark auf eine solche Behandlung, wie jede andere Provinz, Anspruch machen kann; ich kann aber nicht begreifen, wie man hier sagen kann, daß wir uns ein Lob spenden wollen, wo es sich um die Gesammtinteressen aller Völkerschaften des Gesammtvaterlandes handelt; und ich kann nicht begreifen, wie hier dieser Umstand als ein gewisses Prärogativ, als etwas den einen Theil Belobendes angesehen werden kann. Hier kann nicht von einem moralischen Zwang oder Nichtzwang die Rede sein, denn es ist Pflicht, und die Pflicht setzt einen moralischen Zwang voraus. Uebrigens schließe ich mich vollkommen der Ansicht an, welche diese drei Tage abwarten läßt. Nur möchte ich die Namen derjenigen Deputirten gedruckt wissen, welche sich am 16. zu der Reichstagscasse gedrängt haben, deren Anzahl 227 war, und nun, wo sie zur Abstimmung kommen sollen, sind 150 vorhanden.

Abg. Dylewski. Ich habe auf das Wort verzichten wollen, aber nach einigen Aeußerungen, die hier gefallen sind, in der Rücksicht, daß es sich nicht bloß um die Abgeordneten, sondern um die Provinzen handelt, muß ich sagen, wir müssen nach Möglichkeit den Termin so lange retten und halten, so lange er nach schon gefaßten Beschlüssen gerettet und gehalten werden kann, damit auch die Provinzen Zeit haben, darüber nachzudenken, in wieferne ihre Deputirten verpflichtet sind, zu erscheinen. Es handelt sich um das Ganze, also glaube ich, sind diese drei Tage kein zu großes Opfer, um das Ganze unversehrt zu erhalten und nicht das Ganze zu verderben.

Abg. Sterz. Ich trage auf den Schluß der Debatte an.

(Wird nicht angenommen.)

Abg. Smreker. Ich muß bezüglich Steiermarks das Wort ergreifen. Der Herr Vorredner, Abg. Königshofer, hat die Bemerkung gemacht, daß er gegen diese Proscription protestire. Ich sehe in der Angabe der Namen keine Proscription. Uebrigens im schlimmsten Falle verdienen Diejenigen, welche das Wohl des Vaterlandes, welche ihre Pflichten verlassen, sogar proscribirt zu werden. Ich stimme also für den Antrag der Commission, daß die Namen bekannt gegeben werden. Die Committenten sind nicht in der Lage, sich hieher zuwenden, und da der Gouverneur in diesem Augenblicke die Provinz vertritt, so hat er das Recht, das Ersuchen zu stellen. Ich bitte jedoch, daß zugleich bemerkt werde, daß der allgemeine Termin erst in drei Tagen zu Ende sei, und daß in so lange von dieser Kundmachung kein Gebrauch gemacht werden solle.

Abg. Potocki. Ich habe nur ein Wort bemerken wollen, als Antwort auf die Aeußerungdes Herrn Abg. Popiel. Unsere ganze Kraft besteht in unserer Würde, und diese Würde wird nicht lange dauern, wenn wir selbst die Würde unserer Collegen und anderer Abgeordneten mit Koth bewerfen. Wir können nicht von Geld, von Cassen sprechen; wenn Jemand weggegangen ist, so glaube ich, daß ein anderer Grund da sein mußte als die paar hundert Gulden. Wird so etwas in dieser Kammer mit Jubel aufgenommen, so sind wir nicht weit entfernt vom Tage, wo auch die hohe Kammer nie mehr in ihrer Würde vor dem Publikum erscheinen wird.

Abg. Bittner. Ich stimme ganz dafür, daß der vierzehntägige Termin eingehalten werden möge, aber nur für Diejenigen, für welche der Beschluß gefaßt wurde, denn damals hat es geheißen: die abwesend sind; die aber nach diesem Beschlusse sich entfernt haben, auf die kann dieser Beschluß keine Anwendung finden. Ich stimme daher für den Antrag des Abg. Popiel.

Abg. Königshofer. Ich habe bloß noch zu bemerken, daß, wenn es die Abwesenden angeht, so muß es auch für die gelten, die hier sind, die sprechen, wenn es zu solchen Gegenständen kommt, und doch sich von der Abstimmung entfernt halten. Wir müßten dann ein eigenes Register, einen Fleißkatalog einrichten, wo alle vorkommen, die erscheinen und die nicht erscheinen, und doch hier sind.

Abg. Polaczek. Ich bemerke, daß ich nicht auf ein Lob Anspruch machen will wegen meiner Anwesenheit, möchte aber doch auch nicht den Tadel der Oeffentlichkeit mir zuziehen, welcher dem ganzen Reichstage bevorsteht. Durch die Entfernung der Abgeordneten kann es geschehen, daß der Reichstag gerade in dem dringendsten Augenblicke, in dem Augenblicke, wo er die wichtigste Rolle spielen, wo er Wien, das uns in seiner Mitte so gastfreundlich aufgenommen, unendlich nützen kann, beschlußunfähig wird. Es trifft dann den ganzen Reichstag, und es ist daher nöthig, daß man wisse, wer an seinem Platze ausharrte, um seine Pflicht zu erfüllen, und wer ihn verlassen hat.

Abg. Demel. Vor etwa zehn Tagen ist in der Kammer der Beschluß gefaßt worden, daß allen abwesenden Abgeordneten vierzehn Tage Frist gestattet werde, um wieder zurückzukehren; aber es ist noch nicht der Beschluß gefaßt worden, daß, wenn sie binnen vierzehn Tagen nicht zurückkehren, sofort neue Wahlen ausgeschrieben werden. Diesen Beschluß hat man sich noch vorbehalten. Da ein solcher Vorbehalt nicht umgestoßen werden kann, ein solcher Beschluß aber sobald als möglich wünschenswerth erscheint, würde ich darauf antragen, daß schon jetzt, und so lange wir beschlußfähig sind, der Beschluß von der hohen Kammer gefaßt werde, daß, wenn die vierzehn Tage um sind, sofort neue Wahlen ausgeschrieben werden. Denn es könnte leicht geschehen, daß vielleicht in drei Tagen sich noch einer oder der andere der Herren entfernen dürfte, wie wir leider diese Nacht die Erfahrung gemacht haben, so daß, wenn Ein Abgeordneter zurückkommt, zwei Herren fortgehen, trotz des hier feierlichst gefaßten Beschlusses, Niemand wolle früher den Ort verlassen, bevor die Freiheit nicht im vollen Maße garantirt erscheint. Doch in dieser trauervollen Zeit sehen wir uns in der Lage, zersplittert zu scheinen. Schon erhebt der Bürger seine Stimme, soll oder scheint dem Reichstage seine Verachtung zu zollen (Zischen), daß er sich schon zu zersplittern anfängt. (Zischen.) Ich habe es mit eigenen Ohren gehört, daß man sich so ausgedrückt, daher wünsche ich, so lange wir noch beschlußfähig sind, den Beschluß gefaßt zu sehen, daß sobald die vierzehn Tage verstrichen sind, neue Wahlen ausgeschrieben werden.

Abg. Staffa. Ich glaube zu bemerken, daß viele der Abgeordneten ihre Plätze verlassen haben und sich wie ein Herr Abgeordneter bemerkt hat, in Schlupfwinkel verstecken, wo ihre Committenten gar nicht wissen, daß sie nicht auf ihrem Platze stehen, und überdieß sind viele Abgeordnete, die beim Geldnehmen hier waren und seit der Zeit ihren Platz verlassen haben. Ich bin daher dafür, daß es öffentlich bekannt gemacht werde, damit Jeder weiß, wer auf seinem Platze steht.

Abg. Thiemann. Ich glaube, es handelt sich hier nicht um Lob und Tadel in Beziehung auf uns; der Gouverneur von Steiermark muß Gründe, muß wichtige Gründe haben, warum er zu wissen verlangt, welche Abgeordnete hier sind, und welche ihre Plätze verlassen haben. Ich sehe nicht ein, warum wir uns in die Beurtheilung dieser Gründe einlassen sollen. Ich begreife ganz wohl, daß dem Gouverneur einer Provinz in diesem Augenblicke an dieser Wissenschaft gelegen sein kann. Ich bekomme aus meinem Wahlbezirke heute die Nachricht, nach welcher Diejenigen, die hier sind, mehr verdächtiget sind, als Diejenigen, welche abwesend sind. Ich finde mich daher verpflichtet, darauf zu dringen, weil ein Gouverneur einer Provinz, dem man wahrhaftig keine ultraliberalen Ideen zutrauen wird, den man wenigstens nicht dessen verdächtigen kann, weil er es verlangt, die Gelegenheit zu benützen, die Anwesenden und Abwesenden, oder wenigstens die Abwesenden bekannt zu machen. Es handelt sich in manchen Provinzen, und vielleicht ist Steiermark auch eine derjenigen, um die Rettung der Monarchie als solche. Kein Moment war gefährlicher in dieser Beziehung als der gegenwärtige Augenblick es ist. Wer es ehrlich meint mit Oesterreich, als einem großen Ganzen, wird jetzt an seinem Platze sein und bleiben; wer es nicht thut, mag es verantworten, wenn der Tadel ihn trifft, den man aus dieser Bekanntmachung ziehen kann. (Beifall.)

Abg. Zöpfl. Ich habe im Allgemeinen das nur sagen wollen, was mein Vorredner Demel gesagt hat, muß aber leider noch besonders bekräftigen, daß sich bereits eine gewisse Abneigung gegen den Reichstag im Publikum bekannt gibt. Ich bin selbst leider heute compromittirt worden an einem öffentlichen Orte, und habe auch den Reichstag vertheidiget. Ich muß bemerken, daß wir dem Publikum bekannt geben sollen, wie sehr wir für Recht und Freiheit und den constitutionellen Thron hier fechten und gesinnt sind.

Ein Abg. Ich stelle den Antrag auf Schluß der Debatte.

(Dieser Antrag wird unterstützt und bei der Abstimmung angenommen.)

Präs. Die Debatte ist geschlossen. — Ich habe keinen vorgezeichneten Redner mehr und ersuche den Herrn Berichterstatter, allenfalls das Wort zu ergreifen. Es wurde ein Verbesserungsantrag vorgelegt, den ich zu beachten ersuche.

Abg. Schuselka. Ich kann nicht umhin, auszusprechen, daß ich die Richtung, welche die Debatte über diesen Gegenstand genommen hat, bedauern muß. Die Debatte hat sich immer auf den subjectiven, auf den persönlichen Standpunct gestellt, und es handelt sich nicht um die Personen, um uns, um die Abwesenden, ich sage noch weiter, es handelt sich nicht um die Personen, die in Wien und anderswo über den Reichstag erbittert sind, denselben bekämpfen, sondern es handelt sich hier lediglich um die Sache, um derentwillen wir hier versammelt sind, oder besser gesagt, um derentwillen wir versammelt sein sollen. Wir werden uns weder ein Lob spenden, wir werden nicht Denen, die nicht da sind, und aus irgend einem Grunde nicht da sein können oder wollen, irgend einen moralischen Zwang auflegen, sondern wir sind dafür verpflichtet, der Sache wegen dafür zu sorgen, daß die gehörige Anzahl von Mitgliedern anwesend sei, ohne alle Rücksicht auf einen moralischen Zwang; denn ein jeder Abgeordneter kann sein Mandat niederlegen, ohne alle Rücksicht, daß wir irgend ein Lob uns spenden wollen, weil wir hiergeblieben sind; denn es ist keine Handlung, die ein Lob verdient, wir haben nur unsere Pflicht erfüllt, die wir durch die freiwillige Annahme der Wahl auf uns genommen haben, — und für strenge Pflichterfüllung verdient Niemand ein Lob. Wie aber ein Herr Redner bemerkt hat, daß wir in Bezug auf die sonstigen Interessen, die der Reichstag zu vertreten hat, immerfort in der Schwebe sind, und bei jeder Sitzung erst ängstlich zählen müssen, ob wir beschlußfähig sind, und daß diese Beschlußfähigkeit oft nur von zwei oder drei Mitgliedern, die sich einfinden oder nicht, abhängig sei, das, wir also lediglich dem Zufalle Preis gegeben sind, daß also dadurch das wichtige Werk, welches wir zu erfüllen haben, und in diesem verhängnißvollen Momente durch äußere Umstände um so wichtiger erscheint, dieses Werk einem Zufalle Preis gegeben ist: daß es Pflicht ist, daß es in unserem Berufe liegt und zum Wesen der Sache gehört, daß wir Mittel schaffen, um unsere gehörige Vollzähligkeit zu erzielen. Wenn diese Debatte dadurch veranlaßt wurde, daß ein Gouverneur freiwillig oder unfreiwillig ein Ersuchen an die Kammer gestellt hat, sehe ich nicht ein, warum man diesem Verlangen, welches dahin lautet, die Namen kennen zu lernen, warum wir dem nicht Genüge leisten sollten. Ich bin aber ganz damit einverstanden, daß nichts Anderes geschehe, als daß die Namen bekannt gegeben werden. Der Gouverneur hat gefragt und wir antworten, das ist bloß eine Sache der Artigkeit; und der Antrag der Commission geht keineswegs dahin, daß der Gouverneur in dieser Beziehung eine Mach: vollkommenheit über irgend einen Deputirten bekommen soll; denn ich bin überzeugt, daß ein Deputirter, so lange er sein Mandat nicht niedergelegt hat, keinem Gouverneur und auch keinem höheren Beamten untergeordnet werden könnte. Ich glaube also, daß, indem wir ihm die Antwort, die Namen bekannt geben, ihm auch den Beschluß bekannt geben, daß nach Ablauf von wenigen Tagen in Folge Reichstagsbeschlusses die weiteren Verfügungen getroffen werden sollen, daß wir dadurch sein Verlangen erfüllen und ihm zugleich die Schranken gesetzt werden, in welchen er sich zu bewegen hat, indem nicht ihm, sondern nur diesem Hause die Beschlüsse obliegen, über die Mitglieder, welche hier sind und welche nicht hier sind. Ich möchte daher bitten, daß Sie diesem Antrage, in dieser einzigen Rücksicht Antwort zu ertheilen, ihre Zustimmung geben, und dann abgesehen von diesem speciellen Antrage die Sache selbst nicht vom persönlichen Standpuncte, sondern vom Standpuncte der Sache in genaue Erwägung ziehen wollen, und einen Beschluß fassen, der nicht nur für uns und Diejenigen, die uns vertrauen, diene, sondern wesentlich auch gegen Diejenigen, die Nichts sehnlicher wünschen, als den Reichstag unvollzählig zu machen, damit unsere Beschlüsse ihr gegen die Freiheit gerichtetes Spiel nicht verderben.

Präs. Ich bin aufmerksam gemacht worden, daß wir vielleicht nicht beschlußfähig sind. Da die Sitzung begonnen hatte, waren wir 165, also zur Eröffnung der Debatte hinlänglich versammelt, welcher verhandlungsfähige Stand sich auch die ganze Zeit hindurch erhielt. — Ich werde gleich zählen lassen, um zu sehen, wie viele wir jetzt sind. (Pause.) Die Zählung wurde vorgenommen; es sind 183 Abgeordnete anwesend. Wir müssen demnach abwarten, bis die permanente Commission sich einfindet, um welche ich geschickt habe.

Abg. Joseph Kutschera. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, wenn der Abg. Beck sich einfindet, ihn zurechtzuweisen, indem er alle Abgeordneten beredet, fortzugehen. Ich habe es selbst gehört. (Aufregung.)

Abg. Gleispach. Der Abg. Beck hat schon heute früh im Vorsaale gerade diesem Vorwurfe, der ihm von einer anderen Seite gemacht wurde, auf das lebhafteste widersprochen.

Präs. Ich glaube auch, daß dieser Vorfall erst constatirt werden müßte. — Wir werden die Beschlußfassung über diesen Gegenstand aufschieben, und den Berichterstatter des permanenten Ausschusses seinen Bericht beenden lassen. Jedenfalls müssen wir dann die Sitzung unterbrechen bis 6 Uhr, weil die Commisslon erklärt hat, bis dahin mit ihrer Arbeit fertig zu sein. Ich bitte also den Herrn Berichterstatter fortzufahren.

Berichterst. Schuselka. Ich habe gestern die Ehre gehabt, vor der hohen Kammer über die Stellung des ungarischen Heeres zu sprechen. Ich habe angekündigt, daß uns die Nachricht zugekommen sei, die ungarische Armee habe sich auf Befehl des ungarischen Reichstages über die Gränze zurückgezogen. Ich habe ferner angezeigt, daß uns von einem Ungarn der Rath zugekommen ist, wir sollen uns um Vermittlung und friedliche Ausgleichung nach Frankfurt a. M. zum Reichsverweser wenden. Heute ist die Bevölkerung Wiens durch ein Plakat, in Betreff der Stellung der Ungarn, zu neuen Hoffnungen aufgeregt worden. Es ist dieß seit den verhängnißvollen Ereignissen, unter deren Folgen wir jetzt zu kämpfen haben, ein fortwährendes, ein abwechselndes Steigen und Fallen der Hoffnungen; einmal heißt es: die Ungarn sind da, sie kommen heute schon; am nächsten Tage heißt es: sie ziehen sich zurück. Wir halten es im Ausschusse für nothwendig und für unsere Pflicht, sowohl dem hohen Hause gegenüber, als auch der ganzen Bevölkerung, uns öffentlich darüber auszusprechen.

Die Proclamation, welche heute angeschlagen ist, lautet dahin, daß allerdings die ungarische Armee auf Befehl des ungarischen Reichstages sich über die Gränzen zurückgezogen habe, daß sie aber bereit sei, über die Gränzen herüber zu kommen, und Wien zu helfen, sobald sie durch eine der legalen Behöben dazu aufgefordert werden würde. Ich erlaube mir nur, aus dieser Fassung den Schluß zu ziehen, daß mit diesem Versprechen auf eine Unmöglichkeit hinausgegangen wird. Wenn das ungarische Ministerium, wenn der ungarische Reichstag sagt: die ungarische Armee wird nach Wien ziehen, wenn sie von einer legalen Behörde dazu aufgefordert werden würde, so sprechen sie eine Bedingung aus, deren Erfüllung unmöglich ist, denn es gibt in Wien keine legale Behörde, die eine fremde unter einem fremden Ministerium stehende Kriegsmacht in's Land rufen könnte. Der Reichstag ist nicht dazu legalisirt, eine fremde Kriegsmacht in's Land zu rufen, und dadurch dem Monarchen, der ihn berufen, eine Constitution zu machen, offen den Krieg zu erklären. Der Gemeinderath der Stadt Wien ist noch weniger legalisirt dazu, eine fremde Armee in's Land zu rufen, und dadurch abermals dem Monarchen, dem constitutionellen Kaiser den Krieg zu erklären. Daß diese Auslegung von Seite der Ungarn getheilt wird, davon erlangten wir im dem Ausschusse volle Ueberzeugung, denn im Ausschusse wurde uns von demselben Herrn von Pulßky offen gesagt, daß die Ungarn nicht Krieg mit dem Kaiser führen, daß sie sich gegen ihren Feind Jellaèiè allerdings vertheidigten und ihn vernichten wollten, aber durchaus nicht gegen den Kaiser Krieg führen könnten und wollten. Aus derselben Anerkennung dieses Grundsatzes folgte es, daß aus dem ungarischen Lager, wie ich schon einmal erzählte, eine Gesandtschaft an den Grafen Auersperg geschickt wurde. Ueber den Gegenstand der Verhandlung wurde uns nicht Näheres mitgetheilt. Höchst wahrscheinlich bezog sie sich darauf, ob der Graf Auersperg mit Jellaèiè sich vereinigen, und gemeinsame Sache machen würde; und es scheint, daß dieses der Fall ist, und es scheint dieses ein Grund zu sein, warum die Ungarn von dem Angriffe auf das vereinte, Heer abstanden. Wir müssen im Namen des Ausschusses, und ich glaube im Namen des ganzen Hauses, und ich darf mich der Hoffnung hingeben, im Namen der Bevölkerung, welche einen klaren Blick in dieses Verhältniß hat, aussprechen, daß weder der Reichstag, noch der Gemeinderath, noch irgend eine andere Behörde eine legale dazu sei, die Ungarn aufzurufen, mit einer Kriegsmacht in unser Land zu kommen und hier Schlachten zu liefern. Der ungarische Reichstag hat auch anerkannt, daß dieses der Fall sei, denn in der Adresse des ungarischen Reichstages an den hier vereinigten österreichischen Reichstag, welche Adresse ich der hohen Versammlung vorgelesen, kommt nicht die Aufforderung vor, wir sollen die Ungarn zu Hilfe rufen, sondern in dieder Adresse des Reichstages von Ungarn wird ausdrücklich gesagt, daß der Reichstag des Königreiches Ungarn dem ungarischen Heere den Befehl gegeben, den Jellaèiè zu verfolgen, wohin er sich wenden möge, — daß die Ungarn dem zufolge über unsere Gränzen kommen, daß sie aber dadurch keine Gebietsverletzung beabsichtigen, daß sie dem edlen österreichischen Volke keine Lasten auferlegen wollen, sondern daß sie ihre Armee selbst verpflegen werden. Die Ungarn haben sich also damals, als sie diesen Beschluß faßten, aufden rein völkerrechtlichen Boden gestellt gehabt. Wie es in Kriegszeiten häufig der Fall ist, daß eine Armee, die bloß den Feind verfolgt, in oder über ein anderes Gebiet ziehen muß, und wie eine solche Armee in einem solchen Falle eine freundschaftliche Anzeige an die Regierung jenes Landes macht und ausdrücklich ausspricht, daß sie nicht in feindseliger Absicht komme, daß sie keine Gebietsverletzung beabsichtige, daß sie dem Lande keine Lasten auferlegen wolle: so haben damals vor einigen Tagen die Ungarn gedacht, als sie diesen Beschluß gefaßt haben und dem hohen Reichstage in Wien ihre Adresse zusandten.

Wir haben gewiß Alles gethan, was wir in unserer Stellung thun konnten, ohne unseren Stantpunct gänzlich zu verlieren; ich sage, wir haben Alles gethan, daß wir diese Adresse öffentlich in der hohen Reichsversammlung vortrugen, und sie mit Acclamation hier aufgenommen würde. Wie die Sachen nun stehen, wo die ungarische Armee erklärt, sie werde kommen, wenn es eine legale Behörde verlangt, und sie dazu auffordert, während sie selbst ausspricht, daß sie mit dem Kaiser nicht Krieg führen wolle, während dem das ziemlich verbürgte Gerücht geht, daß die Ungarn gerade so wie hier, so auch in Olmütz, beim Kaiser um eine friedliche Ausgleichung unterhandeln, — wenn, sage ich, in einem solchem Augenblicke eine solche Proclamation in Wien verbreitet wird, und neue Hoffnungen, die nicht erfüllt werden können, angeregt werden, so muß der permanente Ausschuß öffentlich dagegen protestiren, als eine Handlung, die ganz dazu geeignet zu sein scheint, im Innern der Stadt neue Aufregungen und blutige Excesse hervorzurufen. — Wir haben, als uns der Ban zumuthete, wir sollten daraus Einfluß nehmen, daß die ungarische Armee zurück weiche, offen und ehrlich geantwortet: wir haben die Ungarn nicht gerufen, wir können sie nicht aus dem Lande hinaus decretiren, und ich habe bei dieser Gelegenheit, als diese Antwort ausgesprochen wurde, ausdrücklich darauf hingedeutet, daß darunter nur die physische Machtvollkommenheit ausgesprochen war. Wir waren zwei Heeren gegenüber ohne Heeresmacht; so wenig wir dem Jellaèiè befehlen konnten, weil uns die Macht fehlte, unsere Befehle zu exequiren, ebenso wenig war es uns gegenüber den Ungarn möglich, sie weg zu decretiren, aber eben so wenig haben wir nach meiner Ueberzeugung auch das Recht, die Ungarn zu Hilfe zu rufen, abgesehen davon, ob dieser Ruf eine Folge gehabt hätte. Denn wir sind nicht in der Stellung, im Namen Wiens, vielleicht gegen den Willen Wiens dem Kaiser durch eine solche Berufung den Krieg zu erklären, dadurch die Rache des Militärs herauf zu beschworen, dadurch den Abfall der Provinzen, den Bürgerkrieg, und dadurch chaotische Verwirrungen im Staate zu veranlassen. Ich glaube nicht, laß in irgend Jemandes Wünschen gelegen sein kann, die Conflicte, in denen Wien sich jetzt befindet, noch dadurch zu vermehren, daß durch solche Schritte offener Bürgerkrieg von Provinz zu Provinz entzündet werde. Und sollte es innerhalb oder außerhalb der Gränzen Oesterreichs Jemanden geben, der auf einen solchen Umsturz unseres Staatswesens hinarbeiten wollte, vielleicht darauf die Hoffnung baute, daß, während wir im Chaos, in Verwirrung und Bürgerkrieg, in der Auflösung aller Verhältnisse kämpfen und leiden würden, ein anderes Land sich indeß friedlich und sicher seine Intressen schlichten könnte, muß ich im Namen Oestereichs feierlichst und entschieden vor der Weltgeschichte gegen ein solches Zumuthen, ein solch hinterlistiges, feindseliges Ansinnen protestiren.

Präs. Nachdem die hinreichende Anzahl der Mitglieder, welche zur Beschlußfassung nothwendig sind, noch nicht vorhanden ist, werde ich indessen das Protokoll von der gestrigen Sitzung verlesen lassen.

Schriftf. Motyka (liest das Protokoll der Sitzung vom 18. October 1848.)

Präs. Ist in Bezug auf die Fassung des Protokolles etwas zu erwähnen? — Ich kann die Genehmigung des Protokolles nicht zur Abstimmung bringen, da wir nicht beschlußfähig sind.

Abg. Fischhof. Ich muß bemerken, daß im Protokolle der permanente Ausschuß "Reichstags-Sicherheitsausschuß" genannt wird; er heißt einfach: "Reichstagsausschuß."

Präs. Ich bitte die Herren, auf ihren Plätzen zu verbleiben, damit die Zählung mit Sicherheit vorgenommen werden könne. (Die Schriftführer nehmen die Zählung vor.) Es wurde mir von den Herren die Mitthellung gemacht, daß gerade 192 Mitglieder anwesend und wir sonach beschlußfähig sind.

Abg. Gleispach. Ich erlaube mir das Wort zu nehmen über das, was über die Benennnng der Commission oder des Ausschusses bemerkt wurde. — Ursprünglich ist sie genannt worden: "permanente Commission des Reichstages zur Sicherheit der Stadt Wien." Wir haben sie also consequent durch alle Protokolle hindurch "permanente Commission" genannt. Man hat sie hernach "Ausschuß" genannt; ich aber und meine Herren Collegen haben immer den früheren Ausdruck beibehalten. Wenn ihr nun ein anderer Name gegeben werden soll, so habe ich nichts dagegen, und habe dieß nur bemerkt, damit wir nicht am Ende in den Verdacht kommen, als ob wir nicht wüßten, wie wir die Körper nennen, die aus unserer Mitte hervorgehen. Ich beantrage daher, daß auch in diesem Protokolle gesagt wird: "permanente Commission."

Abg. Fischhof. In allen Acten, die von dieser permanenten Commission ausgegangen sind, war die Unterschrift: "Reichstagsausschuß."

Präs. Ich glaube, diese Commission ist am 6. October ernannt worden, wir haben das Protokoll vom 6. schon da, ich würde den Herrn Ordner ersuchen, das Protokoll vom 6. October zu bringen, und dann werden wir es sehen.

Abg. Demel. Im dritten Puncte heißt es: "der Reichstag ernennt durch Wahl aus seiner Mitte einen Ausschuß von eilf Mitgliedern, welcher die Sorge für die Ruhe und Sicherheit der Stadt übernimmt.

Präs. Man hat also diesen Ausschuß den permanenten Ausschuß genannt, es handelt sich nur um das Wort: "Sicherheitsausschuß." Da möchte also das Wort: "Sicherheit" ausbleiben; wir halten uns nämlich an das Protokoll vom 6. October, wo es heißt: "permanenter Ausschuß." Ist etwas in Bezug der Fassung des Protokolles noch zu bemerken? Diejenigen Herren, welche für Annahme des Protokolles sich aussprechen, mögen aufstehen.

(Das Protokoll wird genehmiget.)

Präs. Es ist noch ein Protokoll zu verlesen. (Schriftf. Gleispach liest das Protokoll vom 18. October Abends.) Ist etwas in Bezug auf die Fassung des Protokolls zu bemerken?

Schriftf. Gleispach. Ich erlaube mir hier selbst zu bemerken, daß ich mich des Ausdruckes: "Commission" bedient habe, weil ich schon gewohnt wares in alten früheren Protokollen zu thun, und da ich deren 5, 6 schon so verfaßt habe, so habe ich es wieder gethan. (Ruf: Es ist alles eins.)

Präs. Diejenigen Herren, welche sich für die Genehmigung des Protokolles aussprechen, wollen aufstehen. (Wird genehmigt.) Ich wollte den vom Abg. Schuselka im Namen der Commission gestellten Antrag wegen der Beantwortung der Zuschrift des Herrn Gouverneurs Wickenburg zur Abstimmung bringen, indessen heißt es, daß einige Herren fortgegangen sind.

(Ruf: Sie sind wieder hier!)

Der Umstand ist richtig, wir sind beschlußfähig. — Ich werde mir demnach erlauben, den Gegenstand zur Abstimmung zu bringen. — Die permanente Commission hat über das Ansuchen des Gouverneurs von Steiermark, daß Diejenigen Herren Deputirten von Steiermark, welche während diesen Tagen auf ihren Plätzen in der hohen Kammer verblieben sind, demselben bekannt gegeben werden, den Antrag gestellt, daß diesem Begehren Folge gegeben werde. Zu diesem Antrage der Commission sind zwei Verbesserungsanträge, oder eigentlich Zusatzanträge gestellt worden. Der eine des Abg. Umlauft, welcher lautet: "Ich stelle den Antrag, daß nur der Provinz Steiermark auf vorliegendes Begehren ihre abwesenden Deputirten bekannt gemacht werden, dagegen für alle abwesenden die neue Wahl am fälligen Termine, d. i. am 22, sogleich ausgeschrieben werde." — Ein weiterer Antrag ist der des Abg. Demel; er lautet: "Ich stelle den Antrag, daß die hohe Kammer schon jetzt den Beschluß fasse, daß nach Ablauf der zur Rückkehr bestimmten vierzehn Tage sofort neue Wahlen für jene Bezirke ausgeschrieben werden, deren Abgeordnete bis dahin nicht zurückgekehrt sein werden." Dieser Antrag fällt zusammen mit dem des Abg. Umlauft. (Bei dem Antrage des Abg. Umlauft wird die Theilung beantragt.) Ich glaube, das sind keine Verbesserungsanträge, sondern bloß Zusatzanträge, ich werde demnach den Antrag der Commission selbst vor Allem zur Abstimmung bringen, und dann die gestellten Zusatzanträge.

(Der Commissions-Antrag wird nochmals gelesen, unterstützt und angenommen.)

Somit ist auch erledigt der erste Absatz des Antrages des Abg. Umlauft, der zweite Absatz fällt zusammen mit dem des Abg. Demel, welche beide wünschen, daß für die Abwesenden die neue Wahl noch am fälligen Termine, d. i. am 22., sogleich ausgeschrieben werde. —

Es wird mir eben vorgelegt ein Antrag vom Abg. Gleispach. (Ruf: Die Debatte ist schon geschlossen! Während dem wollen noch einige Abgeordnete dem Präsidenten Anträge übergeben, welcher ihnen bedeutet, daß er sie, nachdem die Debatte schon geschlossen ist, nicht annehmen könne.)

Abg. Potocki. Ich glaube, daß dieser Antrag von mir kommt, denn ich habe ihn früher überreicht, ich war Einer der Ersten.

Präs. Ich werde die Abstimmung beenden auf Grundlage dieser zwei Anträge und dann die Herren befragen, ob sie noch weiter verhandeln wollen. — Es handelt sich also um den zweiten Absatz des Antrages des Abg. Umlauft, welcher wünscht: "daß nach Ablauf der für alle abwesenden Deputirten festgesetzten Rückkehrzeit von vierzehn tagen eine neue Wahl ausgeschrieben werden solle. Wird bieser Antrag unterstützt? (Geschieht.)

Abg. Demel. Ich bitte, wörtlich meinen Antrag zu lesen, er scheint mir deutlicher zu sein.

Präs. Der Antrag des Abg. Demel lautet wörtlich so: "Ich stelle den Antrag, daß die hohe Kammer schon jetzt den Beschluß fasse, daß nach Ablauf der zur Rückkehr bestimmten 14 Tage sofort neue Wahlen für jene Bezirke ausgeschrieben werden, deren Abgeordnete bis dahin noch nicht zurückgekehrt sein werden." Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, wollen aufstehen. (Geschieht.) Der Antrag ist angenommen. — Es handelt sich um die zwei Anträge, welche mir übergeben wurden. (Ruf: wir sind nicht beschlußfähig! — zählen!)

Abg. Bilinski. Ich bitte in dieser Angelegenheit um's Wort. Es wird immer gezählt, es ist aber keine Sicherheit, ob die Majorität da sei oder nicht. Ich stelle den Antrag, die Namen zu verlesen, um die Sicherheit zu haben, ob es die Majorität sei oder nicht. (Unterstützt und angenommen.)

Abg. Potocki. Ich trage auf den Schluß der Sitzung an, da es schon 4 Uhr ist, und wir um 6 Uhr wieder zusanmenkommen müssen. (Ruf: nein!)

Ein Abg. Es wurde aber früher der Antrag auf namentliche Verlesung angenommen.

(Unterbrechung.)

Abg. Potocki. Ich habe früher den Antrag auf den Schluß der Sitzung gestellt, und ich glaube, daß über diesen Antrag zuerst abgestimmt werde, weil eben darin der Schluß der Sitzung, also der Schluß der Verhandlung ausgesprochen ist.

Abg. Demel. Folglich muß zuerst gezählt werden, ob wir beschlußfähig sind. (Ruf: vorlesen!)

Präs. Ich bitte den Katalog vorzulesen, jedoch noch früher zu bemerken, daß auch noch einige Herren im Constitutions-Ausschusse sind.

(Es wird die Versammlung durch Namensaufruf vom Schriftf. Gleispach gezählt.)

Präs. Es waren bei der Abstimmung 193 Mitglieder zugegen. (Bravo!)

Abg. Demel. Ich muß wünschen, daß die Beschlüsse der hohen Kammer von keiner Seite angefochten werden. Da es nun mit meinem Antrage so gehen könnte, indem, nach dem Aufrufe nur 193 Mitglieder anwesend waren, unter diesen 193 aber auch die Herren Violand und Brazdil erscheinen, welche bei der Beschlußfassung nicht gegenwärtig waren, so fordere ich die Herren Schriftführer auf, zu erklären, ob wirklich demso ist, daß die Abg. Violand und Brazdil unter Jenen erscheinen, die an der Abstimmung Theil genommen haben, indem sie erst bei dem Namensaufruf erschienen sind.

Abg. Gleispach. Der Abg. Violand hat sich allerdings bei dem Namensaufruf gemeldet und wäre der 194. gewesen; da aber dem Herrn Präsidenten bemerkt wurde, daß er während der Abstimmung nicht


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP