Ètvrtek 12. øíjna 1848

Präs. Ist die hohe Kammer der Ansicht, daß die Debatte schon geschlossen sei, so bitte ich aufzustehen. (Nein, nein!) Es ist die Minorität, daher hat die Debatte noch Raum.

Abg. Sierakowski. Ich trage auf den Schluß der Debatte an.

(Die Abstimmung über diesen Antrag findet Statt, er wird unterstützt und angenommen.)

Präs. Es haben demnach noch das Wort die Abg. Dylewski, Pillersdorff, Hubicki, Ziemialkowski, Smreker und Nadler. Die Reihe ist an dem Abg. Dylewski.

Abg. Dylewski. Unsere Lage ist ernst, und in dieser ernsten Lage ist es eine um so größere Pflicht jedes Abgeordneten, das was er über die Sache denkt gewissenhaft vorzubringen. Die Adresse, die der Abg. Borrosch gestern entworfen hat, und die frühere Adresse haben klar den Geist vorgezeichnet, in dem wir zum Heile des Volkes und zum Heile der Grundsätze, wozu wir uns bekennen, zu sprechen und die wir zu befolgen haben. Wir haben bis jetzt getrachtet, das Feld des gesetzgebenden Körpers zu wahren, und haben die Execution stets den Executiv-Gewalten übertragen. Wir beschützten einerseits die Freiheit des Volkes, andererseits den constitutionellen Thron, und das muß ich nach meinem Gewissen wiederholen, was da auch geschehen möge. Ich muß daher damit anfangen, was früher geschehen ist. Am 6. October ist etwas geschehen, nicht im Reichstage, sondern außerhalb des Reichstages; der Reichstag kann das nicht in Schutz nehmen, und daran kann er seine weiteren Maßregeln und seine Handlungen nicht anknüpfen, wenn er die Vewahrung der Grundsätze anstreben soll, welche in dieser Adresse ausgesprochen sind. Aber seitdem der Ban Jellaèiè vor Wien gekommen ist, und seitdem er gesagt hat, daß er eine vereinigte österreichische Monarchie anstrebe, daß er aber über alles dieses nicht im Reichstage, nicht mit dem Kaiser, sondern bloß durch seine Waffen entscheiden wolle: seitdem ist auch dem anderen Theile das Recht gegeben worden, auf demselben Wege die Entscheidung vornehmen zu müssen, oder eine solche einseitige Entscheidung mit dem Gewehre zu bestreiten.

(Allgemeiner Beifall.)

Der Muth, der Jeden hier beseelen soll, zwingt ihn, das zu sagen, was die Wahrheit ist. Wir erkennen diesen Act, und indem wir ihn erkennen, können wir nicht umhin, das zu bewilligen, was zur Vertheidigung gegen die Art der Entscheidung geschieht, die uns der Ban Jellaèiè vorgezeichnet hat. Aber ich glaube, damit ist's genug. Das soll das Volk hören, daß wir nicht stumm sein können, wo es sich handelt um den Vertrag des Kaisers mit dem Volke und die Wahrung der Grundsätze, welche darin ausgesprochen sind.

Die Billigung dessen ist dasjenige, was wir thun sollen. Wenn das Volk das vernimmt, dann wird es thun was in seinem Rechte ist; daß aber etwas von uns als von einer Executivbehörde hervorgehe, sehe ich als Notwendigkeit nicht ein, weil wir bisher nur als gesetzgebender und nicht als exequirender Körper berathen haben.

Abg. Pillersdorff. Ich glaube, wir sind einigermaßen von dem Gegenstände abgegangen, um den es sich handelt, und auch der Herr Berichterstatter hat denselben auf das Feld der wichtigsten Prinzipien hinüber gezogen, zu deren Berathung jetzt nicht die rechte Zeit ist, und welche dem Zeitpuncte vorbehalten bleiben müssen, wo es gelten wird, die Stellung schärfer und bestimmter auszusprechen. Die Frage, die uns jetzt beschäftigen soll, ist diese: wem hier die Macht in die Hände gegeben werden muß, um über die Vertheidigungsmittel zu verfügen, die der Augenblick gebietet. Es handelt sich nicht um eine legislative bleibende Maßregel, welche durch den Augenblick, durch die Umstände bedingt ist. Auch hier würde ich keinen Anstand nehmen, wenn es nöthig wäre, um eine solche Maßregel zu bekräftigen, um mehr Achtung vor derselben hervorzurufen; aber ich glaube, wir werden diesen Zweck beim Volke eher erreichen, wenn der Reichstag nach dem Grundsatze, den er sich einmal festgestellt, verfährt. Die Vertheidigung der Stadt ist dem Gemeinderathe und dem Nationalgarde-Obercommando überlassen, in seine Hände haben wir die vollständige Vollmacht gegeben. Die Vertheidigung liegt dem Gemeinderathe und dem Obercommando gemeinschaftlich ob, in seine Hände ist die vollständige Vollmacht und die Benützung aller Mittel gelegt. Wenn er nun diese Vollmacht in einzelnen Fällen zurückzöge, so könnte das nur ein Zaudern, ein Schwanken des Gemeinderathes hervorbringen, was zu verhindern der Moment gebietet. Aus diesem Gesichtspuncte hat der Abgeordnete Potocki seinen Antrag aufgefaßt, mir erscheint er unserer Lage ganz entsprechend, und ich verharre dabei, in diesem Sinne fortzufahren.

Abg. Hubicki. Außerordentliche Zustände fordern außerordentliche Maßregeln, und ich stimme gänzlich der Ansicht des Abgeordneten Potocki in dieser Hinsicht bei. Wir haben dem Gemeinderathe alle Mittel, d. h. den Befehl gegeben, alle Vertheidigungsmittel vorzunehmen, also in Folge dessen ist der Gemeinderath das Organ unseres Willens. Wenn aber das Obercommando von uns fordert, alle möglichen Mittel nebst dem zu geben, um unseren Willen praktisch durchzuführen, so glaube ich, daß wir das, was die Forderung des Gemeinderathes und des Obercommandos betrifft, nicht als Gesetz, welches für die ganze Monarchie immer fortdauern soll, aber provisorisch für die nothwendigen Umstände und als eine außerordentliche Maßregel genehmigen sollen.

Abg. Ziemialkowski. Es wurde bemerkt, daß wir bloß ein gesetzgebender Körper sind, und daher uns keine Executivgewalt anmaßen sollen. Ich begreife nicht, wie der Herr Abgeordnete die Verfügung, daß eine waffenfähige Mannschaft sich unter das Commando der Nationalgarde zu stellen habe, als Anmaßung der Executivgewalt betrachten kann. Es ist ja keine executive Gewalt, es ist bloß eine gesetzgebende Macht, wenn wir beschließen, daß Jeder Dem oder Jenem zu gehorchen habe. Wir übergeben die Exequirung dem Ministerium und denjenigen Gewalten, welche sich dann mit der speciellen Ausführung befassen werden, nämlich dem Gemeinderathe und dem Nationalgarde-Obercommando. — Es wurde gesagt, es könne kein Gesetz ohne Sanctionirung des Kaisers vollzogen werden. Meine Herren, wir sollten doch nicht vergessen das, was wir gestern gethan haben. Wir haben die Accise von den Lebensmitteln, welche in die Stadt eingeführt werden, aufgehoben. Haben wir da gefragt, ob es der Kaiser sanctionirt? In solchen ausnahmsweisen Zeiten muß man etwas abweichen von dem gewöhnlichen Wege; die Sanction kann ja später nachfolgen, da Seine Majestät sich ohne unser Verschulden entfernt hat, und daher jede Sanction für jetzt unmöglich geworden ist. Der Abg. Dylewski hat gesagt, wir können und wollen bloß billigen, das, was für die Stadt Wien im Gefühle der Selbsterhaltung gethan wird. Ich glaube, daß das nicht hinreichend ist, ich wiederhole nochmal, es muß eine Ursache sein, warum sich das Obercommando und der Gemeinderath an uns gewendet, daß ein solcher Beschluß gefaßt wird, es muß eine solche Ursache sein, und ich glaube, wenn wir einen solchen Beschluß sassen, sich Jeder gerne fügen würde; vielleicht nicht so, wenn es bloß vom Obercommando geschehe; daher muß ich mich wiederholt für den Antrag der Commission aussprechen.

Abg. Smreker. Ich muß den Antrag der Commission nachdrücklich unterstützen, wir sind jetzt in einem außergewöhnlichen Zustande, und es wird mich freuen, wenn wir so lang als möglich auf gesetzlichem Boden verbleiben. Ich glaube, es läßt sich beides vereinen; das Obercommando und der Gemeinderath haben sich an den Reichstag deßwegen gewendet, weil das Volk recht im Innersten überzeugt ist, daß ein Nationalgarde-Gesetz vom Reichstage kommen müsse. Die Vertheidigungsanstalten sind nicht identisch mit dem Nationalgarde-Gesetze. Wenn sich das Obercommando an den Reichstag wendet, so wendet es sich nicht quasi wegen der Vertheidigungsmaßregel, sondern speciell wegen eines Theiles des Nationalgarde-Gesetzes an uns. Das Volk wird in ein Nationalgarde-Gesetz nur dann volles Vertrauen setzen, wenn es vom Reichstage erflossen ist, und ich glaube, es ist im Interesse der Krone, wenn wir jetzt einem Centralpunct bilden, an dem sich die österreichischen Völker an klammern in diesem verhängnißvollen Augenblicke. Wir schützen damit den Thron, und wenn wir erklären, wir thun es zum Schutze des Thrones und der Volksfreiheit, so sind wir auf dem heiligsten gesetzlichen Boden, und ich unterstütze aus diesem Grunde den Antrag der Commission.

Abg. Nadler. Nach dem, was meine verehrten Herren Vorredner gesagt haben, bleibt mir wenig übrig. Ich glaube Niemand ist im Zweifel; daß das Haus ein Nationalgarde-Gesetz erlassen kann. Nun die Anträge der Commission sind ein Theil des Nationalgarde-Gesetzes, welches bei dem Drange des jetzigen Augenblickes erlassen werden muß. Daß das gesammte Volk bewaffnet wurde, ist eben durch die Nothwendigkeit herbeigeführt, und ich wollte nur zu bedenken geben, ob es besser wäre, wenn wir dieses bewaffnete Volk regellos sein lassen, oder wenn wir eine gleichmäßig gesetzliche Maßregel, welche das Nationalgarde-Obercommando und der Vemeinderath der Stadt Wien beantragt haben, durch unser Ansehen unterstützen; und ich glaube eben dadurch wird das Gesetz und die Ordnung unterstützt, und ich unterstütze daher aus allen Kräften den Antrag der Commission. (Beifall.)

Präs. Der Herr Abg. Nadler war der letzte eingeschriebene Redner, der Herr Berichterstatter hat also das letzte Wort.

Abg. Potocki (verlangt als Antragsteller das Wort und erhält es auch:) Ich muß mich verwahren gegen die Art und Weise, in welcher Herr Abg. Schuselka meinen Antrag aufgefaßt hat. Er war nicht so meinerseits, ich habe von keiner Sanction gesprochen, ich habe von keiner Förmlichkeit gesprochen. Ich habe nicht gesagt, wir können ein solches Gesetz deswegen nicht erlassen, weil der Beschluß jetzt in diesem Augenblicke von seiner Majestät nicht sanctionirt werden könnte. Das habe ich nicht gesagt. Ich muß mich gegen diese Auffassung auf das Feierlichste verwahren. Ich habe meinen Antrag gestellt, gerade in dem Sinne, in welchem ihn der Abg. Pillersdorff auch aufgefaßt hat. Ich glaube wir haben die Sorge der Vertheidigung einer Behörde übergeben, und sollen dann die speciellen Beschlüsse nicht fassen, sondern es dieser Behörde anheim stellen. Wäre ich in dieser Behörde, wäre ich selbst in dieser Behörde, so muß ich dann sagen, möchte ich so einen Beschluß nicht fassen. Der Beschluß ist nicht der, daß Alles, was heute bewaffnet ist, dem Obercommando der Nationalgarde untergeordnet werde; der Beschluß ist der, daß ein jeder waffenfähige Mann zur Vertheidigung ausrücken sollte. So ein Gesetz ist, meine Herren, erstlich: zu dem Enthusiasmus der ganzen Stadt und der ganzen Bevölkerung kein Vertrauen zu haben, weil Sie anstatt diesen Enthusiasmus, anstatt diesen Geist aufzumuntern, einen Beschluß, ein Gesetz fassen, was Jeden dazu zwingt. Es können Vorfälle sein, und es können auch hier in der Stadt Bewohner sein, die andere Meinungen hegen, und ich glaube, wir haben nicht das Recht, diese Leute zu zwingen, in den Kampf heute auszurücken. Wir haben dieses Recht nicht als Behörde der Vertheidigung, wir haben dieses Recht nicht als Reichstag; wir haben dieses Recht als Reichstag nicht, weil wir vor Allem die Freiheit, Freiheit für uns, Freiheit für Andere wollen; wir möchten dieses Recht nicht haben als Behörde der Vertheidigung, weil wir zur Vertheidigung Menschen brauchen, die auch vom besten Geiste beseelt sind, und nicht solche, welche nur gezwungen ausrücken.

Aendern Sie also diesen Beschluß, sagen Sie, daß ein jeder bewaffnete Mann unter das Obercommanco kommt, so ist dann der Beschluß ganz anders. Aber der Antrag ist: einen jeden waffenfähigen Mann zu zwingen, in diesem Augenblicke auch die Waffen zu ergreifen, und gegen dieses werde ich und muß ich nach meinem Gewissen stimmen.

Präs. Wünscht noch der Berichterstatter zu sprechen?

Abg. Schuselka. Ich freue wich sehr, daß zwei meiner Vorredner die Sache bloß vom praktischen Standpuncte aufgefaßt, und die in einem solchen Augenblicke allzuleicht aufregende principielle Seite so glücklich beseitiget haben. Aber gerade vom praktischen Standpuncte aus, ganz ruhig als eine Maßregel der Zweckmäßigkeit betrachtet, glaube ich, läßt sich der Antrag durchaus nicht abweisen. Wir haben dem Gemeinderath mit dem Obercommando vereiniget die Macht gegeben, alle zur Vertheidigung der Stadt dienlichen Maßregeln zu ergreifen. Niemand kann zweifeln, daß unter diesem Worte: "alle zur Vertheidigung der Statt dienlichen Maßregeln" auch die begriffen werden muß, daß im äußersten Nothfalle alle waffenfähigen Männer streiten müssen, denn wir haben sie ermächtiget, alle zur Vertheidigung zweckmäßigen Maßregeln zu ergreifen. Haben wir wirklich dadurch, daß wir in so allgemeinen Ausdrücken diese Vollmacht ausgesprochen haben, ganz gewiß auch diesen alleräußersten Fall inbegriffen denken müssen, und kommt nun der Gemeinderath und das Obercommando und bitten uns, daß wir zur Ausführung dessen, was wir befohlen haben, helfen sollen, und weisen wir es von uns: so widersprechen wir uns selbst; denn offenbar ist es nichts anderes, als wenn der Obercommandant vor uns jetzt hintreten und sagen würde: Ihr habt mir befohlen, Alles, was zur Vertheidigung nothwendig ist, zu thun; wir halten es in diesem Augenblicke für nothwendig, daß alle waffenfähigen Männer sich zur Verfügung stellen, wir fürchten uns aber allein diesen Beschluß nicht ausführen zu können. Wenn sie sagen: helft uns! und wir dann sagen: nein, wir helfen nicht! so widersprechen wir den eigenen Aufträgen, die wir gegeben haben. Es ist nicht damit gesagt, daß ein jeder Waffenfähige auch streiten muß, und wir wollen nicht hoffen, daß es so weit kommen werde, aber es ist doch gut, wenn dieses im Principe ausgesprochen ist, daß jeder waffenfähige Mann kämpfen möge, oder, daß er, wenn er schon nicht so weit dienen wollte wie Andere, daß er während der Zeit, als Andere hinausziehen und kämpfen, die Wache wenigstens übernehme, die dann ein Jeder gerne übernehmen wird. Hier kann, wie der Herr Abg. Potocki vorausgesetzt hat, von einer politischen Meinung keine Rede sein, denn bei der Wache handelt es sich nicht um politische Ansichten, sondern bloß um Ordnung und Sicherheit des Eigenthums, um Schutz für die Weiber, Kinder, Greise und Kranke; er mag was immer für eine politische Meinung haben, und er wird sich für verpflichtet halten, wenigstens diesen Dienst zu leisten. In dieser Beziehung natürlich auch gemeint, keineswegs aber in terroristischer Beziehung, daß er die Leute pressen wird, Kriegsdienste zu thun. Es ist darin nur ausgesprochen worden, daß wir nicht müsige Spaziergänger brauchen, sondern auch, daß Jedermann dazu beitragen soll, und daß man Leute braucht, die helfen. (Beifall.)

Nach diesem muß ich noch den Herrn Abg. Potocki, da er sich gegen mich verwahrt hat, ersuchen, die stenographischen Berichte nachzusehen. Ich habe nicht gesagt, daß er von der Sanction gesprochen, sondern daß der Minister davon gesprochen hat, und ich habe mich bemüht und mir erlaubt, den Herrn Minister in dieser Beziehung zu widerlegen.

Präs. Ich werde also den Gegenstand zur Abstimmung bringen.

Abg. Kowarz. Ich bitte, wir sind nicht vollzählig. (Mißstimmung.)

Präs. Ich habe die Zählung vor Kurzem veranlaßt und es waren 180 zugegen, und mit Rücksicht auf die Commissions-Mitglieder dürften wir beschlußfähig sein.

Abg. Potocki. Ich beantrage über diesen Antrag zur Tagesordnung zu gehen.

Abg. Ziemialkowski. Ich bitte um namenttiche Abstimmung. (Unruhe.)

Schriftf. Wiser. Ich habe das Haus vor Kurzem gezählt und das Resultat zeigt, daß hier 178 Mitglieder anwesend, und mit den Commissions-Mitgliedern 201 im Hause gegenwärtig sind.

Präs. Der Herr Abg. Potocki hat seinen Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung zurückgenommen.

Abg. Potocki. Er war nur über die Zählung der Kammer gestellt.

Präs. Es liegt der Antrag der Commission vor, damit die von dem Nationalgarde-Obercommando beantragten Paragraphe im Ganzen angenommen werden. Es liegt hiezu ein Verbesserungsantrag des Abg. Potocki vor, welcher lautet: "Mit Beziehung auf den Beschluß, mittelst welchem der Gemeinderath und das Nationalgarde-Obercommando ermächtiget wurden, Alles vorzukehren, was zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit und für die Vertheidigung der Stadt Wien nothwendig erscheinen sollte, dal vorliegende Gesuch dem Gemeinderathe zur Erledigung zuzuweisen."

Es ist dieses ein Verbesserungsantrag und muß vor Allem zur Abstimmung kommen.

Abg. Sierakowski. Ich stelle den Antrag, über den Verbesserungsantrag des Abg. Potocki zur Tagesordnung zu übergehen.

Präs. Es wird gleich erlediget sein. Ich bin bei der Abstimmung selbst begriffen, und dann kommt es auf eins heraus.

Wird der Antrag des Abg. Potocki unterstützt? (Unterstützt.)

Diejenigen Herren, welche den soeben verlesenen Antrag des Abg. Potocki anzunehmen wünschen, wollen aufstehen. (Minorität.)

Ich werde demnach den Antrag der Commission selbst zur Abstimmung bringen. Er besteht aus drei Puncten, ich werde auch den Eingang vorlesen:

"Unter den gegenwärtigen Verhältnissen erscheint es zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit erforderlich, daß sich

1. für die Dauer der Gefahr, alle waffenfähigen Männer unter das Commando ihres Bezirkschefs, dem sie ihrer Wohnung nach angehören, zu stellen haben." (Unterstützt.)

Abg. Gleispach. Ich erlaube mir zu bemerken, es ist bis jetzt nur im Allgemeinen über das Princip gesprochen worden, ob der Reichstag unmittelbar sich über diese Vorschläge aussprechen soll, oder ob diese Anträge dem Gemeinderathe und Nationalgarde-Obercommandanten zurückzuweisen seien, daß sie selbst ermächtiget werden; über die Anträge, die punctweise gestellt worden sind, ist im Wesentlichen nicht gesprochen worden, und in dieser Beziehung glaube ich, müßte es doch noch frei stehen, einige Bemerkungen zu machen. Ich würde mir erlauben, über den ersten Punct einige Bemerkungen zu machen.—

Abg. Sierakowski. Die Debatte ist schon geschlossen.

Präs. Ich werde, da hier ein Zweifel obwaltet, die Kammer befragen, ob noch in Bezug auf die einzelnen Puncte dieser Formalfrage eine Discussion zulässig sei.

Abg. Borrosch. Ich habe das unterstützen und überhaupt darauf aufmerksam machen wollen, daß es hier unnütz zu einer Principienfrage gemacht wurde. Es ist klar, daß, sobald wir die legalen Behörden mit Sicherstellung der Stadt beauftragen, wir dadurch unter Einem die Sicherung bei Reichstages aussprechen.

Präs. Ich glaubte, der Herr Abgeordnete wolle sprechen in Bezug auf die Formalfrage, ob eine Discussion über die einzelnen Puncte zulässig sei.

Abg. Borrosch. Ich glaube, sie sei zulässig.

Präs. Wird der Antrag auf Debatte über die einzelnen Puncte unterstützt? (Unterstützt.)

Diejenigen Herren, welche wollen, daß die Discussion eröffnet werde, wollen aufstehen.

(Minorität.)

Ich werde demnach den ersten Punct nochmals vorlesen und zur Abstimmung bringen. Er lautet:

"Alle waffenfähigen Männer haben sich unter das Commando desjenigen Bezirkschefs zu stellen, dem sie ihrer Wohnung nach angehören."

Diejenigen Herren, welche für diesen Punct sprechen, wollen aufstehen.

(Majorität.)

"2. Daß sich alle bewaffneten Wiener dem Befehle des Nationalgarde-Obercommando unbedingt unterordnen."

(Wird unterstützt und angenommen.)

In Bezug auf den 3. Punct hat der Minister die Bemerkung gemacht, daß in einigen Stunden ein Gesetz erlassen werden soll; ich werde die Formfrage stellen, ob die hohe Kammer der Ansicht sei, daß durch diese Bemerkung der dritte Punct behoben sei.

"3. endlich, daß die Verweigerung der Subordination und Verrath durch ein aus der Nationalgarde zu bildendes Disciplinar-Gericht bestraft werden solle."

Ich glaube, daß die hohe Kammer über diesen Punct hinübergehen könne, in Bezug auf die Bemerkung des Ministers.

Abg. Dylewski. Ich glaube dieser Punct wäre nicht zu übergehen, sondern beizubehalten.

(Ruf: Vertagen!)

Präs. Ist die hohe Kammer der Ansicht, daß mit einem Beschlüsse innezuhalten sei, so möge sie dieß durch Aufstehen kund geben.

(Majorität.)

Abg. Gleispach. Ich erlaube mir an die hohe Kammer nur die Meldung, daß, wenn im ersten Punct keine Ausnahme irgend einer Art gemacht und gestattet wird, wir bald nicht in der Lage sein werden, unseren Geschäften im Vorstandsbureau nachzukommen; heute bereits ereigneten sich Fälle, daß Reichstagsdiener verhindert wurden hineinzugehen und Waffen nehmen mußten, es sind die Beamten oft abwesend. Nun frage ich, wenn wir in einem fort Beschlüsse fassen, die nicht gedruckt und publicirt werden können, zu was fassen wir Beschlüsse? Wäre eine Bemerkung erlaubt worden, so hätte ich mir diese Bemerkung erlaubt, da es aber nicht gestattet war, so mache ich aufmerksam, damit, wenn die Geschäfte in Stockung kommen, oder daß, wenn die Befehle des hohen Hauses nicht vollzogen werden, wir keine Schuld daran haben.

Präs. In dieser Beziehung erlaube ich mir zu bemerken, damit es zur Wissenschaft kommt, daß ich es in meiner Machtvollkommenheit gelegen erachtet habe, den Herren, welche im Vorstandsbureau verwendet werden, so wie den zwei Herren Postbeamten Certificate zu geben, daß sie durch die Zeit der Dauer des Reichstages von dem Dienste enthoben sind. (Beifall.)

Abg. Lubomirski. Ich hätte nur noch die Bemerkung zu machen, daß hier auch fremde Gesandtschaften sind. (Ruf: Die sind ja von selbst ausgenommen!)

Abg. Schuselka. Ich bin beauftragt, der hohen Versammlung ein Schreiben des ehemaligen Ministers Doblhoff an die Reichstagsabgeordneten Dr. Goldmark und Dr. Klaudy wortlich mitzutheilen. Es ist vom 7. October.

"Sie haben mir gestern nach dem Ereignisse, was mich tief erschütterte, eröffnet, daß der hohe Reichstag den Herrn Minister Hornbostel veranlaßt habe, Seine Majestät zur baldigsten Wiederherstellung eines Ministeriums zu bestimmen, und Allerhöchstdieselben aus meine bisherige Thätigkeit und auf das Vertrauen aufmerksam zu machen, welches der hohe Reichstag meinen redlichen aufrichtigen Gesinnungen zolle.

"So tröstend und ermuthigend diese Aeußerung der für meine geringen Kräfte und Leistungen nachsichtsvollen hohen Reichskammer auch auf mich wirken mußte, so ist sie doch unzureichend, um meiner durch übermenschliche Anstrengungen gänzlich zerrütteten Gesundheit jenen Aufschwung auch nur auf kurze Zeit zu verleihen, welcher unter den gegenwärtigen Verhältnissen unentbehrlich wäre, um den unerläßlichsten Anforderungen meiner bisherigen Stellung nur theilweise zu genügen. Ich bin erschöpft, allein noch mehr — ich bin überzeugt, daß das Ministerium, welches nunmehr zur Leitung der Regierungsgeschäfte berufen werden soll, die Politik, welche ich und meine Collegen behaupten zu müssen glaubten, wird verlassen, oder wenigstens in wesentlichen Fragen wird verändern müssen.

"Eine solche plötzliche Wendung der Grundsätze, welche ich für die Ehre, für die Einheit und für die wahre Freiheit Oesterreichs geboten erkannte, ist mit meinem durch mein ganzes Leben durchgeführten Charakter unverträglich, wie sie überhaupt des freien Mannes unwürdig ist.

"Diese Betrachtungen haben mich auch bewogen, Seine Majestät — mit Beziehung auf mein schon am 5. Sepzember dem Herrn Minister-Präsidenten überreichtes Dimissionsgesuch — treuergebenst zu erklären, daß ich unter den obwaltenden Umständen durchaus unvermögend sei, die Functionen der mir anvertrauten beiden Ministerien des Innern und des öffentlichen Unterrichtes auch nur auf kurze Dauer fortzusetzen. Wovon ich Sie, meine sehr geehrten Freunde, mit dem Ersuchen verständige, von dieser Erklärung dem hohen Reichstage Mittheilung zu machen, soferne daselbst meiner Person in oberwähnter Absicht Erwähnung geschehen soll. Genehmigen ec.

Doblhoff m. p.

Am 7. October 1850."

Präs. Es hat der Herr Minister einige Mittheilungen angemeldet, aber Da er nicht gegenwärtig ist, so werde ich mir erlauben, ein Urlaubsgesuch zur Sprache zu bringen. Mit Bezug auf den Beschluß, damit alle Mitglieder des Hauses, welche auf Urlaub abwesend sind, binnen 14 Tagen zurückkehren sollen, glaube ich, daß eigentlich auf einen Urlaub nicht angetragen werden kann. Indessen der Fall ist ganz eigener Art. Er betrifft einen unserer Landsleute, er ist ein Landmann aus dem Bukowiner Kreise. Er ist ein alter Mann, nicht mehr gegenwärtig, und ich glaube, er ist so schwach, daß er nicht mehr erscheinen konnte. Er hat das Heimweh und muß zurückkehren in seine Heimath. Er ist einer von jenen unserer Landsleute, welche nie eine ärztliche Hilfe gebrauchen, deßhalb konnte er auch kein ärztliches Zeugniß vorlegen. Ich habe ihn aber gesehen und gesprochen, und viele seiner Landsleute auch, (Ja, ja!) und wir Alle sind der Ansicht, daß er wirklich zurückreisen muß. Sein Leben ist in Gefahr, wenn er nicht zurückkehrt. Ich werde mir demnach erlauben, dieses Urlaubsgesuch zum Vortrage bringen zu lassen.

(Schriftführer-Stellvertreter Gleispach liest das Gesuch des Iwan Dolinczuk, Abgeordneten für Suczawa in der Bukowina, um einen vierwöchentlichen Urlaub wegen Krankheit vor.)

Abg. Dobrzanski. Ich wäre der Ansicht, daß man ihm also unter diesen Verhältnissen, unter denen sein Wahlbezirk doch gar nicht vertreten ist, nicht den Urlaub ertheilen, sondern sein Mandat zurückgeben möge. (Unterstützt.)

Abg. Hubicki. Ich bin der Meinung, daß man doch nicht Jemanden befehlen könne, sein Mandat zurückzunehmen; der Abgeordnete hat das Recht, um Urlaub zu bitten, und es muß ihm selbst überlassen bleiben, ob er abtreten will.

Abg. Pieczykowski. Ich habe gestern mit dem Ivan Dolinczuk gesprochen, er ist des Schreibens unkundig, er sagte mir, daß er auf seinen Posten Verzicht leisten Wolle. Ich habe ihm angerathen, daß er auf einige, wenigstens 8 Tage sich dessen enthalten solle, damit seine Gesundheit ihm doch vielleicht erlauben würde zu erscheinen. Es wundert mich jetzt dieses Urlaubsgesuch, vielleicht wurde er von diesem Abgeordneten nicht so verstanden, er ist ein Mann von 70 bis 80 Jahren, und war nur acht- oder zehnmal in der Sitzung. Der Wahlbezirk Suczawa wird auch mithin nicht vertreten, und wird hier auch nicht vertreten werden, wenn er auch einen vierwöchentlichen Urlaub bekommt. Daher bin ich auch der Meinung, der Herr Präsident möge ihn selbst noch befragen, und ihm diese Bemerkung machen, daß er so seinen Wahlbezirk nicht vertrete. Wird er darauf beharren, damit er einen Urlaub bekomme, so kann ihm derselbe natürlich nicht abgeschlagen werden.

Präs. Ich erlaube mir die kurze Bemerkung, daß ich mit Ivan Dolinczuk gesprochen, und er mir gesagt hat, er wolle zurückreisen und sich mit seinen Committenten besprechen, er wird also von dort vielleicht seine Dimission einreichen.

Abg. Borrosch. Ich will nur bemerken, daß auf die Motivirung des Urlaubsgesuches hin ohnehin klar ausgesprochen ist, daß er nicht zurückkehren werde oder nicht könne; und jedenfalls kann unter Einem der Auftrag durch das Ministerium an den Bezirk hinausgegeben werden und daß man es mit der Bewilligung des Urlaubes zugleich kundgebe.

Abg. Hagenauer. Ich kann nicht mit dem Abg. Borrosch übereinstimmen; er hat nur Urlaub begehrt, und wir können keinen Abgeordneten, aus der Kammer hinausstoßen. Glauben wir, daß, nachdem wir ihm den Urlaub verweigern, er seine Entlassung eingeben werde? Wir haben nur ein Urlaubsgesuch, wir können bloß ja oder nein sagen.

Abg. Ziemialkowski. Der Abg. Dolinczuk hat um einen Urlaub gebeten, und es handelt sich nur darum, ob wir diesen Urlaub bewilligen sollen oder nicht; ich muß aber bemerken, daß wir vor ein paar Tagen den Beschluß gefaßt haben, daß die mit Urlaub abwesenden Mitglieder binnen vierzehn Tagen hier anwesend sein sollen; ich glaube also, daß wir dem Abg. Dolinczuk mit Rücksicht auf diesen Beschluß den Urlaub verweigern sollen.

Abg. Sierakowski. Ich stelle den Antrag auf Schluß der Debatte. (Der Antrag wird unterstützt und angenommen.)

Abg. Dylewski. Die Verhältnisse des Abg. Dolinczuk sind jedenfalls außerordentlich, und wenn diese Betrachtung, welche uns jetzt bekannt wurde, ihren Grund haben soll, so stelle ich den Antrag auf die Einschränkung dieses Urlaubes auf vierzehn Tage; während dieser Zeit wird der Herr Abgeordnete Gelegenheit finden, mit seinen Committenten zu sprechen, und bis dorthin können sich die Umstände geändert haben. Ist er gesund, so kommt er zurück, ist er nicht gesund, so bleibt er. Ich würde daher den Urlaub auf vierzehn Tage einschränken, und beantrage ihn zu bewilligen.

Präs. Es ist die Debatte geschlossen. Zum vorliegenden Urlaubsgesuche liegt ein Antrag des Abg. Dobrzanski vor, welcher will, damit er aufgefordert werde, sein Mandat zurückzulegen.

Abg. Dobrzanski. Das habe ich nicht gemeint, sondern durch die Nichtbewilligung der Urlaubes. —

Präs. Sie haben also keinen Antrag gestellt?

Abg. Dobrzanski. Nein!

Präs. Der Antrag des Abg. Dylewski will den Urlaub auf vierzehn Tage einschränken.

Abg. Hubicki. Der Antrag des Abg. Ziemialkowski ist am weitesten, und soll zuerst zur Abstimmung kommen, weil er den Urlaub nicht bewilliget haben will.

Präs. Das ist kein besonderer Antrag, sondern lediglich eine Negation, die an und für sich zur Abstimmung kömmt; ich glaube demnach, ich werde den einschränkenden Antrag des Abg. Dylewski zur Abstimmung bringen.

Ich ersuche den Abg. Dylewski, mir den Antrag schriftlich vorzulegen, denn ich muß darauf dringen, sonst ist das Bureau in Verlegenheit, die Anträge gehörig zu stylisiren.

Abg. Pieczykowski. Es kommt noch eine Bemerkung, daß jener Abgeordnete schon einen Urlaub gehabt hat.

Ein Abg. Ja, in einen Curort, aber nicht nach Hause.

Präs. Ich bitte, meine Herren, es liegt mir vor der schriftliche Antrag des Abg. Borrosch; er lautet: "Dem Abg. Dolinczuk ist ein Urlaub mit dem Bemerken zu ertheilen, daß man durch Motivirung seines Urlaubsgesuches an der Möglichkeit der Rückkehr zweifeln, und daher eine neue Wahl anzuordnen für nothwendig erachten müsse, worüber der Herr Abgeordnete seine Erklärung abgeben wolle." (Unterstützt.) Ich erachte diesen Antrag als Zusatz zum Antrage des Abg. Dylewski. Ich werde demnach den Antrag des Abg. Dylewski zur Abstimmung bringen: "Dem Abgeordneten sei ein Urlaub von vierzehn Tagen zu bewilligen." Diejenigen Herren, welche für die Bewilligung eines vierzehntägigen Urlaubes sind, wollen aufstehen. (Majorität.)

Nun werde ich den Zusatz-Antrag des Abg. Borrosch zur Abstimmung bringen. Er lautet: "mit dem Bemerken, daß man durch die Motivirung seines Urlaubsgesuches an der Möglichkeit seiner Rückkehr zweifle, daher für diesen Bezirk eine neue Wahl auszuschreiben sei."

Abg. Demel. Einen Urlaub können wir nur dann bewilligen, wenn der Abgeordnete wirklich noch ein Mitglied des Reichstages ist; wenn aber eine neue Wahl ausgeschrieben werden soll, so fällt der Beschluß der Kammer, daß der Urlaub bewilliget werde.

Ich trage daher darauf an, über den Zusatz-Antrag des Abg. Borrosch zur Tagesordnung überzugehen.

Abg. Borrosch. Der Urlaub ist hier motivirt bewilliget.


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