Abg. Demel. Ich bitte über meinen Antrag, zur Tagesordnung überzugehen, abstimmen zu lassen.
Präs. Das kann nicht geschehen, da der Schluß der Debatte schon erfolgte. Ich ersuche diejenigen Herren, welche dafür sind, daß dem Urlaubsgesuche diese Bemerkung beizufügen sei, wollen aufstehen. (Minorität.)
Ich werde mir erlauben, nach dem Herrn Minister zu senden, nachdem er einige Male angemeldelt hat, daß er der hohen Kammer eine Anzeige zu machen habe, und sich jetzt wieder entfernt hat.
Finanzminister Krauß. Ich muß mir die Freiheit nehmen, einen Gegenstand zur Sprache zu bringen, der jenen Credit betrifft, welchen das hohe Haus dem Finanz-Ministerium zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse mit zwanzig Millionen bewilliget hat. — Es ist hier in der hohen Versammlung schon öfters von diesem Credite in der Voraussetzung gesprochen worden, als ob er schon bedeutend benützt, ja erschöpft wäre. Ich bin in der angenehmen Lage, das Gegentheil bestätigen zu können Bis Ende des Monates September habe ich diesen Credit ganz unbenützt gelassen, erst mit dem laufenden Monate trat das Bedürfniß ein, für die Erfordernisse, die, wie dem hohen Hause bekannt ist, im Zunehmen begriffen sind, diesen Credit in Anspruch zu nehmen. Es ist aber bis jetzt keine größere Summe bis zum gestrigen Tage in Anspruch genommen worden, als vier Millionen; bisher sind also sechszehn Millionen ganz unberührt geblieben, und auch diese vier Millionen sind nicht ausgegeben, sondern an die Cassen als Dotation überwiesen worden, welche im Laufe dieses und des nächsten Monates werden gebraucht werden. (Beifall.) Gegenwärtig aber ist eine ganz andere Lage der Dinge, als jene, unter welchen diese Bewilligung ertheilt worden war. Es hat das hohe Haus damals nothwendig gefunden, einige Beschränkungen beizufügen, welche ganz mit der Ansicht übereinstimmen, die ich so frei war, dem hohen Hause darzustellen, nämlich die Beschränkung, daß zur Benützung dieses Credites die Bank nur in einem Belaufe von sechs Millionen in Anspruch zu nehmen sei. Ich habe mir seit Ende August, in welchem die Bewilligung ertheilt wurde, es angelegen sein lassen, andere Wege zu finden, und in der That habe ich auch Central-Cassa-Anweisungen auszugeben angefangen; die Ereignisse sind aber nicht so beschaffen, daß sie dem Absatze dieser Anweisungen günstig wären. Vielleicht hätte ich in letzterer Zeit Mittel gefunden, die Central-Cassa-Anweisungen in größeren Summen in den Verkehr zu bringen; es ist aber allgemein bekannt, daß Ereignisse eingetreten sind, die einer solchen Operation unübersteigliche Hindernisse in den Weg legen. — Eine zweite Frage war, ob ein Staatsanlehen aufzunehmen sei. — Ich habe mich mit Männern besprochen, welche darüber Auskunft und Belehrung ertheilen konnten, und habe von allen Seiten die bestimmteste Erklärung erhalten, daß der Zeitpunct höchst ungünstig für die Aufnahme eines Saatsanlehens wäre. Ich müßte dabei ins Auge fassen, daß es sich bei der Aufnahme eines Anlehens darum handelt, welche Verpflichtungen der Staat, oder damit ich richtig spreche, das Volk zu übernehmen hat. Je ungünstiger die Umstände sind, unter denen ein Anlehen gesucht wird, desto schwieriger sind auch die Bedingungen, desto härter die Bestimmungen, denen man sich unterwerfen muß. Ich würde unter den bestehenden Umständen — ich spreche nicht von der letzten Zeit, sondern überhaupt von der Zeit im Laufe des September und October — ein Anlehen nur unter sehr ungünstigen Bedingungen haben zu Stande bringen können, d. h. das Volk wäre mie einer viel größeren Verpflichtung belastet worden, als die Summe ist, die an den Staatsschatz eingeflossen wäre. Zugleich hätte die Aufnahme eines Anlehens höchst nachtheilig auf den Geldmarkt selbst gewirkt, und die Effecten wären ebenso gefallen, wodurch das Vermögen, das in den Effecten angelegt ist, sehr benachtheiliget worden wäre.
Es erübriget daher unter den jetzigen Umständen nur der Ausweg, die Nationalbank zu benützen, und ich muß im Allgemeinen bemerken, daß das Institut einer Nationalbank, wenn es gehörig eingerichtet ist, ganz vorzüglich für diejenigen Verhältnisse, wie die sind, in denen wir jetzt leben, von hoher Wichtigkeit und Nutzen ist. Unter gewöhnlichen Umständen halte ich dafür, daß eine Bank nicht so sehr für Staatsbedürfnisse als vielmehr dazu bestimmt sein soll, die Industrie und den Handel zu unterstützen. Wenn aber so außerordentliche Umstände eintreten, wie diejenigen, die jetzt existiren, so erübriget nichts Anderes, als uns an dieses Institut zu halten. Wir haben vor uns das Beispiel von Frankreich, von England und überhaupt von Staaten, wo gut geordnete Banken bestehen. Es soll aber damit nicht gesagt werden, daß bei der Benützung des Bank-Credites nicht mit der größten Vorsicht vorzugehen sei.
Ich halte mich daher für verpflichtet, die hohe Versammlung zu bitten von der gestellten Beschränkung von sechs Millionen in Absicht auf die Benützung des Credites der Bank abzugehen, uad die Ermächtigung zu ertheilen, daß der Credit der Bank zum Behufe der Aufbringung der Summe von 20 Millionen nebst der Ausgabe von Central-Cassa-Anweisungen nach Maß des unumgänglichen Erfordernisses benützt werden könne. Ich darf so frei sein, die Versicherung hinzuzufügen, daß, so wie ich es mir bis jetzt angelegen sein ließ, so wenig als möglich von der Ermächtigung Gebrauch zu machen, ich auch mich glücklich schätzen werde, nach Rückkehr der Ruhe andere Mittel zu finden.
Der zweite Gegenstand, den ich so frei bin, hier vorzubringen, bezieht sich auf eine Eingabe der Direction der Nationalbank selbst. Sie hat sich an mich gewendet und bemerkt, daß unter den gegenwärtigen Umständen für die Nationalbank es von höchster Wichtigkeit wäre, wenn die hohe Reichstagsversammlung erklären wolle, daß sie die Nationalbank unter ihren besondern Schutz stelle, nämlich mit Rücksicht auf die große Wichtigkeit des Institutes zu bitten, daß die hohe Reichsversammlung erkläre: es sei die Nationalbank unter den besonderen Schutz des hohen Reichstages gestellt, und werde als unter diesem Schutze befindlich erklärt.
Nun ist es sicher, daß es kein anderes so wirksam es Mittel geben kann, welches in moralischer Beziehung den Erfolg versprechen würde, als diese Erklärung von Seite der hohen Reichsversammlung. Ich erlaube mir daher das Einschreiten der Nationalbank hiemit zu unterstützen. (Beifall.)
Präs. Wenn es die hohe Kammer wünscht, werde ich den Antrag des Herrn Finanzministers nochmals lesen. (Liest:)
"Antrag des Finanzministeriums über die zur Deckung der Geldbedürfnisse nothwendige Maßregel.
"Hohe Reichsversammlung!
"Mit Beschluß vom 21. August l. J. hat die hohe Reichsversammlung dem Finanzministerium die Aufhebung von zwanzig Millionen Gulden unter der Beschränkung zugestanden, daß hierbei der Credit der österreichischen Nationalbank nur bis zu dem Betrage von sechs Millionen benützt werden dürfe. In jenen Tagen, als dieser Beschluß gefaßt wurde, war man zur Voraussetzung berechtigt, daß der größte Theil dieser Summe auf anderem Wege ohne große Schwierigkeit werde beigeschafft werden können. Allein bei der immer mehr steigenden Stockung des Verkehrs stellten sich dem Absatze großer Summen von Central-Casse-Anweisungen bedeutende Hindernisse entgegen.
"Die Umstände sind gegenwärtig, wo sogar für Wechselschulden ein Moratorium bewilligt werden mußte, so ungünstig, daß eine Beischaffung von Geld durch Casse-Anweisungen sehr erschwert, durch ein Anlehen hingegen ohne übermäßige Opfer geradezu unmöglich ist. Bereits früher unterlag es wesentlichen Bedenken, ein Staatsanlehen aufzunehmen, indem dadurch der Werth der Effecten tief herabgedrückt, und Geld nur um unverhältnißmäßig hohe Zinsen erlangt worden wäre.
"Um nun dem augenblicklichen Bedürfnisse genügen zu können, erlaubt sich das Finanzministerium den Antrag zu stellen, die hohe Reichstagsversammlung wolle beschließen:
"Daß wegen der gegenwärtigen außerordentlichen Umstände der Credit der Nationalbank ohne Beschränkung auf die Summe von sechs Millionen Gulden, nach Maß des unumgänglichen Erfordernisses des öffentlichen Dienstes zur Aufbringung der mit dem Beschlusse vom 21. August 1848 bewilligten Summe von zwanzig Millionen Gulden und zur Vermittlung für die Hinausgabe der verzinslichen Central-Casse-Anweisungen in Anspruch genommen werden dürfe.
Wien den 11. October 1848.
Krauß m. p."
Wünscht Jemand das Wort?
Abg. Neuwall. Bezieht es sich auf die zwanzig Millionen? (Nein!) Dann verzichte ich auss Wort.
Abg. Machalski. Es besteht bereits ein Finanz-Ausschuß in dieser Angelegenheit; ich trage daher darauf an, daß dieser Antrag des Finanzministers an den Finanz-Ausschuß gewiesen werde, damit er in kürzester Zeit Bericht erstatte.
Abg. Pillersdorff. Ich habe mir erlauben wollen, denselben Antrag zu stellen, und füge nur noch hinzu, daß sich der Finanz-Ausschuß sogleich versammle und sein Referat noch im Laufe des Vormittages vorbringe,
1. wegen der Dringlichkeit und Außerordentlichkeit.
2. um den Beweis herzustellen, das die Reichsversammlung mit dem Ministerium vorgehe und der executiven Gewalt alle Mittel einräume, um in diesem ernsten Augenblicke nichts zu unterlassen.
Abg. Nadler. Ich wollte beantragen, daß der Finanz-Ausschuß in einer Nachmittags anzuberaumenden Sitzung Bericht erstatte.
Präs. Wird der Antrag des Abg. Machalski und Pillersdorff unterstützt? (Wird unterstützt und angenommen.) Der Finanz-Ausschuß wird demnach ersucht, zusammen zu treten und bei der heutigen Abendsitzung Bericht darüber zu erstatten.
Der Herr Finanzminister hat den Antrag gestellt, das Ansuchen der Nationalbank um Schutz zu gewähren, der Abg. Neuwall hat mir einen Zusatz-Antrag übergeben. Ich erlaube mir den Zusatz-Antrag des Abg. Neuwall vorzulesen; er beantragt nämlich, den Schutz des Reichstages, wie ihn die Nationalbank in Anspruch nimmt, auch der Sparcassa gewähren zu wollen. (Wird unterstützt.)
Das Ministerium des Innern hat mehrere Petitionen einiger galizischen Gemeinden wegen Schuleinrichtungen u. dgl. eingereicht; Eingaben sind dem Petitions-Ausschusse zu übergeben.
Bevor ich den Antrag des Finanzministeriums zur Abstimmung bringe, erlaube ich noch früher einen Antrag des Abg. Scherzer zur Abstimmung zu bringen, der dahin geht, daß die Herren Abgeordneten für bestimmte Zeiten ein besonderes Zeichen tragen sollen, allenfalls eine Schärpe. — Wünscht Jemand über diesen Antrag das Wort?
Abg. Borrosch. Ich werde darum bitten, und dagegen; denn eine Schärpe kann ein Jeder umbinden, es ist also kein Erkennungszeichen; ein solches kann einzig und allein die Karte sein, die jeder bei sich tragen soll, weiters ist kein Zeichen nothwendig, der größte Theil ist ohnehin persönlich bekannt, (O! o!) doch wenigstens großen Theils. Die Karte ist vollkommen hinreichend, die ein Jeder bei sich tragen muß, und ich müßte mich gegen jedes weitere Erkennungszeichen auf das bestimmteste erklären.
Abg. Pillersdorff. Ich ergreife das Wort, um den Antrag des Herrn Antragstellers zu unterstützen, und zwar muß ich vorausschicken, daß ich keine Besorgnisse für die Person der Abgeordneten habe. Die Gesinnung der Bevölkerung hat sich bei jeder Gelegenheit für den Reichstag und dessen Mitglieder auf eine solche Weise ausgesprochen, daß ich nicht glaube, daß Besorgnisse feindseliger Absicht, weder gegen den Reichstag, noch gegen die Versammlung nur im Geringsten genährt werden können; allein nichts destoweniger erscheint mir der Antrag von Wichtigkeit, weil es oft darum zu thun ist, daß die Abgeordneten sich schnell kenntlich machen können, um sich vielleicht einem Verbote, einem gewissen Aufenthalt u. dgl. zu entziehen, wodurch es ihnen dann unmöglich gemacht werden könnte, ihre Pflicht zu erfüllen. Ich gebe Ihnen von mir ein Beispiel. Ich komme manchmal in den Fall außer den Linien zu verweilen; ich hatte bis jetzt noch nie einen Anstand, meiner Pflicht als Deputirter nachzukommen, man hatte es mir immer noch geglaubt; ich glaube aber, daß unter den jetzigen Umständen es wichtig und nothwendig sei, solchen Hindernissen vorzubeugen, und ich berufe mich auf das Beispiel aller Versammlungen, wo gewöhnlich irgend ein Abzeichen angenommen ist, wodurch ein Deputirter sich kenntlich machen kann. Nur in Bezug auf die Modalität würde ich vom Antragsteller abweichen, schon deßhalb, weil darin nicht eine Verpflichtung liegen, sondern es nur ein Mittel sein soll, sich kenntlich zu machen, wenn es nöthig ist. Daher soll dieses Abzeichen in etwas bestehen, wodurch man zeigen kann, daß man dieser Versammlung angehört. Gewöhnlich wird dazu eine Bronzemedaille angenommen, die man bei sich tragen kann. Gegen den Antrag des Abg. Borrosch muß ich denn doch auf den Umstand aufmerksam machen: es ist nicht immer angemessen, den Deputirten zu bemüssigen, seinen Namen anzugeben. In einer Zeit politischer Bewegung, wo es politische Parteien gibt, und es unumgänglich geben muß, soll ein Abgeordneter auch ohne Namensangabe sich ausweisen können. Wir sind es uns selbst schuldig, um uns nicht einer unangenehmen Berührung mit Einzelnen auszusetzen. Ich bin der Meinung, es wäre der Antrag des Antragstellers aufzunehmen, jedoch mit einem anderen Erkennungszeichen als das von ihm vorgeschlagene. Ich erlaube mir eine einfache Bronze-Medaille in Vorschlag zu bringen.
Präs. Wollen diesen Antrag schriftlich ein bringen.
Abg. Pillersdorff. Es ist nur ein Verbesserungs-Antrag zu dem des Abg. Scherzer, und vielleicht wird er sich selbst damit vereinen. (Abg. Scherzer erklärt seine Beistimmung.)
Abg. Borrosch. Auf diese von mir vollkommen gewürdigte Begründung nehme ich meine unbedingte Weigerung von früher zurück. (Beifall.)
Abg. Gleispach. Ich erlaube mir eine Bemerkung bezüglich der praktischen Seite zu machen; diese ist, daß solche Medaillen nicht so schnell geprägt werden; es muß der Stämpel gravirt, und dann kann sie erst geprägt werden.
Abg. Pillersdorff. Ich habe mich an den Herrn Finanzminister gewendet, der seine Unterstützung verspricht, daß dieses so schnell als möglich ausgeführt werde; es handelt sich nicht um Eleganz und artistische Ausstattung, sondern darum, daß es so schnell als möglich ausgeführt werde. (Ruf: Abstimmen!)
Präs. Ich bitte, Herr Finanzminister, es ist die Anfrage gestellt worden, wie bald dieß zu bewerkstelligen wäre?
Finanzminister Krauß. Bestimmt weiß ich es nicht, — ich kann nicht glauben, daß es sehr lange dauern wird, — es wird nicht ein besonders kunstgemäßes Werk sein, sondern es handelt sich darum, zweckmäßig darauf auszudrücken, daß diese Medaille zum Zeichen diene, der Träger derselben sei ein Deputirter. Ich glaube es kann nicht so lange dauern. (Ruf: Reichstags-Deputirter.) Ich werde sogleich in die Münze senden und den Münzmeister holen lassen, so kann man den Augenblick sich davon überzeugen.
Präs. Ich werde mir erlauben den Antrag zur Abstimmung zu bringen, er besteht aus zwei Absätzen: daß die Herren Abgeordneten für unbestimmte Zeit ein besonderes Kennzeichen, eine Bronze-Medaille, zu tragen verpflichtet seien, und dieser Beschluß durch Plakate kund zu geben sei.
Abg. Pillersdorff. "Zu tragen berechtiget sei, nicht verpflichtet. Ich glaube der Herr Antragsteller hat es selbst so gemeint. (Wird bejaht.)
Dann nicht gerade "Bronze Medaille", sondern "Medaille" überhaupt, weil man doch nicht weiß, ob sie gerade von Bronze sein wird.
Präs. In Bezug auf den zweiten Absatz würde ich mir die Bemerkung erlauben, ob dieser Beschluß gleich jetzt schon, oder erst dann zu veröffentlichen wäre, wenn diese Medaille verfertiget sein wird. (Erst dann!) Ich werde daher den ersten Absatz zur Abstimmung bringen. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, daß die Herren Abgeordneten für unbestimmte Zeit ein besonderes Kennzeichen eine Medaille zu tragen berechtiget sind, wollen aufstehen. (Angenommen.)
Ich möchte wohl auch den zweiten Absatz zur Abstimmung bringen, nun wird aber die Ausführung desselben, nämlich die Kundmachung so lange zurückgehalten werden, bis man etwas Bestimmtes anzugeben im Stande ist. Diejenigen Herren, die der Ansicht sind, daß dieser Beschluß durch Placate kundgegeben werde, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.)
Der Antrag würde folgender Maßen lauten: "Die hohe Reichsversammlung beschließe zu erklären, daß das wichtige Institut der Nationalbank unter den besonderen Schutz des Reichstages gegen alle gewaltsamen Angriffe oder Beeinträchtigung gestellt wird." (Allgemeiner Ruf: Sparcasse!)
Finanzminister Krauß. Das ist ein Amendement, womit ich auch ganz einverstanden bin. (Wird unterstützt und angenommen, auch in Bezug auf die Sparcasse.)
Präs. Es liegt mir ein weiterer Antrag des Abg. Gleispach vor: "Daß dem Nationalgarde-Obercommando durch das Ministerium die Weisung ertheilt werde, jene öffentlichen Beamten und Diener, welche zur Vollziehung der Befehle des Reichstages und der Executiv-Gewalt ganz unentbehrlich nöthig sind, Beglaubigungen auszustellen, daß sie vom Waffendienste enthoben seien."
Abg. Podlewski. Ich möchte hinzusetzen, auch den Bedienten der Reichstagsdeputirten. (Ruf: Nein, nein! — Der Antrag wird nochmal vorgelesen.)
Abg. Borrosch. Ich bitte in diesem Antrage die Worte "ganz" und "nöthig" wegzulassen. Es ist das eine Tautologie.
Abg. Sidon. Sodann dürften die Journalisten einbezogen werden.
(Der Antrag wird auf Bitte des Herrn Finanzministers wieder vorgelesen.)
Finanzminister Krauß. Vielleicht, daß das Ministerium aufgefordert werde, die Weisung zu ertheilen, denn der hohe Reichstag wird sich nicht mit dem Nationalgarde-Obercommando in unmittelbaren Verkehr setzen.
Präs. Es liegt mir nun der Zusatz-Antrag des Abg. Podlewski vor, welcher lautet: "Damit die Bedienten der Deputirten vom Waffendienste auch befreit seien." (Nein, nein!) Ich bitte, meine Herren. Sie werden dann darüber sich aussprechen. Es liegt mir auch ein weiterer Zusatz-Antrag des Abg. Sidon vor. Er lautet: "Ich beantrage, daß die Journalisten während den Reichstags-Sitzungen vom Nationalgardedienst befreit werden."
Abg. Podlewski. Und die Reichstags-Stenographen. (Ruf: Das versteht sich von selbst.)
Abg. Potocki. Ich bitte um das Wort. Ich glaube daß wir wegen der Herren Journalisten keinen solchen Beschluß fassen können, ehe wir die Journalisten nicht fragen, in welchem Maße sie befreit sein wollen von einem solchen edlen Dienste der Nationalgarde. (Eine Stimme von der Journalistenloge links: Wir wollen nicht befreit sein!)
Präs. (Auf diese Seite gewendet.) Ich bitte, Sie können auf einem besonderen Wege dieses dem Reichstage vorbringen.
Abg. Borrosch. Ich habe noch zu sprechen. Es werden kaum Zweifel obwalten, daß Fremde, welche auf einige Tage gastrechtlich Wien besuchen, davon ausgenommen sein müssen, wie es überhaupt schon im völkerrechtlichen Begriffe liegt, und überall der Gebrauch ist. Wir würden sonst das Zureisen von manchen uns sehr wichtigen und nöthigen Personen aus der Provinz von vornherein unmöglich machen.
Abg. Fedorowicz. Ich wollte schon früher die Bemerkung machen, da aber die Bemerkungen zu den einzelnen Puncten nicht gestattet wurden, so erlaube ich mir das Wort zu ergreifen. Da wir eigentlich dem Obercommando die Vollmacht gegeben haben, daß alle Waffenfähigen sich seinen Verfügungen unterstellen sollen, so ist es nicht möglich, alle einzelnen Fälle zu berücksichtigen, wie der Abg. Borrosch von den Fremden erwähnt hat; so kann es auch noch andere specielle Fälle geben. Deßwegen glaube ich, wir müssen die Vollmacht über solche specielle Fälle zu beurtheilen auch dem Obercommando überlassen, weil wir sonst in den Fall kommen, daß einzelne Personen sich an uns wenden, und wir über alle einzelnen Fälle abstimmen müßten.
Abg. Gleispach. Ich erlaube mir zu bemerken, daß davon keine Rede sein kann. Man gibt die Weisungen an das Obercommando. Nun ist aber der Obercommandant nicht in der Lage selbst zu entscheiden, wer zu dem öffentlichen Dienste unumgänglich erforderlich sei, das müssen die Behörden selbst bestimmen, hier wird es vom Reichstagsvorstande bestätiget, und bei anderen Behörden von dem höchsten Vorgesetzten. In dieser Beziehung werden sich die Fremden ausweisen müssen, ob sie vom Nationalgardedienste zu entheben seien. Ich glaube, über solche Fälle können wir nicht verfügen.
Abg. Borrosch. Ich wollte eben sagen, daß es sich hier gar nicht um die Entscheidung über einzelne Personen, sondern über ganze Kategorien handelt; es ist zu sorgen, insoferne man überhaupt Verordnungen erläßt, daß dann, auch punctweise schon vorher Alles bestimmt sei.
Präs. Die Herren Journalisten haben die Erklärung in Bezug auf ihre vorige Bitte abgegeben: "Wir wollen immer während der Sitzung im Reichstage, besonders wegen der Nachrichten in die Provinzen, vom Nationalgardedienst befreit sein, alle übrige Zeit sei dem Waffendienste geweiht." (Beifall.)
Abg. Potocki. Wird die Zahl nicht nothwendig sein? (Ruf: Nein!)
Präs. Wenn sonst Niemand das Wort ergreift, so halte ich die Debatte für geschlossen, und ich werde den ursprünglichen Antrag sammt den Zusatz-Anträgen vortragen.
Der ursprüngliche Antrag des Abg. Gleispach lautet: "Daß das Ministerium aufgefordert werde, dem Nationalgarde-Obercommando die Weisung zu ertheilen, jenen öffentlichen Beamten, welche zur Vollziehung der Aufträge des Reichstages nothwendig sind, Beglaubigungen auszustellen, daß sie vom Nachtdienste ausgenommen sind." (Wird angenommen.)
Abg. Borrosch. Jedenfalls, damit man zeigt, daß die Kategorien in Erwägung gezogen werden, auch die Individuen, welche zum Personale der Gesandtschaften gehören.
Präs. Ich werde nun einen Zusatz-Antrag des Abg. Sidon zum ursprünglichen Antrage vorbringen, welcher lautet: "Ich beantrage, daß die Journalisten während der Zeit der Reichstagssitzung vom Nationalgardedienste befreit sind."
Abg. Demel. Die Reichstags-Journalisten.
Viele Stimmen: Wir haben keine!
Präs. Vielleicht sollte es so heißen: "die in die Reichstagssitzungen zugelassenen Journalisten". Es würde also der Antrag so lauten: "Ich beantrage, daß bie in die Reichstagssitzungen zugelassenen Journalisten vom Nationalgardedienste für die Zeit der Sitzungen befreit sind." (Wird angenommen.)
Der Abg. Podlewski stellt den Antrag, daß die Diener der Reichstags-Abgeordneten vom Gardendienste befreit werden. (Nicht unterstützt.)
Der Abg. Pienczykowski hat ebenfalls einen Antrag gestellt; ich glaube, daß darüber noch das Wort gestattet ist, weil der Antrag erst überreicht wurde.
Abg. Potocki. Ich stelle den Antrag, daß alle diese Anträge an den Gemeinderath und an das Nationalgarde-Obercommando zur Berücksichtigung überwiesen werden.
Präs. Ich werde jedenfalls die Anträge alle vorlesen, und dann die Frage an die hohe Versammlung stellen, ob sie mit dem Antrage des Abg. Potocki übereinstimmt.
Der Antrag des Abg. Borrosch lautet: "Borrosch beantragt die Befreiung vom Wachtdienste für alle nur zeitweilig anwesenden Fremden." Pienczykowski will auch diese Maßregel bezogen haben auf die Diener der öffentlichen Localitäten und Institute. Mayer beantragt, daß die unentbehrlichen Setzer und Drucker auch vom Wachtdienste befreit sind. (Zu Potocki) Wollen Herr Abg. Potocki Ihren Antrag bloß auf diese Anträge bezogen haben oder auf alle kommenden dieser Art?
Abg. Potocki. Auf alle!
Präs. Diejenigen Herren, welche der Ansicht sind, daß diese drei eben vorgelesenen Anträge wie auch alle möglich später kommenden der Beurtheilung des Gemeinderathes und Nationalgarde-Ober-Commando überlassen werden sollen, wollen aufstehen. (Es ist die Majorität.)
Es werden sonach die gefaßten Beschluße dem Commandanten der Nationalgarde und dem Gemeinderathe bekannt gegeben werden, damit sie ermächtiget seien, in dieser Beziehung Ausnahmen zu treffen.
Abg. Borrosch. Ich erlaube mir eine Anfrage, ob nicht die hier anwesenden Mitglieder der Finanz-Commission entlassen werden können, um ihrer Pflicht nachkommen zu können.
Präs. Ich werde mir gleich erlauben, die Sitzung zu unterbrechen und nur noch einen Antrag vorlesen, der mir vorliegt. Der Antrag des Abg. Scherzer lautet: "Das Nationalgarde-Obercommando wird beauftragt (vielleicht durch das Ministerium?) dahin zu wirken, daß das Aufsuchen von Garden in ihren Wohnungen nur von uniformirten Garden, und nur von Garden des betreffenden Bezirkes geschehen dürfe, und daß hievon das Volk durch Plakate zu verständigen ist." (Wird der Commission zugewiesen.) Abg. Cerne hat noch einen Antrag, der dahin geht, daß die Geistlichkeit von der Verpflichtung Waffendienste zu leisten befreit sei. — (Ruf: Das versteht sich von selbst!)
Ich erlaube mir bie Sitzung auf 6 Uhr Abends zu vertagen.
(Schluß um 1 1/4 Uhr.)