Pondìlí 9. øíjna 1848

Abendsitzung am 9. October 1848.

Vorsitzender: Vice-Präs. Smolka.

Anfang um 1/2 7 Uhr.

Vice-Präs. Der Herr Abg. Schuselka wird der hohen Kammer über die weitere Thätigkeit des permanenten Ausschusses Bericht erstatten. Ich ersuche den Herrn Abg. Schuselka zur Berichterstattung zu schreiten.

Abg. Schuselka. Ich habe in meinem vormittägigen Berichte vorgetragen, daß das Ministerium in Uebereinstimmung mit ihrem Ausschusse an den commandirenden Herrn General Grafen Auersperg die Aufforderung gestellt hatte, die Stellung, welche er einnimmt, und welche die Besorgniß einer feindseligen Absicht gegen die Stadt Wien hervorruft, zu verändern, oder lieber seine Truppen unter der Garantie der Nationalgarde und der akademischen Legion in den früheren Standort zurück zu ziehen. Wir haben diese Aufforderung dadurch zu verstärken gesucht, daß wir ihm die Nachricht mitgetheilt haben von dem Anzuge der Scharen des Banus Jellaèiè, und anzeigten, daß durch das Herannahen dieser Truppen die Aufregung in der Bevölkerung nur noch mehr gesteigert werden müßte. Darauf haben wir eine Antwort vom Grafen Auersperg bekommen, in welcher er anzeigt, daß ihm von dem Herrannahen des Baron Jellaèiè nichts bekannt sei, daß aber gerade die Nachricht von dem Anzuge dieser Truppen in ihm die Besorgniß erregt hat, daß die dadurch hervorgerufene größere Aufregung seine Truppen, wenn sie zerstreut in den Casernen dislocirt werden, Angriffen aussetzen könnte, so unlieb es ihm auch wäre, seine Stellung beizubehalten, — wobei er wieder, wie in jeder seiner Zuschriften, offen erklärte, daß er durchaus keine feindseligen Absichten gegen die Stadt Wien hege, sondern seinerseits durch mancherlei Gerüchte und Zuschriften beunruhiget, für die Vertheidigung seiner selbst und seiner Truppen sorgen müsse. — Wir haben uns dennoch durch diese Antwort noch nicht zufrieden stellen lassen, und da zu gleicher Zeit von dem permanenten Gemeinderathe der Stadt Wien ein Schreiben an uns gelangt ist, in ähnlicher Absicht, den Commandanten zu bewegen, seine Stellung, die nun einmal von der Bevölkerung für eine feindselige angesehen wird, zu ändern, so haben wir sofort ein erneuertes, dringenderes Schreiben, mit Beilegung des Schreibens des Gemeinderathes abermals an den Commandanten geschickt, haben ihn aufmerksam gemacht, wie durch die immer begründeter werdenden Nachrichten von dem wirklichen Herannahen des Banus Jellaèiè die Aufregung gesteigert werde, wie die Nacht herannahe, wie also die Nutze, Ordnung und Sicherheit dieser Stadt, von welcher die Interessen der Gesammtmonarchie, die Interessen der Dynastie abhängen, wirklich gefährdet werden könne, wenn diese Spannung zwischen Bevölkerung und Garnison nicht gehoben würde. Wir haben ihn aufgefordert, bei seinem Patriotismus, bei seiner Pflicht, bei seiner Verantwortlichkeit aufgefordert, dem Reichstage die Mitwirkung zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit der Stadt, unter der schweren Verantwortlichkeit, die er auf sich hat, nicht zu verweigern.

Zugleich haben wir ihm über Ansuchen des Nationalgarde-Obercommandos angezeigt, daß dasselbe gezwungen sei, um die Gemüther zu beruhigen, die Garde zu allarmiren und auf ihren Sammelplätzen vereint aufzustellen, um für jeden Fall gerüstet zu seyn, und unsererseits zugleich die bestimmteste und ehrlichste Versicherung gegeben, daß keine feindselige Absicht dabei zu Grunde läge, sondern im Gegentheile alle Maßregeln des Ausschusses des Reichstages, des Obercommandos der Nationalgarde im Drange der Nothwendigkeit getroffen werden, und lediglich und allein dahin gehen, den Ausbruch von Feindseligkeiten zu verhindern.

Auf dieses letzte Schreiben erwarten wir die Antwort.

Inzwischen ist der Abg. Prato von seiner Sendung vom Ban Jellaèiè zurückgekehrt, er hat denselben zu Schwadorf begegnet, das ist ungefähr die Hälfte des Weges zwischen hier und Bruck. Auf der Höhe von Schwadorf begegnete der Deputirte Prato bereits die Vorposten des Heeres, größtentheils aus unregelmäßigen Truppen bestehend, in bunten Trachten, mit verschiedener Bewaffnung, jedoch marschirten sie in vollkommener Ordnung und Ruhe, und der Deputirte konnte unbehindert durch die Scharen ins Dorf kommen. Das Dorf selbst bot einen ganz friedlichen Anblick; alles ist offen, auf den Straßen bewegten sich Weiber, Kinder und Soldaten untereinander, auf dem Felde lagerten Soldaten, es ist nicht die geringste Spur irgend eines Schreckens, den man beim Herannahen einer solchen Truppe befürchten konnte. Unser Deputirter wandte sich an einen Officier und nachdem er seine Legitimation vorgezeigt, wurde er mit großer Zuvorkommenheit in das Schloß zu Schwadorf geführt, woselbst Jellaèiè abgestiegen war. Dort wurde er sofort empfangen; der Ban befand sich in Umgebung mehrerer Officiere in österreichischer Uniform und empfing den Abgeordnelen freundlich, las die Legitimation, und erklärte, daß er in Betreff des Königreiches Ungarn vom hiesigen Reichstage allerdings keine Zutheilung zu empfanden hatte — allerdings aber in Betreff des Zustandes der Gesammtmonarchie, weil ihm nämlich der Herr Abgeordnete, wie ich Vormittag zu bemerken die Ehre hatte, jenen Reichstagsbeschluß zutheilte, welchen wir über das Ansuchen der Stadt Preßburg erlassen haben, der darauf hinausging: dem Ban die Allerhöchste Resolution des Kaisers vom 6. October mitzutheilen, worin versprochen wurde, die Interessen des Gesammtvaterlandes, der Gesammtmonarchie mit einem neu zu bildenden volksthümlichen Ministerium in sofortige Berathung zu nehmen, und wo also die Warnung enthalten war, diesen Allerhöchsten zunächst zu erwartenden Beschlüssen Seiner Majestät nicht durch irgend welche Handlung vorzugreifen.

Nachdem Jellaèiè diesen Reichstagsbeschluß aufmerksam gelesen hatte, erklärte er, daß er keinen anderen Wunsch und kein anderes Streben kenne, als eben die Interessen der Gesammtmonarchie Oesterreichs zu fördern, und daß er in dieser Beziehung keine andere Richtschnur seines Handelns haben werde, als eben den Wunsch und den Befehl des Kaisers, — daß er diese seine Pflicht gerade dadurch zu erfüllen hoffe, daß er dem Kaiser sich selbst und Alle, die ihm falgten, zuführen wolle. In weitere Erklärungen ließ er sich nicht ein, und es erübrigte unserem Abgeordneten nur, sich ein getreues Bild von den Truppen, die in Schwadorf und um Schwadorf waren, und überhaupt daraus einen Schluß auf die Lage des Jellaèiè'schen Heeres zu machen. Dieses Bild war nur ein sehr klägliches. Die Truppen, wie gesagt, aus irregulärer Mannschaft bestehend, und wenigen regulären Truppen, die im Dorfe selbst stationirt waren, und die der Deputirte auf 1000 Mann im Dorfe schätzte, waren auch wieder mit Einzelnen von verschiedenen Corps vermischt. Die Monturen waren größtentheils in einem sehr zerrissenen Zustande, selbst die Officiere sahen ziemlich herabgekommen aus; aber was dem Deputirten sehr beruhigend auffiel, war, wie gesagt das, daß das Dorf durchaus einen friedlichen Anblick bot, daß man es der Bevölkerung, die ganz ungenirt den gewöhnlichen Verrichtungen des Tagesberufes nachging, durchaus ansah, daß sie sich durch diese Truppen nicht belästiget oder irgendwie gar gequält fühlen könnte.

An diesem Nachmittage halten wir die Freude eine sehr zahlreiche Deputation aus Prag bei uns zu empfangen. Sie eröffnete uns Folgendes. Es waren auch nach Prag außerordentlich beunruhigende Berichte von dem Zustande Wiens angekommen. Man sprach von Niedersetzung einer provisorischen Regierung, gewissermaßen vom Umsturz des monarchischen Principes, Auflösung aller gesetzlichen Zustände und so weiter. Zunächst und besonders aber verbreiteten sich außerordentlich beunruhigende Gerüchte darüber, daß unsere verehrten Collegen aus Böhmen, namentlich czechischer Nationalität, hier in ihrer persönlichen Sicherheit, ja an ihrem Leben bedroht wären. Dieses veranlaßte die Stadt-Verordneten von Prag, eine Versammlung abzuhalten und zu beschließen, eine zahlreiche Deputation hieher zu senden, um sich selbst von dem Zustande der Dinge zu überzeugen, und für den Fall als sich diese Gerüchte bestätigen, namentlich die Gerüchte über die persönliche Gefährdung der böhmischen Deputirten, sie sofort aufzufordern, den Reichstag, das heißt Wien, zu verlassen. Wir bemühten uns, und konnten es mit ganz aufrichtigem Herzen thun, diese Besorgnisse zu zerstreuen, und obwohl wir keineswegs im Stande waren den Zustand Wiens oder der Monarchie ihnen in einem günstigen oder glänzenden Lichte darzustellen, da der Zustand allerdings sehr schwierig, vielleicht schwieriger ist, als er irgend ein Reich getroffen hat, so gaben wir ihnen doch durch Aufzählung alles dessen, was geschehen, die möglichste Beruhigung — gaben ihnen namentlich die Beruhigung, daß wir selbst unter dem tollsten Haufen, der im Kriegsgebäude jene beklagenswerthe That vollbrachte, bald nach unserm Dasein vollbrachte, nicht einen einzigen Ruf gehört hatten, welcher gegen die Sicherheit eines Deputirten irgend einer Nationalität oder politischen Ansicht gerichtet gewesen wäre.

Wir gaben ihnen ferner kund, daß die akademische Legion, welche bei den Bewegungen der neuesten Geschichte Wiens eine so hervorragende Rolle spielte, erst gestern durch Zuschrift erklärt hatte, daß sie für die Unverletzlichkeit und persönliche Sicherheit und Freiheit jedes Deputirten des Reichstages, was immer für einer Nationalität und was immer für einer politischen Richtung, mit ihrem ganzen Leben einstehen wollte. Wir wiesen sie ferner auf die Proclamation hin, welche der Reichstag beschlossen und ausgeführt hatte, an die Völker Oesterreichs zu senden, und machten sie aufmerksam, daß darin von den Völkern Oesterreichs die Rede ist, daß darin offen ausgesprochen ist, daß ein brüderlicher Volksstaat aus Oesterreich begründet werden sollte.

Wir machten sie endlich aufmerksam, daß in diesen Tagen der Bewegung von einer Nationalitäts-Frage durchaus nicht irgend eine Spur vorhanden gewesen sei, sondern daß alle diese verschiedenen Nationalitäten, die hier durch ihre Vertreter versammelt sind, rein der Sache des Vaterlandes sich einstimmig hingegeben hatten. (Beifall.) Wir forderten sie zugleich, nachdem wir ihnen diese Beruhigung gegeben halten, dringend auf, im Interesse des gesammten Vaterlandes sowohl, als speciell im Interesse ihres Vaterlandes fest zn halten an der Gesammtheit, und auch ihrerseits bei dieser großen Frage der Gegenwart durch Unterordnung specieller Interessen unter die großen Gesammt-Interessen der Freiheit, der Macht und der Ehre, das große Werk, welches wir zusammen zu bringen hätten, nicht zu stören, und forderten sie auf, der Bevölkerung Wiens das Vertrauen zu schenken, daß sie die Vertreter Oesterreichs zu schützen wüßte. Sie gab uns die Zusicherung, daß sie ihrerseits alles thun würde, um ihre Landsleute zu beruhigen; sie gab uns die Versicherung, daß sie für die demokratische aber zugleich auch für die constitutionelle Monarchie begeistert sei. (Beifall.)

Nicht minder erfreulich kam dem Ausschusse Nachmittags eine Zuschrift aus Brünn zu, worin die Nationalgarde dem Reichstage für den etwa eintretenden Fall einer Gefahr ihre thätige Mithilfe und kräftigen Beistand augenblicklich zu senden erklärte. (Anhaltender Beifall.) Wie erfreulich auch derlei Erfahrungen auf ihren Ausschuß wirken konnten, und wie wir auch wünschen möchten, daß sie sowohl auf den hohen Reichstag, wie auf die ganze Bevölkerung der Residenz beruhigend wirken möchten, so haben wir doch nichts verabsäumen zu dürfen geglaubt, um für alle Fälle Verfügungen zu treffen, welche die gebieterische Pflicht des Augenblickes sind. Wir haben daher ungeachtet, daß durch eigenhändige Berichte und Zuschriften des commandirenden Generalen Grafen Auersperg und durch die Freundlichkeit, mit der Deputation von uns selbst von ihm empfangen wurden, und durch seine mündlichen Zusicherungen, daß er durchaus keine Feindseligkeiten beabsichtige, und dadurch was wir von dem Zustande des Jellaèiè'schen Heeres und seiner Gesinnung erfuhren, durchaus die große Gefahr, die uns bedroht, nicht verhehlt, und uns selbst durch den uns zugesicherten Beistand nicht abhalten lassen, für die Vertheidigung Wiens soviel als möglich Sorge zu tragen. So haben wir es zu veranstalten gesucht, daß wir abermals eine öffentliche Aufforderung an die Nationalgarde erließen, in diesen zwei Tagen alle Specialitäts-Interessen hintan zu setzen und zu beherzigen, daß in ihren Händen das Interesse des Staates liege, und daß sie aber auch die Interessen der eigenen Familie, des eigenen Herdes, und das Wohl der Nachkommenschaft schützen und erhalten müsse. Wir haben dafür gesorgt, daß sowohl die Nationalgarde, als auch die akademische Legion zahlreich aus den Ruf zum Dienste erscheinen möge; wir haben dafür gesorgt, daß hinlängliche Munition vertheilt werde; wir haben auch Sorge getragen, daß noch Feuerwaffen vertheilt wurden, denn wir befinden uns in einem Zustande, wo es ein unverantwortliches Versäumniß wäre, sich einer Sorglosigkeit hinzugeben, durch welche nicht nur allein die öffentliche Sicherheit und Ordnung dieser Stadt, sondern wirklich, weil diese Stadt das Herz der Monarchie ist, das Lebensprincip der ganzen Monarchie und wesentlich auch die Interessen der Dynastie gefährdet werden könnten. Wir haben einen Bericht erhalten, daß nicht nur von Ungarn, sondern auch von Klosterneuburg Truppen im Anzuge wären, und die bestimmte Zusicherung erhalten, daß bei Klosterneuburg zwei Compagnien über die Donau kamen, lediglich nur um den Pulverthurm zu besetzen, weil die Besatzung zu schwach wäre. Wir haben diese Zusicherung von Augenzeugen und Sachverständigen erhalten. Es ist dringend nothwendig, daß hier öffentlich ausgesprochen werde zur Beruhigung, daß sich die Bevölkerung Wiens nicht durch immerwährend und immerwährend auftauchende und bis ins fabelhafte übertriebene Gerüchte schrecken und in diesem Zustande zur Leidenschafilichkeit hinreißen lasse, was der Sicherheit und Ordnung gefährlich werden müßte. Wir haben in dieser Beziehung eben heute Abends erst ein Beispiel bekommen, wie die Aengstlichkeit, oder vielleicht manchmal auch absichtliche Bosheit, die absurdesten Gerüchte ausstreut, um das Volk in Aufregung und Angst zu bringen. So wurde uns aus Nußdorf berichtet, daß Abends ein Mann zu Pferde dahin gesprengt kam, und mit lauter Stimme ausgerufen habe: Jellaèiè sei schon in Wien. (Heiterkeit.) Auf diese Weise haben wir bis zu diesem Augenblicke nach unseren Kräften dafür Sorge getragen, in dem Maße und in der Richtung, für die zu sorgen Sie uns die Vollmacht ertheilt haben, nämlich für die Aufrechthaltung der Ordnung, Ruhe und Sicherheit, und wir werden diese Sorgfalt in dieser Nacht auf's Eifrigste fortsetzen. (Anhaltender Beifall.)

Vice-Präs. Ich erlaube mir, in Betreff der dem Abg. Prato zu Theil gewordenen Mission einige Worte zu sagen, damit es nicht scheine, als ob ich mich unterfangen hätte, den Abg. Prato im Namen des Reichstages an den Ban Jellaèiè abzusenden. Die Sache verhält sich so. Es wurde gestern beschlossen, daß die dem Ban Jellaèiè zu machende Mittheilung von Seite des Ministeriums ausgehen solle. Nun hat sich der Abg. Prato freiwillig angetragen, diese Mission an Jellaèiè im Namen des Ministeriums' zu übernehmen. Ich habe sonach dem Abg. Prato nur einen dreitägigen schriftlichen Urlaub ertheilt, damit er in Rücksicht seiner Person sich ausweisen und sicherstellen könne. Es hat der Abg. Goldmark eine Proclamation vorzutragen.

Abg. Goldmark. Die vielfältigen lügenhaften Gerüchte, welche in der Stadt herumcursiren, hat ihren Ausschuß bestimmt, folgende Proclamation zur Veröffentlichung Ihnen vorzulegen:

"An die Bewohner Wiens.

Mitbürger!

Verschiedene aufregende Gerüchte durchirren die Stadt, erhitzen die Gemüther, und erfüllen die Bewohner mit einer Aengstigkeit und Bangigkeit, die mit der besonnenen männlichen Haltung, mit dem tactvollen Benehmen, wodurch die Bewohner Wiens sich bisher auszeichneten, im Widerspruche steht. Man befürchtet Ueberfälle, übertreibt jedes Ereigniß, und vergrößert auf diese Weise eine Gefahr, die vor der Hand nur als Wahrscheinlichkeit erscheint.

Sicherer und officieller Nachricht zu Folge, die der Reichstags-Ausschuß gestern Abends erhalten hat, ist Baron Jellaèic mit beiläufig 2000 Mann gemischter Truppen, welche ganz ermattet und nicht im besten Zustande waren, in Schwadorf angekommen.

Der Reichstag wird mit derselben Sorgfalt, mit derselben Energie, wie bisher, auch fortan das Inteiesse der Gesammt-Monarchie, des Thrones, so wie das der Stadt Wien wahren; der Ausschuß desselben hat das Ober-Commando der Nationalgarde beauftragt, alle Mittel zur Vertheidigung bei etwaigem Angriffe in Bereitschaft zu halten.

Bewohner Wiens! Im Namen des Vaterlandes, der Freiheit, und Eures eigenen Wohles beschwören wir Euch, nicht leichtgläubig auf die vielfältigen lügenhaften Gerüchte zu hören, sondern der eigenen erprobten Kraft nnd den getroffenen Maßregeln zu vertrauen.

Wien am 9. October 1848.

Vom constituirenden Reichstage."

Abg. Dylewski. Beschließt der Ausschuß im Einverständnisse mit dem Ministerium die Maßregeln?

Abg. Goldmark. Die Proclamationen sind nicht als executive Maßregeln früher vom Reichstag erlassen worden, so viel ich weiß.

Abg. Dylewski. Wie es vorgelesen ist, ist es zu arg; es soll heißen: der Ausschuß ist auch beauftraget, daß bieß bloß im Einverständnisse mit dem Ministerium geschahen soll. (Ruf: Ja!)

Abg. Goldmark. Da würde es also heißen: "Der Ausschuß hat im Einverständnisse mit dem Ministerium das Nationalgarde-Obercommando beauftragt, alle etwaigen Mittel ec. ec."

Vice-Präs. Wünscht noch Jemand darüber zu sprechen?

Wenn die hohe Versammlung einverstanden ist, daß diese Proclamation mit gedachtem Zusätze erlassen werde, wolle sie es durch Aufstehen kund geben.

(Angenommen.)

Abg. Dylewski. Der Ban Jelaèiè befindet sich auf österreichischem Boden mit einem Militär, welches nicht österreichisch ist. Ich frage das Ministerium, und natürlich jetzt den Herrn Finanzminister als den Repräsentanten desselben, was er in dieser Hinsicht vorzunehmen gedenkt, und welche Maßregel hinsichtlich dieses Militärs, das sich auf österreichischem Boden befindet, für geeignet hält. Ich verlcmge nicht gleiche Beantwortung, aber ich glaube, daß das Ministerium in dieser Hinsicht doch einige Maßregeln getroffen haben dürfte.

Finanzminister Krauß. Rücksichtlich des Militärs, das der Ban von Croatien commandirt, muß ich vor Allem bemerken, daß es österreichisches Militär ist. Der Ban hat wiederholt erklärt, daß er sich für einen österreichischen General ansieht; man kann nicht sagen, daß das Militär ein nicht österreichisches aus österreichischem Boden sei. Ich bin in der Lage, über dieses Heer des Banus von Croatien die hohe Versammlung einigermaßen in Kenntniß zu setzen. Es hat der Abg. Prato die Güte gehabt, dasjenige Schreiben, das ich in Folge des Beschlusses der hohen Reichsversammlung an den Banus von Croatien erlassen habe, ihm zu überbringen; dabei hat er sich überzeugt, daß der Ban von Croatien sich in Schwadorf befunden habe, mit einer nicht bedeutenden Anzahl Soldaten, welche in keiner Art eine feindselige Absicht an den Tag legten. Auch bei der Unterredung mit dem Abg. Prato hat sich nichts ergeben, was auf eine feindselige Absicht hingedeutet hätte. Das Schreiben, welches ich zu erlassen verpflichtet war, ist dasjenige, das den Beschluß der hohen Versammlung dem Ban von Croatien bekannt machte, nämlich jenen Beschluß, der dem Ban von Croatien die Allerhöchste Resolution über die Wünsche des Volkes wegen Widerrufung des Manifestes vom 3. d. M. mitzutheilen verfügte.

In dem gegenwärtigen Augenblicke fällt es mir sehr schwer, eine bestimmte Antwort zu geben, nachdem ich nicht unterrichtet bin von der Stärke der Armee und von den Bewegungen, die sie vornimmt. Wer ein bedeutendes Truppen-Corps zur Verfügung hätte, könnte eine Sprache führen, welche dann auch natürlich einen Erfolg hätte. Für den Augenblick aber muß ich mich darauf beschränken, zu beobachten und die Absichten zu erforschen, die der Ban haben kann. Darüber sind unsere Nachrichten noch viel zu spärlich; und ich kann nur bemerken, daß der Ausschuß der hohen Reichsversammlung diesen Gegenstand aufmerksam im Auge behält, und daß ich keinen Schritt thue, ohne mich mit dem Ausschusse berathen zu haben; ich werde auch nichts veranlassen, als nur dasjenige, was auch der Ausschuß in dieser Beziehung für zweckmäßig finden wird.

(Beifall.)

Abg. Dylewski. Ich werde also die Antwort erwarten.

Finanzminister Krauß. Handlungen werden die Antwort seyn, ich kann wirklich nichts Anderes sprechen.

Abg. Cavalcabó. Ich erlaube mir zu fragen, ob Nachrichten von dem Minister des Handels, welcher sich in das Hoflager Seiner Majestät begeben hat, eingetroffen sind.

Finanzminister Krauß. Ich habe noch keine Nachrichten erhalten und schreibe es dem Umstande zu, daß Seine Majestät in der Fortsetzung der Reise begriffen sind, und muß auch erwähnen, daß der Minister Doblhoff sich ebenfalls von Wien entfernt hat. Ich habe mit dem Minister Hornbostel verabredet, daß er mir soglech Nachricht ertheile.

Welche Gerüchte ausgestreut werden, und wie grundlos sie sind, davon habe ich heute einen Beweis erlangt. Es wurde mir heute Vormittags mitgetheilt, daß Personen, die aus Gratz ankamen, die Miltheilung brachten, es sei in Gratz eine provisorische Regierung ernannt worden. Ich habe sogleich an den Gouverneur eine telegraphische Depesche erlassen, in welcher ich ihn aufforderte, anzuzeigen, worauf sich dieß gründet, und wie eine solche Maßregel getroffen werden konnte. Darauf erhielt ich eben jetzt folgende telegraphische Erwiederung: "Die Nachricht ist ganz falsch, eine provisorische Regierung ist gar nicht eingesetzt worden. Die Aufregung war in den letzten Tagen zwar groß, die Ruhe ist aber nicht gestört worden. Das 3. Bataillon der Freiwilligen, welches von mehreren Personen aufgefordert wurde, sich nach Wien zu begeben, kam mit dem Publikum in einen Conflict, der dadurch beigelegt ist, daß es heute und Morgen nach Italien abgeht."

Ich werde es mir zur besonderen Pflicht machen, sobald ich Nachrichten vom Minister Hornbostel erhalte, oder überhaupt wichtige Nachrichten, sie gleich zur Kenntniß des hohen Hauses zu bringen.

Abg. Umlauft. Ich erlaube mir eine Interpellation an den Herrn Präsidenten, und zwar die Frage: was von Seite des Bureau's veranlaßt worden ist, um dem gestern hier gefaßten Beschlusse zu Folge, daß die hier abwesenden Herren Mitglieder des Reichstages aufgefordert werden sollten, sich binnen 14 Tagen einzufinden, öffentlich bekannt zu geben und mitzutheilen?

Vice-Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß wir die Sache im Vorstands-Bureau berathen haben, jedoch weil wir nicht alle Wohnorte kennen und auch nicht wissen, wohin sich die auf Urlaub abwesenden Herren begeben haben, so wollte ich noch die hohe Kammer darum befragen, ob wir die Kundmachung im Einklange mit dem diesfalls gefaßten Reichstagsbeschlusse bloß in die Zeitung setzen lassen, oder aber auch diese Aufforderung an die uns bekannten Wohnorte der Herren Abgeordneten gelangen lassen sollen.

Abg. Umlauft. Wenn ich mich nicht irre, so war es gestern schon zum Beschlusse erhoben worden, damit diese Bekanntmachung durch die öffentlichen Organe kund gemacht werden solle; ich glaube es war der Antrag des Herrn Abg. Feifalik.

Vice-Präs. Es hat sich dieses auf die Protokolle bezogen, die durch die Wiener Zeitung auch veröffentlicht wurden. Es ist auch in dieser Beziehung veranlaßt worden, und ich habe heute Früh darauf gedrungen, daß die Sitzungs-Protokolle, um im Drucke erscheinen zu können, verlesen und von der hohen Kammer genehmiget werden; jedenfalls wird auch dieser Beschluß in die Zeitung kommen; es erübriget nur noch die Frage, ob nicht vielleicht eine specielle Aufforderung an die uns bekannten Wohnorte der abwesenden Herren Deputirten abgesendet werden solle.

Abg. Herzig. Ich würde dafür halten, daß es das Vortheilhafteste wäre, an die Wahlorte zu schreiten, damit diese eine Aufforderung ergehen lassen, damit sich dieselben hier einfinden.

Abg. Bininger. Ich glaube, wenn wir an die Wahlorte schreiben, so wird der Zweck nicht erreicht, weil die Deputirten, wie wir uns überzeugt haben, nicht in ihren Wahlorten wohnen. So haben wir die Erfahrung gemacht, daß ein Deputirter in Prag wohnt, während er im Klattauer oder Pilsner Kreise gewählt ist. Durch diesen Antrag wird also unser Zweck nicht erreicht, und ich glaube, es geschieht ohnedem, wenn die abwesenden Deputirten durch die Zeitungen aufgefordert und ihnen unser Beschluß kund gemacht wird.

Abg. Borrosch. Die Abgeordneten jetzt gleichsam pr. Post aufzusuchen, da man nicht einmal weiß, wo sie sich befinden, und ob nicht schon viele wieder auf der Herreise begriffen sind, halte ich für nutzlos und obendrein für ein ängstlich aussehendes Beginnen; die öffentlichen Kundmachungen werden ganz ihre genügende Wirkung thun. Ich habe das Vergnügen gehabt, einige meiner Collegen aus dem Stadtrathe von Prag, die als Deputation in einer Anzahl von einigen und zwanzig hieher gesendet wurden, zu sprechen, und natürlich befragten sie mich im Vertrauen hinsichtlich der nach Böhmen zurückgekehrten Deputirten. Ich habe der Deputation erklärt, daß der Reichstag die heilige Verpflichtung nicht nur im Interesse des Vaterlandes, der Volksfreiheit, sondern auch im Interesse des erblichen Thrones hat, hier fortzutagen, indem nur dadurch das Gesammtvaterland der hier vertretenen Völker vor einem Bürgerkriege in jeder Provinz bewahrt werden könne; denn da überall politische und nationale Elemente bis jetzt feindlich sich entgegenstehen, die augenblicklich zur Geltung gelangen würden, sobald wir durch das Aufgeben unseres Selbst die Provinzen zwingen würden, zur eigenen Hilfe zu greifen, so sei es in dieser Beziehung eine unerläßliche, heilige Pflicht, mit der Bevölkerung Wiens zu stehen oder zu fallen. (Beifall.)

Sie waren vollkommen mit mir darüber einverstanden, daß dieser Reichstag auf seinem constitutionell-legalen Boden unerschütterlich fest stehe, so lange er selber sich darauf zu behaupten wissen wird. Sie waren vollkommen mit mir darüber einverstanden, daß er das letzte alleinig gesetzliche Vermittlungsorgan sei, zwischen der Revolution und der Krone. Ich forderte sie auf, daß sie die sich


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