auch sei; ich stelle es der hohen Kammer anheim, in Berücksichtigung der verschiedenen Entfernung muß allerdings ein verschiedener Termin festgesetzt werden, und im Falle die Herren nicht zurückkommen, werde ich das Uebrige sagen.
Ein Abg. Die hohe Kammer hat bereits früher die Bestimmung getroffen, daß im Falle des Urlaubes die Zeit der Hin- und Herreise in Betrachtung gezogen werden soll. Ich halte dafür, daß auch bei dieser Frage es in Erwägung gezogen werde, und daß wenigstens ein Zeitraum von drei Tagen bestimmt werde, binnen welchen die Abgeordneten den Entschluß fassen müssen, hieher zu kommen, um hier nicht unvollzählig zu bleiben.
Abg. Pienczykowski. Ich trage auf den Schluß der Debatte an. (Angenommen.)
Abg. Borrosch. Ich erlaube mir eine Berichtigung über das von meinem verehrten Herrn Vorredner Gesagte: "Wir können nicht unvollzählig bleiben." Er wollte vermuthlich sagen: "Wir wollen nicht unvollzählig werden;" denn wir sind mehr als vollzählig, und ich beantrage, daß diese Thatsache auch in die Stenographen-Bulletins aufgenommen werden.
Vice-Präs. Abg. Zöpfel hat das Wort.
Abg. Zöpfel. Ich verzichte darauf.
Vice-Präs. Es haben bereits alle eingeschriebene Redner gesprochen; es hat der Herr Antragsteller das Wort verlangt. Um den Herrn Antragsteller auf den Standpunct der Debatte zurückzuführen, will ich bemerken, daß folgende Zusätze und Verbesserungsanträge gestellt worden. Der Antrag des Herrn Abg. Podlewski: "Damit die in Wien befindlichen Mitglieder von diesem Beschlüsse der hohen Kammer in Kenntniß gesetzt werden." Der Antrag des Abg. Gleispach, damit hinzugesetzt werde: "ehe thunlichst". Der Antrag des Abg. Langie: daß am betreffenden Orte eingeschaltet werde: "wenn ihnen früher am Reichstage zu erscheinen offenbar unmöglich ist." Der Antrag des Abg. Uchatzy: "damit die abwesenden Abgeordneten binnen acht Tagen zurückkehren möchten, widrigenfalls durch das Ministerium des Innern eine neue Wahl ausgeschrieben werden würde." Der Antrag des Abg. Selinger, welcher den Zusatz wünscht: "ohne Verzug". Schließlich der Antrag des Abg. Kutschera, welcher dahin geht, damit statt: "abgereist" gesetzt werde: "abwesend."
Abg. Borrosch. Ich glaube, mehrere der verehrten Herren werden wohl ihre Amendements zurückziehen; das "unverzüglich" ist ohnehin in den Worten: "längstens binnen vierzehn Tagen" mit inbegriffen. Wer eifrig ist, der braucht kein "unverzüglich" gedruckt zu lesen. Er hat den Antrieb in sich selber, und wenn der fehlt, den werden auch alle möglichen Kraftworte nicht zur Erfüllung seiner Pflicht vermögen. (Beifall.)
Ich habe mit guter Absicht Alles hinweggelassen, was nur irgend gedeutet werden könnte, als sei die hohe Kammer etwa ängstlich besorgt, daß die Mitglieder eiligst zurückkehren mögen.
Wir können von Niemanden wissen (es sind ja Viele mit Urlaub abwesend), welche gute Gründe er für seine Abwesenheit habe.
Setzen Sie nun, meine Herren, schon in vorhinein die künftig zu ergreifenden Maßregeln fest, oder geben Sie dem einfachen Ausdrucke eine schärfere Fassung, so ist es schon von vornherein für alle abwesenden Mitglieder eine Art von Verdächtigung ihres guten Willens, daher ich mich auch um deßwillen gegen jede Namensverlesung erklärt habe. Ich bitte also bei dieser einfachen Fassung zu bleiben. In vierzehn Tagen werden wir über die weiteren Maßregeln berathschlagen, und zu Folge dessen wird ohnehin dann jeder Abgeordnete peremptorisch zur Rückkehr aufgefordert oder zu irgend einer Erklärung seinerseits sich von selbst veranlaßt finden.
(Abg. Feifalik steht ab von seinem Antrage.)
Vice-Präs. Bezüglich des Antrages des Abg. Borrosch, welcher lautet (liest den sechsten Punct) liegen mehrere Verbesserungsanträge vor, welche theils materiellen Inhaltes sind, theils eine stylistische Andeutung haben; ich werde mir erlauben den Grundsatz zuerst zur Abstimmung zu bringen, nämlich ob überhaupt eine Aufforderung oder ein Auftrag zum Zurückkehren an die abwesenden Mitglieder zu erlassen sei, sodann würde ich mir erlauben die materiellen und stylistischen Abänderungen zur Abstimmung zu bringen. Ich bitte, ist nichts einzuwenden gegen diese Ordnung? — Ich fordere daher auf, diejenigen Herren, die damit einverstanden sind, damit überhaupt von Seite des Reichstages ein Aufruf an die abwesenden Mitglieder erlassen werde zur Rückkehr, aufzustehen. (Geschieht.)
Es ist angenommen. Am meisten entfernt sich vom Antrage des Abg. Borrosch der Antrag des Abg. Uchatzy, welcher in zwei Theile zerfällt: daß erstens ein kürzerer Termin gesetzt werde, nämlich statt vierzehn Tage acht Tage; und zweitens der besondere Antrag: daß die Bestimmung dazu gesetzt werde, daß im Falle der Abgeordnete nicht zurückkehren würde, das Ministerium angegangen werden soll, eine neue Wahl auszuschreiben. Ich werde mir erlauben, den ersten Theil zuerst zur Abstimmung zu bringen, welcher lautet: (liest ihn.)
Abg. Uchatzy. Ich bitte die Unterstützungsfrage zuerst zu stellen. Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.)
Vice-Präs. Er ist nicht unterstützt. In Bezug auf den zweiten Zusatz: "widrigenfalls das Ministerium des Innern angegangen werden soll, neue Wahlen auszuschreiben," stelle ich ebenfalls die Frage, ob er unterstützt wird. (Geschieht.)
Er ist unterstützt. Ich werde demnach den Zusatzantrag zur Abstimmung bringen, er betrifft nämlich den Umstand, daß, wenn die abwesenden Mitglieder in Folge des zu erlassenden Aufrufes nicht zurückkehren sollten, das Ministerium aufgefordert werden soll, neue Wahlen auszuschreiben; — natürlich bezieht sich dieß auf den erst festzusetzenden Termin, — nicht auf den Termin von acht Tagen, sondern auf den Termin, welchen die hohe Kammer erst aussprechen wird.
Ein Abg. Ich halte mich zu der Bemerkung veranlaßt, zu fragen, ob ich das recht verstanden habe, zur Beruhigung derjenigen Herren, welche vielleicht dachten, daß darin der moralische Zwang liege. Ich glaube, es widerspricht durchaus dem §. 4 nicht; denn wenn Jemand Abgeordneter ist, da liegt es vollkommen im Rechte des Reichstages, ihn zur Anwesenheit zu verhalten. (Ruf: Es ist die Debatte geschlossen.)
Vice-Präs. Nachdem die Debatte schon geschlossen ist, so kann ich nur das Wort in Beziehung auf die Fragestellung gestatten.
Abg. Demel. Ich erlaube mir in Beziehung auf die Fragestellung eine Bemerkung. Ich glaube diesen Zusatz kann man erst dann zur Abstimmung bringen, wenn der Antrag des Abg. Borrosch schon angenommen ist, und zwar weil er einen Nachsatz bildet.
Vice-Präs. Deßwegen habe ich auch bemerkt, daß er sich auf einen erst von der Kammer zu bestimmenden Termin bezieht; indessen, wenn die Kammer es wünscht, werde ich ihn am Schlusse zur Abstimmung bringen.
Es liegt kein Antrag materiellen Inhaltes mehr vor, sondern eigentlich nur stylistische Abänderungen, und zwar ein Antrag des Herrn Abg. Gleispach: daß nämlich statt des Termines von 14 Tagen gesetzt werde: "ehe thunlichst," — sowie ein Antrag des Abg. Langie, damit betreffenden Ortes eingeschaltet werde: "wenn früher im Reichstage zu erscheinen es ihnen offenbar unmöglich wäre", erhalten keine Unterstützung; der Antrag des Abg. Selinger wird zurückgenommen; der Antrag des Abg. Kutschera, daß statt dem Worte: "die abgereisten Mitglieder" gesetzt werde: "die abwesenden Mitglieder" wird unterstützt und angenommen. Der Antrag des Abg. Podlewski, nämlich, daß unter dieser Fassung auch die in Wien anwesenden Mitglieder zu verstehen seien, wird, da er als ein nebenstehender Antrag und daher nicht als zur Beschlußfassung geeignet betrachtet wird, und da er sich von selbst versteht, zurückgenommen. (Fortwährende Unruhe wegen Vertheilunz eines Plakates.) Ich bitte die Plätze einzunehmen, ich werde alsdann die Sitzung auf kurze Zeit unterbrechen, damit die Austheilung geschehen könne. — Der Antrag des Abg. Borrosch lautet in seiner ursprünglichen Fassung: "Der Reichstag fordert alle mit oder ohne Urlaub abgereisten, hier heißt es jetzt also: abwesenden Mitglieder auf, sich binnen längstens 14 Tagen von heute an im Reichstage wieder einzufinden" (Die Uebersetzung dieses Antrages wird vorgenommen. Der Präsident liest den Antrag nochmals vor.) Diejenigen Herren, welche für diesen Antrag sind, wollen sich erheben. (Angenommen.) Es erübrigt nur noch der Zusatz-Antrag des Abg. Uchatzy, welcher wünscht: (er liest den Antrag vor, derselbe bleibt jedoch bei der Abstimmung in der Minorität.)
Abg. Pøibyl. Ich würde beantragen, es soll in Betreff des letzten Punctes dem Präsidium überlassen bleiben, auf irgend eine geeignete Art die Aufforderung an die abwesenden Mitglieder ergehen zu lassen, denn durch den bloßen Beschluß werden die Herren hievon noch nicht in Kenntniß gesetzt. Ich stelle daher den Antrag, daß die Bekanntmachung desselben dem Präsidium allein überlassen bleibe.
Abg. Brestel. Das glaube ich versteht sich von selbst, daß das Präsidium das Organ des ganzen Reichstages und jedes Mitgliedes nach außen ist, und daher jedes Mitglied entweder durch die Zeitungen oder durch specielle Schreiben davon verständigen wird.
Abg. Pøibyl. Ich ziehe meinen Antrag zurück.
Abg. Brestel. Nun erlaube ich mir noch zum 7. Puncte hinzuzusetzen, daß es vorkommen kann, wie es vorgestern geschehen ist, wo der Reichstag über 24 Stunden in Permanenz war, und daß man, um es den einzelnen Mitgliedern möglich zu machen, sich theilweise zu entfernen, es nicht mehr damit halten könne, daß die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl von 150 Mitgliedern und zur Beschlußfassung die von 190 festgehalten werden könne, und ich beantrage daher, daß die Anzahl der zur Eröffnung der Sitzung erforderlichen Mitglieder auf 60, die zur Schlußfassung nöthigen auf 101 Mitglied herabgesetzt werde.
Vice-Präs. Ich bin vom permanenten Ausschusse angeganzen worden, eine Eingabe, die jetzt vorgelegt wurde, vorzulesen; es ist eine an den Reichstag gerichtete Adresse des ersten Wiener allgemeinen Arbeitervereines und lautet:
"Adresse des ersten Wiener Arbeitervereines.
Hohe Reichsversammlung!
Der erste allgemeine Wiener Arbeiterverein, der für die Aufrechthaltung sowohl der Freiheit als auch der gesetzlichen Ordnung glüht, und einem anarchischen Zustande durchaus nicht das Wort reden wird, sieht sich verpflichtet, einer hohen Reichsversammlung den Dank im Namen der ganzen Arbeiterclasse Wiens dafür auszudrücken, daß eine hohe Reichsversammlung das Staatsruder in den jetzigen Tagen der Gefahr mit einer solchen Kraft in die Hände genommen, und unsere verwirrten Angelegenheiten zu einem gewiß jeden Theil des Volkes befriedigenden Ende zuzuführen gedenkt, welches ihr auch gelingen muß, wenn sie vom Volke in ihren Beschlüssen unterstützt wird. Der Arbeiterverein, welcher nur in dem kräftigen Zusammenwirken die Freiheit des ganzen Volkes gewahrt sehen kann, und der auch in diesen Tagen bewiesen hat, daß ei den Arbeitern nicht um Raub und Plünderung zu thun sei, stellt sich ganz zur Verfügung einer hohen Reichsversammlung, mit dem Bedeuten, ihre Beschlüsse, welche gewiß nur zum Wohle des ganzen Volkes dienen werden, mit dem Leben, gegen alle Angriffe, von welcher Seite sie immer kommen wollen, zu vertheidigen, um auch auf diese Art nach seinen Kräften zum Wohle des Staates beitragen zu können.
Der Vorstand des ersten Wiener allgemeinen Arbeitervereines.
Anton Schmidt m. p. Sebastian Tack m. p.
Comité-Mitglieder."
(Wird mit großem Beifall aufgenommen.)
Vice-Präs. Wünscht Jemand in Bezug auf diese Adresse das Wort zu ergreifen? (Niemand.)
Abg. Umlauft. Ich würde beantragen, sie so schnell als möglich zu veröffentlichen, um auch den Provinzen zu zeigen, welch' ein Geist in der Bevölkerung Wiens herrsche. (Unterstützt.)
Abg. Löhner. Ich würde den Antrag stellen, daß die Kammer beschließt, diese Adresse zur wohlgefälligen Kenntniß zu nehmen. (Einverstanden.)
Vice-Präs. Das Vorstandsbureau wird die Drucklegung in den Journalen schon veranlassen.
Abg. Löhner. Ich trage auf die Vertagung auf eine halbe Stunde an.
Ein Abgeordneter. Ich bitte am Schlüsse der Sitzung zu zählen, wie viele Mitglieder anwesend sind.
Vice-Präs. Dieß wird geschehen. Ich wollte nur erinnern, daß diese Adresse in gewünschter Zeit erlediget wird, mit der Aufschrift: "Diese Adresse wird zur wohlgefälligen Kenntniß genommen." Es wird also die Drucklegung veranlaßt.
Ich bringe zur Kenntniß, daß bei der Berathung und Schlußfassung über die vom Abg. Borrosch vorgelegten Puncte 251 Mitglieder anwesend waren, und es liegt in dieser Beziehung der Antrag des Abg. Fischhof vor, im Eingange der Proclamation die Zahl der anwesenden und der mit Urlaub abwesenden Mitglieder anzugeben.
Diejenigen, welche mit diesem Antrage einverstanden sind, wollen aufstehen. (Einstimmig angenommen.)
Abg. Wienkowski. Meine Herren! Es ist jetzt der Beschluß gefaßt worden, diese Proclamation in mehrere Sprachen zu übersetzen, es ist aber nicht der Beschluß gefaßt worden, sie auch in die moldauische Sprache zu übersetzen. Da aber bekanntlich viele Gemeinden in der Bukowina nur einzig und allein dieser Sprache mächtig sind, trage ich darauf an, daß die Proclamation auch in die moldauische Sprache übersetzt werde.
Vice-Präs. Ich glaube, daß dieß keinem Anstande unterliegt.
Ich werde jetzt die vom Abg. Borrosch beantragte Proclamation als ein Ganzes zur Abstimmung bringen. Ich werde sie vorlesen und dann die Uebersetzung veranlassen. (Liest die Proclamation vor, welche als Ganzes einstimmig angenommen wird.)
Abg. Turco. Bevor die Sitzung aufgehoben wird, bemerke ich noch, daß wir gestern den Beschluß gefaßt haben, eine Denkschrift an Seine Majestät zu verfassen, und damit auch drei Mitglieder beauftragt haben. Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, daß während der jetzt eintretenden Pause diese Druckschrift abgefaßt werde, welche für diesen Augenblick wichtig seyn dürfte.
Vice-Präs. Ich habe schon an die mit der Verfassung dieser Druckschrift beauftragten Mitglieder das Ansuchen gestellt, dieselbe sobald als möglich vorzulegen.
Abg. Pøibyl. Ich trage an, auf eine oder zwei Stunden die Sitzung zu vertagen.
Vice-Präs. Es ist vom Abg. Szaszkiewicz der Antrag gestellt worden, daß die gefaßten Beschlüsse über den Antrag des Abg. Borrosch so schnell als möglich durch den Druck bekannt gemacht werden. Diejenigen Herren, die damit einverstanden sind, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Wird angenommen.) Ich vertage die Sitzung auf eine Stunde.
(1/2 2 Uhr.)